Es muss sich was ändern!

  • Hallo zusammen
    Ich bin weiblich, bald 57 Jahre alt und trinke zuviel. Seit ca. 8 Jahren trinke ich jeden Tag durchschnittlich eine Flasche Rotwein. Wenn ich den ganzen Tag arbeite, ist es manchmal "nur" eine halbe Flasche nach Feierabend, dafür, wenn ich frei habe oder ich in Gesellschaft bin, dann auch eine Flasche Sekt und eine Flasche Wein. Wirklich betrunken bin ich eigentlich nie, hatte auch noch nie einen "Filmriss" oder am Morgen einen riesen Kater. Auch habe ich noch nie bei der Arbeit gefehlt oder bei der Arbeit getrunken. Im Gegenteil, wenn wir mal bei einem Geburtstag mit einem Glas Sekt anstossen, fühle ich mich nicht sehr wohl, da meine Arbeit mir viel Konzentration abverlangt. Aber kaum bin ich Zuhause, greife ich als erstes zum Wein. Obwohl ich mir doch den ganzen Tag vorgenommen habe nichts zu trinken. Anfang diesen Jahres habe ich meine Hausärztin aufgesucht und ihr das Alkoholproblem geschildert. Meine Blut- und Leberwerte waren sehr gut. Ich habe mit ihr abgemacht, dass ich versuche, nur noch in Gesellschaft, aber nicht mehr alleine zu trinken, da mein Ziel nicht ist, gar nichts mehr zu trinken, sondern nur noch in Gesellschaft. Ob diese Idee gut war, weiss ich noch nicht. Bis vor ein paar Tagen habe ich es kaum geschafft. Es gab zwar schon ab und an einen Abend wo ich nichts getrunken habe. Jetzt hatte ich aber letzte Woche, ein hoffentlich einschneidendes Erlebnis. Da ich in meinen Füssen und Hüften grosse Schmerzen hatte, ging ich zu meinem Orthopäden, der mir schon vor 7 Jahren meine Knies operiert hatte. Er war sehr erschrocken, weil ich sehr zugenommen hatte. Ich muss noch erwähnen, dass ich vor 9 Jahren einen Magenbypass habe operieren lassen, da ich sehr übergewichtig war. Ich habe innert einem Jahr 60 Kilos abgenommen. Durch meine Trinkerei habe ich aber wieder 30 Kilos zugenommen. Auch kommen die Gelenkschmerzen davon. Ich habe dann auch dem Orthopäden erzählt, dass das vom Alkohol kommt. Da wurde mir wirklich bewusst, dass ich so meine Gesundheit sehr aufs Spiel setze. Und ich habe dem Arzt gesagt, dass ich bald wieder mit meiner Hausärztin deswegen einen Termin habe. Und jetzt habe ich "schon" 3 Tage nichts mehr getrunken. Ich habe keine Entzugssymptome, es geht mir gut, bin voll motiviert. Brauche aber ein Gerüst, das mich hält, wenn ich wieder zu fallen drohe. Deshalb bin ich auf dieses Forum gestossen und hoffe auf einen ehrlichen Gedankenaustausch.

  • Hallo und HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Ich bin auch Betroffener/Alkoholiker, Ü50 und seit ein paar Jahren trocken.

    Ich habe keine Entzugssymptome, es geht mir gut, bin voll motiviert. Brauche aber ein Gerüst, das mich hält, wenn ich wieder zu fallen drohe. Deshalb bin ich auf dieses Forum gestossen und hoffe auf einen ehrlichen Gedankenaustausch.

    Hier kann ich nur (aus eigener Erfahrung) raten, dass Du Dir vielleicht auch eine Selbsthilfegruppe in Deiner Umgebung suchst. Da hast Du Leute, die zum Einen dasselbe (Alkohol-)Problem wie Du haben und sich schon unterschiedliche Zeiten aus dem Teufelskreis gelöst haben bzw. sich daraus lösen wollen: mit und ohne Entgiftung, mit und ohne (ambulanter und/oder stationärer) Langzeittherapie ...
    In so einer SHG kann man unmittelbar seine Erfahrungen austauschen und - was ich am wichtigsten finde - wertvolle praktische und theoretische Tipps und unmittelbare psychische Unterstützung erhalten.

    Auf jeden Fall wünsche ich Dir und uns einen guten, fruchtbaren Austausch hier im Forum!
    Vielleicht schaust Du ja auch mal in unsere Linksammlung - da findest Du nützliche weiterführende Links.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Calendula,

    Vieles von dem, was du schreibst, erinnert mich an meine eigene Suchtzeit.

    Du schreibst von Motivation und triffst damit m.E. genau den Punkt, der über Erfolg oder Misserfolg des Suchtausstiegs entscheidet.
    Wenn es (dir) gelingt, die Anfangsmotivation aufrecht zu erhalten, entsteht m.E. das von dir gewünschte Gerüst. (Zumindest ein Teil davon.)

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mich sämtliche Ängste vor den durch Alkoholmissbrauch verursachten Krankheiten nicht vom Trinken abhalten konnten. Ebenso liefen alle guten Vorsätze, weniger zu trinken, stets ins Leere.
    Erst als ich bei einer anderen Sucht -dem Rauchen- spüren durfte, was für einen enormen Zuwachs an Lebensqualität die Beendigung einer Sucht -nicht sofort, aber früher oder später- nach sich zieht, konnte ich mit dem Trinken aufhören.

    Denn jetzt wusste ich nicht nur, was ich nicht mehr wollte, sondern was ich gewinnen und Tag für Tag spüren wollte und -vor allen Dingen- auch irgendwann spüren würde.

    Willkommen im Forum,

    Bassmann.

  • Vielen Dank für eure Nachrichten. Ich denke schon, dass es besser wäre in eine SHG zu gehen. Möchte es aber trotzdem erst mit der Hilfe meiner Hausärztin versuchen. Werde mich aber sicher mal über die Angebote informieren.
    Ich habe über dreissig Jahre sehr stark geraucht und vor gut 10 Jahren von einem Tag auf den anderen damit aufgehört. Und das fühlt sich total gut an. So sollte es doch auch mit dem Alkohol gehen!?
    Vorher kam übrigens meine Nachbarin mit einer Flasche Sekt vorbei und ich habe dankend abgelehnt. Bin auch ganz stolz darauf. Übrigens wissen eigentlich alle meine Freunde, Familie und Arbeitskollegen von meinem Problem. Ich gehe da sehr offen damit um. Nur fühle ich mich manchmal nicht so ganz ernst genommen, da die meisten finden, dass ich doch gar nicht soviel trinke, und das das doch gar nicht so schlimm sei. Aber vielleicht ist das auch nur die Hilflosigkeit oder sie sind damit überfordert.
    Ich wünsche euch noch einen wundervollen Sonntagabend und ihr könnt stolz auf euch sein, dass ihr es geschafft habt. 44.

  • Nur fühle ich mich manchmal nicht so ganz ernst genommen, da die meisten finden, dass ich doch gar nicht soviel trinke, und das das doch gar nicht so schlimm sei.

    So etwas habe ich nach meinem Outing auch oft gehört. Die Ursache dafür war ganz einfach: In Gesellschaft habe ich mich auch zurückgehalten ... aber wehe, ich war dann (endlich) zu Hause ???

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  • Guten Morgen Calendula,

    ich bin männlich, Mitte 40, Alkoholiker und ein paar Jahre trocken.

    Schön, dass Du etwas gegen Deine Alkoholsucht unternehmen willst!

    Zitat

    Wirklich betrunken bin ich eigentlich nie, hatte auch noch nie einen "Filmriss" oder am Morgen einen riesen Kater. Auch habe ich noch nie bei der Arbeit gefehlt oder bei der Arbeit getrunken.


    So sah das bei mir auch aus! Viele viele Jahre lang. In der Arbeit zu trinken wäre mir nicht in den Sinn gekommen, vormittags schon zu trinken wäre mir nicht in den Sinn gekommen, Geheimverstecke mit reichlich Alk anzulegen wäre mir nicht in den Sinn gekommen. Und überhaupt war mein Trinkniveau damals, viele lange Jahre, nur knapp über dem was offiziell noch als unbedenklich gilt. 2 Bier am Tag, das hatte ich sehr lange, auch mal 3, denn wieder nur 2, mal ein Tag ohne ging auch noch. Trotzdem war ich bereits abhängig! Das weiß ich heute. Ich war deshalb abhängig, weil sich meine Gedanken schon damals sehr häufig um Alkohol drehten. Immer wenn ich mal Pause machte, dachte ich, dass ein Bierchen jetzt schon schön wäre! Aber ich war noch stark genug es nicht zu trinken! Wenn ich dann doch mal an zwei Tagen hintereinander statt der üblichen 2 Bier dann 3 trank meldete sich mein Gewissen: Hey, das ist zu viel! Um dann aber sofort vom bereits eingenisteten Suchteufel mit Gegenargumenten beliefert zu werden: Wie zuviel? Quatsch, wir sind hier in Bayern - 3 Bier sind lächerlich! Grundnahrungsmittel und überhaupt, schau mal was xy so weghaut und dem gehts doch wunderbar....

    So war das bei mir, viele Jahre lang. Ich muss wohl nicht weiter erwähnen, dass ich später dann selbstverständlich in der Arbeit getrunken habe, dass ich selbstverständlich schon vormittags anfing und dass ich natürlich an den unmöglichsten Stellen Alkohol gebunkert habe. Warum? Weil ich nicht mehr anders konnte. Die Sucht hat sich langsam aber stetig einen Weg gebahnt und ich bin immer tiefer hinein gerutscht. Über meine Trinkmenge am Schluss will ich erst gar mal nicht sprechen. Mein "größtes" Problem war es dann, jeden Tag die Flaschen zu entsorgen, weil ich heimlich trank und keiner was mitbekommen sollte....

    Deswegen finde ich es sehr gut, dass Du JETZT die Reißleine ziehen willst! Und nicht erst, wenn Du mal soweit bist wie ich war!

    Zitat

    Brauche aber ein Gerüst, das mich hält, wenn ich wieder zu fallen drohe.


    Hier hast Du natürlich uns hier im Forum. Die Frage ist aber, ob das ausreichend ist. Das kann ich Dir nicht beantworten. Ich persönlich bin der Meinung, dass man sich gerade am Anfang soviel Hilfe holen sollte, wie man bekommen kann. Das bedeutet ja nicht, dass man zwangweise alles sein Leben lang dann weiter machen muss. Ich z.B. bin auch sofort in eine reale SHG gegangen, war beim Psychologen und habe mir auch anderweitig noch Hilfe gesucht. Besonders die Gesrpäche, die ich dabei führen konnte haben mir sehr geholfen. Heute bin ich z. B. nicht mehr in einer realen SHG, weiß aber, dass es damals genau das richtige für mich war. Ausprobieren sage ich da nur, Du hast absolut nichts zu verlieren, Du kannst nur gewinnen!

    Zitat

    Nur fühle ich mich manchmal nicht so ganz ernst genommen, da die meisten finden, dass ich doch gar nicht soviel trinke, und das das doch gar nicht so schlimm sei. Aber vielleicht ist das auch nur die Hilflosigkeit oder sie sind damit überfordert.


    Das kenne viele von uns, zumindest diejenigen, die es "geschafft" haben einen Großteil ihrer Sauferei zu verheimlichen. Mich eingeschlossen! Was sind die Leute aus den Wolken gefallen, als ich mich geoutet habe. Und natürlich kamen Sätze wie: "Meinst Du nicht, dass Du da etwas übertreibst"... Und wäre ich nicht absolut fest dazu entschlossen gewesen endlich aufzuhören und mir mein Leben zurück zu holen, ich hätte genau diese Sätze dazu genutzt mir zu sagen: Naja, so schlimm war's ja dann scheinbar doch nicht..... Ein fataler Irrglaube, eingeflüstert von der Sucht! Ja und klar, bei einigen ist es sicher so, dass sie überfordert sind und nicht wissen was sie sagen sollen. Ich habe auch welche gekannt, die sich einen Spiegel vorgehalten fühlten und deshalb relativiert haben.

    Das ist auch völlig egal. Es geht um DEIN Leben, es ist DEINE Sucht.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum und alles gute auf Deinem Weg aus der Sucht!

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla

    Hut ab, dass du es geschafft hat und du so ehrlich schreibst. Ich habe seit 9 Tagen keinen Alkohol getrunken und es geht mir sehr gut dabei. Zuerst habe ich mir vorgenommen in Zukunft nur noch in Gesellschaft und auch dann höchstens 2 Gläser Wein zu trinken. Aber jetzt bin ich der Meinung, dass das so kaum funktionieren kann.Ich habe eure Berichte gelesen und ich möchte nicht nach jedem Anlass zu trinken wieder den Kampf haben aufs neue damit aufzuhören. Ich weiss schon, dass der Verzicht auf Alkohol auch schon so schwer genug ist und es viel Motivation und Disziplin braucht. Ein Leben lang. Daher ist es sicher etwas einfacher ganz damit aufzuhören. Im Moment bin ich aber noch in der Phase in der ich jeden Tag denke, dass ich HEUTE nichts trinke. Ich kreuze jeden Tag dann im Wandkalender den Tag ab, wo ich abstinent war. Die Vorstellung, nie mehr zu trinken, macht mir aber schon etwas Angst. Wie sieht ihr das?

  • Ich habe seit 9 Tagen keinen Alkohol getrunken und es geht mir sehr gut dabei.

    44. Super! Habe ich früher - ohne auf einer Entgiftungsstation zu sein - nicht geschafft.

    Zuerst habe ich mir vorgenommen in Zukunft nur noch in Gesellschaft und auch dann höchstens 2 Gläser Wein zu trinken. Aber jetzt bin ich der Meinung, dass das so kaum funktionieren kann.Ich habe eure Berichte gelesen und ich möchte nicht nach jedem Anlass zu trinken wieder den Kampf haben aufs neue damit aufzuhören.

    Das habe ich auch mal probiert - und es war ein absoluter Kampf. Nach dem 2. Glas aufzuhören und mir vor allem zu Hause dann nicht doch noch einen einzulöten ... Bis mir der Kampf zu viel wurde und ich mir Gesellschaft genug war :(

    Die Vorstellung, nie mehr zu trinken, macht mir aber schon etwas Angst. Wie sieht ihr das?

    Mich hat mein Entschluß, zukünftig abstinent zu leben mit meiner (hoffentlich letzten) Entgiftung vor nunmehr fast 9 Jahren befreit: Ich musste nicht mehr (mit mir) kämpfen, nicht mehr als ... und nicht vor/nach ... Uhr zu trinken, brauchte mir keinen Kopf mehr machen, ob ich noch Restalkohol habe, wenn ich ins Auto stieg, keinen Kopf machen um die Logistik, wo ich meinen Stoff besorge und wie ich die leeren Flaschen entsorge ...
    Na klar hat mir anfangs etwas gefehlt. Ganz zu Anfang habe ich mir gesagt "Du DARFST jetzt nichts (alkoholisches) trinken!" schwitz. Dann wurde daraus ein "Ich MÖCHTE jetzt nichts trinken." :)
    Mittlerweile ist es "Ich BRAUCHE nichts trinken. Und ich vermisse es auch nicht." :D 44.

    Ich fühle mich wohl damit, vermisse und entbehre nichts.

    Aber nicht vergessen: Nur weil man keinen Alkohol mehr trinkt, gibt es plötzlich keine Schicksalsschläge, Krankheiten, Sorgen mehr! Aber man kann diese mit einem klaren, nüchternen Verstand wesentlich besser in Angriff nehmen!

    Weiterhin viel Erfolg!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Calendula,

    man kann dieser "Nie-Wieder-Vorstellung", zumindest am Anfang, bewusst eine positive Vorstellung entgegensetzen.
    Nie wieder trinken heißt ja auch: Nie wieder Selbstvorwürfe wegen einer selbst herbeigeführten Vergiftung des Körpers und daraus drohenden Krankheiten, kein morgendlicher Kater, viel mehr Zeit für die wirklich schönen Dinge des Lebens usw.

    Niemand -außer meiner Vorstellung, etwas Schönes und das dann auch noch für immer aufzugeben- zwingt mich dazu zurückzublicken. Warum nicht dem Blick nach vorn richten?

    Gruß
    Bassmann

  • Hallo Bassmann
    Das hast du sehr schön geschrieben. Werde mich an deine Worte erinnern. Als ich ganz bewusst meine letzte Zigarette geraucht hatte, war die Vorstellung, dass dies nun für immer ist, schrecklich. Und jetzt bin über 10 Jahre rauchfrei und stolz darauf. Also werde ich das mit dem Alkohol auch noch packen. Ich weiss ja, dass es nur Vorteile gibt. 44.

  • Hallo Calendula,

    wie geht es Dir denn aktuell? Alles im grünen Bereich?

    Zitat

    der Verzicht auf Alkohol auch schon so schwer genug ist und es viel Motivation und Disziplin braucht.

    Ja es braucht Motivation! Aber braucht man die nicht in allen Lebenslagen? Wer motiviert ist ist i.d.R. erfolgreicher als jemand der keine Motivation hat oder gar demotiviert ist. Motivation ist etwas ganz normales und natürlich hilft sie enorm beim Kampf gegen Alkohol. Aber diese Motivation hast Du ja selbst in der Hand. Kommen wir zur Disziplin - auch ja, die brauchts auch. Ich finde, sie ist am Anfang, also da wo Du jetzt noch stehst in der Kombination mit Motivation ganz wichtig. Aber Disziplin hat für mich auch immer so einen "kämpferischen" Touch. Irgendwann sollte aus dieser Disziplin eine Selbstverständlichkeit werden. Irgendwann wird Dich vielleicht mal jemand ansprechen und sagen: "Wow, Du hast ja echt eine tolle Disziplin, Du trinkst ja wirklich nie Alkohol" - und Du wirst antworten: "Danke, aber mit Disziplin hat das bei mir nichts mehr zu tun - Es ist meine Lebenseinstellung" - So wünsche ich Dir, dass es bei Dir kommt!

    Zitat

    Im Moment bin ich aber noch in der Phase in der ich jeden Tag denke, dass ich HEUTE nichts trinke. Ich kreuze jeden Tag dann im Wandkalender den Tag ab, wo ich abstinent war.

    Und das ist doch jetzt erst mal in Ordnung, oder? Immer eines nach dem Anderen. NUR heute nicht trinken - so beginnst Du jetzt Deine Abstinenz. Und damit kannst Du dann auch langsam beginnen aufzuarbeiten, Dir einen Plan für Dein weiteres Vorgehen zu machen. Das ist wichtig weil, Du wirst es oft hier im Forum lesen, "nur" nichts mehr trinken reicht auf Dauer normal nicht aus. Denn Du willst ja irgendwann auch mal weg vom Kampf gegen den Alkohol (Stichwort: Disziplin) hin zur Normalität ohne Alkohol - ganz ohne Druck, Angst und Kampf. Ich glaube das geht nur, wenn man sich mit seiner Krankheit ganz individuell beschäftigt.

    Ich freue mich wieder von Dir zu lesen!

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla
    Vielen Dank für dein Interesse. Mir geht es immer noch sehr gut, bin immer noch top motiviert und habe wirklich keinen Alkohol getrunken. 2x habe ich etwas Rotwein zum Kochen gebraucht, aber die Sauce extra lange gekocht, dass der Alkohol sich verflüchtigt hat. Auch war ich ein paar mal in der Situation in der ich bei Freunden oder woanders den Alkohol ohne Probleme abgelehnt habe. Und alle hatten das grösste Verständnis dafür. Eine sehr gute Freundin meinte, dass ich jetzt viel lebendiger und aufgestellter wirke und dass ich im Gesicht nicht mehr so aufgedunsen bin. Mich hat dies super gefreut und ich bin sehr stolz auf mich. Nächsten Freitag habe ich wieder einen Termin bei meiner Hausärztin. Sie wird sicher erfreut sein, dass ich es bis jetzt so gut durchgehalten habe.
    Heute Abend bin ich bei meiner Schwester eingeladen. Sie ist seit über 4 Jahren trockene Alkoholikerin. Sie hat es ohne SHG geschafft vom Alkohol wegzukommen. Allerdings war sie schwer krank und hat eine chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung und verträgt auch keinen Alk mehr. Mein Vater war auch ein sehr guter Trinker. Er trank mindesten jeden Tag eine Flasche Wein und ein paar Schnäpse. Ich habe ihn aber nie betrunken gesehen, noch war er verwarlost etc., aber er brauchte stets einen konstanten Alkoholpegel. Auch sein Vater hat sehr viel getrunken. Du siehst, es liegt bei uns wohl in der Familie. Und wenn ich mir es recht überlege, bin ich meistens mit Leuten zusammen die auch viel trinken, aber ohne besoffen zu sein und ausfällig werden oder sonst unangenehm werden. Aber wie gesagt, finden es alle toll, dass ich nichts mehr trinken will und unterstützen mich auch darin.
    Ich wünsche dir noch ein wunderschönes Wochenende
    Calendula


  • 2x habe ich etwas Rotwein zum Kochen gebraucht, aber die Sauce extra lange gekocht, dass der Alkohol sich verflüchtigt hat. Auch war ich ein paar mal in der Situation in der ich bei Freunden oder woanders den Alkohol ohne Probleme abgelehnt habe.

    Hallo Calendula!

    Mit dem angeblichen Verkochen wäre ich mir nicht so sicher. Ich meide Wein auch in Soßen. Man kann ihn durch Traubensaft ersetzen. Klappt prima. Warum? Der Geschmack des Weins kann triggern und dein Suchtgedächtnis ankurbeln und plötzlich das Verlangen nach Wein aufkommen lassen.

    Du stehst noch ganz am Beginn deiner Abstinenz. Da würde ich mir Besuche bei Leuten, die während des Besuchs aktiv Alkohol konsumieren gut überlegen. Warum? Siehe oben. Was spricht denn dagegen, dass diese Leute in deinem Beisein keinen Alkohol trinken? Nichts. Du wärst gut beraten, nur an dich und deine Abstinenz und somit an deine Gesundheit denken und nicht daran, dass wie dein Verhalten bei Dritten ankommt. Deine Abstinenz sollte dabei stets an oberster Stelle stehen und keine Kompromisse dulden.

    So gehe ich das seit knapp 2 Jahren und bislang frei von Rückfällen an. Und glaub mir, mir fehlt es an nichts. Im Vordergrund steht bei mir das Prinzip der Risikominimierung. Ich halte mich von riskanten (trinkenden) Situationen fern.

    Ich weiß, aller Anfang ist schwer. Deshalb rate ich auch stets, Fachliteratur zu Rate zu ziehen und zwar solche von Kranken, als auch von Therapeuten, die einen anderen Blickwinkel als wir haben und sozusagen die zweite Seite der Medaille bilden.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Halle Calendula,

    ja, ich benutze auch Traubensaft. 44. Funktioniert echt super. Ja, und mein Umfeld hat sich komplett geändert und komischer Weise habe ich fast nur noch nicht trinkende Menschen um mich. Wenn jemand mal 1 Glas Wein oder Bier trinkt, dann stört es mich nicht. Überhaupt kein Thema für mich. Aber diese Feiern, die ohne Alkohol nicht funktionieren, gehören der absoluten Vergangenheit an. Ich habe mittlerweile lustige und fröhliche nüchterne Menschen um mich. Das ist ganz toll.

    Ich habe keinen Spaß mehr mit an- oder betrunkenen Menschen. :-\ ::)

    Dir weiterhin alles Gute auf deinem Weg.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

    Einmal editiert, zuletzt von Betty (19. März 2017 um 15:29)

  • Schön, dass es jemand vor mir angesprochen hat (sonst kriege ICH wieder den Schwarzen Peter):

    2x habe ich etwas Rotwein zum Kochen gebraucht ...

    Mich "stört" dieses "gebraucht".
    Zum Ablöschen kann man auch andere Sachen benutzen - z.Bsp. den schon angesprochenen Traubensaft.

    Und nicht nur der Geschmack KÖNNTE triggern - alleine schon der Umgang/das Kochen mit dem Wein ... Man könnte ja mal kosten, ob der wirklich gut für das Essen passt nixweiss0
    Bei mir ist früher nur 40-60 % des Weins im Essen gelandet ...

    Ich habe mich vor 9 Jahren dafür entschieden, KEINEN Alkohol mehr (bewusst) zu mir zu nehmen. Und dazu zählt nunmal auch der Alkohol in Saucen, Kuchen etc.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich habe während meiner Trinkerzeit keinen Alkohol zum Kochen verwendet.
    Deshalb brauche ich auch heute weder Alkohol im Essen, noch mache ich mir Gedanken darüber, ob ich deshalb statt Wasser irgendwelche Traubensäfte zum Ablöschen verwenden soll.

    Was mich immer wieder nachdenklich macht, sind diese Hinweise, dass etwas „triggern“ könnte und dass man deshalb alles meiden sollte, was ggfs. ein Trigger sein könnte. Ich kann die Logik dieser Warnung zwar nachvollziehen, konnte mich aber dennoch mit dieser Form der Rückfallprophylaxe nie anfreunden.

    Bassmann

  • Hallo
    Seit einem Monat habe ich keinen Alkohol mehr getrunken und es fällt mir immer noch leicht. Ich gehe aber keinenfalls Situationen aus dem Weg in denen Alkohol getrunken wird und ich treffe mich weiterhin mit meinen Freunden, die trinken. Es haben aber alle Verständnis, dass ich nichts mehr trinken will. Ich muss lernen, mit Alkohol zurecht zukommen, kann nicht ständig diesen Situationen aus dem Weg gehen und ich will auch nicht mein ganzes Leben ändern. Nur will ICH einfach nichts mehr trinken. Zum kochen werde ich aber trotzdem noch ab und zu Wein brauchen und werde ich auch in Zukunft noch ein Fondue essen. Bis jetzt hatte ich auch noch Wein Zuhause, denn für MICH war es einfacher, jederzeit wieder was zu trinken. Das hat nichts mit Masochismaus zu tun, sondern mir gab es einfach ein besseres Gefühl, dass noch Wein da war. Heute habe ich ihn allerdings doch weggeschüttet, da ich ihn gar nicht mehr brauche und es mich auch nicht mehr nervös macht, wenn keiner mehr da ist. Könnt ihr meine Gedankengänge verstehen? Auf jeden Fall bin ich stolz, es bis jetzt durchgehalten zu haben.
    Ich freue mich auf nächste Woche, auf meine Arbeit, auf meine Kollegen und auf meine Freunde. DAS LEBEN IST SCHÖN!!! 44.

  • Hallo!

    Schön, dass Du es einen Monat geschafft hast. Das ist schon mal ein Anfang.

    Allerdings verhälst Du dich riskant, indem Du dich bewusst in trinkende Gesellschaften begibst. Mein ehemaliger Therapeut pflegte stets zu sagen: "So was geht ein paar Male gut, dann kommt der Rückfall." Ich kann dir nur raten, das Problem "auf dem Schirm" zu haben.

    Es grüßt der
    Rekonvaleszent

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