Hallo Orangina!
Ich wollte dir noch sagen,dass ich mit den Klassifikationen nichts anfangen kann..siehe Alpha Beta Trinker etc.
Es reicht mir zu wissen,was mein Problem ist.
Das kann ich gut nachvollziehen. Mir fällt es auch schwer, mich ganz einer dieser Kategorien zuzuordnen. Ich fand ganz lustig und passend, was Simon Borowiak in seinem Buch „Alk“ dazu geschrieben hat: "Ich persönlich mag Jellinek nicht. Er nervt mich. Während meines ersten Besuches bei einer Suchtberaterin wurde mir der Jellinek vorgelegt und die obligatorische Frage gestellt: »Wo würden Sie sich einordnen?« Meine Antwort lautete: »Ja, nirgends! Bzw. überall ein bisschen! Diese Unschärfe! Z. B. der Quartalssäufer (meine Wenigkeit): Nach Jellinek bin ich Epsilon-Trinker. Episodischer Trinker. Okay. Aber ich bin auch Problemtrinker. Und manchmal süchtiger Trinker. Und bisweilen auch Gelegenheitstrinker ohne Kontrollverlust und/ oder Entzugserscheinungen. Ja, was denn nun, Herr Jellinek? Alpha, beta, pi mal Daumen? Bin ich überhaupt Alkoholiker? Oder nicht vielleicht doch eher Missbraucher bzw. schädlich Gebraucher?« Diese differenzierten Überlegungen kamen nicht gut an. Die Suchtberaterin verzog wissend das Beamtengesicht und bescheinigte mir kurz und bündig »mangelnde Krankheitseinsicht«."
– ALK: Fast ein medizinisches Sachbuch - jetzt aktualisiert! von Simon Borowiak
Andererseits wiederum hat mir diese Einteilung geholfen, mir darüber klar zu werden, dass ich ein Problem habe bzw. dabei bin, ein ernsthaftes Problem zu entwickeln.
ZitatIch habe immer gern wegen der Wirkung getrunken und vor allem zur Entspannung, zum Bewältigen von Schwierigkeiten, zum Musikhören...und die Liste könnte ich ewig weiterführen.
Das kommt mir, wie du gewiss weißt, weil du‘s bei mir gelesen hast, sehr bekannt vor.
Und darin liegt ja schon das Problem. Mein Arzt hat mich schon früher mal deswegen gewarnt, aber ich hab das verdrängt bzw. nicht an mich herangelassen. Inzwischen sehe ich ein, welche enorme Gefahr dieses Alkohol-wegen-seiner-Wirkung-trinken für mich hat.
Zitat
Über eines aber stolpere ich immer wieder und das ist die Bezeichnung " ich bin Alkoholiker"...
Alkoholiker ist jemand,der aktuell trinkt,aber nicht jemand, der seit Jahren nicht mehr trinkt.
Durch diese Bezeichnung reduziert man sich auf ein Problem.
Der Mensch an sich wird dadurch weiterhin krank gehalten.
Ich kann deine Schwierigkeit nachvollziehen, aber Alkoholismus ist nun einmal eine Krankheit, die man, wenn sie einen einmal erwischt hat, nie wieder ungeschehen machen kann. Wie du bei nicht wenigen hier nachlesen kannst, können sie auch nach Jahren der Abstinenz von sich nicht sicher sagen, dass sie ungefährdet ein Glas Alkohol trinken könnten. Wer sich von sich sagt „Ich bin Alkoholiker.“ gesteht sich ein, dass er die Alkoholkrankheit hat. Meiner Ansicht nach gehört angesichts dessen, was in unserer Gesellschaft doch so normal ist, viel Mut dazu, sich als Alkoholiker zu outen. Mut gegenüber den anderen, aber auch Mut gegenüber sich selbst.
Du sprichst das Rauchen an. Nach meiner Beobachtung passt der Vergleich nicht so recht und zwar aus verschiedenen Gründen, die ich jetzt aber nicht alle aufzählen möchte.
Achte mal darauf, wie oft in Fernsehsendungen, im Film, bei gesellschaftlichen Ereignissen Alkohol konsumiert wird. Es scheint die Norm zu sein, bei allen möglichen Gelegenheiten Alkohol zu konsumieren. Ein Alkoholiker darf das nicht mehr, weil das für ihn (und seine Lieben) üble Konsequenzen hätte. Er gehört somit nicht mehr dazu und das für immer. Sich das selbst und anderen mit der Bezeichnung „Ich bin Alkoholiker.“ klarzumachen, ist in dem Zusammenhang ein mutiges Bekenntnis.
Man muss es ja nicht unbedingt jedem auf die Nase bin, wenn man nicht will. Es haftet dieser Bezeichnung hier in Deutschland ja leider noch ein gewisses Stigma an. Ich für meinen Teil werde in Zukunft nur sagen, „Danke, ich trinke nicht.“ und vielleicht dazu noch „Ich muss Medikamente nehmen, die sich überhaupt nicht mit Alkohol vertragen.“, was bei mir im Übrigen auch tatsächlich der Fall ist. So dürfte ich schnell Ruhe haben.
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Aber schlimm finde ich ,wenn man sich ein Leben lang als Alkoholiker bezeichnen muss und sich damit seine Krankheit dauernd vor Augen hält, obwohl man seit Jahren abstinent ist.
Da vermittelt man sich selbst doch ein ganz falsches Bild.
Ich sehe das anders, denn selbst wenn ein Alkoholiker jahrzehntelang abstinent war, kann es sein, dass er total abstürzt, wenn er wieder Alkohol trinkt.
Wie gesagt, man gesteht sich selbst ein, dass man eine Krankheit hat.
Ich weiß aber auch aus eigener Erfahrung, dass, wer jahrelang erfolgreich abstinent ist, nicht mehr oft betont, dass er Alkoholiker ist, außer in SHG oder hier im Forum, weil für ihn oder sie Alkohol nicht mehr wichtig ist.
Und außerdem: Niemand zwingt dich, dich als Alkoholikerin zu bezeichnen.
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Und ich bin jetzt wieder seit 1 Woche Nichttrinkerin und mir geht es sehr gut damit und ich will es bleiben.
Und das ist doch prima!
Ich bin an dem Punkt, dass ich mich sehr mit dem Gedanken anfreunde, nie wieder Alkohol zu trinken, und dieser Gedanke schreckt mich immer weniger, je mehr ich mich mit der Materie und mir selbst beschäftige.
Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg, bis....