Ich bin neu

  • Hallo Orangina!


    Ich wollte dir noch sagen,dass ich mit den Klassifikationen nichts anfangen kann..siehe Alpha Beta Trinker etc.
    Es reicht mir zu wissen,was mein Problem ist.

    Das kann ich gut nachvollziehen. Mir fällt es auch schwer, mich ganz einer dieser Kategorien zuzuordnen. Ich fand ganz lustig und passend, was Simon Borowiak in seinem Buch „Alk“ dazu geschrieben hat: "Ich persönlich mag Jellinek nicht. Er nervt mich. Während meines ersten Besuches bei einer Suchtberaterin wurde mir der Jellinek vorgelegt und die obligatorische Frage gestellt: »Wo würden Sie sich einordnen?« Meine Antwort lautete: »Ja, nirgends! Bzw. überall ein bisschen! Diese Unschärfe! Z. B. der Quartalssäufer (meine Wenigkeit): Nach Jellinek bin ich Epsilon-Trinker. Episodischer Trinker. Okay. Aber ich bin auch Problemtrinker. Und manchmal süchtiger Trinker. Und bisweilen auch Gelegenheitstrinker ohne Kontrollverlust und/ oder Entzugserscheinungen. Ja, was denn nun, Herr Jellinek? Alpha, beta, pi mal Daumen? Bin ich überhaupt Alkoholiker? Oder nicht vielleicht doch eher Missbraucher bzw. schädlich Gebraucher?« Diese differenzierten Überlegungen kamen nicht gut an. Die Suchtberaterin verzog wissend das Beamtengesicht und bescheinigte mir kurz und bündig »mangelnde Krankheitseinsicht«."

    – ALK: Fast ein medizinisches Sachbuch - jetzt aktualisiert! von Simon Borowiak

    Andererseits wiederum hat mir diese Einteilung geholfen, mir darüber klar zu werden, dass ich ein Problem habe bzw. dabei bin, ein ernsthaftes Problem zu entwickeln.

    Zitat

    Ich habe immer gern wegen der Wirkung getrunken und vor allem zur Entspannung, zum Bewältigen von Schwierigkeiten, zum Musikhören...und die Liste könnte ich ewig weiterführen.

    Das kommt mir, wie du gewiss weißt, weil du‘s bei mir gelesen hast, sehr bekannt vor.
    Und darin liegt ja schon das Problem. Mein Arzt hat mich schon früher mal deswegen gewarnt, aber ich hab das verdrängt bzw. nicht an mich herangelassen. Inzwischen sehe ich ein, welche enorme Gefahr dieses Alkohol-wegen-seiner-Wirkung-trinken für mich hat.

    Zitat


    Über eines aber stolpere ich immer wieder und das ist die Bezeichnung " ich bin Alkoholiker"...
    Alkoholiker ist jemand,der aktuell trinkt,aber nicht jemand, der seit Jahren nicht mehr trinkt.
    Durch diese Bezeichnung reduziert man sich auf ein Problem.
    Der Mensch an sich wird dadurch weiterhin krank gehalten.

    Ich kann deine Schwierigkeit nachvollziehen, aber Alkoholismus ist nun einmal eine Krankheit, die man, wenn sie einen einmal erwischt hat, nie wieder ungeschehen machen kann. Wie du bei nicht wenigen hier nachlesen kannst, können sie auch nach Jahren der Abstinenz von sich nicht sicher sagen, dass sie ungefährdet ein Glas Alkohol trinken könnten. Wer sich von sich sagt „Ich bin Alkoholiker.“ gesteht sich ein, dass er die Alkoholkrankheit hat. Meiner Ansicht nach gehört angesichts dessen, was in unserer Gesellschaft doch so normal ist, viel Mut dazu, sich als Alkoholiker zu outen. Mut gegenüber den anderen, aber auch Mut gegenüber sich selbst.
    Du sprichst das Rauchen an. Nach meiner Beobachtung passt der Vergleich nicht so recht und zwar aus verschiedenen Gründen, die ich jetzt aber nicht alle aufzählen möchte.
    Achte mal darauf, wie oft in Fernsehsendungen, im Film, bei gesellschaftlichen Ereignissen Alkohol konsumiert wird. Es scheint die Norm zu sein, bei allen möglichen Gelegenheiten Alkohol zu konsumieren. Ein Alkoholiker darf das nicht mehr, weil das für ihn (und seine Lieben) üble Konsequenzen hätte. Er gehört somit nicht mehr dazu und das für immer. Sich das selbst und anderen mit der Bezeichnung „Ich bin Alkoholiker.“ klarzumachen, ist in dem Zusammenhang ein mutiges Bekenntnis.
    Man muss es ja nicht unbedingt jedem auf die Nase bin, wenn man nicht will. Es haftet dieser Bezeichnung hier in Deutschland ja leider noch ein gewisses Stigma an. Ich für meinen Teil werde in Zukunft nur sagen, „Danke, ich trinke nicht.“ und vielleicht dazu noch „Ich muss Medikamente nehmen, die sich überhaupt nicht mit Alkohol vertragen.“, was bei mir im Übrigen auch tatsächlich der Fall ist. So dürfte ich schnell Ruhe haben.

    Zitat


    Aber schlimm finde ich ,wenn man sich ein Leben lang als Alkoholiker bezeichnen muss und sich damit seine Krankheit dauernd vor Augen hält, obwohl man seit Jahren abstinent ist.
    Da vermittelt man sich selbst doch ein ganz falsches Bild.

    Ich sehe das anders, denn selbst wenn ein Alkoholiker jahrzehntelang abstinent war, kann es sein, dass er total abstürzt, wenn er wieder Alkohol trinkt.
    Wie gesagt, man gesteht sich selbst ein, dass man eine Krankheit hat.
    Ich weiß aber auch aus eigener Erfahrung, dass, wer jahrelang erfolgreich abstinent ist, nicht mehr oft betont, dass er Alkoholiker ist, außer in SHG oder hier im Forum, weil für ihn oder sie Alkohol nicht mehr wichtig ist.
    Und außerdem: Niemand zwingt dich, dich als Alkoholikerin zu bezeichnen.


    Zitat


    Und ich bin jetzt wieder seit 1 Woche Nichttrinkerin und mir geht es sehr gut damit und ich will es bleiben.


    Und das ist doch prima!

    Ich bin an dem Punkt, dass ich mich sehr mit dem Gedanken anfreunde, nie wieder Alkohol zu trinken, und dieser Gedanke schreckt mich immer weniger, je mehr ich mich mit der Materie und mir selbst beschäftige.

    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg, bis....

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Aber schlimm finde ich ,wenn man sich ein Leben lang als Alkoholiker bezeichnen muss und sich damit seine Krankheit dauernd vor Augen hält, obwohl man seit Jahren abstinent ist.
    Da vermittelt man sich selbst doch ein ganz falsches Bild.

    Niemand MUSS sich als Alkoholiker/in bezeichnen.
    Man sollte sich aber immer klar machen, im Hinterkopf behalten, dass auch nach Jahren der Abstinenz immer noch die Sucht in einem lauert. Ich habe leider etliche Menschen kennengelernt, die auch nach 10, 20 Jahren der Abstinenz wieder rückfällig geworden sind. So unter anderem auch mein "Mentor", der mich zu Arbeit in der Suchtselbsthilfe gebracht hat - nach fast 20 Jahren hat er aus mir unbekannten Gründen wieder zur Flasche gegriffen und sich zu Tode gesoffen ;(

    Wenn man das nicht im Hinterkopf hat, DANN vermittelt man sich selbst ein falsches Bild!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Sehe ich absolut genauso wie Greenfox...ab dem Moment, wo ich mich nicht mehr als Alkoholikerin bezeichne komme ich (für mich) Vom Weg ab. Alkoholismus ist eine Krankheit, ich habe sie, wenn ich trinke und wenn ich nicht trinke auch,es ist nun mal so. Wenn ich anfange diesen so wichtigen Aspekt meiner Person nicht mehr für wahr zu nehmen, zu vernachlässigen und vielleicht auch nur kurz zu vergessen, dann bin ich ganz klar auf dem absteigenden Ast. Es ist wie wenn ich auf einem Boot leben würde und eines Tages nicht mehr dazu stehen kann ein Nicht-Schwimmer zu sein...naja dann wird es gefährlich. Ich MUSS mir das auch nicht täglich sagen, aber ich mache es,weil es immense wichtig ist es mir zu verinnerlichen.Solange bis 100%-Ige Akzeptanz und 100-Ige Sicherheit eintreten kann. Denn wie von Greenfox beschrieben sind auch in meiner Gruppe Leute die nach x-Jahren plötzlich wieder anfingen zu trinken. Es gibt auch Gründe weshalb ganz viele Langzeitabstinente in der Suchthilfe tätig sind, immer noch wöchentlich oder mehr zu Meetings gehen...einerseits um zu helfen und andererseits um nicht zu vergessen.

  • Guten Morgen Orangina,

    dazu möchte ich Dir noch was schreiben:

    Zitat

    Seit 1 Woche bin ich abstinent und ich habe das auch wieder bewusst entschieden ,aus innerer Überzeugung, weil ich so nicht weiter machen will und ich merke,wie erleichtert ich bin ,nicht mehr meinen lang benötigten Rotwein zu trinken.
    Ich habe seitdem kein Verlangen mehr gehabt und fühle mich gut, klar und nüchtern zu sein.


    Bei mir was das ja eine ungeplante "Blitzentscheidung". Trotzdem war mir von diesem Moment an klar: ich WILL nie mehr trinken! Und ich werde dafür ALLES tun.

    Das war dann auch der große Unterschied zu all den anderen Versuchen mit dem Trinken aufzuhören. Bei diesem, bisher letztem Mal, wollte ich wirklich nicht mehr und ich wollte alles dafür tun. Und es fühlte sich von anfang an sehr klar an. Ich hatte auch großes Glück, dass ich nicht von Suchtdruck gebeutelt wurde. Viele müssen hier ja ganz heftige Kämpfe durchstehen um dann über die Zeit langsam da heraus zu kommen. Das blieb mir weitesgehend erspart und ich denke nicht, dass das eine besondere Leistung von mir war. Körperlich hatte ich leichte Entzugssymptome, wie z. B. starkes Schwitzen vor allem nachts und auch eine ziemliche Unruhe, auch bevorzugt in der Nacht. Aber damit konnte ich gut umgehen und es ging relativ schnell vorbei.

    Psychisch ging es mir natürlich nicht gut, aber das führte nicht dazu, dass ich Gedanken hatte, dass durch trinken verbessern zu können.
    Jedoch möchte ich Dir auch sagen, dass ich im Laufe meiner ersten trockenen Monate durchaus an Grenzen kam. Eine war eben die Beschäftigung mit meiner Schuld, die mich so sehr belastete. Und auch wenn ich kein akutes Verlangen danach hatte wieder zu trinken, war ich mir sehr sicher, dass ich diesen Druck auf Dauer nicht aushalten kann. Ich wäre daran kaputt gegangen, ich sage jetzt mal, entweder dadurch das ich doch wieder zur Flasche gegriffen hätte oder aber dadurch, dass ich anderweitig psychisch zugrunde gegangen wäre.

    Da ich aber ja von Anfang an bereit war mir helfen zu lassen, war es gar keine Frage für mich und ich holte mir sofort Hilfe. Wobei, mein erster Weg war der zum Psychologen und da musste ich erst mal viele Wochen auf einen Termin warten und diese Zeit musste ich irgendwie überbrücken. Um dann festzustellen, dass er nicht der Richtige für mich war. Aber egal, dann halt weiter suchen. Es ging einfach um viel zu viel als das ich es schleifen hätte lassen wollen oder gar aufgeben hätte wollen.

    Was ich Dir sagen will: Sei und bleib immer wachsam. Es ist toll, wenn Du die erste Woche jetzt so gut und positiv überstanden hast. Aber es können auch mal andere Zeiten kommen und darauf solltest Du vorbereitet sein. Wenn Du das bist, dann wirst Du auch schwierigere Zeiten ohne Alkohol meistern.

    Zitat

    Aber schlimm finde ich ,wenn man sich ein Leben lang als Alkoholiker bezeichnen muss und sich damit seine Krankheit dauernd vor Augen hält, obwohl man seit Jahren abstinent ist.
    Da vermittelt man sich selbst doch ein ganz falsches Bild.


    Dazu hast Du ja schon ein paar Meinungen gehört.

    Ich denke mal, Du denkst so, weil Du diese Krankheit als ein Stigma, als eine Schwäche (Deinerseits) emfpindest. Warum denn eigentlich? Du bist Alkoholikern. Jemand anders ist Diabetiker. Jetzt kannst Du natürlich sagen, der Diabetiker ist aber ja nicht "schuld" an seiner Krankheit, Du aber schon. Aber stimmt das wirklich? Es hat doch Gründe gegeben, weshalb Du mit dem Trinken angefangen hast. Diese Gründe, die Du vielleicht in ihrer Tiefe noch gar nicht kennst, führten dazu, dass Du diese psychische Krankheit entwickelt hast. Meine Gründe, und ich denke da kommen meist mehrere zusammen, lagen z. B. in meiner Kindheit und teilweise auch in meiner Familie. Das ganze kombiniert mit dem, was einem das Leben sonst noch so an einschneidenden Erfahrungen mit gibt und zack, rutscht man in diese Krankheit hinein. Es ist längst erwiesen, dass das nicht mit Schwäche oder Disziplinlosigkeit zu tun hat.

    Ich weiß auch, dass das "die Gesellschaft" noch zu großen Teilen anders sieht. Aber wie bei so vielen anderen psychischen Erkrankungen hat ein Großteil der Gesellschaft davon ja überhaupt keine Ahnung! Es ist wichtig, dass Du selbst weißt wer und was Du bist. Und es ist noch wichtiger, dass Du Dich für das veruteilst was Du bist sondern das Du mit Dir und Deinem Leben im Reinen bist.

    Und dann kannst Du das "ich bin Alkoholiker" völlig entspannt sehen. Und es bedeutet ja auch nicht, dass Du herum laufen musst und es jedem erzählen musst. Je länger Du ohne Alkohol lebst, desto normaler ist das auch für Dein Umfeld. Man ist dann einfach ein Mensch, der keinen Alkohol trinkt. Und auch wenn "man" sich das vielleicht nicht vorstellen kann: Davon gibt es ziemlich viele. Mir war das auch nicht bewusst, ich habe das erst wahr genommen, als ich längere Zeit ohne gelebt habe. Vielleicht auch deshalb, weil sich das eigenen Umfeld langsam in Richtung alkoholarm oder sogar alkoholfrei verändert.

    Ich würde deshalb sagen: Es geht jetzt erst mal darum, mit Dir und Deinem Leben ins Reine zu kommen. Das ist für mich die Basis für ein dauerhaftes Leben ohne Alkohol. Und wenn Du das hinbekommst, dann erledigen sich alle anderen Dinge quasi von selbst.

    Alles Gute für Dich!

    LG
    gerchla

  • Hallo zusammen
    ich danke euch für eure Rückmeldungen.
    Zuerst einmal fällt mir auf, wie respektvoll hier der Austausch stattfindet. Das finde ich nicht selbstverständlich.
    Eure Anmerkungen zum Thema "Alkoholiker" finde ich interessant und doch habe ich eine andere Meinung.
    Die Klassifizierung "Depressiv", Alkoholiker" etc sind in der Gesellschaft noch sehr stark stigmatisiert und es ist nach wie vor ein Tabuthema.
    Allerdings bei mir NICHT.
    Ich habe aber ein Problem damit, sich selbst immer so zu bezeichnen, wenn man selbst rausgekommen ist aus der Sucht. Der Begriff reduziert den Menschen und bezeichnet ihn in dem Moment falsch, da es ja nicht mehr stimmt, wenn man als Nichttrinker noch Alkoholiker ist.
    Mir ist aber durchaus bewusst, dass jeder sehr wohl aufpassen muss, dass es nicht wieder so weit kommt.
    Mir ist auch klar, dass es kein leichter Weg ist und das weiß ich aus eigener Erfharung. Die Auseinandersetzung mit der Thematik muss stattfinden, man muss sich bewusst sein, was es für einen selbst bedeutet und vor allem, dass zig Versuche, einfach aufzuhören nicht funktionieren über den Willen und den Verstand.
    Genau da habe ich verstanden und begriffen , dass ich ein massives Problem mit Alkoholkonsum habe und einfach nihct nur so aufhören kann.
    Im Prinzip trinke ich seit Jahren kontrolliert , indem ich immer irgendwelche Zeichen in mein Kalender schreibe um am Monatsende zu sehen, wie viel ich konsumiert habe.
    Jeder Tag, der frei war von Alkohol war ein guter Tag.
    Jeder Tag mit Alkohol war ein Scheiß Tag (im Nachhinein betrachtet)und mich hat es frustriert zu sehen, wie viele Scheiß Tage ich schon wieder zusammengesoffen habe.
    Im Prinzip war es ein Versuch, mich zu kontrollieren mit dem Ergebnis, die Kontrolle verloren zu haben, ..aber wie oft redete ich es mir schön... ist doch nicht schlimm, wenn man mal wieder 3 Gläser Bordeaux getrunken hat.
    Die Tricks im Kopf sind ungeheuer stark, an manchen Tagen wollte ich nicht trinken, nahm es mir fest vor und bin dann abends wie ein Zombie los und hatte Lust zu trinken.
    Diese Gier hat mich erschüttert, aber ich konnte sie nicht ausschalten . Der Alkohol bestimmte mein Leben.
    Das konnte ich oft nicht wahrhaben.
    Meine längste abstinente Zeit waren 2 Monate.
    UNd diese zeigten mir dann , ich schaff es doch... also kann ich wieder mal ein Glas trinken. Das war natürlich ein Trugschluss, denn es blieb nie bei diesem einen harmlosen Glas. Jetzt sind es 8 Tage ohne Alk und ich will es diesesmal wirklich durchziehen.
    Trotzdem spüre ich in mir drin manchmal ein leises Ziehen der Wehmut.
    Aber wenn ich mir Gedanken darüber mache, widert mich das alles schon immer mehr an.
    Aktuell, während ich dies hier schreibe, kann ich mir das gar nicht vorstellen, etwas zu trinken. UNd wie gern hab ich früher geschrieben (mails etc) und nebenher eine ganze Flasche gebechert, was hab ich das genossen, diese "Gemütlichkeit", dabei war es eifach nur eine Suchtbefriedigung.
    Das Loskommen von der Zigarette war heftig ,auch ich hab mehrere Anläufe gebraucht bis zum endgültigen Aus.
    Ich bin ca 14 Jahre rauchfrei... oder gar schon länger. Irgendwann hat das keine Rolle mehr gespielt.
    Aber ich WEISS, dass ich wieder Raucherin wäre, wenn ich eine einzige Zigarette rauchen würde.
    Ich weiß noch sehr genau, wie ich damals geraucht hab und wie süchtig ich war. Ich bin sehr stolz, diese Sucht überwunden zu haben .Das gleiche wünsche ich mir auch für die Alkoholsucht.

  • Hallo!

    Auch ich habe anfangs hinsichtlich deiner Einschätzung als Alkoholiker so gedacht wie Du. Das hat sich aber im Laufe der Zeit gelegt. Du bst erst kurz dabei, gib dir doch einfach die nötige Zeit, deine Abstinenz, die Du anstrebst, reifen zu lassen.

    Körperlich war ich sehr schnell entgiftet, bis sich jedoch das Gehirn und die Psyche von dem jahrelangen Abusus erholt hatten, das dauerte, eher Jahre als Monate.

    Mit der Zeit gelang es mir, meinen Frieden mit meiner Krankheit, die immer noch tief in mir schlummert, zu machen. Ich habe mir diese schlecht beleumundete Krankheit nicht freiwillig ausgesucht. Ich trage für sie die Verantwortung.

    Es gibt auch andere lebensgefährliche Krankheiten, die z.B. intensive medizinische Behandlungen über OPs, Bestrahlungen und/oder erheblicher Medikation erfordern. Das muss ich alles nicht tun bzw. über mich ergehen lassen. Im Vergleich dazu habe ich eine absolut einfach zu handhabende Krankheit.

    Genauer gesagt, ich muss eigentlich gar nichts aktiv tun, ich muss nur etwas unterlassen, nämlich Alkohol zu konsumieren.

    Ich kann nicht mit Alkohol umgehen, das stimmt. Andere können es. Dafür kann ich vielleicht Dinge, die andere nicht so gut beherrschen. So einfach ist es mittlerweile für mich.

    Vielleicht hilft dir ja eine Unterscheidung zwischen aktiv und passiv. Ich sehe mich als passives Mitglied im "Club der Alkoholiker".

    Ich gebe dir den Tipp, dir mal den 3-Teiler "Der Trocken-Doc" anzuschauen. Einfach mal googeln. Darin taucht der absolut zutreffende Vergleich auf: "Alkoholismus ist eine Einbahnstraße, es gibt keine Rückkehr in ein früheres Stadium."


    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Anstatt kontrolliert zu trinken, (ist ja ein weiter Begriff, kann von 1 Glas bis x Flaschen sein), habe ich am Anfang der Abstinenz kontrolliert nicht getrunken.
    D.h., jeden Tag einen Haken auf dem Wandkalender gemacht, da kamen einige Monate von Erfolgserlebnissen zusammen, bis ich das einstellte.

    LG Gerd

  • Es ist doch vollkommen egal, ob Du Dich nun als "Alkoholiker", "alkoholkrank/-unverträglich/-intolerant", "Eierkuchen", "wubdulend" oder sonstwie bezeichnest - das ist sowas von total egal.
    Hauptsache, Du weisst, was es für Dich bedeutet - und handelst entsprechend.

    Und ich finde auch sehr wichtig: Feiere Dich nicht dafür, dass Du den Ausstieg aus der Sucht geschafft hast - und vergiss darüber, dass diese immer noch in Dir schlummert!

    Und zum Thema "kontrolliert trinken" äußere ich mich nicht mehr - das ist mir viel zu anstrengend. Genau wie es mir das KT war ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen Orangina,

    ich möchte nochmal was zum Thema "Alkoholiker" bzw. ob man sich als solchen bezeichnet oder nicht sagen.

    Im Grunde ist ein nicht mehr trinkender Alkoholiker ab einem bestimmten Zeitpunkt dann ja ein trockener Alkoholiker. Würde man also gefragt werden, warum man keinen Alkohol trinkt, wäre die "korrekte" Antwort wohl: Weil ich trockener Alkoholiker bin.

    Aber das klingt nun auch nicht charmanter, wenn man mal ehrlich ist.

    Aber weißt Du was? Im Grunde ist das doch alles völlig egal. Was Du wem sagst und was Du selbst über Dich sagst oder denkst bleibt Dir überlassen. Ich habe kein Problem damit mich als Alkoholiker zu bezeichnen, auch nach Jahren der Abstinenz nicht. Aber ich erzähle das bei weitem nicht jeden. Und weißt Du warum? Weil ich festgestellt habe, dass man Menschen damit völlig unvorbereitet treffen kann und diese dann ziemlich in Verlegenheit geraden. Darum sage ich bei den äußerst selten auftretenden Gelegenheiten, wo mich mal jemand danach fragt warum ich nichts trinke, dass es eine Lebenseinstellung von mir ist und das ich natürlich auch schon andere Zeiten hatte.Welche ich aber als nicht besonders zuträglich für mich empfunden habe. Und dann kann sich mein Gegenüber selbst entscheiden, ob er diese Diskussion vertiefen möchte oder ob er/sie es einfach so stehen lässt. Bis auf ein einziges Mal hat nie jemand weiter nachgefragt. Dieser eine Mensch hat dann aber natürlich von mir eine offenen Antwort erhalten und daraus entstand dann eine sehr interessante Diskussion.

    Aber Alkoholiker hin, nicht Alkoholiker her, im Grunde kommt es nur darauf an:

    Zitat

    Jetzt sind es 8 Tage ohne Alk und ich will es diesesmal wirklich durchziehen.

    Du willst es jetzt durchziehen und nur darauf kommt es an. Und ob Du Dich in zwei oder drei Jahren dann noch als Alkoholikerin siehst oder als was auch immer, ist im Moment völlig unwichtig. Darüber wirst Du wahrscheinlich, wenn Du Deinen Weg dauerhaft ohne Alkohol gehen kannst was ich Dir von Herzen wünsche, irgendwann mal schmunzeln.

    Alles Gute für Dich!

    LG
    gerchla

  • Ich danke Euch für eure Beiträge.
    Ich lese immer wieder und stelle fest, dass mir es hilfreich ist ,für mich weiterzukommen und auch dran zu bleiben. Momentan fällt es mir sehr leicht, abstinent zu sein. In .einem Kopf ist wie ein Schalter umgelegt. Uch habe mich für die Nüchternheit entschieden und ich weiß natürlich, dass ich mich dadurch alleine nicht in Sicherheit wiegen darf. Momentan geht es mir sehr gut. Meine Abende ohne Rotwein genieße ich sogar noch mehr. Wenn ich ins Bett gehe,stelle ich fest,dass ich gar keine Gedanken an Alkohol hatte. Das ist super. Ich weiß, ich muss wachsam bleiben.

  • Hallo Orangina,

    Zitat

    Momentan fällt es mir sehr leicht, abstinent zu sein. In .einem Kopf ist wie ein Schalter umgelegt.


    So war das bei mir damals auch. Irgend etwas war passiert, das es anders sein ließ als die vielen Versuche vorher. Ich Nachhinein könnte man sagen: die Zeit war reif oder ich hatte das erreicht, was man den persönlichen Tiefpunkt nennt.

    Aber trotzdem fällt es vielen am Anfang sehr schwer in die Abstinenz hinein zu finden. Eben auch vielen von jenen, die es dann auch dauerhaft schaffen. Mir war das damals, daran erinnere ich mich noch, auch ein wenig suspekt. Ich hatte da mit "mehr" gerechnet. Aber, wie Du so schön schreibst, es war wie ein Schalter, der umgelegt wurde. Und ich war mir plötzlich ganz sicher, dass ich nie wieder trinken will. Auch auf ganz lange Zeit gesehen hatte ich keine Hintergedanken in Richtung "vielleicht ja irgendwann in ein paar Jahren mal wieder". Nichts in diese Richtung, ich wollte das Zeug für immer aus meinem Leben verbannen.

    Und war bereit alles dafür zu tun. Es hat mich dann eher "erstaunt", dass ich nicht alles dafür tun musste. In meinem Kopft war irgendwie der Gedanke, dass es ohne einen längeren Therapieaufenthalt wohl nicht funktionieren kann. Als ich dann bemerkte, dass all meine "ambulanten", teilweise selbsterarbeiteten Hilfsangebote sehr gut funktionierten, wurde ich fast ein wenig misstrauisch. Aber wenn ich heute darüber nachdenke, dann habe ich einfach verdammt viel getan, obwohl ich dachte ich hätte es leicht. Und das musste ich mir auch erst mal klar machen oder besser, es musste mir klar werden, damit ich nicht den Fehler mache und sage: bei mir war das dann alles gar kein Problem.

    Im Grunde habe ich mein komplettes Leben umgekrämpelt. Meine Familie verlassen, neu angefangen, mir psychologische Hilfe gesucht, mir anderweitige Hilfe gesucht und nicht zu vergessen auch die Zeit in der SHG. Ein ganzer Freundeskreis war plötzlich weg, ein neuer wuchs langsam wieder an. Nein, es war schon mehr als einfach einen Schalter umzulegen und alles ist wieder gut. Und es war auch gar nicht einfach und ich musste so viele wichtige Entscheidungen gehäuft treffen, wie in meinem gesamten Leben vorher nicht. Das Einzige was ich eben nicht hatte, waren ein paar Wochen oder Monate in einer Therapieklinik. Und es war wohl in meinem Kopf, dass ein Alkoholiker nur über diesen Weg zuverlässig trocken werden kann... Wie so vieles in meinem Kopf war von dem ich heute weiß, dass ich völlig falsch gedacht habe.

    Zitat

    Wenn ich ins Bett gehe,stelle ich fest,dass ich gar keine Gedanken an Alkohol hatte. Das ist super. Ich weiß, ich muss wachsam bleiben.


    Ich finde es ganz toll, dass Du keine Gedanken an Alkohol hast und ich gönne Dir das von Herzen. Wenn ich Dir etwas aus meiner Erfahrung dazu sagen dürfte, dann wäre es das, dass Du diese gute, diese positive Zeit für Dich nutzen kannst, wenn Du willst. Nutze sie, um Dich mit Dir und Deinem Leben außeinander zu setzen. Tue mehr, als nur nicht mehr zu trinken, auch dann oder gerade weil Dir das im Moment so leicht fällt. Überlege Dir, wo Du langfristig hin möchtest, welche Ziele Du für Dein Leben hast. Was Du mit dieser neu gewonnenen Freiheit jetzt anfangen willst, was Du daraus machen möchtest. Welche Lehren Du daraus für Dein neues Leben ziehen kannst oder willst.

    Und wenn Du der Typ dazu bist, dann schaue vielleicht auch mal darauf, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Analysiere mal, warum Du zur Alkoholikerin wurdest, wieso Du soweit gekommen bist. Was die Gründe dafür waren. Und ob Du diese bereits beseitigt hast oder ob sie noch präsent sind, nur deaktiviert sozusagen. Einfach nur um für die Zukunft gerüstet zu sein und eine Gegenstrategie zu haben, falls der Druck doch mal wieder steigen sollte.

    Ich weiß mittlerweile, dass diese Analyse oder das Aufarbeiten nicht für jeden der passende Weg ist. Aber denk doch einfach mal darüber nach.

    Ich finde es ganz wichtig, dass Du geschrieben hast "ich muss wachsam bleiben". Du bist Dir der Heimtücke dieser Krankheit bewusst und das ist sehr gut. Aber in dem Moment wo Du beginnst Dein Leben so zu gestalten, dass Du selbst damit zufrieden bist oder es gar als glücklich bezeichnen kannst, entziehst Du dieser Sucht nach und nach ihre Daseinsberechtigung. Ein rundum zufriedenes Leben zu erreichen geht nicht per Schalter umlegen, das ist ein Prozess der normalerweise dauert. Bei manchen länger, bei anderen gehts schneller. Da spielen eben auch die individuellen Lebensumstände eine große Rolle, Umstände, die man auch wenn man will, nicht sofort ändern kann oder wo es einfach Zeit braucht sie zu ändern. Aber auch der Weg dorthin kann sehr erfüllend sein (meine Erfahrung) und dem Alkohol bereits die Lizenz entziehen.

    Das wollte ich Dir einfach mal schreiben.

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla
    Vielen Dank für die guten Gedanken und deine Sicht aus deiner Erfahrung. Mir ist sehr bewusst , dass es weit mehr ist ,als das Schalter umlegen. Ich hatte ja angedeutet,dass ich mir mein Leben ziemlich vermasselt hab in den letzten Jahren und dass ich Schwierigkeiten hatte,mein Leben in die Hand zu nehmen und es zu steuern. Alles,was nur wichtig war, konnte ich nicht vertreten,ich hab Dinge getan,die ich nicht wollte. Das beziehe ich nicht auf den Konsum von Wein,sondern ich beziehe das auf mein Gefühlsleben und auf meine privaten Beziehungen. Ich merke ,dass ich schon lang das Gefühl habe,etwas anders zu machen,meine Bedürfnisse zu verbalisieren, für mich einzustehen und zu schauen,was ICH will...wohin ich in meinem Leben will...ich bin 48 J alt und befinde mich auch innerlich an einem Wendepunkt...unzufrieden mit meiner Arbeit,oft das Gefühl der Überforderung, alte und kranke Eltern, eine Ttennung hinter mir ,die ich verursacht hab ,obwohl ich dies nicht wollte,während ich eine neue Beziehung hab,die ich in Frage stelle. Es sind so viele Bereiche,die ich angehen MUSS und WILL. Der Rotwein am Abend färbte sehr vieles weicher und weniger dramatisch und nahm mir die Angst. Aber das war natürlich nur von kurzer Dauer. Irgendwie scheint alles miteinander zusammen zu hängen. Noch hab ich nicht den Mut ,die Beziehung zu dem Mann zu beenden, weil ich ihm nicht weh tun will ,aber auch weil das eine ganz besondere Geschichte ist..und ich mich in meinem Leben oft immer zwischen den Stühlen sehe,da ich keine eindeutigen Signale spüre,die mir sagen: hop oder top.
    Ich kann das sehr schwer beschreiben, zudem kann ich nicht mehr ins Detail gehen,aus Angst,man kann mich hier erkennen,wer ich bin.
    Verstehst du das?
    Aus deinen Zeilen lese ich sehr viel heraus,was uch gut verstehe und nachvollziehen kann.
    Und ich kann auch verstehen, dass du dich damals nicht nur vom Alkohol sondern auch von deiner Frau getrennt hast.
    LG
    Orangina

  • Liebe Orangina,

    Zitat

    Verstehst du das?


    Natürlich verstehe ich das. Mehr noch, ich fühle sozusagen mit Dir. Ich kenne all die Gefühle, all das was Du beschreibst. Ich könnte jetzt fast jeden Deiner Sätze hier zitieren und Dir dann sagen, dass ich ähnliches erlebt, gedacht, gemacht.... etc. habe. Und auch das was Du mit "jemanden nicht weh tun wollen" schreibst, genau das kenne ich auch von mir.

    Nur ist es eben leider so: Rücksicht auf andere nehmen, andere nicht verletzen wollen, alles wichtig und ehrbare Ziele. Aber, entscheidend ist trotzdem, dass man sich dafür selbst nicht aufgibt. Entscheidend ist, dass man erst mal mit sich selbst klar kommt, mit sich selbst im Reinen ist, wie ich ja so oft schreibe auch wenn es wohl schon abgetroschen klingt. Ansonsten passiert nämlich Folgendes: Du gibst und gibst und gibst aber eines fehlt bei der ganzen Geschichte, nämlich der Punkt wo Du auch bekommst. Wo Du Deinen Akku aufladen kannst damit Du wieder in die Lage versetzt wirst erneut zu geben. Wenn das nicht passt, dann findet eine Tiefenentladung Deines Akkus statt. Was am Ende dann zu einen Zusammenbruch führt. Verstehst Du was ich sagen will?

    Und weil ich schon beim Akku bin. Als Kind habe ich leere Batterien immer auf die Heizung gelegt und wenn sie dann warm waren, dann haben die immer noch mal ein paar Minuten funktioniert um dann aber wieder komplett leer zu sein. Und irgendwann funktioniert dann das aber auch nicht mehr. Der Alkohol, den Du getrunken hast, das war die Heizung. Er hat Dir ein paar Stunden das Gefühl gegeben, Du hättest genug Kraft oder kannst wieder aufladen. Auf Dauer sorgt er jedoch dafür, dass Du immer mehr Energie verlierst und irgendwann komplett leer bist.

    Du nennst ja mehrere "Baustellen" in Deinem aktuellen Leben. Da ist die Arbeit, da sind die Eltern und da ist der Partner. Und vielleicht sind dann da auch noch ein paar andere, vermeintlich kleinere Problemchen, die auch noch darauf warten gelöst zu werden.

    Du hast bereits einen ganz wichtigen ersten Schritt getan: Du trinkst nicht mehr. Das ist die BASIS für alles was noch folgt. Das musst Du Dir immer vor Augen führen. Nimm Dir ruhig die Zeit die Du brauchst aber trinke auf keinen Fall mehr. Alles wird sich langsam verändern, besonders Deine Denkweise und das Wahrnehmen Deiner Umwelt. Das dauert einen Moment, ist nicht nach ein paar Wochen erledigt.

    So und nun möchte ich Dir etwas schreiben, was "mein" Mönch mir damals (sinngemäß) gesagt hat, als ich mit meinen Problemen bei ihm um Rat gefragt habe. Ich sagte zu ihm, dass da so viele Riesenprobleme vor mir wären und ich gar nicht weiß, wie ich das alles schaffen kann und das ich glaube, dass ich das alles überhaupt nicht schaffen kann. Und er antwortete wie folgt (sinngemäß):

    Er sagte: Stell Dir vor Du hast ein Haus. Das Haus ist total kaputt. Das Dach ist undicht und es regnet herein. Das Wasser steht deshalb im Keller und die Böden und Wände sind feucht. Die Fenster sind teilweise kaputt und undicht. Und überhaupt ist alles in einem fürchterlichen Zustand, die Tapetten lösen sich von den Wänden, die Farbe blättert ab und die Möbel sind längst alle verschlissen.

    Was tust Du? Nun immer eines nach dem anderen. Erst mal kümmerst Du Dich um das Dach. Das ist dafür verantwortlich, dass alles immer noch schlimmer wird weil bei jedem Regenguss neues Wasser ins Haus strömt. Wenn Du das Dach dicht hast, dann kümmere Dich erst mal um den Keller. Die Feuchtigkeit muss raus, das Fundament muss erst mal wieder trocknen. Dann geht es an die Fenster. Neue Fenster rein oder abdichten. Nun kannst mal nach innen gucken. Tapetten wechseln, Böden austauschen am Ende auch neue Möbel besorgen. Und wenn Du das alles hast, dann achtest Du darauf, dass Du künftig immer sofort reagierst, wenn ein Schaden bei Deinem Haus auftritt. Sollte also mal wieder ein Dachziegel undicht sein oder ein Fenster nicht mehr richtig schließen, dann reparierst Du es sofort und wartest nicht, bis noch mehr dazu kommt. Damit stellst Du sicher, dass Dein Haus nie mehr in einem so erbärmlichen Zustand ist, wie Du es jetzt gerade vorfindest.

    Ich glaube Du verstehst was er mir damit sagen wollte, oder? Ich habe das nie vergessen und es zeigt mir, dass ich mich um mich kümmern muss. Ich bin das Haus. Und ich hatte mega viele Probleme. Angehäuft hatte ich sie durch mein Doppelleben und meine Trinkerrei. Die Sucht sorgte einerseits dafür, dass viele dieser Probleme überhaupt erst entstanden und anderseits auch noch dafür, dass ich nicht in der Lage war, auch nur eines davon zu lösen. Somit war klar: Erst mal muss der Alkohol weg.

    Aber, dadurch wurde der Berg an Problemen ja erst mal so richtig sichtbar. Ich nahm ihn plötzlich als das wahr, was er ja auch war: Riesig und bedrohlich. Und auf Dauer nicht einfach ignorierbar.

    Und so arbeitete ich eines nach dem anderen ab. Und glaube mir, teiweise taten sich Lösungen auf, die ich im Traum nicht für möglich gehalten hätte. Und so solltest Du es auch machen.BASIS: nicht mehr trinken, ansonsten kannst Du alles in die Tonne treten. Aber wenn Du nicht mehr trinkst, dann KANNST und WIRST Du Deine Probleme auch lösen können. Ich will damit nicht sagen, dass sie sich von selbst lösen. Du wirst ENTSCHEIDUNGEN treffen müssen. Auch welche, von denen Du vielleicht nicht weißt ob sie richtig oder falsch sind. Auch welche, die richtig weh tun können. Ich empfinde rückblickend das erste Jahr nach meinen Suchtausstieg als das Jahr, wo ich mehr (Lebens-)entscheidungen getroffen habe als alle Jahre vorher. Eine Entscheidung jagte die nächste (da waren auch viele scheinbar kleine dabei, die sich später als ganz wichtig heraus stellten) und bei einigen wusste ich echt nicht was ich tun sollte. Zum Glück hatte ich meinen Mönch der mir oft als Berater diente. ABER: Entscheiden musste ich trotzdem selbst.

    Ich wiederhole mich: Verharren wird Dir nicht helfen. Auch nüchternes Verharren wird Dir auf Dauer nicht helfen. Denn Dein Ziel kann ja nur sein, ein zufriedenes Leben zu führen. Aber Du bestimmst das Tempo und Du bestimmst, was für Dich das Dach ist und für Dich der Keller ist und die Fenster, etc. Eines nach dem anderen aber eben konsequent.

    Alles Gute für Dich!

    LG
    gerchla

  • Hallo gerchla
    Ja,ich verstehe alles sehr gut ,was du schreibst. Ich verstehe es sehr gut.
    Mehr noch :
    Ich weiß, wovon du sprichst und ich danke dir ,dass du das formulierst, was ich denke und wahrnehme.
    Das klingt vielleicht verrückt,aber es ist so.
    Das verharren ist genau das,was ich nicht mehr will.
    Ich weiß, was ich zu tun habe und ich weiß auch ,dass ich den Mut dafür aufbringen kann,wenn ich weiterhin nüchtern bleibe.
    Mit Alkohol hab ich da keine Chance,außer wieder in alte Bekannte Verdrängungsmuster zu verfallen.
    Das Bild mit dem kaputten Haus ist da ganz treffend.
    Es gefällt mir und es ist auch sehr ausdrucksstark.
    Es ist gut die Dinge schrittweise anzugehen.
    Mir scheint,als würde in meinem Leben nichts mehr wirklich zusammenzupassen.
    Wie oft fühlte ich mich leer...und durch das Trinken wurde ich noch ein Stückchen weit leerer und depressiver.
    Das ist mir ganz klar.
    Und ich weiß auch aus eigener Erfahrung nach zweimonatiger Abstinenz,dass ich die Dinge anders,klarer wahrnahm und ich erschrocken bin, welche Scherben des Lebens um mich herum liegen.
    Ich vermute, ich hab nicht recht gewusst, was ich damit nun machen soll.
    Vermutlich hab ich es so klar gar nicht ertragen ,was wohl auch wieder der Einstieg war zum Trinken.
    Im September und Oktober hab ich wieder meine alten Rituale des Rotweins gepflegt mit dem Ergebnis,dass das nicht die Lösung sein kann und dass ich so nicht mehr mag.
    Trotzdem in mir drinnen ist immer noch ein Mechanismus, der mir glauben machen will,dass das schon etwas schade ist, ihn nie wieder zu konsumieren.
    Ich weiß, dass das mein Suchthirn ist,das mir sowas einreden will...
    Und es gibt in der Tat wirklich nichts positives für mich ,was mit Rotwein zusammen hängt außer die Selbsttäuschung und Selbstbetrug.
    Mir wurde im Oktober klar,dass wenn ich so weiter nach,dass es nicht gut weiter gehen wird mit mir.

    Hattest du damals neben deinem Alkoholleben auch Betrügereien am Laufen,was Beziehungen betrifft?
    Wenn ja,wie blickst du darauf zurück?
    Wie lange bist du eigentlich schon nüchtern?
    Weiß deine aktuelle Beziehung von deiner Vergangenheit?

  • Liebe Orangina,

    ich habe eben versucht die eine PN zu schicken. Du bist noch nicht freigeschalten dafür. Wenn Du hier aktiv bleibst wird das sicher bald passieren. Das was ich Dir schreiben möchte ist sehr umfangreich und ich will das hier öffentlich nicht tun. Ich glaube, das würde auch für mich den Rahmen sprengen. Ich warte jetzt einfach mal ab ob Du irgendwann mal frei geschalten wirst und wenn ja, dann werde ich "nachliefern".

    Bleib dran und gibt Dir Zeit. Zeit ohne Alkohol!

    LG
    gerchla

  • Hallo gerchla
    Ja,gerne.
    Wie du magst.
    Wer leitet eigentlich dieses Forum,bzw wer schaltet mich dann frei?
    Ich habe auf alle Fälle vor,hier zu bleiben und weiterhin Mitglied zu sein.
    LG Orangina

  • Wer leitet eigentlich dieses Forum,bzw wer schaltet mich dann frei?

    Schon passiert :)

    EIGENTLICH könnten das auch die Team-Mitglieder, aber uneigentlich scheine ich ich hier in Personalunion zu fungieren :-\ ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Orangina,

    habe Dein Thema gelesen...Und zwar wir alle so unterschiedlich sind, erkennt jeder wahrscheinlich jedes Mal ein bisschen von sich selbst in den den Geschichten der anderen..

    Meine Unterstützung Dir von ganzem Herzen auf diesem nicht so einfachen Wege....
    Aber es löhnt sich auf jeden Fall.

    LG
    Dagny

    "All the drugs in the world won't save us from ourselves.”-  Marilyn Manson

  • Hallo Dagny
    Danke für deine Nachricht und die guten Wünsche.
    Für mich ist es momentan sehr hilfreich ,die vielen Beiträge hier zu lesen.
    Sie unterstützen mich ,,mich aktiv mit mir und meinem Problem mit dem Alkohol auseinanderzusetzen.
    Manchmal erschrecke ich ,wenn ich an meine Vergangenheit denke,wie viel und zu welchen Anlässen ich selbstverständlich zum Wein gegriffen hab uns wie normal ich das empfunden hab.
    Dieses kontrollierte Trinken,das ich seit Jahren praktizierte war für mich auch normal.
    Dabei hätte mir damals schon auffallen müssen, dass ich abhängig bin.
    Und mir wird auch jetzt erst klar dass meine Psychotherapie, die ich vor Jahren hatte im Prinzip für die Katz war.
    Ich hätte den Alkohol weglassen müssen, um überhaupt an den Punkt zu kommen,wo ich Hilfe annehmen kann.
    Ich habe meinen Mann betrogen und das hab ich mir harmlos getrunken, ...wäre ich damals klar und nüchtern gewesen ,wäre es nie so weit gekommen wie es heute gekommen ist.
    Uch bin jetzt zwei Wochen nüchtern und hab wirklich nich kein einziges mal Lust oder Drang nach Wein verspürt, erinnere mich aber ,wie heftig dieser Druck werden kann und ich wie ferngesteuert zum Laden fahre,gezielt den Bordeaux ausm Regal hole und die Flasche zu Hause öffne obwohl meine Stimmen im Kopf sagen : lass es,machs lieber nicht" , aber die Suchtstimmen dann gewinnen...
    Ich hoffe ,dass ich nicht solche Momente erleben werde und wenn ja dass ich dann diese Suchtstimmen Kleinkriegen kann und ich anstatt ein Glas Wein ein nicht alkoholisches Getränk zu mir nehme.

    Ich habe noch niemanden in meinem Freundes und Bekanntenkreis gesagt dass ich Alkoholikerin bin.

    Ist das wichtig?
    Reicht es nicht ,wenn ich das für mich alleine weiß?
    Diesbezüglich hab ich manchmal noch nicht den richtigen Einblick und bin auch noch nicht ganz klar ,warum Alkoholismus eine psychische Erkrankung ist.
    Rein theoretisch ist es nur klar aber so klar krieg ich diesen Bezug zu mir noch nicht auf die Kette.
    Ich weiß, dass meine Depression in den letzten Jahren zugenommen hat und ich weiß, dass das an meinem Weinkonsum lag.

    Ich wünsche dir auch viel Erfolg weiterhin.
    Orangina

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!