Vorstellung - Miaflorentine

  • Mojo Danke für deine Nachricht. Ich denke, ich wünschte, ich hätte sie eher gelesen. Denn heute, an Tag 82 (ich musste im Kalender nachsehen) habe ich getrunken.

    Liebe Alle,


    Tag 82, Ich habe es nicht geschafft. Heute habe ich getrunken. Ganz arg. Und ich fürchte mich vor dem aufwachen!

  • Hallo Mia,

    habe dich gerade durch Zufall gelesen.

    Mach dir keinen Kopf deswegen, das ist nicht schlimm. Hinfallen gehört zum Handwerk, wichtig ist das du wieder aufstehst. Sie es einfach als Episode und mach morgen einfach weiter, wo du zuvor aufgehört hast und schau auf die Zeit bzw. wie lange es du schon geschafft hast.

    Du schaffst das und bleib dran 👍

  • Liebe Mia,
    bloß nochmal ein paar Gedanken dazu.
    Ich kann mich noch an viele Momente und Episoden erinnern, wo ich dem Druck nicht mehr standgehalten habe. Manchmal hat sich das über Tage angebahnt, manchmal ging es ganz fix.
    Ich kenne auch das Scheißgefühl danach, wo Scham, Schuld und das Gefühl "wieder" versagt zu haben und die Hoffnungslosigkeit, es niemals zu schaffen, sich breit gemacht haben.
    Ich hatte dann auch immer diese Stimme in mir, "du hast es jetzt (nach dieser oder jener langen Zeit) nicht geschafft und wirst es nie schaffen". Oder auch das Gefühl der Verzweiflung, den Stein wieder ganz von Anfang den Berg hochzurollen zu müssen.
    Das sind aber Lügen, die dir dein Suchtgedächtnis vorgaukelt.
    Falls du auch solche Glaubensätze über dich hast, haue diesen Mist einfach über Bord (die helfen dir kein Stück weiter) und fokussiere dich einfach auf die Zeit, die du schon geschafft hast, was du alles schon nüchtern bewegt hast und steh einfach auf und mach genau da weiter.

    DU BIST MITTENDRIN und nicht am Anfang.
    LG Rent

  • Hallo Mia,

    ich sehe das eigentlich auch so wie meine Vorredner. Das kann passieren, und passiert auch vielen. Die 81 Tage vorher und alle Erfahrungen sind ja deswegen nicht weg, sondern immernoch da. Morgen ist ein neuer Tag, und somit eine neue Chance.

    Entscheidend ist letztlich der konstruktive Umgang mit solch einem Vorfall. Wichtig ist so schnell wie möglich, am besten sofort, wieder auszusteigen. NÜCHTERN kannst Du dann Fragen näher betrachten wie zum Beispiel:

    Was genau war es, was ich nicht mehr wahrnehmen wollte?
    Und, hat der Konsum mich darin, nachhaltig, einen Schritt weiter gebracht?

    Gute Kraft sende ich Dir!

    Mojo

  • Falls du auch solche Glaubensätze über dich hast, haue diesen Mist einfach über Bord (die helfen dir kein Stück weiter) und fokussiere dich einfach auf die Zeit, die du schon geschafft hast, was du alles schon nüchtern bewegt hast und steh einfach auf und mach genau da weiter.

    Rent spricht da etwas ganz Wichtiges an und zwar diese negativen Glaubenssätze.
    Wir alle kennen sie, aber an ihnen ist in der Regel herzlich wenig bzw. absolut gar nichts dran.

    Du darfst über dich wahrlich ganz anders denken, denn du hast dir (und uns, die wir von dir lesen dürfen) schon bewiesen, zu was du in der Lage bist und wie stark du eigentlich bist.

    DU BIST MITTENDRIN und nicht am Anfang.

    Genau so ist es.

    Welcher positiv formulierte Glaubenssatz würde dir jetzt helfen?

    Ein Rückfall KANN passieren, die Gründe dafür sind unterschiedlich. Bei dem einen mag es Leichtsinn oder Selbstüberschätzung sein, bei dem anderen eine Kette von Ereignissen, die schließlich zu kaum erträglichem Suchtdruck geführt haben.


    Hauptsache ist, du stehst wieder auf.

    Möglicherweise kannst du aus genau diesem Rückfall eine ganze Menge für dich lernen.

    Liebe Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Liebe Mia


    Subjektiv betrachtet ist das natürlich sehr schlimm ,dass du getrunken hast: die ganze Palette an Selbstvorwürfen, Versagensgefühle, sich selbst nicht mehr glauben können,etc...wird aktiviert und man meint aus diesem Zustand nicht mehr heraus zu kommen.

    Objektiv betrachtet hast du bewiesen ,dass du dich besser ohne Alkohol gefühlt hast ,dass du fast 90 Tage geschafft hast ohne Alkohol auszukommen, obwohl deine aktuelle Situation mit Trennung nicht leicht war, du hast nun jetzt getrunken und das ist jetzt kein Grund ,alles hinzuwerfen.

    Das Laufen lernen klappt nicht immer auf Anhieb.

    Ein Stolpern bedeutet nicht ,dass man es nicht mehr schafft laufen zu lernen.

    Manchmal ist es auch notwendig zu Stolpern, um das nächste ma zu wissen an welcher Stelle man aufpassen muss.

    Vielleicht war dieser Ausrutscher sogar hilfreich für dich um deine zukünftige Abstinenz noch mehr zu festigen.

    Das schlimmste ,was du dir jetzt antun kannst ,sind Selbstvorwürfe.

    Versorge dich jetzt gut und glaube trotzdem an dich.

    Nimm dich liebevoll an die Hand und sag dir :Aufstehen,weiterlaufen!!!

    Oran-Gina

  • Oh man, das war ein harter Ritt, seit dem aufwachen. Im Moment fühle ich … irgendwie gar nichts. Eure Nachrichten heute morgen zu lesen hat mir ein ganz warmes Gefühl gegeben, wahrscheinlich bin ich deswegen nicht so in Scham und Schuld gefallen. Vielleicht kommt das noch, dann werde ich an all eure Worte denken. Bisher ist das alles noch nicht so richtig gesackt, dass ich getrunken habe:/


    Ich will jetzt versuchen, das zu nutzen. Und verstehen, warum das gestern passiert ist.
    Ich habe die Tage vorher nicht daran gedacht, zu trinken.
    Das kam gestern plötzlich.
    Hier standen noch fünf Bier von einem Freund- das liest sich wahrscheinlich äußerst unklug, allerdings ist es nicht das erste mal, ich bin quasi täglich von Alkohol umgeben und das hat mich bisher nicht großartig bewegt. (Ich wäre gestern auch losgefahren um mir etwas zu kaufen, nachdem ich den Entschluss gefasst hatte.)

    Da schaue ich also das Bier an und unvermittelt war da der Gedanke „das trinke ich jetzt!“. Kurz Bedenkzeit genommen… will ich wirklich diese 81 Tage opfern?… morgen Tag 1 im Kalender eintragen? … Was soll ich sagen, es waren wohl gar keine echten Fragen. Bisher hat mir das zu Ende denken (Folgen) geholfen, diesmal war kein wirklicher Einspruch in mir 🥺

    Ich wollte das Gefühl und mir war egal, was das bedeutet. Es geht mir seit längerem nicht gut, mit meiner Angst und Anspannung. Die Trennung beschäftigt mich stellenweise heftig und macht Sachen in mir wach die ich kaum halten kann. Diese Erklärung soll nicht der Versuch sein, meine Verantwortung abzugeben- ich wollte einfach unbedingt eine Pause von den Gefühlen.
    Ich bin mit denen so gut ich konnte umgegangen, hatte meine Therapie Termine eingehalten und in den letzten Wochen war die Strategie „trinken“ in anderen Angst Momenten nicht präsent. Diesmal: Bäm!
    Ich nehme also das Bier, halte kurz inne, wie sich das anfühlt… fühle etwas Angst, über diesen Schritt, mach es auf, Riech dran, denke kurz „noch kannst du es stehen lassen!“… beginne zu trinken, für meine Pause. Denke wieder „ach, du kannst es ja bei zwei Bier belassen“, weiß aber schon nach den ersten Schlücken das werde ich nicht tun… denke „wenn du schon alles hinwirfst bestimmt nicht für ein paar Bier, jetzt will ich auch was davon haben!“

    Tja und dann… Traurigkeit. Viel geweint. Mal wieder dieses sich ergeben… „dann stürze ich jetzt eben ab, muss ich scheinbar wohl tiefer fallen, dann bin ich eben krank“… und dann habe ich einfach nur genossen keine Angst zu haben. Und natürlich wieder mein übliches Pensum getrunken:(

    Und gestern Abend habe ich auch nicht in Betracht gezogen, dass es nur dabei bleiben könnte. Es war direkt wieder diese Spirale „dann trinke ich einfach morgen auch und übermorgen“.
    Jetzt denke ich das gerade nicht mehr.
    Jetzt fühle ich wieder mehr, dass ich weiter machen will, ohne Alkohol. Aber wo ist der Schreck? Wo ist die Angst davor, die mich in den letzten Monaten beschützt hat?
    Die ist gerade nicht besonders groß und das ist … schlecht.
    Ich sollte jetzt wissen, was ich hätte anders machen sollen. Aber stattdessen vor allem Leere in mir.
    Also setze ich den Fokus nun wieder auf: heute trinke ich nicht. Ich hoffe, ich finde wieder in Entschlossenheit und kann bald wieder mehr Kraft darin fühlen.

    … gestern dachte ich wieder: ohne Alkohol ist eh scheisse. 😶 Es ist mir peinlich, das zu sagen. Und natürlich weiß ich, dass es so nicht stimmt. Wahrscheinlich ist das der gefährlichste Gedanke überhaupt, aber der hat sich so machtvoll in mir erhoben, dass ich wahrscheinlich sogar einen Vertrag mit dem Alkohol unterschrieben hätte, wenn er mir gestern vorgehalten worden wäre.
    „Hallo, du alter Vertrauter. Es war so kalt ohne dich. Oh wie schön, dass du zurück bist. Ich zahle den Preis, den du verlangst, keine Frage!“.
    Das ist mir auch peinlich. Das zeigt ja irgendwie, wie krank ich bin. Und ist wohl dieses triefnasse Denken, das in mir schlummert und jederzeit wieder wach werden kann!

    Ich möchte eure Antworten später nochmal in Ruhe lesen und auch darauf reagieren.
    Gerade habe ich höllische Kopfschmerzen und bin echt fertig von der Arbeit.
    Danke für eure Zeit und all die Impulse, die ihr mir schenkt!

  • Hallo Mia,
    find ich voll stark deine Offenheit und Ehrlichkeit dir selbst und uns gegenüber. Mir jedenfalls signalisiert das auch, wie viel Vertrauen du in uns hast, dass du dich uns so offen und ehrlich zeigst.

    Damit hast du aber auch eine Basis geschaffen, auf der wir bei deiner Hilfe zur Selbsthilfe ernsthaft ansetzen können. Denn, glaub mir, was du da über dich schreibst, ist dem einen oder anderen hier nicht unbekannt. Hat er/ sie so oder so ähnlich selbst erlebt.

    Ich teile diesbezüglich gerne meine eigenen Gedanken und Erfahrungen mit dir, komme aber erst später dazu.

    Jetzt, zu diesem Zeitpunkt halte ich es gar nicht für so wichtig, den Gründen, warum das gestern passiert ist, auf die Spur zu kommen. Möglicherweise ist das jetzt gerade sogar kontraproduktiv, weil’s dich kleiner macht, als du eigentlich bist, weil’s zu Selbstvorwürfen u.ä. führen könnte und wieder Druck erzeugt. Um die Gründe darfst du dich später kümmern, wenn der Zeitpunkt passender ist und du dich stabilisiert hast.


    Jetzt sollte es nur um alles das gehen, was deine Selbstwirksamkeit stärkt, was dich stabilisiert, was dich stark macht.

    Also, welcher positiv formulierte Glaubenssatz würde dir jetzt helfen, wie möchtest du dich sehen?

    Bis später!

    Liebe Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Ps wie bescheuert!!! Da überstehe ich Weihnachten und Silvester, um mir nach fast drei Monaten an einem Sonntagabend, vor einem anstrengenden Arbeitstag so die kannte zu geben….

    Mach dich jetzt nicht klein. Passiert ist passiert. Das sind eben so „Spielereien“ / Tricks eines üblichen Suchtgedächtnisses. 🤷‍♀️

    Positiv betrachtet, kannst du viel daraus lernen. 💪

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Zitat

    „Hallo, du alter Vertrauter. Es war so kalt ohne dich. Oh wie schön, dass du zurück bist. Ich zahle den Preis, den du verlangst, keine Frage!“.
    Das ist mir auch peinlich. Das zeigt ja irgendwie, wie krank ich bin. Und ist wohl dieses triefnasse Denken, das in mir schlummert und jederzeit wieder wach werden kann!

    Also erst einmal, peinlich muss Dir da gar nichts sein. Und die Scham die Du empfindest, lässt Du auch einfach einmal beiseite. Ich denke mittlerweile, es muss damit aufhören das man sich schämt, wenn man ein Alkoholproblem entwickelt hat. Ein Alkoholproblem zu haben ist keine bewusste Entscheidung sondern ein schleichender Prozess, den jeden treffen kann. Und auch sehr viele getroffen hat. Nur, wird einem Seitens der Alkoholindustrie gerne eingeredet, ein Alkoholproblem ist das Problem des Konsumenten und nicht das Problem der Droge.
    Das ist erst einmal das eine.

    Das andere, was ich bei Dir herauslese sind ganz viele Baustellen die Dich emotional belasten. Und für meine Begriffe sind vorhandene, emotionale Baustellen, wie beispielsweise deine Trennung natürlich Hürden und Herausforderungen, die eine Sucht natürlich begünstigen oder es einem deutlich schwerer machen, einer Sucht zu entsagen. Im Prinzip "gibst" Du ja zwei Dinge, plus weiterer anderer Baustellen, gleichzeitig auf.

    Und der Alkohol hat so wunderbar diese perfide Eigenschaft, die Seele zu trösten, was er auch augenscheinlich macht, denn im Suff lässt es sich viel besser weinen und leiden und den Schmerz rauslassen.....und dann kommt der Katzenjammer doppelt und dreifach danach zurück und gewonnen hat man gar nichts. Im Gegenteil, man hat sogar mehr verloren.

    Am See sagte oben:

    Zitat

    Also, welcher positiv formulierte Glaubenssatz würde dir jetzt helfen, wie möchtest du dich sehen?

    Und das finde ich einen sehr guten Ansatz für die Denkweise, die ich völlig unterschreiben kann. Schau, ich persönlich habe für mich selber damals zu Beginn der Abstinenz festgelegt, auch weil ich mich kannte, dass das "einfach nur nichts trinken" für mich nicht funktioniert. Also habe ich mir überlegt, was könnte mein Weg sein. Mittlerweile habe ich mir gesagt, stell Dich eine Woche, jede Woche, morgens direkt nach dem Aufstehen vor den Spiegel, guck Dich an und stell Dir die Frage: Magst Du das was Du da siehst? Und wenn Nein: Dann weißt Du eigentlich die Antwort, was Du tun musst, um es zu ändern.

    Ein anderer Weg, um sich darüber klarzuwerden, ist das "Journaling". Ein neuer Begriff für das Tagebuchschreiben, was man idealerweise direkt morgens macht. Und was dabei herauskommt, nimmt man in den Fokus und setzt es um und hat sich vorallem die Gedanken vom Leib geschrieben.
    Was ich damit meine ist, das man sich ein Ziel setzt. Und zwar kein kleines Ziel, sondern ein großes Ziel, was man sich in erreichbaren Etappen erarbeitet. Und jede Etappe gibt Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit, Stärke, Erfolg. Das geht Schritt für Schritt, am Anfang mühsam, danach immer einfacher. Und natürlich gibt es dabei auch Rückschläge aber dafür hat man einen Plan B und einen Plan C, auf den man ausweichen kann.

    Und am Anfang steht ein Glaubensatz, wie Am See sagte oder ein Mindset, wie man es auch immer benennt. Und das fasst man in den Fokus. Und zum dem Mindset braucht es ein Ventil, um die negativen Gedanken auch rauszulassen. Die einen gehen laufen, die anderen malen Mandalas oder bastlen Origami. Und Du? Könnest Dir vielleicht den Frust runterschreiben und einen Roman beginnen, basierend auf Deiner Geschichte.

    Weißt Du, ich habe mir damals, am ersten Tag meiner Abstinenz gesagt, ich habe das Ziel mich optisch und körperlich zu verändern. Also habe ich mich am ersten Tag hier auf den Sportplatz begeben und bin vor der Arbeit die ersten Runden gelaufen.
    Natürlich bekam ich direkt Hohn und Spott von einigen Nasen die hier rumliefen.....

    Exakt 310 Tage später, das war letzte Woche Montag, habe ich meinen ersten Arbeitstag nach längerem Urlaub gehabt. Ich hab im Urlaub viel Geld für komplett neue Klamotten ausgegeben und mir eine vollständige Typveränderung "gegönnt". Und ich kann dir sagen, die Leute, die sich damals ins Fäustchen gelacht haben, tja....die lachen immer noch. Aber der Unterschied ist, ich habe mich verändert, die nicht. Und sie lästern deswegen, weil sie neidisch sind. Und ich bekomme ja in Summe extrem positiv gespiegelt, inwiefern ich mich verändert habe. Und Fun Fakt, Karma is a bitch, bekommen die Nase demnächste eine richtige Packung für einen Bock, den sie geschossen haben.

    Was ich sagen will, ich bin hier nicht der eitle Honk geworden, der hier den Pfau raushängen lässt. Nein, ich bin der Honk, der depressiv im Keller gesessen hat und am überlegen war ob er sein Leben wegwerfen soll. Und der sich entschieden hat, richtig Bock aufs Leben zu haben. Und, ich bin noch nicht fertig ;)

    Es wird Menschen in deiner Vergangenheit geben, die dich anschauen und sagen werden: Oh der hat sich aber verändert.......Ja! Das ist der verdammte Punkt. Tue es für niemanden, außer für Dich.

    Motivationsrede: /Ende

  • Da bin ich wieder. 🙋‍♀️

    Ich nehme dir das voll ab, dass du die Tage vorher gar nicht an Alkohol gedacht hast, dass du’s nicht hast kommen sehen.

    Tatsächlich aber steckst du, wie du das selbst beschreibst, schon eine Weile in einer ziemlich unausgewogenen Lebenssituation. Das sind Situationen, die für keinen, egal ob suchtkrank oder nicht, leicht zu ertragen sind. Wir alle streben nach einem ausgewogenen Leben, das liegt in unserer Natur.

    Kommt dann noch eine sogenannte Risikosituation hinzu, kann‘s zu einem Rückfall kommen. Bei dir kam da gestern offenbar so einiges zusammen.


    In Situationen, die uns besonders fordern, wenden wir Bewältigungsstrategien an, die wir im Laufe unseres Lebens erworben haben.

    Nicht immer sind das tatsächlich die besten Bewältigungsstrategien. 🤷‍♀️

    Du bzw. dein Gehirn, dein Belohnungszentrum, dein Suchtgedächtnis kennt die Wirkung von Alkohol und du hast Alkohol als „Bewältigungsstrategie“ angewandt.

    Da deine andere Strategien gestern nicht überzeugend, nicht tragfähig genug waren, war es naheliegend, dass sich dir dieser Weg aufgedrängt hat. Dass der zunächst wie gewünscht funktioniert, wissen alle, die diesen Weg einmal beschritten haben.

    Wenn so ein Gedanke wie „Das trinke ich jetzt“ einmal da ist, dann hat der so eine Sogkraft, wie du das beschreibst.

    Ich hab das auch schon so erlebt, bin damit aber im Zusammenhang mit Nikotinmissbrauch noch vertrauter.

    Tatsächlich war auch mir dann alles vorher Erarbeite so ziemlich egal, bzw. war ich vollkommen bereit, das alles über Bord zu werfen. Du beschreibst das mit dem Bild eines Vertrages ziemlich genau. Mir persönlich war in solchen Situationen sprichwörtlich die Jacke näher als die Hose,

    Das hat dann mit Vernunft gar nichts mehr zu tun. Im Grunde läuft da in unserem Gehirn ein ganz anderes Programm ab, gesteuert von den Botenstoffen, die das Belohnungszentrum ausschüttet. Die Aussicht auf Belohnung reicht schon aus, um diese Botenstoffe auszuschütten.

    Sich dem DANN noch zu entziehen, ist kaum mehr möglich, insbesondere nicht, weil man aufgrund seiner unausgewogenen Lebenssituation eh angeschlagen ist.

    Wenn du das Suchtmittel dann konsumiert hast, ist, so auch meine eigene Erfahrung, kein Halten mehr.

    Danach tritt der sogenannte Rückfallschock ein und mit ihm all diese negative Glaubenssätze.

    Was für schöne Titel man dem Alkohol so geben kann: „Freund“, „Helfer in der Not“, „Seelentröster“, „Pflaster“ usw.

    Ich greife von diesen „schönen“ Titeln für Alkohol mal das Bild des „Pflasters“ auf, weil sich damit gut etwas veranschaulichen lässt.

    Pflaster sollen eigentlich dazu da sein, dass eine Wunde heilt.

    Wie ist das aber mit der Wunde unter dem „Alkohol-Pflaster“, heilt die?


    Bis hierin erstmal.

    Liebe Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Mia,

    danke für deine Offenheit und Ehrlichkeit.

    Ein gut gemeinter Gedanke auch von mir:

    Alkohol sozusagen 'griffbereit' in der eigenen Wohnung haben, das ist zumindest in der Anfangszeit mehr als nur unklug...! Wem will man denn damit was beweisen??

    Etwas, das einen so lange begleitet hat wirft man nicht einfach mal eben von heute auf morgen über Bord. Bis sich eine abstinente Lebensweise in einem verinnerlicht und gefestigt hat, braucht es seine Zeit. (Ich spreche da von Monaten.) Es ist eine Entwicklung. Ein Weg. Und meiner Meinung nach ist es zumindest in dieser Zeit sehr wichtig, sich "geschützte Räume" zu schaffen! Denn diese sind rar genug. Das schreibst du ja selbst, dass der Alkohol nahezu überall präsent ist.

    Ich habe das selbst für mich nie als "Vorsichtsmaßnahme" oder so gesehen. Eher so in der Art: das ist mein Zuhause! Mein Tempel, in dem ich etwas für MICH tue!

    Und, auch wenn Du sagst Du hättest sowieso was gekauft.. das muss so nicht sein!

    Anziehen.. raus gehen... in Bewegung kommen... der Weg dahin.. der Weg zur Kasse.... Das sind alles kleine Hürden, und sehr wertvolle Minuten, in denen es durchaus sein kann dass man wieder zur Besinnung kommt - und sich doch noch umentschiedet. Selbst zu beginn so erlebt...

  • Danke, in euren Beiträgen steckt so viel für mich drin! Ich möchte sie richtig in mich aufnehmen und mich befassen. Leider bin ich heute so wenig Aufnahmefähig- ich werde erst morgen nach und nach dazu kommen.
    Heute habe ich aufgeräumt, mir etwas zu essen gekocht- wie empfohlen versucht, für mich zu sorgen, ohne mich zu einem vorschnellen „irgendwas draus machen müssen“ zu zwingen.
    Morgen habe ich Therapie.
    Ich glaube ich möchte mich auch nach einer Selbsthilfegruppe umsehen…

    Danke euch allen und bis morgen 🤗

  • Mojo , danke für deine Nachricht- vor Tag null. Sie ruft mir in Erinnerung, wie wichtig die Annahme aller Gefühle ist und das dies nur gelingen kann, wenn man sie nicht bewertet und sich damit in Widerstand verstrickt. Ich kann im Moment leider nur anerkennen, dass mir das nicht gelingt.
    Dem, was derzeit oft in Form regelrechter Panik in mir aufsteigt, fühle ich mich im Moment nicht gewachsen.
    Ich bin dran, mich darum zu kümmern und merke nach meinem Einbruch einmal mehr, dass das meine Priorität sein muss. Sonst kann mein versuchter Weg ohne Alkohol nicht gelingen.
    Über deinen Beitrag habe ich mich gefreut!

  • rent


    … ich weiß nicht, ob du dir vorstellen kannst, wie bedeutsam es für mich an diesem einen Morgen war, die Zeilen „Mach dir keinen Kopf deswegen, das ist nicht schlimm. Hinfallen gehört zum Handwerk, wichtig ist das du wieder aufstehst.“ zu lesen.
    Ich hatte Angst nachzusehen, wie die Antworten klingen. Dann das.
    Danke!!!

    Auch für den weiteren Beitrag, das hat gut getan. Ich weiß, wo ich sonst gelandet wäre… und ich denke nicht, dass ich dann etwas anderes hätte in Betracht ziehen können, als weiter zu trinken.

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