Das sehe ich anders, Bassmann, weil das für den, der am Anfang steht, durchaus ein Thema ist, was erstmal bewältigt werden muss, und zwar WEIL Alkohol (und leider vielleicht demnächst wirklich auch Gras) in unserer Gesellschaft so eine Omnipräsenz und Selbstverständlichkeit hat.
Ich machte bei meiner Nikotinsucht die Erfahrung, dass es mir half, mich mit denjenigen zu umgeben, die noch rauchen mussten. Da konnte ich hautnah erleben, warum ich das nicht mehr tun wollte. Gut, bei den Nikotinabhängigen war das leichter als bei den Alkoholsüchtigen, weil ich jene am Arbeitsplatz studieren konnte, wenn sie in den Pausenbereich stürmten, um das zu tun, was ihnen die Sucht befahl, bevor sie sich z.B. um die Nahrungsaufnahme kümmern konnten. Beim Saufen hätte ich wahrscheinlich auf das Münchner Oktoberfest gehen müssen, um ähnliche Eindrücke sammeln zu können.
Ich brauchte das nicht, weil ich zuvor die Erfahrung beim Rauchstopp gemacht hatte.
Es fällt mir wirklich schwer nachzuvollziehen, warum jemand, der aus einer Sucht aussteigt, ein Problem damit hat, dass andere die Droge (noch) konsumieren. Es ist vielleicht Allen Carrs "Gehirnwäsche" geschuldet, die bei mir möglicherweise besonders gut anschlug. Aber ich erlebte es sowohl beim Ausstieg aus der Nikotinsucht als auch aus der Alkoholsucht so, dass ich zwar durchaus Entzugsprobleme hatte, aber niemals diejenigen beneidete, die das Suchtmittel noch konsumierten. Ich wollte raus aus der Spirale, und jeder, der noch drin war, taugte allenfalls als negatives Beispiel, das mich auf meinem Weg bestärken konnte.
So wie ich das sehe, ist der Ausstieg aus einer Sucht ein Akt der Befreiung. Und warum soll ich auf diejenigen neidisch sein, die sich noch nicht befreien konnten?
Mir hat diese Sichtweise geholfen, meine Süchte nicht nur einfach zu überwinden, sondern den Ausstieg als einen Zuwachs an Freiheit zu erleben.
Es grüßt
der Bassmann.