Vorstellung - Miaflorentine

  • Mojo da schließt sich der Kreis. Ich weiß, was ich nicht fühlen wollte. Nur noch nicht, wie ich das in Zukunft zulassen kann, ohne dabei auf so dünnem Eis zu stehen.

    Ich mag nicht, dass es da diese Stimme in mir gibt, die sagt: ach, für einen Moment war es so schön…. 😔 ich weiß, die Betonung liegt auf für einen Moment, zu einem zu hohen Preis.
    Damit stehe ich im Moment ratlos da.
    Ich habe mir etwas vorgemacht.
    Darüber schreibe ich noch etwas zum heutigen Tag.
    Danke, dass du hier in meinem Mia Thema vorbeigeschaut hast!

  • AmSee13 Danke, dass du auch da sein konntest, nach diesem Abend.
    Deine Nachrichten haben mich wie ein warmer Mantel weitergeführt, in diesen ersten Stunden danach!

    Es ist mir nicht schwer gefallen, mich hier zu zeigen. Ich habe dank dir und anderen hier bisher nur schöne Erfahrungen machen dürfen. (Auch wenn ich weiß, das ich manchmal wahrscheinlich auch mit Feedback rechnen muss, das nicht immer nur warm sein kann. )


    Meine Wunde ist überhaupt nicht geheilt.
    Das habe ich in den letzten Tagen begriffen. Das ist in nächster Zeit mein wichtigster Anhaltspunkt.
    Ich will nicht mehr mit etwas in mir drin weiter machen, das jederzeit aufwachen und mich überrollen kann.
    Ich dachte wirklich, ohne Alkohol kann ich dem viel besser begegnen, dass es sich dann haltbarer anfühlen würde. Aber einige Tage vor diesem trinken wurde ich davon so überfallen. Das hat mich unvorbereitet getroffen. Ich weiß nicht, warum ich dachte, ich würde nicht mehr so in mein Traumagefühl fallen können… da war die Idee, der Alkohol hätte das Tor dazu so durchlässig gemacht. Aber in dem Bild steckt ja schon die falsche Annahme: das Gefühl ist ja trotzdem noch da.

  • Oran-Gina

    „Das schlimmste ,was du dir jetzt antun kannst ,sind Selbstvorwürfe.

    Versorge dich jetzt gut und glaube trotzdem an dich.

    Nimm dich liebevoll an die Hand und sag dir :Aufstehen,weiterlaufen!!!“


    Es tat sehr gut, dich und das zu lesen, Danke! Als ich zum ersten Mal aufgewacht bin dachte ich wirklich noch: dann trink ich eben einfach weiter.
    Aber dann habe ich euch und dich gelesen und die Option, innezuhalten ohne die Abwärtsspirale wieder zu aktivieren, rückte wieder in mein Bewusstsein.

  • Honk danke für deinen Beitrag! Ich habe ihn kopiert und ausgedruckt, weil ich weiß, dass ich ihn bald fühlen und nicht nur lesen werde. Und ich das Schreiben umsetzen möchte.
    Gestern und heute bin ich nur so in der Angst, dass sich einfach nichts anderes einstellen kann.
    Ich kann jetzt im Augenblick nur anerkennen, wie furchtbar klein ich mich fühle und versuchen, nicht zu trinken.

  • … ich mag gerade keinen Tag xy mehr benennen.

    Es fällt mir schwer, nicht direkt die nächste Pause von meinem Gefühl einzulegen. War ja klar.

    Ich bin niedergeschlagen.
    Ich glaube am Anfang meiner 81 Tage ohne Alkohol hatte ich noch bewusst, dass nicht trinken nicht bedeutet, es könnte nicht aufbrechen, was in einem nun mal drin ist.
    Dann kam diese Trennung in kleinen Dosen und ich habe angefangen zu glauben, solange ich nicht trinke würde ich über diese Verlustangst die Kontrolle behalten können.
    Das war insofern fatal, als das es mich trotzdem und vermutlich auch weil diese Strategie fehlte so überwältigt hat.
    Und danach lag es irgendwie nahe, genauso wie vorher auch dagegen anzutrinken.

    Naja, jedenfalls muss ich mich darum kümmern. Wenn ich nicht lerne damit anders umzugehen, passiert es wieder.

  • Mojo 🫤 ich weiß nicht genau, ob ich mir damit etwas beweisen wollte. Ich muss darüber nachdenken. Irgendwie klingt es dumm, zuhause Bier rum stehen zu haben. Dumm im Sinne von… es macht einfach sehr viel mehr Sinn, hier nichts zu haben!

    Ja, das ist wohl so. Was in der Nähe steht, lockt mit Verführung. Allerdings mit Verführung im negativen Sinn. Ich würde mich da auf jeden Fall auch schützen und das Haus oder die Wohnung vollständig alkoholfrei machen. Da bist Du auf jeden Fall vor Übersprungshandlungen geschützt und hast noch ein bisschen Zeitreserve bevor Du Dir was besorgst. Trinkst Du noch / wieder, hast Du was im Haus?

    Zitat

    Das war insofern fatal, als das es mich trotzdem und vermutlich auch weil diese Strategie fehlte so überwältigt hat.
    Und danach lag es irgendwie nahe, genauso wie vorher auch dagegen anzutrinken.

    Und was stattdessen passiert, ist, das der Katzenjammer hinterher viel größer ist.

    Bist Du denn eigentlich noch bei Deiner Therapeutin? Oder Deiner Suchtberatung? Wissen die aktuell schon Bescheid? Und wenn nicht, geh auf jeden Fall hin. Ich weiß, Hosen runterlassen ist nicht angenehm aber es fühlt sich hinterher immer besser an.

    Ein weiterer Punkt der mir durch den Kopf geht, Du bist ja an vielen Stellen sehr belastet, hast Du Dich einmal mit dem Gedanken einer Kur / Reha / prof. Entzug befasst?
    Ich spreche da aus eigener Erfahrung, eine Kur hat mir vor einem Jahr so dermaßen die Augen geöffnet und mir die Chance gegeben, aus der Entfernung als auch aus der Sicherheit mein Leben zu bewerten sodass ich es nachhaltig ändern konnte.

    Ey, ich fühl das so dermaßen, wie man gefühlt wieder am Anfang steht und der Berg so hoch scheint....jede Besteigung geht mit dem ersten Schritt, auch wenn man vorher wieder runtergepurzelt ist.

    LG

  • Hallo Mia,
    lass dich von mir, wenn du das magst, einfach mal virtuell tröstend in den Arm nehmen.

    Im Grunde kommt da für dich gerade einiges zusammen, was dich verständlicherweise im Moment überfordert und dir zusetzt:

    Da ist die Erfahrung, dass vor deinem Traumagefühl offenbar doch nicht so sicher warst, wie du geglaubt/ gehofft hattest.

    Da ist das Traumagefühl selbst, das unerwartet aufgebrochen ist.

    Da ist die Erfahrung des Rückfalls an sich, die eine ganze Reihe von unangenehmen Gefühlen, Gedanken, möglicherweise auch negativen Glaubenssätzen nach sich zieht.


    Verständlicherweise fühlst du dich niedergeschlagen.



    Lass dir von mir aber Mut machen und deine Perspektive ein wenig verändern.

    Betrachte diese Erfahrungen als Chance.

    Du weißt nun etwas, was du vorher nicht wusstest bzw. was dir vorher nicht bewusst war.
    Nun kannst du dich entsprechend anpassen und ggf. Vorsorge treffen.

    Dieses Mal ist dir mehr als bewusst, dass ein Alkohol-Pflaster nicht wirklich hilft.
    Diese Lernerfahrung kann dir in Zukunft von Nutzen sein.

    Du weißt du nun, dass es nicht nur der Alkohol war, der die Tür zu deinem Trauma durchlässig gemacht hat.
    Das klingt und wirkt womöglich erstmal beängstigend auf dich, aber es bietet sich dir damit auch eine Chance, geeignete Wege zu finden, das Trauma zu bearbeiten und nicht hinter einer Tür zu verschließen.


    So stark und tatsächlich mutig, wie ich dich hier wahrnehme, wirst du deine Wege finden, das zu bewältigen.

    Bis du das zu deiner vollkommenen Zufriedenheit erreicht hast, mag es noch ein bisschen dauern, aber nüchtern hast du die Chance dafür, mit Alkohol hast du sie nicht.


    Welche Werkzeuge, die du während deiner Therapie gelernt hast, könnten dir jetzt helfen?


    Mir hat häufig geholfen, meinen sogenannten „sicheren Ort“ aufzusuchen. An einem dieser Orte, der für ein ganz bestimmtes Ich von mir geschaffen wurde, befindet sich ein Wesen, das für mich sorgt.

    Auch meine beiden Hündinnen helfen mir sehr, sehr oft.

    Das nur so als Beispiele. Du wirst gewiss eigene Werkzeuge haben.


    Liebe Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Mia,

    danke für Deine Rückmeldung und Antwort. Ich kann Dich und was Du schreibst alles sehr gut verstehen.

    Ich weiß, was ich nicht fühlen wollte. Nur noch nicht, wie ich das in Zukunft zulassen kann

    Da hast Du doch aber schonmal auch einen ganz großen Vorteil auf Deiner Seite. Du weißt genau wo der Punkt liegt mit dem Du arbeiten kannst. Das ist meiner Meinung nach wirklich viel Wert!

    Möglich, dass allein diese Kenntnis reicht, dem in der nächsten Situation bewusster zu begegnen.

    Ich halte es sogar für möglich, dass Du dies vielleicht einmal auch zu Deinem Verbündeten machen kannst.

    Ich wünsche Dir Zuversicht, Kraft und Mut für Deine Wege. Auch und gerade für die, die sich manchmal noch wie dünnes Eis anfühlen mögen. Und für Dinge, in denen Du alleine nicht weiter kommst, oder die Du alleine nicht schaffst: gehe auf die Suche, setzte alle Hebel in Bewegung und nimm jedewede konstruktive Hilfe und Unterstützung an (und in Anspruch) die Du nur irgend finden kannst!

    Liebe Grüße, und gute Kraft immer sende ich Dir.

    Mojo

  • Honk

    Danke für deinen Beitrag!
    Ich merke, ehrlich auf deine Frage zu antworten- was den Alkohol im Haus betrifft- fällt mir schwer. Ich möchte es trotzdem tun:

    Mein Trennungsfreund und ich leben noch zusammen. Er hat noch Alkohol hier. Bisher haben wir unseren Umgang mit Alkohol voneinander getrennt- er ist auf seinem eigenen Weg damit. Mir ist klar, welches Potenzial meine Antwort bietet… Ich werde mit ihm besprechen, dass hier in Zukunft kein Alkohol mehr vorrätig sein soll.

    Ich bin in Therapie, heute Mittag sprechen wir und ich werde ihr von meinen gegenwärtigen Einbruch erzählen.
    Ich habe vor einigen Tagen und gestern getrunken. Ich würde lieber etwas anderes sagen, insbesondere, weil ich gerade keine Substanz in mir finde, mit der ich mich verbinden könnte- alles, was ich im Moment über meine Ziele und Vorsätze sagen würde, wären Worthülsen.
    Ich würde auf meine eigene Bühne treten in dem Versuch, mich selbst von irgendwas zu überzeugen, was ich gerade nicht fühle.
    Deswegen möchte ich am liebsten weder lesen noch antworten, ehrlich gesagt 😔

    Ich mache es trotzdem, weil ich mich weiterhin befassen will, anstatt den Kopf ganz in den Sand zu stecken und auch, weil ich euch lieb gewonnen habe und nicht zu denen zählen möchte, die eine Weile profitieren und dann abtauchen, weil sie sich nicht mehr zeigen wollen.

    Das mit der Kur… das wäre wahrscheinlich dran. Ich kann mich gerade nur nicht entschließen, sowas konkret anzuregen. Meine Selbstständigkeit, meine Tiere- noch während ich das schreibe ist mir klar, wie das klingt.
    … ich will kurz feststecken 😥

    Nicht im trinken. Das möchte ich nicht fortsetzen. Aber in diesem nichts tun, nichts richtig wissen müssen, nichts sagen, was ich vielleicht in ein paar Tagen wieder über den Haufen werfe 😔

  • AmSee13 , danke für die Umarmung!
    Ich würde es furchtbar gern so machen, wie du es in deinem Perspektivenwechsel für mich vorschlägst. Und ich hoffe, das werde ich! Heute fühle ich keine Kraft.
    Ich spreche demnächst mit meiner Therapeutin- dann werde ich ehrlich sein.
    Aber wenn ich gerade an Ansätze denke, an konkrete Schritte, an etwas draus machen… fühle ich weder ja noch nein. Einfach nichts. Außer vielleicht noch getrennter von der Normalität und dem Rest der Welt um mich, weil ich nur antworten kann: das klingt gut, aber vielleicht werde ich nichts tun und ich weiß nicht mal warum.
    Das verdammte trinken ist wie ein Stück Holz im Fluss. Seit ich draufgesprungen bin, würde ich am liebsten drauf hocken bleiben. Nur bis zur nächsten Abzweigung. Oder wenigstens die Hand dran lassen, damit ich mich noch ein paar mal drauf ziehen kann… anstatt die Mia zu sein, die das Holz ziehen lässt und wieder ins kalte Wasser springt und den Weg wie vor drei Monaten nochmal ausspricht und auch beginnt.
    Kein aufgeben, kein trinken ohne Ende. Nur gerade nichts vornehmen, das ich im Augenblick so wenig kraftvoll fühlen kann.

    Ich wünschte, es wäre anders.

  • Liebe Mia,
    auch wenn du‘s gerade nicht fühlen kannst, so ist da eine große Stärke in dir. Das zeigt sich z.B. in deinem Willen, den Kopf nicht einfach in den Sand zu stecken.

    Bilder können hilfreich oder hinderlich sein. Du hast für das Trinken das Bild eines Stück Holzes im Fluss, an dem du dich im kalten Wasser festhalten kannst, gewählt.

    Ich kann das gut nachvollziehen und ich hab früher auch ähnliche Vorstellungen gehabt.

    Lass uns mal bei diesem Bild bleiben, es verhält sich da nämlich nüchtern betrachtet ähnlich wie mit dem o.g. Pflaster oder der Vorstellung vom Trinken als „Seelentröster“. Im Gegensatz zu einem stinknormalen Stück Holz ist dieses Stück nämlich toxisch. Es entströmt ihm ein Gift, das dich lähmt, dir alle Energie nimmt, die mutlos macht.

    Das verdammte trinken ist wie ein Stück Holz im Fluss. Seit ich draufgesprungen bin, würde ich am liebsten drauf hocken bleiben. Nur bis zur nächsten Abzweigung. Oder wenigstens die Hand dran lassen, damit ich mich noch ein paar mal drauf ziehen kann… anstatt die Mia zu sein, die das Holz ziehen lässt und wieder ins kalte Wasser springt und den Weg wie vor drei Monaten nochmal ausspricht und auch beginnt.


    Schau mal, was dieses Stück Holz mit dir macht. Es steht alles in deinen heutigen Beiträgen drin.


    Beim Lesen und beim Aufschreiben meiner Gedanken ploppen sich bei mir Geschichten von Seeleuten auf, die sich auf die lieblichen Stimmen von Sirenen einlassen, und sterben, oder eine Insel betreten und auf dieser einem lebensgefährlichen Zauber verfallen. Kennst du zum Beispiel die Geschichten den Irrfahrten des Odysseus? Wenn nicht, kennst du vielleicht andere, in denen von Menschen erzählt wird, die einem Zauber verfallen.

    Du bist stark, liebe Mia, auch wenn du das heute nicht so fühlen kannst. Du wirst Lösungen finden!
    Vielleicht schon im Gespräch mit deiner Therapeutin.

    Ich sende dir ebenfalls Kraft.

    Liebe Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Miaflorentine Hello! Auch der stabilste Baum kriegt mal ein wenig Schlagseite. Ich denke, du bist auf einem guten Weg, weil du weiterhin ehrlich bleibst. Nicht Jeder wäre so ehrlich mitzuteilen, dass gestern wieder getrunken wurde und ich persönlich rechne dir deine Ehrlichkeit hoch an. Mit Lügen fängt nämlich meiner Meinung nach alles an…nicht unbedingt die Lügen Anderen gegenüber, die sind m.E. schon Endstufe, sondern vor allen Dingen das sich selbst belügen. Das ist der Anfang vom Ende.

    Und zu deiner Trennung…ich hatte es dir zwar auch schon per PN geschrieben, aber als ich in der Klinik war, ist auch meine Beziehung in die Brüche gegangen. Bin seinerzeit auch nur haarscharf am Rückfall vorbeigeschrammt. Eine Trennung ist immer scheisse und das zusammen wohnen bedeutet Stress. Die Gefühle, die da jetzt angeschwemmt kommen, sind stark…und unangenehm. Man will das nicht spüren, daher auch das Trinken. Ich kann dir aus meiner Erfahrung sagen…irgendwie durchhalten. Und nicht aufgeben. Die Zeit wird es richten, so abgedroschen es auch sein mag. Der Weg ist das Ziel und der Alkohol hilft nicht wirklich, sondern verlagert nur nach hinten. Deine Gefühle werden damit nicht verarbeitet, sondern nur verdrängt und holen dich irgendwann wieder ein. Glaub mir, ich weiß, wovon ich da schreibe. 😅

  • Nachtrag:

    Als ist deine Zeilen mit dem Bild des Holzes im Fluss gelesen hab, hab ich mir das durchaus bildlich vorgestellt und nachgesonnen, was da eigentlich ergänzt werden müsste, um zu entschleiern, was da eigentlich mit dir passiert.

    Wie gesagt, ich hatte früher ähnliche Vorstellungen im Kopf.


    Das Problem ist, dass du bzw. die Sucht dir mit dieser Vorstellung vorgaukelt, dass Alkohol etwas Positives sei, etwas das dir im kalten Flusses einen wertvollen Halt gäbe.

    Wenn du diese Vorstellung nicht enttarnst, wird sich dir dieses Stück Holz alias der Alkohol immer wieder als rettend anbieten, so verlockend wie es scheint.

    Von außen und nüchtern betrachtet, sieht die Realität anders aus, deine ehrlichen Zeilen heute zeigen es ganz deutlich. Und so stellte sich mir vorhin die Frage, was ich dir antworten könnte, um die Vorstellung zu enttarnen.

    Und als mir dann einfiel, was ergänzt werden müsste, um die trügerische Vorstellung zu enttarnen, drängten sich mir zwei Geschichten von Odysseus auf. Die mit den Sirenen und die mit Circe.


    Wenn dir so etwas liegt, könntest du dein Bild in Form einer Geschichte weiterspinnen:

    Die Protagonistin bemerkt, dass das Holz, an dem sie sich festhält, vergiftet ist und sie immer müder, träger und mutloser macht.

    Welche Handlungsmöglichkeiten stehen ihr offen? Wie soll dir Geschichte weitergehen, damit sie dir gefällt und Mut macht?

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Die ganze Sache mit "Freund" und "Holz zum Schwimmen" und so weiter ist doch an sich schlicht und einfach ein süchtiges denken...

    Genau an dem Punkt, wo man dem Alkohol und seiner berauschenden Wirkung eine bestimmte Funktion zuspricht, liegt meiner Meinung nach der Beginn der Sucht. Exakt an diesem Punkt wird der Alkohol vom Genussmittel (Mittel, das man in geringen Mengen geschmacklich genießt) zum Suchtmittel (Mittel in dem man eine bestimmte Funktion sucht).

    Um mal für einen Absatz in dem Bild von dem schwimmenden Holz zu bleiben: Man ist sich bewusst, dass man nicht (mehr) in der Lage ist zu schwimmen! Man könnte an Land bleiben, oder sich aktiv Hilfe suchen um Schwimmen zu lernen. Das wäre vernünftig. Aber man entscheidet sich stattdessen, sich an ein vorbeischwimmendes Stück Holz zu klammern. Dieses Stück Holz bildet von nun an eine Art Vehikel das einem durchs Leben hilft – und man macht sich damit selbst davon abhängig. Was ist, wenn das Stück Holz sich nach und nach mit Wasser vollsaugt, zu schwer wird, und irgendwann, wenn man gerade an einer sehr tiefen Stelle des Flusses ist, nicht mehr schwimmt, sondern untergeht? Was wenn das Stück Holz nach und nach vom Wasser zersetzt wird, mit der Zeit morsch wird und sich auflöst? Was, wenn einen das Stück Holz zu gefährlichen Stromschnellen treibt, an die man ohne dieses Holz gar nicht erst hingekommen wäre?

    Man gibt die Fähigkeit und Möglichkeit eigenen Handelns auf, und übergibt sich selbst in die Hände eines "Hilfs“Mittels, ohne zu merken das man von nun an hilflos ist.

    Bei mir selbst begann das „Funktions“trinken bereits in der frühen Jugend, in meiner damaligen Peer Group. Ich sprach dem Alkohol da schon unbewusst die Funktionen zu, dass er mir eine bestimmte Zugehörigkeit, Coolness und ein Erwachsensein „gab“. Nun, wie es damit über mehr als zwei Jahrzehnte für mich weiterging ist eine andere Geschichte… aber eins, was viele; sehr, sehr viele Geschichten gemeinsam haben die mit abhängigem Trinken verbunden sind, ist, dass sie zumeist sukzessive, oft unmerklich aber Stück für Stück, abwärts führen, den Betroffenen viel Kraft kosten und oft mit viel Leid für ihn verbunden sind.

    Zitat

    ...ich wünsche Dir Kraft.....Du bist stark...

    …wenn ich da so über das frei zitierte nachdenk, vielleicht ist das ja auch der falsche Ansatz. Oder zumindest missverständlich formuliert.

    Mir persönlich gelang der Ausstieg jedenfalls erst an dem Punkt, an dem ich aufgab. Resignierte. Als ich mir eingestand: ich bin schwach! Ich bin schwächer als der Alkohol. Und es ist ein Kampf den ich nur verlieren kann. Erst da wurde mir klar, dass ich diesen Weg so nicht mehr weiter gehen kann wenn ich nicht dabei drauf gehen will.

    Erst von da an konnte ich loslassen. Erst ab diesem Punkt war es mir persönlich möglich, die `Schnittstelle des Denkens‘ zu überschreiten.

    - Mojo -

  • Genau an dem Punkt, wo man dem Alkohol und seiner berauschenden Wirkung eine bestimmte Funktion zuspricht, liegt meiner Meinung nach der Beginn der Sucht. Exakt an diesem Punkt wird der Alkohol vom Genussmittel (Mittel, das man in geringen Mengen geschmacklich genießt) zum Suchtmittel (Mittel in dem man eine bestimmte Funktion sucht)......

    Ich habe jetzt nur das hier zitiert und finde allgemein, Mojo , dass Du mit dem Post ganz viel wichtiges und richtiges gesagt hast. Vielen Dank!

  • Zitat

    ...ich wünsche Dir Kraft.....Du bist stark...

    …wenn ich da so über das frei zitierte nachdenk, vielleicht ist das ja auch der falsche Ansatz. Oder zumindest missverständlich formuliert.

    Mir persönlich gelang der Ausstieg jedenfalls erst an dem Punkt, an dem ich aufgab. Resignierte. Als ich mir eingestand: ich bin schwach! Ich bin schwächer als der Alkohol. Und es ist ein Kampf den ich nur verlieren kann. Erst da wurde mir klar, dass ich diesen Weg so nicht mehr weiter gehen kann wenn ich nicht dabei drauf gehen will.

    Erst von da an konnte ich loslassen. Erst ab diesem Punkt war es mir persönlich möglich, die `Schnittstelle des Denkens‘ zu überschreiten.

    Als ich das gestern gelesen habe, kamen bei mir verschiedenste Gedanken auf, die ich erstmal sortieren musste. 🤔


    Mir ist bewusst, was für Erfahrungen dahinter stecken, ich hab davon auch schon bei anderen gelesen und nicht ohne Grund dürfte sich dieser Ansatz z.B. auch im ersten Schritt des 12 Schritte Programms der Anonymen Alkoholiker finden.

    Ich selbst aber reibe mich persönlich mich an der einen oder anderen Formulierung, meine eigenen Erfahrungen beim Ausstieg (und bei der erfolgreichen Bewältigung meiner gravierenden, chronischen Erkrankungen) waren etwas anders.

    Nun habe ich damals nicht den Eindruck gehabt, einen Kampf gegen den Alkohol zu führen und auch jetzt, wenn ich darüber so nachdenke und meine eigenen Formulierungen hinterfrage, passt für mich persönlich diese Formulierung, „einen Kampf gegen den Alkohol“ geführt zu haben, nicht.


    Insofern stellte sich bei mir auch nicht so eine Erkenntnis ein, dass ich diesen Kampf nur verlieren kann, dass ich schwächer als der Alkohol sei.

    Als ich bereit war, mich dem Thema zu stellen, war es im Grunde die Enttarnung meiner Illusionen und falschen Vorstellung vom Alkohol als hilfreicher Wegbegleiter einerseits und die Aussicht, dass ein Leben ohne Alkohol tatsächlich erstrebenswert sein könnte, weil ich hier auf Menschen traf, denen ich genau das von Anfang an abnehmen konnte.


    Die Formulierung „Du bist stark…“

    In den letzten Jahren hat sich mich immer wieder herausgestellt, dass es die negativen Glaubenssätze waren, mit denen ich selbst mich immer wieder fertig gemacht hab.
    Als äußerst hilfreich erwies sich für mich selbst immer wieder der Perspektivwechsel, den man mir ermöglichte. Es gab so einige Momente, in denen ich selbst mich nur als schwach, dumm, minderbemittelt usw. wahrnahm und entsprechende Glaubenssätze in meinem Kopf hatte. In manchen solcher Momente traf ich auf Menschen, die mir einen äußerst hilfreichen Perspektivwechsel ermöglichten, in dem sie den Blick auf das, was ich tat, und den Blick auf mich selbst veränderten und mir damit unter anderem auch wörtlich vor Augen führten, wie stark, wie selbstwirksam ich eigentlich war.

    Aufgrund dieser meiner eigenen Erfahrungen setze ich daher inzwischen auf einen anderen Ansatz als den oben genannten.
    Und während ich dies hier so schreibe, fällt mir ein, was ich vor vielen Jahren in dem Buch von Manfred Lütz , „Irre - wir behandeln die Falschen. Unser Problem sind die Normalen“ gelesen habe, weil dort schon mein eigener Ansatz vertreten ist.


    Ob der Ansatz, frei zitiert „ ...ich wünsche Dir Kraft.....Du bist stark..“ der richtige oder der falsche Ansatz ist, kann und will ich nicht beurteilen.

    Wir betonen hier im Forum nicht ohne Grund immer wieder unsere Überzeugung, dass es „den einen Weg“ zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum nicht gibt.

    Ich fand und finde es auf jeden Fall interessant, dass Mojo seine Gedanken und Überlegungen hier eingebracht hat. Nach meinem Eindruck treffen hier zwei verschiedene Ansätze aufeinander, von denen meiner Erfahrung nach jeder etwas für sich hat.


    Viele Grüße

    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • AmSee13 21. Januar 2024 um 10:28

    Hat das Thema geschlossen.
  • Honk 21. Januar 2024 um 12:19

    Hat das Thema geöffnet.
  • Hallo, ihr Lieben,


    ich schaffe es im Moment nicht, auf alle Beiträge einzugehen. Meine Kapazität (an Aufmerksamkeit, wirklich aufnehmen, in mir nach Worten suchen) ist gerade ganz klein.
    Ich habe alles gelesen, an manchen Stellen habe ich mich beim überfliegen ertappt- da möchte ich die Tage nochmal nachlesen.
    Zudem schaue ich gleich in meine Pns, ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich neue Nachrichten habe.

    Ich kann mich nur immer wieder für eure Blumensträuße geteilter Gedanken und Impulse bedanken, ich werde in jedem Fall alles in mich aufnehmen und bewegen, sobald es mein Kopf erlaubt.

    Getrunken habe ich bisher nicht, aber nicht mit der Bestimmtheit der letzten Monate. Eher so: lass es lieber bleiben, unter dem Vorbehalt, dass ich es vielleicht doch nochmal tue.
    Tut mir leid, das hier so unverblümt zu schreiben. Natürlich weiß ich, dass es niemanden außer mich selbst betrifft, aber ich fühl mich trotzdem unwohl, hier solch einen Zwischenstand zurück zu lassen.
    Noch einsamer wäre ich allerdings, wenn ich etwas sagen würde, das nur gut klingt und nicht wahr wäre :/


    Meine Therapiestunde war gut, da war ich auch ehrlich. Es ermutigt mich ein bisschen, dass wir in nächster Zeit an meinem Hauptthema arbeiten werden und es tat gut, mit diesen unbegreiflichen Traumagefühl verstanden worden zu sein.
    Im Moment würde ich mich am liebsten eingraben, aber stattdessen pack ich zumindest die Aufgaben meines täglichen Lebens an. Das gibt mir etwas Halt, denke ich.

    Über die unterschiedlichen Bilder von brüchigem Holz, Kapitulation, Schwäche und Stärke, habe ich nur den Gedanken, dass überall wahre Aspekte zu finden sind. Welcher davon sich letztlich in uns als gefühlt und tragend, als sinnhaft erweist, können wir uns vermutlich nicht mal wirklich aussuchen. Vielleicht ist das wie die Sache mit dem verliebt sein… das kann ich mir noch so wünschen (genau, wie Überzeugungen finden, die durch ein Leben ohne Alkohol tragen, bzw diesen berühmten Schalter, der sich umlegt, zb weil man tief genug gefallen ist, oder was auch immer) aber ob eine Begegnung wirklich „zündet“, entscheidet das Leben.
    Naja und für manch einen liest sich das wahrscheinlich nach treiben lassen und man könnte darüber sagen: Unsinn, natürlich kann man jederzeit entscheiden und die Entscheidung beibehalten. Daran ist wahrscheinlich auch etwas Wahres.

    Ich lese jetzt die Nachrichten, melde mich wieder und sende euch liebe Grüße!

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