• Hallo!
    Ich hab in Foren wie diesem, schon häufiger gelesen, dass der Austausch erst dann sinnvoll ist, wenn man auch bereit ist mit dem trinken aufzuhören. Ich möchte mich hier trotzdem kurz vorstellen, alleine um es überhaupt mal offen zu sagen bzw. zu schreiben.
    Ich habe ein Alkoholproblem und zwar ein großes. Ich bin zwar noch nicht körperlich abhängig, schaffe es also auch mal einige Tage ohne Alkohol, aber ich trinke viel zu oft und viel zu viel. Ich trinke heimlich, ich verstecke die Flaschen. Ich bin Mutter und Ehefrau. Ich trinke eigentlich seit meiner frühestens Jugend. Zum ersten Mal mit 13, ein paar Jahre später dann regelmäßig. Es gab immer wieder Zeiten in denen ich es besser unter Kontrolle hatte. Während der Schwangerschaft habe ich z.b nicht getrunken. Ich arbeite selbst im Psychosozialen Bereich und habe auch selbst schon eine Therapie gemacht. Dort habe ich mein Alkoholproblem aber nie angesprochen, obwohl ich schon damals wusste, dass ich ein Problem habe.
    Seit etwas mehr als 1. Jahr ist es aber leider total eskaliert. Ich habe in einem Krankenhaus gearbeitet und der Corona bedingte Stress hat sicher viel damit zu tun. Einerseits war die Arbeit belastender und anstrengender, auf der anderen Seite musste mein Sohn viel zuhause betreut werden. Wobei mein Mann da den Hauptteil übernommen hat. Aber es gab einfach null Zeit für mich selbst, was immer schon sehr wichtig für mich war. Ich begann heimlich zu trinken. Zum Abendessen ein Glas Wein (damit sich niemanden über den Geruch wundert) heimlich aber ca eine Flasche Wein. Hat sich dann aber immer mehr gesteigert und ich stieg auf Wodka um, weil ich so weniger für den selben Effekt brauche). Seit einigen Monaten versuche ich immer wieder aufzuhören bzw. mir selbst Regeln aufzustellen. "Heute höchstens so und so viel trinken", "nur 2 Mal in der Woche trinke" und ähnliches. Es funktioniert nicht!

    Ich habe Bücher zu dem Thema gelesen und Podcast gehört die sich damit beschäftigen.
    Ich habe oft gelesen, dass es mit der Nüchternheit erst klappt, wenn man Alkohol nicht mehr als etwas positives sieht. Und ich fürchte genau da ist das Problem. Ich habe manchmal einfach das Gefühl, dass mir der Alkohol hilft. Dabei mich zu entspannen, dabei einen lustigen Abend mit Freunden zu haben (wo ich auch immer heimlich Alkohol dabei habe, damit niemand merkt, wieviel ich trinke). Aber ich weiß dieses Gefühl ist falsch! Alkohol macht mich depressiv, dick, manchmal streitlustig und definitiv zu einer schlechten Mutter bzw. einem schlechten Vorbild. Aber irgendwie schaffe ich es nicht das zu verinnerlichen. Wenn ich es ein paar Tage ganz ohne schaffe, denke ich oft "so schlimm war es ja gar nicht, ich kann ja eh aufhören" nur um dann beim nächsten Mal noch viel mehr als sonst zu trinken. Ich hoffe es irgendwann auch meiner Familie sagen zu können, aber dazu bin ich noch nicht bereit. Ich hoffe noch immer darauf ,ganz selbständigkeit aufzuhören und es erst anderen zu erzählen, wenn ich es lange durchgehalten habe. Ich schäme mich total für meinen Zustand. Es ist ein bisschen als müsste ich mir selbst dabei zusehen wie ich mich kaputt mache.
    Als würde etwas in mir nach Hilfe schreien, ich es aber ignorieren.
    Falls jemand irgendwelche Ideen hat oder ähnliche Erfahrungen, würde ich mich feuern, aber wie gesagt war es mir wichtig das endlich so klar aufzuschreiben.
    LG
    Isa

  • Hallo Isa,

    wie war das jetzt für dich, das alles mal ungeschönt auszusprechen bzw. aufzuschreiben?

    Ich bin ebenfalls Mutter und war wie du Heimlichtrinkerin (bis auf die Male, wo ich es nicht geschafft habe, es zu verheimlichen) und war in diesem Teufelskreis jahrelang gefangen. Auch ich dachte, ich brauche den Alkohol, um mein Leben, den Alltag zu bewältigen. Und irgendwie stimmte etwas daran ja auch: es lief etwas schief, das ich versuchte, mit Alkohol gerade zu rücken, aber dadurch geriet in Wirklichkeit alles nur noch mehr in Schieflage, usw.

    Ich will dir aus meiner Erfahrung heraus Mut machen, daran zu glauben, dass dein Leben, wenn du aufgehört haben wirst zu trinken, viel lebbarer wird. Du wirst einiges ändern können, vielleicht auch müssen.

    Ich musste tatsächlich aus meiner Ehe heraus, und ich musste meine Arbeitszeiten reduzieren, weil ich mir endlich eingestand, und zugestand, nicht mehr einfach wie bisher weitermachen zu können.

    Als ich beschlossen hatte, nicht mehr zu trinken, das als meine erste Priorität anzusetzen, und verstanden hatte, dass ich alkoholkrank geworden war, und ich das ernst nahm, konnte ich beginnen, mich und meine Bedürfnisse ernst zu nehmen, wichtiger zu nehmen.

    In den Jahren seither habe ich nach und nach gemerkt, wie sehr ich seelisch unter dieser Heimlichtuerei, diesem „Doppelleben“ gelitten hatte. Wie groß die Scham und wie klein mein Selbstwertgefühl waren. Das ist kein schneller leichter Weg, da heraus, aber er lohnt sich! Wenn ich jetzt an mein früheres trinkendes Ich zurückdenke, dann ist da soviel Mitgefühl mit mir selbst, und jeden Tag Dankbarkeit, dass ich so nicht mehr leben muss.

    Dein Bild, das du verwendet hast (du rufst innerlich um Hilfe, ignorierst dich aber selbst), beschreibt gut, was die Sucht macht, oder? Das Schlimmste beim heimlich trinken und lügen sind ja die Lügen, die man sich selbst erzählt.

    Hier zu schreiben ist doch schon einmal ein wichtiger Schritt. Du könntest auch vor Ort in eine Suchtberatungsstelle gehen.
    Ich glaube, es ist leichter, aufzuhören, wenn man die Karten auf den Tisch legt, aber es muss ja nicht gleich zu Anfang jeder Tisch sein. Ich bin damals zu meiner Hausärztin gegangen (voller Scham und Angst) und habe erst Wochen später jemandem im persönlichen Umfeld gesagt, dass ich nicht mehr trinke. Dass ich abhängig geworden war.

    Finde deinen Weg, nimm dich selber wichtig und höre auf deine gesunde innere Stimme.

    Ich wünsche dir heute einen schönen Tag und hier einen hilfreichen Austausch!

    Herzlichen Gruß
    Camina
    w, 52, trockene Alkoholikerin

  • Hallo Isa
    Also meine erste Antwort war weg, aber ein neuer Versuch.
    Camina hat es schon geschrieben, das wichtigste finde ich dir selber einzugestehen, dass so wie du es betreibst es nicht klappt.
    Suche dir Hilfe, wo du sie finden kannst, und weihe, wenn es geht, deinen Mann, Freunde ein, und du wirst sehen, dass es dann um ein vielfaches leichter geht. Lese hier, gehe zur Suchtberatung, such dir eine Selbsthilfegruppe(Schaue dir mehrere an, denn dort wirst du längere Zeit verbringen, also sollte das auch passen.)
    deine Verheimlichung bringt dir mehr Probleme als Vorteile.
    Und wie du selber schreibst, kontrolliertes Trinken klappt nicht. Ja, das werden dir viele bestätigen, aber mit der Zeit wirst du merken, dass du das dann nicht mehr brauchst.
    Den Anfang hast du ja jetzt gemacht, und denke immer einen Berg zu besteigen geht auch nur Schritt für Schritt.
    LG

    Der Weg ist das Ziel<br />Konfuzius (551–479 v. Chr.

  • Danke für schnellen und netten Rückmeldungen.
    Eigentlich geht es mit damit gut hier offen darüber zu schreiben. Ich bin mir selbst gegenüber schon einige Zeit ehrlich was das angeht. Und ich finde es gut mit jemandem darüber sprechen zu können. Das Problem ist, ich kann es mir im Moment nicht vorstellen komplett mit dem trinken aufzuhören, und das OBWOHL ich weiß, dass es der Richtige weg wäre. Ich kann mir so viele Situationen kaum ohne Alkohol vorstellen. Ich wirke wie ein offener kommunikativer Mensch, aber in Wirklichkeit stressen mich viele Situationen.
    Ein Beispiel: Am Wochenende steht eine Familienfeier an. Wir verstehen uns grundsätzlich gut, wobei es mit meiner (sehr dominanten)Mutter manchmal schwierig ist. Der Gedanke an dem Abend nichts zu trinken fällt mir wirklich schwer. Und es liegt nicht an irgendeinem Druck von außen. Sowohl in meiner Familie als auch in meinem Freundeskreis gibt es einige Menschen die nicht trinken. Wobei es wohl schon für Verwunderung sorgen würde, weil ich sonst immer etwas trinke.
    Ich finde es aber wirklich schön zu lesen wie es andere geschafft haben und es gibt mir Hoffnung. Ich hatte auch schon den Gedanken in eine Suchtberatung oder einem, darauf spezialisierten, Therapeuten zu gehen. Allerdings wäre ich nicht soweit mit meinem Umfeld darüber zu sprechen und würde dafür eine Ausrede erfinden müssen. Aber vielleicht wäre es trotzdem ein guter erster Schritt.

  • Hallo Isa
    Na dann ist doch alles Bestens, wenn du meinst, dann mach so weiter.... :*
    Oder: du versuchst es mal, am Wochenende bei deiner Familienfeier ohne Alkohol auszukommen, dann weißt du wenigstens, ob du ein Problem im Bezug auf Alkohol hast oder auch nicht. Wenn es dir nichts ausmacht, dann kannst du ja immer noch sagen ja, kein Problem, wenn ich sehe, wie sich dann andere die Kante geben. Fällt es dir aber schwer das auszuhalten dann aber Achtung.
    Du bist schon auf Wodka umgestiegen, und die mengen werden größer, was heißen soll, je weiter du das treibst, desto schwerer kann es werden wieder da wegzukommen.
    Ist ja nur mal so ein Tipp, was du machst, bleibt dir überlassen.
    LG

    Der Weg ist das Ziel<br />Konfuzius (551–479 v. Chr.

  • Zitat

    aber in Wirklichkeit stressen mich viele Situationen.

    Hallo Isa,

    so ging mir das auch. Und ich habe ebenfalls diverse Situationen damals nicht ohne Alkohol bewältigen (oder aushalten) können. Das war so. Alkohol hilft da erstmal.

    Das meine ich damit, wenn ich sage, es sind oft (auch bei mir!) einige Änderungen nötig.
    Ich habe zum Beispiel bestimmte soziale/familiäre Situationen erst einmal komplett gemieden.
    Immer, wenn ich dachte, „das schaffe ich nicht (ohne Alkohol)“, dann habe ich es eben nicht gemacht. Da habe ich „einfach“ meine Prioritäten verschoben. Das hat bei mir aber auch erst funktioniert, als ich wirklich an meinem persönlichen Wendepunkt angekommen war und meine Trockenheit an die erste Stelle gesetzt habe.

    Jetzt nach einigen trockenen Jahren kann ich auch wieder manche Situationen tolerieren oder sogar genießen, die ich damals ohne Alkohol nicht meistern zu können meinte. Andere bleiben für mich gestrichen, weil ich endlich öfter so handle, wie es für mich gut ist, und nicht so, wie ich „sollte“.

    Das ist eine meiner durch die Trockenheit neu gewonnenen Freiheiten: Ich „muss“ viel weniger. Und will stattdessen. Oder eben nicht.

    Herzlichen Gruß
    Camina

  • Hallo Isa,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich stelle mich mal kurz vor: Ich bin Anfang 50, Alkoholiker und trinke jetzt schon lange keinen Alkohol mehr. Ich bin Papa von 3 Kindern, zwei davon "durften" meine aktive Trinkerzeit miterleben. Ich trank weit über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon jedoch komplett heimlich. Auch meiner Familie gegenüber schaffte ich es irgendwie, meine Sucht zu verheimlich. Jedoch leider nicht meine Veränderung, und diese war, wie Du Dir denken kannst, nicht positiv. Ich veränderte mich also alkoholbedingt mehr und mehr, meine Ehe ging darüber mehr und mehr kaputt, mein Sozialleben natürlich ebenso aber meine Frau wusste nicht, warum das so ist. Am Ende war ich dann bei etwa 10 Bier am Tag, oft auch mal mehr oder noch Wein dazu, angekommen und begann schon morgens mit dem Trinken. Der Wechsel zu harten Sachen stand kurz bevor, erste "Versuche" waren bereits von mir durchgeführt. Mein weiterer Weg war also vorgezeichnet und sehr lange hätte ich mein Kartenhaus nicht mehr aufrecht erhalten können.

    Es kam dann alles anders und ich hörte mit dem Trinken auf. Das ist aber eine andere Geschichte, die ich Dir jetzt nicht erzählen will,, weil ich denke, dass Dir das jetzt gerade nichts bringen wird.

    Das was Du gerade von Dir beschreibst, das kenne ich sehr sehr gut. In dieser"Phase" der Sucht, kann man sehr viele Jahre verbringen. In dieser Phase der Sucht habe ich auch viele Jahre verbracht, heute kann ich sagen: ich habe sie verschwendet.

    Heute weiß ich: Hätte ich in dieser Phase der Sucht die Reißleine gezogen, es hätte eine sehr gute Chance gegeben, mein Leben ohne große Kollateralschäden wieder in die Spur zu bringen. Das wäre nicht einfach geworden, es hätte auch viel Veränderung bedeutet und eine Umstellung meines Lebens generell. Aber es wäre meiner Familie und auch mir viel, sehr viel Leid erspart geblieben.

    Nun, mir ging es wie Dir gerade. Ich hatte immer gute Argumente, weshalb ich jetzt nicht aufhören kann, oder nicht will. Warum es erst mal doch noch so weiter gehen muss und um mein Gewissen irgendwie doch in den Griff zu bekommen, dienten mir dann Trinkpausen dazu, mir selbst zu bestätigen, dass es ja so schlimm doch nicht sein kann und ich ja doch aufhören kann, wenn es denn mal wirklich sein muss.

    Als es dann mal wirklich sein musste, gings aber natürlich nicht mehr. Logisch eigentlich. Wir sprechen hier ja von einer wirklich schweren Krankheit, welche nur sehr wenige Menschen "besiegen" können, also damit meine ich einfach nur: relativ wenig alkoholkranke Menschen schaffen es, diese Sucht dauerhaft zu überwinden. Die meisten trinken einfach so lange, so lange es eben geht und sterben mit oder an der Sucht, irgendwann. Oder leben damit, so lange es eben geht. Wobei, gelebt habe ich ab einem bestimmten Zeitpunkt meiner Sucht nicht mehr, ich habe funktioniert, bis zum Schluss. Wie die meisten Alkoholiker das tun. Mit Leben hatte das nichts mehr zu tun. Es war eine Qual, alles drehte sich nur um Alkohol und nur darum, es zu verheimlichen. Ich habe in dieser Zeit mein Leben verschwendet und dachte die meiste Zeit davon auch noch, dass es nicht anders geht. Irgendwann, und das war dann die schlimmste Zeit, wollte ich es gar nicht mehr anders. Ich war bereit mit oder am Alkohol zu sterben, obwohl ich da ja noch zwei Kinder hatte die ich über alles liebte, eines davon gerade mal im Grundschulalter. Halleluja, ich war echt kaputt und die Sucht hatte mich fest im Griff. So wie Dich jetzt auch.

    Ich schreibe Dir das einfach so, weil es so war. Es ist echt, ich bin echt, ein Mensch wie Du, ein Papa, Du bist eine Mama. Ich schreibe Dir das, weil ich heute weiß, dass es möglich ist davon weg zu kommen aber mit wenig Hoffnung, dass Du es jetzt auch wirklich versucht. Mit wenig Hoffnung, dass Dich meine Zeilen dazu bewegen, es wirklich anzugehen, also ernsthaft und nicht heimlich für Dich. Sondern richtig, mit allen Konsquenzen. Ich schreibe es, weil mir diese wenige Hoffnung Motivation genug ist es zu tun, denn sollten Dich meine Worte vielleicht doch erreichen, also nicht nur kurzfristig beim ersten Lesen, sondern nachhaltig mit dem Ergebnis das Du zum Arzt gehst, zur Suchtberatung und offen mit Deiner Familie sprichst, dann wäre etwas passiert, was ich als kleines Wunder bezeichnen würde. Und so kleine Wunder habe ich, seit ich hier im Forum bin, schon ein- zwei mal erlebt. Deshalb reicht mir diese kleine Hoffnung. Das Leben, welches Du dann finden würdest, ist so viel besser als das, welches Du jetzt führst.

    Mehr möchte ich Dir jetzt nicht schreiben. Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du den Weg aus der Sucht findest. Am besten sofort, jetzt, Dir zu liebe an erster Stelle, dann aber auch Deinen Kindern und Deiner Familie zu liebe. Ich habe am Ende alles verloren, trenne mich von meiner Frau, war nur noch Teilzeitpapa für meine Kinder, der sie am Wochenende mal besuchen durfte. Lass es nicht so weit kommmen. Ich bin heute ein glücklicher Mensch, aber auch das ist eine andere Geschichte und auch diese, wird Dir im Moment nichts helfen. Hätte ich weiter getrunken, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht mehr auf dieser Welt wäre. Und wenn doch, dann würde ich viel Leid ertragen und noch mehr Leid bringen, nämlich all jenen, die mich lieben, allen voran meinen Kindern. Gut, dass es so ist wie es jetzt ist.

    Alles Gute und einen guten Austausch hier im Forum wünsche ich Dir.

    LG
    Gerchla


  • Das Problem ist, ich kann es mir im Moment nicht vorstellen komplett mit dem trinken aufzuhören, und das OBWOHL ich weiß, dass es der Richtige weg wäre.


    Hallo Isa,
    wenn du den richtigen Weg kennst, ihn aber nicht gehen kannst, dann hast du tatsächlich ein Problem.
    Warum gehst du denn davon aus, dass der richtige Weg darin besteht, keinen Alkohol mehr zu trinken?
    Fühlst du das?
    Oder gehst du schlicht und einfach davon aus, dass es der richtige Weg sein muss, weil viele ihn als den richtigen Weg bezeichnen?
    Meine ureigene Erfahrung ist, dass ich nur den Weg konsequent gehen kann, der für mich richtig ist. Meiner war, nichts mehr tun zu müssen, was ich eigentlich nicht tun wollte, weil ich mir als Süchtiger selbst zuwider war. Letztendlich war es mir zu diesem Zeitpunkt völlig egal, ob mir mein Suchtmittel etwas gibt. Ich wollte nur raus aus der Sucht.
    Dass mir die Freiheit genommen wird, das wollte ich nicht mehr.
    Ich wollte der Chef im Ring sein. Und das ging nur, indem ich Folgendes nicht mehr denken musste: Ich brauche mein Suchtmittel, weil es mir etwas Positives gibt.
    Denn das tut es niemals, zumindest nicht auf lange Sicht.
    Alles Gute
    Bassmann

  • Moin Isa,

    ich bin Britt, in den 50ern und abstinente Alkoholikerin.
    Herzlich willkommen hier, auch wenn der Anlass nicht schön ist.

    Alles was du schreibst (verstecken, verheimlichen, Wodka ohne Geschmack für den schnelleren Kick, Versuch des kontrollierten Trinkens, Regeln aufstellen, Kontrollverlust)
    deutet stark darauf hin, dass du schon tief in der Sucht gefangen bist.
    Du hast Alkohol schätzen gelernt, weil er dich entspannt. Stress und Probleme lassen sich so gut wegdrücken. Also warum solltest du ihn weglassen?
    Ich dachte auch immer, Alkohol ist was Feines. Ich war wie du nicht körperlich abhängig und „funktionierte“ sowohl in der Familie als auch beruflich.
    Negative Folgen von Alkohol treffen sowieso nur andere, die ein trauriges Dasein fristen. Die alten Männer auf der Parkbank waren die „richtigen“ Alkis, die haben ja nichts anderes als den Alkohol.
    Mit dieser Hybris bin ich jahrelang durch mein Leben gegangen. Bis ich die negativen Folgen meines Saufens selbst spürte. Irgendwann fing die Unberechenbarkeit an. Die Willkür meiner Launen.
    Reizbar „wie auf Speed“ und ständiges Chaos im Kopf. War ich heute die perfekte Hausfrau, Mutter und Arbeitnehmerin, machte ich am nächsten Tag alles falsch…war heute ein wunderbarer Tag, stimmte am nächsten Tag nichts mehr. Irgendwann stellte ich meine Wahrnehmung in Frage. Ich stellte MICH selbst in Frage. Ich wollte immer, dass es allen gut geht, aber ich verstand nicht, dass ich vor einer inneren Wunde davon lief,
    die nicht nur für mich sondern auch für alle meine Lieben immer näher zu einem Abgrund führte.
    Ich fühlte mich schuldig…ich schämte mich…ich verlor mich.
    Symptomatisch für einen Alkoholiker ist, dass sie sich eine Welt aus Lügen aufbauen. Durch diese Lügerei verletzte ich Menschen und trank dann noch mehr, um zu vergessen. Jeden Tag aufs Neue belog ich mich und andere.
    In einer Gesellschaft, in der Alkohol akzeptiert , sogar „gefeiert“ ist, wird einem das Lügen ja auch wahrlich leicht gemacht.
    „Funktionierende“ Alkoholiker fallen nicht auf und sie gestatten sich auch keine Hilfe, denn sie funktionieren ja….solange, bis „man“ alles kaputt trinkt.

    Liebe Isa, ich schließe mich meinen Vorschreibern an: Es ist leichter, wenn „man“ die Karten offen auf den Tisch legt. Ohne Unterstützung schaffen es die Wenigsten.
    Alkoholismus ist eine anerkannte Krankheit, für die sich keiner schämen muss.

    Lass das erste Glas stehen, es ist immer JETZT!
    Ich wünsche dir alles Liebe und wenn du Fragen hast, einfach raus damit…

    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo!
    Danke für die Rückmeldungen und eure Erfahrungen. Es hilft alleine schon, dass andere ähnliches kennen/ kannten. Ich hoffe es ist ok, wenn ich quasi allen gleichzeitig antworte.
    Ganz wichtig, weil das 2 Mal kam. Ja ich habe ein Problem! Das ist überhaupt keine Frage! Leider ändert es nichts daran, dass ich mir im Moment noch nicht vorstellen kann es zu lösen. D.h es gab Moment. Es gab Tage da war ich richtig euphorisch, weil ich dachte, "so jetzt höre ich auf, ich schaffe das". Leider hat es nicht sehr lange angedauert, weshalb ich jetzt auch mit solchen Versprechen an mich selbst vorsichtiger geworden bin.
    Wie es auch Britt schrieb, möchte ich es auch allen Recht machen bzw fällt es mir schwer, klar zu sagen, wenn etwas nicht ok ist. Es gibt gesellschaftliche Situationen in die ich mich im Grunde gar nicht erst hinein begeben will und es gibt Menschen, mit denen ich eigentlich keinen Kontakt mehr will, weil ich ihn anstrengend finde. Insofern ist der Tipp manche Situationen einfach erst mal zu vermeiden sicher gut.
    Mit meinem Umfeld darüber zu sprechen, ist auch deshalb so schwer für mich, weil ich eigentlich immer "die Starke" sein will. Ich arbeite selbst im Psychosozialen Bereich und auch für Freundinnen und Familie bin ich oft eine Anlaufstelle, wenn es ihnen nicht gut geht. Das ist einerseits manchmal anstrengend, aber es gibt mir auch viel. Ich mag es zu helfen und ich mag das Gefühl "alles im Griff" zu haben. Hab ich natürlich ganz und gar nicht, aber offenbar möchte ich zumindest noch so tun. Auch bei mir belastet mein trinken mein Familienleben. Auch bei mir ist es so, dass mein Sohn und mein Mann im Grunde nicht wissen woran es liegt. Mein Mann und ich streiten häufiger als Früher und ich habe es lange auf den Arbeitsstress geschoben. Mittlerweile habe ich allerdings gekündigt und mache jetzt eine Ausbildung, die mir eigentlich großen Spaß macht. Irgendwie hatte ich gehofft, damit verbessert sich auch mein Alkoholproblem. Das war auch für einige Wochen so, nur um dann schlimmer als zuvor zu werden. Vielleicht weil ich jetzt gar keine Ausrede für mein trinken habe.
    Etwas positives zum Schluss, ich habe einen Termin in einer Suchtberatung vereinbart. Ich weiß gar nicht warum ich so lange gezögert habe, denn es kann ja auf keinen Fall schaden. Meiner Familie werde ich vorläufig aber nichts davon erzählen.
    Jedenfalls danke an euch alle und ich bewundere euch für eure Stärke! Ich hoffe ich habe sie eines Tages auch.

  • Hallo Isa,
    ich habe deine Beiträge gelesen und möchte auch ein paar Gedanken mit dir teilen.

    Den ersten wichtigen Schritt hast du gemacht und dir selbst eingestanden, dass du ein großes Problem hast, und du hast dich hier anonym geoutet.

    Wie groß dieses Problem tatsächlich ist, wird sich dir gewiss nach und nach immer mehr eröffnen, je mehr du dich mit dem Thema beschäftigst.

    Vom Prinzip weißt du also, dass du nicht kontrolliert trinken kannst. Mit den Erfahrungen, die du diesbezüglich schilderst, bist du nicht allein. Das haben andere ebenso kennengelernt.

    Vom Prinzip weißt du und siehst du, was der Alkohol mit dir macht.

    Mir stellt sich die Frage, was du dir dann doch noch vom Alkohol versprichst, dass du nicht davon lassen möchtest.
    Hast du Angst, dich ohne Alkohol nicht runterregulieren zu können?
    Hast du Angst nicht mehr richtig feiern zu können?
    Hast du Angst vor Entzugserscheinungen?
    Hast du Angst, etwas zu vermissen?


    Ich kenne das, immer die „Starke“ sein zu wollen und natürlich gibt einem das Helfen und das Alles-im-Griff haben etwas, doch es kostet dich auch etwas und zwar nicht wenig, wie du selbst durchaus bemerkst.

    Es kann sich für dich durchaus mal ergeben, dem nachzugehen, was denn überhaupt dahinter steckt. Vielleicht ist das ja gar nicht immer so gesund für dich, „alles im Griff“ haben zu müssen und „Die Starke“ zu sein.


    Sich anderen ausgewählten Menschen zu öffnen, dass man ein ernsthaftes Problem hat, wirkt auf dich u.U. zunächst vielleicht wie ein Bumerang, aber das ganz alleine durchzuziehen, ist unheimlich schwer und in der Regel wenig erfolgreich, gerade, weil Alkoholismus eine ziemlich vielschichtige Erkrankung ist.

    Sich anderen ausgewählten Menschen zu öffnen und mit ihnen über sein Problem und seine Gedanken zu reden, kann tatsächlich auch zu einer enormen Stütze werden.

    Ein guter Freund von mir, der Bescheid weiß, sagte mal sinngemäß: „Es ist ein Zeichen des Respekts, dass wir in deiner Gegenwart keinen Alkohol trinken. Wenn man weiß, dass jemand ein Problem mit Alkohol hat, und dann trotzdem in seiner Gegenwart trinkt, ist das ja, als halte man ihm noch extra vor die Nase, dass er ein Problem hat.“

    Wenn du weißt, was dich alles triggern könnte, weißt du auch, wie du dich schützen kannst. Und dich zu schützen ist absolut notwendig, weil auch du es wert bist.

    Liebe Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Fragst du dich nicht mal, warum jemand ausgerechnet bei dir seinen seelischen Müll ablädt? Brauchst DU das für dein Selbstwertgefühl? Fallen andere Geschichten des Jammerns vielleicht auf fruchtbaren Boden, weil es dir ähnlich geht, dir jemand einen Spiegel vorhält? Irgendetwas stimmt nicht an deinem Verhalten. Auch da bist du nicht ehrlich vor dir und vor Anderen. Konzentriere dich auf DEINE Gefühle und ergreife auch mal unpopuläre Maßnahmen. Ohne irgendwelche Rechtfertigungen auch "NEIN" sagen können ist ungemein schwer, aber für mich war dieses "NEIN" der Weg zur Veränderung und zur zufriedenen Abstinenz.

    Alles Gute
    Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo, Isa, auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Auch ich kenne es nur zu gut, immer der Starke sein, allen helfen zu wollen und für JEDEN den Seelen-Mülleimer zu spielen.
    Nur: Mir hat niemand geholfen, für mich war niemand da, wo ich MEINEN Müll abladen konnte.

    Und das "Allheilmittel" dagegen kennst Du ja.

    Und ich kenne auch die ganzen anderen von Dir genannten Probleme ([un]heimlich trinken, verstecken, die Versuche, kontrolliert zu trinken, verheimlichen etc).
    Als ich mich dann geoutet habe, kamen überhaupt keine Vorwürfe, Lästereiien, negative Reaktionen - im Gegenteil: Mehrfach äußerten Bekannte/Freunde "Na endlich! Wir haben uns Sorgen gemacht und wussten nur nicht, wie wir Dich ansprechen sollen!"

    Das hat mir unheimlich viel gegeben. Auch wenn ich meinte, den ganzen Mist vor meiner Umgebung verheimlicht zu haben - es haben Viele gemerkt.
    Und nach meinem "Outing" hat sich die Spreu vom Weizen getrennt - übrig blieben nur wirkliche Freunde. Einige Trink-Freunde haben sich verabschiedet. Um die war es auch nicht schade.

    Dann habe ich gesagt, dass ich klar kommunizieren werde, wenn ich etwas NICHT möchte, z.Bsp. zu einer Feier zu gehen, jemandem beim Jammern zuzuhören.
    Und wer damit ein Problem hat - nun, dann hat ER ein Problem, nicht ich.

    Das hat so viel Druck bei MIR rausgenommen und mir sehr geholfen, nicht zur Flasche zu greifen.

    Schön, dass Du Dir einen Termin bei der Suchtberatung organisiert hast. Hier wurden Dir ja schon diverse Tipps/Hinweise gegeben. Dort kannst Du es nochmal persönlich hören und Fragen auch sofort besprechen.

    Und sollte bei Dir ein Schamgefühl aufkommen: Dort ist es anonym - und es ist deren Arbeit/Aufgabe, sich um Hilfesuchende zu kümmern.
    Vor Allem: Du willst ja etwas für Dich und gegen die Scht tun!

    Bei Fragen weisst Du ja, wo Du uns findest ;) Immer raus damit!

    Erst mal alles Gute

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Isa!

    Ich kann dich so verstehen! Mir ging es anfangs auch so, dass ich wusste, ich habe ein Problem und ich muss aufhören, aber ich wollte nicht.
    Da musste leider noch einiges passieren bis ich es endlich schaffte, das Trinken sein zu lassen.
    Ich war auch verheiratet, Vollzeit berufstätig mit 2 Kindern und glaubte, alles unter Kontrolle zu haben. Anfangs wollte ich es auch niemandem sagen, auch nicht meinem Mann, bis er kurz darauf zum ersten Mal den Rettungswagen rief, aus Sorge um meinen alkoholisierten Zustand.

    Inzwischen mache ich beruflich ganz etwas anderes, bin geschieden, lebe mit meinen Kindern alleine, aber ich bin trocken. Und das nüchterne Leben ist schön. Das hätte ich mir am Anfang und noch trinkend nie vorstellen können.

    Wenn du es schaffen willst, musst du es aus tiefsten Herzen wollen. Nicht nur ein bisschen, sondern ganz und du darfst dir keine Hintertür offen lassen. Denn eines kann ich dir garantieren: Wenn du nichts änderst, wird es immer schlimmer, und es wird der Tag kommen an dem du nichts mehr verheimlichen kannst.

    Alles Liebe
    Sara

  • Danke euch allen! Was mir hier sehr hilft ist zu hören, dass man ohne Alkohol sogar ein glücklicheres und sorgenfreieres Leben führen kann. So im kleinen kenne ich das sogar, wenn ich einige Tage nicht trinke und mich dann fitter und ausgeglichener fühle und viel besser schlafen kann. Trotzdem kam dann immer irgendwann der Punkt wo ich doch wieder getrunken habe. Das Seltsame ist, dass ich mir nach ein paar Tagen ohne, immer eibilde es "sei ja offenbar eh nicht so schlimm" statt mich einfach darüber zu freuen nicht mehr trinken zu müssen.
    Was ich vom Alkohol habe bzw wofür ich ihm zu brauche glaube.
    In erster Linie als soziales Schmiermittel (ich schätze die meisten hier wissen was ich meine). Nach ein paar Gläserner habe ich , selbst nach einem langen Tag, mehr Lust mich zu unterhalten, bin lockerer. Es ist ein bisschen wie ein unsichtbarer Schutz, der alles ein bisschen abfedert. Nicht falsch verstehen, ich weiß dass das ein Blödsinn ist, trotzdem fühlt es sich manchmal so an.
    Und der zweite große Punk ist Entspannung. Ich bin ein Mensch der sich schnell Sorgen macht und auch für Dinge verantwortlich fühlt. Auch hier wird das durch den Alkohol gemildert. Am nächsten Tag ist es dann natürlich wieder komplett umgekehrt und ich bin ängstlicher und angespannten als Vorher. Ich hoffe ich schaffe es bald zu diesem Punkt wo es richtig "Klick" macht und die Erkenntnis endlich ganz bei mir ankommt.
    LG und danke für alle Antworten

  • Hallo Isa,
    ich kenne ziemlich gut, was du schilderst.
    Das, was du von dir beschreibst, macht die Angelegenheit für dich auch so schwierig und gefährlich.

    Du trinkst Alkohol, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen.
    Und bislang glaubst du noch, dass du das ohne Alkohol nicht hinbekommst.

    Ich stelle dir deinen Aussagen einfach mal ein paar Fragen gegenüber.

    Du sprichst davon, dass du durch Alkohol nach einem langen Tag nochmals kommunikativ wirst. - Wäre richtige Erholung da nicht angebrachter?
    Alkohol schafft einen unsichtbaren Schutz um dich. - Was ist das für eine Umgebung, in der du einen solchen Schutz brauchst?
    Du machst du dir leicht Sorgen und fühlst dich verantwortlich. - Sind die Sorgen nicht mehr da und trägst du weniger Verantwortung, wenn du Alkohol trinkst, oder benebelst du dich einfach nur?


    Wenn du ganz ehrlich mit dir bist, wie weit bist du denn schon mit deinem Alkoholproblem?
    Und wie weit willst du es noch kommen lassen?

    Ich selbst bin jetzt fast 11 Monate trocken und es geht mir körperlich und psychisch so viel besser. Nie hätte ich das so erwartet und natürlich bestärkt es mich darin, nie wieder in meinem Leben Alkohol in meinen Körper lassen zu wollen.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo, Isa!

    AmSee hat eigentlich meine Fragen schon vorweggenommen. Genau diese sind auch bei mir "aufgeploppt".

    Ich habe einen sehr stressigen Beruf und war lange Zeit in meiner Familie Allein-Verdiener und Allein-Kümmerer.
    Und da habe ich den Alkohol eingesetzt, um "runterzukommen", zu "entspannen".

    Natürlich wusste ich, wie es mir am nächsten Tag geht - und habe trotzdem getrunken.

    Als ich dann den Absprung schaffte, waren natürlich NICHT alle meine Sorgen, Probleme, Nöte verschwunden. Und ich war auch nicht plötzlich gesund.

    ABER: Ich konnte mich um die Probleme mit klarem Kopf kümmern, konnte mir vernünftige - und vor allem langfristige - Strategien zurechtlegen. Und dadurch konnte ich alles nach und nach abarbeiten bzw. in Angriff nehmen.

    Vorher waren es oft nur Schnellschüsse und Notlösungen. Dann waren es dauerhafte Lösungen.
    Ich habe auch andere, effektivere Methoden gefunden, um mich zu entspannen und zu belohnen. Z.Bsp. Besuche in der Therme. Habe ich früher nicht so gerne gemacht, da ich ja mit Auto hin- und zurückfahren musste - also nicht trinken konnte. Jetzt freue ich mich darauf, im Wasser die Boje zu spielen und zu entspannen.
    Konzert-/Theaterbesuche - früher wegen der gleichen Gründe nur äußerst selten.

    Heute belohne ich mich im Restaurant, indem ich mir ein schönes GingerAle gönne und das Essen geniessen kann - und nicht daran denken muss, wann ich endlich nachtanken kann.

    Ich gestalte mein Leben, wie ich es will - und nicht, wie der Alkohol es (er)fordert.
    Natürlich ist nicht alles rosarot. Aber mit einem klaren Kopf lässt sich alles ertragen und/oder meistern.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Moin Isa,

    Zitat

    Ich hab in Foren wie diesem, schon häufiger gelesen, dass der Austausch erst dann sinnvoll ist, wenn man auch bereit ist mit dem trinken aufzuhören.

    Das war in deiner Vorstellung dein erster Satz. Viele Betroffene haben dir ja nun schon geantwortet. Auf die Beiträge bist du aber so gut wie gar nicht eingegangen…musst du ja auch nicht.

    Nun schreibst du wiederholt, dass du dir noch nicht vorstellen kannst, mit dem Trinken aufzuhören. Der „Kick“ macht dich immer noch glücklich. Du bist demnach noch nicht bereit.
    Ich frage mich, ob ein Austausch mit dir da wirklich sinnvoll ist. Du erfindest Ausreden, um dein Problem für dich zu behalten. Du lässt dir somit das Hintertürchen offen, um weiter saufen zu können.
    Denkst du denn, dass mit dem Lesen anderer Alkohol-Geschichten der Krankheit beizukommen ist ? Wäre ja zu schön…
    Ich musste erst vollständig zusammenbrechen. Erst mein persönlicher Tiefpunkt (der ist bei jedem Alkoholiker individuell) konnte ein Wende und Umkehr in mein Leben bringen.
    Kennst du den Ausdruck „point of no return“? Bei der Alkoholkrankheit weiß „man“ nicht, wann dieser Punkt kommen wird. Alkoholismus ist schleichend.
    Es ist wie auf diesen Drehscheiben, die auf Kinderspielplätzen stehen: Hat „man“ sich in der Balance und hält ein gleichmäßiges Tempo, geht alles gut. Wird „man“ aber zu schnell, wirft die Scheibe dich herunter.
    Alkoholismus lässt einen jede Balance verlieren. Ich kann dir nur sagen: der "point of no return" kommt sicher - und das Ende damit auch.
    Jeder hat die Wahl: Kapieren oder Krepieren…

    LG Britt

    PS: Wann hast du denn den Termin bei der Suchtberatung und was erhoffst du dir von diesem Termin? Wäre schön, wenn du das mit uns teiltest.

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Guten Morgen Isa,

    ich möchte Dir einfach kurz ein paar Gedanken von mir da lassen. Und zwar dazu:

    Zitat

    In erster Linie als soziales Schmiermittel (ich schätze die meisten hier wissen was ich meine). Nach ein paar Gläserner habe ich , selbst nach einem langen Tag, mehr Lust mich zu unterhalten, bin lockerer. Es ist ein bisschen wie ein unsichtbarer Schutz, der alles ein bisschen abfedert.

    Hast Du mal darüber nachgedacht, dass Du hier mit Hilfe des Alkohols etwas tust, das Du eigentlich gar nicht tun möchtest? Du hast gar keine Lust Dich zu unterhalten, Du hast gar keine Lust Menschen um Dich zu haben aber nachdem Du Alkohol konsumiert hast, funktioniert das plötzlich ganz wunderbar. Eigentlich sagt Dein Körper oder Deine Psyche: Stopp, ich will das jetzt nicht.Ich will jetzt lieber für mich sein. Ich will meine Ruhe haben. Vielleicht auch: ich muss regenerien, sonst überfordere ich mich auf Dauer.

    Und was machst Du? Du denkst Dir: das ist nicht normal, weil alle anderen sind ja auch immer kommunikativ und gut drauf. Nur ich nicht. Aber ich weiß ja mittlerweile, was dagegen hilft.

    Wie wärs denn mal, wenn Du auf Deine wirklichen Bedürfnisse hören würdest? Wenn Du das tun würdest, was Du wirklich möchtest. Und nicht das, von dem Du glaubst, das Du es möchtest oder das es sein muss.

    Hast Du Dir mal überlegt, dass Du den Alkohol dafür hernimmst, um jemand zu sein oder zu werden, der Du in Wahrheit gar nicht bist? Und wenn dem so ist, warum tust Du das? Warum willst Du so sein, warum willst Du ein Mensch sein, der Du gar nicht bist oder der Du ohne Alkohol gar nicht wärst?

    Willst Du nicht "echt" sein? Wenn Du trinkst, bist Du nicht mehr echt, dann bist Du Dein alkoholbedingtes Scheinbild. Kann man machen, führt aber auf Dauer dazu, dass man sich selbst komplett verliert. Inklusive der unfassbar großen Probleme, die die Sucht ansich mit sich bringt.

    Wenn Du nun denkst: "Aber ich will ja nicht auf Dauer alleine daheim sitzen und komplett vom sozialen Leben ausgeschlossen sein", dann kann ich nur sagen: Das wirst Du auf jeden Fall irgendwann erreichen, wenn sich die Sucht manifstiert und Dich richtig in den Würgegriff nimmt. Wenn Du aber aufhörst mit dem Trinken, wird sich auch Dein Sozialverhalten langsam wieder normalisieren. Vielleicht brauchst Du erst mal eine Pause, vielleicht willst Du dann erst mal Deine Ruhe haben, das kann gut sein. Das war bei mir z. B. genau so der Fall. Aber, je länger ich ohne Alkohol lebte, desto mehr kam auch wieder der Wunsch auf, in ein (gesundes) Sozialleben zurück zu kehren. Und ja, mit Alkohol war ich auch sofort redseelig und konnte auch mit Menschen kommunizieren, mit denen ich nüchtern gar nicht kommunizieren möchte. Heute weiß ich das alles. Und heute bin ich wieder ein sehr kommunikativer Mensch. Aber ich rede 1. nur wenn ich was zu sagen habe und 2. nur dann, wenn mir wirklich danach ist und ich das auch möchte. Damit geht es mir sehr gut und ich habe heute einige wenige sehr gute Freunde, wo es auch zu wirklich tiefen Gesprächen kommt und ein "normales" sonstiges Umfeld, wo ich komplett alkoholfrei so oft und viel kommuniziere, zusammen sitze, feiere, etc. wie ich es eben möchte. Das ist wirklich toll!

    Und wenn ich mir heute als Zuhörer alkoholbedingte Kommunikationen anhöre, stelle ich fest, dass diese immer blöder werden, je höher der Pegel steigt. Und ich denke mir: Mein Gott, da warst Du früher selbst dabei. Und du hast es nicht mal gemerkt.

    Zitat

    Und der zweite große Punk ist Entspannung. Ich bin ein Mensch der sich schnell Sorgen macht und auch für Dinge verantwortlich fühlt.


    Ja ja, die liebe Entspannung... Mal aussteigen, mal die Sorgen des Alltags hinter sich lassen, mal an gar nichts mehr denken müssen. Damit schildert Du einen der "Hauptgründe", den viele nennen, wenn man die Frage stellt, wofür sie den Alkohol her nehmen.

    Aber es ist natürlich so, wie Du ja selbst schon erkannt hast: es ist eine äußerst temporäre Angelegenheit und wenn dieses Verfahren regelmäßig anwendet, wie Du das ja offenbar tust, dann bekommt die Sucht sozusagen nebenher mit untergejubelt. Was bedeutet das? Nun, das bedeutet, dass die eigentlichen Sorgen wegen denen man trinkt, winzig klein werden gegenüber den Sorgen und Problemen, die man sich durch das Entstehen einer Alkoholsucht eingefangen hat.

    Ich sag das so und ich darf das so sagen, weil ich das genau so erlebt habe. Ich DACHTE ich hätte Probleme. Aber im Verlgeich zu dem was ich dann an Problemen hatte als ich süchtig war, waren meine damaligen Probleme regelrechte Lapalien.

    Und, oh Wunder, heute kann ich ohne Alkohol sehr gut mit all den "normalen" Problemen des Alltags umgehen. Denn die habe ich ja nach wie vor. Mein Leben ist ja nicht problemfrei, weil ich keinen Alkohol mehr trinke. Klar, was weg fällt sind all die Megaprobleme und Baustellen, die ich mir durch die Sucht selbst fabriziert habe. Aber da war ich ja auch selbst verantwortlich. Aber all die anderen Dinge, Dinge für die man ja auch oft gar nichts kann, die sind bei mir natürlich genauso vorhanden wie bei jedem anderen auch.

    Ohne Alkohol, kann ich sie viel besser angehen, habe viel bessere Strategien um Lösungen für mich finden. Früher war die Strategie: kurzfristig aus der Realität entfliehen. Heute ist die Strategie: das Leben so annehmen wie es ist, grundsätzlich positiv denken und Probleme als solche auch akzeptieren und wenn es irgendwie geht, sie dann zu lösen. Und das geht fast immer.

    Und auch größere Geschichten, wie z. B. mal der Tod einer nahestehenden Person (auch das ist mir schon passiert) können ohne Alkohol, mit einer inneren Klarheit, viel besser verabeitet werden.

    Fazit: Was immer Du jetzt denken magst, ich weiß aus eigener Erfahrung: Der Alkohol ist zu NICHTS nütze. Er gauckelt Dir nur vor Dir zu helfen, er gibt Dir temporäre Glückmomente, für die Du am Ende aber ganz bitter bezahlen musst. Auch wenn Du das jetzt vielleicht noch nicht so empfindest: je länger Deine Sucht dauert und je tiefer Du rein rutscht, desto schlimmer wird es. Bei mir waren es erst viele Jahre, die eigentlich ganz gut gelaufen sind, trotz Sucht. Die letzten paar Jahre aber, die waren die pure Hölle. Und hätte ich den Absprung nicht geschafft, wäre ich heute nicht mehr hier. Da bin ich mir sehr sicher.

    Überlege Dir mal, ob Du so leben möchtest. Und wie lange Du noch so leben möchtest. Ich wünsche Dir, dass Dein Besuch bei der Suchtberatung zum Wendepunkt in Deinem Leben wird.

    Alles Gute wünsche ich Dir!

    LG
    Gerchla

  • Hallo Isa.
    Nun möchte ich dir auch schreiben.
    Ich bin der Meinung, dass es sehr wohl Sinn macht ,sich auszutauschen, auch wenn du noch nicht "richtig " bereit bist ,den Alkohol loszulassen.
    Ich erkenne mich in deinen Zeilen teilweise wieder.
    Gemerkt habe ich sehr wohl,dass ich ein Alkoholproblem habe,wollte es aber nicht so richtig wahrnehmen. Die Angst davor ,ohne Alkohol leben zu müssen war mir eindeutig zu groß und ich hatte in der Tat nicht mal eine Ahnung davon ,wie das überhaupt funktionieren soll. Ein Leben ohne Wein ? Undenkbar!
    Dass du dich hier angemeldet hast ,zeigt, dass du Hilfe suchst und trotzdem große Bedenken hast ,es auch tatsächlich durchzuziehen..du hast im Moment logischerweise noch keine Vorstellung davon ,wie so ein Leben ohne Alkohol funktionieren soll.
    Das kann ich nachvollziehen und ich denke ,dass es jedem so ergangen ist, der mal am Anfang stand.
    Du hast dich schon eingelesen und dich mit dem Thema intensiv befasst.
    Du stehst quasi wie auf einem Sprungbrett und siehst das Wasser unter dir... sollst du springen ? Schaffst du das ? Oder doch lieber nicht?
    Ich habe im vergangenen Oktober aufgehört zu trinken.
    Du kannst es in meinem Thread lesen ...Ich war bereit ,endgültig aufzuhören,da mich es zusehends angewidert hat ,mich vom Alkohol dominieren zu lassen und immer weiter reinzukommen in die Sucht... Ich hatte jahrelang einen problematischen Umgang damit.
    Aber auch ich hatte wieder mal Angst (nach einigen Versuchen) ,wieder schwach zu werden und es nie zu schaffen ,von der Sucht loszukommen.

    Jetzt bin ich bald 1 Jahr alkoholfrei und ich bin froh ,dass ich frei davon bin.
    Ich habe zwar immer noch Probleme, die ja nicht verschwinden, aber ich habe wenigstens ein riesen Problem beseitigt...Ich muss mich nicht mehr bestimmen lassen vom Alkohol und ich bin froh ,nicht mehr trinken zu MÜSSEN.
    Es ist KEIN Verzicht, sondern ein GEWINN.
    Zu der Zeit ,als ich noch in deinem Stadium war ,dachte ich noch ,dass es ein ungeheurer und schwieriger Verzicht ist, wenn ich nicht mehr Alkohol trinken DARF.
    Du siehst, meine Denkweise hat sich verändert.
    Probiere es aus.
    Tu es !

    Die Erfahrung wird dir zeigen ,was sich verändern wird,wenn du es tust.
    (Keinen Alkohol mehr zu trinken ).
    Du wirst davon profitieren.

    Heute sehe ich vieles anders...und erst jetzt verstehe und erkenne ich erst ,wie stark ich gefährdet war.
    Damals konnte ich es noch nicht erkennen,als ich noch getrunken habe.

    Nur Mut!
    Schreib doch mal,wie es dir aktuell geht und wie dein aktueller Stand der Dinge ist.
    Solltest du noch trinken ,hoffe ich trotzdem, dass du dich getraust zu schreiben.
    Aus meiner Sicht ist Scham fehl am Platze.

    Liebe Grüße
    Orangina13

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!