Beiträge von Camina1969

    Hallo Orangina,

    du schreibst von Ängsten, die du hast, vor Corona, aber fast mehr noch vor der Entwicklung, die in unserer Gesellschaft stattfindet.
    Wir sind ja alle Teil des Dialogs, der gerade stattfindet, und können deshalb auch darauf Einfluss nehmen. Indem wir z.B. nicht zuspitzen aus polemischen Gründen, oder auch, indem wir uns nicht nur in unserer eigenen „Blase“ aufhalten, so wie du ja auch schreibst, dass du dich gerne faktenbasiert informierst.

    Das von dir zitierte Blog ist ja durchaus auch zu hinterfragen. Gerade kürzlich las ich hier https://www.volksverpetzer.de/corona-faktenc…ruende-impfung/ einen interessanten Beitrag dazu.

    Die vielbeschworene „Spaltung“ der Gesellschaft wird von manchen Interessengruppen (auch Parteien) womöglich gezielt genutzt und verstärkt, unter dem Deckmantel, diesen Zustand zu beklagen.

    Ich wünsch dir einen schönen, möglichst unbeschwerten Sonntag!

    Viele Grüße
    Camina

    Liebe Orangina,

    herzlichen Glückwunsch :) Ich freue mich mit dir!

    Und bitte entschuldige, dass ich noch gar nicht auf deine Frage geantwortet habe.


    Verzeihen ist ja nicht das Verneinen von Schuld.(Das hast du geschrieben).

    Was meinst du damit ?
    Ich stehe gerade auf dem Schlauch.

    Ich meine damit, dass ich jemandem etwas verzeihen kann (zum Beispiel meiner Mutter), und es dadurch aber nicht „wieder gut“ ist. Ich brauche nicht zu sagen, „ach komm, ist nicht so schlimm“, sondern ich kann sagen (oder denken), „Ja, das war schlimm. Und falsch. Aber ich verzeihe es.“ So ungefähr.
    So ähnlich versuche ich auch mit meiner Schuld umzugehen. Nicht kleinreden. Akzeptieren, dass ich Menschen verletzt habe, und lernen, mir zu verzeihen.

    Wenn ich eine Schuld (einen Fehler, eine Verletzung) kleinmache oder wegschiebe, dann ist ja auch kein Verzeihen mehr nötig (und möglich!).

    Weiß nicht, ob das irgendwie klarer geworden ist, wie ich‘s meine. Wahrscheinlich nicht wirklich …

    Lieben Gruß
    Camina

    Zitat

    aber in Wirklichkeit stressen mich viele Situationen.

    Hallo Isa,

    so ging mir das auch. Und ich habe ebenfalls diverse Situationen damals nicht ohne Alkohol bewältigen (oder aushalten) können. Das war so. Alkohol hilft da erstmal.

    Das meine ich damit, wenn ich sage, es sind oft (auch bei mir!) einige Änderungen nötig.
    Ich habe zum Beispiel bestimmte soziale/familiäre Situationen erst einmal komplett gemieden.
    Immer, wenn ich dachte, „das schaffe ich nicht (ohne Alkohol)“, dann habe ich es eben nicht gemacht. Da habe ich „einfach“ meine Prioritäten verschoben. Das hat bei mir aber auch erst funktioniert, als ich wirklich an meinem persönlichen Wendepunkt angekommen war und meine Trockenheit an die erste Stelle gesetzt habe.

    Jetzt nach einigen trockenen Jahren kann ich auch wieder manche Situationen tolerieren oder sogar genießen, die ich damals ohne Alkohol nicht meistern zu können meinte. Andere bleiben für mich gestrichen, weil ich endlich öfter so handle, wie es für mich gut ist, und nicht so, wie ich „sollte“.

    Das ist eine meiner durch die Trockenheit neu gewonnenen Freiheiten: Ich „muss“ viel weniger. Und will stattdessen. Oder eben nicht.

    Herzlichen Gruß
    Camina

    Hallo Isa,

    wie war das jetzt für dich, das alles mal ungeschönt auszusprechen bzw. aufzuschreiben?

    Ich bin ebenfalls Mutter und war wie du Heimlichtrinkerin (bis auf die Male, wo ich es nicht geschafft habe, es zu verheimlichen) und war in diesem Teufelskreis jahrelang gefangen. Auch ich dachte, ich brauche den Alkohol, um mein Leben, den Alltag zu bewältigen. Und irgendwie stimmte etwas daran ja auch: es lief etwas schief, das ich versuchte, mit Alkohol gerade zu rücken, aber dadurch geriet in Wirklichkeit alles nur noch mehr in Schieflage, usw.

    Ich will dir aus meiner Erfahrung heraus Mut machen, daran zu glauben, dass dein Leben, wenn du aufgehört haben wirst zu trinken, viel lebbarer wird. Du wirst einiges ändern können, vielleicht auch müssen.

    Ich musste tatsächlich aus meiner Ehe heraus, und ich musste meine Arbeitszeiten reduzieren, weil ich mir endlich eingestand, und zugestand, nicht mehr einfach wie bisher weitermachen zu können.

    Als ich beschlossen hatte, nicht mehr zu trinken, das als meine erste Priorität anzusetzen, und verstanden hatte, dass ich alkoholkrank geworden war, und ich das ernst nahm, konnte ich beginnen, mich und meine Bedürfnisse ernst zu nehmen, wichtiger zu nehmen.

    In den Jahren seither habe ich nach und nach gemerkt, wie sehr ich seelisch unter dieser Heimlichtuerei, diesem „Doppelleben“ gelitten hatte. Wie groß die Scham und wie klein mein Selbstwertgefühl waren. Das ist kein schneller leichter Weg, da heraus, aber er lohnt sich! Wenn ich jetzt an mein früheres trinkendes Ich zurückdenke, dann ist da soviel Mitgefühl mit mir selbst, und jeden Tag Dankbarkeit, dass ich so nicht mehr leben muss.

    Dein Bild, das du verwendet hast (du rufst innerlich um Hilfe, ignorierst dich aber selbst), beschreibt gut, was die Sucht macht, oder? Das Schlimmste beim heimlich trinken und lügen sind ja die Lügen, die man sich selbst erzählt.

    Hier zu schreiben ist doch schon einmal ein wichtiger Schritt. Du könntest auch vor Ort in eine Suchtberatungsstelle gehen.
    Ich glaube, es ist leichter, aufzuhören, wenn man die Karten auf den Tisch legt, aber es muss ja nicht gleich zu Anfang jeder Tisch sein. Ich bin damals zu meiner Hausärztin gegangen (voller Scham und Angst) und habe erst Wochen später jemandem im persönlichen Umfeld gesagt, dass ich nicht mehr trinke. Dass ich abhängig geworden war.

    Finde deinen Weg, nimm dich selber wichtig und höre auf deine gesunde innere Stimme.

    Ich wünsche dir heute einen schönen Tag und hier einen hilfreichen Austausch!

    Herzlichen Gruß
    Camina
    w, 52, trockene Alkoholikerin

    Liebe Orangina,

    aufgrund verschiedener gesundheitlicher Probleme meiner Mutter (v.a. aufgrund des Alters) bin ich zur Zeit häufiger bei ihr als in der Vergangenheit. Es vergeht kaum eine Woche, in der wir uns nicht sehen. Ihre Fähigkeit, ihren Blick von sich selbst auf andere zu richten, hat eher noch abgenommen - insofern finde ich im Kontakt mir ihr eher nur als Bedürfniserfüllerin statt. Oft kann ich das gut an mir abtropfen lassen, aber es gibt auch Tage, an denen ich Schwierigkeiten damit habe; ich hinterher merke, wie traurig oder auch verletzt oder sogar wütend ich bin. Es hilft mir sehr, dass ich eine Schwester habe und wir uns gut miteinander auch über unsere Mutter austauschen können. Ich habe nicht im Kopf, ob auch du Geschwister hast?

    Ich finde dein Bild von den kleinen Mädchen sehr schön.

    Mir tut meine Mutter auch unglaublich leid. Ich habe auch ihre ganze Geschichte im Kopf, und die Entwicklung, die ihr Leben genommen hat, der Mensch/die Frau, die sie geworden ist, das alles ist vor dem Hintergrund ihrer Geschichte sehr verständlich und nachvollziehbar. Darüber habe ich auch in meinen Therapien immer wieder gesprochen.
    Musste erst lernen, dass ich trotz meines Blickes auf das GroßeGanze das Defizit als solches benennen und spüren darf. Verzeihen ist ja gerade nicht das Verneinen von Schuld.

    Ja, und wie bei dir hat das Ganze bei mir auch zur Folge, dass ich es schwer habe, mich selbst anzunehmen und mir mit Liebe (oder zumindest freundlich) zu begegnen. Die letzten trockenen Jahre haben mich aber auf diesem Weg weitergebracht als all die nassen Jahre zuvor.

    Insofern:

    Zitat

    Es ist mir noch viel wichtiger, dass ich für mich vorankomme.


    Meine Erfahrung ist, dass das immer weiter in Bewegung bleibt und vieles immer klarer wird.

    Liebe Grüße
    Camina

    Liebe Orangina,

    dies hier schriebst du neulich unter anderem in einem anderen Thread:

    Zitat

    Ich mach mir doch solche Sorgen um dich -Text von meiner Mutter hat bewirkt, dass ich ihr nie etwas von mir erzählt habe. Also konnte sich nie etwas wie Vertrauen entwickeln. Ich schottete mich ab ,auch weil ihre Drama-Reaktionen mich zusätzlich belasteten,so dass ich mich weiter zurückzog und :
    Es drehte sich immer nur um ihre Befindlichkeiten, nie um meine.
    Sie war auch nicht in der Lage ,sich mir zuzuwenden.

    Darin erkenne ich meine Mutter wieder. Ich finde es auch ganz schwierig, damit innerlich umzugehen, mich abzugrenzen, und wie du habe auch ich meine Mutter dann einfach nicht mehr an den Tiefen Dingen teilhaben lassen.
    Ich glaube, diesen Rückzug spürt sie auch. Narzissmus bei der Mutter (muss ja gar kein bösartiger sein), so hat es meine Therapeutin gedeutet.
    Diese notwendige innere Abgrenzung macht dann ja aber auch (obwohl sie notwendig ist) einsam, bzw. es fehlt einem die nährende, starke, gute Mutter. Die jetzt als Erwachsene in mir selber zu finden, das versuche ich.

    Herzlichen Gruß und dir einen schönen Sonntag heute!
    Camina

    Hallo,

    dort in der Nähe ist eine Klinik, in Lübsdorf.

    Vielleicht kann dir außerdem auch eine Suchtberatungsstelle auch mit guten Tipps weiterhelfen.
    Und hast du einen Arzt dort?

    Ich drücke die Daumen, dass du Hilfe für dich findest. Du hast recht, ohne Trockenheit nützt dir auch der Job nichts…

    Alles Gute!
    Camina

    Hallo Orangina,

    Zitat

    Was hast du positives für dich rausgezogen?(als du dich mit der Hochsensibilität befasst hast ?)

    Vor ein paar Jahren schrieb ich an anderer Stelle über meine Hochsensibilität, und ich zitiere daraus hier mal, weil es nach wie vor Gültigkeit für mich hat.

    —-

    Heute morgen dachte ich gerade nochmal darüber nach, wie gut es tut, akzeptiert zu haben, dass die Menschen eben einfach unterschiedlich wahrnehmen. Egal, wie man das nun nennt oder einteilt oder nicht.
    Aufgewachsen bin ich mit dem Anspruch, so zu reagieren, wie "die anderen" reagieren, das zu können, das zu mögen, (oder nicht zu mögen), was die "anderen" können oder mögen. Und wenn das nicht geklappt hat, oder wenn es mich furchtbar erschöpft hat, oder beunruhigt oder verängstigt hat, dann war es, weil ich nicht so "gut" (so hip, so spontan, so was weiß ich) war.

    Dass diese Vergleicherei ein (gutes) Ende gefunden hat (jedenfalls im Verstand) verdanke ich natürlich auch meiner wachsenden Altersweisheit ;) aber eben auch meiner Kenntnis über meine Hochsensibilität. Wirkt Wunder für mein Selbstwertgefühl.

    Seit ich weiß, dass eine meiner Eigenschaften die Hochsensibilität ist, kann ich besser mit mir umgehen. Ich kann mich besser verstehen, und ich kann auch meine Mitmenschen besser verstehen, die ebenfalls Hochsensiblen, und die nicht Hochsensiblen. Aus diesem Verständnis kommt Nachsicht und Akzeptanz mit mir selbst und anderen. Dies war mir nicht in diesem Maße möglich, als ich noch nicht diese Kategorisierung als Hilfestellung oder auch "Krücke" hatte. Natürlich kann man versuchen, jeden Menschen komplett individuell zu erfahren (….), ohne Kategorien, nur als Summe seiner individuellen Eigenschaften. Aber das ist so unglaublich komplex, und sozusagen „die hohe Kunst“.

    Es ist interessant, und auch erleichternd, dass ich, wenn sich in einem Kontakt zu einem anderen Menschen herausstellt, dass dieser auch hochsensibel ist, vieles gar nicht mehr erklären muss. Im Kontakt mit nicht-Hochsensiblen bin ich oft in die Situation gekommen, dass ich mich unzulänglich gefühlt habe. Weil der andere davon ausging, dass ich die Welt ebenso wahrnehme wie er. Und davon ging ich ja auch aus, bevor ich von meiner Hochsensibilität erfuhr und lernte, dass bestimmte Voraussetzungen bei nicht Hochsensiblen und Hochsensiblen eben einfach unterschiedlich sind. Ich war ja auch immer davon ausgegangen, dass ich mir nur nicht "genug Mühe gebe", "übertreibe", wenn ich mit etwas nicht so gut klarkam. Das Wort "Überempfindlich" begleitet mich schon mein ganzes Leben, aber eben nicht als wertfreie Beschreibung meines So-Seins, sondern als (Ab)Wertung. "Sei doch nicht so überempfindlich", dieser schon in der Kindheit ständig an mich gestellten Anforderung versuchte ich mein Leben lang zu genügen, und als ich vor einigen Jahren endlich realisierte, dass ich daran unweigerlich scheitern musste, weil ich nun einmal so bin, über das durchschnittliche Maß hinaus empfindlich, eben hochsensibel, da ordnete sich mein Leben neu. Das war eine so große Erleichterung, Befreiung, dass ich es kaum beschreiben kann. Und ohne diese Erkenntnis wäre es mir vermutlich auch nicht gelungen, vom Alkohol wegzukommen. Oder zumindest nur mit einem viel höheren Kraftaufwand. Für mich gehört dies beides durchaus zusammen in dem, was mich ausmacht.

    Aber natürlich wird nicht jeder Hochsensible alkoholabhängig. Manche haben "Glück" und wachsen schon einem Umfeld auf, dass ihrer Hochsensibilität Rechnung trägt. Solche Menschen haben nicht diese "Anpassungsschwierigkeiten" in ihrem Leben und daher auch keinen Leidensdruck aufgrund ihrer Hochsensibilität. Bei mir war es so, dass ich, lapidar gesagt, von Beginn meines Lebens an eine "Anpassungsstörung" hatte. Die - zusammen mit anderen Faktoren - mich depressiv und alkoholabhängig werden ließ. Für mich ist es daher wichtig, und ein andauernder Prozess, die Ausprägungen meiner Hochsensibilität zu erkennen und eine "Anpassung" herbeizuführen, die mich nicht krank macht.

    Über den Verlust des "Bauchgefühls":

    "Vertrau deinem Baugefühl" höre ich immer mal wieder.
    Ich glaube der Verlust meines Bauchgefühls bzw. meiner Verbindung dazu wurzelt in meiner Hochsensibilität und der misslungenen Anpassung und Annahme in meiner Kindheit.
    Ich habe als Kind (und auch als Jugendliche und Erwachsene) immer wieder gehört: "Sei doch nicht so empfindlich", "das ist doch gar nicht so schlimm", "Du stellst dich aber an", "du bist ja etepetete". Ist es da ein Wunder, dass ich versucht habe, mein Bauchgefühl, meine Intuition, zu übergehen, zu ignorieren, stattdessen versucht habe zu lernen, so zu empfinden wie "die anderen" (mal pauschalierend gesagt)?

    Nach und nach verlor ich dadurch den Kontakt zu meinem Bauchgefühl, zu meinem Körper als Organ meiner Wahrnehmung. Es schien sicherer, zu denken statt zu spüren. Denn das spüren war ja so oft "falsch". Aber übers Denken kann ich den Kontakt zu meinem Bauch, zu meinen Bedürfnissen, nicht herstellen.

    Es hilft mir, diese Zusammenhänge zunächst gedanklich herzustellen. Aber die Veränderung, die Rückbesinnung auf mein Bauchgefühl muss (…) über den Körper und seine Wahrnehmungen erfolgen.

    —-
    Dies schrieb ich vor ein paar Jahren, und das gilt im Grunde immer noch, auch wenn es mir inzwischen nicht mehr so wichtig ist, es (mich) zu kategorisieren. Der große Gewinn bleibt für mich, dass ich mein gedankliches Spektrum des „normalen Menschseins“ erweitern konnte und weiß, dass es viele wie mich gibt, (wenn es auch nicht die Mehrheit ist), und ich mich nicht mehr abwerte einfach aufgrund meines So-Seins.

    Herzliche Grüße
    Camina

    Hallo nochmal kurz, Orangina, mir ist da noch ein Gedanke gekommen.

    Ich habe mich, erstmals sogar noch in nassen Zeiten, mit dem Thema Hochsensibilität beschäftigt. Habe viele Bücher dazu gelesen und mich mit anderen ausgetauscht, die das Thema auch interessant fanden. Ob es „die Hochsensibilität“ gibt in Abgrenzung von der „Normalsensibilität“, würde ich jetzt evtl. in Frage stellen. Aber auf mich treffen definitiv sehr viele Merkmale des Fragenkatalogs zu, mit dem frau (oder man) sich selbst „testen“, einordnen kann.

    Das hat mir damals ganz neue Perspektiven eröffnet, und quasi eine neue und irgendwie positivere Einstellung zu mir und etlichen meiner „Probleme“. Und in den Texten von anderen, die sich als hochsensibel erleben, habe ich auch viele ganz praktische Tipps gefunden, wie ich mit manchen Dingen anders, und mir selbst gegenüber fürsorglicher, umgehen kann.

    Weiß nicht, ob das was ist, was du dir mal näher anschauen willst.

    Nochmal herzlichen Gruß!
    Camina

    Hallo Orangina,

    freu mich, dass du schreibst, und dass es dir gut geht und du weiterhin trocken bist.

    Dies hier hat mich angesprochen:

    Zitat

    möchte ich noch sagen, dass ich zufrieden und froh bin, dass ich weggekommen bin vom Alkohol, aber ich bin noch auf der Suche nach mir, nach einem guten Umgang mit gewissen Themen .. früher habe ich eine Flasche Wein aufgemacht. Heute mach ich das nicht mehr und es ist da eine kleine Lücke entstanden. So richtig fühle ich mich noch nicht eins mit mir.

    So ging und geht es mir auch, muss wohl sagen, auch nach mittlerweile etlichen trockenen Jahren noch. Aber vielleicht, denke ich mir, ist dieser Wunsch, so ganz „eins“ mit mir und innerlich möglichst konfliktfrei zu sein, ja auch Teil meiner sozusagen schwierigen Psyche (die auch die Sucht begünstigt hat).
    Ich habe, als ich ein Jahr trocken war, eine Psychotherapie angefangen (und mittlerweile wieder beendet), um Hilfe zu haben beim Umgang mit mir und der Welt.

    Hast du Ideen, was dir helfen könnte?

    Herzlichen Gruß!
    Camina

    Hallo Paul,

    ich bin sehr berührt davon, was und wie du schreibst.

    Du schreibst, dass du dich über die Jahre von deinen Eltern geliebt und geschützt gefühlt hast. Das hat dir bestimmt eine gute innere Basis gegeben, so dass du jetzt den Schritt hinaus aus deinem Elternhaus in dein eigenes Leben machen kannst. Wie schön auch, dass du von einem Traumstudium sprichst. Das klingt richtig toll, und das ist jetzt für dich dran.

    Dein Vater wird sich um sich selber kümmern. Das ist seine Aufgabe. Es gibt für Angehörige Hilfen, Daun schrieb ja schon von Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen. Darum kann sich dein Vater für sich selber kümmern, das ist nicht deine Aufgabe.
    Wenn du in deiner Studienstadt das Bedürfnis hast, dir auch Unterstützung für deine emotionale Situation zu holen, gibt es dort auch für dich entsprechende Anlaufstellen.

    Auf mich wirkt es so, als habe dein Vater Angst, „alleine“ zu bleiben mit dem Problem (dem Trinken deiner Mutter bzw. seiner eigenen Hilflosigkeit). Aber er wird - nach dem, wie du deine Eltern beschrieben hast - nicht wollen, dass du deinen nächsten Schritt nicht gehst aus falsch verstandenem Verantwortungsgefühl für deine Eltern. Und wenn doch (Eltern machen Fehler, ich weiß das, bin selber Mutter), dann ist das nicht ok.

    Kein Angehöriger kann dem Alkoholiker zu der nötigen Einsicht verhelfen. Das ist unheimlich schwer zu verstehen und zu akzeptieren.

    Deine Mutter muss ihren eigenen Weg finden, genauso wie dein Vater. Das hat nichts damit zu tun, dass du beide liebst und ihnen vielleicht etwas „zurückgeben“ möchtest an Liebe und Zuwendung. Aber deine Verantwortung ist für dich selber. Dass du in dein eigenes gesundes Erwachsenenleben startest, das ist die beste „Belohnung“ für deine Eltern.

    Ich wünsch dir alles Gute!
    Und hier vielleicht noch weiteren hilfreichen Austausch.

    Herzliche Grüße
    Camina, 52, trocken seit 2013

    Liebe Schotterblume,

    Zitat

    ich habe sie aber überstanden ohne zu trinken.

    Wie denn? Was hast du gemacht, statt zu trinken?

    Wenn ich solche Tage hatte, hat es mir geholfen, mir zu sagen, dass ich ALLES machen kann. Trinken war bei mir oft etwas, das ich getan habe, weil ich meinte, etwas anderes nicht tun (oder lassen) zu können.
    Ich durfte aber, als ich trocken war, meinen ganzen Perfektionismus, meinen Leistungsdruck etc. so weit wie möglich über Bord schmeißen. Eine zentrale Aufgabe für mich als trockene Alkoholikerin besteht darin, dafür zu sorgen, dass es mir gut geht, dafür auch frühere „Glaubenssätze“ („das kannst du ihm/ihr doch nicht zumuten“, „das musst du doch schaffen“, „stell dich nicht so an“ usw. usw.) erkennen und überwinden.

    Wenn du heute darüber nachdenkst, zu trinken, was brauchst du EIGENTLICH? Wird dir alles zuviel, musst du mal weg von allem - was kommt da hoch an Gedanken und Gefühlen. Hilft es dir, da anzusetzen und etwas für dich zu tun?

    Ansonsten finde ich es richtig gut, deinen Ansatz, deinen Gedanken eben als „Gedanken“ zu sehen, der von deinem Suchtgedächtnis gesteuert wird. Der dich aber nicht steuert. Weil du jetzt trocken und selbstbestimmt bist.

    Schreib doch später nochmal, wie es dir geht.
    Vielleicht kannst du dich auch mit einem vertrauten Menschen persönlich austauschen. Reden hilft ja oft.

    Viele herzliche Grüße,
    Pass gut auf dich auf,
    Camina

    Liebe Hanna,

    ich finde es sehr nachvollziehbar, dass es dir schwerfällt, dich von der traurigen Situation deiner Schwester abzugrenzen.

    Ich kann dir rechtlich nichts sagen - da kenne ich mich nicht ausreichend aus.

    Wenn sie dich kontaktiert und du den Eindruck hast, es besteht Gefahr, dass sie sich verletzt, kannst du den Notarzt rufen. Das kannst du ihr ja auch vorher ankündigen.

    Es ist schrecklich, was eine Suchterkrankung anrichtet, nicht nur für die Süchtigen selbst, sondern auch für die Angehörigen.

    Ich bin selber alkoholabhängig, seit einigen Jahren trocken, und ich bin auch Schwester und kann dich daher gut verstehen.

    Deine erste Verantwortung ist deiner eigenen Gesundheit gegenüber. Du darfst dich abgrenzen.
    Deine Schwester muss sich selber helfen wollen, sonst kann es keiner, auch du nicht.

    Alles Gute, und noch hilfreiche Antworten hier wünsche ich dir.

    Herzlichen Gruß
    Camina

    Liebe Schotterblume,

    ich habe gerade mal nachgeschaut, ich glaube, ich habe dir noch gar nicht geschrieben... Dann aber jetzt! :)

    Ich finde es auch richtig gut, dass du jetzt hier wieder geschrieben und von deinen Rückfällen berichtet hast. Meinst du, es hätte etwas geändert, wenn du vor deinem ersten Rückfall (im März?) noch hier geschrieben hättest?

    Ich bin, nachdem ich damals bereits ein paar Monate trocken war, ich glaube, es waren acht oder neun (oder noch länger, bin mir gar nicht sicher) dann in eine Selbsthilfegruppe hier vor Ort (Freundeskreise für Sichtkrankenhilfe) gegangen. Ich hatte es früher schon einmal nach Jahren der Abstinenz erlebt, dass ich wieder mit Trinken angefangen habe, und ich wollte einfach noch mehr Hilfe in Anspruch nehmen, obwohl ich ganz schön Angst vor der Situation in der Selbsthilfegruppe hatte.
    Weiß nicht, ob das auch für dich vielleicht eine zusätzliche Hilfe sein könnte?

    Auch habe ich mich damals sehr regelmäßig in einem Online- Forum für Alkoholiker (ähnlich wie dieses hier) ausgetauscht. Also wirklich fast täglich.

    Und für mich galt wirklich, alles andere dem Trockenbleiben unterzuordnen. Ich war vorher oft so getrieben von Ansprüchen an mich selbst, was ich schaffen müsste, können müsste, wie ich sein müsste, all sowas. Mit dem Trockenwerden habe ich mir dann erlaubt, all dieses auf den Prüfstand zu stellen, ob es mich dem Alkohol näher bringt, indem ich mich überfordert fühle oder fremdbestimmt. Ich hab mir öfter in bestimmten Situationen gesagt: es gibt immer einen Ausweg, ich bin niemals einer Situation ausgeliefert. Auch die radikalsten Veränderungen sind möglich. Nicht trinken müssen ist meine erste Priorität. Ich muss mir das inzwischen nach einigen Jahren nicht mehr so oft predigen (habe ja auch einige radikale Veränderungen durchgezogen), aber auch jetzt erinnere ich mich daran, wenn ich in diese für mich „gefährliche“ innere Ausweglosigkeit abzurutschen drohe.

    Das mal so von mir.

    Und abschließend noch die Frage (weil ich das nicht mehr in Erinnerung habe): Hattest du auch mal über eine längere stationäre Entwöhnungstherapie nachgedacht?

    Dir einen herzlichen Gruß, und vertrau auf dich, du schaffst das!

    Camina

    Hallo Caecilia,

    machst du dir Gedanken, oder macht er es? Oder du dir für ihn? Du schreibst ja „wir“, aber mir ist einfach aufgefallen, dass du es bist, die sich hier angemeldet hat und die Frage stellt, und nicht er.

    Ein Mitglied in meiner RL-SHG ist vor drei oder vier Jahren in Bad Tönnisstein gewesen und konnte sich dort sehr gut auf die Therapie einlassen. Ist seither trocken und fährt auch noch gerne zu den Ehemaligentreffen.

    Alles Gute dir und deinem Freund!

    Camina, trockene Alkoholikerin

    Hallo Herrmann,

    du fragst nach Tipps oder Ratschlägen.
    Du hast ja schon einige Zuschriften hier bekommen.
    Wenn dir andere von ihren Erfahrungen erzählen oder dir Vorschläge machen, dann nützt dir das nur, wenn du selber aktiv wirst.

    Kannst ja mal, statt Angst vor dem nächsten Rückfall zu haben, diesmal etwas anders machen als sonst.
    Hast du vielleicht selber eine Idee, was das sein könnte?

    Grüße,
    Camina