Will auch hier sein

  • Hallo, ich bin 59 Jahre alt und ich will mich nicht mit Alkohol umbringen.

    Es gibt Zeiten, in denen ich nichts trinke, dann wieder halbwegs kontrolliert.

    Aber es kommt auch immer wieder vor, das ich dabei die Kontrolle über die Menge total verliere.

    Danach bin ich ein bis zwei Tage ausgewürfelt.

    Und dann schäme ich mich so, und will aufhören, bis zum nächsten Mal.

    Ich bin seit 16 Jahren in 2. Ehe verheiratet und habe einen 20 jährigen Sohn aus 1. Ehe, der bei uns lebt.

    Mein Mann trinkt bei Gelegenheit Alkohol, aber nie Zuviel.

    Ich habe seit vielen Jahren Depressionen und nehme Antidepressiva.

    Ich weiß gar nicht ob ich hier richtig bin. Es scheint so, als wären alle hier trocken.

    Ich war von November bis April in einer psychotherapeutischen Klinik.

    Das hat mir sehr gut getan. Ich habe in der Zeit kaum Suchtdruck gehabt.

    Aber wenn ich zu Besuch zuhause war, habe ich wieder getrunken.

    Ich überlege, ob es vielleicht mehr Sinn macht, in eine Suchtklinik zu gehen.

    Vielleicht könnt ihr mir von euren Erfahrungen berichten.

    Kennt ihr das Gefühl, nach einiger abstinenter Zeit plötzlich jenseits aller Vernunft wie ferngesteuert zu sein und Alkohol zu besorgen?

  • Hallo und herzlich Willkommen, Mara.

    Ich fange mal mit deiner letzten Frage an:

    Kennt ihr das Gefühl, nach einiger abstinenter Zeit plötzlich jenseits aller Vernunft wie ferngesteuert zu sein und Alkohol zu besorgen?

    Ja, kenne ich, wobei ich mir dessen zu dem Zeiten, als das bei mir so wahr und glaubte, meinen Konsum noch unter Kontrolle zu haben, nicht wirklich bewusst war.

    Ich selbst, 50, w, leide ebenfalls seit vielen Jahren unter Depressionen und nehme derzeit auch noch immer Antidressiva. Ob ich jemals ohne auskommen werde, lässt sich derzeit noch nicht absehen, auch wenn es mir, seit ich Ende Oktober 2020 abstinent geworden bin, psychisch sehr, sehr viel besser geht. Auf meine „Bedarfs-Medikation“ habe ich schon seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr zurückgreifen müssen. Ich war wegen der Depressionen vor ein paar Jahren ebenfalls in einer Klinik und zwar für vier Monate. In jener Zeit und noch in den Monaten danach habe, ich nicht getrunken, u.a. wegen der Antidepressiva. Dann aber habe ich doch wieder langsam mit den Konsum begonnen, weil ich das für vertretbar hielt. Mein behandelnder Neurologe/Psychiater wusste das, mein Alkoholkonsum war immer mal wieder Thema, aber untersagt hat er mir den Alkoholkonsum nicht.

    Nach und nach wurde mein Konsum immer mehr, ich glaubte aber, das kontrollieren zu können und trotz „riskanten“ Konsums noch im vertretbaren Bereich zu sein. Bis es mir selbst dann doch mehr als nur einmal unheimlich wurde, weil ich viel mehr trank, als ich vor mir selbst noch vertreten konnte und immer wieder in einen Zustand gelangte, in dem ich mich erschlagen, erschöpft und furchtbar müde fühlte. Der angenehme, stimmungsaufhellende, antriebssteigernde Zustand ließ sich nicht halten, es kippte zuletzt immer um. Ich hab unter Alkoholeinfluss häufig Suizidgedanken gehabt.

    Ja, du bist mit deinen Fragen und deinem Anliegen hier durchaus richtig, auch wenn die wenigen aktiven Nutzer hier allesamt schon eine ganze Weile trocken sind.

    Ich vermute einfach mal aufgrund meiner eigenen Erfahrungen, dass du zuhause vermehrt Alkohol trinkst oder Suchtdruck erlebst, weil du dich zu vielen Reizen ausgesetzt fühlst. Mit Depressionen zu leben ist alles andere als einfach. Wie ist das bei dir, fühlst du dich mitunter überfordert zuhause, triggert dich da was?

    Alkohol kommt ja, wenn man diese Wirkung einmal richtig kennengelernt hat, gerne als sogenannter Wohltäter daher. Bei Depressionen ein höchst effektives „Medikament“. Kein Antidepressivum wirkt so schnell und so effizient.

    Nur ist Alkohol kein guter Wohltäter und definitiv kein „Medikament“. Aufgrund seiner Wirkung, die sich binnen Sekunden nach dem Konsum auf das Belohnungszentrum auswirkt, merkt sich dein sogenanntes Belohnungszentrum die positive Wirkung, nicht aber die Schattenseiten, die sich irgendwann einstellen. Deshalb wird es dir diese Super-Lösung immer wieder anbieten.

    Ich selbst war nicht in einer Suchtklinik, deshalb kann ich dir dazu nichts sagen. Vielleicht kann das jemand anderes hier, der selbst in einer Suchtklinik“ gewesen ist.

    Was du aber dort lernen kannst, sind u.a. andere tatsächlich hilfreiche Coping-Strategien (= Bewältigungsstrategien) und noch zweifellos noch einiges mehr. In einem seiner Vorträge zum Anhören erklärt Professor Lindenmeyer von der Salus-Klinik in Lindow, was unter „Therapie“ zu verstehen ist. Vielleicht hilft dir diese Information etwas weiter.

    Viele Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Vielen Dank, AmSee13, für die herzliche Begrüßung und den Zuspruch.

    Hat mir sehr gut getan.

    Den Vortrag höre ich mir sehr gerne an, habe auch das Buch von Prof. Lindemann, aber noch nicht zu Ende gelesen.

    Du hast völlig recht, mein Suchtdruck ist zu Hause sehr viel stärker.

    Ich dachte vor meinem Klinikaufenthalt, das es daran liegt, das meine Ehe in einer großen Krise war.

    Das hat sich aber zwischenzeitlich positiv verändert.

    Ich muss ganz offensichtlich etwas an meinem Alltag ändern.

    Ich weiß das alles, habe viele Bücher zum Thema gelesen, aber immer wieder komme ich an diesen Punkt, wo das alles was ich weiß, nicht mehr zählt und ich mich mit Alkohol abschalten muss.

    Liebe Grüße Mara

  • Hallo Susanne68,

    um deine Frage zu beantworten: Nein, natürlich will ich nicht nur aufhören, wenn ich mich schäme.

    Entschuldige bitte, das ich mich hier falsch ausgedrückt habe.

  • Ich frag deswegen, weil ich nie ganz aufhören wollte. Ich wollte es kontrollieren. Ich konnte immer wieder aufhören, deswegen habe ich da lange kein Problem gesehen. Erst als ich immer regelmässiger abstürzte und auch dann, wenn ich es nicht wollte, habe ich irgendwann aufgehört.

    Als ich aufgehört habe, stand ich vor der Frage, wie ich nicht mehr anfange. Und ganz wichtig war, mir klarzumachen, was passiert in den drei Sekunden, bevor ich wieder trinke.

    Der zentrale Punkt war, ich habe es mir in dem Moment erlaubt. Ich habe nur das erste Getränk vor mir gesehen, habe gesehen, dass mir das jetzt gut täte, habe erwartet, dass es schön wird, und wie das morgen aussieht, war mir in dem Moment egal.

    Geändert hat sich das bei mir, als ich schon vor derm ersten Schluck an die Folgen gedacht habe. Und als ich akzeptiert hatte, dass es bei mir IMMER mit dem ersten Schluck beginnt. Immer, wenn ich anfange, weiss ich wie es aufhört. Vielleicht nicht heute, ein zwei Tage konnte ich mich dann schon beherrschen, aber dann eben.

  • Und dazu kam, dass ich begriffen hatte, dass das mit meiner Lebenssituation oder mit Problemen, die ich hatte, keine Spur zu tun hatte.

    Ich habe auch getrunken, wenn es mir extrem gut ging. Ich habe getrunken, wenn die Sonne gescheint hat, genauso wie wenn es regnete.

    Das ist aus meiner Sicht ein ganz großer Irrtum, zu glauben, wenn man sein Probleme gelöst hat, dann trinkt man nicht mehr. Da könnte man sich genauso gut fragen, ob der Kuchen nicht mehr schmeckt, wenn es einem gut geht.

    Das ist einfach Gier, und wenn die Gier da ist, dann sucht man nach Ausreden, warum man trotzdem darf. Oder man redet sich in dem Moment ein, dass es ja doch nicht so schlimm ist. Und weil es sowieso eine Gewohnheit ist, ist es auch sehr leicht, zu trinken.

    In der psychosomatischen Klinik war Deine Umgebung ganz anders. Da fällt es vielen leicht, auch sonstige Gewohnheiten eine zeitlang abzulegen. Wenn man heimkommt, ist alles wieder beim alten.

    Ja, und dass man sich nach einem Absturz schwört, nie wieder, und das aber auch wieder vergisst..geradezu klassisch, dass bei einem Trinker die guten Vorsätze nicht lange halten. Da muss man dann schon konkret gegensteuern.

  • Ich erzähl mal noch was zu den drei Sekunden vor dem ersten Glas. Weil das dem, was Du als jenseits jeder Vernunft und wie ferngesteuert bezeichnest, am Nächsten kommt.

    In meinem letzten Trinkjahr hatte ich eine Menge Stress. Regelmässig kam ich aus meinem Job heraus und wenn der Stress vorbei war, fiel ich in ein Loch.

    Jetzt war da direkt daneben ein Schnapsladen. Und 10 Minuten später, an einem Hauptbahnhof, einige Kioske.

    Sehr oft hatte ich mir vorgenommen, heute trinkst Du nichts. Dann kam ich, gestresst, an dem Laden oder einem Kiosk vorbei, und der Gedanke, ach, einer geht. Und wenn ich einen hatte, ging auch ein zweiter undsoweiter. Bis ich halt mal wieder völlig am Ende war. Gerne mehrmals die Woche.

    Oder ich wusste, am nächsten Tag ist es locker, ich kann es mir leisten, da hab ich das auch geplant, zu trinken.

    Ich hatte aber immer das Gefühl, wenn ich wirklich nicht will, dann kann ich es auch lassen. Das habe ich ja auch drei Tage die Woche gemacht, da war ich konsequent. Und genau das fiel mir auch immer schwerer, ich hatte das Gefühl, ich stehe kurz davor, auch morgens und täglich zu trinken.

    Dann habe ich irgendwann eine harte Entscheidung getroffen. Bei mir war es nicht die Angst vor dem Tod. Es war die Angst vor dem. was mir vor dem Tod noch alles passieren könnte. Alkoholiker kriegen fürchterliche Krankheiten, sie werden von ihren Partnern verlassen, sie verlieren alle Freunde, nichts macht mehr Freude, sie werden todunglücklich. Das kommt so weit, dass der Tod eine Erlösung ist.

    Zurück zu dem Laden. Dass ich hineingehe, etwas kaufe, die Flasche aufmache, einen Schluck nehme, und dass ich den Schluck auch hinunterschlucke, sind mindestestens fünf einzelne Entscheidungen. Bei jeder Entscheidung kann ich sagen: "Nein, jetzt nicht".

    Und ich kann mich bei jeder Entscheidung fragen: was mache ich stattdessen?

    Und dann habe ich mich mal mit meinem Suchtdruck unterhalten.

    Was will mein Suchtdruck?

    Mein Suchtdruck will, dass ich mich wohlfühle.

    Wenn ich dem Suchtdruck nachgebe, fühle ich mich aber nicht mehr wohl.

    Und ausserdem habe ich gemerkt, mir ging es vom Trinken schon so schlecht, dass es einfacher und schöner war, damit aufzuhören, als weiterzutrinken.

    Von wegen schwierig..es wäre viel schwieriger gewesen, die weiteren Folgen der Sauferei zu ertragen.

    Also: was habe ich für Handlungsalternativen?

  • Ich weiß das alles, habe viele Bücher zum Thema gelesen, aber immer wieder komme ich an diesen Punkt, wo das alles was ich weiß, nicht mehr zählt und ich mich mit Alkohol abschalten muss.

    Liebe Grüße Mara

    Dazu möchte ich noch sagen: das hört sich nicht an, wie ferngesteuert.
    Sondern das hört sich danach an, als ob Dir in bestimmten Situationen keine andere Lösungsmöglichkeit einfällt, ausser zu trinken.

    Ich muss Dir vermutlich nicht erzählen, dass Du manches vielleicht betäuben kannst, aber Probleme löst Du damit nicht.

    Es geht wieder um die Handlungsalternativen. Was könntest Du sonst tun, ausser trinken, was Dir nicht schadet?
    Ich kenne Dich nicht, ich weiss nicht, was Du gerne tust. Hast Du Ideen?

  • Hallo Mara

    Ich muss ganz offensichtlich etwas an meinem Alltag ändern.

    Ich weiß das alles, habe viele Bücher zum Thema gelesen, aber immer wieder komme ich an diesen Punkt, wo das alles was ich weiß, nicht mehr zählt und ich mich mit Alkohol abschalten muss.

    Ich habe auch viel dazu gelesen und das hat mir durchaus etwas geholfen, nur ist Wissen das eine, das tatsächliche Umsetzen dessen, was man weiß, und sich darin zu üben nochmals ne ganz andere Hausnummer.

    Wie ist das denn bei dir, setzt du dich selbst womöglich zu sehr unter Druck, überforderst du dich? Staut sich da nach und nach etwas an oder sind es unerwartete Ereignisse von Außen, die einfach zu viel werden?

    Nach meiner eigenen Beobachtung kann ich, seit die Depressionen schließlich ausgebrochen waren, nicht mehr so über meine Grenzen gehen wie früher, im Gegenteil setzen Körper und Psyche mir engere Grenzen, wenn ich mich überfordere. - Und ich bin nahezu mein ganzes Leben IMMER über meine Grenzen gegangen, ich hab mich herzlich wenig um MICH und meine eigenen Bedürfnisse gekümmert. -

    Positiv betrachtet hat mich meine Erkrankung dazu gebracht, meine Grenzen kennenzulernen, besser und langfristiger für MICH zu sorgen und überhaupt erstmal MEIN eigenes Tempo zu finden.

    Ich stell dir mal ein paar Fragen. Du musst sie nicht mir beantworten, es reicht, wenn du sie für dich beantwortest. Falls du allerdings Fragen haben solltest, nur heraus damit!

    Wie sorgst du denn bislang für dich?

    Wie entspannst du dich? Wendest du regelmäßig eine oder mehrere Entspannungsübungen an?

    Wie gehst du mit Stress um, mit Stress allgemein und mit bestimmten Stressoren?

    Hast du Skills für bestimmte Levels von Anspannung kennengelernt? Wendest du diese regelmäßig an?

    Bis hier erstmal.

    Viele Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Mara,

    Du hattest Die Überlegung angesprochen, in eine Suchtklinik zu gehen.

    Ich war selbst in keiner,

    Aber ich könnte mir schon vorstellen, dass das gut für Dich wäre, wenn Du wirklich aufhören willst.

    Gerade, weil Du dort ja die Werkzeuge, die Handlungsalternativen lernen könntest.

    Schönen Gruß Susanne

  • Hallo Mara.

    Ich hab jahrelang Wein getrunken und wollte den Konsum im Laufe der Zeit reduzieren, kontrollieren und ganz weglassen aber immer wieder scheiterte ich am Vorhaben.

    Da wurde mir immer klarer,dass ich ein echtes Problem entwickelt habe.

    Ende Oktober vor fast 3 Jahren war ich an einem Punkt ,an dem ich für immer aufhören wollte und seitdem bin ich abstinent.

    In eine Klinik wollte ich nicht gehen, aber ich schwor mir ,dass ich mich in eine Klinik begeben werde ,wenn ich es dieses Mal nicht alleine schaffen sollte.

    Ich habe keine Erfahrung mit einer Klinik,in diesem Punkt kann ich dir also keine Antwort geben.

    Zu deiner Frage wegen "wie ferngesteuert " ,kann ich dir sagen ,dass ich das sehr wohl kenne von früheren Zeiten.

    Obwohl ich mir vornahm z.B.am Abend nichts zu trinken, verwarf ich diesen Plan am Abend nicht nur 1 mal.

    Ich hatte manchmal einfach nur einen sehr starken Drang oder einen Druck,das Hirn war wie ausgeschaltet, oft bin ich dann losgefahren und hab mir ne Flasche Wein geholt.

    Erst nach dem ersten Schluck kam dann so ein Anflug von schlechtem Gewissen und ich erinnerte mich an mein Vorhaben, das aber zu diesem Punkt schnell beiseite geschoben wurde,so dass ich meinen Wein trinken konnte.

    Das hinterließ mir am Folgetag ganz oft ein schlimmes Gefühl.

    Du hast dich hier angemeldet, weil du etwas ändern möchtest.

    So zumindest deute ich dein Vorhaben.

    Das ist das einzige was zählt und Scham ist hier wirklich nicht notwendig.(auch wenn wir Schreiberlinge hier alle nicht mehr trinken )

    Wir können dir mit unseren Geschichten weiterhelfen, mir hat der Austausch zu Beginn meiner Abstinenz sehr geholfen.

    Ohne das Forum hätte ich es vermutlich nicht geschafft oder anders formuliert: das war hier eine enorme Stütze für mich ).

    Du musst dich nicht schlecht fühlen deshalb ,nur weil wir hier alle trocken sind.

    Wir kennen alle auch die andere Seite.

    Wir standen alle mal am Anfang.

    Oran-Gina

  • Hallo, Mara!

    Und auch von mir nochmals Herzlich Willkommen hier im Forum.

    Zum Thema Suchtklinik kann ich (60, m, Alkoholiker, nunmehr seit 15 Jahren trocken) etwas beisteuern. Sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus meiner Tätigkeit in der Suchtselbsthilfe.

    Als ich vor etwas über 20 Jahren für mich selbst erkannte, dass ich nicht nur ein Alkohl-"Problem" habe, sondern Alkoholiker bin, wollte ich es (mehr oder weniger) selbst schaffen. Auf jeden Fall wollte ich nicht in eine Klinik. Und dafür hatte ich so viele Argumente wie für das Weitersaufen. Also entschied ich mich für eine ambulante Therapie.

    Das war auch ganz gut - weil ich nach den Sitzungen mir dann erstmal einen hinter die Binde giessen konnte. X/ Aber nach einer Weile habe ich mich dann gefragt, wen ich damit eigentlich verarsche - doch eigentlich nur mich selbst. Und da ich im Grunde raus aus der Tretmühle wollte und merkte, dass ic das aus eigenem Antrieb nicht hinbekam, entschloss ich mich, auf eine stationäre Therapie umzuschwenken.

    Ich suchte mir eine Klinik aus weit weg von zu Hause und zog mit mulmigen Gefühl für 12 Wochen los. Eine lange Zeit. Und dort trat dann etwas ein, was ich vorher nie für möglich gehalten hätte - ich habe FREIWILLIG um eine Verlängerung der Therapie gebeten und nochmals 4 Wochen genehmigt bekommen! Ob heute noch solange Therapien bewilligt werden?

    Während dieser Zeit habe ich so viel gelernt, dass ich auch heute noch daran zurückdenke. Auch wenn ich nach ca. 2 Jahren einen Rückfall hatte, mit dem ich knapp 4 Jahre zu kämpfen hatte ;(

    Egal, ich bin sehr dankbar für diese Zeit.

    Übrigens habe ich damals auch erstmals - und seitdem sehr oft wieder - über das Thema "Sucht und Depression - Ursache oder Folge" gehört und darüber nachgedacht und diskutiert.

    Natürlich gibt es die Depression als eigenständige Erkrankung und die Betroffenen verwenden teilweise verschiedene Suchtmittel, um die Beschwerden zu lindern und rutschen so zusätzlich in eine Sucht.

    Aber sehr oft (weitaus öfter??) entwickeln Süchtige Depressionen auf Grund ihrer Abhängigkeit und der Einsicht, dass sie es nicht (alleine) aus diesem Teufelskreis herausschaffen.

    So, wie es Antoine de Saint-Exupery schon in seinem Buch "Der kleine Prinz" beschrieb:

    Der nächste Planet wurde von einem Säufer bewohnt. Sein Besuch war nur sehr kurz, doch versenkte er den kleinen Prinzen in eine tiefe Traurigkeit:

    • »Was machst du hier?«, sprach er zu dem Säufer, den er stumm sitzend vor einer Reihe leerer und einer Reihe voller Flaschen vorfand.
    • »Ich trinke«, antwortete der Säufer mit düsterer Miene.
    • »Und warum trinkst du?«, fragte der kleine Prinz.
    • »Um zu vergessen«, antwortete der Säufer.
    • »Was willst du vergessen?«, fragte der kleine Prinz, der ihm schon leid tat.
    • »Ich will vergessen, dass ich mich schäme«, gestand der Säufer und ließ den Kopf hängen.
    • »Über was schämst du dich?«, fragte der kleine Prinz beharrlich weiter, denn er wollte ihm helfen.
    • »Ich schäme mich, weil ich saufe!«, sagte der Säufer abschließend und hüllte sich in tiefes Schweigen.

    Da verschwand der kleine Prinz bestürzt.

    »Die großen Leute sind wirklich sehr, sehr sonderbar«, dachte er sich während er weiterreiste.

    Aus eigenem Erleben kann ich diese Situation nur bestätigen. Ich war vor meiner letzten Therapie dermaßen in Depressionen mit suizidalen Tendenzen versunken ... katastrophal. Aber dann habe ich doch den Absprung geschafft. Und diese Depressionen - heute nenne ich es lieber "depressive Verstimmungen", um es von den "echten" Depressionen abzugrenzen - sind komplette verschwunden!

    Und Gleiches habe ich bei meinen Gesprächen mit anderen Betroffen zig Mal gehört.

    Und Menschen mit "echten" Depressionen, die eine Sucht entwickelten, können ihre Depressionen erst wirkungsvoll in den Griff bekommen bzw. angehen, wenn sie ihre Sucht bezwungen haben.

    Denn DIE ist es, die ihnen immer wieder die Beine weghaut.

    Auch dies wird so immer wieder in Vorlesungen und Seminaren der Landesstelle für Suchtfragen dargelegt und wenn ich mich mit Betroffenen unterhalte, bestätigt.

    Ich hoffe, ich habe Dich jetzt nicht zu sehr zugetextet,

    Gruß

    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Mara,

    Willkommen zurück. 🙋‍♀️


    Um in den geschützten Bereich zu gelangen, werden ein paar aussagekräftige Beiträge von dir erwartet.
    Ein Freischaltung in diesen Bereich erfolgt nicht automatisch nach x/y Beiträgen, sondern erst nach sorgfältiger Prüfung durch die Moderation, da wir natürlich wissen möchten, mit wem wir es da zu tun haben.
    (Siehe Forenregeln)

    Mein Vorschlag: Komm erstmal in Ruhe hier an und gibt uns die Chance, einander näher kennenzulernen.

    Viele Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

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