Alkoholismus & Lockdown

  • Ich habe schon ein paar mal darüber nachgedacht, wie mein Trinkalltag wohl ausgesehen hätte in der aktuellen Situation. Eigentlich immer dann, wenn ich Artikel gelesen habe, wie den der hier verlinkt ist.

    Ich hätte wahrscheinlich Probleme mit meiner ausgefeilten Be- und Entsorgungslogistik bekommen, die bei mir ja komplett heimlich von statten ging. Wahrscheinlich, das kann ich mir gut vorstellen, wäre das wohl ein guter Grund für mich gewesen, auf harte Sachen umzusteigen. Weil's dann bei gleicher Wirkung einfach weniger Flaschen braucht und ich mit der gleichen Anzahl an Flaschen "weiter" gekommen wäre.

    Diese Gedanken hatte ich bereits in der Endphase meiner Trinkzeit, aber irgendwie hatte ich davor dann doch einen großen Respekt, weil mir klar war, dass da dann noch schneller steigern werde und somit noch mehr reinen Alkohol zu mir nehmen werde. So blieb es, bis auf ganz wenige "Notsituationen", bis zum Schluss immer bei Bier und Wein bei mir.

    Und immer wenn ich darüber nachdenke, erfüllt mich ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung und der Dankbarkeit, dass ich diese Sucht überwinden durfte und das alles nur rückblickende Gedanken sind.

    LG
    Gerchla


  • Und immer wenn ich darüber nachdenke, erfüllt mich ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung und der Dankbarkeit, dass ich diese Sucht überwinden durfte und das alles nur rückblickende Gedanken sind.

    Ganz genau solche Gedanken hatte ich auch! Wie könnte ich unauffällig meinen nötigen Alkohol besorgen...

    Wie gut, dass diese Zeiten lange hinter mir liegen! Auch ich bin immer noch erleichert und dankbar,
    es geschafft zu haben, aus dieser Alkoholspirale auszusteigen!

    Und ich will anderen Mut machen, das Leben ohne Alkohol ist viel besser zu bewältigen!

    Elly

    Das Leben ist nicht immer einfach, aber eindeutig einfacher ohne Alkohol zu bewältigen!

  • Diese Gedanken hatte ich auch schon...Logistisch gesehen wäre es eine unglaubliche Herausforderung gewesen,wahrscheinlich gar nicht verstellbar. Aber auch sonst wäre die ganze Situation dermassen ausgeartet, ich will mir das gar nicht vorstellen...Da gibt es ja kein Halten mehr, keine Gründe sich irgendwie im Zaum zu halten! Ja...wäre ich heute nicht abstinent dann wäre 2020 ein verflucht schlimmes Absturz-Jahr gewesen. Auch ich empfinde so viel Dankbarkeit

  • Ach, interessant. Ich hatte gerade überlegt ein ähnliches Thema zu starten und jetzt ist hier schon eines. :)

    Dies ist sicher ein denkwürdiges Jahr. Ich bin jetzt seit Anfang Januar abstinent und gehe also gerade erst auf mein erstes volles Jahr zu. Und das seit März komplett im Home-Office. Ich habe früher nie tagsüber getrunken, aber immer direkt ab Feierabend. Daher kann ich mir auch gut vorstellen, dass ich im HomeOffice, wenn es keiner sieht, den Trink-Beginn irgendwann vorverlegt hätte, sobald der Feierabend "in Sichtweite" ist. Und dann, wer weiß.. Von daher bin ich auch sehr froh, vielleicht noch gerade rechtzeitig den Absprung geschafft zu haben.

    Ob widerum die Corona-Situation für das erste Jahr Abstinenz hilfreich oder hinderlich ist, ist mir noch nicht ganz klar. Anfangs, so im März/April, war ich sicher frustriert, dass therapeutische Hilfsangebote und Selbsthilfegruppen nicht möglich waren, oder nur ein Not-Programm, und da habe ich mich doch bisweilen recht alleine gelassen gefühlt (ein Hoch auf dieses Forum und seine "Bewohner", nochmals extra wertvoll in dieser Zeit).

    Auch wird man ja "normalerweise" im ersten Jahr mit so ziemlich allen Situationen konfrontiert, die vorher mit Alkohol verbunden waren und man durch diese jetzt ohne muss. Geburtstage, Hochzeiten, Essen/Trinken gehen mit den Kollegen, in Urlaub fahren, Freunde treffen mit denen man gerne und viel getrunken hat, Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt... Da habe ich bisweilen das Gefühl, dass mir diese Erfahrungen (ohne Alkohol) eben noch komplett fehlen. Andererseits hat man in der etwas geschützten Corona-Blase auch nicht diesen Stress und das ist ja wieder etwas Gutes.

    OK, das ja eine eher philosophische Frage, was wäre wenn. Aber interessieren würde mich schon, wie andere Mitstreiter diese Zeit erleben.

    Gruß,
    Spaziergänger

  • Zitat

    Und immer wenn ich darüber nachdenke, erfüllt mich ein unglaubliches Gefühl der Erleichterung und der Dankbarkeit, dass ich diese Sucht überwinden durfte und das alles nur rückblickende Gedanken sind.

    Wieder einmal ein Satz, den ich bedenkenlos unterschreiben kann!

    Auch wenn ich während des Lockdowns keine Probleme mit dem Nachschub bekommen hätte, da ja die Lebensmittel-Geschäfte und die Geschäfte für die "Waren des täglichen Bedarfs" weiterhin geöffnet sind ...
    Wenn der Alkoholverkauf wie in Skandinavien ausgelagert wäre, dann wären die Probleme wohl etwas heftiger ...

    Aber: "Wäre, wäre, Fahradkette" - alles nur Spekulatius und Gedankenspielerei. Zum Glück!

    Übrigens hatte/habe ich solche Gedanken nicht erst jetzt, zu Corona-Zeiten, sondern schon früher des Öfteren. Ich meine diese Gedanken der Erleichterung und Dankbarkeit, nicht mehr Saufen zu müssen.
    Immer wieder kommt es mir in den Sinn "Früher hättest Du Dir in so einer Situation die Kante gegeben ... und heute klärst Du das ruckzuck bzw. mit klarem Kopf 44."
    So eine Art "innere Selbstbestätigung", eine Selbstbelobigung. Selbstmotivation.

    Denn selbst in verfahrenen, beschissenen Situationen behalte ich einen (mehr oder weniger) klaren Kopf und kann eine Lösung suchen und meist zügig herbeiführen. Das hätte früher, wenn es überhaupt geklappt hätte, wesentlich länger gedauert und wäre viel kräftezehrender und "verlustreicher" gewesen.

    Erwartet nicht, dass Andere Euch auf dafür die Schulter klopfen, dass Ihr mit dem Trinken/Saufen aufgehört habt.
    Aber Ihr dürft stolz auf Euch selbst sein - und Euch daher auch ab und an mal Eure Erfolge, das bisher Erreichte vor Augen führen und Euch darüber freuen!

    Und wenn hier Jemand schreibt: "Ich bin ja erst 26 Tage trocken ..." (nur ein fiktives Beispiel!!) dann denke ich daran, dass es für mich eine Zeit gab, da war es mir unmöglich, 3 Tage am Stück ohne Alkohol sein :-\ Und wie sehr ich mich gefreut habe, meinen ersten Monat geschafft zu haben ...
    Jede Weltreise fängt mit einem ersten Schritt an.

    Ich glaube, jetzt bin ich etwas vom Thema abgeschweift ... Sorry, vielleicht macht sich das Alter bemerkbar ::)

    Ich wünsche Allen eine (trotz allem) schöne Weihnachtszeit!

    Gruß wikende091
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Daher kann ich mir auch gut vorstellen, dass ich im HomeOffice, wenn es keiner sieht, den Trink-Beginn irgendwann vorverlegt hätte, sobald der Feierabend "in Sichtweite" ist. Und dann, wer weiß.. Von daher bin ich auch sehr froh, vielleicht noch gerade rechtzeitig den Absprung geschafft zu haben.


    Auch wird man ja "normalerweise" im ersten Jahr mit so ziemlich allen Situationen konfrontiert, die vorher mit Alkohol verbunden waren und man durch diese jetzt ohne muss. Geburtstage, Hochzeiten, Essen/Trinken gehen mit den Kollegen, in Urlaub fahren, Freunde treffen mit denen man gerne und viel getrunken hat, Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt... Da habe ich bisweilen das Gefühl, dass mir diese Erfahrungen (ohne Alkohol) eben noch komplett fehlen. Andererseits hat man in der etwas geschützten Corona-Blase auch nicht diesen Stress und das ist ja wieder etwas Gutes.

    OK, das ja eine eher philosophische Frage, was wäre wenn. Aber interessieren würde mich schon, wie andere Mitstreiter diese Zeit erleben.

    Ja, das ist schon arg spekulativ. Du hast jedoch wichtige Aspekte zutreffend benannt.

    Und für Herrschaften, die wegen des Lockdowns finanziell abschmierten, ist es sicherlich nochmal erheblich herausfordernder und schwieriger.

    Ansonsten empfinde ich den wiederholten Lockdown als massive Einschränkung meiner persönlichen Lebensqualität. Aber ich kann es ebenso wenig ändern wie die gestern veröffentlichte Impfstrategie. Aber was soll's, ich werde es so nehmen müssen wie es kommt.

    Alles kein Grund, um zur Flasche zu greifen, die nach wie vor keine Alternative für mich ist.

    Apropos: Stoff gibt es entgegen einer hier geäußerten Meinung doch mehr als reichlich zu kaufen. Super- und Getränkemärkte sind geöffnet, ebenso Tankstellen und Kioske. Wer sich geniert, fährt halt ein paar km und deckt sich anonym ein. Wo ein Wille, da ein Weg. Und ein Alki mit Saufdruck findet immer Mittel und Wege, sich einzudecken und an die Flasche zu kommen.

    Gruß
    Rekonvaleszent


  • Und für Herrschaften, die wegen des Lockdowns finanziell abschmierten, ist es sicherlich nochmal erheblich herausfordernder und schwieriger.

    Oh, ja. Das ist sicher hart, dazu noch Langeweile und Frust...

    Auch Einsamkeit einfach. Gestern Nacht beim Spazieren gehen wurde ich z.B. von einem Fremden angesprochen, der mich gebeten hat, dass ich mich etwas mit ihm unterhalte. Er drehe durch ohne Sozialkontakte, nur Zoom-Meetings. Und die Familie habe ihn gerade Weihnachten ausgeladen wg. Corona. Das hat ihn ziemlich getroffen. Selbst habe er tagsüber versucht, eine Frau zu trösten, die weinend vor dem Supermarkt stand, weil alles so schrecklich ist.

    Tja, hart für manche. Ich selbst bin zum Glück völlig unsensibel und ziemlich froh, die meisten Leute nur noch in Zoom-Meetings sehen zu müssen. :)

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