Honk - Handbremse gezogen

  • Aus meiner Sicht gibt es zwei Wege: Ich kann mich immer wieder mit meiner Suchtvergangenheit auseinandersetzen, um dem Vergessen vorzubeugen. Oder ich lasse täglich die Freude darüber in mein Herz, dass ich nicht mehr trinken muss.

    Ich gehe den zweiten Weg.

    Dieser zweite Weg ist zumindest bei mir ein Selbstläufer. Ich muss mich nicht dazu anhalten, an meine Suchtvergangenheit zu denken, sondern tue es zwangsläufig. Aber indirekt, indem ich meine Gegenwart genieße.

    Bassmann

  • Bassmann-neu Ich weiß, was du meinst, aber ich meinte es folgendermaßen: Ich setze mich an den Küchentisch und frage mich ‚Wie geht’s dir? Was macht die Sucht, wo stehst du momentan, ist sie nah dran oder weit weg?‘ Und dabei auch keine Angst vor ehrlichen Zugeständnissen, dass mir in Situation X mal der Gedanke an Betäubung und Alkohol gekommen ist, weil die Situation scheisse und anstrengend gewesen ist. Sind halt Gedanken und Ende. Das hat meiner Meinung nach nicht wirklich was mit der Auseinandersetzung der Suchtvergangenheit zu tun, sondern ist eher eine Analyse der Ist-Situation. Und die paar Minuten am Tag gehen auch nicht auf den Genuss, wobei ich mich damit zugegebenermaßen aufgrund meines Leistungsschemas grundsätzlich halt auch was schwer tue. 😆 Genuss muss ich noch mehr lernen und zulassen können. 🤷‍♀️

  • Aus meiner Sicht gibt es zwei Wege: Ich kann mich immer wieder mit meiner Suchtvergangenheit auseinandersetzen, um dem Vergessen vorzubeugen. Oder ich lasse täglich die Freude darüber in mein Herz, dass ich nicht mehr trinken muss.


    Ich setze mich nicht täglich mit meiner Suchtvergangenheit auseinander.

    Auch über das Stadium der Euphorie bin ich längst hinaus. Abstinenz ist für mich Routine geworden wie das täglich Brot.

    Mir gab ein erfahrener Suchtmediziner mit auf den Weg: "Der erste Schritt in Richtung Rückfall wird gemacht, wenn man sich nicht mehr regelmäßig mit seinem Problem befasst." Wie das Befassen aussieht, ist jedem selbst überlassen.

    Ich bewahre mir den nötigen Respekt vor der Krankheit und halte sie mir regelmäßig vor Augen. Das genügt mir bislang, damit mein Problem nicht derart in den Hintergrund rückt und womöglich verblasst, dass mein immer noch glänzend funktionierendes Suchtgedächtnis anfangen kann, mich in Versuchung zu führen und mir vorgaukeln kann, ich sei geheilt und könne numnehr wie ein Normaler ein Bier oder einen Wein trinken.

  • Ich setze mich an den Küchentisch und frage mich ‚Wie geht’s dir? Was macht die Sucht, wo stehst du momentan, ist sie nah dran oder weit weg?‘

    Ich frage mich lediglich "Wie geht es mir?" (Und in der Therapie wurde auf die stereotype Antwort "Gut." vom Therapeuten immer nachgebohrt, bis herauskam, dass es Einem doch nicht gut ging. Oder eben doch. Habe also gelernt, mich wirklich zu reflektieren.)

    Wenn meine Antwort an mich selbst dann lautet "Nicht so gut.", dann lautet meine nächste Frage: "Wo ist die Flasche? Schaut sie schon über den Horizont?" Und wenn ich diese Frage bejahen muss, dann wird es höchste Zeit, mir Hilfe zu holen. Bis sie wieder hinter dem Horizont verschunden ist.

    Und das musste ich schon tun (habe hier davon berichtet). Aber das geht nicht, wenn man das Thema aus seinem Kopf verbannt und einfach so fröhlich vor sich hinlebt. Denn dann sieht man die Wand, auf die man zurennt, erst unmittelbar vor dem Einschlag.

    Auch, wenn Bassmann-neu meint, dass er NUR täglich die Freude darüber, nicht mehr trinken zu müssen, in sein Herz lässt, glaube ich doch, dass er genau dasselbe tut. NATÜRLICH sitzen wir nicht mehr jeden Tag und analysieren uns und unser Handeln. Aber wir haben gelernt, auf uns und unsere Befindlichkeit zu schauen und zu achten. Weil wir WISSEN, was anderenfalls passiert/passieren kann. Und diese Achtsamkeit ist mittlerweile schon zur Normalität geworden. Geworden. Ich zumindest musste es erst lernen.

    Sollte ich Dir damit Unrecht tun, Bassman - Sorry!

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich denke, jeder hat immer den Blickwinkel des eigenen Erlebens und eigener Erfahrung.

    Ich hatte nach jahrelanger Abstinenz wieder mit dem Trinken angefangen, weil es mir scheinbar ZU GUT ging, ich vielleicht noch etwas toppen wollte und ich den Alkohol über die Jahre immer wieder vermisst und als Teil von mir angesehen habe. Da mit der Zeit auch die Erinnerung an den ganzen Affentanz immer blasser wurden und sich mein Leben wieder sehr gut repariert hatte, hatte ich die Hoffnung wieder "normal" trinken zu können, was ich dann auch mit den besten Absichten versucht habe. Es hatte übrigens mehrere Jahre gedauert, bis ich wieder auf meinem alten Pensum war. Ich wüsste nicht, ob ich heute noch die Kraft hätte, die Kontrolle wieder so lange aufrechtzuerhalten, wahrscheinlich nicht, aber ist ja auch egal.

    Ich habe jetzt für mich etwas viel Besseres gefunden und ich freue mich noch fast jeden Tag über meine Nüchternheit. Für mich ist das wie ein neues Leben und ich möchte diese Freiheit nicht mehr hergeben. Ich denke aus diesem Grund sozusagen noch sehr oft ans (ehemalige) Trinken bzw. eher daran, dass ich jetzt nicht mehr trinke.

    Und es ist auch so, dass ich auch gerade in unangenehmen Situationen das Vertrauen auf meine Nüchternheit setze und es mir auf dieser Grundlage gelingt, Dinge zu verändern oder auch anzunehmen (und mich nicht nur zu betäuben, wo am Ende des Rausches nur die Schuld, Scham, Verzweiflung UND das Problem gewartet haben). Aus meiner Sicht ist es gerade wichtig, wie ich über meine (vergangene) Sucht denke.

    Und mir hilft eben eher eine Denkweise, die nach vorne ausgerichtet ist, als dass ich eine Düsterkeit vor einem eventuellen Rückfall ständig mit mir herumtrage.

    Ich denke, es geht hauptsächlich darum, ein achtsames Leben zu führen, was ja auch eine gewisse Vorsicht oder eher Vorausschau nicht ausschließt. Sozusagen auf mich hören und das machen, was mir wirklich gut tut und gerade da spielt meine Nüchternheit eine große Rolle.


    By the Way, Nikotin juckt mich schon seit Jahrzehnten nicht mehr und ich habe da kaum noch daran gedacht, ob da jemand raucht oder nicht. Ich habe meistens immer den Gedanken gehabt, Gott sei Dank biste den Scheiß los und habe die Raucher eher mitleidig betrachtet.

    Aber vor kurzem hatte ich bei einem Kollegen den Rauch gerochen und fand das sogar aromatisch und nicht ganz unschön. Und da war nach Jahrzehnten auf einmal ein Gedanke: Rauchen war ja damals auch ganz nice (obwohl es das zu 90% nicht war)

    Also eine gewisse Achtsamkeit bei dem Thema sollte wohl immer bestehen bleiben...

  • Und in den Jahren danach, in meinen Jahren in der Suchtselbsthilfe, in den vielen Gesprächen mit anderen Betroffenen habe ich immer wieder dasselbe gehört:

    Wenn sie denn schonmal wie ich einige Zeit trocken waren und sich NICHT mit dem Thema beschäftigt haben - sind sie ALLE wieder auf die Fresse gefallen.

    Ich persönlich glaube trotzdem nicht, dass ALLE damit auf die Fresse gefallen sind.

    Ich denke: Alle die damit auf die Fresse gefallen sind, mit denen hast Du dann in der Suchtselbsthilfe, in SHG etc., zu tun und Dich mit denen unterhalten.

    Jene, welche damit nicht auf die Fresse gefallen sind, und die gut damit klarkommen, die finden sich aber, genau WEIL sie ja das Thema irgendwann mehr oder weniger hinter sich gelassen haben, eben nicht mehr in der Suchthilfe oder SHG wieder. Sie tauchen in der Suchthilfe einfach nicht mehr auf, und fallen im Übrigen auch aus allen möglichen Statistiken raus. Mit denen kannst Du Dich also im Rahmen der Suchtselbsthilfe auch gar nicht unterhalten haben.

    Ich kann mir sogar vorstellen, dass das nicht mal so wenige sind.

    Grüße, Mojo

  • Und diese Achtsamkeit ist mittlerweile schon zur Normalität geworden. Geworden. Ich zumindest musste es erst lernen.

    Ich denke dass ist ein guter Punkt den Du ansprichst. Gleichzeitig auch wieder ein Punkt, über den man vortrefflich streiten kann, wie man Achtsamkeit definiert und wie man Achtsamkeit lebt.

    Für die einen ist es einfach ein stiller Entschluss, der reicht ihnen aus. Die anderen machen sich den Entschluss anders bewusst in dem sie laut sind. Weiter andere gehen regelmäßig zu SHG´s und tauschen sich dort aktiv aus, hier im Forum tauschen wir uns aus. Btw, ich muss gerade schmunzeln....ich habe mal ordentlich auf die Mütze bekommen ich würde meine Abstinenz nicht ernst nehmen, ich würde mich nicht ausreichend damit beschäftigen...sprachs und antwortete mir in einem Forum mit einem Bezug zu Alkohol..merkt ihr was ? ;)

    Aber in Summe sind die einen Still, die anderen Laut. Wie ich gerade mitbekam, ein guter Bekannter von mir ist seit Anfang des Jahres ebenfalls trocken. Ich hab die Person immer "argwöhnisch", sag ich mal, weil er mit einer starker Antreiber beim Konsum gewesen ist. Und auch massiv konsumiert hatte. Wieviel da außerhalb unser Feiern passiert ist, kann ich nicht sagen aber alle Anzeichen waren deutlich. Und zu meiner Überraschung, "outete" er sich am Wochenende das er nicht mehr trinkt.
    Ich find das sehr gut, sehr sehr gut sogar, ein Gesprächsversuch von mir in die Richtung wurde aber abgeblockt, für manche Aussagen von ihm hätte es direkt auf die Mütze gegeben wegen "falschem" oder "nassem" Verhaltens und Sichtweise, aber ein erster Schritt ist gemacht und erste Erfolge kann er auch schon feiern.

    Ich überlege nun zu signalisieren, etwas deutlicher, ich wäre mit im Club und falls er Austauschbedarf hätte, möge er sich bitte melden. Eigentlich ist er nämlich ein total netter Kerl. Mal schauen.

    Später mehr, ich muss los.

    CU

  • Ich freue mich für dich mit - ein Jahr ohne Kater,ein Jahr ohne alkoholisches Gift im Körper, 365 Tage ohne Brummschädel aufwachen, ein Jahr frei von Abhängigkeiten, ein Jahr selbstbestimmtes Leben -> ein Jahr lang hast du entschieden, dass du nicht mehr trinkst und hast dich nicht vom Suchtgedächtnis verleiten lassen, ein Jahr ohne alkoholische Zwangsjacke,ein Jahr ohne alkoholbedingtes schlechtes Gewissen ,....,.....


    :!::!::thumbup:

  • Und ich möchte hier eine Ankündigung machen:

    Ich habe, so bitter das ist, gerade am Anfang meiner Abstinenz von eigentlich so vielen "Gleichgesinnten" so viel Gegenwind bekommen und man hat mich sowohl schlecht behandelt als auch versucht mir meine Motivation zu nehmen. Aber das Gegenteil ist passiert, aus meinem anfänglichen Trotz als auch meiner Überzeugung, das richtige zu Tun, ist eine große Motivation geworden von der ich immer gespürt habe, ich möchte das in irgendeiner Weise öffentlichen teilen. Ich habe über einen YouTube Channel nachgedacht, über einen Podcast oder ähnlichen.

    Mittlerweile ist aber die Erkenntnis gereift, ich möchte meinen Instinkt für die Sache, als auch meinen unendlichen Wissensdurst, den ich seit Monaten kaum stillen kann, auf fachliche Beine stellen.

    Von daher werde ich, neben meinem jetzigen Beruf, eine Ausbildung zum Psychotherapeuten / Heilpraktiker beginnen und mich auf die Fachrichtung Ernährung / Sport / Motivation spezialisieren.

    Durch meine Entscheidung, keinen Alkohol mehr zu trinken und einhergehend mit "meiner Handbremse" habe ich viele Menschen kennengelernt, die ebenfalls an genau so einer Klippe stehen, aber nicht das Wissen, den Mut, den Impuls haben, ihre "Handbremse" zu ziehen. Und genau da möchte ich ansetzen.

    Meinen ersten "Klienten" habe ich übrigens schon, er ist am Donnerstag vorstellig geworden und gleichzeitig habe ich schon erste Gespräche mit einer etablierten Praxis für Psychotherapie geführt und wir können uns vorstellen, zusammenzuarbeiten.

    Es wird spannend auf meine Weg :) Gehen wir es an!

  • Ich freue mich ebenfalls für dich. Es tut gut, von Leuten zu lesen, die den Absprung geschafft haben und ihren Weg in Freiheit gehen.

    Zumal uns beiden auch mehr oder weniger an anderer Stelle ein katastrophales Scheitern prophezeit wurde. Und gerade deshalb bestärkt es mich auch, gerade von Wegen zu lesen, die meinem nicht ganz unähnlich sind.

    Dir alles Gute für alle deine geplanten Projekte bzw. deinen weiteren beruflichen Werdegang :thumbup:

  • Danke rent . Ich kaue auf dieser Entscheidung auch wirklich schon ganz lange herum. Aber genau WEIL dieses katastrophale Scheitern prognostiziert wurde, gerade WEIL auch viele Menschen am Anfang meines Weges über mich gelächelt haben, gerade auch WEIL ich es auch mir selber nicht zugetraut habe einen solchen Weg zu gehen, und gerade WEIL ich merke, was für ein Boost man erfährt, wenn man sich an vielen Stellen ganzheitlich verändert, ohne aber sich zu verbiegen: Sprich, das ganze wunderbar in den Alltag integrierbar ist, deswegen dieser Schritt.

    Ich hab das alles in vielen langen Radtouren mit einem guten Freund reflektiert, der auch nicht unerheblich Anteil an meiner Veränderung hat und es fühlt sich einfach richtig an. Und rein praktisch gesehen, ist die Ausbildung auch in meinen Job integrierbar und zudem weiß ich auch: In ein Büro, mit seinen festen Strukturen und ohne irgendwas gehe ich nicht mehr. Ich hab ja neulich ein Bewerbungsgespräch geführt und dadurch gelernt, was ich NICHT (wieder) will.

    Und da bleibt genau das geplante als logische Konsequenz über. Zudem, Ernährungswissenschaft, Sportwissenschaft macht einfach Spaß und ist, richtig dosiert eingesetzt, ein echt mächtiges Mittel für jedermann / Frau.

  • Meine herzlichen Glückwünsche zum ersten Jahr! Ich freue mich ebenfalls für dich, dass es dir offensichtlich so gut geht und dass du daraus Inspiration und Energie für neue Lebensprojekte gewonnen hast. Dass mit dem „unendlichen Wissensdurst“ kann ich so gut nachvollziehen und ebenso das Bedürfnis das auf fachliche Beine zu stellen. 👍

    Ich wünsche dir für deinen Weg Erfolg und alles Gute. 🍀

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Glückwunsch zu Deinem ersten Jahr, das für viele das schwierigste war.

    Für mich lief es im zweiten Jahr schon entspannter, da ich alle Herausforderungen, die sich im Jahresverlauf so einstellen, bereits einmal gemeistert hatte und auf Erfahrungswerte zurückgreifen konnte.

    Weiter so.

  • Hallo Honk,

    von mir auch noch die allerallerbesten Wünsche zum 1. Jahr!

    Das beste Geschenk hast Du Dir wohl selbst gemacht... Weiter so! :thumbup::thumbup:

    Danke schön :) Danke euch allen :)

    Nicht nur mir habe ich das Geschenk gemacht, auch meiner Familie. Das ist schön :)

    Ach Leute, ehrlich, während es mir gerade vergönnt ist mit einem Dauergrinsen durch den Tag zu laufen, höre ich aber in der Nähe überall die Einschläge. Und es sind nicht nur Trennungen die überall vollzogen werden, nein, überall poppen gesundheitliche Probleme von Leuten auf, bis hin zum Schlaganfall mit Ende 40, Anfang 50.
    Und es sind (fast) überall die gleichen Muster. Falsche / Schlechte Ernährung, zu viel Alkohol, zu wenig Bewegung, Übergewicht. Was ich mittlerweile mitbekomme, wie viele Leute in meinem Altersbereich irgendwelche Tabletten schlucken müssen. Aber die Lebensmuster deswegen verändern sich nicht. "...ich darf doch wohl am Wochenende meine Party feiern, ich feier doch so gerne..."
    Überall Ausreden, wenn man auf das Gespräch kommt, warum wieso weshalb eine gesunde Lebenseinstellung / Umstellung NICHT möglich ist. Und wie oben angedeutet, der Alkohol als größtes Hemmnis mittendrin.

    Ich bin ja damals angetreten ab Tag 1, mit der Einstellung: Ich trink "nur" nicht mehr, ich dreh mein Leben und meine Gesundheit dabei mit auf Links. Vollumfänglich. Here I am, viel erreicht in einem Jahr, passend zum Jahrestag - ohne Quatsch - attestiert mir meine Fitnessuhr neue Fitnesshöchstwerte. "ihre Vo2Max" liegt in den oberen 40% für ihre Alter´s und Geschlechtsgruppe". Und das sind Daten, die nur aus dem Universum des Uhrenherstellers gezogen werden. ....und vor einem Jahr war ich depressiv, untrainiert und habe knapp 25 kg mehr gewogen.

    Und ich sag das ganz ehrlich, wenn ich sowas aufbauen kann, definitiv als NO SPORTS GUY in den 30 Jahren davor, ohne Vorkenntnisse und Erfahrungen, dann ist so ein Wechsel ebenfalls für alle anderen möglich. Wenn ich fauler Sack das erreicht habe, dann ist das eindeutig ein Zeichen, das ganz viele andere das auch erreichen können. Man muss nur wollen. Der Weg kann unterschiedlich sein, ggf. ganz anders, aber das Ziel kann sehr ähnlich ausfallen.

    Und ich sag euch ehrlich, ich drücke mir jeden Tag den Daumen und hoffe so sehr, das meine Handbremse noch zur Rechten Zeit kam, und ich die Chance und vielleicht auch das Glück habe, dass mir irgendein Bullshit, den ich durch meinen Verhalten selber angefeuert habe, erspart bleibt.

    So, die Sonne geht gleich auf, ich muss auf den Bock und in den Tag reinfeiern ;)

    See u later!

  • Frank fragte mich in seinem Thread

    Zitat

    Und außerdem kommt das "ich will nicht trinken" ja auch nicht einfach so aus dem Nichts. Das muss entwickelt werden und kaum jemand bringt es fertig, das so einfach so für sich allein zu entwickeln, oder hast du das gekonnt Honk ?

    alkoholforum.de/forum/thread/?postID=46464#post46464

    Weil die Antwort wirklich ein wichtiger Baustein meiner Abstinenz ist, habe ich hier geantwortet, in meinem Faden, weil die Antwort für mich sehr wichtig ist:

    Das hat angefangen mit zwei Auszeiten, die ich 2022 gehabt habe. Die eine Auszeit, da dreht es sich nicht um mich, da war ich begleitendes Elternteil auf einer Reha meines großen Kindes. Wir waren Anfang 2022 in einer Klinik an der Nordsee und "wir" waren eine sehr feierwütige Station, sag ich mal. Und einige Erwachsene sind dort mit Aktionen so massig über die Stränge geschlagen dass mir das herb zu denken gab. Ich betitel mich selber mal als stiller Trinker. Ich habe damals zwar in der Menge echt viel getrunken, aber wenn ich meinen Pegel hatte, war ich nie großartig auffällig. Also wirklich herbe Kontrollverluste hab ich selten gehabt und "Quatsch", sag ich mal vorsichtig, hab ich nie gemacht und ich hab mich da auch nicht mitziehen lassen, irgendeinen Quatsch zu machen.

    Unsere Station hat quasi jeden Abend gesoffen, wenn die Kinder schliefen, haben sich die Erwachsenen getroffen und "heimlich" hoch die Tassen. Ich hab da aber nie so großartig mitgemacht und mir nicht anmerken lassen, was ich für ein Problem hatte. Meine Art war es eigentlich immer, für mich heimlich zu trinken und nach außen hin sehr kontrolliert zu sein. Und das habe ich auch wunderbar geschafft, obwohl ich teilweise 1 Fl. Wodka und mehr intus hatte. Ich hatte eine ziemlich hohe Toleranz und war auch immer bedacht darauf, irgendwie handungs fähig zu erscheinen und noch zu sein, sofern das irgendwie ging.
    Aber da konnte ich beobachten, wie Eltern die Kontrolle so heftig verloren, und sich damit auch brüsteten. Zwei Strategen haben ihre Kinder in den Zimmer liegen lassen und sind nach Mitternacht aus der Klinik raus und waren mit besoffenen Kopf in der Nordsee baden! Im Winter!

    Das hat mir die Schuhe ausgezogen, soviel Verantwortungslosigkeit. Auf der einen Seite, am Tag, haben sie aufgrund der Erkrankung ihrer Kinder einen riesen Zirkus veranstaltet und nachts lassen sie die Kids alleine und gehen in der eiskalten Nordsee schwimmen......

    Das hat bei mir was ausgelöst, hinzu, ich erzählte das schon, war ich oftmals tief depressiv oder halt tief traurig. Aber die Zeit an der See, wir hatten auch tolles Wetter und ansonsten eine gute Zeit, hat in mir den Impuls ausgelöst, diese Umgebung nüchtern zu erleben. Ich hatte so eine Sehnsucht nach Nüchternheit, die ich aber nicht befriedigen konnte. Und der Impuls der Verantwortung war einfach massiv da.

    Aufgrund dieser Reha hab ich zu Hause mehr oder weniger sofort einen Kurantrag für mich gestellt. Der wurde genehmigt und ich war Ende 2022 wieder weg, wieder an der See, in einer speziellen Kurklinik für Männer. Wieder mit Kind, diesmal einem anderen. Und ich bin, aufgrund der Erfahrungen der Reha davor, mit der Einstellung dahin, mich nur mit mir zu beschäftigen. Und ich hatte das Glück, unser Zimmer war ab vom Schuss, wir waren quasi allein, fernab von dem Kuralltag, Party und Lärm einer solchen Einrichtung. Nur ein Papa in der Nähe der mit seinen Kids da war. Und wir haben uns gut verstanden, viel geredet, keine Partys gefeiert nix. Einfach die Zeit verbracht.
    Ich hab natürlich weiter getrunken, heimlich, und dennoch, trotz teilweise massivem Kater morgens, alle Sporteinheiten, mitgemacht. Und ich hab so gemerkt, wie mich das so richtig gehemmt hatte. Und dann habe ich anfangen, alles für mich zu sortieren.

    Wie ich das gemacht habe, hab ich in einem anderen Post schon im Detail geschrieben. Zu Hause dann, ich merkte so dezent die unausgesprochene Erwartungshaltung meiner Frau, konnte ich mein Trinken nicht ablegen. Natürlich nicht. Das hat dann nochmal gedauert und grob 3 Monate später war dann entgültig Schluss. Das hatte ich beschrieben.

    Also, nach vielen Worten, ist das eigentlich die Antwort auf Franks Frage: Ja, dass "ich will nicht mehr trinken" habe ich ganz alleine entwickelt. Ich habe mein Wissen um meine Problematik zwar von extern an anderer Stelle noch bestätigt bekommen, aber gemacht habe ich alles ganz alleine.

  • Kleines Update, außer das mich eine Erkältung passend zum Urlaub erwischt hat, gehts mir gut. Irgendwas ist ja immer.

    Konkreter wird das Vorhaben, mich mittelfristig beruflich zu verändern. Ich denke, ich habe nun schlussendlich die Ausbildung / Weiterbildung gefunden, die für mich genau der richtige Weg ist. Eine Ausbildung zum ganzheitlichen Trainer im Bereich Sport und Ernährung wird es werden mit der Ausrichtung der PRÄVENTIVEN Medizin. Also, der Fokus wird auf der Gesunderhaltung liegen.

    Zudem hatte ich nun ein sehr ermutigendes Gespräch mit einem mir bekannten Psychotherapeuten geführt, der meinen Ansatz sehr gut findet und wir haben viele Schnittpunkte gefunden, bei denen wir zusammenarbeiten sollten. Das Gespräch war lange und sehr intensiv, wir haben uns jetzt zwei Wochen Zeit gegeben um das alles sacken zu lassen um dann ein genaues Modell auszuarbeiten.
    Und jetzt liegt es an mir, die Unterschrift für die zertifizierte Ausbildung zu leisten. Es sind ein paar Euro Investitionen, die das Ganze kosten wird. Auf der anderen Seite ist das auch kein Argument, die anfallenden Kosten hätte ich ebenfalls, wenn ich noch weiter trinken würde. Insofern würde ich das Geld jetzt nehmen, aber nun wirklich in meine Zukunft investieren anstatt mir weiter zu schaden.

    Es bleibt spannend, ich bin latent aufgeregt :)

  • Vom (beobachteten) Rückfall....

    also, ich bin nicht gemeint, um das gleich einmal vorwegzunehmen, ich teile nur eine Beobachtung. In meinen Posts habe ich öfters schon einmal auf einen Bekannten / Nachbarn verwiesen, mit denen ich damals in meiner trinkenden Zeit den einen oder oder Absturz hatte. Generell war es so, eigentlich war klar, wenn ich abend zu D. auf "ein Bierchen" gehe, dass damit der Tag eigentlich gelaufen war. D. war auch immer so ein subtiler Antreiber, der damit auch sein eigenes Trinkverhalten gerechtfertig hatte.
    Mittlerweile zudem, hat sich um D. eine Dorfclique gesammelt, die es durchaus öfter und regelmäßig unverhältnismäßig krachen lassen. Durch meine Abstinez habe ich mich automatisch von den Saufbrüdern entfernt und und verbindet mittlerweile gar nichts mehr, da sich die Interessen im Kern immer um den Alkohol gedreht haben. Eine Person, C. aus der Clique ist schon oft daduch aufgefallen, auch bei den kleinsten Zusammenkünften immer eine Flasche Schnaps auf Tasche zu haben, nebst Gläschen, um immer schnell "nen Lütten" nehmen zu können. C. hat sich in meiner Beobachtung auch mittlerweile als Trinktreiber herauskristalisiert. Trotz Frau und drei kleiner Kinder immer "bei der Sache".

    Zu meiner Überraschung allerdings stellte ich fest, das o.g. D. aufgehört hatte zu trinken. Still und leise, von heute auf morgen. Im Februar nahm ich nach langer Zeit wieder einmal an einer Dorffestivität teil, die "Trinkerclique" war natürlich mit Schnaps und Wein wieder am Start, nur lehnte D. zu meiner Überraschung ab.

    Ich sprach ihn subil darauf an, er kam auch direkt ins reden, wie gut ihn das täte, er könne sich überraschender Weise wieder voll auf den Job konzentrieren, hätte noch nie soviel Sport gemacht, wäre fit, ausgeglichen, hätte 5 Kilo verloren etc etc etc. Also eigentlich erzähle er von alle dem, was man öfter so hört oder liesst, wenn jemand nach langem Alkoholkonsum anfängt zu genesen.

    Dachte ich.......

    dieses Wochenende war Osterfeuer, natürlich die Clique wieder am Start, D. dabei. Ich wechselte zwei Sätze mit ihm um sofort festzustellen, 20 Uhr abends, der Mann ist knüllevoll. Was mich dann aber überrascht oder sogar erschrak, D. hatte dieses mal, für ihn eigentlich völlig untypisch den Schnaps dabei. In einem Flachmann, in einer nicht unbedeuten Größe. Dazu ein kleines Faltglässchen, um sich im 10 Minuten Takt einen einzuschenken.
    Ich habe nach einer Stunde die Szenerie verlassen, seitdem ich nüchtern bin ist mein Interesse an solchen Treffen deutlich geringer geworden und die Leute, die auch nichts trinken, sind dann meistens auch alle verschwunden.

    Warum berichte ich das über D.? Ich kenne die Person schon seit einigen Jahren, die Kinder kennen sich und wir waren eine Zeitlang freundschaftlich verbunden. Was ich jetzt aber direkt zu sehen bekam, ist in meinen Augen ein neues "Level" eines Mannes mit einem fetten Alkoholproblem. Ich würde das Kompensationstrinken nennen, nach einer erfolgreichen Zeit der Abstinenz fällt man umso heftiger in den Konsum zurück. So erkläre ich mir das auf jeden Fall, da ich D. eigentlich "nur" als Biertrinker kenne, der erst recht spät auf Whisky umgeschwenkt ist, und nicht zum Start.

    Gleichzeitig, und das war mir richtig unangenehm, wie auffällig das Trinkverhalten nun in der Öffentlichkeit zelebriert wird. Sich nach und nach mit Bier einen einzuschenken, ggf. in der "lustigen Runde" den einen oder anderen Flachmann wegzumachen....das ist ja irgendwie Standard und "Gesellschaftskonform", sag ich mal vorsichtig. Aber vor aller Leute direkt auf Schnaps umzusteigen, aus dem Flachmann....das ist ein neues Level. Kein schönes dazu.

    Warum mich das beschäftigt ist der Grund der eigenen Selbstachtsamkeit. Natürlich heisst es, man soll bei sich selber bleiben, aber auf der anderen Seite ist die Position des Beobachters auch eine Art Spiegel. Das man vors Auge bekommt, wie es einem gehen würde, würde man anfangen, vielleicht Ausnahmen zuzulassen oder seine Striktheit der Abstinenz zu vernachlässigen. Das Verhalten von D. zeigt mir wieder einmal ausdrücklich: Es war gut und richtig die Handbremse zu ziehen, in diese Position will ich nie kommen. Und ich weiss von mir selber, dass ich auch dazu neige, zu kompensieren. Von daher, Augen brav nach vorne und sich daran erinnern, was man alles verlieren kann.

    Und da habe ich definitiv keinen Bock drauf.

    Mir tuts aber um D. und seine Familie echt leid, wie gesagt, ich kenne die Familie und auch die Kinder, beobachte schon länger die Spirale und dass das dort irgendwann Alkoholbedingt echt hässlich werden könnte, steht vor der Tür. :/

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