Beiträge von Bassmann-neu

    Man kann sich dem Narrativ/der DIE Wissenschaft ergeben und akzeptieren, dass man unheilbar krank ist; so wie es z.B. die Anonymen Alkoholiker postulieren.

    Man kann sich auflehnen, ohne sich zu verändern, und immer wieder gegen Windmühlen anrennen, um stets ein Stück weiter im Sumpf des Alkoholismus zu versinken.

    Man kann sein Leben und die damit verbundenen Glaubenssätze ändern und akzeptieren, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als wir uns mit unserer Schulweisheit erklären können.

    Für mich war der Weg der Veränderung der richtige Weg.

    Bassmann

    Ich erinnere mich an einen Post von Bassmann-neu vom 10.12.2024, in welchem er schreibt, dass er geringe Mengen Alkohol trinken kann ohne in alte Trinkgewohnheiten zurückzufallen. Insoweit hätten wir hier im Forum auch tatsächlich Jemanden, der zum kontrollierten Trinken etwas sagen kann.

    Leider kann ich dazu nichts beitragen, da ich kein KT (wie ich bereits als Katro schrieb) betreibe. Ich meine vielmehr bei mir festzustellen, dass der Alkoholismus nicht nur zum Stillstand gebracht, sondern geheilt werden kann. Ich trinke nach wie vor Alkohol, verfalle also nicht augenblicklich in altes Suchtverhalten, will aber (a) keine größeren Mengen wegen der negativen Folgen (z.B. Kater) trinken und (b) aufgrund der Tatsache, dass ich nicht austesten möchte, wann sich wiederholt, was sich in der Vergangenheit abspielte (Abgleiten in die Sucht).

    Bassmann

    Ich esse auch Tiramisu mit Amaretto oder Schwarzwälder Kirschtorte mit Schnaps. Mich würde die Weinbrandbohne wahrscheinlich auch nicht aus dem Konzept bringen - wobei ich sowas schon immer eklig fand.

    Das passt nicht zu dem Post, auf den sich meine Antwort bezog. Da ging es um die Rückfallgefahr bei Konsum, die als unausweichlich, weil zum Kontrollverlust führend, dargestellt wurde.

    Bassmann

    ...und so ehrlich muss man zu sich selbst sein, ein kontrolliertes Trinken wird es für keinen von uns mehr geben. Und das ist die Krankheitskomponente.

    Das darfst du (und man) so sehen. Ob es aber in Stein gemeißelt ist, dass eine echte Heilung nicht möglich ist, weißt du nicht.
    Ich weiß und erlebe, dass ich trotz früherem exzessivem Alkohol"genuss" keinen Rückfall erleide, wenn ich Alkohol in geringen Mengen trinke. Für mich kann ich deshalb feststellen, dass deine Aussage zum kontrollierten Trinken nicht gilt.

    Mich stört bei diesen Debatten stets der Absolutheitsanspruch. Sicherlich ist es sinnvoll, sich komplett vom Alkohol zu trennen, wenn man auf der sicheren Seite sein will. Die Behauptung, dass kontrolliertes Trinken oder die berühmte Cognakbohne stets zum Rückfall führt, ist m.E. falsch. Es scheint noch weitere Faktoren zu geben, die dazu kommen müssen, damit die Rückfalle zuschnappt.

    Wenn es anders wäre, könnte es Menschen wie mich nicht geben.

    Bassmann

    Die Krankheit ist latent in uns vorhanden. Sobald wir sie wieder bewässern, bricht sie wieder aus.

    Das ist der heutige Stand der Wissenschaft.
    Ob es auch morgen der Stand ist, wird sich zeigen. Denn eine wissenschaftliche Erkenntnis gilt immer so lange, bis sie widerlegt wird.

    Auch ich betrachte mich nicht als trockenen Alkoholiker oder trockenen Raucher, sondern als suchtfrei.
    Und ich fahre gut damit.
    Ich akzeptiere aber auch, dass andere Menschen sich nach wie vor als Alkoholiker sehen. Und aus Gründen der Vorsicht ist das bestimmt keine schlechte Sichtweise/Strategie.

    Bassmann

    Ab dem Augenblick, in dem ich spürte, dass ich es mit dem Ausstieg hinbekomme, hatte ich keinerlei Probleme mehr, zu meiner Alkoholproblematik zu stehen. Nahestehenden Personen gegenüber war ich völlig ehrlich; anderen Menschen gegenüber erklärte ich, dass ich lange Zeit einfach zu viel trank und jetzt keinen Bock mehr darauf habe.

    Da es für mich den trockenen Alkoholiker nicht gibt, litt ich seit dem Ausstieg auch nie unter der Stigmatisierung. Ich weiß, dass ich Alkohol trinken könnte, will es aber nicht mehr.

    Anders als vor dem Ausstieg muss ich nichts mehr vor anderen verstecken und brauche deshalb auch keine Ausreden.

    Bassmann

    Mal ein Zwischenbericht:

    Es fühlt sich gut an, gelassen und geerdet zu sein.

    Zu Suchtzeiten fühlte sich nur gut an, wenn ich meine Süchte befriedigen konnte; wirkliche Gelassenheit blieb mir in dieser Zeit versagt.

    Mittlerweile glaube ich, dass Sucht nicht nur den Körper schädigt, sondern auch -oder vielleicht sogar primär- die Seele. Denn seitdem die Sucht aus meinem Leben verschwand -und das ist bei mir nicht der Suchtstoff als solcher, sondern meine Abhängigkeit von diesem Stoff- scheinen meine Sinne mehr als zuvor wahrzunehmen; auch das, was über jenes hinausgeht, das durch Sehen, Hören, Riechen usw. erfahrbar ist. Die innere Stimme ist (wieder) da und das Wissen, dass sich Leben nicht im Materiellen erschöpft.

    Ich kann heute einfach im Jetzt sein, während ich zu Suchtzeiten ständig in der Zukunft oder in der Vergangenheit verweilte: Ist noch genug vom Suchtstoff im Haus oder muss ich vor Ladenschluss noch nachkaufen, wie verstecke ich meine Sucht auf einem Transatlantikflug vor Mitreisenden und Crew, wie überdecke ich das durch die Sucht tief verwurzelte Gefühl, ein Schwächling zu sein, habe ich gestern im Suff jemanden beleidigt usw. usf..?

    Die Sucht verkopft; zumindest war das bei mir so. Freiheit von Sucht dagegen verschafft eine Vergrößerung der Wahrnehmungskanäle.

    Und bei mir führte sie darüber hinaus zu einer lange nicht mehr gekannten Gelassenheit.

    Dass ich meine innere Stimme wieder hören kann, empfinde ich als das größte Geschenk der Suchtfreiheit. Sie macht mich unabhängiger von den Urteilen anderer Menschen und sie hat u.a. bewirkt, dass ich meinen Körper nicht mehr als mein persönliches Eigentum betrachten kann und deshalb auch nicht das Recht beanspruchen kann, ihn nach Belieben zu schädigen. So gewann der Sport neben der Spaßfunktion, die er für mich immer hatte, eine weitere Funktion, nämlich die des pfleglichen Umgangs mit Geliehenem.

    Und wie Honk an anderer Stelle bereits schrieb: Man sieht besser aus.

    Bassmann

    Hallo CeBe,

    ich kenne diese Situation aus dem Rauchstopp. Nach drei Monaten gab ich dem Rauchverlangen nach und war sofort wieder abhängig. Aber nicht nur das. Ich war auch sofort wieder voller Sehnsucht nach dem Zustand, in dem ich mich befand, bevor ich dem Verlangen nachgab. Da gab es nämlich immer wieder Phasen, in denen ich überhaupt keinen Gedanken an Zigaretten hatte. Nach dem Rückfall ging ich jeden Abend mit dem festen Willen ins Bett, am nächsten Tag nicht mehr zu rauchen, um dann meist früher als später umzufallen.

    Eins war mir klar, ich würde nie wieder glücklich als Abhängiger leben können, nachdem ich in diesen drei Monaten des Nichtrauchens gespürt hatte, was Stunden oder sogar Tage ohne Gedanken an Sucht bedeuten.
    Deshalb kam es für mich überhaupt nicht mehr in Frage, beim nächsten Ausstiegsversuch umzufallen. Denn ich wusste ja jetzt, dass ich nie wieder in der Abhängigkeit glücklich sein würde.

    Es klappte, wenn es auch nicht einfach war. Und ich übertrug das auf meinen Ausstieg aus der Alkoholsucht.

    Solltest du einmal eine ähnliche Erfahrung gemacht haben, mache sie dir jeden Tag wieder bewusst, um nicht nur theoretisch, sondern aus dem Erlebten heraus zu wissen, dass es keinen anderen Weg als den des Durchhaltens gibt.

    Alles Gute
    Bassmann

    Wenn ich dann von anderen lese, wie lange sie schon völlig trocken sind, kommt sofort der Gedanke: Nie im Leben schaffe ich das!

    Es gibt auch eine andere Reaktionsmöglichkeit.

    Ich habe bewusst in der ersten Zeit Erfahrungsberichte erfolgreicher Suchtaussteiger gelesen, denn deren Erfolg zeigte mir, was möglich ist. Und vor allem, dass es möglich ist und was es bedeutet, endlich wieder frei zu sein. Diese Freiheit, die diese Menschen bereits Tag für Tag erleben durften, die wollte auch ich erleben.

    Das motivierte mich und ließ mich durchhalten.

    Alles Gute
    Bassmann

    Das zwölfte Jahr nach der endgültigen Verabschiedung aus den mich viele Jahre begleitenden Süchten ist in das dreizehnte übergegangen.

    Woran ich zurzeit immer wieder denken muss, ist der Tag, an dem ich zum ersten Mal spürte, was ein Leben ohne Sucht wirklich ausmacht. Lange Zeit dachte ich, dass es die wieder erlangte Freiheit ist, also der Fortfall des Zwangs etwas tun zu müssen, was ich nicht mehr tun wollte. Doch irgendwann, nachdem ich nicht nur das Rauchen, sondern auch das Trinken beenden konnte, durfte ich erfahren, dass es viel mehr ist.
    Es ist der unglaubliche Zuwachs an Energie, die zur Verfügung steht, um Neues zu denken, Neues zu tun und Neues zu erfahren. Plötzlich sind wieder Entwicklungen möglich, ist Neugier auf Veränderung spürbar, und das vorherrschende Gefühl ist Zuversicht. Diese Zuversicht, das Vertrauen darauf, dass das Leben trotz aller auftauchenden Ärgernisse und Probleme letztendlich immer wieder -zumindest in der Rückschau- zu einer Bereicherung führt, hatte ich zu Suchtzeiten verloren.

    Als ich startete, wollte ich einfach nur nicht mehr abhängig sein. Und daraus wurde ein komplett neues Leben mit Freuden und Erfahrungen, an die ich im Traum nicht gedacht hätte.

    Bassmann

    Wenn es einem Menschen ab dem Tiefpunkt möglich ist auszusteigen, WARUM ist es dann auf einmal möglich? Es ist ja an sich kein anderer Mensch.

    Es gibt nur dann einen Tiefpunkt, wenn es nach einer Abwärtsphase wieder aufwärts geht. D.h., nur derjenige, der erfolgreich aus seiner Sucht ausstieg, stellt in seinem Suchtleben einen Tiefpunkt fest. Ich denke deshalb, dass nicht der nur nachträglich feststellbare Tiefpunkt Aussagekraft besitzt, sondern das, was vorher im Menschen ablief und ihn dazu bewegte, sein Suchtleben zu beenden. Anders ausgedrückt: Nur weil ich vor dem Tiefpunkt ein Anderer wurde, gibt es den Tiefpunkt in meinem Suchtleben.

    Bassmann

    Ich habe gestern ziemlich Klartext mit meinem Freund gesprochen und ihm auch gesagt, er hat nun das Wissen, wo sein Problem liegt und eigentlich nur die Wahl, sich für sich oder gegen sich zu entscheiden. Und ihm ist es auch bewusst. Aber ich weiß, wie schwer der Deckel ist und ich drücke ihm die Daumen, ebenfalls das Loch zu schließen. Da kann ich ihm aber nicht helfen außer, ein Vorbild zu sein, dass es möglich ist und sich lohnt.

    Das erinnert mich an meinen besten Freund, der im letzten Jahr an den Folgen seines übermäßigen Alkoholkonsums starb, trotz meiner Erfahrungsberichte und trotz meines "Vorbilds". Und ich frage mich, warum ich einen anderen Weg als er gehen konnte. Oder musste?
    Ich weiß nur eins: Bei mir begann es mit den Rauchstopp, bei dem ich die Erfahrung machte, dass es ein unglaubliches Freiheitsgefühl ist, nicht mehr rauchen zu müssen. Und ab da wollte ich die komplette Freiheit, was bedeutete, mit dem Trinken aufzuhören.
    Mir war zu diesem Zeitpunkt absolut klar, dass ich nur glücklich werden kann, wenn ich jegliches Suchtverhalten ablege.

    Vielleicht ist eine solche Erfahrung ein Glücksfall, wahrscheinlich hat sie aber Gründe. Nur welche sind es? Was war bei mir anders?
    Ich bin inzwischen an einem Punkt angelangt, an dem ich nicht mehr an Zufälle glauben kann, weil es davon zu viele in meinem Leben gab, die sich im Rückblick als Notwendigkeit erwiesen, um mich zu dem werden zu lassen, der ich jetzt bin. Und diese "Zufälle" waren im Zeitpunkt ihres Vorkommens nicht immer erfreulich.

    Vielleicht hat ein Anderer ähnliches erlebt und ist an einem Punkt angelangt, wo er die Zusammenhänge klarer sieht als ich?

    Bassmann

    Es ist immer dasselbe mit unseren (oder anderen) Politikern. Sie meinen besser als wir selbst zu wissen, was gut und was schlecht für uns ist. Und weil sie der Meinung sind, dass Erziehung mit Verboten die beste Erziehung ist, kommt so etwas, wie es jetzt in Groß Britannien vorexeziert wird, zustande.

    Aus meiner Sicht gibt es zwei Wege: Ich kann mich immer wieder mit meiner Suchtvergangenheit auseinandersetzen, um dem Vergessen vorzubeugen. Oder ich lasse täglich die Freude darüber in mein Herz, dass ich nicht mehr trinken muss.

    Ich gehe den zweiten Weg.

    Dieser zweite Weg ist zumindest bei mir ein Selbstläufer. Ich muss mich nicht dazu anhalten, an meine Suchtvergangenheit zu denken, sondern tue es zwangsläufig. Aber indirekt, indem ich meine Gegenwart genieße.

    Bassmann

    Ich glaube, es ist ganz einfach.

    Wir sehen ständig Menschen, die Alkohol trinken und es danach wieder sein lassen. Bei mir/uns war das anders. Und das lässt uns an uns selbst zweifeln. Wir stellen uns die Frage: Warum kann ich mit Alkohol nicht so umgehen, wie das die meisten Menschen augenscheinlich tun? Was stimmt mit mir nicht?

    Und so kommt eben doch ein Gefühl der Scham auf.

    Ganz sicher ist es so, dass das Gefühl der Scham unangebracht ist. Aber seit wann richten sich Gefühle danach, ob sie angebracht sind oder nicht?

    Und irgendwann ist die Scham auch weg. Bis mir war das Gefühl der Scham in dem Augenblick wie weggeblasen, nachdem ich wusste, dass ich die Kraft habe, den Teufelskreis zu verlassen. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich kein Problem mehr darüber zu sprechen, dass ich bislang abhängig war.

    Bassmann

    Es wird echt Zeit das sich Abstinenz wirklich etabliert und das neue Normal wird. Und nicht das saufen an jeder Ecke.

    Abstinenz wird sich m.E. nicht etablieren.

    Und letztendlich kann das dem Abstinenten auch ziemlich egal sein. Denn er lebt die Abstinenz ja Tag für Tag und erlebt das Positive dieses Zustands Tag für Tag.
    Denn die Abstinenz ist sein Normal.
    Aber es ist eben auch nur sein Normal und nicht das Normal der Anderen. Die entscheiden selbst darüber, was für sie normal ist.

    Ich kann das akzeptieren.

    Bassmann