Hallo VIT,
Ich lese seit einiger Zeit nur noch sporadisch mit, aber Deine Geschichte berührt mich sehr. Ich war auch 19 Jahre mit einem Mann zusammen, habe zwei wundervolle Kinder (9 und 12) mit ihm und trotzdem ging alles wegen seiner Alkoholsucht in die Brüche.
Etwas anders war es insofern, als dass ich irgendwann nicht mehr konnte und er sich lange an die Beziehung geklammert hat. Allerdings wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts von seiner Krankheit. Er hatte sich aber charakterlich verändert, war stets reizbar und verbal aggressiv, unzufrieden mit allem. Ich konnte mir das alles nicht erklären, ging von Depressionen usw. aus.
Irgendwann wurde es so schlimm, dass mir klar wurde, dass die Kinder Schaden nehmen würden. Als die Trennung dann beschlossen, aber noch nicht vollzogen war, habe ich dann die Flaschen gefunden.
Als ich ihn damit konfrontierte, brach er zwar zuerst zusammen und entschuldigte sich. Am nächsten Tag war aber alles wie vorher, er hätte kein Problem, bzw. könnte das selber regeln. Insofern keine Einsicht.
Was mir so im Nachhinein bewusst geworden ist: Er hat der Trennung letztendlich zugestimmt, weil er sich wohl in die Enge getrieben fühlte. Ich habe immer weiter nach der Ursache unserer Probleme gebohrt, Therapie und Gespräche inkl. und nichts half. Weil er sich ja wohl auch nicht helfen lassen wollte: Dazu hätte er die Karten auf den Tisch legen müssen.
Im Nachhinein ist mir auch klar geworden, dass er der Trennung erst zugestimmt hatte, als er bereits eine neue Beziehung hatte, die das Trinken zumindest toleriert.
Er hat den einfachsten Weg gewählt und stattdessen mir vorgeworfen, ich hätte ihm und der Beziehung keine Chance mehr gegeben. Ich habe ihn immer wieder gefragt, was ihn an der Beziehung stört: er konnte mir keine Antwort geben. Es gab auch keinen Grund, außer, dass ich ihm irgendwann zu sehr auf die Pelle gerückt bin. Ich glaube, er wollte einfach seine Ruhe haben, ohne sich mit den Problemen auseinander zu setzen.
Obwohl wir jetzt seit Feb 2018 offiziell getrennt sind, bin ich immer noch traurig darüber, dass unser Familienleben zerstört wurde. Ich hätte einiges dafür gegeben, dass zu ändern. Aber ich musste mir eingestehen, dass dazu nur auf meiner Seite ein echter Wille bestand, bei ihm waren es immer nur Lippenbekenntnisse.
Meine Kinder haben sicherlich gelitten, aber meine Große hat mir schon kurz nach der Trennung gesagt, dass es so besser ist, weil es weniger Streit gibt. Das war auch ehrlich gemeint, weil sie viel von seiner verbalen Aggression abbekommen hat. Die Kleine hatte weniger Probleme mit ihm und daher fiel es ihr schwerer. Aber jetzt haben wir das Schlimmste hinter uns und trotz der Traurigkeit ist die Harmonie, die wir jetzt erleben kein Vergleich zu der vergifteten Atmosphäre früher. Ich sage Dir nicht, dass Du Dich trennen sollst. Nur Du allein weisst, wann der Zeitpunkt gekommen ist (oder Deine Frau zieht ihr Vorhaben durch).
Du bist nicht schuld, wenn Deine Frau jetzt für ihren Alkohol kämpft und ihrem Familienleben vorzieht. Vielleicht hattet ihr früher schon Probleme, aber ihre Aussagen scheinen zumindest fragwürdig (mal bist Du zu wenig da, dann wieder zuviel). Da wird die Wahrheit eben so gedreht, wie sie gerade passt. Logik zählt da nichts mehr, und je mehr ich versucht habe, rational und logisch an das Problem heranzugehen, desto frustrierender wurde es.
Das Wichtigste sind natürlich die Kinder, in welcher Konstellation auch immer. Ich hatte zumindest "Glück", dass mein Ex gar nicht auf den Gedanken kam, die Kinder mitzunehmen. Es war klar, dass er auszieht und die Kinder bei mir bleiben. Wie sieht das bei Euch aus? Will Deine Frau die Kinder mitnehmen? Dann steht Dir sicherlich noch einiges bevor. Mein größtes Problem war, dass ich die Kinder nicht mehr mit ihm Auto fahren lassen wollte, trotz aller Beteuerungen dass er nie mit den Kindern fahren würde, wenn er getrunken hat. Dass mein Vertrauen dahingehend durch all seine Lügen weg war, war ihm egal. Ich musste da schon heftige Geschütze auffahren. Als ich ihn aufforderte, in Zukunft immer vorher ein Alkoholtestgerät zu nutzen, kannst Du Dir seine Reaktion vorstellen. Ob ich einen Rosenkrieg wolle usw. Ich habe in meiner Verzweiflung einen befreundeten Polizisten angerufen, der mir nur sagen konnte, dass die Polizei nur eingreift, wenn er tatsächlich alkoholisiert fahren sollte. Auf gut Glück beobachten lassen oder mal kontrollieren lassen geht nicht. Ich hätte also schon genau wissen müssen, dass er getrunken hat und dann die Polizei rufen. Da ich natürlich nicht wissen konnte, wann er mit den Kindern fährt, war das keine Option. Insofern lag die Beweislast bei mir.
Als er dann in den Sommerferien mit den Kindern weg wollte, habe ich gesagt, dass ich vors Jugendgericht gehe, wenn er dem Alkoholtestgerät nicht zustimmt. Das war zwar auch ein wenig geblufft, aber wahrscheinlich hätte ich es wirklich getan, ich wusste weder ein noch aus. Da hat er dann eingelenkt.
Mir ist klar geworden, dass er in der Lage ist Trinkpausen einzulegen. Insofern ist es sehr schwierig sicher zu sein wann er wieder zu viel trinkt. Er ist großartig im Lügen und Manipulieren, etwas, was ich ihm früher nie zugetraut hätte.
Tut mir leid, ich wollte Deinen Faden nicht kidnappen und meine Geschichte aufschreiben. Vielleicht hilft es trotzdem ein wenig. Für Dich ist noch alles ganz frisch und der Schock noch groß. Ich kenne das Gefühl sehr gut. Kämpfe, wenn es geht, aber wenn es keinen Sinn mehr hat scheue Dich nicht davor los zu lassen. Wie gesagt bin ich auch traurig und habe das Gefühl gescheitert zu sein. Trotzdem war es richtig und alles andere wäre deutlich Schlimmer geworden.
Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft
Ailin