Aufhören aus eigener Kraft

  • Hallo, ihr alle,

    so, ich mache mich nun auf den Weg, mit dem Alkohol aufzuhören. Es reicht einfach und schränkt meine Lebensqualität ein!
    Mir würde man nie ansehen, dass ich täglich (nur abends, ich kann sonst nicht einschlafen) 1-2 Flaschen Wein trinke. Kein Mensch käme auf die Idee, dass ich das tue...
    Ich bin 40 und trinke seit ca. 10 Jahren mit steigender Menge. Anfangs waren es mal zwei Bier am Abend, mittlerweile merke ich erst nach 11/2 Litern eine "schlaffördernde" Wirkung. Tagsüber bin ich völlig nüchtern und habe auch keinerlei Bedürftnis, etwas zu trinken. Und gegen Abend habe ich auch keine Entzugserscheinungen, es ist eher die Sorge, nicht schlafen zu können und am nächsten Tag nicht fit zu sein und das schöne Gefühl, wenn der Alkohol wirkt und ich "runterkomme"...

    Nun zu meinem Anliegen: Ich kann und möchte unter keinen Umständen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Das liegt unter anderem an meiner Krankenkasse, zum anderen aber vor allem daran, dass mich in der Umgebung seeeehr viele Leute kennen und wirklich NIEMAND von meinem Problem erfahren darf, nicht mal Freunde.
    Jaaaaaa, ich weiß: die Wahrscheinlichkeit, dass das funktioniert, ist waghalsig, aber für mich gibt es zur Zeit nur diesen Weg, zumindest muss ich es erst aus eigener Kraft versuchen (kaum zu glauben, aber ich habe lange selbst im Suchthilfebereich gearbeitet.....).

    Wer von euch hat es aus eigener Kraft geschafft, den Alkoholkonsum langfristig zu vermeiden/ihn drastisch zu reduzieren und nur noch ein akzeptables Maß zu konsumieren?
    Welche Unterstützung in Form von Literatur / Foren /etc....hat euch dabei geholfen?

    Herzlichen Dank für eure Rückmeldungen,
    Mathilde

  • Hallo Mathilde,

    schön, dass Du den Weg hierher gefunden hast!
    Noch besser, dass Du etwas gegen Deine Sucht tun möchtest.

    Um Deinen Konsum greifbar zu machen, folgende Fakten:
    Bei 2 Liter Wein in ca. 3-4 Std. am Abend hast Du, (geschätzt 175cm-70kg), 3‰.
    Aufgrund Deiner hohen Toleranzbildung gehe ich davon aus, dass Du ca. 0,15‰/Std. abbaust.
    D. h. Du wärst nach ca. 20 Std. wieder auf Null, bzw. nüchtern.
    Soviel zu „tagsüber völlig nüchtern“.

    Du fragst, wie Du ärztlichen Beistand und wahrscheinlich auch alle anderen Hilfsangebote, die Dir helfen würden Deine Sucht beständig zum Stillstand bringen zu können, „umgehen“ kannst.
    Und damit steckst Du in einem m. E. unlösbaren Dilemma – es sei denn, Du würdest zu den sehr wenigen Alkoholiker gehören, die ohne jegliche Hilfe von außen von heute auf morgen mit dem Trinken aufgehört haben und fortan nie wieder Alkohol konsumiert haben.

    In der Regel verhält es sich leider so: Anfangs, wenn Betroffene immer offensichtlicher feststellen, dass Alkohol ein Problem in ihrem Leben ist, versuchen sie mit allen Tricks und Täuschungen eine „Enttarnung“ ihrer Sucht zu umgehen.
    Gar nicht so selten gelingt es auch einigen eine gewissen Zeit völlig abstinent zu leben. Meist kehren sie aber dann schnell wieder zum alten Trinkverhalten zurück. Von Versuch zu Versuch steigert sich dann sowohl die Menge, als auch die Abstürze. Ein gesamter Abstieg der Lebensqualität, sowohl im sozialen, finanziellen als auch im arbeitsrechtlichen Bereich ist die hohe Wahrscheinlichkeit.
    Dadurch vergeht wertvolle Zeit. Ihre Lebenszeit.
    Und, es wird dadurch massiv ihre Gesundheit geschädigt. Nicht so selten sogar irreparabel.

    Bestimmt gibt es hier auch Betroffene, die von heute auf morgen gesagt haben „der Alkohol tut mir nicht gut, bringt mir nichts – ich höre jetzt einfach damit auf.“
    Die können Dir sicher aus ihrer Erfahrung berichten und Du kannst Dir dann raussuchen, ob davon etwas bei Dir hilft.

  • Hallo Dietmar,

    herzlichen Dank erstmal für Deine freundliche, unvoreingenommene Antwort!
    Mir ist völlig klar, dass der Ausstieg ohne Hilfe extrem schwierig und absolut nicht empfehlenswert ist...
    Aber ich muss und will es vorerst auf diese Weise versuchen und glaube fest daran, dass ich die mentale Stärke entwickeln kann, das auch zu schaffen und zu halten. Wenn das auf Dauer nicht gelingen sollte, werde ich keine andere Wahl haben, weitere Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn auf diese Weise möchte ich auf Dauer eben nicht weiterleben und die gravierenden gesundheitlichen Folgen sind mir mehr als bekannt und besorgen mich sehr.

    Aber jetzt muss ich es erstmal auf eigene Faust versuchen.
    Im Internet bin ich u.a. auf "lavario.de" gestossen, die bieten ein onlineProgramm für Aussteiger. Allerdings finde ich auf deren Internetseite keine nennenswerten Referenzen und bin skeptisch.
    Vielleicht hat jemand Erfahrung damit oder gute Erfahrungen mit ähnlichen Programmen gemacht?

    Lieben Dank,
    Mathilde

  • Hallo Mathilde, toll das Du für Dich Entschieden hast, dass Du ein Alkoholproblem hast.
    Das ist ein großer Schritt für Dich.
    Ich hätte es ohne Hilfe nicht geschafft, denn alleine wäre ich diesen Schritt nicht gegangen Für mich war wichtig eine Zeit lang in einer Käseglocke zu sein, um Abstand zu bekommen.
    In unserer Gruppe ist auch jemand, der oder die, auch Niemand erfahren soll das die Person ein Alkoholproblem hat.
    Ich habe auch die Gründe verstanden. Die Person ist in eine andere Stadt zur Suchtberatung gegangen.
    Auch unsere Gruppe ist nicht in der Nähe. Ich weiß nicht ob das eine Option für Dich wäre?
    Das mit der Krankenkasse verstehe ich nicht, muss es aber nicht, Du hast bestimmt Deine Gründe.
    Die Menge Alkohol die Du konsumierst ist nicht ohne.
    Auch wenn Du unter Tage keinen Entzugserscheinungen hast, eine Psychische Abhängigkeit ist immer vorhanden.
    Vielleicht kannst Du wenigsten zu einer Selbsthilfegruppe gehen, dort sind Menschen die die Krankheit selbst haben.
    Man kann von anderen Betroffenen lernen, nicht alles was besprochen wird hilft, aber oft ist ein Satz dabei der Dich weiter bringt.
    Was in der Gruppe gesprochen wird bleibt im Raum, es gilt eine Schweigepflicht.
    Wir hatten auch Besucher die schon lange dabei sind, aber gebeten haben, dass außerhalb der Gruppe sie nicht ansprechen soll.
    Du kannst Dir eine Gruppe suchen, vom Deinen Wohnort weit entfernt.
    Ich wünsche Dir für Dein Vorhaben viel Glück und Kraft!

    Das Leben leben ohne Alkohol und Medikamente!

  • Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hier im Forum!

    Da ich selbst es vor einigen Jahren nicht OHNE, sondern nur MIT Hilfe endlich geschafft habe, vom Alkohol wegzukommen, glaube ich nicht mehr an die Mär von Baron Münchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf zog.
    Ich kann Dir also nichts sagen, was Du hören möchtest.

    Trotzdem wünsche ich Dir viel Erfolg!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Mathilde,

    mein Trinkverhalten war deinem sehr ähnlich. Tagsüber trank ich mit Ausnahme der Wochenenden nichts und abends -wobei dieser schleichend immer früher begann- bis zu 2 Flaschen Wein.

    Mein Ausstieg funktionierte ohne Suchtberatung, ärztliche Begleitung und Selbsthilfegruppe. Ich war allerdings bis in die Haarspitzen motiviert, weil ich aus einem vorangegangenen Rauchstopp erfahren hatte, dass die Lebensqualität nicht nur ein wenig, sondern enorm steigt, wenn der Ausstieg aus der Abhängigkeit gelungen ist.
    Dieses innere Wissen trug mich über die Tiefs hinweg, die beim Entzug auftraten. Wobei diese Tiefs beim Rauchstopp weitaus tiefer waren als beim anschließenden Ausstieg aus der Alkoholabhängigkeit. Doch da mir absolut klar war, dass ein Leben ohne Abhängigkeit ein absoluter Gewinn ist, kam ich bei beiden Suchtausstiegen nie in Gefahr, von meinem Weg abzuweichen. (Auch wenn ich zumindest beim Rauchstopp manchmal die Wände hätte hochgehen können.)

    Ich gehe davon aus, dass die klare Vorstellung vom Gewinn, den mir der Ausstieg bringen würde, das A und O meines Erfolgs war. Und ich war und bin absolut davon überzeugt, dass jeder Suchtmittelkonsum zumindest ab dem Augenblick, wo sich eine Abhängigkeit entwickelt hat, eine absolut nichtsnutzige Sache ist. Man konsumiert das Suchtmittel, um sich besser zu fühlen, und bekämpft in Wirklichkeit nur jene Entzugserscheinungen, die man ohne Suchtmittelkonsum niemals hätte.

    Mit dem Lavario-Programm hatte ich mich während des Ausstiegs auch vertraut gemacht. Die dort vermittelten Sofort-Tipps fand ich hilfreich. Der Rest war mir zu psychologisch. Für mich war nicht wichtig, aus welchen Gründen heraus ich trank. Diese Gründe haben sich in den 30 Trinkjahren vermutlich ohnehin verändert. Für mich war nur wichtig, klar zu sehen, was ich gewinne, wenn ich nicht mehr trinke.

    Den Gewinn spüre ich auch heute noch Tag für Tag. Dieses Erleben reicht mir aus, um nicht rückfällig zu werden.

    Dir alles Gute
    Bassmann

  • Hallo Bassmann,

    danke dir für deine Antwort und deinen Bericht, das hilft mir sehr!

    Ja, ich glaube, dass ich das schaffen kann, weil mir sehr, sehr viel Lebensqualität flöten gegangen ist. Auch gerade merke ich die innere Unruhe und tiegere in der Wohnung herum - aufräumen und putzen ist da gerade sehr hilfreich, aber ich merke durchaus, dass ich mich gerade auf wenig richtig konzentrieren kann. Normalerweise hätte ich jetzt schon mindestens zwei Gläser Wein getrunken...und ja, die Verlockung ist da, hier stehen auch zwei Flaschen vom besten Rotwein - aber ich werde sie nicht anrühren, und da ich gerade Urlaub habe, kann ich es mir erlauben, mir zur Not halt die Nacht um die Ohren zu schlagen. Das werde ich aushalten. Und wer weiß, vielleicht schlafe ich ja ohne Alkohol mal besonders gut. Wie sich das anfühlt, weiß ich nämlich gar nicht mehr...

    Ich bin recht sicher, dass die Gründe, aus denen ich trinke, nicht von gravierender Bedeutung sind und therapeutisch begleitet werden müssen. Anfangs war es nur ein gemütliches Runterkommen, zudem die Sorge, nicht schlafen zu können um den nächsten Arbeitsdienst ausgeschlafen zu packen. Daraus ist eine gefährliche Gewohnheit geworden, die ich durchaus auch sehr stark körperlich spüre. Meine Attraktivität geht flöten, ich habe recht gut zugenommen, die Haut wird fahler, ich sehe müder aus und bin leistungsschwächer...DAS WILL ICH NICHT!!!

    Ich frage mich nun, warum gehe ich bloß so schlecht mit mir um? Das haben weder Körper noch Seele verdient. Ich möchte gut zu mir sein und das ab sofort.
    Und ich freue mich auf die neue Lebensenergie, die sich wieder einstellen wird und das Gefühl, endlich wieder frei zu sein in meinen Entscheidungen.

    Der Alkohol ist ein alter, fahler Kettenhund.
    Ich nicht!

    Und darum werde ich das schaffen!
    Im Kalender kreuze ich heute den ersten alkoholfreien Tag an. Nächste Woche habe ich Geburtstag, das wird nochmal eine Herausforderung, nichts oder nur ein einziges Glas Sekt zu trinken...
    Aber letztendlich will ich entscheiden und nicht von irgendetwas gefangen sein, dass über mich entscheidet.
    Das mache ich mir jetzt jeden Tag klar.

    Ich werde berichten! Danke euch allen für eure Anteilnahme!
    Lieben Gruß,
    Mathilde

  • Hallo!

    Meinst Du, es bleibt auch bei dem "einen" Glas? Ich könnte es nicht. Da brechen bei mir gleich die Dämme.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Ach, ich weiß noch nicht, wie das hier mit den Zitaten funktioniert...

    Hm, da zweifel ich an mir selbst, dass ich nach einem Glas aufhöre...schlimm ist, dass mein Freund wahnsinnig viel Alkohol trinkt. Ganz selbstverständlich, jeden Tag, sehr gute, ausgewählte Weine zwar, niemals auch nur annähernd einen Absturz...da wird es besonders schwierig, der steht bestimmt mit Champagner vor mir nächste Woche. Also muss ich mit ihm reden. Ich denke sogar über Trennung nach, denn neben jemandem zu sein, der aus Genuß und purer Freude sehr sehr gerne trinkt, wird mir den Ausstieg nicht gerade leicht machen.
    Der Ausstieg ist aber lebenswichtig für mich, das ist mir klar.

    Keine Ahnung, wie ich das nun halte nächste Woche und was da die klügste - und was die dümmste - Version ist. Mir das Trinken an ausschließlich diesem Tag erlauben? Und wieviel? Reduziert oder einfach drauf los? Oder es auch da strikt und konsequent bleiben lassen?
    Die gesellschaftlichen Vorzüge des Alkohols sind sehr verlockend, keine Frage.
    Und jeder Alkoholiker, der mehrfach Entzüge hinter sich hat, ob körperlicher oder psychischer Natur, wird jetzt wohl innerlich über meine Gedanke schmunzeln und denken "Mädchen, so klappt das ja mal gaaaaar nicht....".

    Aber diese Gedanken sind nun eben gerade da und ich will sie nicht vorenthalten, da ich dieses Forum eben dazu nutzen möchte, mich wirklich offen und ungeschönt mitzuteilen.

    Danke für´s Zulesen.

    LG, Mathilde


  • Keine Ahnung, wie ich das nun halte nächste Woche und was da die klügste - und was die dümmste - Version ist. Mir das Trinken an ausschließlich diesem Tag erlauben? Und wieviel? Reduziert oder einfach drauf los? Oder es auch da strikt und konsequent bleiben lassen?


    Was du dir für Fragen stellst, Mathilde.

    Willst du nicht erst einmal in Erfahrung bringen, welchen Gewinn ein Leben ohne Sucht mit sich bringt, bevor du dich mit den gesellschaftlichen Vorzügen des Alkoholtrinkens beschäftigst?

    Als ich mit meiner ersten Sucht, dem Rauchen aufhörte, dachte ich zunächst, dass ich etwas Schönes aufgebe. Ich tat es trotzdem, weil ich den Suchtzwang nicht mehr aushielt. Aber im Hinterkopf war irgendwo noch abgespeichert, dass Rauchen toll ist. Es brauchte seine Zeit, bis in mir wirklich ankam, dass dieses Schöne/Tolle nichts als Einbildung bzw. eine Projektion der Sucht war.
    Deshalb mein Rat: Gib dir die Zeit und Chance, die Freiheit von Sucht zu erfahren, indem du einfach mal konsequent den Alkohol meidest. Vielleicht bleibt ja dann von den gesellschaftlichen Vorzügen des Alkohols nichts mehr übrig, so dass sich in Zukunft für dich die Frage erübrigt, ob du nun wenig, einfach drauf los oder gar nichts trinkst.
    Und sollte die Frage bestehen bleiben, kannst du ja immer noch zu einem späteren Zeitpunkt darüber nachdenken.

    Gruß
    Bassmann

  • Erste Nacht seit Ewigkeiten ohne Alkohol!

    Nun gut, ich muss dazu gestehen, ich war gestern Abend noch recht unruhig und hibbelig und habe eine halbe Schlaftablette ( die erste und letzte meines Lebens, denn ich möchte mein Alkohol- nicht gegen ein Tablettenproblem eintauschen) genommen.
    Durchgeschlafen, endlich mal wieder (sonst bin ich immer gegen zwei aufgewacht und hab nochmal Wein nachgekippt, um wieder einschlafen zu können...).
    Und ich bin völlig ausgeschlafen, kein Überhang und habe endlich wieder einen Anflug von Energie!

    Gehe jetzt zum Sport.

    Ich bin mir sicher, dass es sehr viele schwierige Situationen geben wird, in denen ich Unterstützung brauche - und ich hoffe, dass ich es ausschließlich mit der Unterstützung und den Erfahrungen in diesem Forum schaffen kann.
    Ich werde gut mit mir umgehen!

    Danke euch allen,
    Mathilde

    Danke euch allen

  • Hallo Mathilde

    Zitat

    (sonst bin ich immer gegen zwei aufgewacht und hab nochmal Wein nachgekippt, um wieder einschlafen zu können...).


    Da vermute ich, dass du schon tiefer drin steckst als angenommen.
    Nicht schlafen können ohne Alk ist ab einem gewissen Punkt normal, das ist schon eine kleine Form von Entzugserscheinungen.
    Wenn du einige Tage ohne Alk überstehst, werden deine Schlafstörungen deutlich zurückgehen.
    Hast du keinen Arzt deines Vertrauens, mit dem du das mal besprechen kannst?

    LG Gerd

  • Hallo Gerd,

    danke dir für deine Antwort.
    Ja, mir ist klar, dass ich natürlich schon Entzugserscheinungen habe: die Unruhe gestern Abend, wenn ich mal nichts trinke und die Tatsache, dass ich zum Einschlafen nachkippe. Trotzdem kann/möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen und einen Hausarzt habe ich gar nicht erst (bin sonst völlig gesund und gehe nie zum Arzt).
    Es muss also jetz anders funktionieren und ich glaube, zumindest im Moment, an meine Willenskraft und genug leidensdruck ist mehr als genug da.

    Erstaunlich fand ich übrigens, dass ich vor einigen Jahren mal Freunde in´s Vertrauen gezogen habe und ihnen gesagt habe, dass ich ein echtes Alkoholproblem habe.
    Die Reaktionen waren durchweg niederschmetternd:
    "Ach, so ein Blödsinn, das ist doch keine Alkoholsucht!"
    "Das kann man doch jetzt echt nicht Alkoholproblem nennen..."
    "So ein Quatsch, du übertreibst doch..."

    Habt ihr solche Reaktionen im Freundeskreis auch schon erlebt? Erstaunlich und beängstigend, wie sehr diese Drog gesellschaftlich akzeptiert und verharmlost wird...

    Grüße,
    Mathilde

  • Zitat

    an meine Willenskraft und genug leidensdruck ist mehr als genug da


    Schon mal gute Voraussetzungen, dazu gehört auch das Akzeptieren, dass du an einer Krankheit leidest, wie viele Millionen andere auch.
    Was mache ich, wenn ich Diabetes habe? Ich lebe danach.
    Was mache ich, wenn ich alkoholabhängig bin? ..."""...
    Schönen trockenen und entspannten Tag Gerd


  • Erstaunlich fand ich übrigens, dass ich vor einigen Jahren mal Freunde in´s Vertrauen gezogen habe und ihnen gesagt habe, dass ich ein echtes Alkoholproblem habe.
    Die Reaktionen waren durchweg niederschmetternd:
    "Ach, so ein Blödsinn, das ist doch keine Alkoholsucht!"
    "Das kann man doch jetzt echt nicht Alkoholproblem nennen..."
    "So ein Quatsch, du übertreibst doch..."

    Finde ich gar nicht erstaunlich - vielleicht wollten sie nur von sich selbst ablenken!?!
    Oder Du hast Dich bei Treffen mit Deinen Leuten zurückgehalten - und danach zu Hause ordentlich aufgefüllt? So war es jedenfalls oft bei mir.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Mathilde,

    ich war langjähriger Heimlichtrinker. Zum Ende hin waren es Mengen, die man mit gesundem Menschenverstand betrachtet eigentlich gar nicht mehr geheim halten kann. Bei mir funktionierte es scheinbar trotzdem.

    Ich kenne also Deine Situation jetzt sehr gut. Keiner glaubt, dass man Trinker ist, das man Alkoholiker ist.

    Deshalb habe ich in meiner langjährigen Karriere auch mehrmals versucht heimlich aufzuhören. Also folgende Logik: Heimlich getrunken = auch heimlich aufhören und keiner wird je etwas davon erfahren. Die Welt ist schön und alles ist wieder gut!

    Leider bin ich immer gescheitert. Es wurden immer Trinkpausen, nie eine dauerhafte Abstinenz. Die längste Trinkpause war deutlich länger als ein halbes Jahr. Es genügte ein Biermischgetränk und ich war dann ganz schnell wieder da wo ich vorher war und ganz schnell auch auf höherem Niveau.

    Als ich es dann letztlich doch geschafft habe, hatte ich auch, ähnlich wie Bassmann es von sich schreibt, die allerhöchste Motivation und den unumstößlichen Willen nie mehr zu trinken. Und weil dieser Willen so groß war und mir die Bedeutung meines zukünftigen Lebens ohne Alkohol so bewusst und so wichtig war, hätte ich jede Hilfe der Welt angenommen. Und mich auch sofort nach allen mir unmittelbar möglichen Hilfsangeboten umgesehen.

    Das Ergebnis war, dass ich zur SHG ging (mittlerweile mache ich das aber schon lange nicht mehr), dass ich zum Arzt ging und mir einen Psychologen gesucht habe. Und darüber hinaus habe ich mich geaoutet, überall dort wo ich es für sinnvoll hielt. Also bei meiner Familie und bei meinen engen Freunden (welche mir dann auch sehr geholfen haben).

    Dadurch, so glaube ich, bin ich einer Langzeit- oder auch amulanten Therapie "entronnen" und konnte quasi fast alleine trocken werden. Ich empfinde das so. Ganz alleine, also nur mit mir selbst, hätte ich es ganz sicher nicht geschafft. Da war die Sucht viel zu stark und ich hatte ja so viele Versuche unternommen.

    Aber vielleicht ist es bei Dir ja anders. Ich wünsche es Dir!

    LG
    gerchla

  • Hallo!

    Ich bin skeptisch, was deine Heimlichtuerei anbelangt.

    Meine bisherige Erfahrung lautet: Alle, die nicht rückhaltlos und offen zu ihrer Krankheit stehen, haben keine Chance. Sich klammheimlich aus der Sucht zu schleichen ist noch keinem gelungen, den ich kenne. Vielleicht bist Du ja die Erste, obwohl mir der Glaube daran fehlt.

    Was ich noch lese: Du machst einen kalten Entzug. Das ist gefährlich.

    Abschließend gebe ich noch unaufgefordert den Rat, dich mal mit Fachliteratur zu unserer Krankheit und zwar aus Patienten- und aus Therapeutensicht zu befassen.

    Gruß
    Rekonvaleszent

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