Nüchtern betrachtet...

  • An manchen Tagen ist mein Leben so schön und ich kann Aktionen und Erlebnisse, besonders in der Natur, so sehr genießen, dass ich mich frage wie ich so viel Lebenszeit an den Alkohol verschwenden konnte.
    Was hätte ich alles machen und erleben können, wenn ich nicht so blöd gewesen wäre so viel Lebenszeit mit Alkoholkonsum und Nachwirkungen zu verbringen.

    Ob sich das alles noch nachholen lässt?

    Diese ganz Feierei, die in jungen Jahren so wichtig war, erscheint mir im Nachhinein so sinnlos.

    Viele Grüße, <br />Risu

  • Hallo
    Meiner Meinung nach sollte man nicht sich in der Vergangenheit bewgen,sondern in der Zukunft.
    Wenn ich so an die Sauferei zurückdenke,war da zu diesem Zeitpunkt das ja in Ordnung. Es wurde auch gelacht,und man hatte Spass.
    Nicht alles in der Vergangenheit war doch Schlecht.
    Oder will man jetzt zurück in die Vergangenheit?
    Der Mensch entwickelt sich weiter,und setzt andere Wichtigere Dinge für sich in den Vordergrund und erfreut sich dieser.
    LG

    Der Weg ist das Ziel<br />Konfuzius (551–479 v. Chr.

  • Ja, liebe Risu,
    da sagst du was: Nüchtern betrachtet.. war mein süchtiges und besoffenes Leben so gar nicht berauschend. Warum? Weil ich heute weiß, was "Die exzellenten Vorzüge der Abstinenz! https://alkoholforum.de//index.php?topic=105.0, für mein freies und selbstbestimmte Leben bedeuten. Viel zu spät wurde mir das so richtig bewusst. Ich vermisse und brauche diese Zeit nicht mehr.
    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Tja, die Natur...

    Der Watzmann ist ein relativ bekannter Berg.
    Die Überschreitung seiner drei Gipfel gilt als relativ anspruchsvolle Bergtour.
    Beim ersten mal war ich 25, alleine unterwegs.

    Ich hatte 6 Bier und etwas Haschisch dabei.
    Auf jedem Gipfel zwei Bier und einen Joint.
    Und mich dann auf die Wirtschaft im Abstieg gefreut, macht ja durstig.

    So ähnlich wars öfter, später hab ich wegen dem Gewicht nur noch Schnaps mitgenommen.

    Hast Du nur auf Parties getrunken? Ich habe bei jeder Gelegenheit gesoffen.

    Ich war früher nüchtern gar nicht in der Lage, etwas zu geniessen oder Gefallen dran zu finden. Da hat mir einfach was zu meinem Glück gefehlt. Nüchterne Erlebnisfähigkeit habe ich erst entwickelt, als es anders nicht mehr ging. Früher habe ich das einfach doof gefunden, nüchtern zu sein.
    Damals hat das für mich so gepasst. Ich bereue nichts.

  • In der Anfangszeit meiner Nüchternheit hatte ich aber auch mal so eine Phase, in der ich dachte, wenn ich gewusst hätte, wie einfach das Aufhören ist, hätte ich es vielleicht anders gemacht, früher aufgehört. Bei genauem Nachdenken gehts da aber nur um die Schlussphase, als ich es selbst schon wirklich schlimm fand, davor hätte ich einfach nicht aufgehört. Nützt auch nix, mir darüber heute den Kopf zu zerbrechen, es war einfach so wie es war.

    Ausserdem war ich dann mit 41 noch mal Berufsanfängerin nach meinem endlich abgeschlossenen Studium und da gab es dann im Job Leute um mich herum, die ihre Karriere relativ straight verfolgt hatten. Ich hab einiges versemmelt, weil ich lange lieber rumgehangen bin und meine Verachtung der Leistungsgesellschaft ausgelebt habe.
    Einerseits war ich ein bisschen neidisch, dass die im gleichen Alter höher auf der Leiter standen als ich. Der Gedanke, hätte ich vielleicht besser früher angefangen (und nicht so viel gesoffen und gegiftet), war schon mal da. Andererseits war mir aber auch klar, dass ich so wie die ja noch nie leben wollte und auch den Preis, den die bezahlt hatten, nicht bezahlen wollte.
    Ich wollte halt lieber reichlich verfreakt in den Tag reinleben, und das habe ich relativ lange auf meine Art auch genossen. Alles auf einmal geht halt nicht - gleichzeitig faul in der Sonne liegen und Karriere machen ist schwierig. Und meine Prioritäten liegen klar in der Sonne, die Arbeit muss sich anpassen, bis heute.

    Und einfach war das Aufhören ja auch erst dann, als ich so weit war. Ich habe auch schon mal versucht, einen absoluten Traumurlaub 5 Jahre später nochmal zu wiederholen, das war auch nicht mehr das Gleiche, klappte so nicht mehr, weil ich mich zu sehr verändert hatte. Ich schätze, beim Saufen ist es ähnlich, früher fand ich es gut, heute eben nicht mehr.

    Abgesehen davon hätte ich vieles von meiner Unangepasstheit und Verrücktheit wegen fehlender Traute ohne Saufen und ohne Drogen womöglich nie entwickelt, und das fände ich schade. Besoffen habe ich halt doch vieles gemacht, was eigenlich "nicht ging", vor allem nicht unter spiessbürgerlichen Gesichtspunkten. Aber nachdem ichs mal konnte, ging Einiges davon jetzt eben auch nüchtern. Nur meine Geschichte macht mich erst zu der, die ich bin.

  • Nüchtern finde ich immer mehr zu mir selbst zurück. Ich lernte wieder zu entspannen ohne zu trinken. Ich möchte nie mehr zurück wo ich war, ich bin froh das Leben so genießen zu können wie es ist. Sinnvolle Gespräche zu führen und keine Angst zu haben im Rausch nur Blödsinn zu reden.
    Ich hätte es mir früher nie vorstellen können, aber das Leben ohne Alkohol ist schön.

  • Ich bin mittlerweilen soweit nichts zu bereuen und Vergangenes zu akzeptieren. Ich denke mir oft, dass auch wenn ich den Sinn nicht immer erfassen kann, so haben meine Schicksale vielleicht einfach sein müssen. Auch wenn der einzige Sinn darin liegt, dass ich zu dem Menschen geworden bin, der heute hier schreibt und vielleicht dem einen oder anderen eine kleine Stütze sein kann...hin und wieder.Es hat wahrscheinlich alles irgendwie seinen Zweck...

    Und es war ja trotzdem auch viel Gutes dabei. Ich hätte wahrscheinlich niemals mit meinem Mann zusammen gefunden, wäre ich damals schon abstinent gewesen. Natürlich habe ich viel Mist gemacht, viele Chancen versemmelt...was soll’s, das halbe Leben liegt noch vor mir, es kommen neue Chancen.

    Euch allen ein schönes Osterfest!

    Rina

  • Hallo Risu,

    ich hab neulich gerade darüber nachgedacht, dass ich so langsam meinen Frieden mit mir und meinem Lebensweg bis hierhin machen kann. Noch nicht ganz, aber es geht in die Richtung.

    Bis vor nicht allzu langer Zeit hatte ich in der Rückschau mit viel Bedauern und was-wäre-wenn Gedanken zu tun. Bezogen aufs Trinken, aber nicht nur. Ach hätte ich doch den „Mumm“/das Durchhaltevermögen gehabt, in meinem Traumberuf zu arbeiten! Ach hätte ich doch früher angefangen, mich ums Kinderkriegen zu kümmern. Und noch mehr; eben auch: Ach hätte ich nur früher begriffen, dass ich keine Kontrolle mehr über den Alkohol habe.

    Habe aber neulich festgestellt, dass ich so langsam der Stimme Glauben schenken kann, die mir sagt: Es konnte nur so sein, wie es war.

    Und wie hier andere auch schon schrieben: Im Hier und Heute kann ich gute Entscheidungen treffen. Ich lebe jetzt.

    Aber du siehst, ich kenne ähnliche Gedanken, wie die, die du aufgeschrieben hast, von mir auch, und nur langsam hat sich daran etwas verändert und ändert sich noch.

    Viele Grüße allerseits.
    Camina

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