Beiträge von Ailin

    Hallo Schwänchen,

    Ich habe gerade Deinen Beitrag gelesen. Ich war auch lange Zeit mit einem heimlichen Alkoholiker zusammen, ohne es wirklich zu merken. Habe Anzeichen gesehen, benannt, und dann schien alles gut zu sein. Bis dann alles ganz klar wurde. Wir sind inzwischen getrennt, aber das stand schon fest, bevor mir sein Alkoholproblem klar wurde. Die Trennung erfolgte vordergründig wegen seinen Aggressionen und seinem veränderten Verhalten.

    Was ich bei Deiner Geschichte bemerkenswert finde, ist, dass er in dieser Gruppe zugegeben hat, dass er ein Alkoholproblem hat. Das hätte er ja nicht tun müssen. Vielleicht wollte er auch, dass Du es mitbekommst. Was ich damit sagen will ist, dass er immerhin ein Bewusstsein für sein Problem hat. Vielleicht kann man hieran ansetzen. Denn wie Du hier überall lesen kannst: Nur der Alkoholiker selber kann sich retten. Ich verstehe, dass Du verletzt und am Boden zerstört bist. Und vielleicht kommen Dir jetzt als Erstes nur Vorwürfe in den Sinn. Das kann ich gut nachvollziehen. Als Außenstehender denkt man natürlich zuerst: Wie kann er nur so lügen, betrügen, und das mit einer Familie, mit einem Kind usw.

    Auch wenn es schwer fällt, muss man sich klar machen, dass Sucht eine Krankheit ist. Aber wenn er es schon zugeben kann ist vielleicht noch nicht alles verloren. Aber vielleicht musst Du Dich erst selbst etwas sortieren, bevor Du das Gespräch suchst. Vielleicht hier, vielleicht auch bei einer Beratungsstelle. Wenn der erste Schock verdaut ist, kann man vielleicht mit etwas mehr Ruhe die Möglichkeiten betrachten. Ich will Dir auch gar nicht raten Dich zu trennen, oder auch zu bleiben. Das kannst nur Du entscheiden. Gib Dir etwas Zeit um alles sacken zu lassen.

    Viel Kraft
    Ailin

    Ach so, und zu dem Grund, warum ich ihm meine Einträge hier noch nicht gezeigt habe:

    Wenn ich mit ihm rede, bin ich aus Selbstschutz meistens eher cool und distanziert. Manchmal freundlich bestimmt, je nachdem. Aber ich habe hier das Gefühl teilweise mein Innerstes ausgekippt zu haben. Mein Entsetzen und meine Ängste. Ich bin so wahnsinnig tief verletzt durch all dies.
    Und insgeheim hätte ich die Hoffnung, dass er beim Lesen endlich etwas in sich spüren würde, dass ihn zu einer Änderung bringt. Wenn das aber nichts hilft, wäre es nur noch Schlimmer für mich. Insofern kann ich das einfach noch nicht.

    Ailin

    Hallo Hubby,

    Ich lese hier als Angehörige mit, die sich vor ca. 2 Jahren von ihrem Partner aufgrund seiner Verhaltensänderung durch den Alkohol getrennt hat (dass Alkohol der Grund war wurde mir aber erst kurz vor der Trennung richtig bewusst).

    Ich kann vieles sehr gut nachvollziehen, was Du schreibst. Ist man egoistisch, wenn man sich den Partner so zurückwünscht, wie er mal war? Mag sein, aber letztendlich ist alles, was man im Leben tut dann "egoistisch". Auch wenn ich mein Kind tröste, ist es letztendlich so, weil ich es nicht mit ansehen kann, wenn es traurig ist. Man wünscht sich Gutes für seine Lieben, weil es einem selbst weh tut. Trotzdem ist es ein Wort, mit dem ich mich in diesem Zusammenhang schwer tue. Aber ist auch nicht so wichtig.

    Ich hatte anfangs vielleicht auch hier die Hoffnung zu lernen, was man noch tun kann. Und mir ist bewusst geworden, dass es im Bezug auf den Partner so gut wie nichts ist, sondern vor allem für sich selbst. Aber dennoch haben mir die vielen Erfahrungen hier im Forum sehr weitergeholfen. Die Entscheidung musste ich letztendlich selber treffen.

    Ob es nun sinnlos sein mag, an Deiner Beziehung festzuhalten oder nicht: ich kann nachvollziehen dass Du es tust und finde es bewundernswert. Vielleicht kommt irgendwann der Punkt, an dem Du sagen musst: es geht nicht mehr. Aber dann kannst Du sagen, dass Du alles versucht hast. Wenn Du die Kraft dazu hast, ihr in den ruhigen Momenten immer wieder das Gespräch anzubieten und die Rückschläge auszuhalten ist das ein großer Liebesbeweis. So weit bin ich nie gekommen, da die Trennung wie gesagt feststand, als ich den wahren Grund dahinter entdeckte. Bis dahin war schon so viel kaputt gegangen und ich am Ende meiner Kraft. Wenn er dann ein wenig Einsicht nach der Entdeckung und unserem Gespräch gezeigt hätte, hätte ich vielleicht sogar noch einen Versuch gestartet. Aber er hatte sich schon zu weit entfernt. Ich glaube auch, dass er die Trennung irgendwann wollte, um in Ruhe weitermachen zu können. Er wollte einfach nichts verändern. Außerdem hatte er sich zu dem Zeitpunkt auch schon jemand anders gesucht, der für ihn die Co-Rolle übernahm.

    Wie dem auch sei: Nur Du wirst wissen, wenn und ob der Zeitpunkt gekommen ist einen Schlussstrich zu ziehen. Ich denke, dass Du inzwischen dabei bist, Dir viel zu dem Thema anzueignen und damit auch für Dich selbst gut zu sorgen, so gut es eben geht.

    Ich habe übrigens auch oft darüber nachgedacht, ob ich meinem Partner zeigen soll, was ich hier geschrieben habe (und auch Erfahrungsberichte anderer). Ich denke nach wie vor darüber nach, habe es aber bislang nicht getan. Warum nicht? Dazu später. Ich habe aber als mir das Problem klar wurde, ganz klar und ehrlich in meinem gesamten Umfeld darüber gesprochen. Meine Familie, seine Familie (auch wenn die nach der Trennung nicht mehr mit mir reden wollte), Freunde, Bekannte. Es ging mir nicht darum ihn schlecht zu machen. Ich wollte nur keine Lügen mehr, ich wollte auch keine Co sein, die ihn mit meinem Schweigen schützt. Ich nannte das "die Mauern einreißen". Was mich dabei überrascht hat, das viele Leute mir dann sagten, dass sie sowas schon geahnt oder gewusst haben. Es waren fast ausschließlich gute und hilfreiche Reaktionen (bis auf seine Eltern). Natürlich fragt man sich "warum habt ihr mir früher nichts gesagt", aber letztendlich war es verständlich. Man sieht ja bei anderen immer nur einen Momentaufnahme und hofft, dass es etwas einmaliges ist.

    Natürlich war es für mich einfacher, offen zu sein, da wir schon getrennt waren. Er war natürlich teilweise sehr wütend und sagte mir, dass ich ihn jetzt hinterrücks schlecht machen würde. Komischerweise hat er sich aber schnell abreagiert, als ich ihm ruhig klar machte, dass ich einfach keine Lust zu lügen hätte und das die meisten Menschen sowieso Bescheid wussten. Er umgibt sich jetzt sowieso nur mit Menschen, die ihn nicht von früher kennen und die sein Trinkverhalten als "normal" ansehen. Alle anderen blockt er ab. Insofern war das in Ordnung.

    In einer Beziehung stelle ich mir so einen Schritt viel schwieriger vor. Aber wahrscheinlich trotzdem sinnvoll und befreiend. Du musst ja nicht auf einen Schlag alle proaktiv informieren. Aber eventuell ihr sagen, dass Du ihr Verhalten akzeptieren musst, aber dass Du nicht bereit bist, deswegen zu lügen. Ihr sagen, dass Du Deine Sorgen deswegen durchaus gerne mit guten Freunden teilen möchtest. Du wirst ja sehen, wie sie darauf reagiert und kannst es Dir immer noch anders überlegen. Nur so eine Idee.

    Soweit ein paar Gedanken (bitte nicht als Empfehlung verstehen) von einer Leidensgenossin.

    Alles Gute für Euch beide
    Ailin

    Hallo VIT,

    Ich habe öfter an Euch denken müssen. Traurig, dass all Deine Worte nicht geholfen haben, aber auch nicht ungewöhnlich.

    Da Du offensichtlich noch nicht komplett freigeschaltet bist kann ich Dir auch keine PM schicken. Bitte frage nochmal bei den Admins nach, was hier die Voraussetzungen sind, bei mir ging das recht schnell.

    In der Zwischenzeit versuche bei Dir zu bleiben und Dich nicht kirre machen zu lassen, auch wenn sie fordert, dass Du ausziehst oder sie sonst die Kinder mitnimmt. Sie brauchen jetzt Dich und Deine Stärke.
    Wie geht es den Kindern damit? Wie reagieren sie auf ihre Mutter? Kannst Du mit ihnen darüber sprechen?

    Alles Gute
    Ailin

    Hallo VIT,

    Vielleicht musst Du erst komplett freigeschaltet sein, um persönliche Nachrichten zu senden?
    Wie geht es Dir inzwischen? Seid Ihr irgendwie weiter gekommen?

    Alles Gute
    Ailin

    Hallo VIT,

    Ja, es gibt eine ganze Menge Parallelen, auch wenn jeder Fall anders ist. Du kannst mir gerne eine persönliche Mitteilung schreiben, allerdings bin ich nicht immer sofort in der Lage zu antworten.

    Was den repressiven Umgang der Behörden anbelangt, so bin ich da inzwischen anderer Meinung. Ich habe eher das Gefühl, dass man Alkoholikern zu lange sehr viel Nachsicht zeigt. Es muss immer erst etwas Schlimmes passieren, bevor eingeschritten werden kann. Natürlich will man einem ehemals geliebten Menschen nichts Böses und versucht zu helfen. Aber leider macht Alkohol einfach wahnsinnig egoistisch. Wenn ich meinen Ex höre, dass er nie mit den Kindern fahren würde wenn er getrunken hat, ist das schwer zu schlucken (denn in der Vergangenheit gab es leider solche Fälle, auch wenn ich es erst im Nachhinein erfahren habe). Es ist bitter, dass man einfach nichts mehr glauben kann.

    Daher wäre ich dankbar, wenn es früher "Repressalien" geben würde. Bevor es Opfer gibt, die nun wirklich nichts dafür können, wie unsere Kinder, aber auch andere unbeteiligte Personen. Und ja, die Hoffnung, dass eine solche Maßnahme die Betroffenen wach rüttelt ist ja immer latent im Hintergrund (wenn man auch hier nie sicher sein kann, ob das dann den Wendepunkt bringen kann oder nicht).

    Du stehst sicher noch unter Schock und Dein Bedürfnis zu helfen steht im Vordergrund. Aber wie Du hier im Forum auch immer wieder lesen kannst: Du kannst in erster Linie nur etwas für Dich und Deine Kinder tun. Deine Frau muss sich selbst helfen wollen und Du kannst nur passiv Hilfe anbieten, wenn sie bereit ist diese anzunehmen.

    Alles Gute weiterhin
    Ailin

    Hallo VIT,

    Ich lese seit einiger Zeit nur noch sporadisch mit, aber Deine Geschichte berührt mich sehr. Ich war auch 19 Jahre mit einem Mann zusammen, habe zwei wundervolle Kinder (9 und 12) mit ihm und trotzdem ging alles wegen seiner Alkoholsucht in die Brüche.

    Etwas anders war es insofern, als dass ich irgendwann nicht mehr konnte und er sich lange an die Beziehung geklammert hat. Allerdings wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts von seiner Krankheit. Er hatte sich aber charakterlich verändert, war stets reizbar und verbal aggressiv, unzufrieden mit allem. Ich konnte mir das alles nicht erklären, ging von Depressionen usw. aus.

    Irgendwann wurde es so schlimm, dass mir klar wurde, dass die Kinder Schaden nehmen würden. Als die Trennung dann beschlossen, aber noch nicht vollzogen war, habe ich dann die Flaschen gefunden.

    Als ich ihn damit konfrontierte, brach er zwar zuerst zusammen und entschuldigte sich. Am nächsten Tag war aber alles wie vorher, er hätte kein Problem, bzw. könnte das selber regeln. Insofern keine Einsicht.

    Was mir so im Nachhinein bewusst geworden ist: Er hat der Trennung letztendlich zugestimmt, weil er sich wohl in die Enge getrieben fühlte. Ich habe immer weiter nach der Ursache unserer Probleme gebohrt, Therapie und Gespräche inkl. und nichts half. Weil er sich ja wohl auch nicht helfen lassen wollte: Dazu hätte er die Karten auf den Tisch legen müssen.

    Im Nachhinein ist mir auch klar geworden, dass er der Trennung erst zugestimmt hatte, als er bereits eine neue Beziehung hatte, die das Trinken zumindest toleriert.
    Er hat den einfachsten Weg gewählt und stattdessen mir vorgeworfen, ich hätte ihm und der Beziehung keine Chance mehr gegeben. Ich habe ihn immer wieder gefragt, was ihn an der Beziehung stört: er konnte mir keine Antwort geben. Es gab auch keinen Grund, außer, dass ich ihm irgendwann zu sehr auf die Pelle gerückt bin. Ich glaube, er wollte einfach seine Ruhe haben, ohne sich mit den Problemen auseinander zu setzen.

    Obwohl wir jetzt seit Feb 2018 offiziell getrennt sind, bin ich immer noch traurig darüber, dass unser Familienleben zerstört wurde. Ich hätte einiges dafür gegeben, dass zu ändern. Aber ich musste mir eingestehen, dass dazu nur auf meiner Seite ein echter Wille bestand, bei ihm waren es immer nur Lippenbekenntnisse.

    Meine Kinder haben sicherlich gelitten, aber meine Große hat mir schon kurz nach der Trennung gesagt, dass es so besser ist, weil es weniger Streit gibt. Das war auch ehrlich gemeint, weil sie viel von seiner verbalen Aggression abbekommen hat. Die Kleine hatte weniger Probleme mit ihm und daher fiel es ihr schwerer. Aber jetzt haben wir das Schlimmste hinter uns und trotz der Traurigkeit ist die Harmonie, die wir jetzt erleben kein Vergleich zu der vergifteten Atmosphäre früher. Ich sage Dir nicht, dass Du Dich trennen sollst. Nur Du allein weisst, wann der Zeitpunkt gekommen ist (oder Deine Frau zieht ihr Vorhaben durch).

    Du bist nicht schuld, wenn Deine Frau jetzt für ihren Alkohol kämpft und ihrem Familienleben vorzieht. Vielleicht hattet ihr früher schon Probleme, aber ihre Aussagen scheinen zumindest fragwürdig (mal bist Du zu wenig da, dann wieder zuviel). Da wird die Wahrheit eben so gedreht, wie sie gerade passt. Logik zählt da nichts mehr, und je mehr ich versucht habe, rational und logisch an das Problem heranzugehen, desto frustrierender wurde es.

    Das Wichtigste sind natürlich die Kinder, in welcher Konstellation auch immer. Ich hatte zumindest "Glück", dass mein Ex gar nicht auf den Gedanken kam, die Kinder mitzunehmen. Es war klar, dass er auszieht und die Kinder bei mir bleiben. Wie sieht das bei Euch aus? Will Deine Frau die Kinder mitnehmen? Dann steht Dir sicherlich noch einiges bevor. Mein größtes Problem war, dass ich die Kinder nicht mehr mit ihm Auto fahren lassen wollte, trotz aller Beteuerungen dass er nie mit den Kindern fahren würde, wenn er getrunken hat. Dass mein Vertrauen dahingehend durch all seine Lügen weg war, war ihm egal. Ich musste da schon heftige Geschütze auffahren. Als ich ihn aufforderte, in Zukunft immer vorher ein Alkoholtestgerät zu nutzen, kannst Du Dir seine Reaktion vorstellen. Ob ich einen Rosenkrieg wolle usw. Ich habe in meiner Verzweiflung einen befreundeten Polizisten angerufen, der mir nur sagen konnte, dass die Polizei nur eingreift, wenn er tatsächlich alkoholisiert fahren sollte. Auf gut Glück beobachten lassen oder mal kontrollieren lassen geht nicht. Ich hätte also schon genau wissen müssen, dass er getrunken hat und dann die Polizei rufen. Da ich natürlich nicht wissen konnte, wann er mit den Kindern fährt, war das keine Option. Insofern lag die Beweislast bei mir.
    Als er dann in den Sommerferien mit den Kindern weg wollte, habe ich gesagt, dass ich vors Jugendgericht gehe, wenn er dem Alkoholtestgerät nicht zustimmt. Das war zwar auch ein wenig geblufft, aber wahrscheinlich hätte ich es wirklich getan, ich wusste weder ein noch aus. Da hat er dann eingelenkt.

    Mir ist klar geworden, dass er in der Lage ist Trinkpausen einzulegen. Insofern ist es sehr schwierig sicher zu sein wann er wieder zu viel trinkt. Er ist großartig im Lügen und Manipulieren, etwas, was ich ihm früher nie zugetraut hätte.

    Tut mir leid, ich wollte Deinen Faden nicht kidnappen und meine Geschichte aufschreiben. Vielleicht hilft es trotzdem ein wenig. Für Dich ist noch alles ganz frisch und der Schock noch groß. Ich kenne das Gefühl sehr gut. Kämpfe, wenn es geht, aber wenn es keinen Sinn mehr hat scheue Dich nicht davor los zu lassen. Wie gesagt bin ich auch traurig und habe das Gefühl gescheitert zu sein. Trotzdem war es richtig und alles andere wäre deutlich Schlimmer geworden.

    Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft
    Ailin

    Lieber Greenfox und allen anderen,

    Erstmal ein frohes neues Jahr.
    Ich habe den Brief, ca. 4 Seiten, also abgeschickt. Darin habe ich seine Sucht sehr deutlich angesprochen, Dinge, die mir aufgefallen sind, Öffnungszeiten von Beratungsstellen vor Ort usw.
    Gestern abend kam dann eine kurze Antwort.

    „Hi,
    danke für deine email.
    Ich habe deine Gedanken gelesen und nehme sie ernst. Ich habe schon ein bisschen länger anerkannt dass es nicht mehr normal war.
    LG“

    Es hätte Schlimmer sein können, aber ob es ernst gemeint ist? Wenn er es angeblich seit längerem selber erkannt hat, warum macht er dann nichts? Mein Gefühl sagt mir aber, dass ich es jetzt gut sein lassen soll, also nicht nachhaken oder sogar pushen. Mich raushalten. Oder denkt ihr, dass man jetzt die Chance nutzen sollte und weiter dran bleiben sollte?

    Danke und Gruss
    Ailin

    Liebes Forum,

    ich habe eine Weile nur eher passiv mitgelesen. Bei mir war viel los. Stress, aber auch Positiv. Die gemeinsame Wohnung ist verkauft und ich habe direkt im Anschluss etwas Neues für mich und die Kinder in der Nähe gekauft. Jetzt bin ich wegen der gemeinsamen Wohnung nicht mehr erpressbar, und das ist ein gutes Gefühl.
    Ich habe die letzten Wochen noch viel den Mund gehalten, z.B. wenn er mit Fahne beim Elterngespräch mit der Klassenlehrerin auftauchte usw. Ich habe nichts gesagt, weil ich Angst hatte, dass er kurz vor dem Notartermin noch einmal alles hinschmeißt. Aber es ging alles glatt.
    Auf Wunsch der Kinder haben wir Heiligabend teilweise gemeinsam verbracht. Allerdings ist er mit den Kindern nachmittags ins Kino gefahren und hat sich trotz meiner Bitte geweigert, wie abgesprochen den Alkoholtester zu nutzen. Ich habe bei der Rückkehr keine Szene gemacht, weil ich den Kindern nicht das Fest verderben wollte. Aber das war definitiv mein letzter Akt als Co.!

    Ich werde ab jetzt gnadenlos alles ansprechen und die Kinder werden nicht mehr mit ihm Auto fahren, wenn er sich nicht an die Regeln hält. Wir werden zwar bald weiter weg wohnen und das wird dann im Endeffekt für mich mehr Fahrdienste bedeuten, aber wenn es sein muss, ist es halt so. Seit den Herbstferien sind sie nicht mehr mit ihm gefahren und beim ersten Mal verweigert er sich wieder konsequent. Aber es ist wie es ist.

    Ich habe die letzten Tage einen langen Brief an ihn geschrieben. Ich habe versucht, ohne Groll zu formulieren. Ich wollte ihn nur wissen lassen, wie sich die Situation aus meiner Sicht darstellt. Dass ich verstehe, warum für ihn momentan Angriff die beste Verteidigung zu sein scheint. Dass ich ihm wünsche, dass er irgendwann mal den Weg raus aus der Sucht findet. Ich meine, ich habe das ohne Vorwurf formuliert. Nicht in der Hoffnung, dass ein Brief von mir ihn zur Besinnung bringt. Aber um doch einfach mal ehrlich zu sagen, wie es steht. Nicht um Nachzutreten.

    Wahrscheinlich bringt es nichts, aber ich werde den Brief wahrscheinlich doch Neujahr abschicken. Darin schreibe ich ihm auch, dass ich die Kinder nicht mehr mit ihm fahren lasse, wenn er sich nicht an die Regel hält. Das wird er wohl eher als Affront auffassen, aber das kann ich nicht ändern. Ich habe ihm auch geschrieben, dass er auf meine Unterstützung zählen kann, falls er sich irgendwann mal dazu entschließt dem Alkohol den Rücken zu kehren und an sich zu arbeiten. (Und damit meine ich nicht, dass er wieder bei uns einziehen kann).

    Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Aber schaden kann es doch auch nicht, oder?
    Euch allen einen guten Rutsch in ein hoffentlich alkoholfreies 2019.

    Ailin

    Liebe Nicole,

    Auch von mir alles Gute und viel Kraft für die nächste Zeit. Man möchte als Außenstehende rufen "Nimm Dein Kind und lauf", aber ich weiß selber wie schwer das ist. Ich habe viel zu lange gewartet (allerdings hat mein Ex heimlich getrunken und ich habe zu lange nicht gemerkt, was der Grund für sein verändertes Verhalten war). Aber ich habe mich lange mit der Trennung auseinandergesetzt und habe trotzdem lange bis zu dem Punkt gebraucht, an dem ich einsehen musste, dass es nicht mehr geht. Du wirst wissen, wann dieser Punkt erreicht ist. Das Gute ist, dass Du weitestgehend unabhängig bist, das ist viel wert.

    Viel Kraft für Deine Entscheidung.
    Ailin

    Liebe Ich,

    Das ist traurig zu lesen. Mein Fall ist nicht 100% vergleichbar, aber vielleicht doch ähnlich. Mein Ex-Lebensgefährte ist auch abhängig, wir haben uns im Februar getrennt. Wir haben 2 gemeinsame Kinder. Anders ist, dass wir nicht verheiratet waren. Aber wir hatten gemeinsam eine Wohnung gekauft. Gut war, dass er ausgezogen ist (wahrscheinlich, damit er seiner Sucht, die dann langsam auffällig wurde, ungestört ausleben konnte). Er hat weiter den Kredit bedient. Jetzt irgendwann wollte er, dass wir die Wohnung verkaufen. Das habe ich jetzt gerade getan, nachdem ich eine neue Bleibe für mich und die Kinder gefunden hatte.
    Aber die Gefahr, dass er irgendwann nicht mehr mitspielt und alles in den Abgrund reißt, war bei mir genauso da.

    Die Frage ist, wie zugänglich dein Mann noch ist. Du schreibst, dass er noch in der Anfangsphase ist. Man kann ja auf Versprechungen am nächsten Morgen nullkommanix geben, aber tut er dann zumindest noch einsichtig? Kannst Du ihn dazu bewegen, auszuziehen? Könnte er Dir das Haus überschreiben? Könntest Du die Raten alleine finanzieren?

    Wie gesagt hatte ich "Glück", dass mein Ex durch das lange Verheimlichen einfach keine Lust mehr hatte sich mit mir und dem Thema auseinanderzusetzen und es vorgezogen hat zu gehen. Und uns dann aus der Wohnung haben wollte. Es war nochmal einiges an Stress und Arbeit, aber es ist gut, das auseinanderdividiert zu haben.
    Du stehst noch ganz am Anfang. Vielleicht gibt es ja noch andere Wege, bevor Du zu solchen Mitteln greifen musst und die Aussicht, seine Familie zu verlieren, löst ein Umdenken auf, und er begibt sich in Therapie? Dazu solltest Du ihm aber sehr konsequent zeigen, dass Du seine leeren Versprechungen nicht akzeptierst und es Konsequenzen haben wird. Vielleicht hilft ja auch ein Auszug von Dir und den Kindern auf Zeit? Wie alt sind Eure Kinder?

    Alles Liebe und viel Kraft
    Ailin

    Liebe Leser,

    Es ist wieder eine Weile her, aber manchmal tut es gut, dieses Forum wie eine Art Tagebuch zu nutzen und die Ereignisse aufzuschreiben und loszuwerden.
    Eigentlich läuft alles in halbwegs geordneten Bahnen. Aber natürlich ist das Thema nicht aus der Welt. Ich stelle immer wieder fest, dass er trinkt, und die Kinder auch. Meine Kleine hat mir neulich erzählt, dass er während der Ferien wohl doch ab und zu ohne Pusten mit den Kindern gefahren ist. Immer nur Kurzstrecken, also morgens zum Bäcker. Aber auch hier hatte er mir ja versprochen, dass er bei jeder noch so kurzen Fahrt pustet. Angeblich lief es immer so, dass sie alle schon im Auto saßen und gerade losfuhren. Dann sagte er wohl sinngemäß "oh, wir haben ja das Pusten vergessen. Naja, ihr vertraut mir doch, dass ich morgens nichts trinke, oder soll ich umdrehen?" Natürlich haben die Kinder gesagt (und sicher auch glauben wollen), dass alles in Ordnung ist. Vielleicht war es das auch. Vielleicht auch nicht. Es macht ja keinen Sinn, nachträglich deswegen Stress zu machen, vor allem nicht den Kindern.

    Aber neulich erzählte die Kleine auch (sie ist die mit den feineren Antennen meiner beiden) sie hätte beim Papa auf dem Schoß gesessen und er hätte mal aufstoßen müssen, und da hätte es nach Bier gerochen. Sie hätte aber nichts gesagt.

    Ich habe ihr dann erklärt, dass sie ihren Papa ruhig darauf ansprechen darf, wenn sie möchte. Aber gleichzeitig habe ich ihr auch erklärt, dass es Menschen mit Alkoholproblemen oft schwer fällt, ihr Problem zuzugeben und es daher sein kann, dass Papa es abstreitet. Ich wollte ihr damit die Möglichkeit geben, es anzusprechen, aber sie darauf vorbereiten, dass sie nicht an ihrer Wahrnehmung zweifeln muss.

    Kurz darauf waren die Kinder wieder zur Übernachtung bei ihm. Er kam uns mit dem Rad entgegen (und ist erstmal komplett an uns Dreien vorbeigerauscht, als ob er uns in der engen Straße nicht gesehen hätte). Als er dann umdrehte meinte ich schon, eine Fahne zu riechen. Sie sind dann die 100 Meter zu ihm gefahren. Und als sie am nächsten Tag wieder da waren erzählte die Kleine, dass sie wieder fand, dass Papa nach Bier riechen würde. Und dass sie ihn dieses Mal gefragt hätte. Und er so reagiert habe, wie ich vorhergesagt hätte, nämlich, dass es nicht stimmt und er nichts getrunken hätte.
    Tja, das finde ich bitter, aber immerhin weiß die Kleine, dass sie nicht spinnt, wenn ihr so etwas auffällt.

    Gestern morgen kam er vorbei, um die Kleine zur Schule zu begleiten. Und ich musste ihn kurzfristig um das Auto bitten (das wir uns noch teilen). Er meckerte mich dann an, warum ich das nicht vorher sagen könnte. Es hatte sich aber gerade erst ergeben und es war gerade halb 8. Da sagte er etwas von "Warum sagst Du dann nicht schon gestern abend oder nachts Bescheid". Ich war etwas perplex, was jetzt sein Problem wäre. Tja, aber als ich dann mit dem Auto losfuhr, wurde mir der Grund klar. Es klapperte im Kofferraum von 2 Kisten Leergut. Die hätte er natürlich gerne vorher entsorgt, deswegen wäre es ihm wohl auch recht gewesen, wenn ich ihn noch mitten in der Nacht vorgewarnt hätte!

    Man kommt oft gar nicht darauf, warum er so komisch tickt, aber wie so oft hat immer der Alkohol etwas damit zu tun. Ich habe aber keine Lust, ihn drauf anzusprechen. Die zwei Bierkisten werden von irgendwelchen Feiern im Verein sein, und nicht von ihm (und das Sixpack Bier vom Aldi einfach nur für Besucher, nehme ich an). Alles klar.

    Schön auch, dass der Verein jetzt entschieden hat, ab und an zum Frühschoppen einzuladen. Ein schöner Grund, um schon morgens tanken zu können.
    Tja, leider scheint er noch weit entfernt von irgendeinem Punkt der Einsicht zu sein.

    Danke fürs Zuhören
    Ailin

    Hallo Joe,

    ich bin Angehörige eines Alkoholikers und lebe seit einem halben Jahr getrennt von ihm. Ich glaube, dass er auch Quartalstrinker ist, obwohl es mir schwer fehlt, das genau einzuschätzen. Er scheint phasenweise nicht trinken zu können, hat aber auch wenn er trinkt nie diese Abstürze gehabt, von denen man sonst hört. Ich habe es überhaupt erst zum Zeitpunkt unserer Trennung gemerkt, dass er Alkoholiker ist. Vorher muss er das immer heimlich getan haben. Ich habe natürlich Veränderungen bemerkt, aber die eher auf Depressionen geschoben. Er war nie offen betrunken vor mir und den Kindern.

    Aber was ich damit sagen will ist Folgendes: Hätte ich gewusst, dass er trinkt, hätte ich mich viel früher von ihm getrennt. Und manchmal frage ich mich, ob damals der Schock noch heilsam gewesen wäre. Dadurch, dass die Trennung schon lief, als ich es merkte, schien ihm sowieso alles egal zu sein.

    Ich möchte Dir nicht raten, Dich zu trennen. Dazu hat niemand das Recht. Aber denke wirklich darüber nach, wie weit Du in Deiner Unterstützung für ihn gehen willst. Bei Euch liegen die Karten offen auf dem Tisch: Er ist Alkoholiker und ihr beide wisst es. Nutze dieses Wissen und lese Dich in das Thema ein. Informiere Dich und dann kümmere Dich um Dich selbst und Euren Sohn. Versuche auf jeden Fall zu vermeiden, in die Co-Abhängigkeit zu rutschen.

    Grenzen ziehen, d.h. zu sagen: Bis hierher und nicht weiter. Aber wenn er diese Grenze überschreiten sollte, musst Du auch konsequent sein. Das ist sicherlich wahnsinnig schwer, wenn Du noch Gefühle für ihn hast. Aber wie Gerchla und Greenfox schon schrieben: Wenn er nicht selbst die Reissleine zieht wird es nur Schlimmer. Und für Dich immer schwerer.

    Ich wünschte, ich hätte es früher gemerkt (bzw. früher die richtigen Schlüsse gezogen). Ich habe ihn zu lange bei seinen vermeintlichen Problemen wie Depressionen, Selbstmitleid, Wut auf sich und die Welt, versucht zu unterstützen. Wäre ich schon früher gegangen, hätte es vielleicht noch was bewirkt (hätte, hätte, ich weiß).

    Ich habe einen früheren Freund verlassen, als der anfing zu trinken. Das wusste er, und vielleicht hat er es deswegen so lange verheimlicht (weil er wusste, dass ich in diesem Punkt konsequent sein würde). Aber das ist alles egal.

    Pass gut auf Dich und Deinen Sohn auf. Wie Du sicher schon weisst, kann ihm niemand helfen außer er selbst.

    Ich wünsche Dir viel Kraft und alles Gute
    Ailin

    Hallo,

    Danke für Eure mentale Unterstützung in letzter Zeit. Wie ich im anderen Faden schon geschrieben habe, sind die Kinder wieder gut zu Hause angekommen und er hat anscheinend in der Zeit nicht getrunken (laut den Kindern wohl ab und zu alkoholfreies Bier, naja, wenns sein muss).

    Jetzt sind sie wieder da und der Eiertanz mit ihm geht weiter. So langsam geht es um das Thema unserer gemeinsamen Eigentumswohnung. In der ich noch mit den Kindern lebe, und er inzwischen 2 Minuten zu Fuß um die Ecke.

    Soweit so gut. Aber seitdem ich ihn gebeten habe, seine Schlüssel abzugeben (was er auch getan hat, jetzt aber wieder rückgängig machen will) geht es wieder rund. Jetzt will er mich anscheinend wieder damit einschüchtern, dass er die Wohnung verkaufen will. Ist ja auch sein gutes Recht.

    Was ich aber nicht verstehe ist: Kann man in dem Zustand nicht erkennen, was für die eigenen Kinder das Beste ist? Kann man nicht sehen, dass wir dann im schlimmsten Fall aus dieser Gegend wegziehen müssten, mit längeren Schulwegen und mehr Abstand zwischen ihm und den Kindern?

    Was geht da in den Köpfen vor? Ist das einfach nur Schuldverlagerung? Fühlt er sich besser, wenn er mich drangsaliert? Hat da jemand eine Antwort drauf? Hilft mir wahrscheinlich nicht wirklich weiter, aber interessieren würde es mich schon. Oder ist das nur der gefühlt verletzte Stolz nach einer (selbstverschuldeten) Trennung und hat mit Alkohol nichts zu tun?

    Übrigens hat er den Alkoholtester behalten. Ich wollte ihn wieder haben, aber er sagte, was ich denn damit wollen würde. Im Prinzip kann er ihn ja haben (dann muss er auch dafür sorgen, dass das Ding einsatzbereit ist, wenn er mit den Kindern fahren will). Oder ermöglich ich ihm damit, seine Grenzen auszutesten? Was denkt ihr darüber.

    Danke und viele Grüße
    Ailin

    Lieber Gerchla,
    liebe Foristen,

    Danke erstmal für Dein Feedback, das wie immer hilfreich war.
    Seit Sonntag sind die Kinder nun wieder zu Hause, alles ist gut gelaufen. Sie scheinen eine gute Zeit gehabt zu haben, bislang gab es in den Erzählungen keine Zwischentöne, die etwas anderes suggerieren. Ich habe mal vorsichtig nachgefragt, wie es mit dem Pusten war und ob es für sie in irgendeiner Weise komisch war. Beide sagten mir, dass es "ok" war, meistens hätte Papa von selber dran gedacht, manchmal hätten sie ihn erinnert (das muss nichts heißen, vielleicht waren sie manchmal einfach schneller). Auf jeden Fall hat das Gerät immer 0 angezeigt, es gab keine komischen Situationen und sie mussten ihn nicht dazu "überreden", es lief wohl alles ganz automatisch. Trotzdem war das sicherlich keine einfache Situation, aber die Alternative wäre halt gewesen, dass sie nicht mehr mit ihrem Vater wegkönnen.
    Also ist mein Zwischenfazit, dass es für dieses Mal besser als erwartet war und die Belastung für die Kinder sich in Grenzen hielt.

    Trotzdem habe ich auch schon einiges an negativem Feedback von anderen Leuten gehört, die mir sagten, ich könne die Kinder nicht mit so etwas belasten und würde sie damit über Gebühr einspannen Verantwortung für ihren Vater zu übernehmen. Diese Zweifel habe ich selbst auch und es macht es nicht einfacher, das vorgeworfen zu bekommen. Aber ich habe diesen Entschluss so getroffen, und jetzt muss ich und halt auch die Kinder damit umgehen.

    Jetzt muss ich die Situation einfach weiter beobachten. Natürlich werde ich so gut wie möglich vermeiden, dass die Kinder zu oft in diese Situation kommen. Wir werden sehen, wie sich das Ganze weiter entwickelt. Offensichtlich war er noch in der Lage eine Trinkpause einzulegen. Hoffnungen, dass ihn die Tatsache, dass es jetzt alle, inkl. seiner Kinder wissen, vom weiteren Trinken abhält habe ich nicht. Aber ich hätte natürlich nichts dagegen, mich durch ein Wunder vom Gegenteil überzeugen zu lassen. Aber wie gesagt: keine Erwartungen. Es wird sich schnell genug zeigen.

    Fürs erste erleichtert
    Eure Ailin

    Liebe Leute,

    Ich bin jetzt also seit ein paar Tagen kinderlos, was mir einerseits schwer fällt, was ich andererseits auch gut für mich und meine Gedanken nutzen kann. Ich bekomme regelmäßig kleine Nachrichten und Fotos oder wir telefonieren. Die Kinder scheinen die Zeit zu geniessen, das ist das Wichtigste. Die Freunde aus Frankreich haben sich auch gemeldet, dass soweit alles gut zu laufen scheint. Insofern muss ich mich darauf verlassen, dass er seinem Teil des Deals nachkommt. Insofern kann ich mich auf mich konzentrieren. Soweit, dass ich mich jetzt ins Wellness-Hotel begebe und es mir nur gut sein lasse, bin ich nicht. Die Gedanken kreisen nach wie vor um das Thema. Aber ich tue mir trotzdem Gutes, indem ich mir die Zeit nehme, mit Freunden bei einem schönen Abendessen zu quatschen, mich zum Tee zu verabreden usw. Das Thema ist dabei immer sehr präsent. Aber es tut mir gut, dass die Leute zuhören können und Verständnis zeigen. Aber mir auch immer mal wieder den Spiegel vorhalten und mich zum Nachdenken anregen.
    Zum Beispiel, dass ich vielleicht nicht bewusst seine Alkoholprobleme gedeckt habe. Aber sein aggressives Verhalten teilweise entschuldigt habe (ohne zu ahnen, was dahinter stecken könnte). Ich hatte von mir immer das Bild der dominanten Frau, die ihren armen Mann triezt. Das wurde mir von verschiedenen Leuten so gesagt: Du bist aber streng mit ihm! Dabei war ich das nur teilweise, ich hatte oft viel zu viel Verständnis.
    Komisch, wie die Wahrnehmung von einigen Leuten die Selbstwahrnehmung beeinflussen können. Da muss ich noch ein wenig für mich schauen: wie war ich jetzt eigentlich. Wahrscheinlich stimmt beides zum Teil. Ich konnte manchmal sehr streng sein, wenn mir die Hutschnur gerissen ist. Aber auf der anderen Seite war ich dann auch mal wieder voller Mitgefühl und Verständnis. Wahrscheinlich auch nicht die beste Kombination.

    Aber egal, ich muss mich vor allem fragen: Wie verhalte ich mich in Zukunft, und das im Hinblick auf die Kinder? Mir ist aufgefallen, dass ich neulich, als er wieder wegen einer Lappalie gelogen hat und sowohl die Kinder als auch ich (als auch er) wussten, dass da was nicht stimmt ich wieder Dinge gesagt habe, um die Wogen zu glätten. Die Große hat ihn auf einen Termin beim Psychologen angesprochen und er hat verneint, dass es den gäbe. Meine Tochter war ganz verwirrt und ich wusste, dass er lügt. (Hatte ich vielleicht schon in dem anderen Faden geschrieben). Egal, ich habe dann gesagt: naja, vielleicht haben wir das mit dem Termin ja auch falsch verstanden. Weil ich das Thema beenden wollte (und ihm damit einen Weg gegeben habe, ohne Gesichtsverlust aus der Lüge rauszukommen). Warum? Weil ich den Kindern ersparen wollte, den Papa bei einer Lüge zu ertappen? Weil ich zwischen Tür und Angel keine Möglichkeit sah, um das zu besprechen? Weil ich verhindern wollte, dass er sich aufregt, noch mehr abstreitet und letztendlich nicht mehr mitspielt was unsere Absprachen betrifft?

    Vielleicht viele gute Gründe. Aber als er dann weg war und meine Tochter immer noch verwirrt war, da habe ich ihr in Ruhe erklärt, dass ich weiß, dass sie Recht hatte. Das ihre Wahrnehmung sie nicht täuscht, aber dass ihr Papa zur Zeit solche Dinge nicht zugeben kann.

    Ich wollte ihr bestätigen, dass sie nicht an sich und ihrer Wahrnehmung zweifeln muss. Aber im Nachhinein denke ich doch: ich hätte es gleich sagen sollen. Auch wenn es hier nicht um Alkohol ging. Aber dann hält mich meine innere Stimme zurück, die mir sagt: Nach einer Trennung darf man den Ex-Partner vor den Kindern nicht schlecht machen. Aber ist es das? Mache ich ihn schlecht, wenn ich bzgl. von objektiven Wahrheiten (dass er trinkt, dass er lügt etc.) sage wie es ist? Das finde ich gerade sehr schwer zu beantworten.

    Eine Bekannte, mit der ich lange darüber geredet hat, meinte, dass man natürlich nicht nach der Trennung Kinder damit belasten darf, indem man sagt: Dein Vater ist ein A...l... und taugt nichts, weil es Kinder, die ihren Vater ja lieben, tief verletzt. Aber alles überzuglasieren und von ihnen fern halten zu wollen geht auch nicht. Das ist mir in Bezug auf den Alkohol klar geworden, und den Schritt habe ich ja auch getan. Aber ich sehe jetzt, dass da noch viel mehr dran hängt.
    Natürlich will ich die Kinder mit all den Problemen nicht überfordern. Aber es ist und bleibt ein Balanceakt und ich stehe noch ganz am Anfang des Seils.

    Das sind so die Gedanken, mit denen ich mich auseinander setze. Aber es tut gut, dass zu tun, und es ist auch sicher notwendig, auch wenn es dafür kein Patentrezept gibt. Wünsche mir trotzdem manchmal ein Buch: Co-Alkoholismus für Dummies.

    Soweit mein Gedankenknäuel.
    Euch allen viele Grüße
    Ailin

    Hallo Markus,

    ich bin noch nicht so lange bei diesem Forum, aber bin dabei auf Deine Geschichte gestossen, die mich sehr berührt hat, weil ich in einer ähnlichen Situation bin. Allerdings muss ich nicht um die Kinder kämpfen, dass sie bei mir bleiben: Mein Ex ist einfach so ausgezogen, da gab es zum Glück keine Diskussionen. Aber auch bei mir sind die ständigen Lügen und das Auto fahren ein Problem. Ich hatte gerade in meinem Faden geschrieben, dass ich ihn jetzt zur Urlaubszeit quasi zwingen musste, sich auf regelmäßige Alkoholtests einzulassen, wenn er mit den Kindern fährt.

    Ich hoffe, es geht Dir gut, und dass sich alles in Deinem Sinne entwickelt. Alles Gute für Dich und Deine Kinder
    Ailin

    Liebe Leser,

    Heute morgen ist er mit den Kindern gefahren. Davor haben wir noch einiges in Bewegung gesetzt, die Kinder wissen Bescheid, seine Eltern, die Freunde vor Ort in Frankreich. Er kam heute morgen an und roch auch nicht nach Alkohol. Die Kleine hat ihm direkt das Messgerät hingehalten. War dann auch auf 0, woraufhin die Erleichterung bei den Kindern spürbar war (und er so tat als sei dass doch eine Selbstverständlichkeit und was wir auch alle hätten). Naja, sie sind inzwischen gut bei den Großeltern angekommen und alles ist gut gelaufen. Erste Etappe geschafft. Die Kinder klangen fröhlich und entspannt.

    Ich denke, dass er sich einfach vorgenommen hat, diese Woche durchzuhalten. Es wissen einfach alle Bescheid. Die Freunde vor Ort haben mir ihre Unterstützung zugesichert, sie kennen ihn schon Ewigkeiten, ich vertraue ihnen da. Die Kinder haben ein Handy dabei und können jederzeit anrufen. Er hat versprochen, dass er vor jeder Fahrt pustet und wenn er das jetzt nicht tut, würde eine ganze Maschine ins Rollen kommen. Wenn er trinkt, dann wird er das tun, wenn er alleine ist und sicher sein kann, dass er fürs Erste nicht mit den Kindern fahren muss.

    Um ehrlich zu sein: Natürlich ist mir nicht 100%ig wohl bei der Sache. Aber ich habe das Gefühl, getan zu haben, was ging, ohne die letzte Eskalation zu gehen. Ob ich das hätte tun sollen, wird sich zeigen und natürlich bleibt die Angst, dass ich es doch falsch einschätze. Damit muss ich jetzt umgehen.

    Die eigentliche Arbeit wird kommen, wenn er wieder da ist. Das Thema wird nicht einfach weggehen, jetzt da alle Bescheid wissen. In seinem Bekanntenkreis bahnen sich einige Auseinandersetzungen an. Ich kann nur hoffen, dass er davon irgendwann mal aufwacht. Aber ich befürchte, dass es noch eine Weile dauern wird, falls es überhaupt jemals passiert.

    Danke fürs Zuhören, es tut gut, das aufschreiben zu können.
    Ailin

    Liebe Leser
    So, die Katze ist aus dem Sack. Ich hatte mit dem Kinderpsychologen ein sehr gutes Gespräch. Im Prinzip hat er mich in meinen Annahmen bestätigt und mir auch gesagt, dass Offenheit sehr wichtig ist.
    Dann hatte sich mein Ex ja darauf eingelassen, dass ich den Alkoholtester kaufe und er vor jeder Fahrt freiwillig im Beisein der Kinder pustet. Das setzt natürlich auch ein Gespräch voraus. Eigentlich wollten wir es beide gemeinsam diesen Samstag machen (d.h. es war meine Idee, das gemeinsam zu machen). Heute morgen rief er dann an, ziemlich aggro, und meinte er könne mich momentan nicht sehen und ich solle ihm nicht unter die Augen kommen. Wie sich herausstellte, eskaliert es gerade in dem Verein, in dem wir beide sind, und er zur Zeit Vorsitzender ist. Der ehemalige Vorsitzende hat ihm schon mal angekündigt, dass bei der nächsten Wahl auch das Thema Alkohol auf dem Tapet landen wird. Tja, natürlich bin ich diejenige, die alle Welt gegen ihn aufhetzt, wie ich ausgerechnet mit dem reden könne. Ich bin ganz ruhig geblieben und habe nur gesagt, dass ich natürlich mit jedem offen über das Thema spreche, aber dass ich mich zurückgehalten habe, bis ich darauf angesprochen wurde. D.h. dass ich die Nachricht nicht aktiv verbreitet habe. Natürlich bin ich in letzter Zeit sehr offensiv damit umgegangen, aber eigentlich habe ich überall offene Türen eingerannt. Das habe ich ihm auch gesagt: Jeder weiß es. Naja, da hat er ein wenig vor sich hin geschimpft. Meinte dann, er überlege noch, ob er es den Kindern erst morgen sagt (ich hatte ihm bereits gesagt, dass Sonntag schlecht sind, weil die Kleine eingeladen ist). Naja, auf einmal wollte er dann alleine mit den Kindern reden.

    Letztendlich waren wir beide in unseren Schrebergärten, er war mit den Kindern Äpfel pflücken, ich bei mir Kartoffeln ernten. Beim Abholen ist mir schon wieder eine Bierfahne im ganzen Treppenhaus aufgefallen. Auf die habe ich ihn dann wieder angesprochen. Er hat sich wieder echauffiert, es sei Wochenende, er hätte gestern was getrunken, ich solle doch mit dem Scheiß aufhören, hätte immer nur das eine Thema, wolle einfach nur nicht wahrhaben, dass er jetzt viel glücklicher sei als vorher mit mir. (Zum Glück perlt so was ja schon ab wie Teflon, damit trifft er mich schon lange nicht mehr).

    Egal, also habe ich ihm gesagt, dass Ehrlichkeit nach wie vor Teil unseres Deals ist und ich den auch noch jederzeit abblase. Als ich dann mit den Kindern zu Hause war, habe ich ihnen ganz ruhig erklärt, dass Papa ein Alkoholproblem hat, Probleme hat, das zuzugeben, deswegen auch oft sauer auf mich und andere ist. Dass ich mir deswegen Sorgen wegen des Urlaubs gemacht hätte, aber Papa jetzt vorgeschlagen hat vor jeder Fahrt freiwillig zu pusten.

    Für die Große war das erstmal ein Schock. Obwohl sie sicherlich auch hier und da etwas mitbekommen hat, war das Thema irgendwie erstmal sehr viel. Sie fing gleich an zu weinen, konnte erstmal nichts sagen dazu. Die Kleine hingegen, die ja die Flaschen gefunden hatte und mir ja neulich von den "Scheiß-Drogen" erzählt hatte, schien das sehr viel gefasster wegzustecken. Ihr kamen zwar auch wieder die Tränen, aber sie war nach kurzer Zeit wieder ruhig und tröstete ihre große Schwester. Sie wollte dann auch gleich ihren Papa anrufen, die Große wollte davon erstmal nichts wissen. Wahrscheinlich hatte sie sich schon mehr damit auseinander gesetzt und hatte ihren Zusammenbruch einfach schon hinter sich. Trotzdem hat es mich überrascht.
    Die Kleine hat ihn dann angerufen und gesagt, dass ich mit ihnen geredet hätte. Sie hat auch gleich auf Lautsprecher geschaltet. Er war ganz ruhig mit ihr und hat ihr auch nochmal erklärt, dass er vor jeder Fahrt pusten wird. Hat also sein Versprechen vor den Kindern erneuert.

    Ich werde jetzt sehen, wie die nächste Woche läuft. Es ist gut, dass wir darüber offen sprechen konnten. Auch wenn meine Große jetzt wohl noch Zeit zum Verdauen braucht. Immerhin haben beide Kinder zusammen nächste Woche noch einen Termin beim Psychologen, der hoffentlich auch noch mal hilft.

    Die größte Fassade ist eingerissen. Ich habe ihm gesagt, dass ich auch seine Eltern und die Bekannten in Frankreich informiert habe, zu denen er ja hinfährt. Insofern sind die Kinder nicht alleine. Wenn er sich querstellt, oder das Gerät etwas anzeigt, haben sie Leute da, die sie unterstützen und die Bescheid wissen. Es ist trotzdem hart für sie. Deswegen ist sein Versprechen, es freiwillig zu tun, so wichtig.
    Ich denke ja, dass er in der Lage ist, Trinkpausen einzulegen. Auch wenn er dann noch nicht trocken denkt. Aber wir werden sehen, was sich diese Woche noch so tut. Die Reissleine ist noch immer in Reichweite.

    Letztendlich bleiben die Zweifel, egal was ich tue. Ob dieses letzte bisschen Vertrauen, was ich jetzt nochmal vorschiesse, dass er sich an sein Versprechen hält und somit die Kinder nicht in Gefahr bringt, ob dieses Vertrauen doch zuviel ist. Ich weiß es nicht.

    Aber jetzt werde ich es auf mich zukommen lassen und dann wohl im letzten Moment sehen, wie es steht.

    Wie gesagt. Die Fassade liegt in Stücken am Boden. Jetzt muss er sehen, was er damit anfängt.

    Ailin