Austausch

  • Guten Morgen,

    ich habe mich angemeldet, da ich mich erst einmal anonym Austauschen möchte. Ich bin weiblich, 28 Jahre alt und Mutter von zwei Kindern. Seit ich angefangen habe Alkohol zu trinken, kommt es immer wieder vor, dass ich viel zu viel trinke. Mit 19 bin ich in meine erste eigene Wohnung und habe dann immer wieder abends Wein getrunken. In den letzten 3 Jahren habe ich zwei Kinder bekommen und in den Schwangerschaften habe ich nichts getrunken, auch wenn es mir hier und da schwer gefallen ist. Seit der Geburt meines zweiten Kindes ist es aber schlimmer als je zuvor. Ich trinke fast täglich 1-1,5 Liter Wein. Oft heimlich auch wenn mein Partner schon mal merkt dass ich getrunken habe. Ich sage dass ich mich da tagsüber drauf freue und so am besten abschalten kann. Aber so langsam verlier ich die Kontrolle. Jeden Morgen nehm ich mir vor heute nicht zu trinken und jeden Abend trinke ich (teilweise weiß ich nicht mehr was ich gesagt habe). Mir machen viele Dinge Angst im Moment. Krank zu werden durch den Alkohol aber auch nie wieder trinken zu können. Ich weiss ich sollte mir Hilfe suchen, aber ich habe panische Angst davor dass dann das Jugendamt eingeschaltet wird oder meine Kinder unter Beobachtung stehen. Meine Kinder sind mein Leben und ich habe sie noch nie in Gefahr gebracht. Deshalb hoffe ich dass ich es irgendwie alleine schaffe. Ich freue mich auf den Kontakt zu euch


  • Meine Kinder sind mein Leben und ich habe sie noch nie in Gefahr gebracht.

    wenn Du weitertrinkst, dann bringst Du Deine Kinder auf jeden Fall in Gefahr, denn Kinder suchtkranker Eltern haben nachgewiesenermaßen ein deutlich erhöhtes Risiko für diverse Probleme in ihrem späteren Leben. Also einen guten Start verschaffst Du ihnen damit jedenfalls nicht.

    Und im Gegensatz zu Dir können sie es sich nicht aussuchen, ob ihnen jemand hilft, oder ob sie noch ein bisschen Mimose spielen, weil ihnen ihre Ängste und die Fassade noch wichtiger sind.

    Sorry, dass ich da so hart bin, ich bin in einem trinkenden Elternhaus aufgewachsen, und ich hab meine Mutter schon mal gefragt, warum sie eigentlich unbedingt Kinder haben musste, wenn sie mit ihrem eigenen Leben schon nicht klarkommt. Schon mal drüber nachgedacht, was Du ihnen damit mitgibst, wenn Du Dich von Deinen Ängsten steuern lässt und ihnen vorlebst, dass man ohne Alkohol nicht leben kann?

  • Ich denke du würdest so nicht antworten wenn du mich kennen würdest, denn noch haben sie bis heute je etwas mitbekommen, noch habe ich ihnen etwas angetan. Wenn ich auf eine Sache stolz bin dann meine Rolle als Mutter, denn diesen Job mache ich verdammt gut. Natürlich ist es unglücklich dass ich mich das erste mal öffne und die erste Antwort eine wie deine ist. Eine Mimose bin ich weiß Gott nämlich nicht. Ich habe schon viel gekämpft und eine Therapie als Jugendliche wegen sexuellem missbrauch machen müssen. Ich habe eine Ausbildung, einen guten Job, einen lieben Mann und bin eine gute Mutter die versucht an ihren Problemen zu arbeiten. Dass du keine schöne Kindheit hattest tut mir leid aber Versuch bitte nicht deinen ganzen Frust darüber in deine Antwort zu stecken und mich zu verurteilen

  • Bla bla bla. Das ist das übliche Geschwätz von Leuten, die noch nicht begriffen haben, was Kinder schon im Kleinkindalter alles mitkriegen und die noch hoffen, dass es bei ihnen noch nicht ganz so schlimm ist.

    Ich meine, es sind ja nicht meine Kinder, und ich kenne Dich tatsächlich nicht und es kann mir völig egal sein, was Du mit Deinem und dem Leben Deiner Kinder machst.
    Aber so, wie Du schon anfängst, wirst Du es eher nicht schaffen. Schwach anfangen, stark nachlassen. Und das ist sicher nicht mein Problem, sondern Deins, und ich werde Dich auch nicht davon überzeugen, was besser wäre, sondern das musst Du schon selbst tun.

    Ja, und sicher bist Du ein Individuum, aber die Sauferei hat in ein paar Gesetzmäßigkeiten, so wie Grippe auch nicht bei jedem gleich läuft, aber man trotzdem Gemeinsamkeiten feststellen kann, und Leute, die schon damit zögern, sich Hilfe zu holen, halten die Schwierigkeiten mit dem Aufhören sehr oft erst recht nicht aus.

    Wenn Du alleine rauskämst, wärst Du nicht hier, behaupte ich mal. Und nicht nur wegen Deinen Kindern, sondern auch wegen Dir selbst wäre es doch besser, wenn da jetzt nicht eine jahrelange Leidensgeschichte draus würde, sondern wenn es halt einmal vielleicht weh täte und Du über Deinen Schatten springen müsstest, aber dann wäre das wenigstens einigermaßen solide, oder findest Du das nicht auch?

    Und eine Suchtberatung schaltet nicht gleich das Jugendamt ein, schon gleich gar nicht, wenn Du wirkliche Bemühungen zeigst. Aber dafür musst Du natürlich schon was tun und nicht nur reden, was Du gerne tätest.

  • Hallo Mami1719,
    ich bin Britt, Mitte 50 und Alkoholikerin.
    Vielleicht liest du dich hier erstmal ein wenig ein? Wir sind alle "Profis". Erahrungs-bzw. Lebensgeschichten von anderen Betroffenen helfen mir, denn ich merke, dass ich nicht alleine mit meinen "Problem" bin.
    Ich bekomme hier viele wertvolle Antworten auf Fragen, auch wenn sie mir nicht immer "schmecken". Aber genau diese vermeintlich "schlechten" Antworten bringen mich dazu, darüber nachzudenken, woran ich (noch) arbeiten muss.
    Mich interessiert: Was hat die Antwort von Susanne tief in dir drinnen ausgelöst? Was für ein Gefühl hattest du beim Lesen? Hat Susanne einen wunden Punkt getroffen-dir einen Spiegel vorgehalten?

    LG von Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Mami1719,

    ich schreibe Dir als Einzeltochter, aufgewachsen in einem sehr gepflegten, dennoch
    suchtbestimmten Haushalt. Meine Eltern waren/sind herzensgut, dennoch seelisch
    durch ihre eigenen Kindheitsverletzungen nicht in der Lage, emotional so präsent
    zu sein, wie ich es als Kind gebraucht hätte. Es gab keine Gewalt, ich bin "behütet"
    groß geworden. Eben nur mit zeitweise "gedimmten" Eltern. Mir fehlten sie als
    Spiegel zum Arbeiten mit meinen eigenen Gefühlen. (Dass sie alle "normal" sind und
    zu mir gehören, z.B.)

    Deshalb finde ich es gut, dass Du Dir Gedanken um Deinen Konsum machst und
    die Vorzeichen der Sucht nicht einfach abtust.

    Es geht beim Freikommen von der Sucht nicht darum, zugleich das "makellose Bild"
    nach außen zu retten. Auch umgekehrt muss es nicht bedeuten, dass Du fortan im
    Büßergewand überall Selbstdemontage treibst, Dich anklagst oder unnötig schämst.

    Man spricht von einer Sucht-Erkrankung, das ist also kein Versehen, sondern ein
    richtig handfestes eigenes Geschehen mit Auswirkung auf Seele und Körper. Und
    sie ist anerkannt als Krankheit. Das Medikament ist fachliche Begleitung (Arzt und
    Therapie beispielsweise), ebenso die Chance, sich über alle Ängste und anderen
    belastenden Gefühle ehrlich mit anderen Betroffenen auszutauschen, so "sein zu
    dürfen". - Ohnedem, unter Verschluss mit den eigenen Idealen und der Gefahr,
    sich immer nur wieder selbst zu verdammen für die "Schwäche" (Angst zu haben,
    zu trinken, ... was immer), dürfte der Alkohol zum Aushalten dieser enormen
    inneren Anspannung (Selbstvorwürfe bei Rückfällen, gesteigerte Anstrengung,
    erneutes Scheitern, zusätzlich wachsende Spannungen mit nahen Menschen)
    viel zu wichtig bleiben. - Weil Du vermutlich kein anderes Ventil (offen darüber
    sprechen z.B.) zur Verfügung hast.

    Deshalb würde ich von diesem Versuch klar abraten:


    Deshalb hoffe ich dass ich es irgendwie alleine schaffe.

    Es gibt kein "Schaffen" im Sinn von "es wieder hinbiegen". Es gibt aber die Chance, im
    völligen Einklang mit der Wahrheit (dass man es mit einem großen Gegner Sucht zu tun
    hat) alles mal neu zu benennen. Dabei mitzubekommen, was einen wirklich so belastet.

    Da Du selbst einige Päckchen mit in Dein Erwachsenenleben genommen hast, vermute
    ich einfach mal, dass Alkohol als Abschalt-Hilfe nur die offen liegenste Facette der in Dir
    gesammelten Themen sein könnte. Ohne Vertrauenspersonen (als Du Kind warst) und
    sachkundige, behutsame Begleitung durch die unbewältigten, eher weggesperrten
    Erfahrungen agierst Du immer ein bißchen wie ein Arbeitspferd auf Glatteis. Du wendest
    haufenweise Kraft auf, aber es fehlt (möglicherweise) der Griff für die Umsetzbarkeit,
    damit auch innerlich Lasten abzuwerfen.

    Ein äußerlich stabil eingerichtetes Leben kann eine Weile lang den erwünschten Halt geben.
    Das innere Zuhause aber beherbergt oft noch die eigenen (fehlenden oder missbräuchlichen)
    Eltern, in Form unbewusster Ablehnung von Teilen des eigenen Selbst, von der Lebensfreude,
    der Freude an sich selbst, den eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und ihrer Berechtigung.

    Ich schreibe hier nur ins Blaue, weil ich mich selbst sehr mit den Folgen des Aufwachsens in
    seelisch nicht kindgerechter Umgebung auseinandersetzen musste. Lange wusste ich nämlich
    gar nicht, dass ich Selbstabwertung und Selbstüberforderung betrieb. Das war ja meine Brille,
    und so lange ich dadurch schaute, war nie etwas gut genug. Und schlechte Gefühle waren
    "mein Fehler". Ich wusste z.B. lange gar nicht, wie angenehm gelöst (im Oberbauch) es sich
    anfühlt, mich völlig ehrlich irgendwo mitzuteilen und dafür NICHT beschämt / kommentiert
    zu werden.

    Diese Chance bieten manche Selbsthilfegruppen, sowohl die für Süchtige, als auch die für
    Kinder, die in einem seelisch nicht gesunden, dysfunktionalen Haushalt (Sucht, Gewalt oder
    Missbrauch) aufgewachsen sind.

    Nach meinem Gefühl würde ich Dir beide Richtungen ans Herz legen wollen. :blumen2:

    Je eher das "hinkriegen" aufhören darf und das "erstmal sein, wie ich bin, und genau damit
    genügen" beginnen darf, umso kürzer der Weg aus dem ganzen Knäuel, das Dich festhält.
    Genau da, im Annehmen der eigenen Gegenwart, incl. der Machtlosigkeit gegenüber Zwängen
    (ob Trinken oder ander Verhaltensweisen), kann ganz neue Kraft frei werden, die vorher nötig
    war, um alles zu "verbergen", es eben "allein hinzukriegen".

    Einfach Mut, das auszuprobieren, was Dir am meisten helfen würde, wünsche ich Dir!

    Wenn Du Fragen hast, schreibe ich gern nochmal hier. :)

    Viele Grüße
    Wolfsfrau

  • Hallo Britt,

    danke für deine freundliche Antwort. Mit ehrlichen Worten kann ich in der Regel gut umgehen aber Vorwürfe und Beleidigungen helfen mir nicht weiter. Sicher werde ich mit dem momentanen Konsum nicht Mutter des Jahres und mir ist selbst bewusst dass ich was ändern muss wenn ich auf Dauer gut für meine Kinder sorgen möchte.

    Ich habe über Tag einige Beiträge gelesen, unter anderem von einem Ehemann dem es wahrscheinlich ganz ähnlich geht wie meinem. Ich muss erst einmal alles sacken lassen. Gestern Abend hab ich noch 1,5 Liter Wein getrunken, heute Morgen überlegt wie ich meinen Konsum ändern kann weil ich es wirklich übertrieben habe und nun denke ich das erste mal darüber nach wie es wäre nicht weniger und nur zu Anlässen zu trinken sondern wie ich mir ein Leben ganz ohne Alkohol vorstellen könnte. Alles etwas viel für einen Tag. Liebe Grüße

  • Hallo Wolfsfrau,

    auch dir danke für deine freundliche Nachricht. Ich werde heute Abend noch ausführlicher antworten sobald ich die Zeit finde. Mein Sohn hat heute einen schlechten Tag und da hilft nur ganz viel tragen und kuscheln. Ich melde mich, Lg

  • Hallo Mami1719,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker und Vater von 3 Kindern. 2 von meinen Kindern "durften" meine aktive Alkoholikerzeit und vor allem auch die Folgen nach Beendigung dieser Zeit miterleben. Ich habe weit über 10 Jahre abhängig getrunken, etwa 8 - 10 Jahre davon komplett heimlich. Also so, dass meine Familie nichts davon mitbekommen hat.

    Und weil ja nun schon eine Diskussion über genau dieses Thema - was bekommen Kinder eigentlich mit und was nicht - entstanden ist, will ich hier mal kurz meine Erfahrungen mitteilen.

    Ich kann aus meinen Erfahrungen sagen, dass ich wohl zu den eher wenigeren gehöre, die es scheinbar tatsächlich "geschafft" haben, ihre Sucht weitesgehend vor der eigenen Familie zu verheimlichen. Ich kann das deshalb so sagen, weil meine Frau mir das im Nachhinein sozusagen bestätigt hat. Sie hätte mir das niemals abgenommen (ich habe mich bei ihr geoutet als ich ausgestiegen bin), wenn ich ihr nicht gleich all meine Alkoholvorräte und Geheimverstecke gezeigt hätte. Es ist also offenbar tatsächlich möglich, unter bestimmten Voraussetzugen, diese Sucht weitesgehend geheim zu halten. Wenngleich es i. d. R. so ist, dass der Alkoholiker zwar meint keiner bekommt es mit, das Umfeld aber längst weiß, was eigentlich Sache ist. So ist es meistens, bei mir war es scheinbar anders.

    ABER: Das bedeudet nicht, dass meine Familie deshalb nicht unter meiner Sucht gelitten hätte. Denn ich hatte natürlich alle Anzeichen, alle typischen Verhaltensweisen, alle Wesensveränderungen die so eine Sucht mit sich bringen bei mir zu verzeichnen. Meine Familie wusste "nur" nicht, dass es vom Alkohol kommt. Alleine die Tatsache, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt meiner Sucht nichts wichtiger war als der Alkohol und sich alles in meinem Leben nur um Be- und Entsorgung dieses Zeugs drehte, war enorm belastend für meine Familie. Denn ich war eigentlich nie wirklich da. Zwar körperlich, jedoch nicht geistig. Über Jahre hinweg hatte meine Frau einen Partner, der überhaupt keiner war. Und meine Kinder einen Vater, der krampfhaft versuchte eine besonders guter Vater zu sein um sein schlechtes Gewissen bezüglich seiner Sauferei unter Kontrolle zu halten.

    Ich habe mir immer gesagt: Meine Kinder bekommen nichts mit, für meine Kinder nehme ich mir immer Zeit, meine Kinder liebe ich über alles. Aber..... das war nur teilweise so. Denn die Sucht fordert einfach ihr Tribut. Und je tiefer man drin steckt, desto weniger realisiert man das. Desto mehr verabschiedet man sich in eine Scheinwelt, die überhaupt nicht existiert. Man macht sich Dinge vor, redet sich Dinge schön, und wenn es einem dann doch mal bewusst wird, dass es evtl. doch nicht so toll sein könnte, dann spült man es mit etwas Alkohol sofort weg. So jedenfalls bei mir.

    Du kannst also sicher sein, selbst wenn Deine Kinder noch ganz klein sind, selbst wenn Du Dich super im Griff hast: Deine Kinder bekommen mit, das etwas nicht stimmt. Das wusste auch meine und das haben sie mir im Nachhinein auch gesagt. Und sie machen sich genau deshalb sehr große Sorgen, sie leiden, sie wissen nicht, was eigentlich los ist. Und übrigens: nicht das Du denkst ich hätte die ganze Zeit mit meiner Frau gestritten oder so. Nein, es waren die kleinen Situationen, es waren meine geistigen Aussetzer, es war meine geistige Abwesendheit, die sie belastet haben. Sehr belastet haben.

    Zum Ende hin, dann natürlich ganz massive Erlebnisse. Lügerein von mir, die immer häufiger raus kamen. Eine Ehe, die immer mehr kaputt ging und niemand wusste so genau weshalb, etc. Aber da hast Du ja noch etwas Zeit. Kommt aber i. d. R. automatisch, wenn man weiter trinkt.

    Ich kann Dich nur dazu animieren etwas gegen Deine Sucht zu unternehmen. Sofort und gleich unter zu Hilfe nahme aller Hilfsangebote die Du finden kannst. Es wäre fatal, wenn Du diese Sucht unterschätzt, wenn Du so Dinge glauben würdest wie "da komm ich schon selbst irgendwie wieder raus". Nimm Dir alle Hilfe die Du bekommst und steh auf und kämpfe. Auch dann ist es noch schwer genug und viele scheitern, leider. Geh zum Arzt, geh zur Suchtberatung, mach mit diesen Menschen einen Plan und ordne jetzt erst mal alles dem Ziel unter vom Alkohol wegzukommen.

    Deine Kinder, Dein Mann werden Dir dankbar sein. Und am Ende auch Du selbst. Übrigens: bei allem Geheimhalten kam dann bei mir (glücklicherweise) der Tag, wo ich es meiner Frau und meinen Kindern sagen "musste" bzw. freiwillig gesagt habe. Spätestens dann zerstörst Du eine heile Welt. Bei mir war das dann ein Totalschaden. Also zieh die Reißleine solange Du noch kannst, zieh sie so früh wie möglich.

    Alles Gute wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla

  • Ich habe heute Morgen mit Absicht erst mal die Böse gespielt und Dir die volle Breitseite gegeben, ich hoffe, es war nicht zu schlimm. Ich hatte mir überlegt, ob ich es abschicke.

    Manche Leute brauchen genau das und das sagen sie einem zum Teil Jahre später, bei Anderen liegt man damit völlig daneben. Man weiss es vorher nicht so genau.
    Verständnis und nett sein hilft bei vielen aber auch nicht, oft hilft ja überhaupt nichts. Also wie mans macht, kann es verkehrt sein, und irren ist menschlich. Und wir haben es hier leider mit einem nicht immer nur netten Thema zu tun, sondern mit einem, mit dem man sich und Andere sehr erfolgreich ins Unglück stürzen kann, was aber nach erfolgreicher Überwindung aber auch fast ein Gewinn sein kann, weil man seine Bedürfnisse dann ja viel besser kennt als vorher.

    Langer Rede, kurzer Sinn: falls Du Dich von mir geschädigt oder beleidigt fühlst, entschuldige ich mich in aller Form, und ansonsten wünsche ich Dir, dass Du hier was für Dich mitnehmen kannst.

    Gruß Susanne

  • Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hier im Forum :welcome:

    Ich bin m, 56, Alkoholiker und nun schon einige Jahre zufrieden trocken/abstinent. Und ich bin ein Freund KLARER Worte, mag kein Rumgeeiere. Dafür habe ich in meiner Trinker"karriere" aber auch in meinem persönlichen und beruflichen C:-) Leben zu viel gesehen und erlebt.


    In der Tat bekommen Kinder, auch im Kleinkindalter, sehr viel mehr mit als wir Erwachsenen uns vorstellen können und/oder WOLLEN. Das weiß ich nicht nur vom Hörensagen, sondern auch aus eigenem Erleben. Ich war auch mal der Meinung, dass meine kleinen Töchter nix mitbekommen von meinen Saufeskapaden ... bis mich meine Kinder eines Besseren belehrten :-[
    Leider hat mich das damals noch nicht dazu gebracht, mir Hilfe zu suchen und die Notbremse zu ziehen.

    Um so schöner finde ich es, dass Du Dir Gedanken um Deinen Konsum machst und wie Du etwas ändern kannst.

    Zitat

    Mit ehrlichen Worten kann ich in der Regel gut umgehen aber Vorwürfe und Beleidigungen helfen mir nicht weiter.

    Ich nehme mal an, das bezieht sich u.a. auf Susannes

    Zitat

    Bla bla bla. Das ist das übliche Geschwätz von Leuten, die noch nicht begriffen haben, was Kinder schon im Kleinkindalter alles mitkriegen und die noch hoffen, dass es bei ihnen noch nicht ganz so schlimm ist.
    ...
    Aber so, wie Du schon anfängst, wirst Du es eher nicht schaffen. Schwach anfangen, stark nachlassen. Und das ist sicher nicht mein Problem, sondern Deins, und ich werde Dich auch nicht davon überzeugen, was besser wäre, sondern das musst Du schon selbst tun.

    Für Dich mag es sich hart anhören, ist aber nur ehrlich gemeint. Ich weiss nicht, ob Du Dir mal Susannes Geschichte durchgelesen hast - aber sie will Dich definitiv nicht beleidigen oder Dir etwas Böses. Sie redet nur Klartext.
    Und ich stimme ihr zu. Ich bin nun schon einige Jahre in der Suchtselbsthilfe unterwegs und habe mit vielen Menschen gesprochen, viele Schicksale gehört, war in Krankenhäusern ... Es sind zwar immer wieder andere Menschen. Aber ihre Geschichten ähneln sich dermaßen - es ist fast erschreckend.
    Auch hier - wenn Du die Geschichten von uns liest, wirst Du immer wieder Parallelen, verblüffende Ähnlichkeiten finden. Nur erzählt sie eben jeder anders - der Eine leise, der Andere traurig, ein Anderer resigniert ...

    Ich weiss ich sollte mir Hilfe suchen, aber ich habe panische Angst davor dass dann das Jugendamt eingeschaltet wird oder meine Kinder unter Beobachtung stehen.

    Ich weiß nicht, woher immer wieder solche Horrorszenarien kommen, wer solchen Blödsinn in die Welt setzt - oder ist es gar ein Kind des Alkohols?? nixweiss0

    Das Jugendamt schaltet sich ein, wenn man sich KEINE Hilfe sucht und daduch das Kindswohl gefährdet wird!
    Ein Besuch bei einer Suchtberatung ist nicht nur kostenlos, sondern auch ANONYM.
    Therapeuten sind (in der Regel) Ärzte und unterliegen somit der ärztlichen Schweigepflicht!
    Ebenso ist der Besuch von Selbsthilfegruppen kostenlos und ANONYM - sie kosten lediglich Selbstüberwindung (beim ersten Mal) und Zeit.

    Also - keine Angst! Es lohnt sich! Sowohl üm Deiner Kinder Willen als auch für Dich!

    Alles Gute
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • So, jetzt finde ich Zeit zu antworten. Beide Kinder schlafen und statt vor meinem Weißwein Sitz ich nun vor meinem Anti-Stress Tee und grübel. Ich hab mir meinen Text und eure Antworten mehrfach durchgelesen und möchte noch etwas ergänzen.

    Ich war vor den Kindern bereits einmal bei meiner Hausärztin weil mir auffiel dass ich mehr trinke als andere und dass ich anders abends nicht zur Ruhe komme. Mein Papa hatte zu der Zeit Schnaps versteckt und war öfters betrunken und ich hatte Sorge sonst zu enden wie er. Von dort ging es dann in eine Suchtberatung und dort wurde mir vorgeschlagen für zwei Wochen in eine stationäre Entgiftung zu gehen. Davon völlig überrumpelt habe ich erstmal sehr wenig/ selten getrunken und das Thema weggeschoben. Bis jetzt hab ich trotz meines teilweise erheblichen trinkens keine körperlichen Symptome oder Entzugserscheinungen sodass ich dazu tendiere eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Auch wenn ich die typischen Sorgen habe (was wenn mich einer kennt, wer sitzt sonst dort). Vielleicht wäre das als erster Schritt für mein Empfinden am sinnvollsten.

    Mein Mann hat viel mitgemacht die letzten Jahre. Ich weiß nicht wie oft ich betrunken Diskussionen angezettelt habe. Ich bin todunglücklich über meinen Körper, jede Diät scheitert - natürlich denn der Wein muss nach Gemüse und Training ja abends doch noch rein und um so dicker ich werde umso mehr trinke ich. Und um so mehr werfe ich meinem Mann vor dass er nur auf dünne Frauen steht. Ein ätzender Teufelskreis.

    Mein erstes Kind hat 8-10 Stunden am Tag geschrien, erst nach Monaten hat ein osteopath sie erlöst und auch wenn ich viel Rennerei hatte ist sie jetzt ganz gesund, mein zweites Kind hat im Mutterleib falsch gelegen und brauchte / braucht eine spezielle Therapie. Dafür fahr ich seit Monaten 3-4 Stunden Auto für jeden Termin, führen einen anhaltenden Kampf mit der Krankenkasse weil die die Kosten von 2500€ nicht übernehmen wollen, Physiotherapie, Haushalt, genug Zeit mit beiden Kindern für Hobbys etc. Da ist abends mein Glas Wein auf dem Sofa ganz in Ruhe meine persönliche Auszeit. Ich werde nun für mich ein neues Ritual einführen und schauen wie ich am besten abschalten kann.

    Ich möchte das alles nicht verharmlosen und mir ist bewusst was Alkohol anrichten kann und welchen Respekt jeder davor haben sollte. In meinem Kopf ist nun ordentlich Wirrwarr und ich versuche gerade alles zu ordnen. Eine tolle Leistung die ihr alle vollbracht habt, ihr könnt stolz auf euch sein, dem Alkohol nun seit Tag x keinen Platz mehr einzuräumen und eure Erfahrungen mit mir zu teilen. Einige eurer Sätze arbeiten immer noch in mir.

    Liebe Grüße

  • Liebe Mami1917,

    Ein herzliches Willkommen auch von mir,schön dass du hierher gefunden hast!

    Ich kann meinen Vor-postern nichts hinzufügen,nur deren Ehrlichkeit unterstreichen...jeder hier versucht dir auf seine Art und Weise zu helfen,manchmal kann so eine Ladung an Ehrlichkeit auch weh tun,ich verstehe das. Umso mehr weil ich auch Mutter bin,meine Kinder sind noch klein. Ich bin wie du in meiner Jugend zum sexuellen Missbrauchsopfer geworden,habe aber erst jetzt eine Therapie angefangen...Alkohol war lange mein Ventil,hat mich in Watte gepackt und mir ein Loslassen erlaubt. Alles was du da schreibst kann ich sehr gut nachempfinden,Alltag mit Kindern ist anstrengend,selbst wenn diese keine gesundheitlichen Probleme haben!

    Ich möchte dich nur dazu ermutigen auf keinen Fall mit deinem Problem alleine zu bleiben! Eine SHG ist schon mal eine gute Idee,es kostet das erste Mal etwas Überwindung aber da geht es allen gleich...Suchtberatung, Ärzte etc sind zur Anonymität verpflichtet, wie Green schon schrieb, und sie haben 1000nde solcher Geschichten schon gehört,du bist kein Einzelfall!!

    Ich bin seit 1,5Jahren dabei mir ein neues alkfreies Leben zu gestalten,seit bald 9Monaten ohne Rückfall...es lohnt sich sooo sehr !! Es lohnt sich für meinen Mann,der seine Frau wieder hat, für meine Kinder,die eine kraftvolle und gesunde Mutter haben und v.a. Lohnt es sich für mich!! Ich habe wieder Selbstvertrauen,Achtung vor mir und meinen Gefühlen und bin die elenden Schuld-und Schamgefühles endlich los!

    Ich wünsche dir viel Kraft und Energie die richtigen Wege zu gehen...falsche Scham sind bei dieser mächtigen Krankheit fehl am Platz. Sei ehrlich zu dir selber und du wirst die richtigen Antworten finden,

    Fühl dich gedrückt,

    Rina

  • Hallo Mami1917,

    noch ein paar Gedanken von mir zu Deinen Zeilen:

    Zitat

    Davon völlig überrumpelt habe ich erstmal sehr wenig/ selten getrunken und das Thema weggeschoben.


    Das zeigt Dir recht gut, wie mächtig diese Sucht eigentlich ist. Denn Du hättest ja auch komplett aufhören können. Ich meine, das ist ja schon ein Schuss vor dem Bug, wenn der Arzt mal schnell eine zweiwöchige stationäre Entgiftung als sinnvoll erachtet. Das heißt ja überstetzt nicht anderes als: Da ist nichts mehr mit "einfach mal ein bisl weniger trinken" sondern da liegt dann wohl eine Suchterkrankung vor. Ich kann gut nachvollziehen, dass Dich das geschockt hat. Wäre mir sicher nicht anders gegangen, hätte mir das ein Arzt am Anfang oder auch noch in der Mitte rmeiner Suchtkarriere gesagt (später war dann sogar mir klar, dass ich süchtig bin und es wäre keine Überraschung mehr gewesen).

    Trotzdem hat es nicht ausgereicht um Dich dazu zu bewegen, komplett auszusteigen. Oder auch andere Maßnahmen zu ergreifen um aus der Sucht heraus zu kommen. Du hast das getan, was ganz viele, ich möchte sagen, die meisten oder fast alle tun, wenn sie merken: da stimmt was nicht, ich glaube ich trinke zu viel. Nämlich reduzieren oder auch erst mal gar nichts mehr trinken. Nun ist das sicher erst mal nicht das schlechteste aber die Erfahrung zeigt leider auch, dass "einfach nur" nichts mehr trinken i. d. R. nicht ausreicht.

    Denn wenn man bereits süchtig ist, dann hat man diese Sucht immer im Nacken. Sie versucht ständig und immer sich in Position zu bringen. Immer wieder klopft sie an, immer wieder muss man sie dann mit Verstand bekämpfen. Und da kann man sehr viele Kämpfe gewinnen. Aber wenn man auch nur einen einzigen verliert, weil die Sucht mal wieder besonders perfide vorgegangen ist, dann hat man den ganzen Krieg verloren. Auch wenn man vorher 100 Siege eingefahren hat. Deshalb muss das Ziel immer sein nicht mehr kämpfen zu müssen. Und dieses Ziel erreicht man nicht, wenn man einfach nicht mehr trinkt. Man erreicht es, wenn man sich mit seiner Krankheit auseinander setzt, wenn man die Sucht aufarbeitet, wenn man lernt warum und wann man trinken will und was man dagegen tun kann. Wenn man lernt und erkennt, wie sinnlos Alkohol eigentlich ist und wie er einem nie zu irgendwas nütze sein kann. Dass er immer nur temporär blenden kann, das eigentliche Problem aber niemals lösen wird.

    Zitat

    Auch wenn ich die typischen Sorgen habe (was wenn mich einer kennt, wer sitzt sonst dort). Vielleicht wäre das als erster Schritt für mein Empfinden am sinnvollsten.


    Ich finde es gut, dass Du das als eine Maßnahme für Dich siehst. Das war auch meiner erster Gang, nachdem ich gerade mal 24 h ohne Alkohol war. Und es hat mir Anfangs sehr geholfen. Und was Deine Sorgen betrifft: ganz normal, dass man sich solche Gedanken macht. Aber wenn Du da etwas genauer nachdenkst: meinst Du jemand der da drinnen sitzt und Dich kennt würde mit dem Finger auf Dich zeigen? Der sitzt doch selbst da drin! Solche SHG sind meiner Erfahrung nach eine Gruppe von Menschen, die sehr verschwiegen sind, die genau wissen um was es geht, die großen Respekt vor dem anderen haben und die nicht raus gehen um zu tratschen. Ich habe das bei meiner Gruppe so erlebt und ich habe noch niemanden gesprochen, der mir erzählt hätte, dass man in seiner Gruppe irgendwas nach außen geplappert hätte. Sei unbesorgt, gehe einfach hin und finde heraus ob dieses Format etwas für Dich ist.

    Ich kanns nur nochmal sagen: Steh auf und nimm Dein Leben wieder in Deine eigenen Hände. Überlasse es nicht dem Alkohol. Er wird Dir niemals helfen, auch wenn er Dir das durch die kurzen Auszeiten die er Dir verschafft, suggeriert. Die Realität verschwindet deswegen nicht, sie wird nur kurz ausgeblendet. Aber sie ist immer da. Und die Sucht manifestiert sich nebenher immer mehr und irgendwann bist Du dann so tief drinn, dass es richtig schlimm wird. Du kannst es hier zahlreich nachlesen. Also hab keine Angst, gehe es an, in Deinem Tempo aber unbedingt konsequent.

    Und dann wirst Du hier irgendwann zu jenen gehören, die über ihr neues, schönes Leben ohne Alkohol berichten!

    LG
    gerchla

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