Beiträge von rent

    Es fällt mir wirklich schwer nachzuvollziehen, warum jemand, der aus einer Sucht aussteigt, ein Problem damit hat, dass andere die Droge (noch) konsumieren. Es ist vielleicht Allen Carrs "Gehirnwäsche" geschuldet, die bei mir möglicherweise besonders gut anschlug. Aber ich erlebte es sowohl beim Ausstieg aus der Nikotinsucht als auch aus der Alkoholsucht so, dass ich zwar durchaus Entzugsprobleme hatte, aber niemals diejenigen beneidete, die das Suchtmittel noch konsumierten. Ich wollte raus aus der Spirale, und jeder, der noch drin war, taugte allenfalls als negatives Beispiel, das mich auf meinem Weg bestärken konnte.


    So wie ich das sehe, ist der Ausstieg aus einer Sucht ein Akt der Befreiung. Und warum soll ich auf diejenigen neidisch sein, die sich noch nicht befreien konnten?

    Ich habe kein Problem damit, dass andere noch Alkohol konsumieren. Es ist eher ein neutrales Beobachten ohne Emotionen.

    Da ist kein Verlangen mehr, kein Neid, kein tropfender Zahn. Nichts und das ist so eine Befreiung.


    Ich merke aber auch, dass das ehemalige Trinken teilweise noch mit sozialen Interaktionen verknüpft ist.

    Dort wird mir teilweise noch ein Verzicht vorgegaukelt oder eher, das Gefühl "mittrinken" zu müssen, um "dabei" zu sein.

    Es ist nicht das eigentliche Verlangen nach Alkohol, sondern eher das Bedürfnis, "dazugehören" zu wollen.

    Aber ich gehöre doch dazu, bin dabei, nur das ich KEINEN Alkohol mehr trinke.


    Und auch diese Momente werden immer weniger, sie werden sogar manchmal von dem Eindruck überdeckt, etwas wirklich Schlimmes durchgestanden/ überstanden zu haben, was sich ein Nüchtsüchtiger überhaupt nicht vorstellen kann.

    Mir wird auch immer mehr bewusst, was für riesengroßer Schatz diese Nüchternheit für mich ist, da können die anderen gerne ihr "Prosit auf die Gemütlichkeit singen".


    Bei mir war das kein Neid auf andere Alkohol Konsumierende, den ich gespürt habe, sondern Selbstmitleid, weil ich mich ausgeschlossen fühlte.


    Ich kenne das auch noch sehr stark aus meiner langjährigen Trinkpause und habe immer gehofft, dass es mit der Zeit vergeht.

    Da ich aber dem Alkohol immer als einen Teil von mir gesehen habe und ihm jahrelang nachgetrauert habe, hat es sehr lange gedauert, bis dieses Gefühl weniger wurde. (klar die Zeit heilt auch sehr viel und arbeitet für mich)

    Aber damals war es immer noch lange latent vorhanden, weil ich eben dem Alkohol in meinem Denken immer noch Raum gegeben/ ein Platz reserviert habe.

    Nun ist es kein Selbstmitleid mehr, sondern ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit, nicht mehr trinken zu müssen.


    Ich sehe das ziemlich ähnlich bis gleich. Und kann auch wirklich bestätigen, dass mir der Rauchstopp beim Trinkstopp auf jeden Fall geholfen hat. Der Rauchstopp war für 1-2 Wochen echt die Hölle. Dazu ist die Alkoholabstinenz ehrlich gesagt ein Spaziergang. Ich schiebe das auf die Verknüpfungen, die beim Rauchen deutlich mehr waren als beim Trinken.


    Bei mir war es ähnlich, der Rauchentzug war echt mit das Schlimmste, was ich miterlebt habe. Ich hatte teilweise wochenlang ein Gefühl als würde ich mich mit einem mir fremden Körper durch dicken Brei quälen und als wäre die Erde ein Planet, auf den ich nicht hingehöre, das war so was von strange...

    Meine vielen Alkoholentzüge habe ich in dem Hinblick auch etwas "gemäßigter" erlebt, der körperliche Entzug/ die Entgiftung waren immer recht schnell durch, die psychischen "Unpässlichkeiten" waren schon etwas geringer als beim Rauchtenzug.

    Aber das Gefühl der eigenen Fremdheit, mit dem Alkohol einen Teil von mir aufgegeben zu haben und ein Gefühl der Verlassenheit und nicht mehr zu dieser Welt zu gehören, waren auch noch lange da.

    Und auch dieses Craving, was ich eben kurz vor dem Beginn meiner jetzigen Abstinenz erlebt habe, will ich nie wieder.

    Aus meiner Sicht braucht der Alkohol länger als Nikotin zum echten und dauerhaften Andocken. Er hat sich sozusagen sehr leise und gemütlich von hinten angeschlichen und es braucht auch wieder seine Zeit, bis er sich entgültig wieder "ausschleicht" und ich auch diese Gehirnwäsche in jedem Detail wieder loswerde, die ich mir selber verpasst habe und verpassen lassen habe.


    [Nur nochmal zum kalten Entzug:

    Ich bin in den vergangenen Jahren mit meinen kalten Entzügen immer echt naiv, gedankenlos und fahrlässig an die Sache herangegangen (ich hatte mich ja nicht als "echter" Alkoholiker gesehen, sondern nur als jemanden, mit einem fetten Alkohol&Suchtproblem)

    Im Nachhinein gesehen bin ich wirklich so dankbar, dass alles gut gegangen ist.]


    Was ein wenig länger stehen blieb, war mein "Getränkelager" mit den leeren und vollen Bierflaschen im Schuppen wo mein Fahrrad parkt. Das hab ich glaub ich 4-6 Wochen bewusst aufgebaut gelassen und habe jeden Morgen und jeden Nachmittag mein Fahrrad da geparkt und mir die Unmenge von Flaschen angeguckt. Und natürlich auch den Geruch in der Nase gehabt. Und ich hab mir jedes Mal gesagt, so ein Haufen Scheiss kipp ich mir nicht nochmal in den Hals.

    Nach den 4-6 Wochen hab ich dann meiner Frau gesagt, ich bin soweit und habe den Scheiss dann mit ihr zusammen entsorgt und sauber gemacht.


    MEINE Getränke hatte ich kurz nach meiner Initialzündung kurzerhand an eine Bekannten weitergegeben, mit dem Hinweis, dass ich nicht mehr trinke.

    Es war vielleicht auch auch ein (kleines) öffentliches Bekenntnis oder einfach nur Flucht nach vorn.


    Meine letzten Opioide hatte ich schwereren Herzens entsorgt (hab die damals gehütet wie ein Kleinod und man bekommt sowas ja auch nicht im Discounter zu kaufen)

    Die letzte Tablette hatte ich an dem Tag genommen, als ich meinen "Zerbruch" hatte.

    Seit dem war, wie auch auf den Alkohol kein Verlangen mehr darauf, aber ich hatte mich trotzdem sehr schwer getan, mich von der letzten Packung zu trennen.


    Es war vielleicht so ähnlich, wie bei dir und deiner Billig-Wodkaflasche Honk oder vielleicht ein Stück dieser trügerischen "Sichertheit", ein Artefakt aus dieser schrägen Sucht-Welt, die nun gottseidank hinter mir liegt, behalten zu wollen.


    Wie auch immer, der Arzneischrank ist nun frei von Dingen, die ich missbraucht habe und wo früher die Bierkästen standen, steht jetzt ein Kasten mit Spezi und Wasser.

    Und ich bin so dankbar, dass es so ist, wie es jetzt ist...

    Diese Sober-Bewegung ist mir persönlich in ihren Formulierungen too much, aber das heißt ja nix. Wenn’s anderen hilft, sich davon inspirieren zu lassen kann, dann ist das doch völlig in Ordnung. Oder?

    Ja genau, ich finde, es geht ja gerade darum, den besten Weg zu finden, mit dem ich ein Leben lang zufrieden und sicher unterwegs bin und ich muss nicht alles 1:1 umsetzen.


    Ich fühle mich zur Zeit zwar sehr stabil, aber mich haben die vorherigen Beiträge und das Erinnern an vergangene Craving-Situationen (die teilweise negativ endeten) wirklich dazu bewegt, einiges auch wieder etwas bodenständiger zu betrachten.

    Und dass eine gesunde Vorrausschau/ Vorsorge sehr wichtig ist und eine zufriedene Nüchternheit kein Selbstläufer ist.

    Vielen Dank :thumbup:

    Was mir vielleicht geholfen hat, dass die Erwartung+Vorfreude ans Trinken viel größer war, als dann der eigentliche tatsächliche "Genuss" (+Schuld&Verzweiflung danach)

    Wenn das nämlich so wäre: Würden Alkoholiker, denen es so geht, dass sie diese Schuld und Verzweiflung immer wieder erleben, die noch nicht so weit sind, dass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als zu trinken, weil ein Absinken des Pegels die Hölle ist, mit dem Trinken nicht einfach aufhören können? (Sorry für den fürchterlichen Schachtelsatz, krieg‘s nicht besser hin. 🙈)

    Ja, da hast du vielleicht recht, das wäre irgendwo zu einfach gedacht bzw. würde das Aufhören recht einfach machen (zumindest für die, die noch nicht ihren Pegel halten müssen).

    Aber es ist ja gerade dieses Hamsterrad aus Trinken, Scham, Schuld, wieder trinken.


    Es war nur in dem Moment intensiver als andere Male:

    Ich hatte wahrscheinlich nach knapp 5 Monaten Entzug und diesem vorhergegangenen Craving eine Befriedigung erhofft, die eben dann nicht so in der erwarteten Intensität eingetroffen ist.

    Es waren eher so die Gedanken: Also so doll war das jetzt auch nicht und deswegen hast du jetzt deine 5 monatige Abstinenz aufgegeben.

    Aber genau diesen Gedanken der Enttäuschung habe ich bis jetzt gut eingebunkert (das wieder trinken überhaupt nicht so spektakulär wäre, wie ich es mir in meiner verklärten Erinnerung vorstelle)


    Aber ja, diese Momente hatte ich auch schon x mal früher erlebt und sie hatten nichts weiter bewirkt.


    Es ist übrigens krass, wie sich die eigene Objektivität unter diesem langen Suchtdruck verändert, wie man sich selber belügt und alles schön redet.

    DIESES MAL wird alles anders, dieses Mal kann ich kontrolliert Trinken, diese Mal gebe ich mir aber wirklich Mühe, dieses Mal...(und ein Teil von mir glaubt das in diesem Moment wirklich)

    Der vernünftige Teil in mir, der im Vorfeld schon weiß, dass dieses Mal NICHTS anders wird, wird überstimmt.



    Brant und Susanne und du, ihr habt von der Erfahrung erzählt, innerlich zu kapitulieren, und wie das für euch gewissermaßen der zentrale Wendepunkt war und Beginn eurer Abstinenz war.


    Das spricht doch dafür, dass da im Inneren irgendwas abgehen muss, um wider Erwarten den Absprung zu bewirken. Was auch immer das ist, denn es geschieht ja offensichtlich nicht jedem.

    Vermutlich ist da was dran.

    Ich war noch nie bei den AA's und das wäre bestimmt auch nicht mein Weg, aber dort ist ist ja in den ersten Schritten auch von einer innerlichen Kapitulation zu lesen.

    Ich finde nur, diese innerliche Kapitulation kann man nicht auf Knopfdruck hervorbringen, aber das ist vielleicht auch bei jedem anders.

    Aber für mich war es wirklich ein zentraler Wendepunkt, den ich unter keinen Umständen wieder verlieren will.

    (In Zusammenhang Kapitulation hatte ich viel früher schon mal ein ähnliches Erlebnis, aber da würde ich ein anderes Mal darüber schreiben, dass führt vielleicht hier zu weit und würde eher in die Kategorie "Leichtsinn und Gedankenlosigkeit" passen.)


    Ich bin aber auch der Meinung, dass es für jeden SEINEN Weg aus der Sucht gibt und dass dieser Weg für niemanden eine Qual sein muss.

    Vorrausgesetzt ist aber immer wieder die innere Bereitschaft, ich WILL nie wieder trinken und genau das eben mit vollstem Einsatz zu suchen/ umzusetzen.

    Und wenn ich z.B. Honk lese, hat er auch einen Weg, der meinem nicht ganz unähnlich ist und auch super zu funktionieren scheint.

    Die Initialzündung war vielleicht eine andere, aber in dem Weg danach finde ich mich sehr oft wieder.


    Für mich geht es viel darum, wie richte ich mein Leben nach der Sucht aus, was habe ich für Pläne. Dinge, die ich schon immer gerne machen wollte, mir aber immer die Sucht im Weg stand.

    Mir helfen z.B. auch positive Storys, Podcast's, Bücher von Leuten aus dieser Sober-Bewegung wirklich weiter.

    Menschen, die es wirklich ohne Qual geschafft haben, aufzuhören. Und ich muss dort nicht alles 1:1 umsetzen, aber ich brauche diese Hoffnung. Und es ist für mich kein Lifestyle, sondern eine Art ein zufriedenes, nüchternes Leben zu führen, was mir wirklich erstrebenswert erscheint und wie ich es auch immer mehr erlebe.


    Gerade deswegen begegne ich der Sache oder vielmehr MEINER Alkoholsucht mit einem gewissen Respekt und mit entsprechender Vorsorge/ Selbstfürsorge. Angst hab ich keine mehr.

    Ja ich habe auch gerade beim Schreiben und Erinnern gemerkt, dass es wirklich Respekt vor der Sucht und immer ein Kümmern um mich selbst bedarf.

    Was du da beschreibst, kenne ich vom Rauchen. Stets heißt es, so ein Suchtdruck/ Craving halte nicht soooooo lange an, aber ich hab das auch über mehrere Tage gehabt.

    Ja man kann die Situation wirklich mit dem Rauchstopp vergleichen.


    Was wäre gewesen, WENN du nach dieser Entscheidung im Kopf am Samstag nichts getrunken hättest.


    Schwierig, ich habe da auch schon öfters mal darüber nachdenken müssen, wenn ich an dem Samstag nicht getrunken hätte.


    Wahrscheinlich hätte ich damit das Trinken wieder ein paar Tage/ Wochen hinausschieben können, vielleicht wäre damit auch das Craving nie wiedergekommen.

    Vielleicht wäre ich total froh darüber gewesen, diese Tage überstanden zu haben, aber diese verklärte Sehnsucht war irgendwie noch in mir. (sonst hätte ich ja an dem Samstag nicht getrunken)

    Es war vielleicht eben noch teilweise auf der Basis "Willenskraft".


    Was mir vielleicht geholfen hat, dass die Erwartung+Vorfreude ans Trinken viel größer war, als dann der eigentliche tatsächliche "Genuss" (+Schuld&Verzweiflung danach)

    Ich kann nur von mir berichten, aber ich habe das nie so erlebt, dass ich mich zufällig auf einmal mit der Bierflasche in der Hand wiedergefunden habe oder dass es mich vom einen zum anderen Moment in die Tanke gezogen hat.


    Bei mir hing das immer mit einer Art Entscheidung zusammen.

    Diese "Sehnsucht" hat sich bei mir manchmal über Tage aufgebaut, ich habe verklärt nur noch Gutes am Trinken gesehen und alles Negative weggewischt.

    Ich hätte nach dieser Entscheidung für's Trinken auch nicht z.B. irgendwelche Proseccoflaschen die evtl. im Haus befunden hätten getrunken, sondern hätte mir MEINE Getränke in ausreichender Menge besorgt. (da hätte zwischenzeitlich viel Zeit vergehen können, aber wenn die Entscheidung einmal gefallen war, waren alle Verhinderungsaktivitäten nur noch ein zeitliches Rauszögern.


    Im Nachhinein gesehen bin ich auch der Meinung, dass mein Unterbewusstsein? mich viel mehr steuerte, als es mir bewusst war und mir sozusagen diese Sehnsucht in mich projizierte, der ich mit der Zeit nicht wiederstehen konnte und letztendlich trotz Aufbietung aller Willenskraft nachgegeben habe, nachgeben musste.

    Klingt schon etwas fremdbestimmt ...


    Vor meiner Initialzündung (kurz davor hatte ich Jan - Mai nichts getrunken)

    hatte ich Mitte Mai tagelang ein sehr starkes Craving.

    Mein ganzes Denken war tagelang nur ans Trinken bestimmt. Ich habe z.B. mit jemandem geredet und dabei nur ans Trinken gedacht und selbst in der Bauchregion/ Solarplexus war das körperlich zu spüren.

    Die (unterbewusste) Entscheidung war bestimmt schon einige Zeit vorher gefallen.


    Ich hatte mich dann am Freitag dafür entschieden, am Samstag wieder etwas zu trinken (weil ich es nicht mehr ausgehalten habe) und in dem Moment war das starke Craving weg (obwohl ich ja noch nichts getrunken hatte).

    Mir ist damals bewusst geworden, dass ich den Alkohol nicht als echte Chemie in meinem Körper brauche, sondern dass sich alles in meinem Kopf abspielt.


    Der Teil in mir, der nie genug bekommen konnte, war sozusagen bis Samstag ruhig gestellt.


    Ich habe daraufhin am Samstag aber trotzdem wieder getrunken (Versuch kontrolliert, was sowieso wieder nicht funktioniert hat) und war total unglücklich und zerissen darüber.

    Ich hatte dann noch eine knappe Woche weitergetrunken und habe es aber vor lauter Zerrissenheit und Verzweiflung nicht mehr ausgehalten (ich konnte es mir überhaupt nicht mehr vorstellen, wie es weitergehen sollte) und eben am 19.5. meine Initialzündung gehabt.

    Den Rest hatte ich ja schon mal geschrieben.

    Ich denke mal nicht. Denn es ist ja genau der "Verstand" der der Erfahrung des "Einsseins" im Weg steht. Dort in der Stille ist alles in Ordnung

    Da hast du vielleicht recht und manches bedarf eben auch keiner Erklärung.


    VG

    Mit weichgespülten Phrasen bin ich zB nicht weitergekommen um mir die toxischen Aufstellungen in meinem Elternhaus bewusst zu machen und weitgehend aufzulösen.

    Genau, darum geht es ja.

    Der eine muss sich halt die "harte" Realität vor Augen halten, braucht schwarz-weiß.

    Und für den Anderen ist es einfacher, sich mit seinem Problem eher z.B. wie ein Nikotin'iker (Exraucher) zu sehen.

    Die Auswirkungen der beiden Drogen können unterschiedlicher nicht sein, aber es sind beides Süchte.

    (die erste Zigarette oder das erste Glas hätte zur Folge, dass ich wieder trinken oder rauchen "müsste")


    Das hat meiner Ansicht nach nichts mit Lifestyle zu tun, sondern eher eine Bewusstwerdung dessen, dass ich nie wieder Alkohol bzw. eine andere süchtigmachende Substanz nehmen kann.

    Und deshalb gilt es den besten Weg herauszufinden, um ihn dauerhaft und zufrieden zu gehen.



    Das ist eher ein Bewusstsein von einer der Rollen, die man im Leben so spielt um über die Runden zu kommen und sich fortzuentwickeln.

    Ich kann dir da irgendwie recht geben, man definiert sich schon über Dinge, die man "macht" bzw. die man "ist"

    z.B. Rent der "Trinker", Rent der "Abstinenzler", Rent "der und der"....



    Sich seiner Selbst, also seiner Seele, bewusst zu sein ist grob ausgedrückt ein anderes Level. Nicht bevor du stirbst, wie es ein indischer Mystiker mal in Worten ausdrückte.

    Das klingt in der Tat sehr mystisch.

    Wenn du magst, könntest du das ja vielleicht mal etwas genauer erklären.


    Ich hab länger darüber nachdenken müssen, aber ich kann nur für mich sprechen, dass ich? damals einen Teil von mir aufgegeben bzw. dieser Teil zerbrochen wurde. Der Teil von mir, der von allem nie genug bekommen konnte, es war wie eine Bankrotterklärung an mich selber.

    Und habe ich den Eindruck, dass durch diesen Zerbruch, der wirkliche, echte Mensch in mir immer mehr und mehr zum Vorschein kommt, der durch Alk&Co + Lebensumstände jahrelang vergiftet und unterdrückt wurde.

    Ein Mensch, der in dieser Welt ohne Drogen und sonst was klarkommt, ja natürlich auch mit allen Höhen und Tiefen, die es im Leben nunmal gibt.


    Beim drüberlesen klingen meine letzten Sätze klingen auch etwas "mystisch" ;)

    Wir können das auch gerne mit zu mir rübernehmen, wenns Honk hier zu spirituell wird oder sogar neuer Thread?

    Ich finde das einen sehr guten Ansatz. Also die Sichtweise, sich als krank zu bezeichnen, wenn man dem Alkohol wieder verfallen sollte und sich nicht als dauerhafte, chronisch kranke Person zu definieren.

    Ja ich sehe das genauso und mir nimmt das die Düsterkeit und diese unüberwindbare Hürde.

    Und eigentlich ist ja die Alkoholsucht, die einzige "Krankheit", die ja zum Erliegen kommt, wenn ich meinem Körper das "Virus" Alkohol nicht mehr einflöße, es nicht mehr zulasse, dass es in meinen Körper kommt.

    Eigentlich so einfach, aber wiederum teilweise eben auch so schwer, naja Sucht halt.


    Viel wichtiger als Begrifflichkeiten ist die absolute Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Ich kann nicht mit Alkohol umgehen und werde es auch niemals können.

    Genau, wie ich es drehe und wende bzw. nenne, ist eigentlich auch egal

    Viel wichtiger ist das Eingeständnis mir selber gegenüber. Ich kann keinen Alkohol mehr trinken und werde nie wieder welchen trinken können.


    Ich habe in den 4 Jahre mit dem Versuch des kontrolliertem Trinkens nur erreicht, dass mein Konsum wieder auf dem Stand angekommen war, den ich vor Jahren verzweifelt verlassen habe.

    Und im Nachhinein gesehen, war das kontrollierte Trinken anstrengender, als die komplette Abstinenz.

    Sozusagen wie Sex ohne Höhepunkt bzw. nur ein ganz kleines Stück vom Kuchen, obwohl ich immer den ganzen Kuchen mit extra Schlagsahne und Dessert wollte.

    Gerade in Gesellschaften, wo eher weniger getrunken wurde und ich mit meinem Konsum aufgefallen wäre, war das mega anstrengend. Manchmal habe ich da noch versucht, "vorzuglühen" bzw. war es einfacher, abzusagen.

    Und ich habe über die Jahre auch öfters des Damoklesschwert über mir baumeln sehen (auch teilweise mit diesen ganzen Erinnerungen aus meiner Kamikazezeit), wenn es denn wieder "richtig" losgeht.

    Und das hat ja nicht soo lange auf sich warten lassen.


    Aber es ist nun eine Erfahrung, die ich gemacht habe, sonst würde ich vielleicht noch heute dem Alk und kontrolliertem Trinken hinterher trauern bzw. ich würde immer wieder grübeln, es vielleicht doch mit KT zu versuchen, wie es denn wäre...

    Aber kontrolliertes Trinken funktioniert (zumindest für mich, weil ich eben mit diesem "A" behaftet bin) nicht!


    Wobei ich mittlerweile sagen muss, das sich bei mir an vielen Stellen eine Normalität etabliert hat wo der Gedanke an was zu trinken überhaupt nicht mehr existent ist, das Leben ohne sich an vielen Stellen etabliert hat. Auf der anderen Seite, gibt es auch weiterhin mal kurze Momente, da flüstert das Suchtmonster doch mal kurz Hallo.

    Ja, ich finde das auch, dass sich die Normalität immer mehr etabliert und die Gedanken ans Trinken verblassen immer mehr.


    Klar ich habe zur Zeit nach sehr viele Gedanken an Alkohol/Trinken.

    Für mich ist es aber sehr wichtig, wie ich darüber denke.

    Lasse ich es zu, dass ein Teil von mir hinterher trauern will oder sehe ich es als Erlösung, nicht mehr trinken zu (müssen).


    Mein Plan ist es auf Langzeit, dass mich der Alk zumindest oberflächlich nicht mehr groß beschäftigt. Vergessen werde ich diesen Teil in meinem Leben sowieso nicht ganz können und das ist vielleicht auch gut so.


    VG

    Das ist leider nicht so einfach. Bzw. höchstwahrscheinlich noch nicht so einfach. Da hängt ein soziales Netz dran, mit Kindern und das sind Menschen mit denen ich viel Zeit verbracht habe die letzten 10 Jahre. Und nein, es sind keine Saufkumpane sondern Menschen die ich auch außerhalb der Geschichte sehr mag.

    Ich kann dich da gut verstehen.


    Damals am Anfang meiner langjährigen Trinkpause hatte ich ein harten Cut gemacht/ machen müssen, was mein trinkendes Umfeld betraf.

    Es war damals nötig und ich hatte auch nicht die Kraft, mich mit einer Apfelschorle mit in die Kneipe zu setzen oder mit feiern zu rennen.

    Ich stand damals recht alleine da, aber im Nachhinein gesehen, bin ich sehr froh, mich von diesen Leuten getrennt zu haben.

    Mir fiel es also in dem Hinblick einfacher, einen Neuanfang zu starten.

    Mein Leben hat sich darauf in der nüchternen Zeit sehr gut repariert und auf die alte Zeit davor blicke ich eigentlich nur mit Widerwillen zurück.


    Ja nun als braver Bürger und Familienvater sieht die Sache wieder etwas anders aus.

    Ich erlebe es zwar nicht ganz so stark wie du, dass ich direkt gemieden/ ausgeladen werde, aber es gibt schon Momente/ soziale Interaktionen (das "Bierchen" übern Gartenzaun mit dem Nachbarn...) die sich eben über die Jahre eingeschliffen haben.

    Und das perfide daran ist ja auch, dass sich der Alkohol als sozialer Kit eingeschlichen/ etabliert hat. Nach dem Motto: "Lass uns doch erstmal ein Bierchen zusammen trinken" und dieser ganze Lebensstil, die Erwartung, die Werbung und eigene Gehirnwäsche tun ja ihr bestes um genau dies aufrecht zu erhalten.


    Aber ich habe auch gemerkt, dass es für mich weniger hilfreich ist, dort hinzuschauen, wie es früher war.

    Bei mir ist das jetzt eher ein Annehmen des Ist-Zustandes mit der Option, dass sich alles in eine vielleicht sogar bessere? Richtung ändern könnte.

    Und manches schleift sich vielleicht auch wieder von alleine ein und irgendwann wird man vielleicht auch wieder als (jetzt) nüchterner Partygast akzeptiert.

    Und für mich ist "wieder" trinken um sozial wieder in alte Gefüge zu passen bzw. es dort wieder etwas bequemer zu haben, keine Option. (das wird hier auch niemand vorhaben, aber nur mal zu Ende gedacht)


    Ich sehe solche Momente und die dazugehörigen Gedanken manchmal so, als wöllte die Sucht viel perfider und nicht nur mit einem "einfachen" Craving um die Ecke kommen, sondern mich sozusagen mit meinem sozialen Umfeld/ Gepflogenheiten locken will.


    Aber so wie ich das in meiner langjährigen Trinkpause erlebt habe, trennt sich da teilweise die Spreu vom Weizen und es entstehen auch neue Verbindungen, die nicht den Alkohol als Kit brauchen.

    Und im meinen Fall haben diese neuen Verbindungen sogar meine letzten 4 Spiegeltrinkerjahre überlebt.

    Also wenn das nichts ist :)

    Aber alles braucht eben seine Zeit und dass muss ich mir auch manchmal immer wieder sagen...

    Ich selbst hab dieses Selbstbewusstsein inzwischen, musste ICH mir aber auch erst erarbeiten.

    Das sehe ich genauso, gerade dieser Mangel an Selbstbewusstsein, welchen eben der Alkohol über Jahre bei mir immer größer werden lies und auch dieses (falsche) Gefühl "dazu" gehören wollen bzw. alle möglichen Situationen mit Alkohl&Co zu regulieren, war zumindest bei mir einer der Gründe, warum ich Alkohol konsumiert habe.


    Und es braucht schon etwas Zeit, um dort erstmal wieder ein gesundes Selbstvertrauen aufzubauen, was nicht auf von außen zugeführte Chemie basiert.

    Kennst du das Lied „Lasse Redn“ von den Ärzten? - Passt, oder?

    Ja die anderen (z.B. unliebsame Kollegen) müssen ein einem selber richtig scheissegal sein, dann passt's ;)

    Klappt aber manchmal leider nur temporär.


    Ich kann Honk aber auch verstehen, gerade auf dem Dorf wirst du schon misstrauischer beäugt, wenn du z.B. beim Schützenfest mit einem Wasser stehst, da kommen schon Fragen, "was ist denn mit dir los, bist du krank"


    Selbst in meiner Familie wird über das Thema teilweise geschwiegen bzw. es kommt kein positives Feedback. Es fehlt teilweise die Akzeptanz bzw. das Verständnis.

    Nachdem Motto "es muss doch gehen, dass du ab und zu mal etwas mittrinkst".

    In meiner Familie sind jetzt auch keine großen Trinker dabei, aber der Alkohol ist eben überall präsent und in jeder Feiergemütlichkeit eingewoben.


    Aber ich mache es größtenteils auch wie Rekonvaleszent und sage, ich trinke nicht und fertig.

    Du schiebst wohl einen Frust bezüglich des anderen Forums. Ich bin dort auch unterwegs. Die sind dort halt etwas strenger unterwegs und fahren voll auf ihre Grundbausteine ab. Die beinhalten eine prima Empfehlung. Ich habe sie noch nie komplett umgesetzt.

    Nee, Frust würde ich das nicht nennen.

    Mich hat nur diese ganze Grundsatzdiskussion, die immer wieder aufkam und mit der Beweisführung endete: "von dir aus Hypothese (also ich), von mir aus Erfahrung (Langzeittrockener) oder "es ist so, weil ich das so sage" müde gemacht und angestrengt.

    Manchmal hatte ich auch den Eindruck, dass meine Beiträge überhaupt nicht richtig gelesen worden sind, sondern gleich der Stempel "Rückfall" aufgedrückt wurde bzw. man hat sich einfach gegenseitig nicht verstanden.


    Und ehrlich gesagt hat mir das eben für die Bewältigung meiner Sucht nicht groß geholfen.

    Das war aber MEIN Eindruck. Bei einer anderen Userin hatte ich z.B. gelesen, dass sie genau dieses "Schwarz-Weiß", diesen strengen Kurs braucht.

    Und der Weg der Grundbausteine scheint ja auch erfolgreich zu sein.

    fahren voll auf ihre Grundbausteine ab. Die beinhalten eine prima Empfehlung. Ich habe sie noch nie komplett umgesetzt.


    Ich finde auch, dass ist eine gute Empfehlung und ich habe sie auch mehr oder weniger umgesetzt.

    Ich war z.B. auch bei meinem Arzt und habe ihm meine Problematik geschildert.

    Meiner Ansicht nach fand ich das zwar nicht ganz so notwendig, aber es war vielleicht in dem Sinne ganz gut, dass ich mir jetzt nicht mehr aus irgendeinem Grund etwas verschreiben lassen kann, was die Sucht nur verlagert.


    Kleine Anekdote am Rande:

    Ich war vor kurzem bei meinem Arzt, ich hatte einen Wespenstich und reagiere allergisch darauf.

    Da mein Outing noch nicht so ewig her war, hatte ich mir (scherzhaft) vorgestellt, was er gerade denkt, wenn er mich jetzt sieht:

    "Ach der Herr ... , dieses Jahr schon mehrere Wespenstiche, dazu noch alkoholabhängig und eine kleine Drogenproblematik.

    Er will bestimmt nur wieder Tilidin verschrieben haben und hat seinen Fuß unter diesem Vorwand absichtlich in ein Wespennest gesteckt". ;)


    Er wir das nie gedacht haben, aber das macht macht manchmal diese Kopfkasperei deutlich, die man sich unsinniger Weise selber macht.



    Ich habe einmal eine Saftschorle in so ein Glas geschüttet und ich bekam rasch Verlangen nach dem "richtigen" Inhalt. Ich kann auch kein Wasser aus Wein- oder Sektgläsern trinken, auch wenn ich der Bier- und Schnapstrinker war. Das nur mal als Anregung.

    Mit den Gläsern gebe ich dir recht. Ich hatte vor kurzem unsinnigerweise Wasser aus einem Weinglas trinken wollen und bei den ersten Schlucken war das wirklich so, als würde meine Zunge den Weingeschmack erspüren wollen.

    Sehr seltsames Gefühl, hab dann brav aus meinem Saftglas weitergetrunken, macht man ja auch nicht falsch damit.


    Komischerweise trinke ich wiederum gerne kaltes Spezi, welches in braunen Bierflaschen daherkommt und mache die mir auch noch teilweise mit dem Zollstock auf, wie früher.

    Die Sorte Spezi hatte ich früher schon gerne als Alternative für Bier in meiner aktiven Trinkerkarriere gegönnt und trinke die wie gesagt heute noch gerne. Es hilft mir sogar manchmal gegen das kleine undefinierbare Verlangen/Appetit (bzw. ist's nur Durst)

    Habe erst später gelesen, dass mich das hätte triggern können.

    Aber wie gesagt, es hat bei mir eher eine positive Wirkung. (vielleicht nicht zum Nachahmen empfohlen)



    Ich habe den Kreis der Eingeweihten bewusst klein gehalten und binde nicht neugierigen Fragestellern alles auf die Nase und gehe auch nicht mit meinem Problem hausieren.


    Ja das mache ich genauso, meine Familie und der engste Bekanntenkreis wissen Bescheid (die kannten mich ja auch früher schon als eher heftigeren Trinker, dann langjähriger Abstinenzler, dann als gutbürgerlichen Spiegeltrinker und jetzt bin ich wieder abstinent und fertig)

    Ich merke aber auch, dass bei vielen das Verständnis fehlt. Nach dem Motto: "Es muss doch gehen, dass du mal 2-3 Bier trinkst und dann ist wieder gut" oder "Alkoholiker ist doch nur der, der 2 Flaschen Schnaps am Tag braucht".


    Aber z.B. derzeit auf Arbeit würde es mir nie einfallen, mich zu outen. Warum auch, da würde ich nur irgendwelche Vorlagen und Angriffsflächen bieten, von Leuten die überhaupt keine Ahnung haben. Und ich bin auch niemandem Rechenschaft schuldig.



    Mit diesem Kurs bin ich prima gefahren. ich werde ihn nur umstellen, wenn ich merke, dass ich damit nicht mehr klar komme.


    Danke dir für deine Impulse :thumbup:

    Hier nochmal auf Wunsch der gesamte Beitrag:


    Ich nehme den Beitrag mal mit zum mir, hier passt er auch gut rein.

    Risikominimierung bedeutete für mich, dass ich in den ersten Monaten, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, dem Alkohol insoweit aus dem Weg gegangen bin, dass ich heftig konsumierende Zeitgenossen oder Veranstaltungen gemieden habe, die mit dem starken Konsum verbunden waren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

    Damit hast du es meiner Ansicht nach gut auf den Punkt gebracht.


    Es ist doch auch richtig, in der ersten Zeit dem Alkohol und den Situationen, die stark damit verknüpft waren, aus dem Weg zu gehen und sich erstmal ein festes Fundament zu erarbeiten.

    Aber das bedeutet doch nicht, dass ich mich auf ewige Zeiten vor mir selber und der Umwelt wegschließe und alle Stationen verpasse, die irgendwo in meinem Leben stattfinden oder immer das Schild "Alkoholiker - ewig krank" vor mir her trage und jeden ungefragt damit nerve.

    (vielleicht überzeichne ich das jetzt auch etwas, aber mir ist gerade in dem Zusammenhang ein "Halligalli" und "im Biergarten trocken zu werden" unterstellt worden und das Wort "Individualität" wurde in dem Zusammenhang auch nicht gern gehört.


    Ich habe damals z.B. alle meine Getränkevorräte an Bekannte weitergegeben, sozusagen MEINEN Teil im Haus alkoholfrei gemacht, aber der Prosecco oder was meine Frau auch trinkt, steht noch irgendwo herum, aber es interessiert mich einfach nicht, ich suche auch nicht danach oder schleiche daran lüstern vorbei. Aber wenn es mich triggern würde, hätte ich für eine andere Lösung gesorgt.


    Für mich ist dieser Zustand auch noch ein Stück "Normalität" (bei einem User im anderen Forum wäre das vielleicht schon nasses Denken gewesen, nach dem Motto "ich will den Alkohol ständig um mich herum haben und weil ich nicht mehr trinken kann, will ich, dass eben jemand anders für mich trinkt)


    Aber so sehe ich dass nicht, ich möchte nicht, nur weil ICH ein Problem damit habe, dass sich dadurch MEIN Problem durch die ganze Familie zieht.

    Als positiven Nebeneffekt muss ich sagen, dass seit meiner Abstinenz meine Frau auch kaum noch was trinkt.

    Finde ich schön, aber ich verlange es nicht von ihr.


    Aber dass ist das, was ich eben mit Individualität meine und dass der Weg bei jedem etwas anders aussehen kann.

    Nein, ich bin nicht krank oder gar "ewig krank.


    Im Gegenteil, ich fühle mich pudelwohl. Krank werde ich erst, wenn ich wieder trinke.

    Genau sehe ich es auch, ich BIN nicht krank und fühle mich besser denn je.

    Ja, wenn ich wieder trinke, bin oder werde ich wieder krank. Aber zur Zeit eben nicht.

    Wie eben auch der Nussallergiker, der bezeichnet sich auch nicht als nusskrank, sondern lässt eben einfach die Nüsse weg.


    Und ja, sind vielleicht auch nur Begrifflichkeiten und es gilt sich immer dieses Bewusstsein zu bewahren, was passieren würde, wenn ich mal wieder Sehnsucht auf "Nüsse" hätte (in diesem Fall eher auf Nussbrand)


    Und mir ist es auch sehr wichtig, eben genau daran zu arbeiten, dass eben diese Sehnsucht nicht mehr aufkommt.

    Thema Alkohol und auch mit Lebensweisenveränderung "Live" zu gehen. Und ich recherchiere und engagiere mich deswegen, weil ich der Auffassung bin, da ist einiges an Potential in dem Thema und die "Sober-Welle", also der Trend Nüchtern zu leben, kommt gerade nach Deutschland.

    Ich sehe das ähnlich und ich finde ebenfalls, dass diese "Soberwelle" schon großes Potential hat, um dem einen oder anderen einen Weg aus der Sucht aufzuzeigen. (Es ist EIN Weg)

    Einen Weg, der nicht auf Verzicht und lebenslange "größtmöglichteste Risikominimierung" ausgelegt ist, sondern dem Süchtigen eher zeigt, dass ein glückliches und zufriedenes Leben NACH dem Alkohol möglicht ist. Darum geht es doch gerade, wie richte ich mein Leben danach aus, schaffe ich bessere Alternativen, dass ich überhaupt nicht mehr in Versuchung komme, den "alten Zeiten" nachzutrauern oder jetzt schon über einen Rückfall philosophiere, der sich eventuell in 20 Jahren ereignen könnte (gesunde Vorausschau und Vorsicht sind auf alle Fälle wichtig, keine Frage)


    Aber mir geht es wirklich darum, Mittel und Wege zu finden/ ein Leben zu leben, dass eben nicht, wie in meinem Fall nach 9 Jahren eine Sehnsucht aufkommt, wo mir der Alkohol wieder als einzig Erstrebenswertes um die Ecke kommt.

    Dass ich das Loch was die Sucht erzeugt hat, mit Dingen auf Langzeit schließe, die mir wirklich gut tun.


    Und ja, vielleicht sind in dieser Soberwelle auch auch einige "Livestyler", die den Alkohol "nur" aus gesundheitlichen Gründen weglassen. Aber lasse ich nicht auch den Alkohol aus "gesundheitlichen Gründen" weg bzw. muss ihn weglassen?

    Ich bin übrigens erst durch ein ehemaliges Mitglied aus dem anderen Forum auf diese Denkweise gestoßen, die sich eben auch teilweise mit meinen Weg deckt (kein Verzicht/ sondern Erlösung) und hatte bis dato noch nie etwas davon gehört.


    Und dich finde, diese Denkweise hat gerade für viele ein riesen Potential, die eben "nur" heimlich jeden Tag ihre 4-14 "Bierchen" trinken, sich überhaupt (noch) nicht als Alkoholiker sehen, aber sich irgendwo heimlich nach Hilfe umschauen, aber wieder gehen, weil ihnen die angebotene Hilfe zu fundamentalistisch und dogmatisch erscheint.

    (Das ist meine Sicht, aber ich habe genau das eben so empfunden)

    Und ich bin auch der Meinung, wir sind hier alle süchtig, aber es gibt schon verschiedene Abstufung des Suchtverhaltens und dem Umgang damit.

    Und wenn jemand nach 20 Jahren ein Restaurant meidet, weil es ihn triggern könnte, ist es für ihn genau so richtig und gut. (Das ist SEIN Weg)


    Und ich will hier auch keinen retten, ich habe z.Zt. auch genug mit mir zu tun, aber mir sind eben genau diese Probleme entgegen geweht.

    Und ich finde, gerade weil in diesem Forum eine größere Meinungsfreiheit herrscht, hat dieses Forum schon ein großes Potential, auch Leute wie "mich" abzugreifen bzw. anzusprechen.

    Ich finde z.B. schon den Name "Alkohol-Forum" besser als Alkoholiker-Forum.

    (das Stigma Alkoholiker löst eben bei mir eher den Impuls Resignation und Scham aus)


    Das ist meine Sicht der Dinge und ich würde mich auch freuen, wenn es hier weiter geht.

    Der Gruppenfreund hat übrigens, wenn man ihm Alkohol angeboten hat, mit der Begründung abgelehnt, er wäre allergisch auf Alkohol und verliert dann die Kontrolle. Ist nichtmal gelogen.

    Mein Sohn z.B. hat wirklich eine Allergie gg. Nüsse und Schalenfrüchte und er muss teilweise schon selber auf sich aufpassen/ sich kümmern.

    (Er hatte auch schon mal erlebt, was passiert, wenn er etwas nusshaltiges ist)


    Er ist sozusagen gewarnt, er weiß, es tut ihm nicht gut und kann sie ohne Willensanstrengung einfach so weglassen.

    Aber er versteckt sich auch nicht davor, wenn z.B. seine Klassenkameraden irgendetwas mit Nüssen essen würden und fühlt sich nicht ausgegrenzt. Er isst sie einfach nicht.

    (Klar Nüsse machen nunmal nicht süchtig, deshalb kann man das nicht 1:1 vergleichen)


    Aber so ähnlich ist es ja auch mit dem Alkohol, er tut mir nicht gut (bin allergisch) und deshalb lasse ich ihn ohne Willensanstrengung einfach weg.

    (weil ich meine allergische Reaktion auf ihn kenne)

    Ich selbst arbeite für mich auch nicht mit dieser Vorstellung, „ewig krank“ zu sein. Bei mir ist das vom Prinzip nur eine Basis, die sozusagen da ist und von der aus ich mein Leben gewissermaßen neu ausrichte.

    Ich finde, damit hast du es gut auf den Punkt gebracht.


    Ja, es ist das Annehmen einer Tatsache, die in ihrer Grundcharakteristik nicht änderbar ist (in diesem Fall wirklich mal ein "kann": ich KANN nicht mehr trinken, es ist eben so.)

    Aber ich hadere nicht mehr mit der Tatsache (ich kann sie ja nicht ändern) und bedauere mich nicht deswegen.

    Sondern ich nehme sie an, schaue nach vorn und erlebe die wahren Vorteile und die Freiheit, die ein nüchternes Leben zu bieten hat.


    Ich ende mal mit einem Spruch, den habe ich auch nur irgendwo geklaut ;)

    Der Alkoholverzicht hält alles das, was der Alkohol verspricht.


    Wir lesen uns! :thumbup:

    Hallo AmSee,

    Das nehme ich dir durchaus ab, wobei MIR persönlich auch etwas mulmig wird, was du dir da zugemutet hast. MIR wäre der Alkohol da zu nah gewesen und ich wäre - und bin es anfangs ja auch - dem, was mich triggern könnte, allein aus Selbstschutz vor Überforderung aus dem Weg gegangen.

    du hast vielleicht Recht, vielleicht bin ich wirklich zu naiv an die Sache herangegangen und habe einfach nur Schwein gehabt.

    Auf der anderen Seite war das aber auch der Weg, mit dem ich es 9 Jahre "geschafft" habe, nüchtern zu bleiben.

    Der einzige Unterschied dabei ist, dass ich dem Alkohol die ganzen Jahre hinterhergetrauert habe, als Verlust gesehen habe.

    Und ich hatte damals auch nicht wieder angefangen, nur weil mich eine halbleere Bierflasche irgendwo getriggert hat, sondern weil mein ganzes Denken (Verlustdenken) auf den Alk ausgerichtet war.

    Es war so eine Art Sehsucht in mir, es gab einen Teil in mir, der hat das Trinken mehr geliebt als alles andere.

    Aber diese Sehnsucht ist nun nicht mehr in mir.

    Kann sie wiederkommen? Daran versuche ich ja gerade an mir zu arbeiten.


    Ich würde vielleicht auch mal ganz ketzerisch behaupten, hätte ich mir damals schon eingestanden, Alkoholiker, "unheilbar krank" zu sein, hätte ich vielleicht in meiner Naivität die trockenen Jahre überhaupt nicht geschafft.

    Ok dafür habe ich dann wieder mit dem kontrolliertem Trinken angefangen, weil mir nicht bewusst war, ein "echter" Alkoholiker zu.

    Naja, so gleicht sich das im Leben eben wieder aus.

    Vielleicht wäre ich jetzt aber auch jahrelang glücklich trocken, wer weiß das schon.


    Bloß nochmal zum Verständnis:

    In den früheren Jahren war es bei mir wirklich "Kamikaze", die späteren heimlichen Spiegeltrinkerjahre nach der längeren Trinkpause könnte man beinahe als "gutbürgerlich" bezeichnen.

    Aber gerade in der Kamikazezeit hatte ich mich nicht als Alkoholiker gesehen, sondern "nur" als jemanden, mit einem fetten Alkohol- und Suchtproblem. Aus heutiger Sicht Alkoholiker, definitiv.


    Ich komme aber leider mit dem Stigma "ewig krank" nicht so gut klar.

    Das erzeugt in mir eher den Impuls nach dem Motto: "du hast doch eh keine Chance, früher oder später wird es dich eh wieder erwischen, da kann ich auch gleich weiter saufen/ aufgeben" (das ist jetzt auch etwas überzeichnet, aber soll den Grundgedanken dahinter ausdrücken)


    Ich bin z.B. auch Nichtraucher (Nikotin'iker) und nach der Definition Alkoholiker bin ich damit auch "ewig krank". Die nächste nächsten Zigarette hätte bei mir die selbe Auswirkung wie der Alkohol (ich "müsste" wieder trinken oder rauchen)

    Und ja, die beiden Süchte unterscheiden sich deutlich, was die Auswirkungen betrifft. Aber es bleiben beides Süchte.

    Der Exraucher (Nikotin'iker) bekommt sogar ein Lob, "gut gemacht und Respekt, wie du das geschafft hast"

    Der Extrinker (Alkohol'iker) ... "unheilbar krank, wer weiß wie der auch gesoffen hat".


    Ja, das sind gesellschaftliche Stigmen (vielleicht auch gerade etwas überzeichnet) und vielleicht auch nur Begrifflichkeiten, aber MIR hilft diese Denkweise, mich nicht als "ewig krank", sondern als Nichttrinker, "Frei vom Alkohol" zu sehen.

    Hier und in dem anderen Forum habe ich aber auch gelesen, dass manche gerade den Begriff Alkoholiker/ ewig krank brauchen, um sich z.B. daran zu erinnern und ist auch gut so.


    Aber ich will mich nicht daran erinnern, ewig krank zu sein, wir hatten ja schon mal weiter oben über den Begriff Disziplin geredet.


    Ja irgendwo sind das nur Begrifflichkeiten, aber du suchst ja auch gerne Wörter, die für dich passen.

    Und das ist MEIN Weg, meine Gedanken und das kann bei jemand anderem wieder ganz anders aussehen.


    Deshalb halte ich es auch für sinnvoll, es möglichst gar nicht erst zu dieser Entscheidung kommen zu lassen. Und damit meine ich nicht den sogenannten Notfallkoffer, der letztlich nur für den Notfall gedacht ist, sondern die Zeit davor.


    Da gebe ich dir total Recht und es geht ja gerade darum, es gar nicht zu dieser Entscheidung kommen zu lassen.


    Meine Vorsorge besteht ja auch zum Teil darin, hier zu schreiben, mich über Bücher und Podcast mit dem Thema auseinanderzusetzen und mein Denken und die Sichtweisen zu ändern.


    Danke auch für die Tips mit den Geschichten von anderen Usern und die Linksammlung, ich werde da bestimmt fündig :thumbup:


    VG