• Zum Thema "krank":

    Nein, ich bin nicht krank oder gar "ewig krank.

    Im Gegenteil, ich fühle mich pudelwohl. Krank werde ich erst, wenn ich wieder trinke.

    Dieses Bewusstsein gilt es zu bewahren. Nicht, dass ich eines Tages auf die Idee kommen sollte, ich sei doch schon so lange clean, dann könne ich jetzt wieder wie ein "Normaler" mal was trinken. Gerade Letzteres habe ich öfter von Rückfälligen gehört, dass sich das Problembewusstsein, warum auch immer, herausgeschlichen hat, so dass das immer noch prima funktionierende Suchtgedächtnis den Betreffenden schwach werden ließ.

  • Nein, ich bin nicht krank oder gar "ewig krank.


    Im Gegenteil, ich fühle mich pudelwohl. Krank werde ich erst, wenn ich wieder trinke.

    Genau sehe ich es auch, ich BIN nicht krank und fühle mich besser denn je.

    Ja, wenn ich wieder trinke, bin oder werde ich wieder krank. Aber zur Zeit eben nicht.

    Wie eben auch der Nussallergiker, der bezeichnet sich auch nicht als nusskrank, sondern lässt eben einfach die Nüsse weg.

    Und ja, sind vielleicht auch nur Begrifflichkeiten und es gilt sich immer dieses Bewusstsein zu bewahren, was passieren würde, wenn ich mal wieder Sehnsucht auf "Nüsse" hätte (in diesem Fall eher auf Nussbrand)

    Und mir ist es auch sehr wichtig, eben genau daran zu arbeiten, dass eben diese Sehnsucht nicht mehr aufkommt.

  • Ich nehme den Beitrag mal mit zum mir, hier passt er auch gut rein.

    Risikominimierung bedeutete für mich, dass ich in den ersten Monaten, bis ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, dem Alkohol insoweit aus dem Weg gegangen bin, dass ich heftig konsumierende Zeitgenossen oder Veranstaltungen gemieden habe, die mit dem starken Konsum verbunden waren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

    Damit hast du es meiner Ansicht nach gut auf den Punkt gebracht.

    Es ist doch auch richtig, in der ersten Zeit dem Alkohol und den Situationen, die stark damit verknüpft waren, aus dem Weg zu gehen und sich erstmal ein festes Fundament zu erarbeiten.

    Aber das bedeutet doch nicht, dass ich mich auf ewige Zeiten vor mir selber und der Umwelt wegschließe und alle Stationen verpasse, die irgendwo in meinem Leben stattfinden oder immer das Schild "Alkoholiker - ewig krank" vor mir her trage und jeden ungefragt damit nerve.

    (vielleicht überzeichne ich das jetzt auch etwas, aber mir ist gerade in dem Zusammenhang ein "Halligalli" und "im Biergarten trocken zu werden" unterstellt worden und das Wort "Individualität" wurde in dem Zusammenhang auch nicht gern gehört.

    Ich habe damals z.B. alle meine Getränkevorräte an Bekannte weitergegeben, sozusagen MEINEN Teil im Haus alkoholfrei gemacht, aber der Prosecco oder was meine Frau auch trinkt, steht noch irgendwo herum, aber es interessiert mich einfach nicht, ich suche auch nicht danach oder schleiche daran lüstern vorbei. Aber wenn es mich triggern würde, hätte ich für eine andere Lösung gesorgt.

    Für mich ist dieser Zustand auch noch ein Stück "Normalität" (bei einem User im anderen Forum wäre das vielleicht schon nasses Denken gewesen, nach dem Motto "ich will den Alkohol ständig um mich herum haben und weil ich nicht mehr trinken kann, will ich, dass eben jemand anders für mich trinkt)

    Aber so sehe ich dass nicht, ich möchte nicht, nur weil ICH ein Problem damit habe, dass sich dadurch MEIN Problem durch die ganze Familie zieht.

    Als positiven Nebeneffekt muss ich sagen, dass seit meiner Abstinenz meine Frau auch kaum noch was trinkt.

    Finde ich schön, aber ich verlange es nicht von ihr.

    Aber dass ist das, was ich eben mit Individualität meine und dass der Weg bei jedem etwas anders aussehen kann.

  • Hier nochmal auf Wunsch der gesamte Beitrag:

  • rent : Du schiebst wohl einen Frust bezüglich des anderen Forums. Ich bin dort auch unterwegs. Die sind dort halt etwas strenger unterwegs und fahren voll auf ihre Grundbausteine ab. Die beinhalten eine prima Empfehlung. Ich habe sie noch nie komplett umgesetzt.

    Ich habe damals z.B. alle meine Getränkevorräte an Bekannte weitergegeben, sozusagen MEINEN Teil im Haus alkoholfrei gemacht, aber der Prosecco oder was meine Frau auch trinkt, steht noch irgendwo herum, aber es interessiert mich einfach nicht, ich suche auch nicht danach oder schleiche daran lüstern vorbei. Aber wenn es mich triggern würde, hätte ich für eine andere Lösung gesorgt.


    Für mich ist dieser Zustand auch noch ein Stück "Normalität" (bei einem User im anderen Forum wäre das vielleicht schon nasses Denken gewesen, nach dem Motto "ich will den Alkohol ständig um mich herum haben und weil ich nicht mehr trinken kann, will ich, dass eben jemand anders für mich trinkt)

    Das habe ich genau so gemacht. Und zusätzlich später noch meine Weißbiergläser entsorgt. Ich habe einmal eine Saftschorle in so ein Glas geschüttet und ich bekam rasch Verlangen nach dem "richtigen" Inhalt. Ich kann auch kein Wasser aus Wein- oder Sektgläsern trinken, auch wenn ich der Bier- und Schnapstrinker war. Das nur mal als Anregung.

    Als positiven Nebeneffekt muss ich sagen, dass seit meiner Abstinenz meine Frau auch kaum noch was trinkt.

    Das trifft auch auf meine Frau zu.

    immer das Schild "Alkoholiker - ewig krank" vor mir her trage und jeden ungefragt damit nerve.

    Ich habe den Kreis der Eingeweihten bewusst klein gehalten und binde nicht neugierigen Fragestellern alles auf die Nase und gehe auch nicht mit meinem Problem hausieren.

    Mit diesem Kurs bin ich prima gefahren. ich werde ihn nur umstellen, wenn ich merke, dass ich damit nicht mehr klar komme.

  • Du schiebst wohl einen Frust bezüglich des anderen Forums. Ich bin dort auch unterwegs. Die sind dort halt etwas strenger unterwegs und fahren voll auf ihre Grundbausteine ab. Die beinhalten eine prima Empfehlung. Ich habe sie noch nie komplett umgesetzt.

    Nee, Frust würde ich das nicht nennen.

    Mich hat nur diese ganze Grundsatzdiskussion, die immer wieder aufkam und mit der Beweisführung endete: "von dir aus Hypothese (also ich), von mir aus Erfahrung (Langzeittrockener) oder "es ist so, weil ich das so sage" müde gemacht und angestrengt.

    Manchmal hatte ich auch den Eindruck, dass meine Beiträge überhaupt nicht richtig gelesen worden sind, sondern gleich der Stempel "Rückfall" aufgedrückt wurde bzw. man hat sich einfach gegenseitig nicht verstanden.

    Und ehrlich gesagt hat mir das eben für die Bewältigung meiner Sucht nicht groß geholfen.

    Das war aber MEIN Eindruck. Bei einer anderen Userin hatte ich z.B. gelesen, dass sie genau dieses "Schwarz-Weiß", diesen strengen Kurs braucht.

    Und der Weg der Grundbausteine scheint ja auch erfolgreich zu sein.

    fahren voll auf ihre Grundbausteine ab. Die beinhalten eine prima Empfehlung. Ich habe sie noch nie komplett umgesetzt.

    Ich finde auch, dass ist eine gute Empfehlung und ich habe sie auch mehr oder weniger umgesetzt.

    Ich war z.B. auch bei meinem Arzt und habe ihm meine Problematik geschildert.

    Meiner Ansicht nach fand ich das zwar nicht ganz so notwendig, aber es war vielleicht in dem Sinne ganz gut, dass ich mir jetzt nicht mehr aus irgendeinem Grund etwas verschreiben lassen kann, was die Sucht nur verlagert.

    Kleine Anekdote am Rande:

    Ich war vor kurzem bei meinem Arzt, ich hatte einen Wespenstich und reagiere allergisch darauf.

    Da mein Outing noch nicht so ewig her war, hatte ich mir (scherzhaft) vorgestellt, was er gerade denkt, wenn er mich jetzt sieht:

    "Ach der Herr ... , dieses Jahr schon mehrere Wespenstiche, dazu noch alkoholabhängig und eine kleine Drogenproblematik.

    Er will bestimmt nur wieder Tilidin verschrieben haben und hat seinen Fuß unter diesem Vorwand absichtlich in ein Wespennest gesteckt". ;)

    Er wir das nie gedacht haben, aber das macht macht manchmal diese Kopfkasperei deutlich, die man sich unsinniger Weise selber macht.


    Ich habe einmal eine Saftschorle in so ein Glas geschüttet und ich bekam rasch Verlangen nach dem "richtigen" Inhalt. Ich kann auch kein Wasser aus Wein- oder Sektgläsern trinken, auch wenn ich der Bier- und Schnapstrinker war. Das nur mal als Anregung.

    Mit den Gläsern gebe ich dir recht. Ich hatte vor kurzem unsinnigerweise Wasser aus einem Weinglas trinken wollen und bei den ersten Schlucken war das wirklich so, als würde meine Zunge den Weingeschmack erspüren wollen.

    Sehr seltsames Gefühl, hab dann brav aus meinem Saftglas weitergetrunken, macht man ja auch nicht falsch damit.

    Komischerweise trinke ich wiederum gerne kaltes Spezi, welches in braunen Bierflaschen daherkommt und mache die mir auch noch teilweise mit dem Zollstock auf, wie früher.

    Die Sorte Spezi hatte ich früher schon gerne als Alternative für Bier in meiner aktiven Trinkerkarriere gegönnt und trinke die wie gesagt heute noch gerne. Es hilft mir sogar manchmal gegen das kleine undefinierbare Verlangen/Appetit (bzw. ist's nur Durst)

    Habe erst später gelesen, dass mich das hätte triggern können.

    Aber wie gesagt, es hat bei mir eher eine positive Wirkung. (vielleicht nicht zum Nachahmen empfohlen)


    Ich habe den Kreis der Eingeweihten bewusst klein gehalten und binde nicht neugierigen Fragestellern alles auf die Nase und gehe auch nicht mit meinem Problem hausieren.

    Ja das mache ich genauso, meine Familie und der engste Bekanntenkreis wissen Bescheid (die kannten mich ja auch früher schon als eher heftigeren Trinker, dann langjähriger Abstinenzler, dann als gutbürgerlichen Spiegeltrinker und jetzt bin ich wieder abstinent und fertig)

    Ich merke aber auch, dass bei vielen das Verständnis fehlt. Nach dem Motto: "Es muss doch gehen, dass du mal 2-3 Bier trinkst und dann ist wieder gut" oder "Alkoholiker ist doch nur der, der 2 Flaschen Schnaps am Tag braucht".

    Aber z.B. derzeit auf Arbeit würde es mir nie einfallen, mich zu outen. Warum auch, da würde ich nur irgendwelche Vorlagen und Angriffsflächen bieten, von Leuten die überhaupt keine Ahnung haben. Und ich bin auch niemandem Rechenschaft schuldig.


    Mit diesem Kurs bin ich prima gefahren. ich werde ihn nur umstellen, wenn ich merke, dass ich damit nicht mehr klar komme.

    Danke dir für deine Impulse :thumbup:

  • Aber z.B. derzeit auf Arbeit würde es mir nie einfallen, mich zu outen. Warum auch, da würde ich nur irgendwelche Vorlagen und Angriffsflächen bieten, von Leuten die überhaupt keine Ahnung haben. Und ich bin auch niemandem Rechenschaft schuldig.

    Das mache ich genau so. Die scheinbar so netten Arbeitskollegen und mögliche Vorgesetzte geht das überhaupt nichts an. Nach vorne wird Verständnis geheuchelt und hinten herum heißt es dann: "Der .. ist nicht belastbar, der hat doch ein A Problem." Und schon wird ein möglicher Konkurrent um eine interessante Aufgabe, eine Beförderung o.ä. mal eben in ein schlechtes Licht gerückt oder übergangen.

    Anders sieht es dagegen bei Personen aus, die auf der Arbeit als Alkoholiker aufgefallen sind und denen womöglich schon eine Kündigung in Aussicht gestellt worden ist, falls sie sich nicht ändern.

  • Zum Thema "krank":

    Nein, ich bin nicht krank oder gar "ewig krank.

    Im Gegenteil, ich fühle mich pudelwohl. Krank werde ich erst, wenn ich wieder trinke.

    Dieses Bewusstsein gilt es zu bewahren. Nicht, dass ich eines Tages auf die Idee kommen sollte, ich sei doch schon so lange clean, dann könne ich jetzt wieder wie ein "Normaler" mal was trinken. Gerade Letzteres habe ich öfter von Rückfälligen gehört, dass sich das Problembewusstsein, warum auch immer, herausgeschlichen hat, so dass das immer noch prima funktionierende Suchtgedächtnis den Betreffenden schwach werden ließ.

    Ich finde das einen sehr guten Ansatz. Also die Sichtweise, sich als krank zu bezeichnen, wenn man dem Alkohol wieder verfallen sollte und sich nicht als dauerhafte, chronisch kranke Person zu definieren.

    Per medizinische Definition mag das vielleicht so sein, aber mir persönlich gefällt der Gedanke überhaupt nicht, deswegen streife ich ihn gerne ab. Zumal, wenn ich mich heute mit damals vergleiche, und ich habe ja bsp. Fotos von mir, habe ich mich so dermaßen massiv verändert, zum positiven, da mag die Definition der Krankheit überhaupt nicht passen.

    Aber, ich will damit auch keine Allgemeingültigkeit herleiten, die Definition, wie man sich persönlich fühlt oder wie man damit umgeht, soll jeder so formulieren, wie es bei ihm oder ihr funktioniert. Aber, da gehe ich auch voll mit, das Bewusstsein dafür muss immer da sein.

    Wobei ich mittlerweile sagen muss, das sich bei mir an vielen Stellen eine Normalität etabliert hat wo der Gedanke an was zu trinken überhaupt nicht mehr existent ist, das Leben ohne sich an vielen Stellen etabliert hat. Auf der anderen Seite, gibt es auch weiterhin mal kurze Momente, da flüstert das Suchtmonster doch mal kurz Hallo.

    Ich war vorhin kurz Kleinigkeiten einkaufen und hatte Durst, ich bin zur Kühlung getigert um mir da eine Limo zu holen. Da gab es aber keine, sondern nur die Büchsen von früher. Und das war so ein Moment wo ich mir ganz bewusst "Nein" gesagt habe.

    Dann war das auch in Ordnung.

  • Ich finde das einen sehr guten Ansatz. Also die Sichtweise, sich als krank zu bezeichnen, wenn man dem Alkohol wieder verfallen sollte und sich nicht als dauerhafte, chronisch kranke Person zu definieren.

    Ja ich sehe das genauso und mir nimmt das die Düsterkeit und diese unüberwindbare Hürde.

    Und eigentlich ist ja die Alkoholsucht, die einzige "Krankheit", die ja zum Erliegen kommt, wenn ich meinem Körper das "Virus" Alkohol nicht mehr einflöße, es nicht mehr zulasse, dass es in meinen Körper kommt.

    Eigentlich so einfach, aber wiederum teilweise eben auch so schwer, naja Sucht halt.

    Viel wichtiger als Begrifflichkeiten ist die absolute Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Ich kann nicht mit Alkohol umgehen und werde es auch niemals können.

    Genau, wie ich es drehe und wende bzw. nenne, ist eigentlich auch egal

    Viel wichtiger ist das Eingeständnis mir selber gegenüber. Ich kann keinen Alkohol mehr trinken und werde nie wieder welchen trinken können.

    Ich habe in den 4 Jahre mit dem Versuch des kontrolliertem Trinkens nur erreicht, dass mein Konsum wieder auf dem Stand angekommen war, den ich vor Jahren verzweifelt verlassen habe.

    Und im Nachhinein gesehen, war das kontrollierte Trinken anstrengender, als die komplette Abstinenz.

    Sozusagen wie Sex ohne Höhepunkt bzw. nur ein ganz kleines Stück vom Kuchen, obwohl ich immer den ganzen Kuchen mit extra Schlagsahne und Dessert wollte.

    Gerade in Gesellschaften, wo eher weniger getrunken wurde und ich mit meinem Konsum aufgefallen wäre, war das mega anstrengend. Manchmal habe ich da noch versucht, "vorzuglühen" bzw. war es einfacher, abzusagen.

    Und ich habe über die Jahre auch öfters des Damoklesschwert über mir baumeln sehen (auch teilweise mit diesen ganzen Erinnerungen aus meiner Kamikazezeit), wenn es denn wieder "richtig" losgeht.

    Und das hat ja nicht soo lange auf sich warten lassen.

    Aber es ist nun eine Erfahrung, die ich gemacht habe, sonst würde ich vielleicht noch heute dem Alk und kontrolliertem Trinken hinterher trauern bzw. ich würde immer wieder grübeln, es vielleicht doch mit KT zu versuchen, wie es denn wäre...

    Aber kontrolliertes Trinken funktioniert (zumindest für mich, weil ich eben mit diesem "A" behaftet bin) nicht!

    Wobei ich mittlerweile sagen muss, das sich bei mir an vielen Stellen eine Normalität etabliert hat wo der Gedanke an was zu trinken überhaupt nicht mehr existent ist, das Leben ohne sich an vielen Stellen etabliert hat. Auf der anderen Seite, gibt es auch weiterhin mal kurze Momente, da flüstert das Suchtmonster doch mal kurz Hallo.

    Ja, ich finde das auch, dass sich die Normalität immer mehr etabliert und die Gedanken ans Trinken verblassen immer mehr.

    Klar ich habe zur Zeit nach sehr viele Gedanken an Alkohol/Trinken.

    Für mich ist es aber sehr wichtig, wie ich darüber denke.

    Lasse ich es zu, dass ein Teil von mir hinterher trauern will oder sehe ich es als Erlösung, nicht mehr trinken zu (müssen).

    Mein Plan ist es auf Langzeit, dass mich der Alk zumindest oberflächlich nicht mehr groß beschäftigt. Vergessen werde ich diesen Teil in meinem Leben sowieso nicht ganz können und das ist vielleicht auch gut so.

    VG

  • Ja rent. Das ist so eine Kruz mit der Mystik! A Sound of Silence.

    Zitat

    Wenn du magst, könntest du das ja vielleicht mal etwas genauer erklären.

    Ich denke mal nicht. Denn es ist ja genau der "Verstand" der der Erfahrung des "Einsseins" im Weg steht. Dort in der Stille ist alles in Ordnung. Das Dilemma rührt doch daher das Denken und Fühlen meist nicht im Einklang sind.

    Es gibt viele Wege die sich mit dem "Verstehen" beschäftigen und sie sind sicher notwendig, aber auch die müssen irgendwann aufgegeben werden.

    Stille...

    In dieser neuen Liebe stirb.

    Dein Weg beginnt auf der anderen Seite.

    Nimm die Axt gegen die Wände des Gefängnises.

    Fliehe.

    Geh hinaus wie jemand,

    der plötzlich in die Farben geboren wurde.

    Tu es jetzt.

    Du bist in dicke Wolken gehüllt.

    hüpfe an der Seite hinaus.

    Stille ist das sichtbare Zeichen,

    daß du entkommen bist.

    dein altes Leben war ein aufgeregtes Wegrennen

    vor der Stille.

    Der sprachlose Mond steigt jetzt auf...

    Rumi

  • Hallo zusammen,

    mal ein kurzer Statusbericht.

    Mir geht's eigentlich richtig gut, der Alkohol interessiert eigentlich nur am Rande und die alten Gewohnheiten und Erinnerungen verblassen eigentlich immer mehr. Und das ist ja auch gut so.

    Aber ich merke manchmal bei mir, dass sich von Zeit zu Zeit so eine Art Verharmlosung einschleichen will.

    Und ja, ich möchte mir auch auf keinen Fall ein Denkmal der früheren Zeiten aufstellen, nach dem Motto: "Vergiss nie und gedenke auf ewig deiner Gefangenschaft"

    Aber gerade dadurch, das es mir eigentlich recht gut, "normal" geht, kommen da manchmal Gedanken (also eher nur schemenhaft,) meiner jetzigen normalen und gesunden Welt zu entfliehen und mal wieder etwas "Verrücktes" anzustellen.

    Man kann dass vielleicht auch in dem Hinblick vergleichen, dass man auf ein Ziel hin gearbeitet hat und dieses jetzt irgendwie "feiern" will.

    Schon der Gedanke die eigene Nüchternheit mit Alkohol feiern zu wollen, ist schon mal mehr als verrückt und weißt daraufhin, dass das Ziel noch lange nicht erreicht ist.

    Aber gibt es denn überhaupt ein Ziel, ist es nicht eher ein Weg, den es zu gehen gilt und der vielleicht ab und zu von kleinen Stolpersteinen geprägt ist?

    So beginne ich manchmal den Alkohol nicht mehr mit gesundem Respekt und als Auslöser für meine jahrelange Knechtschaft zu sehen, sondern sehe ihn eher als ein neutrales Getränk, was ich am Anfang meiner Profikarriere gerne (damals noch) ohne Konsequenzen "bewusst genossen" habe.

    Ich sehe sozusagen die Flasche Bier nicht als Gefahr, um wieder in die Falle zu tappen.
    Aber ehrlich gesagt will ich die Flasche Bier auch nicht als Gefahr sehen, weil Gefahr wieder auch eine Art Angst vor einer Sache bedeuten würde. Vorsicht oder Respekt sollten es vielleicht eher treffen.

    Eigentlich betrachte ich es eher als eine (toxische) Abhängigkeitsbeziehung, von der ich mich getrennt habe (man kann das zum Vergleich sogar 1:1 auf einen Expartner'in herunterbrechen) und ich nicht jedesmal erschrecken muss, wenn mir diese Person über den Weg läuft bzw. ich jedesmal Angst habe, wieder schwach zu werden bzw. umzukippen.

    Sondern ich habe mich getrennt, weil es mir nicht gut getan hat, ich habe mich entschieden, "Schluss" zu machen, weil es einfach das Beste für mich ist und es nie etwas bringen würde, diese Beziehung noch einmal aufzuwärmen. Es ist sozusagen das Beste für alle Beteiligten, wenn jeder seiner Wege geht.

    Und es gibt Besseres bzw. bessere Alternativen für mich und dadurch komme ich nie wieder in die Versuchung, mit der "Flasche Bier" wieder etwas anzufangen.


    Wie gesagt, diese oben beschriebene Verharmlosung kommt auch nur in gedanklichen Schemen an die Oberfläche und es nicht wirklich etwas, was irgendwo täglich kratzt.

    Aber mir hilft das manchmal sehr gut, diese Eindrücke auszuschreiben und damit diesen verdrehten Gedanken keinen Raum zu geben.

  • Hallo Rent,

    Danke dir für dein Teilen, für sowas ist meines Erachtens so eine SHG da, seine persönlichen Eindrücke aufzuschreiben und auftretenden verdrehten Gedanken keinen Raum zu geben.

    Ich persönlich, soweit dürftest du mich kennengelernt haben, habe auch kein Interesse meiner Suchtvergangenheit ein Denkmal früherer Zeiten zu errichten. Manchem mag das helfen, gerade wenn er/sie schlimme Rückfälle erlitten hat, mir persönlich liegt das nicht.

    Vielleicht hat das bei MIR auch mit meiner eigenen Vergangenheit und der Last zu tun, die ich fast mein ganzes Leben lang mit mir herum getragen habe, die ich aber inzwischen endlich von meinen Schultern und meiner Seele legen konnte.

    Entscheidend ist doch letztlich, was MIR hilft, bzw. in deinem Fall, was DIR hilft.

    "Vergiss nie und gedenke auf ewig deiner Gefangenschaft"

    Dazu ein paar Gedanken, die bei mir so aufgeploppt sind:

    Du magst in Gefangenschaft gewesen sein, aber du hast dich ja daraus befreit.

    Jetzt bist du frei und es stellt sich doch eigentlich nur die Frage, was du tun kannst, um dich nicht wieder einfangen zu lassen.

    Brauchst DU dafür ein „Denkmal“ oder brauchst du etwas ganz anderes?

    Brauchst du vielleicht eine Art Feier oder einen Festtag oder einen Gedenktag, um deine Befreiung zu zelebrieren und deinem Suchtgedächtnis/ Belohnungszentrum etwas zu bieten?

    Ich rege das deswegen an, weil „Befreiungen“ oder „Gefangenschaften“ verschiedenster Art auf völlig unterschiedliche Weise gedacht und ggf. zelebriert werden, einerseits um nicht zu vergessen, andererseits um ein Ereignis zu würdigen.

    Vor einer Flasche Bier oder Wein oder Sekt oder einem Glas Aperol-Spritz oder einem Glas Cognac oder, was ich sonst in jenen Zeiten noch zu genießen glaubte, habe ich keine Angst mehr und sie stellen für mich auch keine „Gefahr“ dar. Sie lösen in mir auch kein Verlangen oder Bedauern oder, was weiß ich, aus. Ich hab aber sozusagen auch daran gearbeitet, dass das weg ist. Hab Trockenarbeit/ Selbstfürsorge betrieben und bleibe diesbezüglich auch am Ball.

    Hilfreich war das Lesen von Erfahrungsberichten, eigenes Schreiben und Austausch mit anderen, Lesen von Fachliteratur usw.

    Aber gerade dadurch, das es mir eigentlich recht gut, "normal" geht, kommen da manchmal Gedanken (also eher nur schemenhaft,) meiner jetzigen normalen und gesunden Welt zu entfliehen und mal wieder etwas "Verrücktes" anzustellen.

    Man kann dass vielleicht auch in dem Hinblick vergleichen, dass man auf ein Ziel hin gearbeitet hat und dieses jetzt irgendwie "feiern" will.

    Schon der Gedanke die eigene Nüchternheit mit Alkohol feiern zu wollen, ist schon mal mehr als verrückt und weißt daraufhin, dass das Ziel noch lange nicht erreicht ist.

    Wenn du auf dein Leben zurückschaust, darauf, wie da etwas in dir nie genug bekommen konnte, so mag da zwar ein Zerbruch stattgefunden haben, aber grundsätzlich war und ist das ein Teil von dir.

    Ich hab sowas auch in mir und inzwischen habe ich auch herausgefunden, warum der in mir ist. Gründe gibt’s dafür mehr als genug.

    Diesen Teil werde ich in meinem Leben wohl nie mehr verlieren, er ist eben ein Teil von mir, aber ich hab ihn inzwischen als das annehmen können, was er eben ist, und wir kommen inzwischen auch recht gut miteinander aus. (Smile)

    Wenn du mir in gewisser Weise ähnlich sein solltest, dürfte „Normalität“ nicht so ganz deins sein. Das ist meines Erachtens völlig in Ordnung. Ziemlich erquicklich für mich fand ich die Lektüre eines Buchs von Manfred Lütz:

    Irre - Wir behandeln die Falschen: Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde

    Auf deinem Weg dürfte es für dich interessant sein, einen gesunden und u.U. heiteren Weg zu finden, dem Teil von dir, der nie genug haben kann, etwas „Verrücktes“ zu bieten. Die Suche dürfte interessant und vielleicht auch spannend und lustig sein.

    Unser Belohnungszentrum ist schon ein eigenartiges Ding. Deins und auch meins haben gelernt, wie leicht Glücksgefühle zu haben sind, ohne etwas dafür tun zu müssen. Das wird uns leider immer erhalten bleiben. Zwar stellt sich die Neurobiologie im Laufe der Abstinenz wieder auf ein normales, gesundes Maß ein und wir brauchen nicht mehr Dopamin und Co in Massen, um die entsprechend gebildeten Rezeptoren zu bedienen, aber dennoch brauchen wir Dopamin und Co.

    Wundere dich also nicht, dass solche Gedanken, wie du sie schilderst, ab und zu mal wieder auftauchen. Nimm sie als Signal wahr, dass dein Belohnungszentrum ein Bedürfnis anmeldet.

    Besonders schlau ist es nicht, sondern eher ziemlich schlicht gestrickt und schlechte Erinnerungen werden dort offenbar nicht gespeichert.

    Aber gibt es denn überhaupt ein Ziel, ist es nicht eher ein Weg, den es zu gehen gilt und der vielleicht ab und zu von kleinen Stolpersteinen geprägt ist?

    Für mich sind Bilder oft sehr hilfreich. Ich denke nicht, dass es ein Ziel gibt, sondern dass auch das abstinente Leben einem Weg gleicht, den es zu gehen gilt.

    In einem der Erklärvideos von Lindenmeyer wird mit dem Bild einer Schienenstrecke gearbeitet.

    Nimmt man dieses Bild zum Vergleich bist du nun auf einem neuen Gleis unterwegs. Das alte Gleis ist noch da, es könnte grundsätzlich immer wieder befahren werden, aber je länger es nicht befahren wird, umso mehr wächst es zu, während das neue Gleis immer besser eingefahren wird.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo AmSee,

    Brauchst DU dafür ein „Denkmal“ oder brauchst du etwas ganz anderes?

    Brauchst du vielleicht eine Art Feier oder einen Festtag oder einen Gedenktag, um deine Befreiung zu zelebrieren und deinem Suchtgedächtnis/ Belohnungszentrum etwas zu bieten?


    Ich rege das deswegen an, weil „Befreiungen“ oder „Gefangenschaften“ verschiedenster Art auf völlig unterschiedliche Weise gedacht und ggf. zelebriert werden, einerseits um nicht zu vergessen, andererseits um ein Ereignis zu würdigen.

    In dieser Richtung habe ich es noch gar nicht gesehen.

    Klar, das Datum von meinem D-Day werde ich bestimmt nie vergessen, aber stimmt, es ist eigentlich wirklich ein Grund zum feiern bzw. auf irgendeine Art zu zelebrieren. Und für mich ist es z.Zt. DER Wendepunkt im Leben und das braucht sich eigentlich nicht zu verstecken.

    Wenn du auf dein Leben zurückschaust, darauf, wie da etwas in dir nie genug bekommen konnte, so mag da zwar ein Zerbruch stattgefunden haben, aber grundsätzlich war und ist das ein Teil von dir.

    Ich hab sowas auch in mir und inzwischen habe ich auch herausgefunden, warum der in mir ist. Gründe gibt’s dafür mehr als genug.


    Diesen Teil werde ich in meinem Leben wohl nie mehr verlieren, er ist eben ein Teil von mir, aber ich hab ihn inzwischen als das annehmen können, was er eben ist, und wir kommen inzwischen auch recht gut miteinander aus. (Smile)

    Ja kann gut möglich sein, mir ist auch bewusst, dass dieser Teil schnell wieder "auferstehen" könnte, wenn ich ihm den Raum und die Nahrung geben würde.

    Auf alle Fälle ist dieser Druck und Zwang weg und es ist "anders" als unzählige Male zu vor.

    Und da ich manchmal Sachen gerne visualisiere, nehme ich es für mich auch gerne auch als Zerbruch an.

    Ich habe das manchmal früher auch mit einem Loch/ einer Leere in mir verglichen, welches ich wahrscheinlich bewusst oder unbewusst versucht habe, zu füllen. Was vielleicht schon vor der ganzen Suchtgeschichte vorhanden war, aber durch die Sucht auf alle Fälle noch vergrößert wurde.

    Aber wäre es der Alkohol nicht gewesen, wäre es vielleicht einen andere destruktive Angewohnheit geworden.

    Ich habe z.B. vor meiner Alkoholkarriere geraucht wie ein Schlot und wollte den Rauchentzug mit Alkohol abmildern. So bin ich im frühen Erwachsenenalter eigentlich zum Trinken gekommen. Klingt verrückt, aber war so.

    Man kann das eigentlich gut damit vergleichen, dass ich jetzt Kaffee trinken würde, um den Alkoholentzug zu mildern.

    ...Verlagere ich jetzt meine Sucht von Alkohol auf Kaffee? Von mir aus, damit kann ich leben ;)

    Für meinen Teil halte ich es aber auch zur Zeit nicht nötig, auf Ursachensuche zu gehen.

    In meiner Kindheit haben viele Dinge auch nicht so ganz dem klassischen Familienbild entsprochen, aber was will ich da heute noch ändern. Und irgendwo hat niemand die perfekte Vergangenheit und Gegenwart, aber nicht jeder wählt sich deshalb einen selbstzerstörerischen Weg.

    Für mich ist aber jetzt gerade das Weglasssen von allen suchterzeugenden und psychoaktiven Substanzen (selbst Nikotin) eine riesen Hilfe, um eben diesen Teil in mir nicht wieder auferstehen zu lassen.

    Kann man das Loch vielleicht aushungern? (smile) ...Ich denke es geht eher darum, das Loch mit positiven Sachen zu füllen, eine bessere Alternative bieten.

    Das Rauchen ist seit Jahrzehnten kein Problem mehr, aber ich wüsste, dass das eine, wie auch das andere, wieder ein Wegbereiter wäre.

    Bei mir klappt eben dieses konsequente Weglassen von dieser Chemie, die ich früher für alle meine Bereiche in meinem Leben benötigt habe und meine Sucht verlagert habe, sehr gut.

    Und ich gehe eben jetzt vollkommen nüchtern und clean durch meine Welt und es fühlt sich großartig, die Dinge so zu meistern.


    Wenn du mir in gewisser Weise ähnlich sein solltest, dürfte „Normalität“ nicht so ganz deins sein. Das ist meines Erachtens völlig in Ordnung. Ziemlich erquicklich für mich fand ich die Lektüre eines Buchs von Manfred Lütz:

    „Irre - Wir behandeln die Falschen: Unser Problem sind die Normalen - Eine heitere Seelenkunde“

    Ich kenne das Buch nicht, aber der Titel klingt auf alle Fälle schon mal interessant.

    Mir fällt da gerade eine Liedzeile von den Fantastischen Vier ein: "Ist es normal, nur weil alle es tun..."

    Ja, Normalität scheint vielleicht nicht immer ganz meins zu sein, aber was ist eigentlich schon normal.

    Auf der anderen Seite wünsche ich mir und lebe ja auch diese normale, gutbürgerliche Normalität, die ja eigentlich auch ein großer Anker ist. (Geborgenheit trifft es vielleicht eher als Normalität)

    Auf deinem Weg dürfte es für dich interessant sein, einen gesunden und u.U. heiteren Weg zu finden, dem Teil von dir, der nie genug haben kann, etwas „Verrücktes“ zu bieten. Die Suche dürfte interessant und vielleicht auch spannend und lustig sein.

    Genau, darum geht es eben. Einen gesunden und heiterer Weg zu finden, wo ich nicht von zu viel "Normalität" erschlagen werde und eben noch Platz für etwas "Verrücktheit" ist.


    Für mich sind Bilder oft sehr hilfreich. Ich denke nicht, dass es ein Ziel gibt, sondern dass auch das abstinente Leben einem Weg gleicht, den es zu gehen gilt.

    In einem der Erklärvideos von Lindenmeyer wird mit dem Bild einer Schienenstrecke gearbeitet.

    Nimmt man dieses Bild zum Vergleich bist du nun auf einem neuen Gleis unterwegs. Das alte Gleis ist noch da, es könnte grundsätzlich immer wieder befahren werden, aber je länger es nicht befahren wird, umso mehr wächst es zu, während das neue Gleis immer besser eingefahren wird.

    Das ist ein guter Vergleich.

    Ich habe das manchmal für mich wie so einen alten Feldweg mit tiefen ausgefahrenen Spuren gesehen, wo man kaum herauskommt, wenn man einmal drinnen ist.

    Der Feldweg ist nun ausgebessert/ erneuert. (meine Löcher quasi positiv gefüllt) und dadurch rutsche ich mit meinem Rädern nicht mehr in die alten Bahnen ab und kann eben einen neuen Weg einschlagen.

    Aber durch Alk&Co würden eben die "Ausbesserungen" wieder schnell aufweichen und ich würde eben mit meiner Kutsche schnell wieder in die alten Bahnen rutschen.

    3 Mal editiert, zuletzt von rent (25. September 2023 um 23:31)

  • Ich habe das manchmal früher auch mit einem Loch/ einer Leere in mir verglichen, welches ich wahrscheinlich bewusst oder unbewusst versucht habe, zu füllen. Was vielleicht schon vor der ganzen Suchtgeschichte vorhanden war, aber durch die Sucht auf alle Fälle noch vergrößert wurde.

    Aber wäre es der Alkohol nicht gewesen, wäre es vielleicht einen andere destruktive Angewohnheit geworden.

    Da du dieses Loch/ diese Leere ansprichst: Genau das, dieses Loch oder bodenlose Leere war bei MIR tatsächlich mal Thema. Nun ist es bei MIR aber auch so, dass ich schon vor Jahren an Depressionen erkrankt bin und deshalb auch in ärztlicher Behandlung bin. Dieses Loch war deshalb auch mal Thema mit meinem Psychiater/ Neurologen.

    Er antwortete mir damals, dass dieses Loch nicht zu füllen sei, überhaupt nicht gefüllt werden könne. Es sei nun einmal ein Teil von mir, entstanden in meiner Vergangenheit. Ich könne aber lernen, anders damit umzugehen als es weiterhin zu füllen zu versuchen.

    Ich könnte zum Beispiel ein Museum um dieses Loch errichten, mit ein paar Bildern/ Erinnerungen darin, die dazu passen. Dabei ging’s nicht unbedingt nur um negative Bilder oder Erinnerungen, sondern um alles das, was zu diesem Loch dazu gehört. Zum Beispiel auch meine vielen Bewältigungsstrategien.

    Zunächst konnte ich mit diesem Vorschlag noch nicht ganz so viel anfangen, hatte aber eine Ahnung, was er damit meinte, und hab mich an die Arbeit gemacht.

    Heute ist es sozusagen eine Art Erinnerungsort, aber keiner, der mich traurig macht oder in mir wieder das Bedürfnis weckt, das Loch zu füllen. Hat eher etwas von Zur Kenntnis Nehmen und von erfolgreicher Bewältigung.

    Für meinen Teil halte ich es aber auch zur Zeit nicht nötig, auf Ursachensuche zu gehen.

    Auf Ursachensuche geht ja eigentlich auch nur, wer in der Gegenwart unter seiner/ ihrer Vergangenheit leidet. Ich selbst wollte da lange, lange Zeit nicht dran, hab mir für die meine Gegenwart auch nichts davon versprochen.

    Und dann musste ich da schließlich doch dran, um in meiner Genesung voranzukommen. Aus heutiger Perspektive kann ich sagen, dass es schmerzhaft war, aber Dank der für mich geeigneten Hilfe tatsächlich heilsam.

    In meiner Kindheit haben viele Dinge auch nicht so ganz dem klassischen Familienbild entsprochen, aber was will ich da heute noch ändern. Und irgendwo hat niemand die perfekte Vergangenheit und Gegenwart, aber nicht jeder wählt sich deshalb einen selbstzerstörerischen Weg.

    Richtig, nicht jeder, der keine ganz so gesunde Kindheit hatte, wählt automatisch einen selbstzerstörerischen Weg. Manche sind aus welchen Gründen auch immer resilient oder besitzen eine gewisse Art von Resilienz.

    Warum auch immer das so ist, interessant ist für einen selbst doch nur, ob man ein Problem hat und dieses für sich lösen muss. Ich hatte eben eins und es war für mich sogar schon lebensnotwendig, es zu lösen.

    Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern, passiert ist passiert. In der Gegenwart lässt sich nur die Sichtweise verändern und es können unverarbeitete Gefühle und sogar Traumata nachträglich verarbeitet werden. Ich kann dir aus eigener Erfahrung nur sagen, dass es echt spannend ist und sich außerordentlich befreiend anfühlt, wenn die Verarbeitung tatsächlich stattgefunden hat.

    Damit wir uns nicht missverstehen: Ich will dir mit meinen Ausführungen gewiss nicht etwas andichten, was DU möglicherweise gar nicht hast. Wenn du in deiner jetzigen Gegenwart kein Problem mit deiner Kindheit hast, warum solltest du dir das antun, etwas aufzuarbeiten, was gar nicht aufgearbeitet werden muss?

    Ja, Normalität scheint vielleicht nicht immer ganz meins zu sein, aber was ist eigentlich schon normal.

    Interessant, dass du diesen Gedanken äußerst, denn genau diese Frage habe ich mir schon vor vielen, vielen Jahren gestellt. Was ist eigentlich „normal“?

    Ich habe mir damals schon diese Frage gestellt, weil ich mich als so anders als die anderen wahrgenommen und gefühlt habe. Und ich wurde schon früh, viel zu früh von anderen ausgegrenzt, weil ich irgendwie anders war.

    Vielleicht ist das Buch von Lütz tatsächlich auch etwas für dich und verleitet dich immer wieder zum Schmunzeln. Ein erstes Bild von diesem Buch kannst du dir über eine Online-Leseprobe machen.

    Eine Warnung allerdings: Wenn du‘s liest, könnte eine Nebenwirkung sein, dass du gar nicht mehr „normal“ sein willst. 😉🤣

    Auf der anderen Seite wünsche ich mir und lebe ja auch diese normale, gutbürgerliche Normalität, die ja eigentlich auch ein großer Anker ist. (Geborgenheit trifft es vielleicht eher als Normalität)

    Wünsche ich mir auch und lebe ich in gewisser Weise auch, nur eben mit einem mir zueignen Individualismus. Bei uns zuhause sieht es in der Tat sehr viel individueller aus als in Haus und Heim meiner angeheirateten Familie, die inzwischen zu MEINER Familie geworden ist, die ich übrigens tatsächlich zu den „Normalen“ zählen würde. (Meine Herkunftsfamilie ist so gut wie ausgestorben und mit dem Rest besteht leider kaum mehr Kontakt, obwohl ich mich durchaus um Kontakt bemüht habe.)

    Ja, der Ausdruck „Geborgenheit“ trifft es auch für mich eher. Ich wünsche mir auch eine Art von Normalität, denn es kann durchaus ziemlich anstrengend sein, nicht so zu sein, zu ticken wie die anderen. Es ist ja auch nicht unbedingt schlecht, was „die Normalen“ so tun.

    Nur, wenn du eben nicht so „normal“ bist wie die anderen, dann kann das für dich entweder zum Problem werden, oder aber du findest DEINEN Weg damit glücklich zu werden.

    Für mich war’s gewissermaßen ewig und drei Tage ein Problem, ich hab quasi alles Mögliche unternommen, um mich anzupassen und nicht aufzufallen. Irgendwann ging’s nicht mehr…. Ab da habe ich MEINEN Weg begonnen. :S 8)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Für mich ist aber jetzt gerade das Weglasssen von allen suchterzeugenden und psychoaktiven Substanzen (selbst Nikotin) eine riesen Hilfe, um eben diesen Teil in mir nicht wieder auferstehen zu lassen.

    Kann man das Loch vielleicht aushungern? (smile) ...Ich denke es geht eher darum, das Loch mit positiven Sachen zu füllen, eine bessere Alternative bieten.

    Was mir die letzten Tage so durch den Kopf geht, ist die Aussage "der Mensch hat ein Recht auf Rausch". Mir begegnet der Satz momentan öfter in der Debatte um die Legalisierung von Cannabis. Und ich komme wirklich nicht umher bei der Aussage meine Zustimmung zu geben. Auch wenn ich weiß, dass es eigentlich falsch ist.

    Hätte der Rausch im Allgemeinen nicht negative Konsequenzen für uns, wären wir alle jeden Tag breit, da bin ich mir ziemlich sicher. Wir wären breit als positiver Verstärker bei Niederlagen aber auch bei Gewinnen.

    Achtung Triggerwarnung, das meine ich gerade ernst:

    Jeden Tag die nüchterne Realität zu ertragen ist auch nicht immer geil. Gerade wenn man mal einen beschissenen Tag hat, ist ja eigentlich das Verlangen nach irgendeiner positiven Verstärkung / Ausgleich / Entspannung besonders groß. Und mal Butter bei die Fische, sich dann hinzusetzen und ein Wasser zu "genießen" ist totaler Müll und schockt überhaupt nicht und bringt auch nichts. Man muss es aushalten. Fertig. Oder irgendwie übertönen.

    Und ich würde auch einfach mal ganz klipp und klar die Wette eingehen, wenn man mal eine repräsentative Umfrage bei Leuten aus unser "Suchtbranche" machen würde, da raucht ein großer Teil von Menschen und gibt sich den selben Mustern wie immer hin. Und ich bin da auch ganz ehrlich, wäre Rauchen nicht so scheisse ungesund und teuer, ich würde wieder anfangen.

    Im Endeffekt sind wir doch Opfer des Strebens nach Glückshormonen. Und je einfacher man an diese Hormone kommt und umso mehr dieser Stoff rein schallert, umso süchtiger macht das doch. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen dass die Menschen unterschiedlich empfänglich für Rausch- und Glücksgefühle sind, aber im Endeffekt sind wir alle "süchtig" danach. Das ist ja m.E. ein Grund warum wir alle so auf Lob abfahren. Lob, Wertschätzung, positive Verstärkung, Erfolg, Belohnung sind Triebfedern unser Gesellschaft. Das ist ja schon bei Kindern zu beobachten, ein Kind ohne Lob und Wertschätzung geht ein. Ein Bühnenschauspieler ohne Applaus geht nicht auf die Bühne. Ein Extremsportler ohne Adrenalinkick stürzt sich nicht die Alpen runter. Ein Börsenhändler ohne steigende Kurse und fette Renditen wirft sein Job hin.

    Problematisch wird das Ganze dann, wenn auf externe Mittel zurückgegriffen wird und oder man seinen Rausch nicht mehr unter Kontrolle hat. Dann wird es selbstzerstörerisch.

    Und von daher, um nach einer riesigen Ausschweifung auf den Punkt zu kommen, das Füllen eines Loches ist nicht so einfach. Ich würde sogar mittlerweile soweit gehen zu behaupten, dass man öfters auch einfach / leider aushalten muss und zudem geneigt ist, sich wieder ein Extrem zu suchen. Und das man an vielen Stellen eine riesige Selbstbeherrschung an den Tag legen muss. Das wird mit der Zeit bestimmt weniger, aber wenn der Nektar des Rausches irgendwo wieder da ist, ist die Fallhöhe ziemlich groß. Oder?

  • Was mir die letzten Tage so durch den Kopf geht, ist die Aussage "der Mensch hat ein Recht auf Rausch". Mir begegnet der Satz momentan öfter in der Debatte um die Legalisierung von Cannabis. Und ich komme wirklich nicht umher bei der Aussage meine Zustimmung zu geben. Auch wenn ich weiß, dass es eigentlich falsch ist.

    Nun ja, ist es wirklich „eigentlich falsch“?

    Sorry, ich drehe und wende gern manche Aussagen, hinterfrage sie, um für MICH ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

    Mir ist bewusst, dass das nicht jedermanns Sache ist, deshalb: Wer darauf keine Lust hat, liest nun besser nicht weiter.

    ………

    Aus „unserer“ Sicht, damit meine ich die, die süchtig und in gewisser Weise krank daran geworden sind, ist es falsch oder vielmehr kaum nachvollziehbar, wenn Suchtstoffe mit nachgewiesenem Abhängigkeitspotential legalisiert werden.

    Den Vergleich mit der Legalität von Alkohol, der im Zusammenhang der Debatte um die Legalisierung von Cannabis herangezogen wird, halte ich für fatal und nicht besonders weitsichtig oder intelligent.

    Im Grunde sollte in Frage gestellt werden, ob Alkohol weiterhin soo legal, leicht zu bekommen und selbstverständlich sein sollte wie bislang üblich. Ein Verbot wird wenig bringen, wie die Erfahrungen in Amerika aus der Zeit der Prohibition lehren, aber andere Wege wären durchaus denkbar. - Sind aber derzeit in unserer Gesellschaft offensichtlich nicht gewollt und durchsetzbar.

    Grundsätzlich aber steht hinter einer solchen Aussage aber auch die Vorstellung, die zum allgemeinen Menschenrecht geworden ist, dass jeder Mensch grundsätzlich frei ist. Was auch die Freiheit beinhaltet, sich für dieses oder für jenes zu entscheiden. Auch wenn’s mit dem Tod endet, ist es niemandem verboten, den Freitod zu begehen. (In unserem Land darf man aufgrund verschiedener Fehlentwicklungen, von denen es während des Dritten Reichs eine Menge gab, nur nicht dabei helfen.) Insofern kann der Aussage dass „der Mensch ein Recht auf Rausch hat“ schwer widersprochen werden, wenn man das individuelle Recht eines Einzelnen betrachtet.

    Zudem ist das Bedürfnis, sich ab und zu mal zu berauschen, ja schon uralt, gehörte nicht gerade selten zum Kult dazu. Grundsätzlich ist dagegen eigentlich auch nichts zu sagen, weil ein oder mehr gelegentliche Räusche nicht automatisch krank machen.

    Ich selbst kann der Aussage aber dennoch so nicht zustimmen, wenn es um die rechtliche Legalisierung von etwas geht, das nachgewiesenermaßen ein starkes Abhängigkeitspotial hat. Für MICH geht‘s in diesem Zusammenhang um die gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Ein Staat muss auch die Folgen einer rechtlichen Entscheidung auf seine gesamte Bevölkerung berücksichtigen.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Jeden Tag die nüchterne Realität zu ertragen ist auch nicht immer geil. Gerade wenn man mal einen beschissenen Tag hat, ist ja eigentlich das Verlangen nach irgendeiner positiven Verstärkung / Ausgleich / Entspannung besonders groß. Und mal Butter bei die Fische, sich dann hinzusetzen und ein Wasser zu "genießen" ist totaler Müll und schockt überhaupt nicht und bringt auch nichts.

    Da kann ich dir nur zustimmen. Die nüchterne Realität ist nicht immer geil und sich dann hinzusetzen und ein Wasser zu „genießen“ schockt auch bei mir überhaupt nicht.

    „Aushalten“ ist in diesem Zusammenhang so gar nicht meine Sache, vielleicht weil ich schon zu früh und zu viel gezwungen war, eine Situation einfach aushalten zu müssen, ohne die Möglichkeit zu haben, irgendwas tun zu können. Gegen „Aushalten“ bin ich in gewisser Weise allergisch geworden.

    Ich sehe das auch so, dass wir im Endeffekt „Opfer des Strebens nach Glückshormonen“ sind, wobei ich selbst allerdings keinen Bock mehr auf die Opferrolle habe und lieber der Ursache auf den Grund gegangen bin, warum ich überhaupt nach Glückshormonen streben muss. Die Erklärung, dass ich ohne dieses Streben, morgens gar nicht aufstehen würde und überhaupt nichts unternehmen würde, fand ich interessant und für mich hilfreich.

    Die nüchterne Realität ist mitunter nicht geil, aber das gehört offenbar zum Leben dazu. Der Trick besteht darin, das auf gesunde und angemessene Art zu bewältigen. Diese ganzen Gefühle, die wir im Allgemeinen als negativ ansehen, sind im Grunde gar nicht so negativ, sondern haben durchaus ihre Berechtigung, dienen u.U. sogar unserem Schutz.

    Die mit Suchtmitteln wegzumachen, ist, wie wir wahrscheinlich alle erlebt haben, nicht besonders nachhaltig. Probleme können schwimmen, die Biester. Und negative Gefühle gehen nicht einfach so weg, wenn ich mir n ordentliches Glas Alkohol reingezogen habe. Ich weiß nicht, wie das bei euch war, aber bei mir wurden die negativen Gefühle erst n bisschen schwächer, gedämpft, und mit zunehmendem Pegel eskalierten die nicht selten. Die meisten äußerst hartnäckigen und in jenen Momenten ziemlich überzeugendenden Suizidgedanken hatte ich unter Alkoholeinfluss.

    Das wird mit der Zeit bestimmt weniger, aber wenn der Nektar des Rausches irgendwo wieder da ist, ist die Fallhöhe ziemlich groß. Oder?

    Sehe ich auch so.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

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