Wie geht es weiter?

  • Hallo, ich bin neu hier.
    Ich bin 40, mein Partner 50.

    Zu meiner Vorgeschichte: Wir sind seit 12 Jahren zusammen, leben seit 10 Jahren zusammen. Alkohol spielte schon immer eine Rolle, aber in Maßen.
    Er hat Depressionen und arbeitet seit 2 Jahren nicht mehr. Ab da gings bergab.

    Ich möchte das ein wenig abkürzen. Die letzten Monate waren extrem schlimm. Er hat bis zu 1 Kiste Bier am Tag getrunken und war in den letzten Wochen kaum noch ansprechbar. Er hat sich ständig übergeben, Schweißausbrüche und hat nichts mehr gemacht. Nur noch auf dem Sofa gelegen und nichts mehr auf die Reihe gekriegt. Nichts gegessen, nichts getrunken (außer Bier).

    Ich habe ihm irgendwann die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt: Entweder du lässt dich einweisen oder ich zieh aus. Und das meinte ich absolut ernst.

    Er ist in eine Entzugsklinik und seit 1 Woche wieder zu hause. Er will was ändern.

    Ich habe aber gemerkt, dass die letzten Wochen viel kaputt gegangen ist.
    Wir haben gestern 3 Stunden geredet, über uns, wie es weitergehen soll.
    Ich habe die Zeit, als er in der Klinik war, genossen. Und ich nehm mir auch jetzt meine Auszeiten.

    Jetzt zu meiner Frage:
    Ich überlege, selbst in eine SHG für Angehörige zu gehen, um das alles zu verstehen.
    Hab ihm auch gesagt, ich würde Beratungen mit ihm zusammen machen. Ich möchte die Beziehung nicht aufgeben. Ich möchte ihn unterstützen, ohne selbst dabei draufzugehen.
    Hat jemand von euch Erfahrungen mit solchen Gruppen?
    Wie ist eure Erfahrung mit Partnern nach dem Entzug? Gibt es überhaupt ne Chance?

    Ich hab ihm gestern gesagt, ich brauch Zeit. Das akzeptiert er.
    Puh so viele Fragen... Ich hoffe auf viele Antworten!

    Tinka

  • Guten Morgen Tinka,

    muss mich grade kurz fassen, habe einiges zu tun.

    Jedenfalls, ich bin 60, habe das trinken schon im Elternhaus gelernt, ca 25 Jahre gesoffen/gegiftet und bin nun seit 19 Jahre ohne jedes Suchtmittel einschliesslich Zigaretten und ohne Alkohol sowieso.

    Mit meinem Partner bin ich ca. 32 Jahre zusammen, 13 Jahre mit und 19 Jahre ohne Sauferei. Als ich in meiner extremsten Phase war, standen wir auch an der Trennung.

    Ich hab was gemacht und mein Partner ist in eine moderierte Angehörigengruppe bei der Suchtberatung gegangen (ich in eine Motivationsgruppe), hat ihm wohl viel gebracht, um das ganze Suchtthema zu verstehen, und um sich selbst zu überlegen unter welchen Umständen das für ihn auch noch Sinn macht. Und klar, ich bin trocken geblieben, und mehr als eine oder zwei Chancen hätte er mir auch kaum geben dürfen, weil sonst wird das eine unendliche Geschichte. Angehörige sind da oft genauso inkonsequent wie Trinker und am Ende leben zwei Wracks zusammen, die sich das Leben gegenseitig zur Hölle machen, aber nicht voneinder loskommen. Also da muss man schon seine Grenzen setzen und auch einhalten. Beiderseits. Und untergehen kann der Andere auch alleine, bringt gar nichts, wenn man zu zweit am Arsch ist, und man kanns eh nicht verhindern wenn der es nicht schafft oder gar nicht wirklich will.

    Mein Partner lernte in dieser Gruppe auch, die Verantwortung für mein Trinken bzw. meine Trockenheit bei mir zu lassen, sich also rauszuhalten bei dem wie ich das gemacht habe. Und das hat Mir geholfen, in die Pötte zu kommen. Sonst hätten wir die Energie ja nur wieder in die Auseinandersetzungen gesteckt, die brauchte ich aber um trocken zu werden. Ich habs ihm dabei auch reletiv leicht gemacht, weil ich ja tatsächlich aufhören wollte und nicht nur so getan habe (was häufig vorkommt), damit erst mal wieder Ruhe ist.

    Und ausserdem kann man das Nicht-Trinken auch nicht von irgendwelcher Harmonie abhängig machen, sonst ist der nächste Streit der Anlass, um wieder anzufangen. Dieser Streit kommt natürlich fast zwangsläufig, weil es ist ja auch was passiert in der Vergangenheit. Die Verletzungen, die da passiert sind, kommen natürlich schon noch eine Weile durch, und der Stil der Beziehung ändert sich ja auch nicht von heute auf morgen.

    Da kommts dann halt drauf an, ob man dann trotz der ganzen Schwierigkeiten noch was drin sieht, ob das positive trotzdem mehr ist als das negative, sag ich mal. Und ob noch Liebe da ist oder nur Angst vor dem Alleinsein.

    Eigentlich war die Basis fürs erneute Zusammenkommen die, das wie uns jeder für sich so fit gemacht haben, dass jeder sein Leben auch wieder alleine auf die Reihe gekriegt hätte, der Partner also nicht fürs persönliche Glück zuständig war. Auf dieser Basis waren dann wieder Gemeinsamkeiten möglich. Wir haben trotzdem noch eine Paartherapie gemacht und jeder für sich Jahre später noch mal eine Therapie aus anderen Gründen, weil sich da natürlich schon auch zwei gefunden hatten, die jeder für sich alleine auch schon einen Dachschaden hätten.

    Aber heute läuft das ziemlich gut, um Deine Frage nach den Chancen mal klar mit Ja zu beantworten. Man muss halt was tun dafür. Und natürlich muss man auch merken, wenn das nichts mehr bringt, und dann die Reissleine ziehen.

    Gruß Susanne

  • Hallo Tinka,

    ich bin Britt, Mitte 50 und alkoholkrank.
    Schön, dass du hierher gefunden hast.
    Als "die Trinkende" in meiner Beziehung kann ich nur sagen, dass ein paar Tage in der Entzugsklinik nicht wirklich etwas bringen.
    Dein Mann hat entgiftet. Er ist jetzt lediglich einige Zeit nüchtern, nicht mehr und nicht weniger. Nach einer Entgiftung fängt die eigentliche Bewältigung der Sucht erst an.
    Ich denke, es ist wichtig in einer Therapie (teil-vollstationär oder ambulant) einen dauerhaften Rückfall in problematisches Konsumverhalten zu verhindern. Abstinz heißt Veränderung der langfristigen Verhaltensmuster. Wenn alles so bleibt wie es ist, wird es zwangläufig zu einem Rückfall kommen. Es gibt Gründe für die Sucht.
    Daher mein Tipp für die nächsten Schritte:
    Entwöhnung-Nachsorge-und Selbsthilfe. Wenn dein Mann diese Schritte aus eigenem Willen und fester Überzeugung geht,
    hat er -und im besten Fall Ihr beide-eine gute Chance wieder zusammenzufinden.
    Aus Angehörigensicht wirst du sicher noch einige Antworten bekommen.
    Ich wünsche dir hier einen hilfreichen Austausch.
    Bleib oder werde gesund!
    Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Zu dem was Du schreibst, Britt, möchte ich aber anmerken, dass ich nicht diesen klassischen Weg mit der Entwöhnung so gegangen bin und wenn mein Partner das so von mir verlangt hätte, hätte ich ihm meinerseits seine Grenzen aufgezeigt. Ich war ja gerne bereit, alles zu tun, was für mich notwendig war, aber das musste ich dann schon selbst merken, wie es für mich am Besten ging. Und bei mir waren ein paar andere Dinge am Anfang wichtiger.

    Der Partner ist auch für sich selbst verantworlich und wenn er das nicht aushält, dass der Alkoholiker das auf seine Weise macht, dann muss er sich selbst ändern. Natürlich zwingt ihn auch keiner, alles mit zu machen, aber da muss er dann im Zweifelsfall halt gehen oder selbst gucken, wie er zu seinem Glück kommt.

  • Vielen Dank für eure Antworten.
    Ich habe es wohl zu kurz beschrieben.
    Es ist mir klar, dass der Entzug alleine nichts bringt. Er hat heute einen Termin zur Beratung für eine ambulante Anschlusstherapie. Er will es unbedingt schaffen!

    Ich denke, ich muss erstmal ein wenig den Kopf freikriegen , denn die 3 Wochen taten mir gut, waren aber nicht ausreichend.
    Ich werde mich mal informieren, was es hier für Angebote für Angehörige gibt.

    Die Schuld an der Situation gebe ich mir nicht. Ich unterstütz das durchhalten, indem es zu hause natürlich keinen Alkohol mehr gibt.
    Wir haben gestern beide festgestellt, wie gut das reden tat. Das war monatelang nicht mehr möglich.

    Von daher hab ich Hoffnung, dass wir es schaffen können.
    Ich weiß, dass es Rückfälle geben kann. Ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehe, aber ich werde nicht mehr so lange "aushalten". Das hab ich immerhin gelernt.

  • Hallo Tinka,

    ich bin als trockene Alkoholikerin in einer Selbsthilfegruppe der „Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe“. Meins ist eine gemischte Gruppe, in der sowohl Angehörige als auch selbst Abhängige sind. In regelmäßigen Abständen (alle zwei oder drei Wochen) treffen sich die Angehörigen und die Abhängigen jeweils separat.

    Aber es gibt natürlich auch von anderen Trägern Selbsthilfegruppen für Angehörige.

    Ich wünsch dir, dass du eine gute Gruppe für dich findest. Und überhaupt alles Gute!

    Camina

  • Hallo Camina,
    vielen Dank für deine Antwort. Ich bin gerade dabei, mir einige Organisationen rauszusuchen. Im Moment zu Coronazeiten finden die meisten Sachen ja nicht statt. Aber ich möchte mir auf jeden Fall schonmal Hilfe suchen.

  • Wollte noch kurz hinzufügen, dass mein Freund heute ja den Termin hatte, wie es jetzt weitergeht.
    Die Ärztin in der Entzugsklinik sagte ihm, eine ambulante Therapie ist völlig ausreichend. Das konnte ich gar nicht nachvollziehen, denn er hat außer dem Alkoholproblem noch Depressionen und einige andere Baustellen, die er verarbeiten muss.
    Ich dachte halt: Ok, ambulant ist besser als nichts, aber sinnvoller wäre in meinen Augen stationär.

    Er war auch soweit, dass er in eine stationäre Weiterbehandlung wollte. Für mich wäre das die beste Option, dann hab ich noch einige Wochen für mich. In den letzten 3 Wochen habe ich gemerkt, dass ich sehr gut allein sein kann und das tat mir wirklich gut.

    Aber ich schweife ab. Heute war also der Termin und ihm wurde dort gesagt, aufgrund des Berichts der Klinik und seinen eigenen Erzählungen, ist er überhaupt nicht stabil genug. Ihm wurde eine stationäre Therapie dringend empfohlen. Ambulant sollte er dann im Anschluss weitermachen.

    Ich freu mich, dass jetzt jemand da ist, der mit ihm alles in die Wege leitet. Allerdings hab ich keine Ahnung, wie lange das noch dauern kann. Und in der Zwischenzeit hat er nichts. Das macht mir etwas Sorgen.
    Er sagte mir heute, dass es ihm soweit gut geht und er momentan so gut wie keinen Suchtdruck hat.
    Er ist auch gut abgelenkt, muss einige Dinge regeln und geht viel mit dem Hund spazieren.

    Ich bin, was das angeht, ganz zuversichtlich,dass er es durchzieht.
    Heute war ein Tag, an dem ich mir dachte, wir könnten wirklich noch ne Chance haben.

    Und nein, es ist bei mir nicht die Angst vorm allein sein. Sonst würde ich mich nicht so auf meine Zeit freuen.

    Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
    Und natürlich wollte ich noch sagen, es ist ein tolles Forum. Ich habe in den letzten Tagen viel gelesen und habe schon viel verstanden über Sucht und auch über Co-Abhängigkeit. Ich hatte bei einigen Beiträgen ein Aha-Erlebnis.

  • Hallo, Tinka!

    Auch von mir ein Herzliches Willkommen hier im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: Ich bin m, 57, Alkoholiker, nach mehreren Anläufen nun seit 12 Jahren trocken und seit ca. 10 Jahren auch in der Suchtselbsthilfe ein wenig aktiv.

    Auch meine Erfahrung zeigt, dass oft beide Partner Hilfe benötigen bzw. benötigen würden - also nicht nur der Abhängige, sondern auch der Partner/die Partnerin. Doch oft denken die Angehörigen, es genüge, wenn der/die Betroffene eine Therapie macht, dann renkt sich schon wieder alles ein und wird wieder so wie früher. Leider ist dies aber ein Trugschluss.

    Zum Einen ist viel Vertrauen kaputt gemacht worden, was wieder aufgebaut werden muss. Und das ist schwierig und dauert. Und zum Anderen verändert sich der/die Betroffene mit der Abstinenz. Oft war das Selbstbewusstsein völlig am Boden - und wächst nun wieder. Aufgaben, die von den Angehörigen übernommen wurden, will er/sie jetzt wieder selbst übernehmen. Und das führt zu Konflikten, weil sich nun die Angehörigen "ausgebootet" fühlen. Oder die Betroffenen achten jetzt mehr auf sich selbst und ihre Bedürfnisse/Gefühle, um nicht wieder in Saufdruck abzudriften - das wird aber von den Angehörigen als Egoismus o.ä. wahrgenommen …

    Das sind nur ein paar der Probleme, die auftauchen KÖNNEN. Und deshalb finde ich es sehr gut, dass Du Dir auch Hilfe und Unterstützung suchst! Und so, wie uns Betroffenen der Austausch mit anderen Betroffenen hilft, den Ausstieg zu schaffen und trocken zu bleiben, genauso hilft es (bzw. kann es helfen) den Angehörigen, ihre spezifischen Probleme aufzuarbeiten.

    Und hier im Forum findest Du alles "unter einem Dach". Von daher wünsche ich Dir noch viele Aha-Erlebnisse und einen guten Austausch!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Tinka,

    ich möchte Dich einfach nur kurz hier bei uns begrüßen. Schön, dass Du zu uns gefunden hast. Muss jetzt gleich weg, darum muss ich mich etwas kurz halten.

    Ich bin kein Angehöriger sondern Alkoholiker, exakt so alt wie Dein Partner und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol.

    Du hast geschrieben, dass Du für diese Partnerschaft kämpfen möchtest und will Dir sagen: Ja, dadurch das Dein Mann aktiv etwas gegen seine Sucht unternimmt, dadurch das er sich Hilfe gesucht hat und jetzt wirklich Nägel mit Köpfen machen möchte kannst Du diesen Kampf auch aufnehmen ohne das er vorher schon verloren wäre.

    Niemand wird Dir sagen können das am Ende alles gut werden wird. Aber kann sich wenigsten lohnen für Dich / für Euch und Eure Beziehung diesen Weg jetzt mit zu gehen. Im Gegensatz zu den vielen Fällen, wo Angehörige versuchen uneinsichtige Alkoholiker irgendwie wie vom Trinken abzubringen und damit i. d. R. nicht anderes tun, als ihr eigenes Leiden zu verlängern.

    Wie Du schon gelesen hast, hat nicht nur er einen großen Haufen an "Arbeit" vor sich sondern auch Du. Das ist leider so und alles andere als gerecht. Schließlich warst es ja nicht Du, die getrunken hat sondern er. Und selbst jetzt, wo er nicht mehr trinkt hast Du noch seinetwegen einen Haufen an Herausforderungen an der Hacke. Aber wenn Du für Eure Beziehung eine Chance siehst, dann lohnt es sich diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Und wenn ihr da wirklich gemeinsam gut durch kommt, könnte eine gute weitere Beziehung auf Dich / Euch warten.

    So wie ich Dich lese, erwartest Du nicht, dass Du irgendeinen Menschen zurück bekommst, der er vielleicht mal gewesen ist. Das funktioniert in der Regel auch nicht, denn er wird in der Therapie viele Erfahrungen / Erkenntnisse sammeln und anschließend sicher ein "anderer" sein. Aber auch Du wirst Dich verändern (müssen). Und wenn ihr beide dazu bereit seid, dann habt ihr auch eine gute Chance!

    So, ich hab zwar noch einige Gedanken im Kopf, muss aber weg. Schön übrigens, was Du über das Forum geschrieben hast. Freut mich sehr. Alles Gute Dir und einen guten Austausch hier bei uns wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

  • Hallo Greenfox,
    Hallo Gerchla!

    Vielen Dank für die nette Begrüßung!
    Dadurch, dass ich wirklich viel gelesen und auch verstanden hab, bin ich nicht mehr so naiv und denke, alles wird wie früher.
    Ich weiß, dass er hart an sich arbeiten muss und dass das wirklich lange dauert.

    Und gsnz ehrlich: Ich möchte auch, dass er diese Dinge verarbeitet und selbständiger wird, ich möchte dieses Hilflose nicht mehr. Die Mischung Hilflos und Gleichgültig hat mich fertig gemacht.

    Ich hatte oft das Gefühl, ich kann ihn nicht allein lassen. Immer wenn ich mit Freunden unterwegs war, hatte ich die böse Überraschung zu hause.
    Ich möchte einfach wieder leben, ohne mir Gedanken zu machen, wie es ihm geht und wie viel er getrunken hat.

    Ich möchte mir trotzdem Hilfe holen, weil natürlich ein großes Stück Vertrauen weg ist, oder anders gesagt: Er oder Es hat viel kaputtgemacht.
    Ich kann nicht einfach vergessen und alles ist wieder gut. Das ist aber mein Problem und damit muss ich umgehen können, bzw lernen, damit umzugehen.

    Das Thema ihn vom trinken abzuhalten, hatte ich lange. Durch das Forum habe ich begriffen, dass und warum es keinen Sinn macht.
    Sehr wohl hat aber die Ansage "ich such mir ne Wohnung" Sinn gemacht, weil er gemerkt hat, ich mach es wirklich. So hätte ich nicht weitergemacht.

    Daher hab ich jetzt die Hoffnung, dass wir beide daraus lernen können und beide neu anfangen können. Ich schreibe extra neu anfangen, denn so wie früher wird es nicht.
    Sollte sich alles anders entwickeln, und wir entwickeln uns auseinander, dann muss ich meine Konsequenzen ziehen.
    Das klingt hart, aber ich habe in den 3 Wochen,als er weg war, gemerkt, dass ich sehr gut alleine klarkomme und das hat mein Selbstbewusstsein ein ganzes Stück aufgebaut.

  • Hallo Tinka,

    jetzt will ich noch ein bisl was zu Deinen Zeilen schreiben.

    Zitat

    Ich möchte auch, dass er diese Dinge verarbeitet und selbständiger wird, ich möchte dieses Hilflose nicht mehr. Die Mischung Hilflos und Gleichgültig hat mich fertig gemacht.


    Ich weiß nicht ob Du meine Geschichte kennst. Ich trank ja quasi komplett heimlich und meine Frau musste zwar die Folgen meiner Sucht ertragen, konnte aber nicht einordnen was genau los war.

    Und ich erinnere mich noch gut an einen Satz, den sie mir mal sagte. Und zwar sagte sie: "Ich brauche einen Mann an meiner Seite auf den ich mich verlassen kann und der Verantwortung übernimmt und kein drittes Kind (wir hatten damals 2 Kinder)".

    Ich glaube das trifft es ganz gut. Sie sah mich quasi als Kind, musste alles selbst entscheiden, musste vieles selbst erledigen und hatte sozusagen keinen Partner auf Augenhöhe. Da sie nicht wusste das ich trank, hat sie es so formuliert wie sie aus ihrer Sicht gesehen hat und wollte einfach, dass ich meiner Rolle gerecht werde. Aber das konnte ich eben nicht. Du hast den Vorteil, dass Du weißt was los ist. Und noch besser: Dein Mann hat es auch kapiert.

    Zitat

    Sehr wohl hat aber die Ansage "ich such mir ne Wohnung" Sinn gemacht, weil er gemerkt hat, ich mach es wirklich. So hätte ich nicht weitergemacht.


    Danke für diese Rückmeldung! Ich finde diesen Satz von Dir hochwertvoll. Und zwar für alle anderen, die in ähnlicher Situation stecken wie Du zu diesem Zeitpunkt. Weißt Du, wir schreiben das hier sehr oft. Wir schreiben sehr oft, dass man als Angehöriger sehr klar seine Wünsche äußern sollte, sehr klare Grenzen ziehen sollte und auch die Konsequenzen ankündigen sollte, die man zieht wenn die Grenzen überschritten werden. Unter der Voraussetzung, dass man die angekündigten Konsequenzen dann auch durchzieht, wenn es denn sein muss.

    Wir schreiben hier oft, dass die Androhung einer Trennung (sofern man dann auch notfalls wirklich diesen Schritt bereit ist zu gehen) den Betroffenen zum Umdenken bewegen kann. Bei Dir war das ganz offensichtlich der Fall und ich gehe mal davon aus, dass Du Deine Worte mit Bedacht aber auch mit Nachdruck vorgebracht hast. Und genau das ist enorm wichtig aus meiner Sicht. Trotzdem weiß man natürlich nicht, wie das ganze dann ausgeht. Viele, sehr viele, entscheiden sich trotz Drohung für den Alkohol. Aber dann bleibt den Angehörigen als letzter Schritt eben nur noch das Angekündigte wirklich umzusetzen. Tuen sie es nicht, haben sie jede Glaubwürdigkeit gegenüber dem trinkenden Partner verspielt und bleiben schlimmstenfalls ewig in der Alkoholspirale des selbigen mit hängen.

    Ich freue mich wirklich für Dich, dass Du das so durchgezogen hast und auch darüber, dass Du Deinem Mann damit den entsprechenden Wachrüttler verpassen konntest. Es deutet zumindest darauf hin, dass da bei ihm noch einiges an, ich nenne es jetzt mal Liebe auch wenn ich nicht weiß ob es das wirklich ist, für Dich da ist. Auf jeden Fall erst mal ein Grund um ihn auf diesem Weg zu begleiten.

    Zitat

    Das klingt hart, aber ich habe in den 3 Wochen,als er weg war, gemerkt, dass ich sehr gut alleine klarkomme und das hat mein Selbstbewusstsein ein ganzes Stück aufgebaut.

    Wenn Du das jemanden so sagst, der mit der ganzen Materie nichts am Hut hat bzw. keine Erfahrung damit hat, dann mag das durchaus sehr hart klingen. Für mich klingt es dagegen regelrecht wunderbar. Denn diese Einstellung empfinde ich als die genau Richtige! Es geht nicht darum, dass Du ihn jetzt mal spüren lässt, wer jetzt die Hosen an hat. Nein, es geht einfach darum, dass Du DEIN Leben leben wirst. Gerne mit ihm, notfalls aber durchaus auch ohne ihn.

    Als ich meiner jetzigen Frau erzählte, dass ich Alkoholiker bin, hat sie mir sofort klar gemacht, dass sie sich sofort von mir trennen würde, wenn ich wieder trinken würde. Sie hat in ihrer Kindheit diesbezüglich selbst einiges erlebt und sie hat mir klipp und klar gesagt, dass sie das alles nicht noch einmal durchmachen wird. Jetzt verstehe mich bitte nicht falsch. Meine Frau ist nicht irgendwie eine ganz harte Egoistin oder so. Nein, sie ist eine wunderbare Frau und wir führen eine wunderbare Beziehung. Ich bin ein sehr glücklicher Mensch und das habe ich zu einem großen Teil auch einfach dieser Beziehung zu verdanken, an der ich (an der wir beide) täglich arbeiten.

    Um es nochmal zu verdeutlichen: Nicht das ich in irgendeiner Form (zum Glück) gefährdet gewesen wäre wieder zur Flasche zu greifen. Nein gar nicht, es war alles safe und ich sehr gefestigt. Trotzdem fand ich diese klare Ansage von ihr sehr sehr gut. Denn wie Du merkst, ich habe sie im Kopf behalten und sie wird mir immer eine Mahnung sein. Auch wenn ich sehr hoffe, dass ich nie mehr auch nur in die Nähe des Wunsches Alkohol trinken zu wollen geraten werde.

    Was ich eigentlich sagen möchte: Eine konsequente Haltung (nicht nur dem Alkohol gegenüber sondern generell) wird wichtig sein um Eure Beziehung wieder zu stabilisieren. Auch er wird z. B. lernen müssen, seine eigenen Bedürfnisse Dir gegenüber zu formulieren und durchzusetzen. Ich könnte mir vorstellen, dass das nicht gerade zu seinen Stärken zählte. Und so war es bei mir auch. So dass ich am Anfang meiner Zeit ohne Alkohol erst mal lernen musste, wirklich zu sagen was ich tatsächlich dachte und was ich wollte. Ich musste NEIN sagen lernen. Ich musste lernen, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und dann so zu machen, wie ICH das für richtig hielt. Ich musste lernen all meine Lügen, die ich auch oft einsetzte um einfach nicht anzuecken, um niemanden ein unangenehmes Gefühl zu geben oder um einfach möglichst unauffällig Probleme zu umschiffen, sein zu lassen und statt dessen Dinge so anzusprechen, wie ich sie tatsächlich sah. Man spricht in diesem Zusammenhang auch oft von gesunden Egoismus. Den muss der Trinker lernen und Du musst lernen damit umzugehen. Im Gegenzug muss aber auch er lernen, mit Deinen klaren Ansagen zurecht zu kommen.

    Du merkst, das wird eine spannende Zeit werden für Euch.

    Und noch was zu Deiner Aussage, dass Du Dir das ganze jetzt erst mal anschaust und ggf. auch noch anderweitige Konsequenzen (sprich: Trennung) ziehst:
    Ich finde auch es wäre Dein gutes Recht. Niemand kann von Dir verlangen, dass Du ihn da jetzt begleiten MUSST. Nur Du weißt, wie es mit den Gefühlen für ihn in Dir eigentlich genau aussieht. Sprich, nur Du kannst sagen, ob Du noch sowas wie Liebe für ihn empfindest und ob Du Dir weiteres Leben mit ihm überhaupt vorstellen kannst. Die Frage ist hier ja auch, ob Du es schaffen kannst, wieder Vertrauen zu ihm aufzubauen. Das ist ein gutes Stück Arbeit und ich denke, eine Beziehung ohne Vertrauen kann auf Dauer niemals gut funktionieren. Es wird also genau darauf ankommen. Und wenn Du das Gefühl hast, Du kannst ihm nicht mehr vertrauen, es ist bereits zu viel kaputt gegangen, dann fände ich es absolut verständlich wenn Du eine Trennung in Erwägung ziehen würdest. Auch wenn er jetzt trocken werden sollte. Denn, wie schon gesagt, er hat's ja an die Wand gefahren, nicht Du.

    Zum Thema Vertrauen kann ich Dir noch sagen, dass ich einige Jahre gebraucht habe, bis mir meine erste Frau wieder vertrauen konnte. Dadurch, dass wir ja gemeinsame Kinder hatten und ich nach unserer Trennung regelmäßig meine Kinder sehen wollte, hatten wir hier natürlich quasi ständig Berührungspunkte. Meine Frau hat mich z. B. lange nicht mit unserer Tochter Auto fahren lassen. Da habe ich schon lange nicht mehr getrunken, hatte locker 20 Kg abgenommen und sah aus wie das blühende Leben. Sie hat trotzdem zu mir gesagt: Ich kann Dir nicht vertrauen, ich will nicht das Du mit ihr Auto fährst.

    Naja, ich konnte sie sehr gut verstehen, denn ich hatte sie ja über 10 Jahre lang belogen und betrogen und fast die ganze Zeit über heimlich getrunken und mir dabei sogar ein richtiges Doppelleben aufgebaut. Klar, dass sie da nicht einfach sagen konnte: "Ah ja, Du siehst ja blendend aus und wirst es schon im Griff haben".

    Heute habe ich eine sehr gute Beziehung zu ihr. Das hat aber seine Zeit gebraucht.

    So, jetzt habe ich Dir recht viel geschrieben. Einfach meine Gedanken. Wenn Du Fragen hast, einfach raus damit. Und weiterhin einen guten Austausch hier im Forum.

    LG
    gerchla

  • Hallo, ich bins nochmal.
    Erstmal danke Gerchla für deinen ausführlichen Bericht. Ich habe uns zum Teil wiedererkannt. Und es hilft mir wirklich zu hören, dass ich auf dem richtigen Weg bin (hat ja lange genug gedauert).

    Kurzer Zwischenbericht:
    Er hat jetzt nichts getrunken in den 3 Wochen in der Klinik und jetzt 9 Tage zu hause auch nichts.
    Er ist immernoch total konsequent und will das schaffen.

    Heute hatte er den Termin für den Sozialbericht und Beantragen der Reha. Da muss jetzt noch der Hausarzt was ausfüllen und dann kann es eingereicht werden. Dann hoffe ich (nach der Kostenübernahmeerklärung), dass die Klinik schnell aufnimmt.
    Einen Schockmoment hatte ich gestern. Da sagte er zu mir: Mir gehts so gut und ich hab mir so viel vorgenommen (to do-Liste gemacht), ich glaube, ich brauch die Reha gar nicht.
    Ich hab ihn dann sehr unsanft wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt und ihm erklärt, wenn der nächste richtige Stress für ihn kommt, ist er alles andere als stabil und es gibt so viele Dinge, die er aufarbeiten muss.
    Er sagte dann nur: Ja, du hast Recht und außerdem habe ich verstanden, dass du diese Zeit für dich brauchst. Sehr gut, da ist wohl doch was angekommen bei ihm.

    Aber da komme ich zum Punkt: Seit er zu hause ist, ist er übermotiviert und ich hab das Gefühl, er will alles, was er davor wochenlang nicht geregelt gekriegt hat, jetzt in 2 Tagen nachholen.
    Gefühlt macht er 10 Dinge gleichzeitig und rennt hier rum, wie der Duracel-Hase.

    Ich muss ihn schon bremsen, es ist gut, wenn er endlich seine Sachen regelt, aber von einem Extrem ins andere?
    War das bei euch auch so? Nach der Entgiftung die völlige Euphorie?
    Ich finde es momentan gerade extrem anstrengend, gerade weil ich arbeite und gerade keine Auszeit hab, wenn ich nach hause komme. Das ist ein Punkt, an dem ich arbeite und hab ihm schon gesagt, dass ich mir diese Auszeit nehmen werde.

    Ich denke, er ist völlig drüber und gerade deswegen finde ich die Reha so wichtig, damit er wieder einen gesunden Mittelweg lernt.
    Ist so ein Verhalten nach der kurzen Zeit normal? Ich hab etwas Bedenken, dass er sich damit selbst massiv stresst und wieder in altes Verhalten reinrutscht.
    Andererseits mach ich ihm keine Vorhaltungen, sondern gebe lediglich Hinweise, dass er es mal ruhiger angehen lässt. Was er im Endeffekt draus macht, ist seine Sache. Ich möchte nicht mehr für ihn denken, für ihn entscheiden oder ihm vorschreiben, was er zu machen hat.
    Ich denke,wir sind jetzt an einem Punkt, wo (gerade er) lernen muss, wo seine Grenzen sind.
    Ich hoffe auf Rückmeldungen der Profis, ob ich da auf dem richtigen Weg bin.

  • Als ich bei dem Punkt ankam

    Zitat

    [/Aber da komme ich zum Punkt: Seit er zu hause ist, ist er übermotiviert und ich hab das Gefühl, er will alles, was er davor wochenlang nicht geregelt gekriegt hat, jetzt in 2 Tagen nachholen.
    Gefühlt macht er 10 Dinge gleichzeitig und rennt hier rum, wie der Duracel-Hase.

    dachte ich so bei mir: Hach ja, kommt mir irgendwie bekannt vor :)

    War bei mir damals zu Anfang auch so. Das ist die Euphorie, es geht einem wieder besser und man glaubt (frisch eingepflanzte) Bäume ausreißen zu können.
    Bei der Reha wird ihm aber dann auch erklärt werden, dass diese Euphorie zwar normal, aber nicht von Dauer ist. Es KANN durchaus auch passieren, das er in ein ziemliches (depressives) Loch fällt - nämlich dann, wenn ihm klar wird, was er mit seiner Sauferei alles "kaputt" gemacht hat. Das wäre dann das andere Extrem. Und auch da braucht er Hilfe, um wieder herauszukommen.

    Es ist eben kein Schalter, den man betätigt und "alles ist wieder gut" - bei keinem von Euch. Es ist ein Prozeß.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Greenfox,
    ja genau das hab ich mir gedacht. Irgendwann kommt das Tief...

    Und ja, es ist ein Prozess. "Alles ist wieder gut!" Ja die Hoffnung hatte ich. Seit er zu hause ist, merke ich, es ist gar nichts gut.
    Ich muss für mich mit den Dingen klarkommen, die er kaputtgemacht hat. Und ich muss rausfinden, ob es noch eine Chance gibt.
    Aber das kann und will ich nicht jetzt entscheiden. Ich brauch Zeit,um mir klarzuwerden, was da eigentlich noch an Gefühlen ist. Und welche es sind.

    Deswegen hab ich letztens geschrieben, wenn sich in den nächsten Wochen/Monaten rausstellt, dass es nicht weitergehen kann, dann ist das so.
    Es kann ja auch sein, dass er diese Erkenntnis hat, in der Reha. Auch dann kann ich damit umgehen.

    Auf jeden Fall ist die nächste Zeit auch für mich wichtig, um wieder zu mir zu finden und zu sehen, was ich eigentlich wirklich will. Das hab ich in den letzten Wochen/Monaten komplett verdrängt.

  • Tut mir leid, aber ich bin gerade so wütend und muss mich mal auskotzen...
    Wir haben gestern den Reha-Antrag so weit fertig gemacht. Heute will er zur Krankenkasse, den Schein abstempeln lassen, morgen kriegt er den Sozialbericht und dann kann das weg... Eigentlich.
    Letzte Woche hat er den Bogen für den Hausarzt dort abgegeben und die Arzthelferin sagte noch: Evtl müssen wir einen Termin machen, aber Sie waren ja diese Woche schon da und wir haben alles vorliegen.

    Heute morgen dann der Anruf der Praxis. Sie müssen persönlich herkommen, ohne Termin füllt der Arzt das nicht aus. Nächster Termin 26.5.

    Er sagte, es soll ein Eilantrag werden, er muss so schnell wie möglich weitermachen, sogar die Klinik nimmt auf.
    Ok nächster Termin am 19.5.

    Jetzt mal ernsthaft! Jeder Arzt sollte doch wissen, dass es mit einer Entgiftung alleine nicht getan ist (gerade, weil er schon seit über 2 Jahren wg Depressionen krankgeschrieben ist). Und im Moment hat er keine andere Möglichkeit, wg Corona gibt es keine Gruppen, die aufnehmen.

    Warum jetzt wieder Steine in den Weg legen? Irgendwer fängt das schon ab... Ja klar, in dem Fall bin ich es.
    Er fällt langsam wieder in alte Verhaltensmuster, hat jetzt 2 Tage nachmittags geschlafen. Ich hab ihn gestern in den Hintern getreten, dass wir die Anträge fertigmachen.

    Ich hab Angst, dass nach dem nächsten Rückschlag alles schlimmer wird. Im Moment ist er stabil, was Alkohol angeht. Aber ich weiß nicht, wie lange noch.
    Ich hatte wirklich die Hoffnung, dass es jetzt schnell geht und ich in den Monaten, wo er weg ist, Zeit hab, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen.

    Erwarte ich zu viel? Geduld ist gerade nicht meine Stärke, weil ich weiß, jeder Rückschlag macht ihn anfälliger.

  • Hm.

    Man säuft 10 Jahre, 20 Jahre, 30 Jahre.

    Zögert das aufhören raus, so lange es nur geht.

    Und wenn man sich dann endlich mal entschlossen hat, sollen alle anderen auf Kommando springen, am besten schon vorgestern?
    Das haut halt nicht ganz hin.

    Wenn man 10 Jahre saufen konnte, muss man ein paar Wochen Wartezeit halt auch noch aushalten.
    Du hast es im Übrigen ja auch so lange neben ihm ausgehalten.
    Und es wird von den Kandidaten auch erwartet, dass sie ein bisschen selbst kämpfen. Die Verantwortung für seine Sauferei hat jeder Alkoholiker selbst.

    Und diejenigen, die darauf warten, dass man ihnen alles vorkaut oder ihnen den roten Teppich auslegt, haben sowieso schlechte Karten. Die kippen bei der ersten Schwierigkeit sowieso wieder um und das weiss jeder, der Erfahrung hat. Da überlegt man sich dann schon, ob sich der Aufwand überhaupt rentiert.

    Also nur weil sich grade mal jemand überlegt, das er aufhören will, müssen alle Anderen nicht gleich in Hektik verfallen. Das ist schon ein bisschen Anspruchsdenken. Man könnte auch dankbar sein, dass es die Hilfsmöglichkeiten überhaupt gibt. Denn schliesslich hats ihm ja keiner eingeflößt.

  • Hallo Susanne,

    grundsätzlich stimme ich dir da zu.
    Ich denke, wenn ich meinen Post als Außenstehende lesen würde (ich mein damit nicht, dass du Außenstehend bist - nicht falsch verstehen), hätte ich auch gesagt: Was erwartet sie? Auf die paar Wochen kommt es auch nicht mehr an. Völlig richtig, er hat so viel wertvolle Zeit verschwendet.

    Aber: Ich sehe es jetzt gerade aus meiner (ich gebe zu, im Moment egoistischen Sichtweise) und mein Gefühl ist gerade ganz klar: Er will was ändern, es würde alles klappen, wenn sich nicht einer querstellt. Es geht um einen Antrag. Nicht um mehr.
    Und ja, du hast Recht, er muss da durch und auch mit schwierigen Situationen klarkommen. Wenn er was ändern will, dann muss er das durchziehen, auch wenn es Schwierigkeiten gibt.

    Ich möchte nur einfach nicht, dass er in ein Loch fällt. Und das tut er gerade.
    Es ist unabhängig von mir, was er draus macht, das weiß ich.
    Aber ich habe halt die Hoffnung, dass wir es schaffen können, weil er sich helfen lässt. Ich bin aber nach der Zeit ziemlich fertig mit den Nerven und hoffe einfach auf schnelle Hilfe.

    Mir ist klar, dass der Arzt nicht springt, weil der Herr nach 2,5 Jahren doch mal was für sich tun will.
    Ich war einfach sauer und musste das mal loswerden.
    Rein rational stimme ich dir 100%ig zu. Aber ich hatte eben gerade mal einen emotionalen Moment.

    Ich hoffe, ich konnte das so etwas erklären

  • Deine Emotionen werden eines DEINER Probleme sein.
    Es geht nicht drum, ob ich Deine Emotionen verstehe, ich kann auch ganz gut nachvollziehen, welche Emotionen einen Trinker zum Trinken veranlassen, aber man muss dann schon auch mal gucken ob die Emotionen (bzw. der Umgang damit) ein Teil der Lösung oder nicht vielmehr ein Teil des Problems sind.

    Da kannst Du gleich mal üben, ihm die Verantwortung für das ganze Prozedere - und für sein Leben - zu lassen.

    Ein Teil des ganzen Themas besteht nämlich auch in der Klärung der Frage, was er eigentlich tun würde, wenn Du ihn nicht unter Druck setzt oder an der langen Leine zu führen versuchst. Also wenn Du Deine Kontrollversuche über Ihn völlig bleiben lässt.

    Es ist schwierig, mit der Vorstellung zu leben, dass er dann vielleicht ganz untergeht, aber genau das wird sowieso passsieren, wenn das nicht von ihm aus kommt. Du hast ihm jetzt zwar den Arschtritt gegeben, aber wenn er dann nicht merkt, wie schlecht es ihm selbst geht, dann hast Du keine Möglichkeiten, ihn zur Einsicht zu bringen. Und wenn Du dann immer wieder denkst, es müsste doch irgendwie gehen, dass er das kapiert, steckst Du emotional voll mit drin. Im Gegenteil, er merkt dann schnell, dass Du auch nicht konsequent bist und dann bist Du erst recht von seinen Entscheidungen abhängig.

  • Ok... Ich bin immer für klare Worte und auch dafür, dass mir die Augen geöffnet werden. Deswegen hab ich mich hier angemeldet.
    Es ist so, dass ER was ändern will. Sonst wäre ich bereits ausgezogen. Und das war keine leere Drohung.

    Ich werde gehen, wenn er wieder anfängt zu trinken, ich dachte, das hätte ich auch deutlich so gesagt.
    Und natürlich hänge ich da emotional drin, das ist nach der langen Zeit auch kein Wunder. Aber ich denke, ich habe einiges begriffen und habe angefangen, mich selbst zu schützen.
    Das alles ist ein Prozess (wie Greenfox mal schrieb) und ich kann nicht von heute auf morgen plötzlich alles richtig machen.
    Zu dem Prozess gehört, dass ich ihn seine Entscheidungen treffen lasse, ich kann nichts entscheiden und auch nichts ändern, wenn er das nicht selbst will.
    Ich weiß, dass er es schaffen will und du sagst, du kannst beide Seiten nachvollziehen. Es ist ein Prozess auf beiden Seiten und es ist nunmal Fakt, dass eine Reha oder Therapie in welcher Form auch immer nötig ist.

    Ist es da nicht einfach menschlich, dass ich mal kurz verzweifel, wenn das einfach länger dauert?
    Es gibt so viele, die diese Chance kriegen, sie aber nicht nutzen (wollen oder können). Das macht mich dann sauer.

    Er hat diese Einsicht und ja... Ich habe gesagt, ich habe ihn in den Hintern getreten. Das stimmt. Das ist ein guter Hinweis. Da halte ich mich mehr zurück.
    Wie gesagt, auch ich bin im Lernprozess. Ich denke aber, ich habe schon vieles umgesetzt.

    Wenn das aber heißt, dass Emotionen nicht erwünscht sind, dann werde ich das besser reduzieren.
    Also wie gesagt, ich bin offen für Tipps, aber jetzt hatte ich gerade das Gefühl, ich mach alles komplett falsch.

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