Hallo und guten Morgen!
Mojo hat am 9.Juli 24 in der Linksammlung auf einen Artikel hingewiesen, dessen Thema mich gerade sehr beschäftigt, deshalb setze ich ihn hier mal rein (Das ist Dir hoffentlich recht, Mojo):
https://www.lifeandlove.de/ursache-sucht/
Viele von Euch haben sich bestimmt schon gefragt, warum ihnen das so passiert ist. Ich denke, es gibt ganz viele Ursachen dafür, und auch in diesem Artikel ist mir die Erklärung etwas zu einfach. Es geht hier aber um Sucht allgemein und nicht speziell um Alkohol, und genau das fand ich interessant. Ob das jetzt wissenschaftlich belastbar ist- keine Ahnung. Für mich selbst habe ich da Parallelen gefunden.
Deshalb fasse ich jetzt mal mein eigenes "Heißes Eisen"an:
Ich bin überzeugt davon, dass mein Alkoholismus irgendwie mit der Situation in meiner Familie zu tun hat. Als Kind wusste ich natürlich nicht, dass ein Trinker ein kranker Mensch ist. Mein Vater war Alkoholiker, angeblich seit seiner Studienzeit. Und ich hatte Angst vor ihm. Ich weiß auch aus eigenem Erleben, dass seine Mutter ebenfalls getrunken hat. Er war labil, würde ich heute sagen, extrem empfindlich und misstrauisch gegenüber allen Aussagen, die er nicht einordnen konnte, hat überall Kritik herausgehört ("Was meinst Du damit?"). Es gab immer Streit zwischen meinen Eltern, er hat gebrüllt und Türen zugeschlagen. Sogar in der Nacht Möbel zertrümmert, während ich nebenan im Bett lag und Angst hatte.
Wir hatten damals einen sog. "Holzstall" für Feuerholz, da war eine Axt. Die habe ich versteckt, weil ich dachte, er tut meiner Mutter damit etwas an. Große Küchenmesser haben mir noch jahrzehntelang Angst gemacht.
Aber mittlerweile ist mir etwas klar geworden: Er war ein schwacher und kranker Mensch, der die Kontrolle verloren hat, wenn Alkohol im Spiel war.
Meine Mutter war einerseits co-abhängig, sie hat ihn ständig auf der Arbeit entschuldigt (er sei krank), so oft kann gar niemand krank sein. Sein Chef war gleichzeitig sein Schwager, der hat das gedeckt. Er war auch Stammtischbruder meines Vaters, Spiegeltrinker. Ich musste als 14-Jährige meinen Vater oft vom Stammtisch loseisen und dann mit ihm durch den ganzen Ort laufen nach Hause. An den so genannten Krankheitstagen wurde morgens Haferschleim gekocht, ich wusste damals nicht, warum.
Andererseits aber hat meine Mutter ihn im Streit übelst beleidigt und niedergemacht. Heute weiß ich, dass sie die Stärkere war, außerdem ziemlich gefühllos. Mir gegenüber gab es nie etwas Liebevolles, z.B. mal in den Arm genommen zu werden oder getröstet. "In deinem Alter ist man nicht krank", "Gelobt sei, was hart macht", "Wenn du nicht sofort aufhörst zu heulen, gibts mit dem Kochlöffel", "Das ist nicht nötig, du bist groß genug", wenn ich mal -da war ich noch nicht in der Grundschule - abends zugedeckt werden wollte oder bei ihr auf dem Schoß sitzen.
Ich habe mich auch ziemlich isoliert und hatte wenig Freundinnen. Das alleine sein in meinem Zimmer war für mich normal.
Die Angst vor Liebesentzug oder überhaupt Ängste sind bei mir geblieben. Urvertrauen, oder das Gefühl, es könnte irgendwas gut gehen gab es nicht. Dabei ist nie irgendetwas richtig schiefgegangen in meinem Leben.
Trotz des schlechten Beispiels in der Familie wurde ich alkoholabhängig. Oder gerade deswegen?
Weshalb ich das hier so ausbreite? Wenn jemand von Euch ähnliche Erfahrungen gemacht hat und diese positiv verarbeiten konnte, würde ich mich über einen Kommentar sehr freuen. Es hat mit der Scham zu tun, die ich so gerne ablegen würde. Und mit dem Selbstwertgefühl, dass ich so gerne hätte. Wie automatisch denke und spreche ich es sogar aus (zu oft gehört als Kind?) "Dazu bin ich zu blöd" "Das kann ich sowieso nicht" "Ich bin vielleicht ein Kamel (ein Trampel, ein Schaf)". Solche Sachen, die bei anderen auf ziemliches Befremden stoßen.
Also ich merke gerade beim Durchlesen, dass ich hier herumjammere. Aber der Grund für diesen Post ist ja, dass ich Leute mit ähnlichen Erfahrungen suche. Und diese müssen natürlich auch wissen, mit wem sie es zu tun haben. Deshalb lasse ich es stehen.
Wie gesagt, erst jetzt fange ich an, darüber nachzudenken! Ich bin im letzten Lebensviertel, wie man so schön sagt (Wenn ich denn 100 würde). Und ICH BIN SEIT DREI WOCHEN ABSTINENT!
Liebe Grüße
CeBe