Was kann ich tun?

  • Hallo,
    Ich bin im Moment sehr verzweifelt und weis grade nicht mehr weiter, ich hoffe das ihr mir einen Tipp geben könnt.

    Ich bin 35 Jahre und komme aus Hannover. Mein Vater ist 59 Jahre und wohnt in Stuttgart.
    Mein Vater trinkt schon seit ich denken kann. (Ca.0,5-1 Liter Whisky pro Tag, seit mindestens 35 Jahren) er wohnt alleine hat keinen Freundeskreis geht aber noch arbeiten.

    Beim letzen Besuch war ich sehr erschrocken über seinen Zustand. Er hat stark abgebaut. Er ist sehr dünn geworden, er kann nichts mehr essen ohne sich Erbrechen zu müssen. Er weis das er eine Leberzirrhose hat. Er sagt diese wäre im Anfangsstadium. Ob das stimmt weis ich nicht. Ich bin letzte Woche nach Stuttgart gefahren und bin mit ihm zur suchtberatung gegangen. Er möchte auch was ändern. Ich habe ihn anschließend gleich ins Krankenhaus gebracht. Dort haben sie eine Magen und eine darmspiegelung durchgeführt. (Ergebnis steht noch aus)

    Nun ist folgendes passiert : er hat mich angerufen und gesagt er wird jetzt übers Wochenende entlassen und er fährt jetzt nach Hause. Ich konnte das nicht nachvollziehen und habe im kH angerufen. Die Schwester hat mir gesagt er hat sich Alkohol besorgt. Als er erwischt worden ist, hat er sich entgegen ärztlichen Rat aus KH selbst entlassen. Nun sitzt er wieder Zuhause und ich fürchte er trinkt wieder obwohl er dem Alkohol letzte Woche noch den Kampf angesagt hat.

    Ich bin grade fix und alle. Was soll ich bloß tun? Würde es helfen wenn ich ihn mit zu mir nehme?
    Wenn nichts passiert sieht die Zukunft sehr düster aus ich mag da nicht dran denken. Würde es meinen Vater helfen wenn er hier bei mir wäre? Zumindest solange bis wir eine langzeittherapieplatz haben?

    Traurige Grüße

  • Hallo Sunny

    wenn ich mich in den Seelenzustand zurückversetze, in dem ich mich befand, als ich noch trank, kommt mir eigentlich nur in den Sinn, dass es niemandem gelungen wäre, mich vom Alkohol zu trennen. Ich hätte mich zwar gefreut, dass sie/er sich um mich kümmert. An meinem Trinkwunsch hätte das jedoch nichts geändert. Nicht anders war es mit dem Rauchen. Auch hier hatte meine Familie keine Chance. Meine Frau versuchte erst gar nicht, mich vom Tabak zu trennen, weil sie selber rauchte, meine Tochter begann irgendwann ebenfalls zu rauchen.

    Das wirklich Schlimme an einer Abhängigkeit ist, dass jeder Entzug des Suchtmittels aufgrund der Entzugserscheinungen extrem negativ empfunden wird. Nimmt man das Suchtmittel wieder zu sich, sind die Entzugserscheinungen weg und es geht dem Abhängigen subjektiv besser.
    Erfolgreich aus der Suchtspirale aussteigen kann deshalb m.E. nur derjenige, dem es gelingt in sich zu spüren, dass ein Leben ohne Sucht und Suchtmittel eine weitaus höhere Lebensqualität als ein suchtgesteuertes Leben hat bzw. haben kann.
    Nur dann ist man m.E. dazu bereit, die Zeit des Entzugs auszuhalten.

    Dass ein Angehöriger helfen kann, eine derartige Einstellungsänderung herbeizuführen, wage ich zu bezweifeln.

    Bassmann

  • Das kann ich so absolut bestätigen.

    Solange ich noch drinnen steckte im Suchtkreisel, hat mich nichts vom Trinken abbringen können.
    Ich selbst hatte fast ausschließlich 'leichte' Alkoholika konsumiert, aber da machts dann halt einfach die Summe.
    Klar hab ich auch mal problemlos Pausen gemacht, aber ich wusste ja immer dass das nur Pausen waren.
    Kein Verwandter, kein Freund und auch keine Beziehung hatten mich davon abhalten können.

    Ich habe kleine Notlügen erfunden um abends ungestört zuhause trinken zu können, ich habe gelogen um das Konstrukt meiner Fassade aufrecht zu erhalten, und wenn der Kontrollverlust einmal eingesetzt hatte, dann bin ich auch mal nachts aus dem Haus geschlichen und mit dem Fahrrad kilometerweit zur nächsten Tankstelle gefahren um Nachschub zu holen.

    Klar kannst Du Deinem Vater Unterstützung anbieten.
    Aber den Weg aus der Sucht heraus gehen, das kann doch nur, und muss er selber!
    Unterstützung kann dabei in der Tat sehr hilfreich sein. Aber dies muss er ja überhaupt erstmal wollen!
    Und es darf vor Allem auch Deine eigene Kraft nicht überschreiten.

    Die Site von A-Connect ist ganz gut:
    http://www.a-connect.de/hilfea.php

    Grüße und gute Kraft,
    Land-in-Sicht

  • Vielen Dank für eure Antworten, demnach habe ich einiges falsch gemacht.
    Mir war nicht klar, dass ich eigentlich keine Chance habe ihn zum aufhören zu "überreden".
    Der Schuss ist ja auch klar nach hinten losgegangen.

    Ich habe ihn heute Abend eine Mail geschickt in der ich ganz klar und hart geschrieben habe das es nur zwei Möglichkeiten gibt: 1. er "säuft" sich tot ( er ist kurz davor) und 2. Er ist bereit etwas zu ändern.
    Sollte er sich für Möglichkeit 1 entscheiden werde ich den Kontakt abbrechen. Bei Möglichkeit 2. hat er meine volle Unterstützung. Ich habe ihn geschrieben das die Entscheidung ganz bei ihm liegt.

    Für mich ist es sehr schwierig den Kontakt abzubrechen, aber was anderes bleibt mir dann wohl nicht. Das habe ich jetzt verstanden. Vielen Dank an euch fürs Augen öffnen. (Auch wenn ich mir insgeheim was anderes gewünscht hätte) ich warte jetzt ab was für eine Entscheidung er trifft. ;(

    Nochmals vielen Dank für eure Antworten wenn sich was positives ergibt dann werde ich berichten.
    Lieben Gruß

  • Hallo Sunny80 ,

    ich habe das was Du geschrieben hast aufmerksam verfolgt.

    Breche den Kontakt zu Deinem Vater nicht ab.
    Ich denke das er gar nicht in der Lage ist überhaupt Entscheidungen zu treffen. Dein Ultimatum ist schon ziemlich heftig, er ist wahrscheinlich gar nicht in der Lage zu begreifen was Du von ihm erwartest. Dazu ist der Alkohol zu stark präsent in seinem Leben. Als ich im PZN WW zur Entgiftung war, ist mir das ganz stark aufgefallen ... das einige Patienten absolut nicht in der Lage waren überhaupt irgendetwas zu realisieren / begreifen (sie wurden von Ihren Lebenspartnern / Familienmitgliedern auf diese Station eingeliefert).
    Bei einer eigentlich sehr lieben älteren Dame wurde das Korsakow Syndrom festgestellt. Vielleicht ist diese Alkohlkrankheit bei deinem Vater auch teilweise präsent. Vielleicht sieht er keinen Sinn mehr in seinem Leben. Der Zwang zum trinken ist vielleicht eine sehr starke körperliche und keine seelische Abhängigkeit. Der Körper suchtet so sehr nach Alkohol, wie bei einem Menschen der nach Heroin, Molly, Meth, Desomorphin (Croc) abhängig ist. Das er ganz dringend eine Entgiftung & Therapie braucht wird er wahrscheinlich nicht mehr verstehen.
    Ich weiß das es sehr schlimm für Dich ist das mit ansehen zu müssen. Mein Vater ist ein lieber Mensch und auch sehr stark vom Alkohl abhängig. Er wird es auch niemals schaffen und wird auch nie begreifen es mal zu versuchen, dem Alkohol den Kampf anzusagen.
    Aber .... wenn seine Tochter (Du) ihm jetzt auch noch droht den Kontakt abzubrechen ... das wird seiner Psyche bestimmt den Rest geben. Vor allem der Satz, zwecks tot saufen.
    Breche den Kontakt nicht ab, denn wenn er wirklich irgendwann sterben sollte, wirst Du es bereuen. ... am Grab stehen und Dir Vorwürfe machen ... das ist bestimmt nicht in Deinem Sinne.

    Zeige ihm das Du für ihn da bist, frage ihn nach seinen Problemen, was beschäftigt deinen Vater .. warum er überhaupt angefangen hat zu trinken. Wenn Du Dich langsam an die Ursachen herantastest ... natürlich es wird Zeit dauern ... vielleicht wird er sich auch erstmal nicht getrauen mit Dir offen & ehrlich zu sprechen .... aber wenn doch ... dann kann mit viel Gefühl eine wirkliche dauerhafte Lösung gefunden werden. Einfach nur versuchen zu überreden ...das bringt nichts.
    Und falls Korsakow vorhanden ist, ... brauchst Du ärztlichen Rat im Sinne Deines Vaters.

    Liebe Grüße, Steffi

    Einmal editiert, zuletzt von Steffi (21. März 2016 um 09:41)

  • So wie Steffi schreibt, in etwa auch in die Richtung hatte ich heute fast auch schonmal ein par Zeilen in den Tasten.

    Ich finde auch dass 'Abstand nehmen' oft verwechselt wird mit 'Kontakt für immer abbrechen'. Dabei ist damit so wie ich es mittlerweile verstehe vor allem gemeint dass man einen gesunden Abstand, und damit eine gesunde (innere) Position für sich finden soll, ohne dass man selbst mit in den teilweise starken Sog der Sucht des Betroffenen mit hinein gerät. Klar, wenn es dafür eine Trennung braucht, dann ist das eben so. Aber es ist m.M.n. nicht zwangsläufig unbedingt eine Trennung Voraussetzung für einen gesunden Abstand und guten Umgang damit.

    Für mich war es sehr wichtig und neben allem Negativen auch ein entscheidender zusätzlicher Anreiz für den Ausstieg, dass ich Menschen hatte die mir immer wieder zeigten dass sie an mich glauben, und von denen ich wusste dass ich auf sie und ihre Unterstützung zählen kann.

    Ich kann ja den Menschen immernoch lieb haben und versuchen ihn zu stärken. Sollte aber niemals sein süchtiges Verhalten unterstützen. Und als allererstes auch immer auf mich und meine eigenen Kräfte achten.

    Grüße und GuteKraft immer!

    LiS

  • Hallo Sunny80,

    die "Kunst" liegt wohl darin, Dich von Deinem Vater abzugrenzen (solange er an seiner Situation nichts ändern will/kann) ohne ihn komplett fallen zu lassen. Da kann ich LiS nur zustimmen. Ich schreibe das hier jetzt so leichtfertig, aber mir ist sehr bewusst in welcher Situation Du bist. Ich bin Alkoholiker, kein Angehöriger, und ich kann Dir aus eigener Erfahrung sagen, dass es einem sehr hilft, wenn jemand da ist der einem aus dem Mist raus hilft. ABER: Das funktioniert leider erst, wenn man selbst anfängt raus kommen zu wollen. Wenn diese extrem wichtige Entscheidung gefällt ist, dann kann es unheimlich hilfreich sein, wenn einem jemand beisteht, also z. B. der Partner, die Kinder usw.

    Somit wäre das Signal, dass Du aus meiner Sicht senden solltest eher so, dass Du ihm erklärst, dass Du für ihn da sein wirst, wenn er etwas ändern will und auch konkrete Schritte einleitet und diese dann auch geht. Ansonsten kannst Du nichts machen, ihn mal besuchen, schauen wie es ihm geht, immer mal wieder mit ihm reden und Dich dabei so gut es geht abgrenzen um nicht selbst (noch) tiefer in ganze Geschichte hinein gezogen zu werden. Denn wie Dein Vater für sein Leben verantwortlich ist, bist Du es für Deines.

    Alles Gute Dir!

    LG
    gerchla

  • Hallo Sunny80,

    als Schwiegertochter einer Alkoholikerin stelle ich mir seit 18 Jahren dieselbe Frage und komme zu dem Schluss, dass es nichts gibt, was wir als Angehörige tun können.

    Mein Mann und ich haben auf so vielen Wegen versucht, sie von "dem richtigen Weg" zu überzeugen, aber es hat alles nichts gebracht. Mittlerweile haben wir eine eigene kleine Familie und sind zu der Entscheidung gekommen, uns zu distanzieren. Hier in diesem Forum habe ich selbst nach Antworten und letztendlich auch nach der "Absolution" gesucht, dass es richtig ist, sie loszulassen.

    Wir haben uns auch gefragt, was geschieht mit ihr, wenn wir nicht mehr für sie da sind. Die Antwort ist, dass wir es nicht wissen. Genau so wenig, wie wenn alles so weitergeht wie bisher. Der einzige Unterschied ist unsere eigene Haltung.

    Ich habe viel recherchiert und war bei verschiedenen Beratungsstellen und habe tolle Antworten von Alkoholikern und Angehörigen bekommen. Und das Ergebnis für uns war, dass wir nur noch auf uns selbst achten können. Wir können versuchen uns abzugrenzen und die Ereignisse (besonders die Rückfälle) nicht zu nah an uns heran zu lassen, aber das ist tatsächlich "eine Kunst".

    Mir bzw. uns ist es jedes Mal so ergangen, dass wir genau so hilflos der Situation gegenüber standen, wie meine Schwiegermutter, mit dem Unterschied, dass wir bei vollem Bewusstsein waren. Wie grenzt man sich in Extremsituationen denn noch gesund ab?


    Denn wie Dein Vater für sein Leben verantwortlich ist, bist Du es für Deines.

    Dieser Satz von Gerchla ist ganz entscheidend, denn du bist in diesem Zusammenhang auch wichtig!

    Ich wünsche, dir viel Erfolg auf deiner Suche nach Antworten und alles Gute!

    Liebe Grüße
    Corab

  • Hallo, Corab!

    Schön, mal wieder von Dir zu lesen.
    Irgendwie ist es aber auch schade, dass Du nur das bestätigen kannst, was schon sooo viele Angehörige vor Dir feststellen mussten:

    Man kann sich nur um sich selbst kümmern, auf sich selbst achten.

    Der/die Betroffene ist für sich selbst verantwortlich - genau wie der/die Angehörige/n. Wenn der/die Betroffene Hilfe annehmen will und der/die Angehörige in der Lage ist/sich in der Lage fühlt, helfen zu können, dann ist das optimal. Aber optimal ist oft die Ausnahme ...

    LG
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo,
    Erstmal auch wenn es schon recht spät dafür ist: Danke für eure Antworten.
    Ich habe nun auch ein Update:
    Ich Frühjahr war ja nun schon alles in die Hose gegangen, ich dachte eigentlich das es schlimmer nicht werden kann. Ich wurde vor etwa drei Stunden eines besseren belehrt.

    Sitze im Moment im ICE zurück nach Hause und bin am heulen.
    Mein Papa war wieder im Krankenhaus. Seit 2,5 Wochen. Ich habe heute einen überraschungsbesuch gemacht. Die Begeisterung von seiner Seite hilt sich im Grenzen. Als ich ins Zimmer kam, hatte er bereits seine Taschen gepackt und wollte zurück nach Hause. Das Thema hatten wir die letzten 2 Wochen schon öfter dich da konnte er immer noch zum da bleiben "überredet" werden. Wir hatten mit der Ärztin ein Gespräch zu dritt. Kurze Zusammenfassung : Leberzirrhose fortgeschritten, Gelbsucht, bauchwasser, Wasser in den Beinen, abgemagert, schlechter allgemein Zustand. Er hat seine Medikamente nicht genommen sondern im Zimmer versteckt und den Großteil nicht eingenommen. Dadurch ist keine wirkliche Verbesserung eingetreten. Man vermutet nun auch das sich das Bauchwssser entzündet hat. Die Ärztin hat vorgeschlagen ihn an ein anderes Krankenhaus zu überweisen, dass spezialisiert ist auf Leber.
    Er will aber nicht, er sagt er hat die Schnauze voll und will nach Hause. Wir haben auf ihn eingeredet. Keine Chance. Auf meine Frage ob er denn zuhause wieder trinken will hat der gesagt "das weiß ich noch nicht !". Ich bin dann heulend raus gelaufen , er hat angefangen sich die Schläuche aus dem Arm zuziehen hat die Tasche genommen und sich ne Taxi gerufen. Er hat mich auf dem Gang gefragt ob ich mit will. Ich hab nur mit dem Kopf geschüttelt.
    Die Ärztin hat mir auf dem Gang dann nochmal gesagt, dass er durchaus noch eine Chance hat aber nicht wenn er nach Hause geht.

    Es nimmt kein Ende ich denke es wird noch schlimmer.
    ich weiß jetzt gar nix mehr. Bin irgendwie leer grade aber ich musste das jetzt mal loswerden.

  • Oh mann, Sunny, fühl Dich mal ganz lieb in den Arm genommen.... Ich kann mir vorstellen, wie Du Dich fühlst. Man ist so ohnmächtig. Wenn einer, der einem so lieb ist, mit offenen Augen in sein Verderben rennt und man gar nichts machen kann. ;(

    Und das ist leider, leider auch der Punkt. Ich habe schon ähnliche Situationen erlebt und gerade erinnere ich mich und die Bilder kommen wieder hoch, wie schlimm das für mich war, so hilflos dazustehen und fassungslos zu sein und irgendwie nichts tun zu können.

    Leider habe ich keinen wirklichen Rat für Dich außer, dass Du vielleicht versuchst, innerlich loszulassen und zu akzeptieren, dass es sein Wille ist, dass es seine Verantwortung, seine Entscheidung ist. Das ist verdammt hart, aber Du kannst wohl leider nichts verändern. Es ist sein eigenes Risiko - im Moment denkt er nur an sich selbst. Du bist die Tochter, er ist der Vater. So wie es aussieht, wird er leider nicht auf Dich hören.

    Ich wünsche Dir ganz viel Kraft. Atme mal tief durch. Versuche kurz, zurück zu Dir selbst zu kommen. Auch wenn es nur ein paar Momente sind. Das brauchst Du jetzt, glaube ich.

    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Es ist schlimm, das zu lesen - bestätigt aber leider, was immer wieder hervorgehoben wird: Wenn der Betroffene nicht will, kann man absolut nichts machen!
    Deinem Vater wird schon klar sein, dass er sich umbringt. Aber Du kannst Dich auf den Kopf stellen, im Dreieck springen, Pogo tanzen - es wird nichts daran ändern, dass er das tut, was ER will. Und eben das nicht tut, was er nicht will.

    Ich weiss: es ist sehr schwer, aber Pingu hat Recht - Du musst loslassen und Dich um Dich, Dein Wohlergehen kümmern.

    Und dafür wünsche ich Dir alle erdenkliche Kraft!

    LG
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Sunny,

    auch von mir ein Willkommensgruß, und sei aus dem fernen Stuttgart liebevoll in die Arme genommen.

    Ich bin auch in dem Alter Deines Vaters und bei mir wurde auch beginnende Leberzirrhose festgestellt.
    Vor etwas mehr als einem Jahr war ich völlig unten. Teils vom Alkohol, teils durch Depressionen. Ich war auf unter 50 kg abgemagert und es fehlte mir jeder Lebenswille. Im Grunde genommen wollte ich sterben.
    Irgendwann schrieb ich völlig verwirrt eine WhatsApp an meinen Sohn, der auch in Deinem Alter ist.
    Da ist er gekommen, sah meinen Zustand, und hat sich meiner angenommen, weil ich selbst nicht mehr dazu in der Lage war.
    Ich behielt nichts mehr in mir. An feste Nahrung war gar nicht zu denken, aber auch den Alkohol habe ich nur noch erbrochen - und weitergetrunken.
    Mein Sohn ließ mich in die Psychiatrie einweisen. Das war für mich natürlich, trotz meines geistigen Nebels, grausam.

    Diese Krise hatte schon vor meinem völligen Absturz angefangen. Monate zuvor war ich selbst in eine Entzugsklinik gegangen. Dort machte man einen qualifizierten Alkoholentzug mit mir. Aber in den letzten Tagen bekam ich plötzlich so einen Saufdruck, dass ich nur noch nach Hause wollte. Da half alles zureden nicht weiter. In dem Zustand erlebte ich die Sucht so stark, dass daneben kein Raum blieb für einsichtige Gedanken. Ich wischte jede Hilfe, jede noch so fürsorgende und liebevolle Hand vom Tisch.
    Ich entließ mich selbst – und holte mir schon auf dem Weg nach Hause etwas zu trinken.

    Heute bin ich wieder in einem guten Zustand. Sowohl psychisch, wie auch körperlich. Es geht mir so gut, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr.
    Durch diese Krise konnte ich alle schwierigen Probleme in meinem Leben lösen und mit mir und meinen Angehörigen ins Reine kommen.
    Die zirrhotische Leberentzündung hat sich gebessert und es bestehen gute Voraussetzungen, dass sie bei völliger Abstinenz nicht mehr weitermacht und sogar ausheilt.
    Das Leben hat mich wieder.

    Zu meinem Sohn habe ich inzwischen wieder ein gutes, liebe- und vertrauensvolles Verhältnis.
    Es war gut, dass er in schlimmen Zeiten Abstand zu mir genommen hat, und sich selbst schützte. Aber es war auch gut, dass er den Kontakt niemals abgebrochen hat.
    Ich bin mir sicher, dass ein völliger Kontaktabbruch meine damalige Uneinsichtigkeit eher sogar noch gefördert hätte. Nach dem Motto: Jetzt ist eh alles egal, wenn sich sogar mein Sohn von mir abwendet.

    Es gibt in Stuttgart und Umgebung gute und helfende Einrichtungen.

    Natürlich ist es wichtig, dass der Betroffene die Hilfe selbst möchte. Aber manchmal ist auch ein Schubs in die richtige Richtung nötig. Und oft, so scheint es mir auch bei Deinem Vater zu sein, wissen sie gar nicht, wo und wie ihnen geholfen werden kann.

    Liebe Grüße
    Dietmar

  • Danke euch für euer Verständnis. Und das ich den ganzen scheiss hier mal loswerden konnte.
    Dietmar, ich freue mich das du es geschafft hast davon weg zukommen.
    Dazu gehört ne Menge Kraft.

    Aber ich glaube mittlerweile mein Papa hat sie nicht mehr.
    Er weiß gar nicht wie es ist ohne Alkohol er trinkt bereits seit seiner Jugend und das täglich.
    Es tut mir so weh das zusehen, wenn er ein A..loch wäre dann wäre mir das auch alles egal, aber das ist er einfach nicht. Ist grade ganz schwierig. Seit dem ich gestern Abend gefahren bin geht er auch nicht mehr ans Telefon. Er hat gestern Abend bei meinen Mann angerufen und gesagt das es ihm leid tut aber er kann nicht.
    Ich versuche schon den ganzen Tag anzurufen aber er nimmt nicht ab.
    Bin echt fertig grade. Liebe Gruß an euch.

  • Hallo Tina -

    ich denke, für Menschen in Deiner Situation kann folgendes Buch hilfreich sein, ein wenig Trost spenden und möglichen Schuldgefühlen vorbeugen:

    Tina Wolf (NDR - Redakteurin, Sprecherin und Autorin)
    "Und ich dachte, ich könnte dich retten"
    Ingo Koch Verlag - ISBN 3-938686-70-7

    Vom Klappentext:
    " ... Facettenreich werden die Probleme des Süchtigen und seiner Angehörigen und Bekannten - der Co-Alkoholiker dargestellt: Die Verdrängung, das Wegsehen, die Einsamkeit, die Hilflosigkeit und schließlich das Ende auf der Intensivstation.
    Die Form der sehr emotionalen, sich hinterfragenden Ich-Erzählung macht das Geschehen für den Leser gut nachvollziehbar."
    (Dr. Peter Ehrich - Suchtberater

    Viel Kraft und
    herzliche Grüße
    keppler

  • Hallo,
    Ich möchte euch ein "kleines Update" geben wie es weiterging.....
    Also mein Vater ist an einem Dienstag auf eigenen Wunsch wieder nach Hause gegangen. Mittwoch und Donnerstag habe ich ständig versucht ihn telefonisch zu erreichen. Erst Freitag Abend ist er ans Telefon gegangen. Er sagte mir nur er glaubt er stirbt jetzt. Dann habe ich gleich die 112 gewählt mit der Bitte sofort dahin zufahren. Er wurde dann gleich auf die Intensiv Station gebracht. Am nächsten Tag bin ich dann wieder nach Stuttgart gefahren. Er war in einem sehr schlechten Zustand, er hat wohl eine starke Blutung gehabt und man gab ihn Bluttransfusionen. Als ich in seiner Wohnung nach dem rechten schauen wollte traf mich endgültig der Schlag.

    Ich kann nicht wirklich beschreiben wie es da aussah, es war alles voller Blut und andere "Flüssigkeiten". Kein schöner Anblick. In der Küche fand ich eine Rechnung vom Pizzabringdienst : eine Pizza und zwei Flaschen Jack Danieles. Die Pizza lag noch unangetastet da. Eine Flasche war noch voll, die andere halb leer. Außerdem fand ich auf seinen Schreibtisch ein Tablettencrascher und läuter bunte Pillen. Daneben stand ein Glas mit dem Whisky. Ein voll gekotzter Eimer mit irgendwelchen Stücken drin war daneben. Im Nachhinein wird mir klar das er sich vielleicht umbringen wollte, ob bewusst oder unbewusst weiß ich nicht.

    Nach Ca. 2 Wochen wollte das Krankenhaus ihn nun "loswerden" man kann nichts mehr tun. Er war dort in einer schlimmen Verfassung wollte sich nicht behandeln lassen und wurde teilweise aggressiv. Ich sollte mich nun kümmern was mit ihn passieren soll.

    Habe mich dafür entschlossen ihn nach Hannover zuholen, damit ich mich um ihn kümmern kann. Habe einen Transport organisiert mit Krankenwagen und Krankenschwester und hier einen Platz im Pflegeheim reserviert. Nun war der Tag gekommen, der Krankenwagen kam und er hat randaliert. Muss dazu sagen das seine Hirnleistung rapide nachgelassen hat. Ich hatte ihn vorher drauf vorbereitet und er wollte auch unbedingt. Nun grade an dem Tag anscheinend nicht mehr. Naja Ende vom Lied : Transport hat nicht stattgefunden.

    Er wurde dann auf einer pallativstation in Stuttgart verlegt. Dort ist es auch besser meiner Meinung nach. Mittlerweile ist er von 24 Stunden etwas 22 Stunden am schlafen. Er sieht aber besser aus ist nicht mehr so gelb und sein Wasser im Bauch ist auch fast weg. Schlimm ist jetzt die Sache mit dem Kopf. Er ist verwirrt , er wollte gestern aufstehen und in die Stadt gehen. (Kann nicht laufen hat Katheder und Windeln) und kaum zugeglauben aber wahr: wenn ihn etwas gereicht wird, nimmt er es und versucht daraus zutrinken. Keine Ahnung ob er denkt das wäre Alkohol ?

    Jedenfalls ist es jetzt aktuell so, dass die pallativ Station ihn auch nicht länger behalten will da nicht abzusehen ist wann er "stirbt". Aussage war das kann noch Monate gehen da es ihn etwas besser jetzt geht als noch im Krankenhaus. Es geht also in die nächste Runde. Ich habe eigentlich die Hoffnung das er wieder auf die Beine kommt immer noch nicht ganz aufgegeben und bin bemüht das beste für ihn zumachen.

    Jetzt bin ich aber wieder am Anfang und weis nicht was ich machen soll. Gibt jetzt nur noch zwei Möglichkeiten : 1. Pflegeheim in Stuttgart (Nachteil ich kann nur am Wochenende dort hin)
    Oder 2. Pflegeheim bei mir in der Nähe. (Nachteil Transport)
    Ich habe mal wieder keine Ahnung

  • Au weia...

    whip2_ fühl dich mal gedrückt. Du hast es ja wirklich nicht leicht.

    Mir fällt jetzt so gar nichts dazu ein. Ich kann dir auch keinen Tipp geben. Vielleicht kann unser schlauer "Grüner Fuchs" dir einen Rat geben nixweiss0

    Ganz liebe Grüße von Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hi, Sunny!

    Keine schönen Nachrichten. Nur: nach allem, was ich in den letzten Jahren erlebt, erfahren, gehört und gelesen habe, ist es für mich nicht überraschend.

    Gibt jetzt nur noch zwei Möglichkeiten : 1. Pflegeheim in Stuttgart (Nachteil ich kann nur am Wochenende dort hin)
    Oder 2. Pflegeheim bei mir in der Nähe. (Nachteil Transport)

    Ich kann Dir - in Deinem Interesse - nur raten, ihn NICHT in Deine Nähe zu holen. Denn es stimmt: u.U. kann es mit Deinem Vater noch eine ganze Weile so gehen. Und wenn er in Deiner Nähe ist, dann hast Du plötzlich 3 Jobs: Arbeit, Familie, Vater - und das macht Dich kaputt.
    Ich habe in meiner SHG mehrere Leute, die sich auch um Familienangehörige und deren Pflege kümmern. Und die laufen am Limit.
    In einem Pflegeheim ist Dein Vater in professionellen Händen (ich will jetzt keine Diskussion um die Qualität von Pflegeheim XY und YZ und überhaupt). Das Pflegeheim ist für die Pflege und Behandlung von Menschen wie Deinem Vater ausgerüstet und die Leute ausgebildet - Du nicht.
    Und wenn Du u.U. jeden Tag (oder jeden zweiten Tag) zu ihm fährst, dann erreichst Du nur eins: Du machst Dich selber fertig, kommst nicht mehr zur Ruhe, es wird auch zu schlechter Stimmung zwischen Dir und Deinem Mann kommen. Deinem Vater ist das egal - er macht sowieso das, was ER will. Dass dem so ist, hast Du ja in den letzten Monaten, Jahren ja erlebt.

    Also kümmere Dich hauptsächlich um DICH. Du bist nicht für SEIN Tun und Handeln verantwortlich.

    Das ist jedenfalls MEINE Sicht ...

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Tina,

    vielleicht kannst Du es mal im Furtbachkrankenhaus in Stuttgart probieren.

    Furturtbachstr. 6
    70178 Stuttgart

    Telefon: 0711/6465-0

    Dort habe ich schon Patienten erlebt, die im Zustand Deines Vaters waren und für ein Heim "fit" gemacht wurden.
    Man hilft Dir dort auch bei der Suche nach einem Pflegeheim, oder was immer nötig ist.

    Liebe Grüße
    Dietmar

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