Vorstellung - Miaflorentine

  • Ach Honk , Dankeschön!
    Es ist so gut, wenn sich jemand mit einem freut und man solche Sätze liest.
    Du könntest ja auch Sachen sagen, wie : pfff, so ein paar Tage… das ist ja noch gar nichts (oder so). Manche Menschen sind so, hinter denen schon ein viel weiterer Weg liegt.

    Du, kann ich so nachvollziehen, diese Überlegung! Dieses alte Programm, was da noch anspringt, obwohl du schon lange in einer anderen Realität lebst.
    War es schön für dich, als dir das (einmal mehr) bewusst wurde, oder lässt die Freude über solche Momente irgendwann nach?

    Danke, die Hinweise zur Achtsamkeit was die Formulierungen betrifft, hat mich erreicht und ich konnte sogar zum ersten Mal das Wort „Befreiung“ fühlen!

    Es bedeutet mir viel, hier beantwortet zu werden. Und ich werde nie vergessen, wie ich hier von dir und anderen durch diesen Schuldnebel getragen wurde, nachdem ich meine Selbstkontrolle letzte Woche so verloren hatte. Und dachte, ich könnte die Scham nicht ertragen und dass mein Weg ab jetzt der freie Fall sein muss.
    Jetzt ist mir immer noch bewusst, wie ernst meine sucht vorangeschritten ist, aber ich konnte wieder ein bisschen Kraft für kleine Schritte finden.

    Wochenenden werden sicher noch lange schwierig sein. Ich habe diese kalten, kribbeligen Hände… kennst du das?
    Die hatte ich immer, wenn absehbar war, dass ich gleich Bier trinke.

    Aber da ist noch was. Denn ich weiß auch, was danach kommt. Und ich werde nicht zulassen, dass meine Selbstwirksamkeit wieder stirbt, für die paar Stunden beschwingt sein.

    Einen schönen Samstagabend:)

  • Ach Honk , Dankeschön!
    Es ist so gut, wenn sich jemand mit einem freut und man solche Sätze liest.
    Du könntest ja auch Sachen sagen, wie : pfff, so ein paar Tage… das ist ja noch gar nichts (oder so). Manche Menschen sind so, hinter denen schon ein viel weiterer Weg liegt.

    Wir alle haben die Scheiße doch durch und wissen was es bedeutet, gerade die ersten Schritte zu machen. Das muss man wertschätzen, gerade weil der Anfang so schwierig ist.
    Dazu kommen natürlich noch weitere, große Herausforderungen, aber erstmal ist Zeit das anzuerkennen was schon geschafft ist. Und das ist doch prima!

    Und außerdem bin ich persönlich der festen Meinung, Wertschätzung und Lob sind die Schlüssel für ein Fortkommen, nicht destruktives Verhalten.

    Zitat

    War es schön für dich, als dir das (einmal mehr) bewusst wurde, oder lässt die Freude über solche Momente irgendwann nach?

    Never, ich freue mich jeden Tag wie ein Honigkuchenpferd. Aber ernsthaft. Wirklich, ich feiere die Abstinenz zu tiefst. Ich denke ich schreib das mal ausführlich in meinem Thread was ich daran so feiere.

    Zitat

    Jetzt ist mir immer noch bewusst, wie ernst meine sucht vorangeschritten ist, aber ich konnte wieder ein bisschen Kraft für kleine Schritte finden.

    Kleine Schritte machen am Ende eine lange Strecke :thumbup:

    Zitat

    Wochenenden werden sicher noch lange schwierig sein. Ich habe diese kalten, kribbeligen Hände… kennst du das?
    Die hatte ich immer, wenn absehbar war, dass ich gleich Bier trinke.

    Ich spüre das anders, ich hab so einen Druck im Hals. Hab ich ab und zu natürlich heute noch, aber es ist so mild, das es kein Problem ist. Nervt ab und zu, aber, ist gut auszuhalten und irgendwann ist das weg, da bin ich mir sicher.

    Zitat

    Aber da ist noch was. Denn ich weiß auch, was danach kommt. Und ich werde nicht zulassen, dass meine Selbstwirksamkeit wieder stirbt, für die paar Stunden beschwingt sein.

    Ändere mal das Wort "beschwingt"....Beschwingt ist da nämlich eigentlich gar nichts, wenn man mal ganz ehrlich zu sich ist. Zumal man es am nächsten Tag doppelt und dreifach einen auf den Deckel bekommt.

    Dir auch einen schönen Abend!

    LG!

  • Hallo Mia,

    ich freue mich wirklich, von dir wieder zu lesen und kann mich den anderen nur anschließen. Von mir ebenfalls einen Daumen hoch :thumbup:

    Ich kenne das auch noch, irgendwann in der Nacht aufzuwecken und halb ausnüchtert über sich selber zu erschrecken und dann die Bewußtwerdung (inkl. Scham, Schuld und Selbstanklage) einsetzt, wieder bis zum Kontrollverlust getrunken zu haben. Ich denke da sehr ungern daran zurück.

    Ja, die erste Zeit ohne Alkohol fühlt sich (vorsichtig formuliert) etwas seltsam an und es wird wie überall im Leben etwas Zeit brauchen, um wieder umzulernen, alte Gewohnheiten durch Neue zu ersetzen. Am Anfang wirkte bei mir alles recht fad, mir fehlte zu allem die richtige Lust und ich hatte auch keine großen Ausweichtätigkeiten, weil ich alles, was mir früher Spaß gemacht hat, mit Alkohol noch "verbessert" habe. Selbst beim Sport habe ich mich nachträglich immer noch "belohnt".

    Aber ich denke, gerade hier ist es wichtig, dem Belohnungszentrum neue und bessere Alternativen anzubieten, sonst läuft alles nur wieder auf einen Verzicht und ein Ankämpfen hinaus und es ist nur eine Frage der Zeit, bis man einknickt und dem Druck nachgibt.


    Ich habe das auch so erlebt, dass das Suchtgedächtnis auf perfide Weise den alten Zustand wieder herzustellen versucht. Da kommen manchmal echt seltsame Gedanken auf.

    Nur mal ein Beispiel: Ich war nach einiger Zeit in "meinem neuen Leben" bei meinem Hausarzt gewesen und habe ihm meine Vorgeschichte und Istzustand gebeichtet. Mir ging es weniger um einen Check, sondern eher um eine Offenlegung/ Hintertürchen schließen, da bei mir oft schon eine Suchtverlagerung mit verschreibungspflichtigen Medikamenten stattgefunden hat und ich mir nicht unter dem Vorwand "Rückenschmerzen", schnell was z.B. aus der Opiat-Ecke verschreiben lassen kann. (Ich hatte meine letzte Packung Tilidin auch gehütet wie ein Kleinod und konnte mich erst nach einigen Wochen meiner Nüchternheit dazu entschließen, diese zu entsorgen)

    Mein Hausarzt wollte mir wahrscheinlich nur etwas Mut zusprechen und hatte gesagt, dass er sich das bei mir gar nicht richtig vorstellen konnte und dass es da ja "ganz Andere" gibt.

    Als ich wieder zu Hause war, wollte ich mir allen Ernstes einreden, dass es doch bei mir wirklich noch nicht soo schlimm ist (hat ja sogar ein ARZT gesagt) und ich es doch ruhig nochmal mit kontrolliertem Trinken probieren könnte. (was ja über Jahre nicht geklappt hat und mich immer verzweifelter werden lies)

    Aber in dem Moment kam mir das alles so vertraut, leicht und "unverdorben" vor, als würde es um Kaffeetrinken gehen. Da war auch kein Saufdruck und nichts, es war eher so, als wollte irgendetwas in mir, mich dazu bewegen, wieder in mein altes Leben einzusteigen. Und in dem Moment kam mir das wirklich nicht schlimm vor, was ich im Vorfeld (jahrzehntelang) erlebt hatte und ich habe da echt einige Zeit mit mir hadern müssen.

    Ich will damit nur sagen, dass vielleicht Situationen auftauchen können, die in dem augenblicklichen Moment unschön sind und beinahe unlösbar erscheinen, aber auf alle Fälle wieder vergehen werden und mit der Zeit weniger werden. Und ich habe das so erlebt, dass ich gerade an solchen Situationen gewachsen bin. Aber ich habe mich in dem Moment auch manchmal schutzlos ausgeliefert gefühlt und war vielleicht auch niedergeschlagen, überhaupt solche Schwäche-Gedanken zu haben. Aus meiner Sicht sind aber solche Gedanken ganz normal und mir das auch manchmal geholfen, gerade diese Gedanken zu Ende zu denken oder auch erstmal zuzulassen, ohne gleich darüber verzweifelt zu sein.

    Es ist vielleicht auch sehr hilfreich, sich in dem Zusammenhang ein paar Strategien oder Skills zurechtzulegen, falls doch Situationen kommen, die in dem Moment eben sehr stark "fremdbestimmen" wollen.

    Mir hat da übrigens sehr gut das Buch "Alk" von Simon Borowiak geholfen, um verschiedene Mechanismen der Sucht zu verstehen.


    Auf alle Fälle freue ich mich für dich und wünsche dir viel Kraft (und vor allem auch Freude) für die nächsten Schritte :)


    LG Rent

  • Guten Morgen Mia

    du schreibst, dass du zum ersten mal spüren kannst, dass es kein Verzicht sondern eine Befreiung ist. Das ist ein richtig guter Moment und ein ganz wichtiger sogar. Erst durchs Spüren kann eine Veränderung besser vollzogen werden, als nur über dein reinen Gedanken. So geht es mir zumindest. Natürlich kann über den Kopf vieles gesteuert werden, aber das, was man dann parallel dazu spürt ist noch viel bedeutsamer für die weiteren Schritte.

    Ja, ich kenne das sehr gut, wenn ich etwas gelesen oder gehört habe und auch vom Kopf her verstanden habe, aber noch immer nicht wirklich verinnerlicht habe, obwohl ich verstandesgemäß eigentlich weiß, was zu tun wäre. So gern würde man eine Situation verändern , aber es geht nicht, weil eben ein bestimmter Baustein fehlt, nämlich die Erfahrung des wirklichen Spürens.

    Erst vor Kurzem hatte ich so einen Moment, er war ganz kurz aber sehr bedeutsam für mich. Vom Kopf her habe ich tausend mal ,mehrere Jahre diese eine Situation vor Augen gehabt, aus der ich nicht herauskam-es gab so viele innere Widerstände. Vom Kopf her aber wusste ich: ich habe alles verstanden und ich fragte mich, warum ich die Situation xy nicht verändern kann, obwohl ich doch weiß, dass... und dann plötzlich am Morgen, als ich das Haus verlassen wollte, um zur Arbeit zu fahren, ich mir meine Schuhe anzog, spürte ich plötzlich, dass ich von innen heraus , also spürbar etwas wahrnahm, dass sich der Gedanke, dieser Lösungsgedanke, den ich jahrelang versuchte umzusetzen auch spüren konnte.

    Das war ein besonderer Moment.

    Ich habe mir für den Abend dann vorgenommen, mir genau diese Situation aufzuschreiben, damit ich mich wieder und wieder daran erinnern kann, wenn ich es nur nachlese. Ich notiere mir neuerdings einiges , was mir wichtig ist oder auch , was mich beschäftigt, damit ich meine Gedanken irgendwo auf Papier festhalten kann. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass meine Gedanken dann weniger ziellos in meinem Kopf herumgeistern, weil ich sie notiert hatte.

    Das Festhalten von Gedanken durchs Aufschreiben verschafft mir auch gleichzeitig mehr Ruhe und Sortiertheit und die Gewissheit, dass ich sie jederzeit nachlesen kann und nichts verloren geht, wenn ich sie aufschreibe. Gleichzeitig muss ich diese Gedanken auch nicht mehr so oft denken, was mir auch ein gutes Gefühl verschafft.Aber zurück zum Spüren: Dieser Moment, den ich gerade erwähnte, ist nun auch festgehalten und ich bin froh, dass ich ihn durchs Lesen jederzeit wieder aktivieren kann und ihn ERLEBEN kann.

    Gerade vermisse ich jedenfalls dieses beschwingte Gefühl. Kochen, aufräumen und dabei diese Leichtigkeit…

    Gleichzeitig ist mir aber alles präsent, was danach folgt. Die Angst. Die Scham. Der hohe Preis an Selbstwirksamkeit (den ich noch weniger bereit bin weiterhin zu zahlen, als die körperlichen Katerfolgen).

    Na, jedenfalls konnte ich vorhin ZUM ERSTEN MAL wirklich spüren, was du über Befreiung, statt Verzicht geschrieben hast. Kennst du das, man liest etwas sinngemäß von unterschiedlichen Quellen hundert mal und verstehts vom Kopf her, aber plötzlich kann man Zustimmung FÜHLEN.
    Das war ein wertvoller Moment für mich, danke!!!

    Als ich damals aufhörte mit dem Trinken, hab ich ein Alkoholfrei-Tagebuch geführt. Ich habe auch viel notiert, meine Gedanken , die ich tagsüber hatte und auch meine inneren Dialoge, die ich furchtbar anstrengend fand und auch, dass mein Suchtgedächtnis mir immer wieder irgendetwas Blödsinniges einflüstern wollte und ich habe mir dann Gegenstimmen dazu überlegt, es war manchmal richtig lästig, aber hilfreich.


    Eines war mir bewusst: Ich will mich nicht nur in Form von Abstinenz vom Alkohol befreien, sondern auch von diesen Gedanken um den Alkohol. Ich wusste, dass das eines Tages endlich aufhört, die Beschäftigung mit dem Alkohol. Auch noch zu meiner Zeit, als ich getrunken habe, war der Alkohol Dauerthema: Wann trinke ich, heute nur ein Glas, morgen dann dafür 2 oder 3 ? Das schlechte Gewissen, die Scham, ausgelöst durch Alkohol waren die schlimmsten Begleiter. Es klebte wie Pech und Schwefel an mir. Ich war nicht mehr existent ohne den Alkohol und das war so erschreckend. Es war, wie wenn er permanent über mich und mein Leben bestimmte. Ich war der Alkohol und er war ich. So ungefähr.Es war jedenfalls nicht mehr wirklich trennbar ...

    Ich hatte ähnlich wie du auch immer wieder Zeiten gehabt, in denen ich aufhören wollte aber dann wieder mein Voraben gebrochen und wieder und wieder zur Flasche gegriffen habe, obwohl ich es nicht wollte. Das gab es mehrere Jahre lang. Mein Vorlauf , bis ich endgültig aufhören konnte, war recht lang. ERst vor drei Jahren hat es geklappt-bis heute: Keinen einizigen Schluck und ich bin so dankbar und froh, dass ich nicht mehr trinken MUSS.


    Du hast geschrieben, dass es Momente gibt, in denen du das beschwingte Gefühl vermisst, wenn du Alkohol getrunken hast-auch das ist "normal", dass diese Gedanken kommen ,schließlich waren es ja häufig diese Zustände unter Alkohol, die einem kurzfristig dieses Gefühl des "wohligen Einlullens " gaben-so zumindest war es bei mir. Ich musste erst mal unterscheiden lernen, woher diese Stimmen und Gedanken kamen: War es ich ? Will ich wirklich trinken ? Oder will mein Suchtgedächtnis wieder mal penetrant versuchen ,mich umzustimmen ?

    Das Suchtgedächtnis versucht mit allen Mitteln und Manipulationen wieder an seinen Stoff zu kommen.

    Ich wollte ihm damals nie wieder das geben, was es von mir wollte: Ich wollte die Oberhand über mein eigenes Leben zurückgwinnen und dazu gehörte für mich, dass ich mich mit diesem Suchtgedächtnis teilweise unterhalten habe und ihm meine Argumente aufgezählt habe und manchmal sagte ich ihm auch, dass er keine Chance hat, mich dazu zu bringen, mich umzustimmen. Das gab mir ganz viel Kraft und Selbstbestimmtheit zurück!!!!!

    Ganz wichtig war für mich auch immer wieder mir diese schlimmen Zustände der Scham vor Augen zu führen, der Selbstablehnung, des Verkatertssein am nächsten Morgen aber auch der Verlust meines Selbstbildes, der Verlust meiner Selbstachtung, der Verlust meines ICHS , sollte ich zur Flasche greifen... ausserdem malte ich mir genügend Momente aus, in denen ich mich wirklich hasste, als ich wieder und wieder zu viel getrunken hatte. Das schreckte mich wieder ab und ich war wieder überzeugt, dass ich nüchtern auf dem einzig richtigen Weg bin.


    Was das beschwingte Gefühl betrifft, von dem du schreibst: es ist im Prinzip ein kurzer Moment, der dir suggeriert, dass das Leben leichter ist mit Alkohol-es ist dein Suchtgedächtnis, das dich hier versucht auszutricksen. Meist gekoppelt mit bestimmten Aktivitäten und Situationen, in denen du früher normalerweise getrunken hast.

    Im Nachhinein betrachtet gab es wirklich nur einen kurzen Moment des wohligen einlullens bei mir, nämlich das erste halbe Glas Wein, aber dann war der "Moment" vorbei. Es ist mir oft auch schon so gegangen, dass ich bei Öffnen der Flasche bevor ich getrunken habe, dieses schlechte Gewissen hatte, der wohlige Moment war zwar kurz da "endlich darf ich wieder trinken"-und doch war das eher ein Ekel, der mich da schon begleitet hatte.

    Wenn ich es heute betrachte, und zurückschaue auf diese Zeit von früher, kann ich nicht mehr behaupten, dass es wohlige Momente waren mit Alkohol, sondern heute spüre ich deutlich, dass diese Momente des ersten Schlucks Weins im Prinzip nur der erlösende Schluck war, der meine Sucht befriedigte. "Endlich wieder Stoff"...

    Mir war damals nie wirklich klar, wenn jemand sagte : Nur das erste Glas stehen lassen-heute weiß ich genau, was das bedeutet.

    Mir war ein Satz von ganz großer Kraft und Bedeutung, als ich mit dem Trinken aufhörte:


    HEUTE TRINKE ICH NICHT.


    Und diesen Satz sagte ich mir jeden Tag. So hatte ich das Gefühl, mir etwas vorgenommen zu haben, was step by step zum Ziel führt :in kleinen Schritten gehts zum Ziel und dieser Satz hatte auch eine bessere Wirkung für mich als der Satz:NIE WIEDER ALKOHOL (denn ein bisschen machte er mir Angst-was ist, wenn ich das nicht schaffe ?)

    Natürlich hatte ich das Vorhaben nie wieder Alkohol zu trinken, aber das war zu Beginner-Zeiten doch eine große Hausnummer, sie hatte so was endgültiges, was ja am Anfang auch ein mulmiges Gefühl verursachen kann.


    Hast du für dich gewisse Strategien entwickelt in Form von "Verstärkern" ?

    Liebe Grüße Oran-Gina

  • Nur mal ein Beispiel: Ich war nach einiger Zeit in "meinem neuen Leben" bei meinem Hausarzt gewesen und habe ihm meine Vorgeschichte und Istzustand gebeichtet. Mir ging es weniger um einen Check, sondern eher um eine Offenlegung/ Hintertürchen schließen, da bei mir oft schon eine Suchtverlagerung mit verschreibungspflichtigen Medikamenten stattgefunden hat und ich mir nicht unter dem Vorwand "Rückenschmerzen", schnell was z.B. aus der Opiat-Ecke verschreiben lassen kann. (Ich hatte meine letzte Packung Tilidin auch gehütet wie ein Kleinod und konnte mich erst nach einigen Wochen meiner Nüchternheit dazu entschließen, diese zu entsorgen)

    Mein Hausarzt wollte mir wahrscheinlich nur etwas Mut zusprechen und hatte gesagt, dass er sich das bei mir gar nicht richtig vorstellen konnte und dass es da ja "ganz Andere" gibt.

    Als ich wieder zu Hause war, wollte ich mir allen Ernstes einreden, dass es doch bei mir wirklich noch nicht soo schlimm ist (hat ja sogar ein ARZT gesagt) und ich es doch ruhig nochmal mit kontrolliertem Trinken probieren könnte. (was ja über Jahre nicht geklappt hat und mich immer verzweifelter werden lies)

    Hallo Rent-das ist mir auch bekannt---ich hatte mir oft auch eingeredet, dass ich ja gar nicht soooo schlimm dran bin, schließlich gab es da ganz "andere" mit einem echten Alkoholproblem. Ich hatte mich auch nie getraut, das auszusprechen, dass ich meine, ein Problem mit Alkohol zu haben. Es gab bei 3 Freunden , denen ich mich anvertraute eine Reaktion, die mich irritierte: Sie meinten alle drei unabhängig voneinander, dass ich doch übertreibe und sicher kein Alkoholproblem hatte, ich würde ja nicht die Symptome aufweisen eines echten Alkoholkers. Der echte Alkoholiker sah so aus: er hat Arbeit, Haus ,Hof und Beziehung verloren, zittert und muss schon morgens Alkohol trinken.

    Dieses Bild hat sich wohl in viele Köpfe eingebrannt und es ist erschreckend, dass genau wegen diesem Bild so viele Menschen weitertrinken, in der Sicherheit"bei mir ists doch nicht schlimm".

    Mir persönlich war aber klar, dass ich weder kontrolliert trinken kann (ich hatte es auch qualvoll versucht-mehrere Jahre nur um wieder festzustellen, ich SCHEITERE wieder und wieder ) noch auf Alkohol "verzichten" kann (damals wars ja noch ein Verzicht-aus damaliger Sicht). Ich wurde unruhig, wenn ich mal wusste, ich konnte 3 Abende lang nicht trinken. Außerdem gab es bei mir selten eine Woche ohne! Zeichen genug, viel zu tief drin zu stecken..

    Ich schaffte es einfach nicht und zugleich redete ich mir immer wieder ein, dass das ja nicht schlimm sei, wenn ich wieder mal nur zum Feierabend einen Wein "genieße". Der SElbstbetrug klappte immer und zwar situationsangemessen-ich hatte immer und immer wieder neue plausible Erklärungen, warum ich noch trinken "darf"-ich führte mich selbst damit Jahrelang an der Nase herum obwohl ich tief innen wusste: Ich hab ein massives Problem. Das waren ganz schlimme Kämpfe für mich, die sich innerlich abspielten und damit ich nicht mehr so viel kämpfe, hab ich mir eingeredet: alle trinken, das ist doch normal UND ich kann jederzeit aufhören , schließlich hab ich ja nicht jeden Tag getrunken...aber die andere Stimme, die mir sagte: Du steckst tief drin-kam auch immer wieder !!!

    Vor Kurzem sagte jemand zu mir "trink doch mal wieder ein Glas Wein zur Entspannung"-allerdings hat diese Person, die das sagte, keine Ahnung von meiner dreijährigen Abstinenz. Ich sagte zu dieser Person: Ich trinke keinen Alkohol.

    Das wird manchmal auch von außen in FRage gestellt, was mich damals echt auf eine harte Probe gestellt hat "Wie sage ich es den anderen, dass ich nichts mehr trinke ?" Heute bin ich sattelfest. Ich bleibe bei meinem Satz: Ich trinke keinen Alkohol. Punkt. Sollte jemand nachfragen, werde ich mich auch nicht erklären, weil es dann eben auch genau zu den Verharmlosungen kommen kann siehe oben: Ich mag mich weder rechtfertigen, mich erklären, noch mich mit diesem Thema auseinandersetzen in Form von Diskussion pro und contra Alkoholiker. Es reicht mir, dass ich weiß, wo ich stehe und dass ich keinen Alkohol mehr trinken will.


    Liebe Grüße

    Oran-Gina

  • Das wird manchmal auch von außen in FRage gestellt, was mich damals echt auf eine harte Probe gestellt hat "Wie sage ich es den anderen, dass ich nichts mehr trinke ?" Heute bin ich sattelfest. Ich bleibe bei meinem Satz: Ich trinke keinen Alkohol. Punkt. Sollte jemand nachfragen, werde ich mich auch nicht erklären, weil es dann eben auch genau zu den Verharmlosungen kommen kann siehe oben: Ich mag mich weder rechtfertigen, mich erklären, noch mich mit diesem Thema auseinandersetzen in Form von Diskussion pro und contra Alkoholiker. Es reicht mir, dass ich weiß, wo ich stehe und dass ich keinen Alkohol mehr trinken will.


    Liebe Grüße

    Oran-Gina

    Das ist eine sehr gute Einstellung wie ich finde. Ich muss / musste das auch lernen einfach dazu zu stehen, nichts zu trinken bzw. abzulehnen. Gleichzeitig, bei jedem öffentlichen "Nein" bin ich auch ein wenig stolz auf mich das sagen zu dürfen. Und überhaupt, ich habe auch einfach keinen Bock mehr auf die Scheisse, das wird mir Tag für Tag immer klarer. Auch wenn hier und da der latente Suchtdruck natürlich um die Ecke guckt, ich bin fertig mit dem Zeug.

    Am Freitag war wieder Hockey und ich stand zusammen mit einem Freund, der überhaupt nichts mehr trinkt. Meine andere "Riege" steht mittlerweile übrigens woanders und knallt sich da weg.....sollen sie mal.

    Und wir haben am Freitag, auch weil wir VIP Gäste waren, uns einmal den "Spaß" gemacht, die Leute am Futtertrog genau zu beobachten. Und ganz ehrlich, ich will da gar nicht mehr zugehören. Man kennt ja das eine oder andere Gesicht und wenn man sich die Leute einmal aus einer anderes Perspektive anschaut, die Veränderungen über den Abend beobachtet, ja auch genau weiss, wie sich das anfühlt, wenn das nächste...das nächste...das nächste...das nächste...Bier getrunken wird. Ich will das nicht mehr, ich will nicht mehr aussehen wie die und mich so verhalten. Und ich will auch nicht so aussehen, man sieht es den Leuten aus so vielen Gründen an, das ist echt heftig, wenn man das selber mit sich vergleicht.

    Tja...

  • Ich hoffe das zarte Pflänzchen trägt mich noch sehr viel weiter.
    Fühlt euch alle gedrückt und danke für diesen Raum und dass es euch gibt

    Hi Mia,

    schön von Dir zu hören.

    Zwei Gedanken von meiner Seite:

    Mir hat es damals - also über einem Jahr - sehr geholfen, dass mich einige Menschen unterstützt haben. Ein gute Freundin hat mich zu dem Zeitpunkt oft begleitet. Wenn ich dann äußerte "Am Nachbartisch sehe ich gerade ein frisch gezapftes Bier stehen; sieht ja ganz nett aus" hieß es gleich "Vergiss es". Meistens war das eher spielerisch, wenn auch mit ernstem Hintergrund. Vor allem konnte ich ihr meine Geschichte erzählten, bei der es ja nicht nur um nicht mehr trinken (und rauchen) ging. Sie war eine gute und geduldige Zuhörerin. Auch ein guter Freund hat das Ganze verfolgt. Von ihm kam dann nach ein paar Wochen die Anmerkung, dass mein Äußeres an Kontur gewonnen hätte, ich irgendwie besser aussehen würde. Auch das war eine wichtige Person, die mir geholfen hat, das ich jetzt da stehe, wo ich stehe. Ich hatte in Deinem Thread etwas von Panikattacken gelesen, mit denen Du in Deinem Leben gelegentlich konfrontiert wurdest. Mitunter kann es passieren - das muss bei Dir nicht so sein -, dass am Anfang der Abstinenz Ängste weider etwas an Gewicht gewinnen, da die dämpfende Wirkung des Alkohols wegfällt. Ob Du diesbezüglich ggf. professionelle Hilfe in Anspruch nehmen möchtest, kannst nur Du selbst erspüren und entscheiden.

    Für mich war es damals weiter sehr hilfreich, vielleicht sogar entscheidend, parallel zur Abstinenz eine "Sache" in meinem Leben spürbar zu ändern, um auf diesem Weg meinen Neustart mit etwas Positivem zu behaften. In meinem Fall waren dies Spaziergänge/Wanderungen in der Natur - und zwar täglich. Diese Verbindung zur Natur war für mich sehr wichtig. Aber da ist jeder anders. Vielleicht fällt Dir ja etwas Schönes ein, das Du in Dein Leben integrieren möchtest und das gut zu Dir passt und vor allem: Dir gut tut.

    Als Abbinder noch etwas inspirierendes zum Thema Glücklichsein: Gestern Abend hatte ich mir eine ältere Sendung des SWR Nachtcafès angeschaut. Ab 1h 10' berichtet ein über 70jähriger aus seinem Leben. Und er berichtet nicht nur, am Ende tanzt er. Ganz großes Kino. Der Mann gefällt mir.

    https://www.youtube.com/watch?v=UmB-zNfnoUw

    Einen schönen Sonntag wünscht:

    Fortune

  • Ich bin die ganze Zeit am überlegen was zu den Thema Ängsten zu sagen, aber ggf. passt es jetzt. Ich leide / litt seitdem ich ungefähr 22 bin unter, vermutlich, einer PTBS, ausgelöst durch heftige Erfahrungen damals im Zivildienst. Und 2 make the story short, das hat mich Jahrzehnte begleitet. Von extrem heftig bis aushaltbar, aber immer präsent. Der Alkohol war natürlich ein prima Dämpfer, dementsprechend oft genutzt, aber gerade an Katertagen kamen die Ängste umso heftiger zurück. Da hatte ich manchmal regelrechte Flashbacks und das war ultraheftig.

    Seit meiner Abstinenz sind die Ängste weg und zwar fast komplett. Ich habe zwar hier da und das ankonditionierte Zwicken und Magengrummeln in machen Situationen, aber meine Rationalität und mein Bewusstsein hilft mir sehr damit umzugehen, so das in überhaupt nicht mehr beeinflusst werde.

    Fliegen kam von daher für mich nicht in Frage, aber nun planen wir, weil ich mir sehr sicher bin, eine Flugreise nach Kanada :)

  • Hallo Rent-das ist mir auch bekannt---ich hatte mir oft auch eingeredet, dass ich ja gar nicht soooo schlimm dran bin, schließlich gab es da ganz "andere" mit einem echten Alkoholproblem. Ich hatte mich auch nie getraut, das auszusprechen, dass ich meine, ein Problem mit Alkohol zu haben. Es gab bei 3 Freunden , denen ich mich anvertraute eine Reaktion, die mich irritierte: Sie meinten alle drei unabhängig voneinander, dass ich doch übertreibe und sicher kein Alkoholproblem hatte, ich würde ja nicht die Symptome aufweisen eines echten Alkoholkers. Der echte Alkoholiker sah so aus: er hat Arbeit, Haus ,Hof und Beziehung verloren, zittert und muss schon morgens Alkohol trinken.

    Dieses Bild hat sich wohl in viele Köpfe eingebrannt und es ist erschreckend, dass genau wegen diesem Bild so viele Menschen weitertrinken, in der Sicherheit"bei mir ists doch nicht schlimm".

    Mir persönlich war aber klar, dass ich weder kontrolliert trinken kann (ich hatte es auch qualvoll versucht-mehrere Jahre nur um wieder festzustellen, ich SCHEITERE wieder und wieder ) noch auf Alkohol "verzichten" kann (damals wars ja noch ein Verzicht-aus damaliger Sicht). Ich wurde unruhig, wenn ich mal wusste, ich konnte 3 Abende lang nicht trinken. Außerdem gab es bei mir selten eine Woche ohne! Zeichen genug, viel zu tief drin zu stecken..

    Ich schaffte es einfach nicht und zugleich redete ich mir immer wieder ein, dass das ja nicht schlimm sei, wenn ich wieder mal nur zum Feierabend einen Wein "genieße". Der SElbstbetrug klappte immer und zwar situationsangemessen-ich hatte immer und immer wieder neue plausible Erklärungen, warum ich noch trinken "darf"-ich führte mich selbst damit Jahrelang an der Nase herum obwohl ich tief innen wusste: Ich hab ein massives Problem. Das waren ganz schlimme Kämpfe für mich, die sich innerlich abspielten und damit ich nicht mehr so viel kämpfe, hab ich mir eingeredet: alle trinken, das ist doch normal UND ich kann jederzeit aufhören , schließlich hab ich ja nicht jeden Tag getrunken...aber die andere Stimme, die mir sagte: Du steckst tief drin-kam auch immer wieder !!!

    Hallo Oran-Gina,

    ich finde mich hier wirklich genau Zeile für Zeile wieder, in dem was du schreibst.

    Ich konnte mir auch jahrelang nicht eingestehen, dass ich ein massives Problem habe. (der "Echte" Alkoholiker war ja in meinen Augen genau der, wie du auch schreibst: "er hat Arbeit, Haus ,Hof und Beziehung verloren, zittert und muss schon morgens Alkohol trinken" und verbunden eben mit diesem Stigma, fiel es mir sehr schwer, mich damit zu identifizeren.

    Dadurch, dass mir die nötige Einsicht fehlte, war es die über Jahre immer wieder der Versuch, weniger bzw. kontrolliert zu trinken, was ja im Nachhinein gesehen überhaupt nicht funktionieren konnte. Wenn ich darüber nachdenke, war das eigentlich mit die anstrengenste Zeit, ein Kampf gegen Windmühlen, wo mir zum Schluss im Vorraus schon klar war, dass ich den nicht gewinnen konnte. Auch hat dieser Kampf so an meinem Selbstwertgefühl genagt, "es muss doch gehen, mit noch etwas mehr Mühe und guten Vorsätzen muss das doch zu schaffen sein". Übrigens sind auch viele ernstgemeinte Aufhörversuche ähnlich vergeblich geendet, wie eben das kontrollierte Trinken.

    Ich finde mich auch dort wieder, wie du von deinen Freunden schreibst, denen das Verständnis dir gegenüber fehlte.

    Auch meiner Frau, die eigentlich meine ganze Vorgeschichte kannte (wir haben uns in meiner langjährigen "Trinkpause" kennengelernt und ich habe ihr aber auch von meinen "früheren" Suchtproblem erzählt) fiel es schwer, trotz meiner Spiegeltrinkerzeit in den letzten 4 Jahren, mich als "echten" Alkoholiker/ Suchtkranken zu sehen. Ich habe aber auch in den letzten Jahren alles darum gegeben, um alles zu vertuschen. Das hat wiederum auch so eine wahnsinnige Energie gekostet und hat neue Schuld erzeugt.

    Ich hatte ja auch schon mal geschrieben, dass ich parallel oder auch separat teilweise noch ein "leichtes" Opioid Problem hatte. Da war mal eine Situation, ich wollte mir so eine Tablette auf dem Küchbrett zerteilen und meine Frau oder auch meine Kinder kamen da irgendwo dazu oder waren permanent zugange und ich kam nicht richtig dazu/ musste alles wieder verstecken. Es war in dem Moment wirklich so, als würde ich die, die ich wirklich liebe, voll verarschen. Es war bald irgendwie so, wie als würde ich fremdgehen oder als träfe diese normale heile Familienwelt mit dieser dunklen Seite zusammen. Auf der anderen Seite bin ich dann voll über meine Schuldgefühlr hinweggegangen und wenn ich dann etwas genommen hatte, war es mir in dem Moment auch egal und habe es relativiert. Ich will dort NIE WIEDER hin!


    Das wird manchmal auch von außen in FRage gestellt, was mich damals echt auf eine harte Probe gestellt hat "Wie sage ich es den anderen, dass ich nichts mehr trinke ?" Heute bin ich sattelfest. Ich bleibe bei meinem Satz: Ich trinke keinen Alkohol. Punkt. Sollte jemand nachfragen, werde ich mich auch nicht erklären, weil es dann eben auch genau zu den Verharmlosungen kommen kann siehe oben: Ich mag mich weder rechtfertigen, mich erklären, noch mich mit diesem Thema auseinandersetzen in Form von Diskussion pro und contra Alkoholiker. Es reicht mir, dass ich weiß, wo ich stehe und dass ich keinen Alkohol mehr trinken will.

    Ich kenne das auch. Der der enge Kreis meiner Familie und ein paar gute Freunde wissen, dass ich ich nichts mehr trinke. Aber selbst meiner Mutter, die mich ja auch von früher kennt, fehlt das Verständnis, sie sagte zu mir in der Anfangszeit, "es muss doch gehen, dass du mal ein paar Bier trinkst und dann ist wieder gut". Irgendwo wird dieses Thema auch nie groß angesprochen, weil wahrscheinlich auch nicht gewusst wird, wie damit umgegangen werden soll. Selbst für meinen Schwiegervater, trinke ich "nur" einfach nichts mehr, weil es mir dadurch besser geht. (Was ja irgendwo auch stimmt.) Für ihn ist das vielleicht eher so eine Geschichte, als würde ich Fleisch oder sonstwas weglassen. Wenn ich ihm beichten würde, Alkoholiker zu sein, würde er mich vielleicht allen Ernstes fragen, ob ich jetzt unter einer Brücke oder Parkbank schlafen muss.

    Auf Arbeit käme ich nie auf die Idee mich zu outen, weil bei der Sorte Kollegen auf alle Fälle das Verständnis fehlen würde und die Gefahr, dass diese "Schwachstelle" ausgenutzt wird, überhaupt nicht mit den eventuellen Vorteilen (da fallen mir im Moment wirklich keine ein) im Verhältnis stehen würde. Für die Kollegen trinke ich einfach nichts und fertig, ohne mich zu rechtfertigen. Das war auch zu Alkoholzeiten nie das Problem, da ich mich auf öffentlichen Festivitäten immer zurückgehalten habe, aber mich dafür im Anschluss "heimlich-unheimlich" belohnt habe.

    Und ich sehe es genauso wie du: "Ich mag mich weder rechtfertigen, mich erklären, noch mich mit diesem Thema auseinandersetzen in Form von Diskussion pro und contra Alkoholiker. Es reicht mir, dass ich weiß, wo ich stehe und dass ich keinen Alkohol mehr trinken will."

  • Guten Abend, ihr lieben Menschen,


    Ich hatte heute einen vollen und anstrengenden Tag. Mir ist wichtig, alles geschriebene wirklich aufzunehmen, deswegen komme ich erst morgen zum Schreiben- heute bin ich zu müde.
    Nüchtern bleiben war sehr anstrengend, weil schlimme Gefühle in mir ausgelöst waren.
    Aber ich habe einen Tag mehr geschafft 😊

    Gute Nacht und bis ganz bald

  • Guten Morgen Mia

    Nach den eigenen Bedürfnissen zu schauen ,so wie du es machst (du bist müde und schreibst erst dann ,wenn du bereit bist )ist jetzt noch wichtiger als sonst.

    Dein Tag war anstrengend genug.

    Vielleicht magst du bei Gelegenheit mehr davon erzählen, was dich genau geplagt hat.(Fühle dich bitte frei im Antworten- manchmal ists auch besser man liest nur. Einiges muss ja auch erst mal verarbeitet werden ,das kenne ich zum Beispiel von mir : das Schreiben/Antworten braucht seine Zeit und nicht immer kann man auf das eingehen, was einem geschrieben wurde,obwohl es einem sehr gut tut ,was liebe Menschen hier schreiben.

    Mich hat es manchmal angestrengt, in einen Schreibwechsel zu treten,auch weil ich manchmal den Eindruck hatte ,ich möchte auf das wohlwollend geschriebene eingehen ,aber zugleich fehlten mir manchmal auch die Worte oder aber ich merkte ,dass ich mich in Form eines Schreibwechsels zu sehr von mir entfernt hatte ).


    Jedenfalls freut mich sehr ,dass du wieder einen weiteren Tag ohne Alkohol gemeistert hast ,auch wenn s gestern nicht so einfach war.

    Mit jedem weiteren nüchternen Tag geht's weiter und voran und das wird dich stärken.


    Oran-Gina

  • Auf Arbeit käme ich nie auf die Idee mich zu outen, weil bei der Sorte Kollegen auf alle Fälle das Verständnis fehlen würde und die Gefahr, dass diese "Schwachstelle" ausgenutzt wird, überhaupt nicht mit den eventuellen Vorteilen (da fallen mir im Moment wirklich keine ein) im Verhältnis stehen würde. Für die Kollegen trinke ich einfach nichts und fertig, ohne mich zu rechtfertigen. Das war auch zu Alkoholzeiten nie das Problem, da ich mich auf öffentlichen Festivitäten immer zurückgehalten habe, aber mich dafür im Anschluss "heimlich-unheimlich" belohnt habe.

    Hallo Rent.

    Auch ich finde mich sehr oft in deinen Zeilen wieder.

    Anfangs war es für mich ein großes Thema ,wie ich mich in der Öffentlichkeit präsentiere, wie ich es den anderen "sagen und erklären kann" ,dass ich nicht mehr trinke. Mich hat das phasenweise richtig unter Druck gesetzt, wohl auch weil ich selbst noch sehr wackelig war und mir selbst noch nicht richtig traute.

    Ich hatte auch Sorge , mich Veranstaltungen auszusetzen,in denen Alkohol ausgeschenkt wird (es gibt ja überall Alkohol,wo sich Menschen zusammen finden,Geburtstag, Vernissage, etc...)


    Auch bei der Arbeit ,zum Beispiel bei Ausflügen oder Festivitäten gabs solche Anlässe.

    Kurzum: fast überall.

    Ich wollte meinen Alkoholausstieg eher klein und privat halten,auch weil ich es als ein persönliches und auch als ein sehr verletzliches Thema wahrnahm.

    Ich weihte nur mir sehr nahe Personen ein.

    Bei Arbeitsausflügen war ich die einzige, die alkoholfrei getrunken hat.

    Niemals käme ich auf die Idee ,meinen Kollegen zu offenbaren ,warum ich alkoholfrei trinke.

    Im Prinzip ists absurd,dass das zu erklären ist.

    Jeder Nichtraucher müsste auch nicht erklären, dass er nicht raucht.

    Erst vor Kurzem gab es eine längere Zusammenkunft mit meinen Kollegen.

    Wie immer war ich die einzige "ohne" Alkohol.

    Mittlerweile wissen sie es ,dass ich nichts trinke.

    Es wurde jetzt endlich akzeptiert.

    Was sie sich denken oder worüber sie spekulieren könnten,war mir zu Anfangszeiten unangenehm.

    Mittlerweile aber bin ich selbst so gefestigt, dass es mir egal ist ,was und ob sie darüber nachdenken, das ist ein tolles Gefühl.

    Für mich jedenfalls wird es immer erschreckender,wie viel andere trinken und dass es immer einen Anlass gibt. Bei mir war es ja früher auch so : ohne Alkohol am Abend in einer Bar ,bei einem Geburtstag gabs nie. Das wäre mir nie in dem Sinn gekommen. Heute ists genau anders herum und dafür bin ich sowas von dankbar.

  • Hallo Mia,
    auch ich verfolge mit Interesse und mit Freude für dich deinen Weg. Das liest sich positiv, was du berichtest.

    Wenn du magst, schreibe ich dir irgendwann mal was zu den Ängsten, unter denen du schon dein ganzes Leben lang leidest, weil ich selbst mit so etwas leider auch vertraut bin bzw. mit so etwas zu kämpfen hatte und mitunter auch noch habe.

    So manches, was du von dir erzählt hast, kommt mir soooo bekannt vor.

    Aus meinen eigenen Erfahrungen mit diesem Thema kann und möchte ich dir Mut machen, dass es im Laufe der Abstinenz ganz sicher nur besser werden kann. Bei mir selbst sind die Ängste zwar nicht völlig verschwunden, aber sie sind viiiiiiieeeeel weniger geworden, viiiiiieeeel erträglicher und seeeehr viel seltener.

    Was ich mir selbst vor drei Jahren nicht so vorstellen konnte, wenn andere schrieben, dass man seine Probleme erst lösen kann, wenn man vom Alkohol weg ist, kann ich seit einer ganzen Weile nur bestätigen. Ich hab mir zwar viel angelesen, auch über die Neurochemie und -biologie des Gehirns, um nachvollziehen zu können, was in meinem Gehirn so abgeht, aber erst meine eigenen Erfahrungen haben mich begreifen lassen, was da passiert und wie anders sich das anfühlt.

    Ich war früher davon überzeugt, dass ich unter Alkoholeinfluss klarer im Kopf sei, weil die vielen Reize, denen ich mich beständig ausgeliefert sah, und das Kopfkino unter Alkohol gedämpft wurden. Ich habe u.a. sehr viel am Schreibtisch gearbeitet und mitunter fiel mir das Forumulieren sooooo schwer. Unter Alkoholeinfluss schien es mir leichter zu fallen. Bei vielen anderen Projekten hatte ich das Gefühl, erst unter Alkoholeinfluss meine Kreativität ausleben zu können.

    Heute - inzwischen über drei Jahre nüchtern - nehme ich beständig war, wie sehr ich mich getäuscht hatte. Nehmen wir allein das Denken und das Formulieren: Ich bin darin so klar und schnell und mit mir zufrieden wie niemals zuvor. Eine irre Erfahrung!

    Meine Kreativität ist so lebendig wie niemals zuvor.

    Zu den Ängsten schreibe ich dir, wenn du das möchtest, wie gesagt ein anderes Mal.

    Liebe Grüße

    AmSee
    (als Vollmitglied)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Honk danke für deine Anteilnahme über meine ersten zarten Schritte ❤️

    Phantastisch und ermutigend zu lesen, dass du dich in vielen Augenblicken noch immer über dein Leben ohne Alkohol freuen kannst. So stelle ich es mir auch vor. Denn sich befreit zu haben (und immer wieder dafür zu entscheiden) bedeutet eben so viel mehr, als keinen Alkohol mehr zu trinken. Ich würde mich freuen, mehr über dein feiern zu lesen, wenn du es aufgeschrieben hast - vielleicht könntest du mir dann Bescheid geben, wo ich den Eintrag finde 😊

    Absolut bekommt man für das beschwingte Gefühl mindestens dreifach eine Klatsche. Das Wort selbst zu ändern, fällt mir schwer, weil es zumindest für ein paar Stunden so trefflich erscheint.
    …Allerdings glaube ich, selbst wenn ich nun getrunken hätte, wäre da sofort das Gefühl von Schuld und die Gewissheit, dass ich einen zehnfach hohen Preis an Selbstwirksamkeit dafür zahle. Insofern kann ich das Wort tatsächlich gut loslassen!

  • Lieber rent ,

    das hochschrecken hat sich mir so eingeprägt, dass ich alle letzten Tage um die gewohnte Zeit aufgewacht bin und da trotzdem ein paar Momente Angst war. Bis sich dann Erleichterung ausgebreitet hat. Ziemlich unbezahlbar.

    Ich würde gern Alternativen schaffen, daran denke ich noch herum. Auch, weil ich mich derzeit körperlich so erschöpft und schwach fühle. Ich schleppe wohl irgendeinen Infekt mit mir herum. Manchmal denke ich derzeit auch, dass ich vielleicht richtig schlimm krank bin, als Quittung, sozusagen. Krebs, oder sowas. Irgendwas in mir ist wohl überzeugt, dass mein getrinke und gebrauche genau jetzt Tribut zollt.
    Um Gewissheit zu bekommen habe ich einen Termin beim Hausarzt vereinbart- zum Glück ist der noch etwas hin.
    Naja, wenn ich mich bis dahin besser fühle und ich Klarheit über meinen körperlichen Zustand habe, will ich mich dieser Sache jedenfalls annehmen und wieder zum Sport gehen. Oder sonst irgendwo Anschluss finden. Da habe ich noch nicht viele Ideen…
    Auch, weil ich noch nie richtige Hobbys hatte. Gefühlt ging es, auch vor dem trinken schon, einfach vor allem ums überleben, wegen meinen Panikattacken und der schwärze, die ich so mit mir rum schleppe.
    Ich sehe aber ein, wie wichtig diese Bausteine sind- eben nicht „einfach“ nur nicht mehr trinken.

    Deine Beispiel, die Schilderung über die Rückmeldung deines Hausarztes und was ein Teil von dir daraus machen wollte, die habe ich SO SEHR gefühlt!!!
    Das kenne ich! Mir fallen da auch viele Beispiele ein, aber deins ist heftig. So eindrucksvoll. Für die Sucht ein stark erlaubnisgebender Auslöser!
    (Über den Arzt denke ich an das Zitat aus der bibel „denn sie wissen nicht, was sie tun!“ 🙈 Wie gut, dass DU es wusstest, Gott sei Dank!!!!)

    Hast du auf etwas zurückgegriffen, was dich in dem Moment zuhause, nach dem Arztbesuch, gestärkt hat? Oder hast du das ganz allein in dir gefunden, die eigene Klarheit und Wahrheit darüber?

    Liebe Grüße und herzlichen Dank , Mia


    P.s. Das Buch möchte ich mir bestellen

  • Liebe Oran-Gina , danke für deine Zeit und einfühlsamen Zeilen!

    Dein besonderer Moment klingt für mich nach Gnade. Nicht von Gott (an den ich leider nicht glaube), sondern sowas wie Gnade des Lebens. Ich will nicht pathetisch klingen, aber einiger solche Momente hatte ich auch und weil man sich das nicht aussuchen kann, so sehr man sich auch bemühen mag, trifft das Wort es so gut für mich.
    (Zum Beispiel war so ein Augenblick, als ich endlich meinen Exmann loslassen konnte. Ich wollte das soooo lange, soooo sehr, weil es nur noch leidvoll war. Und plötzlich, nach Jahren innerer Verstrickung und betroffen sein von seinem Handeln… konnte ich ihn loslassen und eine ungemeine Erleichterung fühlen).

    Was du über das aufschreiben sagst, kann ich gut nachvollziehen und es inspiriert mich!
    Ich werde mir gleich ein Buch nehmen und darin eintragen, was sich für mich bisher in Bezug auf das ohne Alkohol sein als wertvoll erwiesen hat.

    Auch allem weiteren, was du schreibst, kann ich leicht folgen. All das ergibt viel Sinn für mich… unterscheiden, welcher Anteil in mir da gerade denkt (Sucht). Und auch mit der Entschlossenheit, von der du schreibst, kann ich langsam etwas anfangen- insofern, als das solche Gedanken in den letzten Tagen zum Glück in mir auch waren.

    Ich habe eine Vorstellung, was du mit Verstärkern meinst, aber bitte: würdest du mir dazu noch ein paar Worte schreiben?

    Danke und Herzensgrüße, Mia

  • Guten Tag, - FORTUNE - und lieben Dank für deine Denkanstöße!

    Ich habe eine beste Freundin, der ich mich immer zeigen kann, wie ich bin. Egal ob hässlich, süchtig, oder haltlos. Das ist viel wert. Deine Worte machen mir auch einmal mehr bewusst, wie wichtig ein Netzwerk ist. Manchmal vergesse ich, mich dafür zu engagieren, wenn ich so mit mir selbst beschäftigt bin. Ich möchte das aber als einen existenziellen Baustein in Erinnerung behalten. Ich brauche Verbindung mit anderen Menschen. Sei es hier im Forum, oder mit Freunden, auch über die Selbsthilfegruppe in der Nähe. Ich weiß, dass ich das für mein Herz brauche.
    In Therapie bin ich wegen der Panikattacken schon seit Jahren. Im Moment habe ich zum Glück nicht das Gefühl, dass sie zurückkommen. Etwas, für das ich wirklich dankbar sein kann, denn einige Jahre konnte ich nicht mal das Haus verlassen. (Jahre ohne Alkohol).

    Das Video mag ich heute Abend in der Wanne gerne ansehen.

    Ganz liebe Grüße ❤️

  • Honk danke, dass du das Thema Ängste und Alkohol als Dämpfer/ letztlich Verstärker nochmal aufgreifst.
    Es tut mir leid, dass du so einschneidende Dinge erlebt hast. Im Thema Trauma bin ich sehr drin.
    Leider kann ich sagen, dass Panikattacken und Ängste auch vollkommen frei von Alkohol so groß werden können, dass sie das ganze Leben einnehmen.
    Aber mit Gewissheit weiß ich auch: Alkohol macht es insgesamt so viel schlimmer. Kater und Entzugssymptome kicken da richtig rein.
    Und über das trinken ist es unmöglich, sich Strategien anzueignen, um mit der Angst umzugehen.

    Über die Vorstellung, dass du bald verreisen wirst freue ich mich 😊

    … sagt jemand, der noch nie geflogen ist.
    (Einmal bin ich aufgewacht, dachte ich sei jetzt eine Fliege Mia, Flug gebucht, von Freunden zum Flughafen gebracht worden- schließlich haben alle ein Video vom startenden Flugzeug bekommen, dass ich von der Terrasse aus gemacht hatte! Also vom Flugzeug, in dem Mia nicht drin saß, weil sie an der Sicherheitskontrolle Panik bekam und feststellte, sie ist doch noch keine „ich flieg mal kurz alleine nach xy“ Mia war😅🙈)

  • Oran-Gina ,


    genauso ging’s mir gestern: ich wollte gern auf alles eingehen, aber ich konnte nicht nur nichts mehr aufnehmen, sondern in meinen Kopf fehlten einfach die Worte, um zu antworten. Das bessert sich langsam ein wenig, aber in meiner trinkzeit war das Standard. Ich habe oft nichts in mir gefunden… kein Potenzial mehr, um mit anderen mitzuschwingen. Keine Zugriff auf mein mitfühlendes Wesen. Keine Worte.
    Gruselig.

    Den Auslöser möchte ich teilen.
    Das größte Potenzial für Angst in mir ist, wenn ich befürchte, meine Bezugsperson zu verlieren. Meine bedeutsamste Bezugsperson ist mein Partner.
    Ich schrieb schon, dass wir gerade in einer Trennung sind. Das ist für mein ganzes System eine Katastrophe.
    Gestern haben wir geredet. Dabei hat etwas diese kalte Verlustangst berührt.
    Eine Angst, die ich Traumakälte nenne.
    Sie kommt immer, wenn mein System einen Hinweis auf Verlust, unberührbarkeit oder kurz gesagt Trennung (im Sinne von Verbindung getrennt) erhält.

    Gestern war es wieder so weit.
    Ich war nur noch ein zitterndes Kind.
    Keine Mia, die 39 ist, einen fast erwachsenen Sohn hat.
    Ich konnte einige Momente nur noch an die Entspannung denken, die mir ein Bier gebracht hätte. Ein Bier, bei dem es nie bleibt.

    Aber und das geht an dich und ALLE, die hier bisher geschrieben haben:


    Ich hatte viele Sätze von euch im Kopf!
    An denen habe ich mich festgehalten.
    Sie haben in den letzten Tagen Sinn und leben für mich durch euch erhalten.
    Also wusste ich zum Beispiel, dass es mich stärkt, wenn ich diesen Moment ohne Alkohol überstehe.
    So bin ich mit dem Hund gelaufen.
    Und habe die Weinschorle bei einer Freundin abgelehnt. Und Zigaretten gekauft, ohne Bier mitzunehmen.

    Und später wurde das Gefühl leiser.
    ❤️Danke ❤️

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