ZitatMan kann dieses "Verlangen" durch diesen Stoff auch wieder verlernen. Nämlich durch andere Formen von "Befriedigung". Natur, Lesen, gutes Essen etc. Sehe ich genauso.
Also, wenn Du das jetzt so meinst, dass man das Verlangen, also den Wunsch Alkohol trinken zu wollen um eben ein bestimmtes Gefühl zu haben oder einen bestimmten Zustand zu erreichen, durch andere Formen von Befriedigung überwinden kann, dann bin ich bei Dir. Und das ist ja genau das, was Alkoholiker u. a. auch lernen, wenn sie sich z. B. in eine Therapie begeben. Wobei es nicht immer so einfach ist, dass man sich einfach mal ein nettes Hobby sucht um dann seinem Leben ohne Alkohol einen Sinn zu geben. I. d. R. steckt so eine Sucht sehr tief und hat oft mehrere Ursachen. Was noch dazu kommt ist, dass Süchtige häufig im Laufe ihrer Sucht (besonders wenn diese lange angedauert hat) einiges an Erfahrungen und auch Schuld auf sich geladen haben. Oft schleppen Alkoholiker einen Haufen von (alkoholbedingten) Altlasten mit sich herum.
Auch hier muss man erst mal lernen, wie man damit umgeht. Denn am einfachsten ist es ja immer, diese ganzen Gedanken / Schuldgefühle / Probleme / etc. einfach wegzusaufen. Wenn man so will, hatte ich unmittelbar nach meinem Ausstieg zum ersten und einzige Mal einen richtigen Grund zum Saufen. Ich stand nämlich vor den Trümmern meines Lebens, verursacht durch die Sucht und war plötzlich nüchtern und hab' das alles so richtig live mitbekommmen. Da war jetzt ein wenig Ironie dabei, denn einen wirklichen Grund zum Saufen gibt es nicht. Schon gar nicht, wenn man suchtig ist oder in Gefahr ist es zu werden.
Wenn Du mit dem "Verlernen des Verlangens" jedoch meinen solltest, dass man als Süchtiger irgendwann mal wieder Alkohol trinken kann, wenn man sich nur genug anderweitige Ablenkung, Befriedigung, etc. geschaffen hat, dann irrst Du leider. Denn dann passiert genau das, was einigen langzeittrockenen Alkoholikern leider tatsächlich passiert: Sie werden auch nach zig Jahren ohne Alkohol rückfällig. Und zwar nicht in der Form, dass sie dann einmal die Woche ein Glas guten Weines trinken sondern in der Form, dass sie innerhalb kurzer Zeit wieder da sind wo sie einmal aufgehört haben. Wir haben einige Beispiele hier im Forum. Hier sind auch Menschen, die nach über 20 Jahren wieder mit dem Trinken begannen und erst mal nicht mehr zurück zur Abstinenz finden konnten. Ich habe mehrere Menschen mit solchen Erfahrungen schon gefragt, warum sie denn nach so langer Zeit meinten, sie könnten oder müssten mal wieder was trinken. Die Antwort war eigentlich immer, dass sie dachten, dass sie nach so langer Zeit doch bestimmt mal wieder was trinken könnten. Einer sagte mir, er zweifelte plötzlich (nach über 10 Jahren ohne Alkohol) daran, dass er wirklich Alkoholiker sei und meinte, er hätte vielleicht ja doch "nur" Missbrauch betrieben. Tja, waren auch welche dabei, die es dann erst mal ein paar Wochen geschafft haben, ganz normal und moderat zu trinken. Was dann aber wiederum ihre Meinung bestärkte die Sucht wäre überwunden und was dann wiederum dazu führte, dass sich die Menge steigerte. Und ehe sie sich versahen, war alles wieder so wie vorher und bei tatsächlich allen die ich sprach, im Anschluss noch schlimmer als vorher. Und der erneute Ausstieg (alle die ich sprach sind heute trocken) war keinesfalls einfacher als beim ersten Mal.
Es ist einfach so, wie es die Suchtmediziner eben auch sagen: Einmal süchtig, immer süchtig. Bist Du süchtig geht es darum, ein Leben ohne Alkohol zu erlernen. Und zwar ein Leben, dass einem dann auch lebenswert erscheint, denn das ist für Alkoholiker ohne Alkohol oft nicht vorstellbar. Darüber hinaus gilt es noch einen ganzen Packen anderer, meist psychischer Probleme und auch Verhaltensmuster aufzuarbeiten um dann eben genau das zu erreichen, was Du geschrieben hast: nämlich den Wegfall des Verlangens nach Alkohol.
LG
gerchla