Ich bin neu

  • Hallo Orangina,
    ich fühle mich angesprochen, auf das Thema „Leere“ zu antworten.
    Du schriebst:

    Trotzdem fühlt sich „etwas“ leer an. Wie gesagt, ich muss lernen , meine Bedürfnisse und Ziele wahrnehmen lernen.

    Mein erster Gedanke war: Sie kennt es auch, dieses schwarze Loch im Inneren.
    Mein zweiter Gedanke, als ich deinen Text nochmals gelesen habe, war: Oder meint sie, dass sich in ihrem Leben durch das Fehlen des Alkohols eine Lücke aufgetan hat, die sie bislang noch nicht füllen konnte?

    Mit beiden Gedanken beschäftige ich mich schon eine Weile. Möchtest du an meinen Gedanken teilhaben? Und wenn ja, an welchem?

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Camina
    das ist interessant, was du schreibst. Das Thema Hochsensibilität ist durchaus auch in vielen Bereichen auf mich zutreffend. Ich habe mich mal damit befasst, es aber nie ernsthaft weiter verfolgt.
    Vermutlich auch , weil ich darunter gelitten habe,dass ich nicht in das „normative“Raster passe. Ich habe mich schon immer anders gefühlt als andere. Ich habe schon immer den Rückzug gesucht, auch um mich zu schützen. (mir geht vieles nach, was andere sehr schnell ausblenden können oder gar nicht als schlimm erachten)Das macht mir mein Leben oft sehr anstrengend.
    Was hast du positives für dich rausgezogen?(als du dich mit der Hochsensibilität befasst hast ?)

    Hallo AmSee
    klar, ich bin offen für deine Gedanken. Du kannst mir schreiben, was Dir wichtig erscheint.
    Bezüglich deiner Frage...das ist ganz schön schwierig zu beantworten. Aber ich denke, dass es die Leere an sich ist, die ich in mir oft spüre. Diese habe ich zu Trinkerzeiten ja zugekleistert…
    Indem ich heute nichts mehr trinke, fehlt mir für diese „Lücke“ nichts.
    Ich kann ganz gut meine Abende füllen und vermisse dabei keinen Wein.
    Also ich denke, es ist diese Leere,die schon anfangs da war….
    Als ich mit dem Rauchen aufhörte, da spürte ich eine Leere, weil ich nicht mehr rauchte. Ich hatte damals plötzlich sooo viel Zeit, weil ich nicht mehr rauchte und das machte mich ganz nervös. Beim Alkohol ist das erstaunlicherweise anders. Dabei glaute ich, viel mehr vom Alkohol abhängig gewesen zu sein.

    Orangina13

  • Hallo Orangina,
    ok, dann hab ich eine Ahnung, was du meinst, und lege los. ;)

    In einem Gespräch mit meinem Neurologen, der mich seit Jahren auch therapeutisch begleitet, ging es mal um dieses große schwarze Loch, das ich in meinem Inneren spüre. Man könnte es auch Innere Leere nennen.

    Nur zur näheren Erklärung MEINES schwarzen Lochs:
    Bei mir hat es, so weiß ich inzwischen, mit gewissen traumatischen Erfahrungen in meiner Vergangenheit zu tun bzw. mit etwas, was in meiner kindlichen Entwicklung einfach gefehlt hat.

    Ich hab - lange Zeit unbewusst, dass da ein Loch ist, das ich zu füllen versuche - versucht, dieses schwarze Loch zu füllen. - Wer würde das nicht versuchen? - Doch egal, was ich auch versuchte - Liebe, Arbeit, Nahrung, Sport, Perfektion , usw. - es war mit NICHTS zu füllen, es blieb immer da. Diese Leere blieb immer da.

    Heutzutage noch spüre ich dieses Loch zum Beispiel besonders stark und traurig schmerzhaft, wenn ich mit einer meiner beiden Hündinnen kuschele. Das Kuscheln an sich ist wirklich einfach nur schön und ich genieße es auch, aber - vielleicht weil es so schön ist? - ich spüre zugleich in diesen Momenten eine ungeheure Traurigkeit, die aus eben diesem Loch in meinem Inneren zu kommen scheint. -

    In Zeiten, in denen ich noch Alkohol getrunken habe, war das Loch nicht so spürbar. WENN ich den richtigen Pegel hatte. Dann nämlich fühlte ich mich beschwingt und heiter.
    Nebenbei bemerkt: Überschritt ich den Pegel - und das geschah schließlich regelmäßig - dann kippte meine Stimmung und ALLES wurde traurig und sinnlos.

    In dem genannten therapeutischen Gespräch ging es um jenes schwarze Loch.
    Mein Arzt erklärte mir, dass ich dieses Loch nicht füllen könne. Er riet mir stattdessen ein „Museum“ darum herum zu errichten. Zunächst verstand ich nicht, was er damit meinte. Sein Vorschlag schien mir sogar ziemlich widersinnig zu sein. Da erzähle ich von diesem schwarzen Loch, das so weh tut, und frage, wie ich das füllen könnte, und er antwortet mir, dass ich damit leben muss und ein „Museum“ drumherum errichten soll. Was soll das?

    Inzwischen verstehe ich, was er meinte. Das Loch ist bei mir aufgrund gewisser traumatischer Erfahrungen in meiner Kindheit und Jugend entstanden. Diese Erfahrungen und das Fehlen von etwas, was für die kindliche Entwicklung wichtig ist, lassen sich nicht rückgängig oder wieder gut machen. Da ist so ein Schmerz, eine Traurigkeit, ein Leere, die eben einfach da sind.

    Das Museum aber kann ALLES enthalten, was ich im Zusammenhang mit eben diesem schwarzen Loch weiß oder/ und dazu gelernt habe. Letzteres ist inzwischen schon ziemlich viel geworden.
    Man kann zum Beispiel lernen, mit Trauer zu leben. Trauer ist nun einmal ein Teil menschlichen Lebens, es gibt immer wieder Momente, in denen wir trauern müssen. Sie lässt sich einfach nicht vermeiden. In meinem „Museum“ kann ich also für mich sammeln, was ich für den Umgang mit Trauer brauche.
    In meinem „Museum“ können traurige und schöne Erinnerungen gesammelt werden.
    In meinem „Museum“ bin ich nicht allein, sondern dort kann ich meine anderen Inneren Anteile und auch meine Inneren Helfer versammeln oder zumindest den einen oder anderen treffen.

    Ich weiß jetzt nicht, ob das zu abgefahren klingt und ob es überhaupt zu dir passt, aber an dies hier habe ich gedacht, als du von dieser Leere schriebst.
    Vielleicht kannst du etwas mit dem, was ich geschrieben habe, anfangen, wenn nicht lass es einfach liegen.

    Liebe Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo AmSee

    Erst mal danke für deinen ausführlichen Bericht und die Einblicke,die du hier teilst.
    Es hat mich sehr neugierig gemacht und danach im Internet recherchiert, was denn die Leere und die schwarzen Löcher der Seele genau bedeuten.
    Über mehrere Umwege bin ich dann zu den Atemübungen gekommen und zu Achtsamkeitsübungen,die mich ja auch immer wieder beschäftigen.
    Sehr eng verknüpft waren die Themen auch mit der Erkrankung von Depressionen beschrieben.
    Das hat mich auch sehr interessiert. Du hast das mit dem Museum beschrieben.
    Ich springe sehr auf Bilder an.
    Während des Lesens deines Beitrags habe ich festgestellt, dass das schon eine gewisse Distanz schafft zum eigentlichen leeren Gefühl.
    Es wird dadurch etwas abgekoppelt und wirkt längst nicht mehr so dramatisch und nah.

    Ich praktiziere immer wieder in letzter Zeit das ich denke Spiel.
    Das geht so : jeder Gedanke wird eingeleitet mit : ich denke...Das schafft Distanz und ich fühle mich nicht mehr so in diesem Gefühl, das ich habe.
    Das ist ,wie wenn man sich den Gedanken von außen anguckt und nicht mehr von innen.

    Zum Beispiel:"ich schaff das alles nicht " wird dann zu "ich denke ,ich schaff das alles nicht ".
    Dann fühle ich mich schon besser.
    Dann kann ich mich auch selbst mit dem Gedanken befassen.
    Was ist denn "alles?" und stelle dann fest ,dass "alles" gar nicht alles ist ,sondern nur ein gewisser Teil.

    Orangina13

  • Hallo Orangina13
    das freut mich sehr, dass du mit meinem Beitrag etwas anfangen konntest. :)
    Interessant finde ich deine Beobachtung mit der Distanz. Da werde ich bei mir selbst mal etwas mehr draufschauen.
    Das „Ich denke“-Spiel gefällt mir. Das werde ich öfter mal ausprobieren.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Orangina,

    Zitat

    Was hast du positives für dich rausgezogen?(als du dich mit der Hochsensibilität befasst hast ?)

    Vor ein paar Jahren schrieb ich an anderer Stelle über meine Hochsensibilität, und ich zitiere daraus hier mal, weil es nach wie vor Gültigkeit für mich hat.

    —-

    Heute morgen dachte ich gerade nochmal darüber nach, wie gut es tut, akzeptiert zu haben, dass die Menschen eben einfach unterschiedlich wahrnehmen. Egal, wie man das nun nennt oder einteilt oder nicht.
    Aufgewachsen bin ich mit dem Anspruch, so zu reagieren, wie "die anderen" reagieren, das zu können, das zu mögen, (oder nicht zu mögen), was die "anderen" können oder mögen. Und wenn das nicht geklappt hat, oder wenn es mich furchtbar erschöpft hat, oder beunruhigt oder verängstigt hat, dann war es, weil ich nicht so "gut" (so hip, so spontan, so was weiß ich) war.

    Dass diese Vergleicherei ein (gutes) Ende gefunden hat (jedenfalls im Verstand) verdanke ich natürlich auch meiner wachsenden Altersweisheit ;) aber eben auch meiner Kenntnis über meine Hochsensibilität. Wirkt Wunder für mein Selbstwertgefühl.

    Seit ich weiß, dass eine meiner Eigenschaften die Hochsensibilität ist, kann ich besser mit mir umgehen. Ich kann mich besser verstehen, und ich kann auch meine Mitmenschen besser verstehen, die ebenfalls Hochsensiblen, und die nicht Hochsensiblen. Aus diesem Verständnis kommt Nachsicht und Akzeptanz mit mir selbst und anderen. Dies war mir nicht in diesem Maße möglich, als ich noch nicht diese Kategorisierung als Hilfestellung oder auch "Krücke" hatte. Natürlich kann man versuchen, jeden Menschen komplett individuell zu erfahren (….), ohne Kategorien, nur als Summe seiner individuellen Eigenschaften. Aber das ist so unglaublich komplex, und sozusagen „die hohe Kunst“.

    Es ist interessant, und auch erleichternd, dass ich, wenn sich in einem Kontakt zu einem anderen Menschen herausstellt, dass dieser auch hochsensibel ist, vieles gar nicht mehr erklären muss. Im Kontakt mit nicht-Hochsensiblen bin ich oft in die Situation gekommen, dass ich mich unzulänglich gefühlt habe. Weil der andere davon ausging, dass ich die Welt ebenso wahrnehme wie er. Und davon ging ich ja auch aus, bevor ich von meiner Hochsensibilität erfuhr und lernte, dass bestimmte Voraussetzungen bei nicht Hochsensiblen und Hochsensiblen eben einfach unterschiedlich sind. Ich war ja auch immer davon ausgegangen, dass ich mir nur nicht "genug Mühe gebe", "übertreibe", wenn ich mit etwas nicht so gut klarkam. Das Wort "Überempfindlich" begleitet mich schon mein ganzes Leben, aber eben nicht als wertfreie Beschreibung meines So-Seins, sondern als (Ab)Wertung. "Sei doch nicht so überempfindlich", dieser schon in der Kindheit ständig an mich gestellten Anforderung versuchte ich mein Leben lang zu genügen, und als ich vor einigen Jahren endlich realisierte, dass ich daran unweigerlich scheitern musste, weil ich nun einmal so bin, über das durchschnittliche Maß hinaus empfindlich, eben hochsensibel, da ordnete sich mein Leben neu. Das war eine so große Erleichterung, Befreiung, dass ich es kaum beschreiben kann. Und ohne diese Erkenntnis wäre es mir vermutlich auch nicht gelungen, vom Alkohol wegzukommen. Oder zumindest nur mit einem viel höheren Kraftaufwand. Für mich gehört dies beides durchaus zusammen in dem, was mich ausmacht.

    Aber natürlich wird nicht jeder Hochsensible alkoholabhängig. Manche haben "Glück" und wachsen schon einem Umfeld auf, dass ihrer Hochsensibilität Rechnung trägt. Solche Menschen haben nicht diese "Anpassungsschwierigkeiten" in ihrem Leben und daher auch keinen Leidensdruck aufgrund ihrer Hochsensibilität. Bei mir war es so, dass ich, lapidar gesagt, von Beginn meines Lebens an eine "Anpassungsstörung" hatte. Die - zusammen mit anderen Faktoren - mich depressiv und alkoholabhängig werden ließ. Für mich ist es daher wichtig, und ein andauernder Prozess, die Ausprägungen meiner Hochsensibilität zu erkennen und eine "Anpassung" herbeizuführen, die mich nicht krank macht.

    Über den Verlust des "Bauchgefühls":

    "Vertrau deinem Baugefühl" höre ich immer mal wieder.
    Ich glaube der Verlust meines Bauchgefühls bzw. meiner Verbindung dazu wurzelt in meiner Hochsensibilität und der misslungenen Anpassung und Annahme in meiner Kindheit.
    Ich habe als Kind (und auch als Jugendliche und Erwachsene) immer wieder gehört: "Sei doch nicht so empfindlich", "das ist doch gar nicht so schlimm", "Du stellst dich aber an", "du bist ja etepetete". Ist es da ein Wunder, dass ich versucht habe, mein Bauchgefühl, meine Intuition, zu übergehen, zu ignorieren, stattdessen versucht habe zu lernen, so zu empfinden wie "die anderen" (mal pauschalierend gesagt)?

    Nach und nach verlor ich dadurch den Kontakt zu meinem Bauchgefühl, zu meinem Körper als Organ meiner Wahrnehmung. Es schien sicherer, zu denken statt zu spüren. Denn das spüren war ja so oft "falsch". Aber übers Denken kann ich den Kontakt zu meinem Bauch, zu meinen Bedürfnissen, nicht herstellen.

    Es hilft mir, diese Zusammenhänge zunächst gedanklich herzustellen. Aber die Veränderung, die Rückbesinnung auf mein Bauchgefühl muss (…) über den Körper und seine Wahrnehmungen erfolgen.

    —-
    Dies schrieb ich vor ein paar Jahren, und das gilt im Grunde immer noch, auch wenn es mir inzwischen nicht mehr so wichtig ist, es (mich) zu kategorisieren. Der große Gewinn bleibt für mich, dass ich mein gedankliches Spektrum des „normalen Menschseins“ erweitern konnte und weiß, dass es viele wie mich gibt, (wenn es auch nicht die Mehrheit ist), und ich mich nicht mehr abwerte einfach aufgrund meines So-Seins.

    Herzliche Grüße
    Camina

  • Hallo Camina

    Hab vielen Dank für deine lange Antwort und die sehr persönlichen Einblicke.
    Nun habe ich einen Test gemacht, bezüglich Hochsensibilität (ich mag ja selbst auch nicht diese „Diagnose“-Wörter und diese „Stigmatisierung“, viel eher würde ich mich als „empfindlicher „ als manch andere beschreiben.
    Beim Test kam heraus, dass ich zu 100 % zum Typ gehöre, der schlecht zwischen relevanten u irrelevanten Informationen unterscheiden kann und dass er oft das Gefühl hat, dass alles auf ihn einströmt und sich wehrlos und ausgeliefert fühlt.(*)
    Tipps dazu wurden mir auch gemacht: Mehr Achtsamkeitsübungen machen (Atmen…) und die Dinge mit Distanz /von oben betrachten lernen.
    Das ist mir jetzt nichts Neues und ich bin auch nicht üebrrascht, dass das bei mir so herauskam, als ich den Test machte, aber er hat mich bestätigt und mir auch noch einmal aufgezeigt, dass ich „so „ bin und dass ich auch nicht falsch im Sinne von schräg oder komisch bin (was ich ja oft annehme) . Du hast es , wie du schreibst, überwunden, du bist da sehr viel weiter gekommen in den letzten Jahren und hast es annehmen können, wie du bist. Das ist ein riesen Erfolg, wie ich meine.

    Wichtig für mich ist auch zu erkennen, dass es so in Ordnung ist, wie ich bin.
    (und meine Empfindlichkeit nicht als defizitär betrachten ), sondern damit anders umgehen lerne.

    Und wieder mal ist mir klar geworden, dass ich in diesem Bereich mehr für MICH tun möchte, damit es mir langfristig besser geht und das „schwarze Loch“, die Leere oder wie man dieses Gesamtgefühl betrachten mag, anders wahrnimmt -auch als Teil von sich und dass eine Akzeptanz möglich ist.

    Spannend fand ich auch deine Schilderungen zu dem Bauchgefühl.
    In meiner Familie war es so, dass auch ich immer wieder „gestört“ habe mit meiner Wahrnehmung und ich habe schnell gelernt, meine eigenen Bedürfnisse, oder mein Bauchgefühl wegzudrücken.
    Ich bildete mir so alles mögliche ein, waren oft die Sätze meiner Eltern.
    Das bildest du dir nur ein!
    Mein Bauchgefühl hat aber gestimmt. Aber ich habe gelernt, es zu ignorieren.

    Irgendwie logisch, dass der Alkohol lange Zeit ein Seelentröster war.
    Mir leuchtet das zumindest bei mir ein.

    (*) und genau das ist es, was mein aktuelles Lebensgefühl betrifft, zumindest in den letzten Wochen immer wieder stark ausgeprägt.

    Ich bin froh, dass ich trotzdem NIE auf die Idee kam, mir einen Wein zu kaufen.
    Vorhin habe ich mir das nur vorgestellt, wie es wäre, wenn ich heute abend ein Glas trinken würde, so rein theoretisch und sofort lief der ganze unangenehme Film in mir ab: wie ich mich dann danach selbst ablehnen würde, wie schlecht ich mich fühlen würde...(natürlich auch , weil es nie bei dem ersten Glas Wein bleiben würde und weil ich dann wieder diese inneren Kämpfe mit mir ausfechten müsste...wie geht mein Konsum weiter usw usf…)
    Darüber bin ich dankbar und froh, dass ich keine Lust auf Alkohol verspüre und dass im Inneren nur die negativen Seiten des Konsums aufploppen, wenn ich Gedankenspiele betreibe, so wie vorhin.

    Orangina13

  • Ja krass... Ich will mal bisschen senfeln. Finde es gerade sehr mutig, dass ihr euch so öffnet <3

    Ich komme aus einem äußerst asozialen Elternhaus, und wenn ich verlegen bin, kann ich meine Gedanken am besten in dieser Sprache verdeutlichen. Als ich die letzten paar Beiträge hier las, dachte ich erst: "Auweia, hochsensibel. Das braucht doch kein Mensch. Zuviel Zeit zum nachdenken. Dann findet man/frau ja immer was."

    Puuhh, aber dann kam das mit dem Abstand und der Achtsamkeit. Und das versucht mir meine Thera auch schon länger schmackhaft zu machen. Ein Arzt sagte mal in der Psychiatrie, mir fehle so eine Art "Filter".

    Und dann habe ich neugierig die Anzeichen von Hochsensibel gegoogelt. Innerlich immer noch so auf Abwehr: Nee, das biste nich! Das willste gar nich! Das is so'n Mädchending!

    Fange im September wieder mit Stunden bei der weltbesten Thera an (Coronazeit bis jetzt ohne geschafft) und da werde ich das äußerst ungern ansprechen. Denn ich fand mich in über 80% der "Symptome" wieder.

    Ich hoffe, ihr bekommt das jetzt nicht in den falschen Hals. Ich musste als Kind megastark sein, sonst wäre ich schon lange tot. In echt. Ich dachte, hochsensibel ist was für gutbehütete, später studierende, immer an sich und der Welt zweifelnde Menschen.

    Sorry, ich habe mich geirrt :(

    Aber empfindlich bin ich trotzdem nicht. Empfindsam lasse ich gelten ;)

    Sehr netten und evtl. dankbaren (kann ich jetzt noch nicht fühlen) Gruß,

    ichso - die solange ihr Bauchgefühl leugnete, bis es sich in der ersten Manie Gehör verschaffte. Das war dann für die Stammfamilie nicht lustig. Für mich schon so bissi, also in der Nachschau ;) Und Suchtmittelmissbrauch habe ich dann wohl auch zum "verschweigen" gebraucht.

  • Hallo ichso...
    Ich habe mir lang überlegt, ob ich mich so weit öffnen soll oder kann-hier im Forum.
    Es war mir noch vor einem halben Jahr nicht möglich.
    Etwas Überwindung hat es mich schon gekostet, mich hier so angreifbar zu zeigen.
    Auch in meinem privaten Umfeld bin ich eher bedeckt, zumindest bei den meisten.
    Schon bemerkenswert ,was das jetzt für Steine ins Rollen gebracht hat und dass auch du dich nun dem Thema geöffnet hast.
    Ich bin heute ganz und gar abgesunken in Lösungsstrategien, wie ich was besser machen kann für mich und habe mir sozusagen einen kleinen Bauplan notiert.
    (Oder Notfallplan)..,wenn es mal wieder emotional schwierig wird.
    Bin gespannt, wie der Austausch hier weiter geht und was noch alles aufploppt.
    Liebe Grüße an dich und ein gutes Setzenlassen deiner neuen Erkenntnis;-)
    Orangina13

  • Hallo Orangina13 und Camina1969
    Danke für eure Beiträge zu diesem Thema! Auch ich gehöre zu den Menschen mit Hochsensibilität und beschäftige mich schon eine Weile damit, wie ich damit besser umgehen kann.
    Finde mich in euren Beiträgen wieder. :)

    Hallo @ichso,
    Hochsensibilität ist nach meiner Erfahrung sowohl Segen als auch Fluch. Lange Zeit, als ich noch nicht wusste, dass ich zu den Menschen mit Hochsensibilität gehöre, habe ich es als Fluch empfunden, so anders zu sein als andere. Mir ging das ziemlich ähnlich wie Camina.

    Das bedeutet nicht, dass ich nicht auch „megastark“ gewesen wäre. Ich frage mich, was du unter „megastark“ verstehst. Eine gute Freundin von mir, die ebenfalls hochsensibel ist, versteckt das unter einer besonderen Bissigkeit oder Bärbeißigkeit. Die lässt sich die Butter gewiss nicht vom Brot nehmen.

    Hochsensibel zu sein, bedeutet letztlich, mehr wahrzunehmen als andere „normale“ Menschen, Geräusche, Farben, Licht, Emotionen usw. Das ist ungeheuer anstrengend. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass man ständig nur nachdenkt und immer an sich und der Welt zweifelt.

    Ich hab mir das gewiss nicht ausgesucht, so zu sein. Solange ich nicht wusste, dass ich zu den hochsensiblen Menschen gehöre, habe ich darunter gelitten anders zu sein und verstand nicht, warum ich nicht wie die anderen sein konnte.
    Seit ich es weiß, geht’s mir besser und ich habe gelernt, damit umzugehen. Ich akzeptiere, dass Menschen unterschiedlich wahrnehmen.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo AmSee,

    ich habe mich auf jeden Fall volle Kanne beim Vorverurteilen erwischt :( War hoffentlich eines der letzten... Denn als kiffende und später saufende Mutter hätte ich mich ja nur umbringen können, den gängigen Vorurteilen nach. Und Versuche hat es diesbezüglich auch gegeben.

    Tatsächlich ist da aber wohl immer noch das Ding mit den "guten" und "schlechten" Krankheiten in meiner Birne. Meine Tochter zum Beispiel hat eine Borderlinestörung und wir hatten manchmal Last, einen Klinikplatz zu bekommen... Wobei ich auch dankbar bin, dass Hochsensibilität nicht als Krankheit zählt. Sonst wäre das bestimmt mal Thema gewesen bei meinen vielen Aufenthalten in der Psychiatrie bis 2013. Aber evtl. wurde es nicht erwähnt, weil die ÄrztInnen es im Nachgang nicht abrechnen konnten bei der Krankenkasse.

    Whatever... Das rumpelt jetzt im Kopf.

    Ich bin ja ein alter Therapiehase, und habe viele gute Werkzeuge. Gegen Saufdruck, Manie, Depression, Ängste, Paniken, Suizidgedanken und so. Aber gerade ist das ein bisschen ein "Ach deshalb kann das auch sein"-Effekt.

    Megastark ist für mich Verschiedenes: Ganz klar diese Bärbeißigkeit, die sozusagen meine "Brandschutzmauer" geworden ist. Aber auch zum Beispiel diese manchmal überbordende Liebe zu bestimmten Menschen. Wie mein neuer Nachbar, der mit seinen Eltern vor kurzem eingezogen ist und 34 Jahre alt ist. Ihm wurde vor ein paar Jahren in den Rücken geschossen, er ist gelähmt und der Sehnerv ist auch beschädigt worden. Ich besuche den alle paar Tage und dann machen wir zusammen Gymnastik. Er ist charmant und lustig und klug. Und dafür liebe ich den soooo mega, weil der so stark ist.

    Naja, laberrhabarber... Bin gerade durcheinander. Und dafür kann ich euch auf jeden Fall dankbar sein.

    Sehr netten Gruß, ichso

  • PS: Habe noch mal die letzten Beiträge durchgelesen. Anstrengend trifft den Nagel wohl auf den Kopf. Bin seit über 20 Jahren auf Lebenszeit berentet und 60% schwerbehindert. Also unter drei Std. belastbar, und die Thera sagte vor Jahren schon: Max. 2 Termine wöchentlich und da muss Wäsche waschen schon mit drin sein - das schaffe ich aber nie, habe meist 6 bis 8 Termine wegen meinem Helfersyndrom.

    Einmal sagte jemand zu mir: Du bist so plakativ und soooo anstrengend. Ja, sagte ich, ich weiß was du meinst, ich habe mich und das jeden Tag.

    Und jetzt stelle ich mich auf die gedankliche Bremse. Ist gerade schwer, nicht noch mehr zu schreiben. Auf jeden Fall hilft das getippe auf dem Winz-Handy, lächel...

    Bin gespannt, was euch noch dazu einfällt und werde mich freuen, wenn Orangina doch noch etwas hier verweilen mag :)

  • Hallo ,ihr fleißigen Schreiber!
    (+ bzw.Schreiberinnen)
    Ein spannendes Thema ist das mit der Hochsensibilität.
    Noch viel spannender ist für mich aber zu erleben ,wie es sich verhält ,wenn jemand mit Offenheit von sich preisgibt und wie dann nach und nach bei anderem ähnliches passiert.
    Mir tut es sehr gut zu lesen ,was hier aktuell passiert.
    Aber auch ,dass ich es schaffe (zwar mit Herzklopfen) von mir so viel erzählt zu haben.
    @ ichso :
    Auch wenn ihr alle nicht wie Chips essen für mich seid ,so wie du es geschildert hast ,muss ich zugeben, dass ich auch in meiner Abwesenheit hier ab und zu gelesen habe.
    Ich muss doch ziemlich schmunzeln über deinen Schreibstil,der sehr humorvoll ist und freue mich ,dass du so eine positive Entwicklung durchgemacht hast.
    Deine "Bärbeissigkeit "ist in den Hintergrund getreren,deine Verletzlichkeit zeigst du und das finde ich sehr sympathisch.
    Das wollte ich jetzt mal loswerden.
    Gratulation zu deinem neuen Auto.

    LG Orangina

  • Lieber schreibe ich über positive Entwicklungen anstatt über körperliche Veränderungen;-))und über hilfreiche Tricks,das Wohlbefinden seelisch wie körperlich zu steigern.
    Liebe Grüße
    Orangina 13

  • Hab jetzt einfach aus Respekt vor Susannes Rückzug nicht mehr bei ihr weitergeschrieben,sondern bin zu mir umgezogen.
    ;)

  • Liebe Orangina,

    dies hier schriebst du neulich unter anderem in einem anderen Thread:

    Zitat

    Ich mach mir doch solche Sorgen um dich -Text von meiner Mutter hat bewirkt, dass ich ihr nie etwas von mir erzählt habe. Also konnte sich nie etwas wie Vertrauen entwickeln. Ich schottete mich ab ,auch weil ihre Drama-Reaktionen mich zusätzlich belasteten,so dass ich mich weiter zurückzog und :
    Es drehte sich immer nur um ihre Befindlichkeiten, nie um meine.
    Sie war auch nicht in der Lage ,sich mir zuzuwenden.

    Darin erkenne ich meine Mutter wieder. Ich finde es auch ganz schwierig, damit innerlich umzugehen, mich abzugrenzen, und wie du habe auch ich meine Mutter dann einfach nicht mehr an den Tiefen Dingen teilhaben lassen.
    Ich glaube, diesen Rückzug spürt sie auch. Narzissmus bei der Mutter (muss ja gar kein bösartiger sein), so hat es meine Therapeutin gedeutet.
    Diese notwendige innere Abgrenzung macht dann ja aber auch (obwohl sie notwendig ist) einsam, bzw. es fehlt einem die nährende, starke, gute Mutter. Die jetzt als Erwachsene in mir selber zu finden, das versuche ich.

    Herzlichen Gruß und dir einen schönen Sonntag heute!
    Camina

  • Hallo liebe Camina.

    Du hast es auf den Punkt gebracht.
    Du hast das Wort Narzissmus genannt.
    Auch das ist mir beim letzten Telefonat mit ihr durch den Kopf gegangen. Sie ist sehr narzisstisch.
    Ich habe erst vorher eine Übung gelesen und sie gleich angewandt:
    Ich stellte mir sie als Kind vor ,wie sie herumtollte, ich malte mir innere Bilder von ihr aus. Einige Fotos aus ihrer Kindheit hab ich in Alben gefunden.Dann stellte ich mir sie als Kind vor ,wie sie wohl aussah und dabei stellte ich mir meine Gefühle zu ihr vor. Zu diesem Kind hatte ich eine Zuneigung.
    Die gleiche Übung machte ich mit mir selbst. Ich ließ innere Bilder von mir als Kind ablaufen und auch da waren meine Gefühle positiv. Das gibt mir inneren Frieden und das zurück ,was ich immer vermisst habe :Verständnis und Zuneigung.
    Heute ist mir klar ,dass ich selbst für mich sorgen muss, es aber noch mal zu fühlen hat eine sehr positive Wirkung auf mich.
    Mir wird klarer,dass ich noch viel mehr und viel öfter solche Übungen machen möchte ,um meinen inneren Frieden zu erlangen. Ein bisschen fühlt es sich wie ein Wendepunkt an ,den ich aktuell erreicht habe. Es ist mir noch viel wichtiger, dass ich für mich vorankomme.
    Vorher war das oft nur Theorie.
    Jedenfalls ist das heute mein Eindruck.
    Liebe Grüße
    Orangina 13
    Hast du inzwischen einen guten Kontakt zu deiner Mutter ?
    Und ja,ich gebe dir Recht.
    Der innere Rückzug macht einsam.
    Aber Einsamkeit habe ich schon immer als Teil in mir wahrgenommen.
    Das muss wohl an den Bindungsgestörten Verhältnissen liegen ,die ich mit meiner Herkunftsfamilie habe.
    Das klingt hart,aber so meine ich das gar nicht.
    Wenn ich mir bewusst die Geschichte meiner Eltern anschaue, dann sehe ich das GROßEGANZE und dann sehe ich mit milderen Augen auf sie.
    Ganz schwer fällt mir nach wie vor ,mich zu zeigen ,wer ich wirklich bin.
    (Das kann ich nur bei ganz wenigen Vertrauten).
    Ich würde mich gern mehr so zeigen ,wer ich bin.
    Aber das geht noch nicht.

  • Der Alkohol hatte oft die Aufgabe, mich aus der Welt der gefühlten Einsamkeit zu holen.
    Kurzfristig, während des Trinkens (meist das erste Glas) fühlte es sich oft wie eine Rettung an.
    Alles weitere (die restliche Flasche ) ließ mich dann ganz schnell in eine Trostlosigkeit fallen und auch die Folgetage danach waren immer wie eine Depression, die nie enden konnte.

  • Liebe Orangina,

    aufgrund verschiedener gesundheitlicher Probleme meiner Mutter (v.a. aufgrund des Alters) bin ich zur Zeit häufiger bei ihr als in der Vergangenheit. Es vergeht kaum eine Woche, in der wir uns nicht sehen. Ihre Fähigkeit, ihren Blick von sich selbst auf andere zu richten, hat eher noch abgenommen - insofern finde ich im Kontakt mir ihr eher nur als Bedürfniserfüllerin statt. Oft kann ich das gut an mir abtropfen lassen, aber es gibt auch Tage, an denen ich Schwierigkeiten damit habe; ich hinterher merke, wie traurig oder auch verletzt oder sogar wütend ich bin. Es hilft mir sehr, dass ich eine Schwester habe und wir uns gut miteinander auch über unsere Mutter austauschen können. Ich habe nicht im Kopf, ob auch du Geschwister hast?

    Ich finde dein Bild von den kleinen Mädchen sehr schön.

    Mir tut meine Mutter auch unglaublich leid. Ich habe auch ihre ganze Geschichte im Kopf, und die Entwicklung, die ihr Leben genommen hat, der Mensch/die Frau, die sie geworden ist, das alles ist vor dem Hintergrund ihrer Geschichte sehr verständlich und nachvollziehbar. Darüber habe ich auch in meinen Therapien immer wieder gesprochen.
    Musste erst lernen, dass ich trotz meines Blickes auf das GroßeGanze das Defizit als solches benennen und spüren darf. Verzeihen ist ja gerade nicht das Verneinen von Schuld.

    Ja, und wie bei dir hat das Ganze bei mir auch zur Folge, dass ich es schwer habe, mich selbst anzunehmen und mir mit Liebe (oder zumindest freundlich) zu begegnen. Die letzten trockenen Jahre haben mich aber auf diesem Weg weitergebracht als all die nassen Jahre zuvor.

    Insofern:

    Zitat

    Es ist mir noch viel wichtiger, dass ich für mich vorankomme.


    Meine Erfahrung ist, dass das immer weiter in Bewegung bleibt und vieles immer klarer wird.

    Liebe Grüße
    Camina

  • Liebe Camina.
    Du bist also häufig bei deiner Mutter aufgrund ihres Alters und ihrer Krankheiten.
    Das stelle ich mit nicht einfach vor.
    Du schreibst, dass du es manchmal ganz gut handeln kannst u d an manchen Tagen aber Gefühle der Wut und der Verletzheit hast.
    Zum Glück hast du eine Schwester ,mit der du ein gutes Verhältnis hast.
    Somit könnt ihr auch die Aufgaben teilen, aber auch deine Nöte,wenn sie wieder auftauchen.
    Ich habe einen älteren Bruder, der krank ist und er war immer das Sorgenkind in der Familie.
    Früher ging das schon recht bald los mit Alkohol und Drogen.
    Meine Eltern blendeten dies komplett aus,es war nie Thema bei uns.
    Auch heute noch ist mein Bruder ein Tabuthema.
    Ich versuchte oft mit meinen Eltern zu reden ,aber sie wollten nicht.
    Ich habe es vor Jahren aufgegeben.
    Mit meinem Bruder hab ich kaum Kontakt, er schottet sich komplett ab und will auch nicht mit mir in Kontakt kommen.
    Und wenn ,dann blockt er Themen ab,die ihm unangenehm werden.
    Kommunikation ist in unserer Familie ein großes Problem.
    Daher fühle ich mich auch aus diesem Blick heraus auf "verlorenem Posten".
    Meine Eltern und mein Bruder ticken ganz anders als ich.
    Sie wahren eine Scheinwelt,in der es keine Probleme gibt.
    Und unter diesem Gesetz hat alles zu funktionieren.
    Orangina13

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