Beiträge von Gerchla

    Liebe Ailin,

    ich bin eigentlich schon lange nicht mehr aktiv hier. In letzter Zeit hab ich aber ab und an doch mal wieder hier reingeschaut, ich weiß nicht warum, vielleicht aus Neugier. Interesse jemanden zu schreiben hatte ich dabei nicht und jetzt lese ich Dich hier. Und ob Du es glaubst oder nicht, ich konnte mich noch an Dich erinnern. Nicht mehr im Detail aber ich erinnerte mich an eine Konversation mit Dir und daran, dass Du mir erzählt hast, Dein Partner trinkt nur am Wochenende und Du bist nicht sicher ob er Alkoholiker ist und solche Sachen. Ich hab mal die alten Threads überflogen und das was ich gelesen habe, hat mich sehr betroffen gemacht. Ich habe Dir damals geschrieben, dass es für Deine Kinder sicher wichtig ist, ihren Papa zu sehen, solange er keine Gefahr für sie ist. Ich habe Dir damals von meiner Situation berichtet, wie ich das bei den meisten Beiträgen die ich hier verfasst habe, immer gemacht habe. Was ich nicht gesehen habe, damals: Er war offenbar eine Gefahr für sie, zwar offenbar keine körperliche (was ich immer im Kopf hatte) aber eine Psychische. Vielleicht ist das sogar die schlimmere Gefahr, weil körperliche Verletzungen heilen leichter als psychische.

    Jetzt lese ich, dass Deine kleine Suizidgedanken hat, Deine große tapfer ist aber Du nicht weißt, was eigentlich in ihr vor geht. Sei Dir gewiss, sie hat ihr Päckchen zu tragen, wahrscheinlich ihr Leben lang. Das ist kein Vorwurf an Dich, nur meine Einschätzung und die Folge der Krankheit Deines Ex-Mannes. Ich war jetzt hier so lange nicht mehr aktiv, habe mein Leben gelebt, trinke nun schon seit mehr als 10 Jahren keinen Alkkohol mehr und lese jetzt Deinen Beitrag und denke mir: Bei mir hat sich alles verändert - da draußen hat sich nix verändert. Es ist wie es immer war: Die Angehörigen leiden bitterst und der Sucht eines anderen und hoffen bis zuletzt, dass es doch irgendwann wieder gut wird. Und ich denke mir: es stimmt, verändern kann man nur sein eigenes Leben, seine eigene Situation, nur dafür ist man verantwortlich und das ist es, was zählt.

    Liebe Ailin, ich habe keine klugen Ratschläge für Dich. Vielleicht hätte ich Dir damals raten sollen, Deine Beine in die Hand zu nehmen, Deine Kinder einzupacken und ganz weit weg von ihm zu gehen. Kontaktabbruch was sicher schrecklich für Deine Kinder gewesen wäre aber vielleicht besser als ihn ständig zu wieder zu sehen, wieder zu hoffen, wieder enttäuscht zu werden, nie abschließen zu können, nie mit einem echten Neustart beginnen zu können.

    Ich glaube, Deine Ratio sagt Dir das richtige: Er wirds wohl nicht schaffen, von außen darauf geschaut mit dem Umfeld das Du noch dazu beschreibst, er wird Opfer seiner Sucht werden. Das weißt Du, denke ich. Dein Herz hofft aber, es hofft bis zuletzt. Seine Sucht dominiert nach wie vor Dein Leben und das Leben Deiner Kinder. Vielleicht ist es jetzt noch eine Option für Dich, ihn komplett fallen zu lassen und zusammen mit Deinen Kindern ohne ihn neu anzufangen. Anstatt ihn beim langsamen Sterben zuzusehen und daran mit zugrunde zu gehen. Er hat sich für diesen Weg entschieden, vielleicht sollte er ihn dann auch alleine gehen.... Deine Kinder sind in psychologischer Betreuung, vielleicht kannst Du ja darüber mal mit einer Psychologin sprechen, vielleicht hast Du ja Menschen in Deinem Umfeld, die Dich beraten können, ob es nicht sinnvoll wäre, jetzt doch noch alles zu verändern. Ich wage nicht das abschließend einzuschätzen.

    Ich bedauere wirklich sehr, es tut mir wirklich sehr leid, dass ich Dir damals nichts schreiben oder geben konnte, dass Deine/Eure Zukunft in eine bessere Richtung gelenkt hätte. Ihr seid den klassischen, fürchterlichen Weg von Angehörigen eines trinkenden Familienmitglieds gegangen. Ich wünsche Dir und Deinen Kindern, dass Ihr jetzt doch noch eine Kreuzung findet, bei der Ihr abbiegen könnt und wo es ohne ihn in eine bessere Zunkunft für Euch geht. Er wird irgendwann seinen Weg zuende gegangen sein, ihr werdet es nicht verhindern können, seine Sucht wird Euch aber dann trotzdem bis an Euer Lebenende begleiten. Ich hoffe Ihr findet einen Weg, ihr möglichst wenig Raum zu bieten und ich hoffe, Ihr könnt Euch Eurer Leben zurück holen.

    Tut mir leid, dass ich Dir nichts klügeres zu schreiben habe. Ich wünsche Dir und Deinen Kindern von Herzen das allerbeste.

    Liebe Grüße

    Gerchla

    Ich stimme Greenfox uneingeschränkt zu und möchte noch ein paar eigene Gedanken für all jene da lassen, die sich vielleicht genau diese Fragen stellen: wo stehe ich eigentlich gerade wirklich? Habe ich die Grenze vom Missbrauch zur Sucht bereits überschritten?

    Ich habe im Laufe der vielen Jahre, die ich mich jetzt mit dem Thema Alkoholsucht beschäftige, immer wieder festgestellt, dass viele Menschen die sich diese Fragen stellen, gerade zu inständig hoffen, dass sie gesagt bekommen, dass sie noch nicht süchtig sind. Mal abgesehen davon, dass ein außen Stehender diese Frage ohnehin nicht beantworten kann (er/sie kann bestenfalls eine Einschätzung geben), vertrete ich die Meinung, dass es am Ende gar nicht so viel Unterschied macht ob man nun Missbrauch betreibt oder schon süchtig ist.

    Beides bedeutet, dass man seinem Körper und auch seiner Psyche in höchst ungesundem Maße Alkohol zu führt. Im Missbrauchstadium ist man noch in der Lage damit aufzuhören (jedoch muss man das auch hier bewusst wollen), während man als Süchtiger nicht mehr damit aufhören kann, jedenfalls nicht so einfach und oft auch nicht ohne Hilfe. Ein weiterer Unterschied: Jemand der Missbrauch betreibt, kann zu einem moderatem Trinkverhalten zurück finden (das geht aber auch nicht von selbst!), jemand der süchtig ist kann das i. d. R. nicht, hier ist eine absolute und dauerhafte Abstinenz die einzige Möglichkeit die Sucht zu stoppen. Rückgängig gemacht kann sie nicht mehr werden.

    D. h. also, auch jemand der "nur" Missbrauch betreibt und daran etwas verändern möchte, ist gut beraten, sich intensiv mit sich, seinem Leben und vor allem seinen (Trink-)Gewohnheiten auseinander zu setzen. Genau wie ein bereits Süchtiger hat auch der Missbräuchler "seine Gründe", weshalb er/sie zur Flasche greift. Idealerweise findet man diese Gründe und beseitigt sie, damit fällt auch der Grund Alkohol zu missbrauchen weg. Das ist aber, wie fast immer, einfacher gesagt als getan. Denn nicht jede/r findet diese "Gründe", nicht für jeden ist das ein gangbarer Weg und nicht jede/r ist bereit oder in der Lage, sich so intensiv mit diesem Thema zu beschäftigen.

    Es muss einem aber klar sein, dass ein dauerhafter Missbrauch von Alkohol i. d. R. über kurz oder lang in die Sucht führt. Ist man dort erst mal angekommen, gibt es nur eine Alternative, nämlich die dauerhafte absolute Abstinenz was Alkohol betrifft. Als Missbräuchler sollte man sich darüber im Klaren sein, dass das nicht bedeutet, dass man Glück gehabt hat und jetzt einfach so weiter machen kann. Man hat lediglich Glück gehabt, dass man noch nicht süchtig ist und es etwas einfacher ist, wieder in ein alkoholtechnisch ruhiges Fahrwasser zurück zu finden. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht automatisch, dass das auch leicht ist. Es kann individuell auch durchaus sehr schwer sein, seine Trinkgewohnheiten entsprechend dauerhaft zu verändern, auch wenn man noch nicht süchtig war.

    Und eines noch: Gelernt ist gelernt! D. h. wer einmal über längere Zeit Missbrauch betrieben hat, dessen Hirn weiß, wozu der Alkohol "gut" ist. Meiner Meinung nach haben diese Menschen dauerhaft eine höhere Gefährdung wieder in einen kritischen Alkoholkonsum abzurutschen als jene, die mit Alkohol noch nie einen missbräuchlichen Umgang hatten. Es bleibt also eine Daueraufgabe, sich immer wieder selbst zu hinterfragen und zu reflektieren, was das Thema Alkoholkonsum betrifft.

    Und genau deshalb möchte ich auch Menschen die "nur" Missbrauch betreiben dazu anregen mal darüber nachzudenken, ob ein dauerhafter Verzicht auf Alkohol nicht eine sinnvolle Option wäre, auch wenn man noch trinken "dürfte". Denn die meisten Menschen die längere Zeit oder dauerhaft abstinent leben, empfinden das als enormen Gewinn an Lebensqualität und vermissen nichts. Und die meisten dieser Menschen, haben sich das vorher überhaupt nicht vorstellen können und wurden absolut positiv überrascht. Aber das nur als Denkanstoss.

    Hallihallo,

    schön wieder von Dir zu lesen. ;D

    Und noch schöner zu lesen, dass bei Dir alles gut ist.

    Und dass Du spontan schon gar nicht mehr weißt wie lange Du schon keinen Alkohol mehr trinkst erinnert mich an mich. Ich glaube ich hab mehr „Trockengeburtstage“ vergessen als dass ich daran gedacht hätte. Meist immer dann ein paar Tage danach ::) . Aber mir ist es auch nicht wichtig wie lange ich nicht mehr trinke sondern dass ich nicht mehr trinke.

    Und dieser Tag des letzten Bieres war zwar für mich ein Tag der Befreiung aber für meine damalige Familie war’s der Tag ihrer größten Katastrophe. Ich glaube ich will das gar nicht „feiern“.

    Na egal, schön dass Du wieder da bist.

    LG
    Gerchla

    Hallo Tine,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin anfang 50 und trinke jetzt schon länger keinen Alkohol mehr. Davor trank ich weit über 10 Jahre abhängig. Mehr will jetzt erst mal nicht schreiben weil ich glaube, dass es nicht so wichtig für Dich ist.

    Ich will Dir nur sagen: zweifle nicht an Dir! Es ist ganz normal, dass man keinen Bock hat mit einem ungewaschen, nach Alk stinkenden Alkoholiker intim zu werden. Das Problem ist er und nicht Du.

    Du solltest unbedingt aufpassen Dich nicht manipulieren zu lassen. Das können Alkoholiker nämlich sehr sehr gut. Google mal nach Co-Abhängigkeit und schau mal, ob Du Dich mit Deinem Verhalten ihm Gegenüber wieder findest. Wenn ja, dann solltest Du Dir dringend Hilfe suchen.

    Aber auch so muss Dir klar sein, dass Du ihm nicht helfen kannst. Wenn er selbst nichts machen will, sind Dir die Hände gebunden. D.h. Du musst Dir überlegen ob Du Dein Leben an der Seite eines Alkoholikers verbringen möchtest. Oder ob Du Dein Leben selbst gestalten willst, ohne die Launen und das Auf und Ab an der Seite des Trinkers.

    Mehr will ich jetzt erst mal gar nicht schreiben. Wenn Du Fragen hast, immer her damit. Wir haben hier alle ziemlich viel Erfahrung mit Alkohol, sowohl als ehemals Trinkende aber auch als Angehörige, die Du ja auch bist.

    Pass auf Dich auf!

    Liebe Grüße
    Gerchla

    Guten Morgen Ina,

    super. Mir hast Du mit Deiner Antwort auch gleich noch eine große Freude bereitet!

    Damit hast Du jetzt ja eine prima Lösung für Dich gefunden und Du wirst bei dieser Veranstaltung wieder ein Stück weit Erfahrung für Dich sammeln können. Und dann auch wieder ein kleines Stück weit sicherer werden, was den Umgang mit solchen Situationen betrifft. Ich bin mir sicher, dass Du irgendwann mal ganz entspannt mit solchen Ereignissen umgehen kannst. Und es ist wirklich sehr sehr gut, dass Du Dir diese Gedanken gemacht hast, denn damit schützt Du Dich ja auch vor einer Situation, die Dich vielleicht überfordern könnte.

    Aber eines muss einfach immer klar sein: Es gibt IMMER eine Lösung, immer. Auch wenn man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Die Lösung kann aber nie sein, sich in Gefahr zu begeben und ein unkalkulierbares Risiko einzugehen. Nichts auf der Welt ist es Wert, dass man seine Abstinenz aufs Spiel setzt.

    So und jetzt freut es mich einfach, dass Du Dich sogar ein bisl auf diese Feier freust! So darf es nach drei Jahren ohne Alkohol nämlich durchaus auch sein. Ich freue mich mit Dir.

    Alles Gute und lass gerne mal wieder was von Dir hören, wenn Dir danach ist.

    LG
    Gerchla

    Hallo Ina,

    schön wieder von Dir zu hören. Und dann auch noch mit so einer guten Nachricht. Immernoch abstinent und dazu auch noch zufrieden! Da passt es für mich gar nicht, dass Du dich gleichzeitig auf der unsicheren Seite siehst.

    Ich wollte diesen Gedanken von mir hier einfach mal thematisieren. Wenn Du zufrieden ohne Alkohol lebst und das jetzt schon seit 3 Jahren, (wenn ich das richtig heraus lese) warum fühlst Du Dich dann nicht sicher?

    Ist es deshalb, weil "man" Dir gesagt hat, dass "man" immer achtsam sein muss und dass man nicht leichtsinnig werden sollte? Ist es der Respekt, den Du vor dem Alkohol hast, was sicher durch unsere Beiträge und Aussagen aber wahrscheinlich auch durch das was Du in der Therapie gelernt hast, manifestiert wurde? Oder gibt es da tatsächlich einen "echten" Grund, weil Du trotz dreijähriger zufriedener Abstinenz immer wieder Situationen hast oder hattest, wo Du nahe dran warst zu trinken?

    Meine Fragen zielen darauf ab "heraus zu finden", ob es da einen konkreten Grund für Deine Unsicherheit gibt oder ob sich das aufgrund der vielen Erzählungen, Geschichten, Eindrücke so in Deinem Kopf manifestiert hat. Ansich würde ich nämlich sagen, wenn "man" wirklich zufrieden abstinent lebt, dann stellt der Alkohol keine akute Gefahr mehr da. Auch dann nicht, wenn man mal z. B. zu so einer Veranstaltung "muss". Im Gegenteil, man kann dann solche Veranstaltungen sogar wieder genießen, weil man weiß, dass einen der Alkohol nicht gefährden wird.

    Das soll jetzt nicht bedeuten, dass man dann jegliche Achtsamkeit und jeglichen Respekt einfach über Bord wirft, weil man ja zufrieden abstinent lebt. Aber es bedeutet, dass man deutlich selbstbewusster gegenüber dem Alkohol auftreten kann, dass alles "entspannter" wird, weil man einfach weiß, das man keinen Alkohol trinken wird, komme was da wolle oder komme wer da wolle.

    Also das, was anfangs wirklich ein Problem sein kann, nämlich irgendwelche Veranstaltungen die einen triggern, irgendwelche Menschen dort, die versuchen einen zum Trinken zu übrreden, die stellen dann kein Problem mehr da. Weil man sich da dann klar und deutlich positioniert. Und zwar so klar, das es nichts mehr zu diskutieren gibt.

    Bei Dir scheint es aber so zu sein, dass Du noch sehr unsicher bist, vielleicht sogar ängstlich. Wenn ich bei mir zurück denke, so glaube ich, dass ich nach drei Jahren ohne Alkohol schon recht sicher war. Ich meine das nicht wertend sondern ich will damit sagen, dass Du dieses Gefühl der Unsicherheit unbedingt ernst nehmen solltest.

    Nichts wäre (aus meiner Sicht) schlimmer, als wenn Du bei dieser Veranstaltung wieder mit dem Trinken beginnen würdest. Das wäre völlig sinnfrei, vor allem noch vor dem Hintergrund dass es Dir seit 3 Jahren ohne Alkohol sehr gut geht und Du ja gar nichts ändern möchtest.

    Was könnte ich da "raten"? Erst mal denke ich mir: Vielleicht macht sie die ganze Geschichte größer als sie ist. Ich meine damit, wo ist denn das Problem NEIN zu sagen? Oder hast Du tatsächlich Angst vor Triggersituationen, also das Du diesen nicht Stand halten kannst? Wenn dem so ist, dann musst Du das sehr ernst nehmen. Ich meine damit, dass Dich die ganze Situation an sich triggert, also eine lustige Hochzeitsfeier mit angetrunkenen Menschen um Dich und wo Du dann das Gefühl bekommst, da möchtest Du auch (trinkend) dazu gehören. Das ist für mich nochmal ein Unterschied zu einer Angst davor, dass Du dort angesprochen und aufgefordert werden könntest doch auch zu trinken, mit anzustossen, etc.

    Ich habe mir immer gesagt, und das war in meiner Anfangszeit wie ein Mandra: Ich werde NICHT trinken, niemals, egal was passiert. Notfalls verlasse ich die Veranstaltung, egal was irgendjemand anderer sich dann denkt. Meine Abstinenz ist heilig, sie ist mein höchstes Gut. Verliere ich sie, verliere ich mein Leben. Ich werde niemals trinken und es ist mir völlig egal, was andere darüber denken.

    Das hat mir anfangs sehr geholfen und mir auch Sicherheit gegeben. ABER, wenn ich ganz ehrlich bin, ich habe das so fast nicht umsetzen müssen. In meinem Kopf waren die "Probleme" immer viel größer als sie dann "vor Ort" wirklich waren. Fast immer hat ein "nein Danke" oder "ich trinke keinen Alkohol" vollkommen ausgereicht um einen alkoholfreien Abend zu verbringen. Aber, das will ich auch sagen, ich hatte keine sonstigen Triggerprobleme. Also mich ließ es kalt, wenn da eine trinkende, lustige Gesellschaft um mich herum war und ich der einzig nüchterne. Im Gegenteil, oft haben die mich dann irgendwann gelangweilt und ich war fast schon entsetzt, dass ich da früher selbst so dabei war. Aber natürlich nur dann, wenn wirklich viel Alkohol geflossen ist. Ansonsten habe ich da kein Problem.

    Und weil Du betont hast, dass Dir das Wissen nicht flüchten zu können so eine Unsicherheit beschert: Warum kannst Du nicht flüchten? Ok, ist 45 Min von Deinem Wohnort entfernt. Schnell heimfahren ist dann eher nicht. Aber könntest Du Dir dort ein Zimmer nehmen? Oder in der Nähe? Ein Taxi wirds auch dort geben. Oder wie habt ihr das geplant? Wolltet ihr dann abends oder morgens heimfahren und Du fährst, weil Dein Mann dort auch trinkt? Oder wollt ihr dort übernachten, dann wäre ja ein Rückzugsort da. Oder trinkt dann Mann auch nichts und ihr fahrt beide irgendwann nüchtern wieder nach Hause?

    Sind vielleicht alles blöde Fragen, aber vielleicht machst Du Dir das alles auch "größer" als es ist. Es kann nicht sein, dass Du nicht flüchten kannst und deshalb trinken "musst". Verstehst Du, das kann einfach nicht sein und das darf auch nicht sein. Und wenn Du einen Notausgang brauchst, dann sollte er Dir auch zur Verfügung gestellt werden. Also in diesem Fall dann eben von Deinem Mann, der nicht einfach nur sagt "nach 3 Jahren musst Du Dich der Situation mal stellen" sondern der auch sagt "ok, stell Dich aber wenn es Dir dann dort nicht gut geht, haben WIR einen Plan B und den setzen wir dann auch gnadenlos um".

    Vielleicht kannst Du das nochmal mit ihm besprechen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Du diesen Plan gar nicht einsetzen musst, weil da gerade ganz viel in Deinem Kopf passiert und Du dann in der Realität gut klar kommst. ABER, Du solltest ihn unbedingt haben. Dieser Plan ist die einzige Alternative, wenn es wirklich ernst werden sollte. Denn wieder zu trinken wäre doch das schlimmste was Dir passiern könnte. Und Deinem Mann, nebenbei bemerkt, wahrscheinlich auch.

    Vielleicht helfen Dir meine Gedanken ein bisl weiter.

    Alles Gute und ganz

    liebe Grüße
    Gerchla

    Hallo VJ,

    weils gerade Thema war und Dir vielleicht hilft einiges besser für Dich einzuordnen:

    Ich habe Dir nicht mehr geschrieben, weil ich mit multiplen Substanzgebraucht (Stichwort "Politox") keinerlei Erfahrungen habe. Und ich sehe mich nicht in der Lage Dir oder irgendjemanden sonst kompetent dazu etwas zu sagen oder gar zu raten. Mein Respekt davor, dass ich dann irgendwas Falsches sagen könnte oder sogar etwas, das kontraproduktiv wäre, ist einfach riesengroß.

    Deshalb habe ich Dir nicht geschrieben. So einfach ist das im Grunde. Also nix mit, "nichts mit mir zu tun haben wollen". Diese Gedanken finden in Deinem Hirn statt, nicht in meinem.

    Zu den anderen Diskussionen hier will ich mich nicht weiter äußern. Ich könnte dem, was die anderen Forumsteilnehmer/innen Dir geschrieben haben ohnehin nichts wesentliches hinzufügen ich glaube aber auch, das es nichts bringen würde in Deiner aktuellen Situation.

    Alles Gute für Dich. Ich wünsche Dir, dass Du Deinen Weg heraus aus Deinen Süchten finden kannst und dass Du diesen dann auch dauerhaft beschreiten kannst.

    LG
    Gerchla

    Hallo VJ,

    ich bin wirklich positiv überrascht über Deine Selbstreflexion. Ich dachte eigentlich, dass ich in diesem Threat hier nichts mehr schreiben werde und bin froh, dass ich falsch lag.

    Ich finde es wirklich super, dass Du die Flinte nicht ins Korn geworfen hast und nochmal ins Nachdenken gekommen bist. Die Idee, erst mal Abstand vom Alkohol zu gewinnen und dann hier weiter schreiben finde ich sehr gut. Ich hätte jetzt auch kein Problem damit, wenn Du zwischendrin hier schreibst. Für den Fall, dass Du das Gefühl hast, es könnte Dir helfen oder bräuchtest eine Meinung. Was allerdings nicht gut ist, ist wenn Du unter Alkoholeinfluss schreibst. Aber das hast Du ja schon selbst gesagt.

    Also, ich würde mich freuen, wenn Du dran bleiben würdest und wir hier wieder was von Dir hören. Ich wünsche Dir einfach nur, dass Du es schaffst von dem Zeug weg zu bleiben und dass Du dann auch das erfahren und erleben darfst, was wir hier erleben durften. Je länger Du ohne Alkohol lebst, desto klarer werden Deine Gedanken und dann kommst Du auch in die Situation wirklich eine Chance zu haben dauerhaft abstinent zu leben. Am Anfang ist es erst mal ein Kampf der gewonnen werden muss, bei den meisten jedenfalls. Ich wünsche Dir Kraft für diesen Kampf und pass bitte auf Dich auf. Falls Du irgendwelche stärkeren körperlichen Entzugserscheinungen haben solltest, nimm sie bitte ernst und lass Dir helfen.

    Alles Gute für Dich und bis hoffentlich bald mal wieder.

    LG
    Gerchla

    Hallo Kristin,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Schön, dass Du Dich dazu entschlossen hast Dich hier anzumelden um Dich mit uns auszutauschen.

    Ich bin Anfang 50 und trinke jetzt schon lange keinen Alkohol mehr. Ich habe Anfang meiner 40er Jahre damit aufgehört. Davor trank ich weit über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon trank ich komplett heimlich. Obwohl ich Familie hatte, Frau und zwei Kinder, konnte ich meine Sucht bis zum Ende geheim halten. Dass das möglich war, erscheint mir heute regelrecht krotesk, denn die letzten Jahre meiner Sucht trank ich doch erhelbliche Mengen, ich trank täglich und ich fing schon morgens damit an.

    Allerdings war meine Ehe in den letzten Jahren meiner Sucht schon weitesgehend an die Wand gefahren, ich hatte mich emotional abgekoppelt und lebte auch ein ausgeprägtes Doppelleben und das Leben mit meiner Frau war ein sehr distanziertes geworden. Wir hatten kaum noch richtige Gemeinsamkeiten, schliefen z. B. auch meist getrennt und verbrachten auch sonst nicht mehr so viel Zeit gemeinsam. Vielleicht war das einer der Gründe, dass ich es so lange verheimlichen konnte. Sie merkte natürlich, dass unsere Ehe am Scheitern war, jedoch wusste sie nicht, woran das genau lag.

    Am Ende war ich ein Wrack, psychisch sowieso aber zunehmend dann auch körperlich.

    Warum schreibe ich das Dir? Nun, einmal natürlich damit Du eine kleine und kurze Vorstellung bekommst, wer Dir hier überhaupt schreibt. Aber auch deshalb um Dich zu motivieren, es nicht soweit kommen zu lassen wie ich. Weißt Du, eine relativ lange Zeit meiner Suchtkarriere war eigentlich ganz ok, wenn ich das jetzt mal so provizierend schreiben darf. Die Anfangsjahre trank ich auf niedrigem Niveau aber eben relgelmäßig, sprich fast täglich. Ich war damals bereits abhängig wie ich heute weiß, jedoch ging es mir körperlich gut und auch die Psyche war noch nicht angegriffen. Was vorhanden war, war ein permanent leicht schlechtes Gewissen, weil ich insgeheim wusste, dass es nicht richtig ist, jeden Abend ein oder zwei Feierabendbierchen zu trinken. Ich konnte aber bereits nicht mehr anders, ich war schon abhängig.

    Eine lange Zeit trank ich dann auf einen Niveau, das ich heute als "mein" mittleres Niveau bezeichnen würde. Das waren täglich so 3 - 5, max 6 Bier pro Tag. Ne ganze Menge und natürlich deutlich zu viel und natürlich steckte ich bereits ganz tief in der Sucht. Denn die trank ich bereits heimlich. Aber, da ging's mir auch noch ganz gut. Das war die Zeit, wo ich die am häufigsten versucht habe Trinkpausen einzulegen, auch kontrolliert zu trinken oder auch aufzuhören. Das ging über ein paar Jahre. Und zu dieser Zeit gelang es mir auch noch, immer wieder mal zu pausieren. Ein paar Wochen, später wurde es dann kürzer und es waren nur noch ein paar Tage drin. Aber, genau das brauchte ich, um mir vorzugauckeln, dass ich ja noch alle im Griff habe.

    Denn ich konnte ja aufhören, jederzeit. Das bildete ich mir jedenfalls ein und das war natürlich nichts anderes als Selbstbetrug. Aber gut, in dieser Phase war ich psychisch zwar schon etwas belastet, vor allem mein Gewissen war alles andere als rein, aber ich hatte doch irgendwie noch alles im Griff, körperlich wars auch noch ok und so konnte ich mir in dieser Zeit meist (natürlich mit Hilfe des Alkohols) vormachen, dass es mir eigentlich gut geht und alles wieder gut werden wird. Wenn ich morgens die leeren Flaschen aus meinen Verstecken holte um sie heimlich zu entsorgen (das musste ich ja jeden Tag machen) war's nicht so toll, aber das verging ganz schnell wieder, spätestens mit dem ersten Bier am Nachmittag.

    Tja, unweigerlich kam dann aber die Zeit, wo auch diese Menge nicht mehr ausreichte. Es wurden 8, 9, 10 und noch mehr Biere. Oft reichten die auch nicht und ich musste noch etwas Wein zur Abrundung in mich hinein schütten. Das war ein fließender Übergang und ich kann heute nicht mehr sagen, ab wann der Moment erreicht war, wo ich merkte, dass ich eigentlich schon total kaputt bin. Dass meine ganzen Lügen mir selbst gegenüber nicht mehr fruchteten und ich einfach realisierte, dass ich total fertig bin. Meine letzten 2 - 3 Jahre, so erinnere ich mich heute jedenfalls zurück, waren Jahre wo ich nur irgendwie funktioniert habe, wo ich eigentlich täglich nichts anderes gemacht habe, als irgendwie mein Kartenhaus vor dem Einstürzen zu bewahren. Dazu war mir jedes Mittel recht, ich war ein begnadeter Lügner und Betrüger. Ich war in der Lage, die abgefahrendste und unglaubwürdigste Geschichte als wahr zu verkaufen und ich hab das auch oft getan um nicht entlarvt zu werden und um weiter trinken zu können. Kein Gedanke mehr an aufhören, kein Gedanke mehr an eine Trinkpause.

    Nun, Kristin, ich kann Dich nur dazu ermutigen, Dir das zu erspraren. Deine Vorstellungszeilen lese ich so, dass Du bereits ein ordentliches Problem hast, dass Du möglicherweise auch schon abhängig bist aber das Du noch nicht total abgestürzt bist. Lass es es soweit nicht kommen, verschwende Deine 30er Jahre (und auch die folgenden) nicht an Alkohol. Ich hab meine 30er Jahre komplett an den Alkohol verloren, mein 40. Geburtstag war ein Desaster und ich war ein zutiefst unglücklicher Mensch. Lass nicht zu, dass der Alkohol das mit Dir auch macht.

    Genau jetzt ist die Zeit etwas dagegen zu unternehmen. Verschwende jetzt keine Gedanken daran, wie es Dir gelingen könnte, den Alkohol trotzdem irgendwie in Deinem Leben zu behalten. Denke jetzt erst mal darüber nach, wie es Dir gelingen kann, erst mal gar keinen Alkohol mehr zu trinken. Erst mal weg von dem Zeug und erst mal weg bleiben. Abstand gewinnen, wieder klar werden, wieder die Kontrolle über Dich und Dein Leben erlangen. Und vor allem auch wieder die Kontrolle über Deine Gedanken gewinnen, weg von dem permaneten Gedankenkarussell rund um den Alkohol.

    Was später irgendwann mal ist, steht auf einem anderen Blatt. Wenn Du bereits abhängig bist, dann wird es nicht mehr möglich sein kontrolliert zu trinken. Wenn Du "nur" Missbrauch betrieben hast, kann Dir das vielleicht wieder gelingen, vielleicht merkst Du aber auch ganz schnell, dass Du Alkohol gar nicht mehr brauchst und gar nicht mehr willst. Abstinent leben ist keine Einschränkung, es ist kein Verlust. Ein Leben ohne Alkohol bedeutet die totale Freiheit, kein Suchtmittel mehr, dass dazu dient die Realität zu verändern, sie zu verschönern oder erträglich zu machen. Denn das braucht man dann nicht mehr weil man gelernt hat, die Realität als das zu sehen und zu nehmen was sie ist: nämlich die schlicht und einach die Realität so wie sie tatsächlich ist. Und natürlich bedeutet ein Leben ohne Alkohol kein Leben ohne Probleme. Die sind genauso da wie mit Alkohol. Nur gibt es da zwei Unterschiede. Einmal ist man ohne Alkohol in der Lage die Probleme anzugehen und sie zu lösen (muss man als Trinker oft erst wieder lernen) und zum Anderen, kommen nicht all die Probleme noch hinzu, die man nur hat, weil man trinkt. Mit Alkohol löst man keine Probleme und schafft sich gleichzeitig noch neue an. Irgendwann sie dann die eigentlich Probleme im Vergleich zu denen die man durch den Alkohol hat, eigentlich lächerlich. Aber dann ist es bereits zu spät.

    Ich bin heute ein wirklich glücklicher Mensch und ich hätte damals nie gedacht, dass das jemals möglich sein wird. Es war möglich, Grundstein dafür war ein Leben ohne Alkohol.

    Ich möchte jetzt gar nicht noch weiter in die Tiefe gehen, ich glaube es war ohnehin schon zu viel und ich hoffe, ich überfordere Dich nicht.

    Ich will Dich einfach nur motivieren es jetzt anzupacken.

    Schreib und doch hier, wie es Dir geht, was Dich beschäftigt, wovor Du Angst hast, welche Gedanken Dich beschäftigen. Jeder von uns hier hat das schon mal durchgemacht, jeder auf seine Weise, jeder mit seiner eigenen Geschichte im Gepäck. Manche haben's auch schon mehrmals durchgemacht. Aber alle haben es geschafft. Davon kannst Du profitieren, es kann Dir helfen Deinen Weg zu finden. Und genau darum geht es, den eigenen Weg zu finden.

    Also, bitte melde Dich hier einfach, wenn Du Fragen hast, wenn Du wissen willst, was wir da so gemacht haben, was uns geholfen hat, was bei uns schief gegangen ist (bei uns allen übrigens der Versuch kontrolliert zu trinken, ich glaube das haben wir hier alle verucht, ich mehrmals).

    Ich freue mich auf einen Austausch mit Dir und hoffe, dass Du dabei bleibst und Dich der Mut nicht verlässt. Alle Gute und

    LG
    Gerchla

    Hallo Vodka Jelzin,

    es freut mich, dass Dich meine Gedanken in irgend einer Form erreicht haben.

    Ich möchte, auch auf Grund Deiner Reaktionen auf das was andere Dir geschrieben haben, noch ein paar meiner Gedanken schreiben.

    Dazu möchte ich was schreiben:

    Zitat

    Ich kenne Mitpatienten, die nach einem 3-monatigen Klinikaufenthalt als erstes eine Tankstelle aufsuchten um sich Alk zu besorgen. Wohlgemerkt nach 3 Monaten Klinikaufenthalt.

    Geht es bei den Suchtkliniken nur darum den Mitarbeitern einen guten Job mit einem schönen Gehalt zu besorgen?

    Darf man über den Sinn oder Unsinn dieser Einrichtungen, die den Krankenversicherten eine Menge Geld kosten, nicht diskutieren?

    Als ich das las, kam in mir sofort die Frage auf, warum Dich das so triggert. Warum Du so darauf anspringst, wenn es um das Thema Therapie oder Psychologen geht. Dazu will ich Dir eine kleine und wahre Geschichte erzählen. Mein Vater hat, so lange ich denken kann, immer ein Problem mit Lehrern gehabt. Wirklich, schon als Kind kann ich mich erinnern, dass er immer über Lehrer geschimpft hat.

    Lehrer waren für ihn faul, sie haben ewig viel Urlaub, sie schlafen bis Mittag, zumindest aa den Wochenden und während der Ferien (für einen "Arbeiter" wie meinen Vater ein "No-Go")sie arbeiten eh nur bis Mittag und streichen dann aber dicke Kohle ein und bekommen irgendwann mal eine noch dickere Pension, etc. etc.

    Ich hab ewig nicht verstanden, wirklich ewig, warum er sich da so hinein steigern konnte. Und wenn ich sage "hinein steigern", dann meine ich auch hinein steigern. Wenn es zu diesem Thema kam, vor allem wenn er "seine Bierchen" getrunken hatte (mein Vater hat zumindest ein missbräuchliches Trinkverhalten, Alkoholiker ist er wahrscheinlich keiner aber genau kann ich es nicht sagen), dann konnte er wahre Tiraden von sich geben, die nahe an der Hassgrenze waren.

    Dabei hatte mein Vater überhaupt keinen Bezug zu Lehrern. Es gab keine in unseren Bekanntenkreis, keine im Freundeskreis, etc.

    Irgendwann, ich war längst erwachsen, erzählte er mir dann mal ausführlicher aus seiner Kindheit. Und aus seiner Schulzeit. Und naja, da war ein Lehrer den er, wie damals üblich, viele Jahre lang hatte. Nämlich fast seine gesamte Schulzeit über. Und dieser Lehrer konnte ihn nicht ausstehen. Er litt unter diesen Lehrer, der Lehrer hat sozusagen versagt, was seinen Auftrag bezüglich meines Vaters betroffen hat. Und zwar komplett, denn ich zweifle nicht an dem, was mein Vater mir erzählt hat. Plötzlich verstand ich, auch wenn es mir schwer fiel, dass er als erwachsener Mensch offenbar nicht in der Lage war, das alles aus einer gewissen Distanz und mit einer objektiven Betrachtungsweise zu sehen. Nein, er kann das bis heute nicht. Es kommt immer die pauschale Keule, die Schublade, in die er Lehrer abgelegt hat.

    So, jetzt frage ich mich natürlich, was bei Dir da dann so dahinter steckt. Gut, das kann ich mir natürlich zum Teil auch selbst beantworten, Du hast eben auch schlechte Erfahrungen gemacht, hast dann vielleicht auch noch Bestätigung von anderen erhalten die ebenfalls schlechte Erfahrungen gemacht haben (war bei meinem Vater übrigens ebenso) und hast vielleicht auch alles in Dich "aufgesogen", was Dich in Deiner schlechten Meinung bestätigt hat. Das ist sicher nicht schwer, denn Berichte über das Versagen von Therapeuten oder Psychologen gibt es genug, Experten die etwas schlaues darüber zu schreiben haben natürlich auch und so kann man sich immer wieder selbst in seiner Meinung bestärken....

    Aber, bringt einen das weiter? Hilft einem das? Ich meine das jetzt nicht nur in Bezug auf Therapien etc. Ich meine es grundsätzlich, denn dieses Verhalten ist ja ein sehr menschliches und ein sehr weit verbreitetes. Heute spricht man gerne von einer Blase, in der man sich befindet und wo man dann immer wieder Bestätigung für die eigene Meinung erhält. Nur, hilft einem das wirklich weiter?

    Was nun Deine Aussage bezüglich des 3-monatigen Klinikaufenthals und den anschließenden sofortigen Besuch der Tankstelle betrifft: Ich glaube Dir sofort, dass das so gewesen ist, daran zweifle ich nicht. Aber ich kann Deinen damit verbundenen, ich nenne es jetzt mal Vorwurf, an die Therapeuten nicht nachvollziehen. Denn es ist ja bekannt, wie hoch die Rückfallquote bei Alkoholsucht ist und wie vergleichsweise wenige es tatsächlich schaffen dauerhaft vom Alkohol weg zu kommen. Diese Krankheit ist, ich sage es ja oft hier und auch anderswo, ist einfach verdammt mächtig. Auch deshalb, weil dieser Alkohol einfach so ein Teil dieser Gesellschaft ist und so positiv besetzt ist und natürlich auch, weil er halt einfach 24 h am Tag verfügbar ist. In Deinem Beispiel wars eine Tankstelle, wo er besorgt wurde.

    Ich frage mich, welche Erwartungshaltung Du mit einer Therapie verbindest oder was Du von einem Therapeuten erwartest. Erwartest Du, dass ein Süchtiger nach 3 Monaten Klinikaufenthalt gefälligst geheilt aus der Klinik zu marschieren hat? Wo er doch so lange dort hat sein müssen, die ganzen Therapien über sich ergehen hat lassen müssen und das ganze dem Steuerzahler auch noch ne Menge Geld gekostet hat? Ist es das was Du erwartest?

    Dazu möchte ich sagen: Es nicht der Therapeut, der für den Süchtigen oder das Leben des Süchtigen verantwortlich ist. Nein, der Süchtige selbst ist für sein Leben verantwortlich, und zwar ganz alleine. Und wenn er sich im Form einer Therapie Hilfe sucht weil er sein Leben, für das ER verantwortlich ist, nicht mehr im Griff hat, dann liegt es an ihm, diese Hilfe so zu nutzen, dass es auch wirklich etwas bringt. Er ist derjenige, der mit dem Trinken aufhören will und somit liegt es an ihm das auch zu tun. Und wenn das nicht funktioniert, dann ist nicht der Therapeut dafür verantwortlich sondern der Trinker. Und wenn er nach 3 Monaten Therapie als erstes zur Tanke rennt um sich Stoff zu besorgen, dann hat er versagt, nicht der Therapeut.

    Diese Denkweise ist natürlich nicht so bequem wie zu sagen: Scheiß Therapeuten, alles Versager die nur Geld kosten und nix bringen. Das ist viel einfacher das zu sagen, weil damit stiehlt man sich ja auch aus der Verantwortung für sein eigenes Versagen. Ich kann da nur sagen: Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich. Wenn jemand meint trinken zu müssen, und sei es trotz oder nach einer Therapie, dann soll er das tun. Aber die Verantwortung dafür auf jemand anderen schieben finde ich schäbig. Wobei ich sagen muss: Zu meinen Trinkerzeiten hab ich das auch getan, aber das schrieb ich Dir ja bereits. Nebenbei erwähnt: ich kenne einige ehemalige Trinker und auch Trinkerinnen, die ihrem Therapeuten auf ewig dankbar sind, weil er ihnen das Handwerkszeug für ein Leben ohne Alkohol gegegeben hat. Im Gegensatz zu jenen, die gescheitert sind haben diese Menschen dieses Handwerkszeug dann auch benutzt und sind eben nicht zur nächsten Tankstelle gelaufen....

    Weißt Du was ich mir gerade denke? Diese ganze Diskussion hier, Therapeuten, Psychologen, was auch immer, die ist eigentlich komplett überflüssig. Zumindest wenn es darum geht, dass Du in ein abstinentes Leben findest. Viel wichtiger als Energie in dieses Thema zu stecken wäre, wenn Du über Dich und Dein Leben, Deine Ziele, über das was Du erreichen willst, wer Du sein möchtest und wie Du das alles erreichen kannst, nachdenken würdest. Vielleicht machst Du da ja parallel, ich weiß es nicht.

    Es wäre wichtig, dass Du einen Plan hättest, wie Du Deine frisch gewonnene Abstinenz jetzt weiter stärken kannst, wie Du einen Rückfall vermeiden kannst. Es wäre wichtig, irgendwann auch mal darüber nachzudenken, was da eigentlich genau bei dir passiert ist, dass es so weit kommen konnte wie es gekommen ist und welche Lehren Du daraus für Deine Zukunft ziehen kannst. Und ganz am Ende wäre es dann vielleicht auch wichtig für Dich zu klären, was für Dich eigentlich ein zufriedenes, vielleicht sogar glückliches Leben überhaupt bedeutet. Was es dazu braucht, was Du dafür verändern musst oder noch besser, was Du dafür verändern willst. Es ist immer das Gleiche: Nur nicht mehr trinken reicht auf Dauer nicht aus um von diesem Teufelszeug weg zu kommen. Es beinhaltet immer eine meist tiefgreifende Veränderung der Lebensumstände oder vielleicht besser der Lebenseinstellung.

    Ich will jetzt hier nicht zu viel philosophieren, ich weiß gar nicht ob ich Dich damit überhaupt erreichen kann. Das waren jetzt einfach noch meine Gedanken, wenn Du etwas verändern willst, dann liegt das ohnehin in Deiner Verantwortung. Es ist Dein Leben, Du allein entscheidest darüber.

    LG
    Gerchla

    Hallo Vodka Jelzin,

    freut mich wirklich sehr, dass Du Dich hier nochmal gemeldet hast und dass Du es offenbar angegangen bist. Und schön, dass Du außer etwas erhöhtem Schwitzen keinerlei Probleme hattest.

    Ich will jetzt mal versuchen auf ein paar Dinge von Dir einzugehen:

    Zitat

    1. Die völlige Unterwerfung unter Mediziner oder Psychiater (Suchtexperten). Absolute Aufgabe der eigenen Autonomie als (ehemals) mündige Patienten.

    Das hört sich sehr verbittert an, für mich jedenfalls. Vielleicht bist Du ein Mensch, der auch in anderen Bereichen nur schwarz oder weiß kennt, nur gut oder böse und dazwischen gibt es für Dich nichts. Die Gründe dafür können vielfältig sein und es steht mir nicht zu darüber zu urteilen. Was ich sagen kann, weil es so war, ist, dass ich in meiner Trinkerzeit auch fast nur gut oder böse kannte. Wobei, gut hat es fast nicht gegeben. Eigentlich waren fast alle da draußen Deppen, allen voran die Psychofuzzis. Für mich waren Psychiater Menschen, die diesen Beruf nur deshalb ausüben, weil sie selbst ein Problem haben. Das wusste ich ganz genau, denn das hat irgendwer mal gesagt und irgendwo hab ich das auch mal gelesen. Die wollen sich nur selbst therapieren und missbrauchen dazu ihre Patienen.

    Ich hatte in dieser Zeit beruflich regelmäßig Coachings, da ging es immer um Persönlichkeitsentwicklung, um die Entwicklung von Führungsstärke, etc. In diesen Coachings spielte Psychologie immer eine große Rolle, es ging oft darum, Selbsterfahrung zu machen, es ging oft darum sich selbst zu öffnen und einen Blick auf die eigenen Gefühle, die eigene Persönlichkeit, die eigenen Fehler zu werfen.

    Was soll ich sagen, ich war der Horror für alle Trainer. Ich war der Systemsprenger. Denn ich wusste ja, dass das alles Deppen sind. Außer ich natürlich, ich war der einzige der wirklich wusste was Sache ist.

    Naja, wenn ich da heute drauf schaue, dann war ich eine fürchterlich ganz arme Sau, ein Mensch, der sein Leben nicht mehr im Griff hatte, der eigentlich total unsicher war, der saufen musste ob er wollte oder nicht, einfach um irgendwie mit mir selbst und meinem Leben klar zu kommen. Ich hatte keine Ahnung, davon aber jeder Menge und vor allem, ich hatte für jeden da draußen eine Schublade, in die er/sie passte. Es gab nichts und niemanden, das oder den ich nicht in eine Schublade gepackt hätte. Mein Motto: Vorurteile muss man pflegen, sonst könnten sie einem verloren gehen.

    Ich bin jetzt schon ein paar Jahre damit beschäftigt, mich mit ehemals trinkenen Menschen auszutauschen. Teil persönlich, teils per Mail, teils auch hier im Forum. Viele habe ich gesprochen, mit vielen mittlerweile mich auch getroffen. Das was Du schreibst über Psychologen, ich kann es nicht bestätigen. Ja, einige erzählen, dass sie an den oder die falsche geraten sind. Kommt vor, passiert auch in anderen Bereichen des Lebens hin und wieder. Und ja, ich kenne auch welche, die mehrmals an für sie falsche Psychologen/Therapeuten geraten, auch das gibt es tatsächlich. Aber die absolute Mehrzahl sprach und spricht absolut positiv über ihren Psychologen / Therapeuten. Viele sagen, sie hätten es ohne wahrscheinlich nicht geschafft.

    Natürlich gibt es auch jene, die es ganz ohne geschafft haben. Sie haben einen anderen Weg gefunden, wie halt jeder seinen Weg finden muss, wenn er da raus kommen will.

    Ich hatte damals auch einen Psychologen, in den ich ganz große Hoffnung setzte. Ich musste ewig auf einen Termin warten und war dann bitter enttäuscht. Ich dachte mir: So ein Idiot, der hat keine Ahnung was bei mir eigentlich los ist. Ja, das dachte ich mir.

    Und ja, ich spürte, dass er mir bei meinem Problem nicht helfen können wird. Aber ich wusste auch, dass ich gerne Hilfe hätte, dass es alleine schwierig werden könnte. Dass die Gefahr rückfällig zu werden, wenn ich meine Probleme selbst nicht in den Griff bekomme, sehr hoch ist.

    Am Ende war es dann ein Mönch, der mein wichtigster "Helfer" raus aus der Suchtspirale war. Einfach nur deshalb, weil dieser Mensch für mich jemand war, dem ich mich öffnen konnte und der mich durch seine Art und Weise sehr beeindruckt hatte. Hatte übrigens nicht, absolut nichts mit Religion oder so zu tun. Als jemand, der alles besser wusste war ich selbstverständlich nicht gläubig.

    Nun, was will ich sagen? Es ist Deine Sache, was Du von Psyschologen oder Therapeuten hälst. Du hast ein Problem und willst da raus kommen. Wenn Psychologen, Therapien, etc für Dich keine Option sind, dann ist das eben so. Dann hilf Dir einfach selbst, wenn Du das kannst. Und dass Du das kannst, davon scheinst Du ja überzeugt, also einfach machen.

    Zitat

    2. Selbsthilfegruppen: Da kommen nasse Alkoholiker in eine Gruppe, von der sie sich Hilfe erwarten. Das genaue Gegenteil tritt ein. Trockene Alkoholiker machen die Neuankömmlinge nach allen Regeln der Kunst nieder und demütigen sie.

    Dazu will ich sagen: Nachdem ich ja völlig ohne Plan mit dem Trinken aufgehört hatte, empfand ich es als eine gute Idee, erst mal zu einer SHG zu gehen bevor irgendwo anders hin gehe. Ich hatte großen Respekt vor dieser Krankheit und dachte mir, ich hol mir mal alle Hilfe die ich schnell bekommen kann. Also ging ich bereits am ersten Tag bzw. Abend ohne Alkohol zu den AA. Was soll ich sagen, nichts von dem was Du schreibst war der Fall. Ich wurde herzlich aufgenommen, hatte tolle Gespräche abseits der offiziellen Sitzungen (die ja ein Monolog-Format haben und deshalb kaum eine direkten Austausch bieten) und konnte erst mal auch all meine anstehenden Fragen stellen und diese wurden mir dann auch beantwortet. Ich bekam auch mit, dass da noch andere Menschen sind, die irgendwann mal auch da standen wo ich gerade stand und einige davon, waren sogar noch viel tiefer gefallen als ich das war.

    Die Gruppe hat mir am Anfang sehr geholfen mich zu orientieren, zu mir zu finden. Und ja, nach ein paar Wochen stellte ich fest, dass ich hier nicht weiter komme. Immer die gleichen Themen, immer die gleichen die sprechen und die meist auch immer das gleiche sagen. Das half mir nicht mehr und ich entschied mich, die Gruppe zu verlassen und mir anderweitig Hilfe / Austausch zu suchen.

    Ich würde aber niemals auf die Idee kommen heute zu sagen, dass mir das nichts gebracht hat, nur weil ich irgendwann an den Punkt kam, dass ich dort nicht weiter komme. Außerdem bin ich nicht der Nabel der Welt. Für mich war dieses Format auf Dauer nichts, für andere ist es ihr Lebensinhalt, sie verdanken ihr nüchternes Leben ausschließlich ihrer SHG. Wer bin ich, dass ich hier urteilen würde, dass das alles schwachsinn ist oder dass dort Neuankömmlinge nieder gemacht werden? Mal abgesehen davon, dass ich genau das Gegenteil davon erlebt habe. Und ja, wie immer wird es sicher Gruppen geben, wo der Ton nicht so toll ist. Es sind immer die Menschen die den Ton machen, immer und überhall sind es die Menschen, die den Ton machen. Egal ob das SHG sind oder Kirchengemeinden oder Sportvereine. Es sind immer die Menschen, nicht "die Selbsthilfegruppen". Was man m. E. aber auch nicht vergessen sollte: nicht jeder der da in eine SHG kommt muss ein netter symphtischer Mensch sein. Damit meine ich jetzt mal die Neuankömmlinge. Ich habe das selbst nicht erlebt aber ich weiß von glaubwürdigen Erzählungen, dass da immer auch mal Menschen ankommen, die erst mal der Meinung sind, sie müssten den Leuten dort mal erklären, wie das Leben funktioniert. Wenn man zu dieser Sorte Mensch gehört, dann könnte es natürlich sein, dass einem die Reaktion der Mitglieder einer solchen SHG nicht sonderlich gefällt. Vielleicht müsste man sich dann mal selbst reflektieren, was aber als frisch abstinenter Alkoholiker meist kaum möglich ist, weil man ja meist noch im alten Muster steckt.

    Und übrigens: Ich hatte noch zwei andere Gruppen in petto, für den Fall das ich mich dort nicht wohl gefühlt hätte. Was sicherlich der Fall gewesen wäre, wenn sie mich "nieder" gemacht hätten. Ich brauchte sie nicht, ich fühlte mich gleich sehr wohl.

    Zitat

    Ich würde gerne dauerhaft abstinent leben. Das geht bei meiner rebellischen Natur nicht über professionelle Helfer. Ich muss meinen eigenen Weg finden.

    Deinem letzten Satz stimme ich uneingeschränkt zu. Genau darum geht es. Du sagst von Dir, Du hast eine rebellsiche Natur. Es ist gut, dass Du das selbst so erkennst und so einschätzt. Also, dass Du mit dieser Art mit einem professionellen Helfer nicht weiter kommst meine ich. Wenn Du aber trotzdem den festen Willen hast dauerhaft ohne Alkohol zu leben, dann solltest Du offen für Alternativen sein. So wie ich damals, bei mir war es dieser Mönch, welcher ja auch kein professioneller Helfer war. Und es war auch, das möchte ich nicht verschweigen, ein guter Freund der sehr viel geholfen hat. Der war auch kein professioneller Helfer. Ich hatte zwar im Gegensatz zu Dir keine Aversionen gegen professionelle Helfer, auch nicht gegen Selbsthilfegruppen aber ich hatte letztlich bis auf das kurze Intermezzo beim Psychologen, keine professionelle Hilfe in klassischer Form, auch keine Therapie.

    Apropos Psychologe: Heute verstehe ich übrigens was "mein" Psychologe damals bei mir erreichen wollte, aber damals hat er mich einfach nicht erreichen können. Wir haben einfach nicht zueinander gepasst. Bei jemand anderen hätte damit vielleicht großen Erfolg gehabt, so ist das halt manchmal.

    Will sagen, es kann auch sein, dass sich Dein Hilfsbedürfnis im Laufe der Zeit verändert. Je länger Du ohne Alkohol lebst, desto mehr wirst Du Dich verändern. Am Anfang ist erst mal wem oder fast nichts verändert, der Kopf ist nach wie vor im Alkimodus, auch ein paar Wochen nach dem letzten Tropfen noch. Erst mal verändert sich hauptsächlich das körperliche Wohlbefinden. Denkweisen, Verhaltsweisen, jahrelang antrainierte Denkmuster, das alles braucht viel mehr Zeit. Aber genau darum geht es. Letztlich geht es darum ein zufriedenes Leben zu erreichen, zufrieden ohne Alkohol. Was oft auch bedeutet, dass sehr vieles am eigenen Leben verändert werden muss.

    Wenn Du es schaffst, irgendwann mal positiv, optimistisch und zuversichtlich zu sein, wenn Du es schaffst dankbar zu sein für das was Du hast, was Du erreicht hast, was Du sein darfst, wer Du sein darfst in Deinem Leben, dann hast Du es geschafft. Dann wirst Du Dich auch nicht mehr über Psychologen aufregen oder über SHG oder sonst was. Dann bist Du bei Dir, kümmerst Dich um Dich und Dein Leben und gestaltest es nach Deinen Vorstellungen. Ich wünsche Dir, dass Du dahin kommst.

    Alles Gute auf Deinem weiteren Weg.

    LG
    Gerchla

    Hallo Mina,

    ich wünsche Dir auch ein wunderbares neues Jahr.

    Bezogen auf das was Du gescchrieben hast:

    Ich frage mich schon seit längerem, warum es hier im Forum so ruhig geworden ist. Ich kann mich an Zeiten erinnern, da wusste ich gar nicht, wem ich zu erst antworten möchte. Bzw. ich musste mich sogar entscheiden, mit wem ich einen Dialog eingehe und wo ich es lieber bleiben lasse. Weil ich ja auch nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung habe und es teilweise dann wirklich intensive Dialoge wurden.

    Diese Zeiten scheinen mir lange vorbei zu sein. Vielleicht kommt es ja mal wieder. Vielleicht ist auch diese Art von Selbsthilfe nicht mehr so zeitgemäß und die Menschen da draußen suchen sich andere Hilfsangebote, es gibt ja immer mehr Angebote in Richtung online Coaching, auch Podcasts, Videokanäle, etc. die sich mit diesem Thema beschäftigen und die richtig gut gemacht sind.

    Mal schauen wie das so weiter geht.

    Was Deine Erfahrungen betrifft bezüglich derer, die sich hier anmelden, ein oder zwei mal schreiben und sich dann nie mehr melden: Das ist eigentlich ein alter Hut und liegt sicherlich nicht an Dir. Ich kenne das, solange ich hier bin.

    Ich habe mich auch schon häufiger darüber "geärgert", also vor allem immer dann, wenn ich mir die Mühe gemacht habe, jemanden ausführlich und intensiv zu antworten und dann halt einfach gar nix mehr kommt. Ich habe das "geärgert" bewusst in Anführungszeichen gesetzt, weil so richtig ärgern war es nie. Ich bin ja nicht hier um auf meine Weisheiten eine Antwort zu erhalten sondern um vielleicht den ein oder anderen Impuls geben zu können.

    Insofern ist es wohl eher ein Bedauern meinerseits, wenn ich mich irgendwo mal wieder so richtig schriftlich ausgetobt habe und dann kommt nix mehr. Bedauern vor allem immer dann, wenn ich selbst die Hoffnung hatte, vielleicht etwas bewegen zu können beim Hilfesuchenden. Und dann kommt halt einfach gar nix mehr..... Kann man sich dann denken, was da passiert ist...

    Aber naja, da gibt es dann ja auch glücklicherweise immer wieder mal jene, die irgendwann mal sagen oder schreiben, dass ihnen dieses Forum hier enorm dabei geholfen hat, vom Alkohol weg zu kommen. Und da "reicht" eine einzige solche Mitteilung aus, um all die vergeblich geschriebenen Zeilen vergessen zu machen.

    Jetzt bin ich erst mal wirklich gespannt, ob es hier so ruhig weiter geht oder ob wir hier mal wieder mehr "zu tun" bekommen.

    Liebe Grüße
    Gerchla

    Hallo Vodka,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Du hast ja von meinen Vorschreiberinnen schon wunderbare Informationen erhalten. Als ich ich gerade Deinen Text gelesen habe, da dachte ich mir ganz spontan: Meint er diese Fragen jetzt wirklich ernst oder was möchte er jetzt eigentlich von uns hören? Eine medizinische Beratung aus einem Laienforum halte ich grundsätzlich für sehr kritisch. Ich würde es jedenfalls niemals wagen, hier irgendwelche Empfehlungen für oder gegen irgendwelche Medikamente zu geben. Dafür sind m. E. Ärtze da.

    So richtig ins Grübeln bin ich dann gekommen, als ich gelesen habe, dass Du Dir die Frage stellst, ob Du Dir von Deiner Ärztin Tegretal verschreiben lassen sollst oder ob Du es lieber ohne Pillen durchziehst....

    Also ehrlich, Du hast es hier mit einer Suchterkrankung zu tun.Nur ganz wenige Betroffene schaffen es überhaupt ernsthaft etwas gegen die Krankheit zu unternehmen, die Masse stirb mit oder an dieser Erkrankung. Von denen die es ernsthaft versuchten schafft es eine mehr als deutliche Mehrheit NICHT diese Krankheit dann auch tatsächlich dauerhaft zu überwinden. Die Statistiken dazu kannst Du, wenn sie Dich interessieren, jederzeit googeln. Es geht hier also aus meiner Sicht nicht darum, sich irgendwas von seinem Arzt verschreiben zu lassen oder nicht (wobei meine Ärtzin MIR sagt was ich nehmen sollte und nicht ich ihr was ich nehmen will), sondern es geht darum, eine der schlimmsten Suchterkrankungen überhaupt zu überwinden.

    Ich rede von einer schlimmsten Suchterkrankungen auch deshalb, weil der Alkohol im Vergleich zu vielen anderen Drogen von einem Großteil der Gesellschaft nicht als solche gesehen wird. Im Gegenteil, er hat ein überaus positives Image, ist jederzeit und überall verfügbar und wird aktiv angeboten. Ein Süchtiger, der aussteigen möchte, hat also nicht nur mit sich selbst sondern auch noch mit der Gesellschaft an sich, seinem eigenen vertrauten Umfeld bis hin zum Warensortiment im Supermarkt zu kämpfen. Und das ist ein wichtiger Grund dafür, dass es nur so wenige schaffen dauerhaft von dem Zeug weg zu bleiben.

    Wenn Du also wirklich ernsthaft etwas erreichen möchtest und wirklich weg willst von dem Zeug, dann geht es nicht darum ob Du jetzt eine Pille schluckst oder nicht. Sondern es geht eher darum, was Du in Deinem Leben verändern möchtest, damit Du Dich nicht mehr alle paar Wochen abschießen musst oder willst. Vielleicht sprichst Du darüber mal mit Deiner Ärztin oder, falls sie da nicht die richtige Ansprechpartnerin ist, vielleicht sprichst Du darüber mal mit einem Psychologen, mit irgend jemanden, der Erfahrung auf dem Gebiet der Suchttherapie hat. Könnte auf Dauer hilfreicher sein, als darüber nachzudenken, ob oder was man sich verschreiben lassen soll oder nicht. Da würde ich mich einfach auf den Rat des Arztes meines Vertrauens verlassen.

    Die große Herausforderung ist Deine psychische Abhängigkeit. Sie ist für die Rückfälle verantwortlich, sie hält die Sucht am Laufen. Nur wenn Du da den richtigen Weg für Dich finden kannst, hast Du eine Chance aus der Suchtspirale heraus zu kommen.

    Alles Gute für Dich!

    LG
    Gerchla

    Hallo liebe Forumsmitglieder und Mitleser,

    ich wünsche Euch allen ein schönes und friedvolles Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Mögen alle Eure Wünsche und Vorsätze in Erfüllung gehen. Letztes Jahr schrieb ich hier davon, dass wir alle ein Weihnachten und einen Jahreswechsel erleben, wie wir ihn vorher noch gekannt haben. Damals war ich zuversichtlich, dass es kein zweites Weihnachten, kein zweites Silvester in dieser außergewöhnlichen und herausfordernden Art geben wird.

    Jetzt stehen wir wieder vor einer ähnlichen Situation mit ähnlichen Herausforderungen. Meine Zuversicht hat sich nicht bewahrheitet und trotzdem habe ich sie auch dieses Jahr wieder. In früheren Zeiten, in den Zeiten als ich noch trank, habe ich gerne die Apokalypse herbei geredet und mich gefreut, wenn meine düsteren Prognosen doch mal eingetreten sind. Ich habe mich als Realist bezeichnet und war aber eigentlich ein destruktiver Pessimist, der sich mit seinem Pessimismus selbst vergiftet hat. Mag sein, dass ich heute manchmal ein wenig zu optimistisch bin aber damit geht es mir viel besser!

    In diesem Sinne: Bewahrt Euch eine ordentliche Portion Zuversicht auch in schwierigen Zeiten und lebt Euer Leben so gut es geht!

    Liebe Grüße
    Gerchla

    PS: Lieben Dank an alle Admins und unseren Oberadmin Greenfox dafür, dass Ihr das Forum hier am Laufen haltet!

    Hallo Alfred,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Bevor ich Dir meine Gedanken schreibe, stelle ich mich Dir mal kurz vor:

    Ich bin Anfang 50 und lebe jetzt schon einige Jahre ohne Alkohol. Bis Anfang meiner 40er Jahre trank ich abhängig und diese Abhängigkeit hat sich irgendwann mit Ende 20 bei mir eingestellt. Zunächst auf sehr niedrigem Niveau. Ich habe ein paar Jahre auf "Feierabendbier-Niveau" getrunken, also quasi so wie Du das jetzt gerade versuchst und ich bin darüber dann in die Sucht gerutscht. Ich weiß heute, nachdem ich meine Sucht auch wirklich versucht habe intensiv aufzuarbeiten, dass ich bereits auf diesem niedrigem Level eine Abhängigkeit entwickelt hatte. Nachdem das dann auch irgendwann meiner Frau aufgefallen ist, und sich mich mehrmals darauf ansprach, ob ich denn wirklich jeden Abend "mein" Bier (es waren meist nicht mehr als eines oder max. zwei) trinken müsste, bin ich relativ schnell auf heimliches Trinken umgestiegen. Spätestens das war dann ein eindeutiges Zeichen dafür, dass ich bereits süchtig war. Und so startete ich dann meine Karriere als heimlicher Trinker, welche dann auch deutlich an Fahrt aufnahm, so dass ich dann gegen Ende meiner Sucht bereits morgens mit dem Trinken begann und sich meine Trinkmengen bei irgendwas um die 10 Bier pro Tag und oft auch noch plus X (i. d. R. ne Flasche Wein oben drauf) einpendelte.

    Ich konnte das bis zum Schluss verheimlichen und habe auch bis zum Schluss irgendwie funktioniert. Jedoch habe ich darüber alle Lebensfreude verloren, Freunde verloren, meine Ehe kaputt gemacht und meinen Kindern einen Papa zugemutet, den sie niemals verdient haben. Das war jetzt ein Schnelldurchlauf, ein grober Überblick, damit Du ein Gefühl dafür hast, wer Dir hier schreibt.

    Meine Gedanken zu Deinen Zeilen:

    Was Du gerade versuchst ist ja nichts anderes als kontrolliert zu trinken. Zwei Bier am Tag hört sich nach nicht viel an, wenn man vorher zwei Flaschen Wein täglich getrunken hat. Ich bin davon überzeugt, dass kontrolliertes Trinken nur Menschen möglich ist, die noch nicht süchtig sind. Sprich, all die, die "nur" Missbrauch betrieben haben können vielleicht über den Weg des kontrollierten Trinkens wieder in die Spur finden. Aber auch das ist kein Selbstläufer und ein langer Weg, wo immer große Gefahren lauern. Denn gelernt ist gelernt, und diejenigen die längere Zeit Missbrauch betrieben haben, wissen genau um die Wirkung des Alkohols und wann er ihnen "geholfen" hat. Und auch sie müssen ihr Leben lang darauf achten, nicht doch wieder zu steigern und verdammt aufpassen, dadurch dann nicht doch in eine Sucht abzurutschen.

    Ich stelle mir also die Frage und die stelle ich auch Dir: Was bringen Dir diese zwei Bier am Tag eigentlich? Warum klammerst Du Dich so an diese zwei Bier? Sie können Dir niemals das geben, was Du eigentlich willst. Denn eigentlich willst Du doch Deine zwei Flaschen Wein, oder? Um das zu bekommen, was Du eigentlich möchtest, reichen doch diese zwei Bier nie und nimmer aus, oder? Das ist doch gerade so, als ob Du einem richtig hungrigen Menschen zwei Salatblätter servierst. Oder siehst Du das anders? Nun schreibst Du ja, dass Du nach den zwei Bieren einigermaßen müde bist und dann ins Bett gehst.

    Trinkst Du sie etwa, weil Du müde werden möchtest und es ohne diese Hilfe nicht werden kannst? Sind sie Dein Schlafmittel? Also da gäbe es sicher auch andere Möglichkeiten und damit meine ich jetzt keine anderen Drogen oder Schlafmittel.

    Du merkst schon, ich proviziere etwas und stelle deshalb auch diese komischen Fragen. Ich will Dir sagen, dass ich das natürlich auch alles probiert habe. Genau wie Du, habe ich auch probiert kontrolliert zu trinken. Da ich aber bereits süchtig war, hat es natürlich nicht funktioniert und wenn Du auch süchtig bist, worauf aufgrund der Dauer und auch der Menge Deines Konsums schon vieles hindeutet, dann wird es auch Dir nicht gelingen. Deine Angst ist also mehr als begründet. D. h., natürlich kann das eine Zeit lang gut gehen, vielleicht bist zum nächsten großen Streit, bis zu irgend eines großen Problems das vielleicht im Rahmen Deiner Selbstständigkeit (oder bei was auch immer) auftritt. Ein Ereignis einfach, dass für Dein Hirn zum Anlass wird, auf seine Erfahrunge in Bezug auf Alkohol zurück zu greifen und der Sucht freien Lauf zu lassen.

    Ich erinnere mich daran, dass ich längestens 3 oder vielleicht 4 Wochen kontrolliert trinken konnte, am Anfang dieser Zeit immer ganz stolz, später dann immer mehr mit dem Gedanken "na siehste, geht doch, vielleicht hast du ja gar kein Problem" und irgendwann dann mit dem Gedanken "jetzt brauch mal mehr, aber ich habe ja bewiesen, dass ich mit weniger auskomme und kann ja immer wieder reduzieren". Was da also bei mir passiert ist, sind die ganz normalen Vorgänge, die in so einem Suchtleben eben so vor sich gehen. Mir fiel es dann tatsächlich leichter, richtige Trinkpausen einzulegen, also gar nichts zu trinken. Das kam besonders in den ersten Jahren häufiger mal vor, meist dann, wenn ich mal wieder ein besonders schlimmes Ereignis wegen meines Konsums hinter mir hatte. Dann kam oft ein "so kanns nicht weiter gehen, jetzt trinke ich erst mal nichts mehr". Das funktionierte einmal sogar fast ein Jahr lang, das war ganz am Anfang meiner Sucht. Ein Biermischgetränkt mit bestimmt nicht mehr als 2 % Alkoholanteil hat mich dann innerhalb kürzester Zeit wieder in die Spur gebracht, nach fast einem Jahr komplett ohne. Und ganz schnell war ich dann auch weit über meinem bis dahin üblichen Niveau, gerade so, als wollte ich nachholen was ich verpasst hatte. Die Pausen wurden dann deutlich kürzer, ich konnte ne Zeit lang dann immer mal für ein paar Wochen pausieren, dann für Tage und irgendwann, so die letzten 2 oder 3 Jahre meiner Sucht konnte und vor allem wollte ich gar nicht mehr pausieren. Ich sah keinen Sinn mehr darin.....

    Was waren dann dann die Ursachen, warum ich es dann doch geschafft habe vom Alkohol weg zu kommen? Vielleicht stellst Du Dir diese Frage ja. Ich habe sie mir oft gestellt. Was war beim letzten Mal anders als die vielen Male vorher? Nun, bei den Trinkpausen und auch bei den KT-Versuchen war es nie mein Plan, das für immer durchzuziehen. Ich hatte immer ein Hintertürchen offen, ich trank heimlich und ich wollte auch heimlich aufhören. Das wäre eine Win/Win-Situation gewesen, aber da spielt die Sucht nicht mit. Was aber noch entscheidender war aus meiner heutigen Sicht: ich war nicht bereit mein Leben grundlegend zu verändern. Ich dachte immer, ich müsste einfach nur nicht mehr trinken. Und das lange genug durchhalten und dann wird das schon wieder. Und das war eine komplett falsche denkweise. Erst als ich dann mein Leben (inklusive eines Doppellebens das ich in den letzten Jahren aufgebaut hatte) so richtig an die Wand gefahren hatte mir klar wurde, dass ich NIEMALS da raus kommen werde, wenn ich nicht komplett reinen Tisch mache und große Teile meines Lebens komplett verändere, hatte ich eine Chance. Und trotzdem kam der Tag x, also der wo ich das dann auch tatsächlich getan hab, völlig ungeplant und unerwartet. An dem Tag kam ich mit vier Bier aus der Arbeit heim, meine Frau konfrontierte mich mit etwas das ich getan hatte und wollte das ich mich dazu äußere und ich wusste plötzlich: jetzt ist es vorbei. Jetzt machst Du reinen Tisch.

    Und das tat ich dann auch. Mit dem Wissen, dass sich ab diesem Zeitpunkt alles verändern wird. Erst mal nicht zum Positiven, denn ich hatte so viel Lug und Betrug angehäuft, dass meine Beichte gegenüber meiner Frau zu einer Lebensbeichte wurde. Mit anschließender Trennung und einem Neuanfang der ein wirklicher Neuanfang wurde. Einzig mein Job blieb der alte und das war aus heutiger Sicht auch gut so, denn er war eines der wenigen Dinge, die eine gewisse Stabilität für mich boten und er war auch nicht ausschlaggebend für meine Suchtgeschichte. Ich hatte einen tollen Job, er war nicht verantwortlich für meine Flucht in den Suff..... Wäre das anders gewesen, wäre ich auch bereit gewesen, meine Job hinzuwerfen. Ich war zu allem bereit nur um endlich nicht mehr trinken zu müssen.

    Ansonsten wurde alles neu, Aus- und Umzug, neues Umfeld, Freunde weg bis auf ein paar ganz wenige und ganz alte, Frau weg (die Trennung ging jedoch von mir aus, ich wusste wenn ich bleibe werde ich wieder trinken und ich wusste aber auch, dass ich genau das niemals mehr möchte), Kinder weg (was für mich am Schlimmsten war, sie waren mein ein und alles). So war das und erstmals in meinen Leben hätte ich wirklich einen "Grund" zum Trinken gehabt (Ironie). Denn das war schon echt ne harte Nummer, wenn auch meine Familie nochmal viel stärker darunter litt als ich. Denn für sie war es ja völlig unerwartet, sie dachten ja, ich wäre halt ein gestresster Businessmensch und wäre deshalb so komisch... Selbst meine Frau dachte bis zum Schluss, dass wir schon wieder zueinander finden würden.... Als ich das mit andauernder Nüchternheit begann zu verstehen, kamen extreme Schuldgefühle in mir hoch die wiederum das Potenzial hatten, meine Nüchternheit zu gefährden.

    Was will ich Dir damit sagen? Nun, schau Dir Dein Leben ganz genau an. Ändere, was geändert werden muss, auch wenn es erst mal so scheint, dass das nicht möglich ist. So lange Du glaubst, dass irgend etwas nicht geht, obwohl Dir eigentlich klar ist, dass es Dich belastet, so lange wirst Du da nicht raus kommen und es wird immer schlimmer werden. I. d. R., Ausnahmen mögen diese bestätigen. Aber ich habe jetzt so viele ehemalige Trinker:innen gesprochen, mit ihnen geschrieben, etc. und meine Erfahrung ist, dass die meisten einen kompletten Wandel durchmachen mussten. Nicht immer muss alles aufgegeben werden, dass will ich damit nicht sagen. Die Bereitschaft aber, ALLES dafür zu tun um vom Alkohol weg zu kommen ist m. E. die Grundvoraussetzung es auch schaffen zu können. Ich war auch bereit alles zu tun, musste aber nicht alles tun. Ich musste "nur" das richtige tun, und das war bei mir z. B. keine klassische Therapie (dazu war ich absolut bereit), bei mir war es ein eigener Weg der mich zu einem Mönch führte, der mir dann die Impulse gab um aus der Sucht heraus zu kommen.

    Ein völlig unkonventioneller Weg, der aber wohl meinem Typ entsprach, jedoch weit vom klassischen "Entgiftung - Therapie - Nachsorge" Weg entfernt ist, auf dem ersten Blick jedenfalls. Denn das was ich gemacht habe war auch eine Art Therapie, eine die dem entsprach was ich brauchte und Nachsorge betreibe ich natürlich auch, in dem ich Verantwortung für mein Leben übernommen habe, den Sinn meines Lebens gefunden habe und nun so lebe, dass ich diesen auch erfüllen kann. Ich bemühe mich jedenfalls. D. h. also, ich habe mich neben der Tatsache, dass ich keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken habe, intensiv mit mir und meinem Leben und meiner Suchtgeschichte beschäftigt. In den ersten Wochen und Monaten waren das locker mehrere Stunden am Tag, ich nahm mir diese Zeit ganz bewusst, wei ich wusste, dass ich aufarbeiten muss und Klarheit brauche um dauerhaft weg zu kommen. Und dabei wurde mir dann ganz schnell eines klar: Alkohol hat hier keinen Platz mehr und vor allem auch keinerlei Nutzen mehr. Ich würde ihn heute auch dann nicht trinken, wenn ich amtlich bestätigt bekäme, dass ich es wieder könnte und keine Rückfallgefahr bestünde. Er hat seinen Sinn für mich komplett verloren.

    Also. ich denke, Du solltest vielleicht mal ganz genau hinschauen bei Dir, genau auf Dein Leben schauen. Und ganz wichtig: Ehrlich sein dabei, Dir nicht selbst in die Tasche lügen. Das machen aktiv trinkende Menschen nämlich sehr gerne und auch sehr professionell. Die Sucht macht das. Und dann geht es aus meiner Sicht erst mal darum, wirklich längere Zeit gar keinen Alkohol mehr zu trinken, auch nicht zwei Bier. Und es geht dann darum, zu reflektieren, einen Plan zu machen, zu überlegen, was Du mit Deinem Restleben noch anfangen möchtest, welche Ziele Du noch hast. Von mir aus kannst Du auch versuchen den Sinn Deines Lebens zu finden und Dir überlegen, wie Du dann danach leben kannst und willst. Aber das ist ja nicht jedermanns Sache und sicher auch nicht Voraussetzung für ein Leben ohne Alkohol. Mir hat es halt sehr geholfen.

    Um das alles zu erreichen solltes Du bereit sein, Dir jede Hilfe zu holen, die Du dazu brauchst. Welche Hilfe das ist, kann ich nicht sagen. Vielleicht wäre bei Dir eine SHG gut, vielleicht eine psychologische Betreuung, vielleicht ein guter Freund der Dir zur Seite steht, vielleicht eine Kombination aus allem, vielleicht auch einfach nochmal ein Neustart mit Therapie, vielleicht eine stationäre LZT.... Oh, da wird sich jetzt sofort der Gedanke "geht nicht wegen dem Job" in Dir regen.... Das meinte ich dann mit "zu allem bereit sein"....

    So ich belasse es jetzt mal dabei. Bin gespannt ob Du noch liest, und wenn ja, dann hoffe ich, dass ein paar Impulse für Dich dabei sind. Mehr will ich mit meinen Zeilen gar nicht erreichen. Einfach nur ein paar Denkanstösse, die Dir vielleicht helfen, Deine Weg zu finden. Es ist Dein Leben, Du bist dafür verantwortlich, Du hast es in der Hand.

    Alles Gute für Dich und einen guten Austausch hier im Forum wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

    Liebe Mina,

    danke Dir für Deine netten Zeilen und auch dafür, dass Du mir kurz über Deine Nahtoderfahrungen berichtet hast. Wie gesagt, ich möchte dieses Thema hier gar nicht "groß" werden lassen, weil ich denke, dass das hier nicht her gehört. Es sei denn, es wäre mit Deiner Alkoholgeschichte verbunden aber so wie Du schreibst, scheint das ja nicht der Fall zu sein. Zumindest waren diese Erlebnisse wohl nicht entscheidend dafür, dass Du da so tief hinein geraten bist.

    Weißt Du, ich habe mich im Zuge der Aufarbeitung meiner Suchtgeschichte dann relativ bald mit dem Sinn meines Lebens beschäftigt. Muss man bestimmt nicht unbedingt machen, gibt bestimmt viele, die auch ohne selbst erkannten Sinn gut ein neues Leben ohne Alkohol leben können und das auch tun. Bei mir war es nur so, dass ich mir dachte: Was will ich denn jetzt eigentlich mit meinem Restleben noch anfangen? Ich dachte mir: Eigentlich habe ich da ja jetzt gerade eine Megachance mein Leben so richtig zu verändern, weil der, der alles gekillt hat, nämlich der Alkohol, aus meinem Leben verbannt war.

    Und je mehr ich da nachdachte, desto entschlossener wurde ich, diese Chance jetzt auch zu nutzen. Ich empfand es schon fast als "Verschwendung" meines Restlebens, wenn ich jetzt einfach weiter so "vor mich hin" lebe, wo ich doch jetzt "richtig" leben könnte. Weil ich endlich FREI war. Ich empfand es als eine unfassbare Freiheit, nicht mehr trinken zu müssen, keinen mehr trinken zu wollen. Da wollte ich für mich und mein Leben etwas daraus machen.

    Nur was, diese Frage konnte ich gar nicht so einfach beantworten. Wer will ich denn jetzt sein? Wie will ich sein? Was will ich denn jetzt noch erreichen und wofür und für wen? Letztlich: Wo ist denn jetzt "mein Sinn", also mein Lebensinn, für den ich lebe und den ich anstreben möchte. Ein sehr spannender und für mich auch sehr erfüllender Prozess, übrigens noch nicht abgeschlossen bzw. ich bin davon überzeugt, dass er erst mit meinem Tod abgeschlossen sein wird. Und für mich ist es sehr schön, dass ich nicht das Gefühl habe hier gäbe es irgendwo ein Ende oder einen Punkt, den ich erreichen muss und dann ist das Ziel erreicht.

    Da denke ich immer an einen Berggipfel. Man versucht ihn zu erreichen, es ist das große Ziel. Hat man ihn erreicht, geht es aber nur noch bergab, also wieder herunter. Und ich denke mir: ich strebe nicht nach einem Gipfel, den ich erreichen möchte. Ich will einfach immer an mir und meinem Sinn arbeiten, auch akzeptieren das sich Dinge / Ziele im Laufe eines (Rest-)Lebens verändern können und dass es dazu gehört, immer wieder zu reflektieren und ggf. Korrekturen vorzunehmen.

    Ich bin schon wieder am Philosophieren, entschuldige bitte. Alles was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass ich mich im Zuge dieser Sinnfindung eben auch mit Religion, Persönlichkeitsentwicklung, auch Esoterik und son "Zeugs" (aber eher oberflächlich) beschäftigt habe und dabei eben über diese Nahtodgeschichten gestolpert bin. Hat mich fasziniert, allerdings verfüge ich irgendwie auch über eine Art Grundskepsis, die wohl auch ein Wesenszug von mir ist. Was nicht heißt, dass ich ein Pessimist oder sowäre, im Gegenteil aber ich hinterfrage schon gerne und versuche immer zu verstehen. Und ich finde das jetzt sehr spannend, wie sachlich, sozusagen nüchtern ;D Du diese Erlebnisse von Dir beschreibst. Das was ich da konsumiert habe, hatte immer sehr euphorische Protagonisten, also ausnahmslos, wenn ich mich richtig erinnere. Aber wie gesagt, soll jetzt nicht das Thema sein und wenn es für Dich ein Grund ist, da mal drüber nachzudenken, dann freut es mich, ,wenn ich Dir (ungewollt) einen Denkanstoss liefern konnte.

    Denkanstösse sind es übrigens unter anderem auch, warum ich hier bin. Ich bekomme hier immer wieder sehr viele davon und das bringt mich oft weiter. Und da geht es bei mir jetzt ja schon lange nicht mehr um den Alkohol an sich. Man kann hier sehr viel auch jenseits dieses Themas für sich mitnehmen. Also ich jedenfalls.

    Dabei belasse ich es jetzt mal. Bis bald mal und

    liebe Grüße
    Gerchla

    Hallo Mina,

    auch von mir noch ein herzliches Willkommen hier im Forum. Schön, dass Du Dich dazu entschlossen hast hier aktiv zu werden. Von Deinen Erfahrungen können sicher viele andere Betroffene profitieren.

    Ich will mich Dir kurz vorstellen: Ich bin Anfang 50, trinke jetzt seit vielen Jahren keinen Alkohol mehr und habe vorher weit über 10 Jahre abhängig getrunken. Ich schreibe deshalb "weit über 10 Jahre", weil ich nicht mehr genau sagen kann, wann ich letztlich abhänig wurde. In jedem Fall war es bei mir so, dass ich bereits mit einer eher geringen Menge schon abhängig getrunken habe. Bei dieser geringen Menge blieb es aber natürlich nicht, so dass ich im Laufe der Jahre immer tiefer und immer heftiger in die Suchtspirale geraten bin. Die meiste Zeit dieser "über 10 Jahre" habe ich heimlich getrunken. Und zwar komplett heimlich, ich konnte es auch vor meiner Familie (Frau und 2 Kinder) verheimlichen, wobei ich mir immer häufiger die Frage stelle, wie das überhaupt möglich war. Bei den Mengen die ich zum Ende hin trank.

    Ich denke, einerseits wollte meine Frau es wohl nicht wahr haben (sie versicherte mir bei meinem Outing das sie das nie gedacht hätte), andererseits hatten wir uns auch stark auseinander gelebt (oft getrennt geschlafen usw.). Und ich war natürlich auch ein absoluter Profi im Lügen und Betrügen, heute für mich oft nur schwer zu glauben, wie überzeugend ich lügen konnte und wie gnadenlos berechnend ich da oft vorgegangen bin. Ich habe die letzten Jahre dann auch noch ein umfangreiches Doppelleben aufgebaut, welches mir eine Parallelwelt ermöglichte in die ich mich immer häufiger "flüchtete", die aber natürlich auch dazu führte, dass meine ohnehin schon kaputte Psyche noch kaputter wurde, wobei ich gar nicht weiß ob das überhaupt noch möglich war.

    Auf jeden Fall war ich an einem Punkt angelangt, wo ich überhaupt keinen Sinn mehr darin sah, mit dem Trinken aufzuhören. Ich wusste, dass ich bei einer Zukunft ohne Alkohol reinen Tisch machen müsste, doch bei diesem Gedanken war mir auch sofort klar, dass das niemals passiern durfte. Ich hatte so schlimme Dinge getan, dass ich mir niemals vorstellen konnte, dass meine Frau und meine Kinder das jemals erfahren durften. Wie gefangen ich doch da in meiner alkoholischen Scheinwelt war.... Denn es war ganz klar, dass früher oder später alles an die Oberfläche kommen würde, entweder so oder so.

    Mein Kartenhaus stand bereits auf sehr wackeligen Karten und ich hatte zunehmend Mühe, es durch immer wieder neue und immer noch dreistere Lügen am Zusammenbrechen zu hindern. Ich wusste teilweise selbst nicht mehr, was ich vorher gesagt hatte und ich wusste teilweise sogar selbst nicht mehr, ob ich nun log oder ob das was ich sagte nicht doch stimmte.

    Kann man sich kaum vorstellen aber mein Leben bestand zu dieser Zeit, ich denke mal so die letzten 2 - 3 Jahre meiner Sucht, nur noch aus "irgendwie alles aufrecht erhalten und den Schein wahren". Und dabei habe ich aber bis zum Schluss funktioniert, hatte auch meinen Job noch, wo ich gut angesehen war und alles "im Griff" hatte....

    Tja, dann kam Tag x und ohne auch nur ansatzweise vorher daran gedacht zu haben, wusste ich plötzlich: Jetzt ist es vorbei, jetzt machst Du reinen Tisch und ab jetzt, wirst Du nie mehr Alkohol trinken....

    Eigentlich war das eine ganz normale Situation. Meine Frau hatte mal wieder was heraus bekommen, eine meiner Schandtaten und mich am Abend, nachdem ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin (nüchtern sozusagen, denn ich hatte da nur 4 Bier getrunken), damit konfrontiert. Aber anstatt wie sonst mich aus dieser Situation heraus zu lügen (ich bin mir sicher, es wäre mir gelungen), wusste ich plötzlich: jetzt ist es vorbei! Und ich wusste aber auch: nichts wird mehr so sein wie vorher! Was damals in keiner Weise positiv für mich behaftet war sondern ich wusste nur, dass ab sofort alles ganz schlimm werden wird weil ich jetzt alle meine Lügen beichten würde und es keinen Schritt mehr zurück geben würde. Für meine Frau würde ich ab sofort ein Alkoholiker, Lügner und Betrüger sein, meine Kinder würden auf tiefste enttäuscht werden und schwer verletzt sein.

    Und so kam es dann natürlich auch. Meine Frau glaubte mir erst, nachdem ich ihr meine geheimen Alkoholverstecke gezeigt hatte und für sie brach in diesem Moment alles zusammen, ihre gesamte geplante und gedachte Zukunft.

    Ich könnte Dir hier jetzt ewig erzählen, was damals alles in mir ab ging und welche Gefühle und Gedanken ich hatte. Das würde den Rahmen sprengen und Dich wahrscheinlich auch langweilen. Ein Gedanke war jedoch immer allgegenwärtig, nämlich der, dass ich bereit war, ALLES dafür zu tun, um nie wieder Alkohol trinken zu müssen.

    Auch hier will ich jetzt nicht ins Detail gehen, meine Geschichte diesbezüglich habe ich schon oft hier im Forum geschrieben. Jedenfalls war schnell klar, dass eine Trennung von meiner Frau für mich nicht zu vermeiden war und so kam es dann auch sehr bald und ich trennte mich, obwohl sie mir sie mir sagte, dass sie mich immernoch liebt. Ich hatte dann in diesen eigentlich für die meisten ja besonders schwierigen Anfangswochen und Monaten so gut wie keinen Druck, als keinen Wunsch Alkohol trinken zu wollen und konnte mich deshalb schon sehr bald darauf "konzentrieren", mit der Aufarbeitung meiner Suchgeschichte zu beginnen.

    Dabei kam dann doch ein Thema zu Tage, welches sicher das Potenzial gehabt hätte, meine Nüchternheit zu gefährden. Und das waren meine immer stärker werdenden Schuldgefühle. Je klarer ich wurde, desto mehr wurde mir bewusst, was ich da eigentlich getan hatte. Das Elend meiner Frau und meiner Kinder sah ich teils mehrmals die Woche, nämlich immer dann, wenn ich meine kleine Tochter (damals so um die 9 Jahre alt) besuchte oder auch wenn ich bei meiner Frau war um noch irgendwas zu besprechen/zu regeln. Es war schlimm, meine kleine so zu sehen und zu wissen, dass ich alleine dafür verantwortlich war. Und auch meine Frau, welche wirklich ein toller Mensch war und gegen die ich zu keinem Zeitpunkt "etwas hatte", litt schrecklich, wegen mir.... Bleibt noch mein Sohn, damals Jugendlicher für den sein Papa immer ein Held gewesen ist.... Auch ihn hat es bis ins Mark erschüttert.

    Zum Glück habe ich sofort erkannt, dass ich mit diesen Schuldgefühlen nicht ohne Hilfe klar kommen würde. Sie waren einfach zu groß und machten mir wirklich große Angst. Einerseits erlebte ich, wie es mir jeden Tag ohne Alkohol immer besser ging, vor allem natürlich auch körperlich, andererseits wurde die Frage "wie kannst Du jemals mit dieser Schuld leben" immer dominanter. Mir zu sagen, dass ich da ja gar nichts dafür kann, weil da ja der Alkohol schuld war, funktionierte nicht und das wollte ich auch nicht. Mir war es auch zu einfach mir zu sagen, dass der Alkohol einen anderen Menschen aus mir gemacht hatte, selbst wenn das zum Teil wohl zutreffend war. Ich dachte immer: Da war keiner, der Dich dazu gezwungen hat, das Zeug zu trinken und du wusstet ab einem bestimmten Zeitpunkt ganz genau, dass du ein Problem hast.... Und zu diesem Zeitpunkt wäre es noch gut möglich gewesen aufzuhören, ohne einen Trümmerhaufen zu hinterlassen......

    Nun, ich holte mir Hilfe, erst bei einem Psychologen, welcher mich überhaupt nicht erreicht hat (oder ich ihn nicht) und dann bei einem Mönch (welcher mir wohl mein Leben gerettet hat und dem ich mein heute sehr glückliches Leben zu einem großen Teil mit zu verdanken habe).

    Heute bin ich wieder verheiratet, nochmal Papa einer kleinen Tochter und führe ein sehr glückliches Leben ohne Alkohol. Mit einer wirklich sehr guten Beziehung zu meinen Kindern und sogar zu meiner jetzt Ex-Frau. Natürlich auch mit Höhen und Tiefen, mit guten und mit weniger guten Tagen, auch mal mit schlechten Tagen. Aber jeden Tag mit einer ganz großen Dankbarkeit, dieses Leben führen zu dürfen. Wirklich jeden Tag, es vergeht keiner, wo ich mir das nicht bewusst mache bzw. es mir durch irgend eine "Kleinigkeit" bewusst wird. Und dass das so ist, auch dafür bin ich unglaublich dankbar.

    So, ein Schnelldurchlauf durch meine "Geschichte".

    Ich freue mich hier von Dir zu lesen. Was Du bisher geschrieben hast, spricht mich sehr an und ich habe oft bei Deinen Zeilen genickt und mir gedacht, wie Recht sie doch hat und wie schön es doch ist, dass Du Deinen Weg gefunden hast. Und wenn ich lese, womit Du alles zu kämpfen hattest und sicher auch noch hast, dann fühle ich da ganz viel Freude in mir und auch ganz großen Respekt und Achtung davor, dass Du den Weg da heraus gefunden hast und heute hier als bereits lange nüchterne Mina schreibst. Das finde ich einfach ganz toll und ich hoffe so sehr, dass andere Betroffene, die noch nicht so weit sind und vielleicht noch in ihrer Verzweiflung stecken, Deine Zeilen lesen und sich davon motivieren lassen.

    Eines möchte ich Dich aber doch fragen, auch wenn das eigentlich gar nicht hier her gehört. Ich habe mich mal eine Zeit lang mit Nahtoderfahrungen beschäftigt Also was heißt beschäftigt, ein wenig darüber gelesen und einiges an Videos dazu konsumiert. Quasi bei allen die das erlebt haben, hat sich anschließend das komplette Leben verändert. Also zum Positiven, so habe ich das jedenfalls immer verstanden. Also, keine Angst mehr vor dem Tod, neues Bewusstsein, viel positivere Lebenseinstellung, Liebe, Achtung, Rücksicht als zentrale Werte im Leben, usw.

    Bei Dir liest es sich so, als ob sie Teil oder auch ein (Teil-)Grund Deiner dann folgenden Suchtgeschichte wäre. Das hat mich beschäftigt, als ich Deinen ersten Post gelesen habe. Kann das aber auch flalsch verstanden bzw. interpretiert haben. Wenn Du dazu was schreiben möchtest, würde ich mich freuen. Ich weiß, dass das nun eigentlich kein Thema für dieses Forum ist und ich will das auch nicht in die Tiefe hier diskutieren. Aber das würde mich jetzt schon sehr interessieren, wie Du das selbst siehst. Aber natürlich nur wenn Du magst.

    Schön, dass Du hier bist und ich wünsche Dir einen tollen Austausch hier im Forum!

    LG
    Gerchla

    Liebe Orangina,

    ich hab gerade mal Deinen allerersten Post hier in diesem Threat gelesen :)

    Du bist hier angekommen wie ganz viele hier ankommen. Das was Du geschrieben hast hatte ich auch bei anderen in ähnlicher Form schon sehr oft hier gelesen. Die Menschen kommen hier an, sie haben ihre Not erkannt, sie wollen was unternehmen und dieses Forum ist dann oft die erste Anlaufstelle, wo sie sehr niederschwellig (auch weil anonym) oft zum ersten Mal darüber reden/bzw. schreiben können.

    Bei ganz vielen ist es dann leider oft so, dass es bei ein paar Posts bleibt und dann "verschwinden" sie einfach wieder. Ganz wenige kommen dann nach Monaten plötzlich wieder hier an und berichten, wie es ihnen ergangen ist, fast immer schreiben sie dann, dass es doch nicht geklappt hat mit der Abstinenz und sie versuchen es erneut.

    Die große Mehrzahl kommt nie wieder und ich frage mich manchmal (zumindest wenn sie zu jenen gehören mit denen ich versucht habe zu kommunizieren) was ich ändern könnte, damit meine Gedanken die ich ja oft mit vielen Worten versuche darzulegen, die Hilfesuchenden auch wirklich so erreichen, dass sie eben nicht einfach wieder "verschwinden". Mir ist dann schon klar, dass es eben diese Sucht ist, die einfach so stark ist, dass man nur mit Worten dagegen nicht ankommt und selbst als jemand der das alles auch erlebt hat, kommt man oft nicht richtig an diese Menschen heran.

    Umso mehr freue ich mich immer, wenn dann immer wieder mal Menschen wie Du dabei sind. Die dann in einen Dialog gehen und wo dann ein Prozess angestoßen werden kann, der sie weiter bringt, der ihnen dabei hilft ihre Weg heraus zu finden.

    Du bist ein super Vorbild und eine Mutmacherin für alle die hier lesen und diesen Weg noch vor sich haben. Viele lesen hier ja still mit oder sind als Gast mit dabei. Euch will ich einfach nur sagen:Traut Euch und kommt in einen Dialog!

    Liebe Orangina, für Dich freue ich mich einfach nur total, dass Du jetzt bald ein Jahr ohne Alkohol "geschafft" hast. Wobei sich "geschafft" so kämpferisch anhört. Ich denke, die "Kampfphase" hast Du schon länger hinter Dir gelassen. Du bist bereits in der Gestaltungsphase angekommen. Du kannst jetzt Dein Leben gestalten, weil der Alkohol Dich nicht mehr daran hindert, dass Du Dich um Dich und Deine persönliche Weiterentwicklung kümmerst.

    Ich kenne das von mir, das ist ein ganz tolles Gefühl und ein Prozess der einen immer ein Stückchen voran bringt und der wohl niemals endet, solange man lebt und sich persönlich weiter entwickeln möchte.

    Schön das Du hier bist und alles alles Gute auf Deinem weiteren Weg!

    LG
    Gerchla

    Hallo Luuna,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Ich bin Anfang 50 und habe über 10 Jahre abhängig getrunken. Die meiste Zeit davon heimlich. Ich konnte es auch gegenüber meiner Familie (Frau und 2 Kinder) verheimlichen. Natürlich bekamen sie mit, dass ich ich mich veränderte, nur der Grund war ihnen nicht klar. Am Ende war ich ein Wrack, bei täglich 10 Bier + x und dieses x war leider nicht so selten noch ne Flasche Wein oben drauf. Ich bekam dann auch schon körperliche Probleme und bin mir ziemlich sicher, dass ich heute nicht mehr hier wäre, wenn ich den Absprung nicht geschafft hätte. Ich war auch kurz davor, auf harte Sachen umzusteigen (erste Versuche hatte ich schon hinter mir), weil mir die Beschaffung und die Entsorgung des Alkohols zunehmend zu schaffen machte. Dann kam der Absprung, quasi aus dem Nichts und völlig ungeplant. Eigentlich hatte ich vor dem Alkohol bereits kapituliert und keinen Willen mehr, mich dagegen aufzulehnen. Ich lebe jetzt schon lange ohne Alkohol.

    Du erwähnst Nathalie Stüben. Ich finde das und wie sie es macht wirklich sehr gut und beeindruckend, ich finde sie spricht vor allem auch jüngere Menschen sehr gut an, aber nicht nur. Heute gerade lag ihr neues Buch bei mir in der Post und ich freue mich schon darauf es zu lesen. Vielleicht möchtest Du ja auch ein paar Bücher zum Thema Alkoholsucht lesen, hier im Forum findest Du auch gute Buchtipps. Ansonsten komm' erst mal hier an und lies Dich in Ruhe ein.

    Darf ich fragen, ob Du schon sowas wie einen Plan hast? Meine Erfahrung ist, dass der reine Wunsch mit dem Trinken aufhören zu wollen oft nach einiger Zeit wieder nachlässt. Ich selbst hatte diesen Wunsch mehrmals, ich weiß gar nicht wie oft. Und daraus resultierten dann immer Trinkpausen, meist nur von wenigen Tagen, anfangs auch mal Wochen. Am Ende blieben es aber doch immer nur kurze Pausen. Was zählt sind Taten. Die Voraussetzung, also den Wunsch nicht mehr trinken zu wollen, die hast Du ja bereits. Jetzt geht es darum diesem Wunsch Taten folgen zu lassen.

    Ich will keine schlauen Ratschläge geben aber aus meiner eigenen Erfahrung heraus möchte ich Dir sagen, dass es sehr hilfreich ist, wenn man das nicht komplett alleine versucht. Nun bist ja schon mal hier im Forum, aber ob das ausreicht für Dich um diese Sucht, und die ist wirklich verdammt mächtig, zu überwinden, darf zumindest kritisch gesehen werden. Nicht umsonst sind es von denen die überhaupt versuchen von dem Zeug weg zu kommen, die wenigeren die es dann auch dauerhaft schaffen. Wenn Du Nathalie gut findest, dann schau Dir doch auch mal ihre Videos an, da findest Du ganz viel auf Youtube und sie erklärt diese Sucht dort sehr verständlich. Ansonsten ist natürlich auch der "klassische" Weg, erst mal zum Arzt gehen und mit dem/ihr über Deine Situation sprechen, vielleicht auch noch mal einen Termin mit der Suchtberatung vereinbaren und dann gemeinsam eine Strategie heraus aus dem Sumpf machen, immer ein guter und empfehlenswerter Ansatz.

    Wenn Du Lust hast, dann lass doch mal hören, wie Du Dir das jetzt vorstellst. Was mit großer Wahrscheinlichkeit nicht funktionieren wird, ist einfach nur nichts mehr zu trinken. Ich schreibe das nur, weil sich das ja eigentlich am einfachsten anhört. Also einfach nix mehr trinken und schon ist die Welt wieder schön. Das funktioniert i. d. R. nicht oder nur einen überschaubaren Zeitraum lang. Denn es wird einen Grund geben, warum Du Dich am Wochenende in den Wein flüchtest. Und da solltest Du auf jeden Fall ran.

    Aber dabei belasse ich es jetzt erst einmal. Gerne mehr, wenn Du einen Dialog wünscht. Wenn Du Fragen hast, dann immer her damit. Ansonsten wünsche ich Dir jetzt erst mal ein gute Ankommen hier im Forum und natürlich auch viel guten Input für Dich, der Dir dann hoffentlich dabei hilft, Deinen Weg zu finden.

    LG
    Gerchla

    Hallo Stephan,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich stelle mich mal kurz vor: Ich bin Anfang 50, ich habe weit über 10 Jahre abhängig getrunken, die meiste Zeit davon komplett heimlich. Ich hatte Familie (Frau und 2 Kinder), vor denen ich meine Sucht ebenfalls bis zum Schluss verheimlichen konnte. D. h. sie sahen natürlich wie ich mich veränderte, sie wussten jedoch nicht, woran das lag.

    Ich lebe jetzt schon seit vielen Jahren ohne Alkohol, habe nach der Trennung und Scheidung von meiner Frau wieder geheiratet und bin auch nochmal Papa geworden. Jetzt lebe ich ein Leben ohne Alkohol, ich habe und hatte in all den Jahren (lassen wir mal die ersten Monate ohne Alkohol außen vor) nie mehr das Bedürfnis, doch mal wieder etwas trinken zu wollen. Enscheidend war für mich, dass ich im Zuge der Aufarbeitung meiner Sucht (ich wollte unbedingt wissen, wieso - weshalb - warum, denn ich war überzeugt, dass ich keinen Grund hatte mit dem Trinken anzufangen) irgendwann erkannte, dass es für mich ganz wichtig war zu wissen, was denn eigentlich der Sinn meines Lebens ist. Also z. B. auch die Frage zu beantworten: Was will ich denn jetzt eigentlich mit meinem Restleben noch anfangen? Wer war ich all die Jahre und wer möchte ich eigentlich sein? Welches Ziel oder welche Ziele habe ich noch?

    Und noch mehr solche Fragen habe ich mir dann da beantwortet. Und naja, beim Beantworten dieser Fragen wurde mir mehr und mehr klar, das ich keines meiner Ziele erreichen kann, wenn ich wieder Alkohol trinke. Mir wurde so deutlich, dass der Alkohol genau das Gegenteil von dem bewirken würde, was ich eingentlich möchte. Natürlich hatte und habe ich auch positive Erinnerungen an Alkohol. Auch darüber dachte ich nach. So Momente, die man schon vermissen könnte. Du weißt schon, im Urlaub auf Meer raus blicken und dazu ein Glas wasauchimmer zu trinken. Das hatte schon was, das war schon schön. Oder mit guten Freunden langsam immer betrunkener zu werden um sich dann doch irgendwann mal gegenseitig sagen zu können, wie sehr man diese Freundschaft eigentlich schätzt um dann gleich auch nochmal darauf anzustoßen.

    Je mehr ich dann darüber nachdachte, desto klarer wurde mir, dass all diese Erinnerungen, die schönen davon, aus Zeiten stammten, wo ich noch einigermaßen gut mit Alkohol umgehen konnte. Je länger ich trank, desto seltener gab es positive Erlebnisse. Die letzten Jahre nur noch Hölle.

    Tja und so dachte ich mir: All diese schönen Erlebnisse (siehe oben) müssten doch auch ohne Alkohol möglich sein. Und wenn dem so wäre, dann wäre auch dieser "Grund" Alkohol trinken zu wollen oder eine Sehnsucht danach zu entwickeln, eliminiert. Und was soll ich sagen: Natürlich ist das alles auch ohne Alkohol möglich, nämlich dann wenn man mit sich im Reinen ist und keine Veränderung seiner Persönlichkeit durch den Alkohol mehr braucht. Heute sitze ich ohne Alkohol da und blicke auf's Meer, und genieße jede Sekunde. Und heute sage ich meinen guten Freunden auch ohne Alkohol, was sie mir bedeuten. Ich muss mir dazu nicht erst Mut antrinken.

    Hier im Forum bin ich jetzt, ich glaube seit 2015, engagiert. Als ich hier ankam trank ich schon länger nicht mehr und ich meldete mich hier teils aus Neugierde an, teils weil ich die Hoffnung hatte, anderen vielleicht durch meine Erfahrungen auch helfen zu können. Der Gedanke, meiner Trinkerzeit durch das Teilen meiner Erfahrungen mit anderen, gerade Hilfesuchenden, irgendeinen Nutzen abzugewinnen, der hat mir gefallen. Mittlerweile kommuniziere ich auch noch auf anderen Wegen mit Menschen, die ein Alkoholproblem haben oder hatten und versuche dadurch Impulse zu geben, wie es bei ihnen mit einem Leben ohne Alkohol klappen könnte.

    So, jetzt hast Du einen groben Überblick wer Dir hier schreibt. Ich wünsche Dir einen guten Austausch hier, lies Dich in Ruhe ein und wenn Du Fragen hast, dann immer her damit.

    LG
    Gerchla