Hallo, Mara!
Und auch von mir nochmals Herzlich Willkommen hier im Forum.
Zum Thema Suchtklinik kann ich (60, m, Alkoholiker, nunmehr seit 15 Jahren trocken) etwas beisteuern. Sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus meiner Tätigkeit in der Suchtselbsthilfe.
Als ich vor etwas über 20 Jahren für mich selbst erkannte, dass ich nicht nur ein Alkohl-"Problem" habe, sondern Alkoholiker bin, wollte ich es (mehr oder weniger) selbst schaffen. Auf jeden Fall wollte ich nicht in eine Klinik. Und dafür hatte ich so viele Argumente wie für das Weitersaufen. Also entschied ich mich für eine ambulante Therapie.
Das war auch ganz gut - weil ich nach den Sitzungen mir dann erstmal einen hinter die Binde giessen konnte. Aber nach einer Weile habe ich mich dann gefragt, wen ich damit eigentlich verarsche - doch eigentlich nur mich selbst. Und da ich im Grunde raus aus der Tretmühle wollte und merkte, dass ic das aus eigenem Antrieb nicht hinbekam, entschloss ich mich, auf eine stationäre Therapie umzuschwenken.
Ich suchte mir eine Klinik aus weit weg von zu Hause und zog mit mulmigen Gefühl für 12 Wochen los. Eine lange Zeit. Und dort trat dann etwas ein, was ich vorher nie für möglich gehalten hätte - ich habe FREIWILLIG um eine Verlängerung der Therapie gebeten und nochmals 4 Wochen genehmigt bekommen! Ob heute noch solange Therapien bewilligt werden?
Während dieser Zeit habe ich so viel gelernt, dass ich auch heute noch daran zurückdenke. Auch wenn ich nach ca. 2 Jahren einen Rückfall hatte, mit dem ich knapp 4 Jahre zu kämpfen hatte
Egal, ich bin sehr dankbar für diese Zeit.
Übrigens habe ich damals auch erstmals - und seitdem sehr oft wieder - über das Thema "Sucht und Depression - Ursache oder Folge" gehört und darüber nachgedacht und diskutiert.
Natürlich gibt es die Depression als eigenständige Erkrankung und die Betroffenen verwenden teilweise verschiedene Suchtmittel, um die Beschwerden zu lindern und rutschen so zusätzlich in eine Sucht.
Aber sehr oft (weitaus öfter??) entwickeln Süchtige Depressionen auf Grund ihrer Abhängigkeit und der Einsicht, dass sie es nicht (alleine) aus diesem Teufelskreis herausschaffen.
So, wie es Antoine de Saint-Exupery schon in seinem Buch "Der kleine Prinz" beschrieb:
Der nächste Planet wurde von einem Säufer bewohnt. Sein Besuch war nur sehr kurz, doch versenkte er den kleinen Prinzen in eine tiefe Traurigkeit:
- »Was machst du hier?«, sprach er zu dem Säufer, den er stumm sitzend vor einer Reihe leerer und einer Reihe voller Flaschen vorfand.
- »Ich trinke«, antwortete der Säufer mit düsterer Miene.
- »Und warum trinkst du?«, fragte der kleine Prinz.
- »Um zu vergessen«, antwortete der Säufer.
- »Was willst du vergessen?«, fragte der kleine Prinz, der ihm schon leid tat.
- »Ich will vergessen, dass ich mich schäme«, gestand der Säufer und ließ den Kopf hängen.
- »Über was schämst du dich?«, fragte der kleine Prinz beharrlich weiter, denn er wollte ihm helfen.
- »Ich schäme mich, weil ich saufe!«, sagte der Säufer abschließend und hüllte sich in tiefes Schweigen.
Da verschwand der kleine Prinz bestürzt.
»Die großen Leute sind wirklich sehr, sehr sonderbar«, dachte er sich während er weiterreiste.
Aus eigenem Erleben kann ich diese Situation nur bestätigen. Ich war vor meiner letzten Therapie dermaßen in Depressionen mit suizidalen Tendenzen versunken ... katastrophal. Aber dann habe ich doch den Absprung geschafft. Und diese Depressionen - heute nenne ich es lieber "depressive Verstimmungen", um es von den "echten" Depressionen abzugrenzen - sind komplette verschwunden!
Und Gleiches habe ich bei meinen Gesprächen mit anderen Betroffen zig Mal gehört.
Und Menschen mit "echten" Depressionen, die eine Sucht entwickelten, können ihre Depressionen erst wirkungsvoll in den Griff bekommen bzw. angehen, wenn sie ihre Sucht bezwungen haben.
Denn DIE ist es, die ihnen immer wieder die Beine weghaut.
Auch dies wird so immer wieder in Vorlesungen und Seminaren der Landesstelle für Suchtfragen dargelegt und wenn ich mich mit Betroffenen unterhalte, bestätigt.
Ich hoffe, ich habe Dich jetzt nicht zu sehr zugetextet,
Gruß
Greenfox