Hi, Joe!
Zunächst einmal: Ich habe großen Respekt davor, dass Du die Entscheidung getroffen hast, Dich aus der Abhängigkeit zum Suchtmittel Alkohol zu befreien. Ebenso davor, dass Du nun schon 3 Monate trocken bist 44.
Aber: Als jemand, der nun schon einige JAHRE trocken ist - mit allen Höhen und Tiefen - und der sich ebenfalls schon einige Jahre in der Selbsthilfe engagiert (wie Dietmar schon richtig schrieb, habe ich in dieser Zeit diverse Schicksale kennengelernt), habe ich sehr wohl gelernt, dass jeder seinen eigenen Weg gehen muss. Und dieser ist nicht immer gleich dem meinen.
Dein Auftreten hier mit einer 3monatigen Abstinenz erinnert mich stark an den Erstklässler, der nach dem ersten Schultag nach Hause kommt und zu seinen Eltern sagt: "Die Lehrer sind ja sooo doof - ständig müssen die mich fragen, wie etwas geschrieben oder gerechnet wird ..."
Ist vielleicht etwas überzeichnet, aber bei MIR kommt Dein Geschreibe sehr nixweiss0 an. Demut vor der Sucht heisst z.Bsp. für mich: Respekt, gepaart mit Bescheidenheit.
Ich habe mich mit ihr angelegt - und verloren. Also versuche ich ihr aus dem Weg zu gehen, einen Kampf zu vermeiden.
Wie oft habe ich mit Leuten gesprochen oder von ihnen u.a. hier gelesen, die sich gesagt oder gefragt haben: "Stimmt das überhaupt, was die Anderen immer labern? Was soll mir schon ein Glas schaden, schließlich bin ich ja nun schon 3 Monate/ein Jahr/xy trocken? Und außerdem - schließlich bin ich der Größte!"
Merkwürdigerweise sind 99% von denen auf die Schnauze gefallen - genau wie ich damals.
Du hast, genau wie viele Andere, recht: Wir müssen uns nicht in Sack und Asche kleiden und uns tagtäglich selbst geisseln, nur weil wir Alkoholiker sind. Schließlich haben wir etwas gegen unsere Sucht unternommen. Aber wir sind auch nichts Besseres als andere. Genauso, wie ein Krebskranker ständig zu Nachuntersuchungen muss, weil der Krebs eine heimtückische Krankheit ist und jederzeit zurückkehren kann, genauso müssen wir wachsam sein, auf uns selbst achten. Denn ein Rückfall beruht meist auf mangelnder Selbstachtung: wieder zuviel Arbeit aufgebürdet, Grenzen überschritten - obwohl man nicht bereit dafür ist, sich unnötig in Gefahr begeben, nicht für sich selbst gesorgt, in brenzligen Situationen keine Hilfe gesucht/angenommen ... das Thema "Sucht" aus den Augen, dem Sinn verloren.
Kennst Du das Sprichwort: "Hochmut kommt vor dem Fall"?