Ein herzliches Hallo in die Runde

  • Ein herzliches Hallo in die Runde und eine kurze Vorstellung meinerseits.

    Ich bin weiblich, 30 Jahre jung, habe eine wundervolle 2 Jährige Tochter und einen tollen Ehemann an meiner Seite. Ich arbeite hauptberuflich als Finanzbuchhalterin und nebenberuflich noch ab und an als Ernährungsberaterin sowie Fitnesstrainerin.

    Ich komme aus etwas schwierigen Familienverhältnissen. Alkohol wurde in meiner Familie von geselligen Vereinsmenschen schon immer sehr groß geschrieben. Zu jedem Anlass, jedes Wochenende, oft auch abends nach Feierabend. Ich bin so aufgewachsen und auch ich hatte mit 14 das erste Mal im Verein (damals Fasching) getrunken.

    Mein Papa hatte damit größere Probleme. Er hatte 2 erfolgreiche Unternehmen, war wenig zu Hause. Und wenn, dann nur um mit Bier und Kippen vor dem Fernseher runterzukommen. Familienausflüge gab es kaum bis gar nicht. Meine Mama hat ihn vor die Wahl gestellt. Entweder er macht eine Therapie, oder er muss gehen. Er entschied sich für sein Bier und ist ausgezogen. Da war ich 13. Danach ist er leider richtig abgestürzt. Hat seine Firmen in die Insolvenz getrieben, falsche Freunde gefunden und immer mehr getrunken. Dann auch schon mittags. Ich habe ihn 2 Mal "zwangsweise" in eine Entzugsklinik gesteckt. Bei jedem ersten Freigang saß er in der Kneipe und hat sich ein Bier bestellt. Gut, ich kürze die Geschichte an der Stelle mal ab: Mein Vater war kein "klassischer" Alkoholiker, wie er im Buche steht. Er war zum Schluss dann tatsächlich ein Pegeltrinker ("nur" Bier). Das hat ihm vor 3 Jahren leider das Leben gekostet. Mit 53. Da ist er über Nacht ein einer Varizenblutung gestorben. Begleiterscheinung von alkoholkranken Menschen. Seitdem beschäftigt mich die Frage des Trinkens mehr denn je.

    Ich habe schon immer darauf geachtet, immer wieder eine Alkoholpause einzulegen, weil ich Angst habe, genauso zu werden. Suchtverhalten hat schließlich auch eine genetische Komponente. Aber ich stelle fest, dass das gar nicht so leicht ist. Ich bekomme es zwar hin, mal ein paar Tage nichts zu trinken und freu mich darüber dann auch, dass mein Vorhaben gelungen ist. Aber noch mehr freue ich mich darauf, dann Samstag Abend eine Flasche Wein aufzumachen und was leckeres zu kochen. Bis ich dann mit Erschrecken feststelle, dass die Flasche Wein den Abend nicht überlebt hat. Ich habe sie alleine getrunken, mein Mann trinkt gar keinen Alkohol. Nicht nur das, als der Wein dann leer war, wollte ich aber weiter trinken, also hab ich mir noch ein Bier aufgemacht. Vielleicht noch ein weiteres. Bei mir gilt wohl das ganz oder gar nicht Prinzip. Dosieren klappt irgendwie nicht mehr. Ich kann nicht nur ein Gläschen genießen und dann ist gut. Ich trinke einfach immer weiter und merke teilweise gar nicht, dass das letzte Glas schon zu viel war. Bei einer Körpergröße von 1,63 und 56 kg sollte ich eigentlich auch nicht so viel vertragen können. Meine Toleranz ist sehr hoch. ZU hoch. Ich bin teilweise so motiviert, dem Alkohol ganz den Rücken zu kehren. Vor allem an Tagen, wo ich leicht verkatert bin. Aber das dauert einen Tag und dann kommen automatisch wieder die Gedanken daran. Diese Woche war ich schon an 3 Tagen verkatert. Das war für mich jetzt auch der Knackpunkt, dass sich was ändern muss und ich mich hier angemeldet habe.

    Gestern hatten wir Glühwein Treff mit der Nachbarschaft, ich hab nur Punsch getrunken ohne Alkohol. Weil ich mir beweisen wollte, dass es auch ohne geht. Erst als alle weg waren, habe ich mir einen kleinen Schluck gegönnt. Ich kann mir aktuell ein Leben ganz ohne Wein und Bier ehrlich gesagt überhaupt nicht vorstellen. Ich kenne es einfach nicht anders und habe es auch nie anders vorgelebt bekommen. Wisst ihr was ich meine? Dabei wünsche ich mir, dass ich das wollen würde. Ohne einen Verlust zu empfinden.

    Die Feiertage stehen an und ich habe mir fest vorgenommen, weder an Weihnachten noch an Silvester zu trinken. Der Gedanke ängstigt mich aber ehrlicherweise schon ein bisschen. Ich habe (bis auf meine Schwangerschaft und Stillzeit) noch nie ein Weihnachten oder Silvester ohne Alkohol erlebt. Wie soll das gehen, denke ich mir. Total bescheuert.

    Daher die Frage.. Seht ihr mein Verhalten als suchtgefährdet an? Ratschläge, Tipps?

    Für jeden der sich das durchliest und sogar darauf antwortet... danke für die Zeit!

  • Hallo 4Emmi,

    schön, dass du zu uns gefunden hast, und herzlich Willkommen hier im Forum.
    Danke dir für deine ausführliche Vorstellung, so können wir uns hier ein Bild davon machen, was dich zu uns geführt hat.
    Ich werde dich gleich für den Austausch im öffentlichen Bereich freischalten und deinen Thread in das entsprechende Unterforum verschieben.

    Ein gutes Ankommen hier und einen hilfreichen Austausch wünscht

    AmSee (als Moderatorin)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo 4Emmi,

    was du so von dir erzählst, erinnert mich an mein eigenes Ankommen hier im Forum vor über vier Jahren….

    Ich, selbst Tochter eines Alkoholikers, der an seiner Sucht zugrunde gegangen ist, war dem Alkohol ganz und gar nicht abgeneigt, aber besorgt, selbst ein ernsthaftes Alkoholproblem entwickelt zu haben.

    Der Austausch hier sowie das Lesen der Erfahrungsberichte anderer hier haben mir geholfen, zu begreifen, wo ich bereits stand und wohin es mit mir noch kommen könnte, wenn ich nicht die Reißleine zog. Ich hab sie daraufhin gezogen und das ganz und gar nicht bereut, im Gegenteil.

    Daher die Frage.. Seht ihr mein Verhalten als suchtgefährdet an? Ratschläge, Tipps?

    Ich will’s mal so sagen: Wenn bei dir alles im grünen Bereich läge, wärst du gar nicht erst hier aufgeschlagen.
    Dir selbst ist aufgefallen, dass du Schwierigkeiten hast, deinen Konsum zu kontrollieren.
    Mir ging das ganz ähnlich, wie du das von dir beschreibst.

    Ich konnte jederzeit Trinkpausen einlegen, wenn ich das wollte. Und weil ich das konnte, glaubte ich bzw. versicherte ich mir damit, gewiss noch kein Alkoholproblem entwickelt zu haben. Ich glaubte, dass ein Alkoholiker jemand sei, der immer trinken müsse und sich das nicht mehr aussuchen könne. So hatte ich es ja auch immer wieder bei meinem Vater erlebt.

    Zugleich hatte ich Angst davor, möglicherweise doch ein Problem entwickelt zu haben oder gerade zu entwickeln, und Angst davor, deswegen in Zukunft gänzlich auf Alkohol verzichten zu müssen.

    Ich hab immer mal wieder diese Online-Tests gemacht, um mir zu versichern, kein ernsthaftes Problem zu haben und weiterhin Alkohol konsumieren zu dürfen. Es kam stets nur „riskanter Konsum“ heraus.

    Hier schlug ich auf, weil ich hoffte, hier Menschen vorzufinden, die sich mit dem Thema aufgrund eigener Erfahrungen auskennen.

    Erst hier im Austausch wurde mir bewusst, dass ein Alkoholproblem bereits dann vorliegen kann und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch vorliegt, wenn man zwar Trinkenpausen einlegen kann, aber die Kontrolle über die Mengen verliert, sobald man einmal angefangen hat, und wenn die Gedanken im Prinzip ständig um den Alkohol kreisen, z.B. „Wann darf ich wieder?“, „Hab ich noch genug Alkohol im Haus?“, „Oh Mann, das war gestern mal wieder zu viel, ich sollte besser mal wieder eine Pause einlegen.“ und so weiter.


    Was mir Mut machte, war, was andere, die abstinent geworden waren, über sich teilten. Das hatte ich mir zuvor nicht vorstellen können.
    Inzwischen lebe ich, wie gesagt, bereits über vier Jahre abstinent, und bin sehr zufrieden damit.

    Im Laufe meiner Abstinenz erfuhr ich am eigenen Leib, wie viel mir der Alkohol, von dem ich mir soooo viel versprochen hatte, tatsächlich - von mir nahezu unbemerkt - genommen hatte. Körperlich und psychisch erlebte ich Verbesserungen, die ich so nicht mehr erwartet hatte. Das bestärkte mich dann erst recht auf meinem neuen abstinenten Weg.

    Viele Grüße

    AmSee (als Vollmitglied)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo 4Emmi es ist dir ja selbst aufgefallen, dass du zuviel trinkst. Es gibt da sicher auch nix zu beschönigen und ist auch namentlich zu benennen. Alkoholsucht. Peng! Das ist es.

    Für mich waren solche Trinkpausen so wie du sie auch versuchst anstrengender als ein endgültiges Ende dem Alkohol zu setzen. Bei diesen Pausen haben sich meine Gedanken einzig und allein um Alk gedreht. Quasi immer wieder Entzug. Das empfand ich immer als schlimm und mir wurde definitiv bewusst, dass ich abhängig war. Nur 1-2 Gläser gingen einfach nicht und von „Genießen“ konnte im Grunde gar keine Rede sein.

    Irgendwann vor etwas mehr als 7 Monaten habe ich dann ohne groß zu planen von einem auf den anderen Tag aufgehört Wein oder Sekt zu trinken. Natürlich gab es Hürden und Momente mit Suchtdruck, auch der Entzug selbst…. aber das sind nun schon mehr als 7 Monate her. Mein Körper dankt es mir, Gesundheit verbessert sich und auch das Optische. Ich werde auch das erste Weihnachten und Silvester ohne Wein und Sekt haben.

    Ich wünsche dir gutes Gelingen und viel Erfolg wenn du dich entscheidest den Alk in den Wind zu schießen….

  • Ich kann mir aktuell ein Leben ganz ohne Wein und Bier ehrlich gesagt überhaupt nicht vorstellen. ...

    Der Gedanke ängstigt mich aber ehrlicherweise schon ein bisschen.

    Hallo 4Emmi,

    o.g. Gedanken sind auch mir wohlbekannt! Ich musste erst richtig abstürzen, Arbeitsplatzverlust, anschl. Führerschein weg, bevor ich mich, erstmal zu einem alkiholfreiem Jahr durchrang ... gezwundener Maßen (MPU).

    Die ersten Wochen waren für mich sehr mühsam, doch nach und nach ließ dieser Verlust-/Verzichtsgedanke allmählich nach ... ich gewöhnte mich daran, alkoholfrei zu sein.

    Mein erfolgreiches alkoholfreies Jahr führte ich weiter, die Vorteile überwogen, nicht nur weniger volle Flaschen und Leergut von A nach B schleppen, auch meine Trägheit am Abend (um zu trinken) überwand ich, ich fühlte mich fit'ter, gesünder, einfach besser und auch ein bisschen stolzer: ich trank nicht mehr! Musste keine Vorräte mehr anhäufen, keine Ausreden, besonders am Abend mehr erfinden und (!) bewies mir, süchtig bin ich nicht oder nun nicht mehr.

    Was die Allgemeinheit sagt/annimmt, lässt mich unbeeindruckt- ich trinke nicht mehr und das ist gut so. Ich suche weder nach Ausreden, noch musste ich mich jemals outen. Es genügte, dass ich die Wahrheit sagte: ich bemerkte, wie hoch mein Alkoholkonsum wurde, auch meine Alkoholtoleranz und jetzt ist Schluss! ... wie lange? Keine Ahnung!

    Auch mein Vater war ein Säufer, seine letzten Jahre ein ganz übler, armseeliger, kranker. Wollte ich auch so enden, fragte ich mich?

  • Ich kann mir aktuell ein Leben ganz ohne Wein und Bier ehrlich gesagt überhaupt nicht vorstellen.

    Hallo 4Emmi!

    Das war für mich sehr lange eine regelrechte Horrovorstellung. Bis ich dann im Suff mein Auto schwer beschädigt habe, zum Glück ist keinem was passiert. Ich habe auch immer abends für mich alleine Wein und Bier getrunken, meistens bis zum Filmriss. Das erste Bier war noch „Genuss“, danach habe ich kein Ende mehr gefunden.

    Ich kann dir nur schildern, wie mein weiterer Weg dann war: am nächsten Tag war ich beim Hausarzt und habe mich geoutet und meine Alkoholsucht angesprochen. Nach sechs Wochen dann qualifizierte Entgiftung im Krankenhaus. Jetzt bin ich seit knapp über zwei Monaten abstinent und fühle mich so gut wie schon lange nicht mehr. Das unvorstellbare Leben ohne Alkohol ist jetzt da, die Angst davor war unbegründet! Z.Zt. warte ich auf eine ambulante Therapie zur Festigung der Abstinenz.

    Und zu deiner Frage, ob du schuchtgefährdet bist: Das allemal, frage dich lieber, ob du schon abhängig bist. Egal, ob eine genetische Veranlagung oder bedenklicher Alkoholkonsum in deiner Familie vorliegt, die Gründe für eine Sucht sind oft vielfältig und immer individuell unterschiedlich. Eine dauerhafte Abstinenz ist aber trotzdem möglich.,

  • Hallo Emmi,

    was du so schreibst könnte ich geschrieben haben…

    Ich habe auch familiär und über den Verein mit 14 schon mit Alkohol angefangen und bei Problemen Alkohol zum Trösten angeboten bekommen…

    Außerdem konnte ich mir auch ein Leben ganz ohne Alkohol insbesondere Sekt/Wein nicht vorstellen…

    Mittlerweile trinke ich seit 6 Wochen nichts mehr bis auf 3 „Probierschlückchen“, wobei ich merke, dass ich danach zwar nicht weitertrinken möchte, aber doch meine Gedanken wieder viel mehr um Alkohol kreisen 🙄

    Besser ist also, ganz darauf zu verzichten.
    Warum zweifelst du, dass du das kannst? Du hast doch auch schon die Schwangerschaft und Stillzeit ohne Alk überstanden 👍

    Wie lange ich das so handhabe, weiß ich auch noch nicht. Vielleicht solltest du dich mit dem „ein Leben ganz ohne“ nicht so unter Druck setzen und erst mal einen Anfang starten…

    LG Ciara

  • Wie lange ich das so handhabe, weiß ich auch noch nicht.

    So ähnlich habe ich es auch gemacht. Ich sagte mir: erst mal für eine Weile nicht. Bis meine Probleme konsequent bearbeitet seien. Da war ich 35. Wobei ich sagen muss, dass eigentlich auch um 30 herum meine Problemwelt an sich schon 1:1 so bestand. Die weiteren Jahre bis dahin waren dann eigentlich "nur" noch ein herauszögern und verschlimmern der Auswirkungen. Beziehungsweise ja auch einfach ein nicht heraus finden... (und täglich grüßt das Murmeltier.)

    Ich kenne es einfach nicht anders und habe es auch nie anders vorgelebt bekommen. Wisst ihr was ich meine?

    Ja das kenne ich gut. Ging mir auch so. Trinken gehörte für mich zu einem interessanten Leben einfach dazu. Ich konnte es mir ohne nicht vorstellen. Leute die ohne lebten, mussten doch, in meinen Augen, ein sterbenslangweiliges Leben führen...

    Ich hatte es nicht anders gelernt.

    Die gute Nachricht dazu ist: man kann auch mit Anfang 30 noch dazu lernen. Man kann auch, aus eigener Erfahrung, mit 35 noch dazu lernen. Man kann immer, das ganz Leben lang, noch tolle Dinge dazu lernen!

    Für mich zeigte sich jedenfalls, dass es ein wichtiger und bedeutsamer Schritt, und Entwicklung im absolut positiven Sinne war, für mich lernen zu können, ein Leben frei von Alkoholproblematiken (mit allem was das mit sich bringt) führen zu können.

    Auch von mir ein herzliches Willkommen hier!

    Ich wünsche Dir das Beste auf den Weg - und einen guten, gewinnbringenden Austausch hier.

    Gute Grüße in einen schönen Advent,

    Mojo

    Einmal editiert, zuletzt von Mojo (22. Dezember 2024 um 13:40)

  • Hallo Ciara,

    warum schreibt eigentlich keiner mehr?
    Seid ihr alle im Weihnachtsstress?

    ich denke, das liegt in diesem Thread eher daran, dass 4Emmi sich noch nicht wieder am Austausch beteiligt hat.

    Für den Anfang scheint hier erstmal alles gesagt.

    Dir, der Themenstellerin und allen anderen hier ein schönes Weihnachtsfest.

    Liebe Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hi Zusammen,

    ich bin durch die Feiertage und Kita-Ferien leider derzeit sehr eingespannt, antworte aber am Montag auf euren ganzen Input, für den ich echt dankbar bin und der mir sehr sehr geholfen hat. Ich möchte mir für eine Antwort aber Zeit nehmen und das nicht halbherzig zwischen Kind bespaßen und mit dem Hund Gassi gehen tun.

    Ich hoffe, ihr habt die Feiertage genießen können!

  • Hello again und ich hoffe, ihr hattet ein paar schöne Feiertage.

    Ich bin seit meiner Anmeldung hier vor 9 Tagen FAST ohne Alkohol. Ich habe an Heilig Abend mit meinem Mann ein Glas Wein genossen. Und ja, es blieb auch bei einem und das war total okay für mich.

    Und ich muss sagen, auch wenn es jetzt nur wenige Tage ohne Alkohol waren, ich bin mental sooo klar und körperlich viel fitter ohne. Das merke ich bei mir echt sofort. Die Laune steigt von Tag zu Tag, wenn ich GAR NICHTS trinke.

    Ich hatte die anderen Tage viel Zeit, mal wirklich darauf zu achten, was der Grund dafür ist, dass ich an vielen Tagen dieses Jahr zu tief und zu oft ins Glas geschaut habe. Also was quasi der Auslöser ist.

    Mein Auslöser ist SO dämlich, dass ich nun versuchen werde, diesen bewusst in meinem Hirn zu entknüpfen.

    Ich war ja vor gar nicht allzu langer Zeit schwanger und habe auch gestillt und die gesamte Zeit ohne Alkohol verbracht. Anfang des Jahres ging ich wieder Vollzeit arbeiten. Die Arbeit plus ein Baby/Kleinkind zu Hause ist einfach ultra anstrengend. Der chronische Schlafmangel tat sein übriges. Dann war es echt so, dass ich es genossen habe, wenn abends meine Tochter schläft (wenn sie denn mal durchgehend geschlafen hat abends) und ich Zeit mit meinem Mann verbringen kann, wir was kochen, spielen oder einen Film schauen. Oder eine Freundin kam vorbei, wir tranken Wein und redeten über die guten alten Zeiten, wo wir uns noch wöchentlich gesehen und gefeiert haben. Also bevor ich Mutter wurde und 1 1/2 Std. entfernt aufs Land gezogen bin.

    Ja wie soll ich es zusammenfassend erklären, dieses übermäßige Trinken ist eine Art bewusstes "ausbrechen" aus meinem Alltag. Mittlerweile ist das so der einzige Part, der mich an meine "alte" Identität erinnert. Bevor ich Mutter wurde. Irgendwie flüchte ich mich wohl da rein.

    Was total bescheuert ist, denn ich liebe es Mutter zu sein, zu arbeiten .. ich liebe mein Leben genau so wie es ist mit allem und jedem der dazu gehört... und auch wenn der Alltag oft anstrengend ist, körperlich wie mental, ist der viele Wein dafür definitiv nicht die Lösung. Das weiß ich selbst. Denn am nächsten Tag bin ich nicht fit genug, weder für meine Tochter, noch für die Arbeit, noch für meinen vielen Sport (ich bin Sportlerin). Zumindest nicht so fit wie OHNE EIN TROPFEN.

    Noch dazu macht Trinken einfach wirklich depressiv, wenn man das zu lange so treibt.

    Jedenfalls möchte ich diese Illusion in meinem Kopf auflösen und für mich ist da der einzige Weg, erstmal eine Zeit lang komplett trocken zu leben. Meine Frist dafür ist der 31.03. und danach werde ich weitersehen, ob ich ab und zu mal ein Glas Wein trinken kann oder ob das einfach nicht mehr machbar ist, ohne in alte Muster zu verfallen.

    Ich bin eigentlich guter Hoffnung, da ich mich persönlich wirklich noch nicht als süchtig sehe. Dafür fällt es mir viel zu leicht, Tage/Wochen komplett ohne zu leben.

    Aber dennoch, sobald ich in alte Muster verfalle, wird es direkt wieder gestrichen. So ehrgeizig bin ich auch, dass ich das schaffe.

    Ich habe auch lange mit meinem Mann darüber gesprochen (witzigerweise bei einem Glas Wein, der macht Gespräche bekanntermaßen so viel tiefgründiger). Er sieht mich zwar überhaupt nicht als gefährdet an, findet meine Vorsorge in die Richtung aber super und sagt mir auch ehrlich seine Meinung, sollte ihm zukünftig was auffallen.

    Soweit so gut, das ist der Plan.

    Ich hoffe, das war verständlich geschrieben, ansonsten bitte gerne nachfragen :)

  • Hi Emmi

    Auch von mir ein herzliches Willkommen im Forum!

    Find ich toll, dass du dein Konsumverhalten hinterfragst und ändern möchtest. Dein Ansatz, für drei Monate nichts zu trinken finde ich super. Bringst du die drei Monate durch, ohne zu trinken und vorallem ohne dauernd daran zu denken, ist das schon ein grosser Erfolg. Ob du suchtgefährdet bist, wirst du dir nach diesen drei Monaten selber beantworten können.

    Ich meinerseits hatte zu lange, zu oft und zuviel getrunken, um einen "risikoarmen" Konsum zu etablieren. Aber hey, mir geht es mit 0.0 so gut wie schon seit vielen Jahren nicht mehr :thumbup:

    Vielleicht ergeht es dir nach diesen drei Monaten ähnlich

    Halt uns auf dem Laufenden und viel Erfolg dabei

    Beste Grüße

    Tom

  • Ich schließe mich den guten Wünschen an. Hört sich bei dir nach einem guten Plan an. Vielleicht hilft im stressigen Alltag ja auch ein schöner Tee oder Kakao mit Sahne um etwas zu entspannen. Jedenfalls wünsche ich dir viel Erfolg mit deinem Projekt und auch danach die für dich richtigen Erkenntnisse. 👍

  • AmSee13 ich habe mir viele Beiträge von dir durchgelesen, inklusive deinem Ankommen hier. Da wir eine sehr sehr ähnliche Geschichte haben, würde ich dich gerne etwas ausfragen, wenn du dafür die Muse hast ^^

    Wie genau sich dein Leben seit deiner Abstinenz verändert? Bzw. fehlt es dir gar nicht mehr, wie lange hat es gedauert, bis die Gedanken daran gänzlich verschwinden, insofern sie das überhaupt tun?

    Ich kann zwar längere Zeit ohne Alkohol, im Sinne von selbst auferlegten Pausen, aber der Gedanke an ein "nie wieder" ist für mich extrem merkwürdig. Allein der Gedanke daran, wenn "bald" :D der Frühling kommt, die Gartenarbeit beginnt, man sich mit einem kalten Bier nach Feierabend in die Sonne setzt.. also versteh mich nicht falsch, für Menschen die gar nicht trinken ist das auch so schon schön genug, ohne das Bier. Für mich ist das Bier aber so die Kirsche auf der Sahne. Und ich schätze genau da liegt das Problem. Die Konditionierung in meinem Gehirn, die es tatsächlich gar nicht wirklich anders kennt (außer in "Zwangspausen" wie Schwangerschaft etc.).

    Mich würde daher sehr interessieren, ob diese Gedanken wirklich verschwinden, oder sie permanent unterdrückt/kleingeredet werden müssen


    Ganz liebe Grüße und einen schönen Abend für dich und alle Mitlesenden <3

  • Hi Emmi,

    frag mich ruhig aus, ich will dir gerne antworten. 😄

    Da die letzte Zeit für mich ziiiiieeemlich anstrengend war und ich davon zur Zeit einfach nur platt bin, komme ich voraussichtlich erst in den nächsten Tagen dazu, dir ausgiebig auf alle deine Fragen zu antworten.

    Was ich jetzt erstmal recht allgemein antworten kann, ist, dass das ein länger dauernder Lernprozess war, bis ich dorthin gekommen bin, wo ich inzwischen schon seit einer ganzen Weile bin.

    Allein der Gedanke daran, wenn "bald" :D der Frühling kommt, die Gartenarbeit beginnt, man sich mit einem kalten Bier nach Feierabend in die Sonne setzt.. also versteh mich nicht falsch, für Menschen die gar nicht trinken ist das auch so schon schön genug, ohne das Bier. Für mich ist das Bier aber so die Kirsche auf der Sahne. Und ich schätze genau da liegt das Problem. Die Konditionierung in meinem Gehirn, die es tatsächlich gar nicht wirklich anders kennt (außer in "Zwangspausen" wie Schwangerschaft etc.).

    Das kommt mir sooooooowas von bekannt vor. Und nein, ich verstehe dich da gewiss nicht falsch, weil ich das ja selbst kenne - bzw. aus heutiger Sicht betrachtet kannte. 😅

    Inzwischen aber, man glaubt es kaum, bin ich davon soooo weit weg und muss da tatsächlich schon lange nichts mehr unterdrücken oder kleinreden. Meine „Kirsche auf der Sahne“ ist, so unglaublich das klingt, bei Gartenarbeit und allen anderen meiner vielen Projekte seit einer Weile tatsächlich ein großes Glas leicht sprudelndes Wassers. 😅 Davor war’s noch Apfelsaftschorle oder ein Limonadengetränk, aber irgendwie hat es sich bei mir im Laufe der Zeit dahin entwickelt, dass ich auch auf zuckerhaltige Getränke keine rechte Lust mehr habe. Das hat mir mein Körper von sich aus signalisiert, dass er voll auf Wasser steht. 😅


    Wie gesagt war das ein länger dauernder Lernprozess. Da waren zum einen die überaus positiven Erfahrungen, die ich körperlich und psychisch im Laufe meiner Abstinenz machte, was mich zunehmend hat umdenken lassen. Zum anderen habe ich mich - typisch für mich - wirklich seeehr viel mit dem Thema beschäftigt. Rückblickend betrachtet hätte es manches Mal durchaus etwas weniger sein dürfen. Hab mich da durchaus mitunter überfordert. 🫣

    Und ich schätze genau da liegt das Problem. Die Konditionierung in meinem Gehirn, die es tatsächlich gar nicht wirklich anders kennt (außer in "Zwangspausen" wie Schwangerschaft etc.).

    Da lag auch für mich das Problem. Deshalb hat mich das Thema „Neurobiologie der Sucht“ schließlich so interessiert.
    Die gute Nachricht ist ja, dass man sich von dieser Konditionierung tatsächlich mehr oder minder ganz lösen kann bzw. sich gegen-konditionieren kann.


    Das hat auch bei bei mir seine Zeit gedauert und ist auch nicht von selbst geschehen, inzwischen ist das „Neue“ für mich tatsächlich zum Selbstläufer geworden.


    Ich hab außer dem Austausch hier (und später zwischendurch auch in einem anderen Forum) und dem Lesen vieler Erfahrungsberichte anderer auch noch ein paar Bücher, die ich hier über die Literaturecke gefunden habe, gelesen. Darunter das Buch von Daniel Schreiber, „Nüchtern“ und das Buch von Simon Borowiak, „Alk. Fast ein medizinisches Sachbuch“. Vielleicht sind die ja auch für dich interessant?

    Bis hierhin erstmal.

    Ganz liebe Grüße zurück und einen guten Rutsch ins neue Jahr

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Für mich ist das Bier aber so die Kirsche auf der Sahne. Und ich schätze genau da liegt das Problem.

    Hallo 4Emmi,

    ähnliches erlebte ich auch, anders zwar, aber sehr viele Parallelen haben unsere Leben.

    Lange konnte bzw. wollte ich nicht auf die "Kirsche auf der Sahne" verzichten. Schlimmer noch, es mussten gleich mehrere Kirschen sein und wenn's geht täglich. Irgendwann war ich kirschen-süchtig, mir war sogar die Sahne und alles was darunter war egal.

    Es hat einige Zeit gedauert, bis aus anfänglichem Kirschen-Verzicht Normalität wurde, ich entdeckte andere Früchte, die anders schmeckten, anders wirkten, zwar nie so wie die Kirsche, aber dennoch lecker waren.

    Ich redete mir ein, die Kirsche sei gestorben, das funktionierte nicht, denn ich sah sie ja überall. Dann redete ich mir ein ich sei allergisch, das funktionierte, änfänglich sehr schwer, doch nach ca. einem Jahr war ich über'm Berg ... fast. Je länger ich "die Kirsche" ignorierte, auch keinen Gedanken mehr an sie verschwendete, desto gleichgültiger wurde sie mir. Ähnlich einer Liebe, von der ich einst "befallen" war.

  • Hallo Emmi,

    schön von Dir zu lesen und von Deinen Fortschritten!

    Zitat

    Mein Auslöser ist SO dämlich,

    Was total bescheuert ist,

    ...ich finde überhaupt gar nicht, dass das irgendwie auch nur ansatzweise dämlich oder bescheuert oder irgendwas in die Richtung ist. Die Aufgaben die wir als Eltern mit bekommen, verändern, so schön dass alles auch ist(!!), unser Leben grundlegend, und stellen uns auch vor große Herausforderungen. Das ist so. Ich finde es gut daß Du Dir solche Dinge bewusst machst. Es gibt da keine Bewertung. Was da ist darf da sein.

    Und sehr oft ist es tatsächlich so, dass ganz banale und einfache Dinge Auslöser für Konsumverlangen sein können. Das geht nicht nur Dir so. So ist mir - nur mal eben als ein Beispiel von vielen - die sogenannte H-A-L-T Regel begegnet. Damit werden vier mögliche, ganz einfache Auslöser benannt.

    H - hungry - bin ich einfach nur hungrig

    A - angry - bin ich verärgert, bin ich frustriert

    L - lazy - ist mir vielleicht einfach nur langweilig

    T - thirsty - bin ich einfach nur durstig (>Mineralwasser, Tee oder selbst gemachte Limonaden mit Minze und anderen Kräutern aus dem eigenen Garten,....)

    Die eigenen Bedürfnisse und Grundbedürfnisse wahrnehmen, und für sich selbst sorgen ist eine der ganz großen Herausforderungen, gerade in der Elternschaft, aber auch generell im Leben.

    Zitat

    Noch dazu macht Trinken einfach wirklich depressiv, wenn man das zu lange so treibt.

    Ja das stimmt Absolut. Alkohol kann zunächst die Stimmung heben, blockiert aber, als Preis dafür, längerfristig bestimmte körpereigene Rezeptoren.

    Alkohol und Depression sind Geschwister (wie die Henne und das Ei). Sehr, sehr oft kommen sie Hand in Hand einher. Und das kann sich auch gegenseitig hoch schaukeln. Bei mir hier es hinten raus sogar ziemlich gekippt - dafür war der Ausstieg dann um so mehr eine Befreiung.

    Hier im Forum und in unserer >Linksammlung finden sich da viele weitere hilfreiche Informationen dazu. Die gute Nachricht ist nämlich immer: es gibt Wege. Man kann etwas tun.

    Freue mich darauf wieder von Dir zu lesen 👋

    Gute Grüße, Mojo

  • H - hungry - bin ich einfach nur hungrig

    A - angry - bin ich verärgert, bin ich frustriert

    L - lazy - ist mir vielleicht einfach nur langweilig

    T - thirsty - bin ich einfach nur durstig (>Mineralwasser, Tee oder selbst gemachte Limonaden mit Minze und anderen Kräutern aus dem eigenen Garten,....)

    Eine symphatische Kurzfassung.


    Mir hat geholfen, erst mal in mich rein zu hören, welcher der obigen Punkte denn zutraf. In den ersten Jahren half mir zudem, mich aufs Rad zu setzen und kräftig zu kurbeln, jedoch nicht gen Getränkemarkt. Alternativ noch ins Fitnesstudio, spätetstens nach der zweiten Übung waren die Gedanken an den Stoff wie weggezaubert.

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