• Hallo allerseits!

    Ich habe mich hier angemeldet, weil ich endlich einen wichtigen Schritt gehen will!
    Und zwar den Schritt von "Ich glaube, ich habe ein Alkoholproblem, aber vielleicht auch nicht, deswegen kann ich ruhig meine fünf Halbe trinken..." hin zu "Ich weiß, dass ich ein Alkoholproblem habe und möchte aufhören zu trinken".

    Und wie fange ich jetzt am besten an?

    Erstmal zu mir:
    Ich bin 28 Jahre alt und lebe in Berlin. Seit etwas mehr als 5 Jahren trinke ich (durchschnittlich) 4 bis 5 große Bier pro Tag. Bis jetzt habe ich die Gratwanderung mit meinem Konsum noch so hinbekommen, dass ich nie wirklich körperlich abhängig war.
    Angefangen (problematisch) zu trinken habe ich damals wegen einer sehr schmerzhaften Trennung im zarten Alter von 23 Jahren, über die ich bis heute nicht wirklich hinweg gekommen bin. Mein Studium habe ich trotz des Trinkens (gefühlt mit letzter Kraft) noch abschließen können. Hat zwar am Ende 6 Jahre statt 3 gedauert, aber daran kann ich nun auch nichts mehr ändern.

    Meine aktuelle Situation sieht folgendermaßen aus:
    Nach zu vielen Jahren zwischen allabendlichem Rausch und Büffelei für die Uni, in denen mir ein geregelter Tagesablauf mehr und mehr abhanden gekommen ist, habe ich nun ganz aktuell meinen Bachelor abgeschlossen. Durch etwas Glück und das zutun hilfsbereiter Freunde darf ich mich nun sogar auf den Berufseinstieg freuen: Gestern habe ich meinen ersten Arbeitsvertrag unterschrieben und werde ab Oktober 40 Stunden pro Woche arbeiten.
    Darauf freue ich mich auch wirklich!
    So weit so gut.

    Nur habe ich natürlich gestern,(wie sollte es auch anders sein) zur Feier all dieser Umstände Bier bis zum geht-nicht-mehr in mich hinein geschüttet.
    Wie fast jeden Abend...
    Und wenn ich so weiter mache, fliege ich in Null-Komma-Nix sofort wieder aus meinem Job raus.
    Und dann geht alles komplett den Bach runter.

    Davor habe ich Angst.
    Deshalb will ich aufhören zu trinken.


    So oder so ungefähr sieht meine Situation aus. Wie ihr seht, stehe ich gerade an einem Wendepunkt in meinem Leben (so fühlt es sich zumindest an).
    Ich hoffe, es wird wirklich ein Wendepunkt sein.

    Und jetzt warte ich erst einmal ab, was ihr so an guten Ratschlägen für mich parat habt :)

  • Hallo Giwdul,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Schön, dass Du Dich hier angemeldet hast und etwas gegen Dein Alkoholproblem unternehmen möchtest.

    Bei Deinem Nick musste ich sofort an eine Comic-Serie denken, die ich früher immer gelesen habe. Da gab's auch solche Namen..... ;)

    Ich stell mich mal kurz vor: Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol. Als ich so alt war wie Du, begann ich langsam in die Sucht hinein zu rutschen, wobei mir das damals überhaupt nicht bewusst war. Etwa in diesem Alter begann ich regelmäßig abends meine Feierabenbierchen zu trinken. Viel weniger als Du jetzt trinkst aber eben regelmäßig. Und so weiß ich heute, dass ich schon damals, also im zarten Alter um die 30, zwar auf niedrigen Niveau jedoch bereits abhängig getrunken habe.

    Insofern finde ich es mal ganz toll, dass Du jetzt schon so weit bist und die Gefahr erkennst, in der Du Dich aktuell befindest.

    Wenn Du mich jetzt fragen würdest: Gerchla, was soll ich tun? Was sollten meine nächsten Schritte sein?

    Ich würde Dir folgendes antworten: Mach doch einfach mal Nägel mit Köpfen. Geh einfach mal zum Arzt und schildere ihm Deine Situation. Mach' mit ihm einen Plan, wie der Entzug verlaufen könnte. Sei nicht so "dumm" und entziehe einfach kalt, ohne Dich vorher mit einem Arzt zu beraten. Suche parallel dazu mal eine Suchberatung auf, schildere dort auch ganz offen was Dich so umtreibt. Überlege mit den Menschen dort zusammen, was Deine nächsten Schritte sein könnten.
    Und dann: vielleicht schaust Du auch mal, ob Du eine für Dich passende reale SHG findest. Einfach mal was ausprobieren, mal eine aussuchen und hingehen. Wirst nicht gebissen, schlimmstenfalls stellst Du fest, dass Du Dich nicht wohl fühlst und gehst halt wieder. Wenn Du in einer größeren Stadt lebst, wirst Du die Wahl zwischen mehreren Gruppen haben, probiere dann einfach mal eine andere aus.

    So, und was, wenn Du nun das alles liest und die Hände über dem Kopf zusammen schlägst und sagst: NIEMALS, ich kann doch nicht zum Arzt, auch nicht zur Suchberatung, ich schäme mich viel zu viel. Und in eine SHG kann ich schon gar nicht, könnte ich ja jemanden treffen...

    Tja dann, dann würde ich sagen: Grundsätzlich sehe ich die größte Gefahr jetzt am Anfang in einem kalten Entzug. Auch wenn Du denken solltest, dass Du körperlich nicht abhängig bist, ist es ein sehr riskantes Spiel das Du meiner Meinung nach nicht spielen solltest. Darum meine ich, dass Du wenigstens den Entzug ärztlich begleiten lassen solltest.

    Ansonsten denke ich, wirst Du recht schnell merken, wo Du eigentlich stehst. Damit meine ich, dass Du sehen wirst, wie schwer es Dir fällt auf Alkohol zu verzichten. Der körperliche Entzug sollte nach einer Woche bis 10 Tage größtenteils überstanden sein. Vielleicht macht Dir das ja auch keine Probleme, das wirst Du merken. Aber die eigentliche Abhängigkeit ensteht ja durch die Psyche. D. h. die psychische Abhängigkeit ist diejenige, die Dir auf die Länge gesehen möglicherweise große Schwierigkeiten bescheren könnte. Wenn Du süchtig bist, wird die Sucht nichts unversucht lassen um Dich wieder zum Trinken zu motivieren.

    Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, dass ich in meiner Trinkerkarriere mehrmals an so einem Punkt war wie Du jetzt. Und ich habs, anfangs aus Unswissen, später aus Unvernuft, auch einfach immer selbst probiert. D. h. ich habe mir fest vorgenommen, dass es so jetzt nicht weiter gehen kann. Dass ich jetzt etwas unternehmen werde, dass ich jetzt nicht mehr trinken werde. Und das habe ich dann auch gemacht. Hat am Anfang meiner Sucht noch recht gut und teils auch sehr lange funktioniert und wurde dann mit andauernder Sucht immer schwieriger, kürzer und seltener. D. h. die Trinkpausen, nichts anderes war es ja was ich da dann immer mal für ein paar Wochen oder Tage eingelegt hatte, wurden immer weniger und kürzer. Die letzten Jahre konnte ich dann überhaupt nicht mehr verzichten und es war ein riesen Erfolg für mich, wenn ich mal "nur" 4 oder 5 Bier am Tag getrunken habe.

    Richtig aussteigen konnte ich erst, als ich wirklich bereit war alles dafür zu tun. Deshalb auch Anfangs mein Ratschlag, wie Du am besten an die Sache heran gehen könntest. Mit Arzt, Suchthilfe, etc. Als ich diesen Weg ging hat es auch funktioniert - da war es aber trotzdem noch ein ganz langer und ganz steiniger. Nun kann man aber, so meine Überzeugung, nicht von sich auf andere schließen. Bei der Alkoholsucht sieht es zwar immer so aus, als wäre das alles irgendwie gleich oder sehr ähnlich. Bei genauerem Betrachten ist diese Krankheit aber sehr individuell, genau wie die Wege aus ihr heraus. Deshalb denke ich, Du wirst Deinen Weg selbst finden müssen.

    Und dabei wünsche ich Dir alles Gute und viel Glück. Und ich wünsche Dir natürlich auch einen guten Austausch hier im Forum und darf Dir versichern, dass der Weg den Du jetzt eingeschlagen hast, absolut der Richtige ist. Denn wenn Du weiter trinkst, auch wenn Du noch nicht süchtig sein solltest, wirst Du über kurz oder lang die ganze Macht dieser Krankheit spüren. Und die ist wirklich verheerend. Drum: zieh lieber jetzt die Reißleine und freu Dich anschließend auf wunderbare Jahre ohne Suff.

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla,

    Erstmal danke für deine rasche und ausführliche Antwort

    Dein Name lässt mich vermuten, dass du vielleicht (wie auch ich gebürtig) aus dem schönen Frankenland kommen könntest? nixweiss0

    Meine spontanen Gedanken zu deinen Ratschlägen sind folgende:

    Eine Seite in mir stimmt dir voll und ganz zu: Ich sollte mal in eine Suchtberatung gehen, mir vielleicht eine SHG suchen, so dass mein Vorhaben viel weniger oder gar nicht mehr zu trinken Hand und Fuss bekommt.
    Die andere Seite sagt: Aber du kannst doch noch ohne Alkohol. Mache ich da jetzt nicht aus einer Mücke einen Elefanten?

    Du siehst, ich habe mir nicht zu 100 Prozent eingestanden ein Alkoholiker zu sein. Obwohl ich weiß, dass ich Trinke um Probleme zu vergessen. Obwohl ich weiß, dass ich nicht mehr aufhören kann zu trinken, wenn ich einmal angefangen habe. Obwohl ich manchmal gerade zu Angst davor habe nüchtern zu werden.

    Das Problem ist (klingt paradox), dass ich (noch?) nicht unbedingt trinken MUSS. Dadurch kann ich die Trinkerei immer irgendwie vor mir rechtfertigen.

    Naja...
    Ich hoffe übrigens, dass ich dir jetzt nicht halbherzig vorkomme. Es ist nur so, dass ich mich in dieser Ernsthaftigkeit erst selten mit meinem Alkoholproblem auseinandergesetzt habe.

    Also mein nächster Schritt wird sein, morgen in eine Suchtberatung zu gehen und mal zu schauen was die so sagen.

    Von wegen zum Arzt und richtig entziehen:
    Glaube wirklich nicht, dass das Notwendig ist. Ich müsste jetzt inzwischen wieder bei 0.0 Promille sein und hab keine zittrigen Hände oder ähnliches.

    Na, morgen gibts dann Bericht wies bei der Suchtberatung war!

  • Guten Abend Giwdul,

    Herzlich Willkommen im Forum und vielen Dank für Deine Vorstellung Deiner Situation.

    Du sagst, dass das Problem ist, dass Du noch nicht trinken musst. Wie ist denn dein Trinkverhalten? Trinkst Du jeden Tag die 4-5 große Bier und seit wieviel Jahren?
    Hast Du Dir schonmal die Frage gestellt, vor welchen Problemen Du wegläufst?
    Sehr gut ist, dass du einsiehst dass sich massiger Alkohol Konsum und neuer Job beißen werden. Ich bin damals in meiner aktiven Trinker Zeit sehr lange auf dünnen Eis gelaufen um nicht aufzufallen oder den Job zu verlieren. Damals hatte ich gedacht, aus mir wird nix mehr werden und der Alkohol hat mich im Griff. Jetzt bin Ich seit 2,5 Jahren nüchtern, habe meinen Job gekündigt und einen neuen viel besseren angefangen. Du siehst, es geht. Wichtig ist nur, dass Du wirklich was ändern möchtest und rechtzeitig die Leine ziehst. Jeden Abend 4-5 große Bier ist schon ein massiver Konsum.

    Beim Doc musst Du übrigens nicht mit 1,2 Promille aufdrehen wenn Du über dein Alkohol Problem reden möchtest... Alkoholismus ist eine Krankheit und er ist verpflichtet dir zu helfen.

    Ich habe damals im Krankenhaus entzogen ( war auf ner geschlossenen, weil wir einen Patienten hatten, der vom Gericht Auflagen bekommen hatte) und ich habe körperlich nichts gespürt - aber die psychische Komponente ist nicht zu verachten.

    Also bleib dran, Du bist Jung und hast schon einiges geleistet - wäre zu Schade dass alles zu verlieren.

    VG
    Lars

  • Hey Lars

    Also zu meinem Trinkverhalten: Wie gesagt im Durchschnitt (!) so 4-5 Bier pro Tag. Da ist dann aber schon ab und an ein alkoholfreier Tag mit dabei, aber dafür dann auch der Vollrausch mit 10+ Bier :(
    Die Frage, vor welchen Problemen ich weglaufe habe ich mir schon oft gestellt und denke auch mehr oder weniger zu wissen, welche das sind. Das jetzt genau zu erklären ist schwierig, dafür müsste ich ein paar Tage lang tippen und ihr hättet ein kleines Buch zu lesen.
    Aber grob geschildert bin ich damals mit der Trennung überhaupt nicht klar gekommen (Habe in meinem noch nicht allzulangem Leben schon mehrere hinter mir, aber bei dieser einen Trennung hing noch so viel mehr mit dran als nur verlorene Liebe, aber das ist ein Thema für sich). Damals war also der Grund für mein Trinken glasklar und ich habe auch so ziemlich von einem Tag auf den anderen angefangen psychisch abhängig und auf hohem Level zu saufen. Ich wollte einfach keine Gefühle mehr habe. Das ist inzwischen 5 Jahre her. Somit steht der Trennungsschmerz natürlich nicht mehr im Vordergrund. Aber es war eben so, dass ich nach der Trennung ca. 2 Jahre meines Lebens mit extremen Depressionen und permanenter Selbstbetäubung verloren habe. Also super viele soziale Kontakte verloren, da ich mich nicht um meine ehemaligen Freunde kümmerte. In der Uni zwar eingeschrieben aber 1,5 Jahre keine einzige Prüfung bestanden. Lügen über Lügen diesbezüglich meiner Familie gegenüber, die das ganze Wegballern auch noch finanziert hat.
    Auf jeden Fall waren das 2 Jahre in meinem besten Alter ohne irgendwelchen Fortschritt, stattdessen Einsamkeit, Depressionen. Und Alkohol.
    So ist der Alkohol eben zur Gewohnheit geworden. Emotional bin ich im Laufe dieser Zeit insgesamt ziemlich abgestumpft. Inzwischen würde ich mich gar nicht mehr als Depressiv bezeichnen, ich habe einfach fast keine Emotionen mehr...
    Aber wenn ich welche habe, dann beziehen sie sich meistens auf all die verlorene Zeit und auf das was aus mir geworden ist seither.
    Deshalb trinke ich.
    (Man, wenn ich das so lese muss ich doch ne Träne verdrücken...)

    Dass sich mein Konsum (und Lifestyle allgemein) und mein bald beginnendes Anstellungsverhältnis beißen werden ist mir nur allzu bewusst. Aber ich sehe es auch als Chance, wirklich was zu Verändern. Wieder in die Spur zu kommen.

    Naja, also ich bleib dran!
    Vielen Dank für deine Zeit und Anteilnahme, Lars!

  • Guten Morgen Giwdul,

    also erst mal: super, dass Du zur Suchtberatung gehst. Bin gespannt was Du berichten wirst!

    Auf kalten Entzug will ich jetzt nicht weiter eingehen, was Du hier tust liegt ja in Deiner Verantwortung.

    Ich will Dir jetzt einfach mal ein paar Gedanken von mir da lassen, die ich jetzt auch aufgrund Deines letzten Postes habe:

    Du bist in diese Sucht, vielleicht ist es auch noch "nur" Missbrauch, recht klassisch hinein geschlittert. Eine Trennung, die Du nicht verarbeitet hast. Die vermeintlichen Gründe, weshalb jemand da hinein rutscht sind ja vielfältig: Schickalsschläge, Angstzustände, Minderwertigkeitskomplexe, etc..Letztlich geht es dabei ja immer darum, sich der Wirkung des Alkohol zu bedienen. In Deinem Fall ging es ums Betäuben, ums Vergessen. Bei andere wollen locker werden, enthemmen, sich euphorisch fühlen usw. Ich finde, dass Du schon sehr reflektiert bist und Dir schon viele Gedanken über das "warum" gemacht hast. Wenn man das "warum" kennt, hat man schon mal einen kleinen Vorteil. Jetzt nicht unbedingt bezogen auf die ersten Tage und Wochen nach dem letzten Schluck Alkohol, denn in dieser Zeit geht es m. E. oft erst mal "nur" darum es durchzuhalten nicht wieder mit dem Trinken anzufangen.

    Für die Zeit danach jedoch ist es sehr hilfreich zu wissen, wieso man eigentlch da hinein gerutscht ist. Ich bin jemand, der ein Verfechter für die Aufarbeitung der eigenen Sucht ist. Für mich war das der Schlüssel für eine dauerhafte Abstinenz. Und bei mir war es, im Gegensatz zu Dir, absolut nicht nachvollziehbar, wieso ich so tief in die Sucht gerutscht bin. Ich hatte alles, was man sich gemeinhin so wünschen konnte. Tolle Frau, tolle Kinder, super Job mit viel Anerkennung, keine Krankheiten, keine Schicksalsschläge, keine finanziellen Sorgen usw. Wieso um alles in der Welt bin ich so tief in diese Sucht gerutscht? Für mich war klar: Nur wenn ich weiß was da passiert ist, werde ich in Zukunft Strategien finden können, die mich in die Lage versetzen dauerhaft auf Alkohol verzichten zu können.

    Ich darf Dir sagen, dass ich etwa ein Jahr ohne Alkohol gebraucht habe, bis ich hier mit dem Gröbsten einigermaßen durch war. Aber selbst heute noch, und jetzt sind schon einige Jahre ins Land gezogen, entdecke ich immer wieder mal was "Neues", bekomme ich immer wieder mal kleine "Flashbacks", die mir dann Verhaltensweisen von damals erklären. Das ist jetzt schwer zu beschreiben bzw. zu formulieren.

    Was ich Dir damit sagen möchte: Jetzt geht es erst mal darum, in einen abstinenten Alltag zu finden. Du stehst jetzt ganz am Anfang aber Du hast schon Großes vollbracht, denn Du hast diesen Anfang gemacht! Viele kommen gar nicht soweit. Da heißt es jetzt erst mal dran zu bleiben, Strategien entwickeln, wie Du mit dem plötzlich auftretenden Wunsch trinken zu wollen umgehst bzw. vermeiden kannst, dass Du wieder zur Flasche greifst. Je länger Du ohne Alkohol lebst, desto mehr wirst Du dann merken, dass sich einiges bei Dir verändert. Bei mir war das erst mal ganz stark eine körperliche Veränderung. Schon nach ein paar Tagen hatte ich richtig an Gewicht verloren und ich fühlte mich so fit wie seit Jahren nicht mehr. Psychisch jedoch, ging es mir permanent schlecht und sogar immer schlechter.

    Bei Dir kann das ganz anders sein, Du hast eine ganz andere Geschichte im Hintergrund.

    Aber Du hast genau wie ich und wie alle anderen mit Alkoholproblemen, zumindest meiner Meinung nach, ein psychisches Problem. Dieses ist oder war dafür verantwortlich, dass Du zum Alkohol gegriffen hast und das dann dauerhaft so durchgezogen hast. Und auf die Länge gesehen, sollte genau dieses psychische Problem erkannt und aufgearbeitet werden. Behandelt werden, wenn Du so willst. Ich bin der Meinung, dass das der Schlüssel für eine dauerhafte Abstinenz ist oder auch, solltest Du noch nicht süchtig sein, der Schlüssel um irgendwann zu einem ganz normalen Trinkverhalten zurück finden zu können.

    Was habe ich damals getan? Ich ging zum Psychologen um mir helfen zu lassen. Ich hatte einen sehr sehr guten Freund, mit dem ich intensive Gespräche geführt habe. Viele Gespräche! Und am meisten halft mir dann tatsächlich ein Mönch (eine lange und verrückte Geschichte), mit dem ich mich über Monate regelmäßig traf und der mir durch seine Weisheit aus der Sucht heraus geholfen hat. Hatte übrigens nichts mit Religion zu tun.... Wobei ich auch jemanden kenne, der durch Religiösität aus der Sucht heraus kam. Tja, die Wege sind vielfältig und höchst individuell.

    Gut, dabei will ichs mal belassen. Für Dich geht's jetzt erst mal darum, in ein Leben ohne Alkohol hinein zu finden und erst mal nichts mehr zu trinken. Alles andere dann zu seiner Zeit und, ganz wichtig, in Deinem Tempo.

    Alles Gute und ich freue mich wieder von Dir zu lesen. Ach übrigens, was meine Herkunft betrifft: Bingo!

    LG
    gerchla

  • Hallo zusammen

    Damit werde ich zwar hier niemanden beeindrucken, aber heute ist mein 2. trockener Tag, haha^^

    Wie angekündigt kommt ein kurzer Bericht, wies bei der Suchtberatung war:
    Also erstmal waren die alle ziemlich nett und ich habe mich gar nicht seltsam gefühlt, wie zunächst befürchtet...
    Dann hab ich dem Berater also meine Geschichte erzählt, bisschen ausführlicher als hier, weil ein persönliches Gespräch zum Informationsaustausch doch effizienter ist als zu tippen. Dann hat der Berater erstmal wissen wollen, was ich egtl will, also Abstinenz oder Reduzieren. Ich sagte ihm, dass es mir lieber wäre wieder ein normales Trinkverhalten zu erlernen, wenn möglich. Da war er erstmal ein bisschen skeptisch. Zum einen habe ich noch keine körperliche Abhängigkeit entwickelt, was das Vorhaben im Prinzip möglich macht. Andererseits sprechen eben so Tatsachen dagegen, wie dass es mir (fast) unmöglich ist aufzuhören zu trinken, wenn ich erstmal 3 Bier intus habe (bei einem oder zwei, also wenn ich noch nicht angesoffen bin, kann ich mich da schon noch zusammenreißen, wenns sein muss). Joa, und dann hat er halt einen Plan mit mir entworfen, wies weitergeht. Erster Vorschlag von ihm (wie Gerchla) war, mir eine SHG zu suchen. Da ich aber wegen dem neuem Job in drei Wochen umziehen muss (gen Süden Deutschlands) und bis dahin noch allerlei um die Ohren habe (Wohnung ist noch nicht gefunden, alte Wohnung muss aufgegeben werden usw), werde ich das erst in Angriff nehmen, wenn ich angekommen bin. Er hat sich dann sogar die Zeit genommen dort ne SHG und ein Programm zum kontrollierten Trinken für mich rauszusuchen. Der Plan sieht zunächst also so aus, dass ich nix trinke, bis ich in meinem neuen Leben angekommen bin. Dann werd ich wohl mal in der SHG vorsprechen und soll mir bis dahin auch genau überlegen, ob ich gemäßigtes Trinken hinkriege oder nicht. Da war er bis zum Ende etwas skeptisch, auch wenn ers nicht ausgeschlossen hat. Ist halt riskant.
    Außerdem meint er auch, dass ich mich mit den Gründen zum Saufen auseinandersetzt muss, also meinen psychischen Problemen. Das war mir auch schon bewusst. Und damit setzte ich mich egtl seit Jahren fast nonstop auseinander, mit mäßigem Erfolg. Aber ich habe echt die Hoffnung, dass eine geregelte Tagesstruktur, die unweigerlich auf mich zu kommt und neue Aufgaben da Wunder wirken können. Die verlorene Zeit und das "sich-treiben-lassen" war in den letzten Jahren nämlich das, was mich am meisten fertig gemacht hat. Intrinsisch konnte ich die Motivation aber nicht aufbringen, diesen Kreis zu verlassen. Aber wenn ich zu ner bestimmten Uhrzeit irgendwo auf der Matte stehen muss, dann kriege ich das schon hin. Von daher bin ich echt ganz zuversichtlich, dass ein 40 Stunden Job erstmal ganz heilsam sein kann.

    Tjoa, sonst gehts mir egtl ganz gut. Verändert hat sich noch nicht wirklich was (außer dass ich deutlich mehr Hunger habe als gewohnt, 5 Bier sind halt doch ne Mahlzeit die jetzt wegfällt), aber es sind ja auch erst 2 Tage ohne Suff.

    Bester Gruß

  • Hallo Giwdul,

    schön von Dir zu lesen. Du hast es also durchgezogen und bist zur Suchtberatung. Super! Du glaubst gar nicht, wie viele Alkoholiker alleine diesen Schritt schon nicht gehen können, aus diversen Gründen. Oftmals aus Scham.

    Was der Berater Dir da erzählt hat ist auch in etwas das, was ich "von Dir" denke. Ich meine, ich kann das natürlich allumfänglich nachvollziehen, dass Du ein kontrolliertes, ein ganz normales Trinkverhalten einer absoluten Abstinenz vorziehst. Das kann ich wirklich komplett nachvollziehen. Wobei ich Dir auch sagen kann, dass es, wenn man mal in so einer komplett alkoholfreien Welt lebt (und vor allem zufrieden darin lebt), es überhaupt gar keinen Grund mehr gibt, Alkohol trinken zu wollen oder gar zu müssen. Aber das ist ein anderes Thema.

    Die Sache ist eigentlich ganz einfach, also theoretisch, und kann in einem Satz zusammen gefasst werden:

    Wenn Du bereits alkoholabhängig bist, dann wirst Du (mit allergrößter Wahrscheinlichkeit) nie mehr kontrolliert bzw. moderat trinken können!

    Jetzt füge ich noch hinzu: auf Dauer! Es kann Dir einige Zeit gelingen, mit mehr oder weniger Kraftaufwand. Auf Dauer wirst Du aber höchstwahrscheinlich wieder auf Dein altes Trinkverhalten zurück fallen und, so war es bei mir immer, wahrscheinlich sogar steigern. So, als müsstest Du nachholen was Du verpasst hast.

    Solltest Du jedoch noch nicht abhängig sein, also nur Missbrauch betrieben haben, dann hast Du eine Chance zurück zu finden. Es kann Dir nur niemand mit Gewissheit sagen, wo Du genau stehst. Dein Berater konnte das auch nicht, wenngleich er ja eher skeptisch zu sein scheint. Er wird seine Gründe haben....

    In jedem Fall bist Du sehr gut beraten, auch wenn Du dann in ein Programm für KT einsteigen möchtest, erst mal einen langen Zeitraum gar nichts zu trinken. Vielleicht findest Du da ja sogar heraus, dass ein Leben ohne Alkohol eine Lebensphilosophie sein kann, die man durchaus selbstbewusst vertreten kann. Gerade in einem neunen Umfeld, wo andere Deine Trinkgewohnheiten nicht kennen, wäre das eine große Chance.

    Aber gut, Deine Entscheidung. Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass ein KT, falls es Dir noch möglich sein sollte, auch nur dann dauerhaft funktioniert, wenn Du Deine psychische Baustelle aufarbeitest. Denn Dein Hirn hat schon reichlich Erfahrung mit der Wirkung von Alkohol und diese Erfahrung wird immer eine Bedrohung für Dich bleiben, auch wenn Du jetzt noch nicht süchtig sein solltest. Ich meine also, Du solltest Dich egal ob Du nun total abstinent oder kontrolliert trinkend weiter machst, unbedingt darum kümmern. Und ich glaube dazu braucht es wahrscheinlich mehr als nur die Ablenkung durch ein neues Umfeld. Aber auch das liegt natürlich in Deiner Hand.

    Alles Gute weiterhin und ich freue mich weiter von Dir zu lesen.

    LG
    gerchla

  • Auch von mir ein HERZLICHES WILLKOMMEN hier im Forum!

    Kurz zu mir: Ich bin ein 56jähriger berliner Alkoholiker, der nun auch schon einige Jahre trocken ist.

    Der Vorschläge wurden ja schon etliche gemacht und Du hast ja auch schon einen Besuch bei der Suchtberatung hinter Dir.

    Ich wollte nur noch etwas zu den SHG sagen: Es gibt auch Gruppen, z.Bsp. meine, wo man nicht unbedingt schon trocken sein muss - man kann sie auch in der "Findungs-Phase" besuchen, um sich erstmal klar zu werden, wo man steht und wo man hin will. Die einzige Bedingung ist: Nüchtern hingehen!

    Sozusagen "Schnupper-Kurse" ;)
    Zu uns sind schon einige schnuppern gekommen (einige freiwillige, andere mit leichtem "Zwang" [MPU]) - und viele von ihnen sind geblieben :)

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Nur kurz mein Gute-Nacht-Post:

    Gerchla :
    Du schreibst, dass es in einer komplett alkoholfreien Welt auch gar keinen Grund gibt, trinken zu wollen.
    Da bin ich zu 100% deiner Meinung. Ehrlich gesagt (auch wenns komisch klingt aus dem Munde von einem, der 5 Jahre lang viel zu viel getrunken hat) fand ich den Alkohol auf rationaler Ebene schon immer richtig Scheiße. Er macht mich einfach in allen Belangen schlechter, als ich es nüchtern bin. Die körperliche wie geistige Leistungsfähigkeit braucht man gar nicht zu diskutieren. Und zumindest bei mir hat er auch meine soziale Seite eher verschlechtert als verbessert. Wenn ich nur ein bisschen betrunken bin, dann gebe ich mich nüchtern, also kein Unterschied. Und wenns zu viel Sprit war, dann mache ich entweder Sachen, für die ich mich am nächsten Tag schäme, oder ich werde ganz still, so dass keiner meinen Zustand bemerkt und gehe bald nach Hause.
    Dessen war ich mir bewusst, auch bevor ich angefangen habe viel zu trinken. Alles was er mir gibt, ist dass ich mich besser fühle und (wenn genug davon) Probleme vergessen kann. Eigentlich ein sehr schwacher Grund um zu konsumieren.
    Die Frage warum ich trotzdem lieber wieder lernen würde, gemäßigt zu konsumieren, ist eher philosophischer Natur. Und zwar hadere ich sehr damit, mir einzugestehen, dass ich meine Willensfreiheit in diesem Punkt verloren habe (auch wenn diese aus wissenschaftlicher Sicht so und so mehr als fragwürdig ist). In meiner Weltanschauung ist es mir wirklich wichtig, dass mein Wille frei ist. Sonst würde ich zum Beispiel nicht in der Verantwortung für meine eigenen Handlungen stehen.
    Das ist eher ein grundsätzlicher Anspruch (objektiv gesehen vielleicht auch nur eine Illusion) an mich, der unabhängig vom Alkohol existiert.
    Zugegebenermaßen ein bisschen tiefschürfend, aber ich denke du verstehst was ich meine...

    Die Tatsache, dass ich nach ein paar Bier (fast) auf jeden Fall noch ein paar mehr trinke, lässt mich leider zweifeln, ob ich es wirklich schaffe wieder gemäßigt zu trinken :/
    Das hat sich übrigens wirklich erst mit der Zeit so entwickelt, so als ob mein Gehirn umprogrammiert worden wäre. Als ich angefangen habe viel zu trinken, das ging von 0 auf 100. Ich wollte mich selbst zerstören. Ich habe mich in gewisser Weise dazu entschieden. Aber die Verhaltensweise, dass ich nach ein paar Bier nicht mehr aufhören kann, die hat sich ganz langsam eingeschlichen.
    Das hast du in deinem Post eigentlich auch schon halb beschrieben: "Dein Hirn hat schon reichlich Erfahrung mit der Wirkung von Alkohol und diese Erfahrung wird immer immer eine Bedrohung für dich bleiben..."


    Greenfox :
    Danke für deine Antwort :)
    Das man da auch in der "Findungs-Phase" kommen kann ist gut zu wissen. Und betrunken hinzugehen würde ich mich sowieso nicht trauen ;) Das erscheint mir schon arg respektlos

    Gute Nacht

  • Guten Morgen Giwdul.

    Ich verstehe deinen Ansatz, dass du dich in deiner Freiheit eingeschränkt siehst, sah ich auch lange so. Aber das muss man umdenken: Ich will nicht trinken, wieso muss ich denn ??? Oder: Ich kann doch trinken, ich will nur nicht (und vor allem muss ich nicht mehr). Kannst du jeden Tag, jeden Moment neu für dich entscheiden.

    LG Mandy

  • Guten Morgen Giwdul,

    dazu möchte ich was sagen:

    Zitat

    Die Tatsache, dass ich nach ein paar Bier (fast) auf jeden Fall noch ein paar mehr trinke, lässt mich leider zweifeln, ob ich es wirklich schaffe wieder gemäßigt zu trinken :/


    Also ich würde das ganze jetzt erst mal langsam, aber absolut konsequent angehen. Mit langsam meine ich: eines nach dem anderen. Für Dich geht es jetzt erst mal darum, in ein Leben ohne Alkohol hinein zu finden und eine gewisse Alltagsroutine zu entwicklen. Also ein Leben ohne Alkohol, mit dem Du gut zurecht kommst. Dazu kannst Du Dich verschiedener Hilfsmittel bedienen, z. B. dieses Forum hier, z. B. Gespräche mit Menschen die was davon verstehen (wie Suchtberater), z. B. regelmäßige Besuche in einer realen SHG, etc.

    Und je länger Du komplett ohne Alkohol lebst, desto mehr wirst Du merken was das mit Dir macht. Ich denke das was Du da dann erlebst, spürst, wahr nimmst, wird entscheidend für Dich sein. Solltest Du es gar nicht durchhalten und wieder trinken müssen, dann ist der Fall ohnehin ziemlich klar. Wenn Du es jetzt mal längere Zeit, nehmen wir einfach mal ein halbes Jahr, durchhälst, dann kann ich Dir nur raten, genau darauf zu achten, was Deine Gedanken in dieser Zeit "gemacht" haben. Wie präsent der Alkohol in Deinem Hirn war, auch wenn Du ihn nicht getrunken hast.

    Warum schreibe ich das? Eigene Erfahrung, die ich Dir gerne schildern möchte:

    Relativ am Anfang meiner Sucht, ich schätze mal da war ich bei höchstens 2 bis maximal ab und an 3 Bier pro Tag, kam meine Tochter zur Welt. Da ich wusste, dass sie sicher öfter mal bei uns im Bett, in der Mitte, mit schlafen wird, hatte ich wahnsinnige Angst, ich könnte mich im alkoholisierten Zustand mal auf sie drehen und es könnte schlimmes passieren. Also beschloss ich, ihr zuliebe und um das zu verhindern, erst mal komplett auf Alkohol zu verzichten. Was mir auch relativ einfach gelang. Körperlich hatte ich absolut überhaupt keine Probleme. Meine Motivatoin war sehr hoch und so war ich nach ein bis zwei Wochen ohne schon recht gut in der Spur.

    Trotzdem, und das ist im Nachhinein für meine Suchtgeschichte sehr bedeutend, hatte ich den Alkohol bei allen Situationen im Kopf. Ständig dachte ich darüber nach, wie viele Wochen oder Monate ich jetzt schon ncihts mehr trank (nicht ohne Stolz), ständig dachte ich aber auch, dass es ja schon schön wäre, wenn ich endlich mal wieder was trinken könnte.

    Diese Trinkpause hat fast ein Jahr angedauert! Ein läpisches Biermischgetränk, das mir ein Nachbar spontan über den Gartenzaun gereicht hat, beendete diese Pause. Ich trank es und ich war binnen weniger Wochen auf meinem alten Niveau bzw. bald dann auch darüber.

    Was ich auch noch dazu sagen möchte: Ich hatte damals nicht das Bewusstsein, wie Du es bereits hast. Ja, ich wusste schon, dass 2 Bier JEDEN Abend (plus mal mehr, wenn irgend ein besonderer Anlass war), nicht so ganz normal waren. Und ich wusste ja auch, dass ich dadurch immer so eine "schöne Bettschwere" bekam. Was ja der Grund für meine Angst bezüglcih meiner Tochter war. Und ja, meine Frau fing auch schon an, mich häufiger mal zu fragen, ob ich wirklich jeden Abend ein Bier trinken muss (u. a. weil sie der Geruch störte).

    Das ich jedoch Alkoholiker sein könnte, also bereits so weit, dass es kein Zurück mehr gibt, das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Da habe ich dann schon noch etliche Jahre gebraucht bis ich das mal ansatzweise in Erwägung ziehen konnte.

    Zitat

    Zugegebenermaßen ein bisschen tiefschürfend, aber ich denke du verstehst was ich meine...


    Ich denke ich verstehe was Du meinst. Jedoch könnte es auch Dein freier Wille sein keinen Alkohol trinken zu wollen, aus Überzeugung. Ich habe mir mal die Frage gestellt, wie ich heute reagieren würde, wenn heute jemand eine Pille erfinden würde, die einen Alkoholiker heilen würde. Also, Pille geschluckt und das Suchtgedächtnis wird gelöscht. Und man könnte sozusagen komplett neue beginnen, wie jeder nicht süchtige auch. Was wäre also, wenn ich diese Pille bekäme und schlucken würde. Würde ich dann ab und an mal wieder ein Glas Wein / Bier / etc. trinken? Meine Antwort: Nein! Und da bin ich mir wirklich sehr sicher. Denn für mich hat sich der Sinn des Alkohol-Trinkens wirklich komplett aufgelöst. Ich kann und konnte mein Leben so gestalten, dass Alkohol darin in keiner Lebenssituation eine Rolle spielt. Ich vermisse nichts, absolut nichts, obwohl ich selbstverständlich auch positive Erinnerungen an Alkohol habe. Und davon nicht wenige. Ich kann aber heute genau diese positiven Gefühle auf andere Weise "erzeugen" und dann sind sie noch besser, weil sie echt sind! Vielleicht auch ein wenig tiefschürfend, aber ich denke Du wirst es verstehen.

    Bis bald

    LG
    gerchla

  • Und betrunken hinzugehen würde ich mich sowieso nicht trauen ;) Das erscheint mir schon arg respektlos

    Ist schön, dass DU das so siehst ... Es gibt leider auch etliche, die das nicht so sehen und sich erstmal ordentlich "Mut antrinken" - und die wir dann aus Gründen, die hoffentlich jeder nachvollziehen kann, mit dem Hinweis, beim nächsten Mal doch bitte gerne nüchtern wiederzukommen, wieder wegschicken :-\

    Ich habe zwar auch einen "Verein" kennengelernt, bei dem konnte man auch angetrunken hingehen ... Die haben aber auch angetrunken im Krankenhaus ihre Gruppe vorgestellt (Ich weiß nun nicht, ob das ein einmaliger "Ausrutsscher" war - aber bezeichnend fand ich es schon) ... Da kann ich mich auch gleich mit Kumpels in der Kneipe treffen und über die Vor- und Nachteile der Abstinenz diskutieren.

    Sorry, war vielleicht ein wenig off topic ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Giwdul,

    lass auch mich dich hier herzlich Willkommen heißen!
    Kurz zu mir: Ich bin 26 Jahre alt und seit 3 Monaten + 6 Tagen abstinent. So um meinen 14. Lebensjahr rum fing ich regelmäßig an zu trinken und rutschte so nach und nach in die Sucht. Es gab "ruhigere" Phasen und ganz schlimme Phasen (über 2 Jahre täglich und ganz schön ordentlicher Alkoholkonsum um den Alltag zu 'verschönern', ich war grusligerweise immer berufstätig - Wundert mich, wie ich das geschafft hab).
    Es fiel meinem näheren Umfeld auf, aber jeder sei der Meinung gewesen "Ach die ist doch jung, so macht man das halt. Sie tobt sich gerade nur aus in ihrer Party-Phase..." Und so hab auch ich das alles nicht so ernst genommen.

    Zu dem, was du geschrieben hast:


    Die Tatsache, dass ich nach ein paar Bier (fast) auf jeden Fall noch ein paar mehr trinke, lässt mich leider zweifeln, ob ich es wirklich schaffe wieder gemäßigt zu trinken :/
    Das hat sich übrigens wirklich erst mit der Zeit so entwickelt, so als ob mein Gehirn umprogrammiert worden wäre. Als ich angefangen habe viel zu trinken, das ging von 0 auf 100. Ich wollte mich selbst zerstören. Ich habe mich in gewisser Weise dazu entschieden. Aber die Verhaltensweise, dass ich nach ein paar Bier nicht mehr aufhören kann, die hat sich ganz langsam eingeschlichen.
    Das hast du in deinem Post eigentlich auch schon halb beschrieben: "Dein Hirn hat schon reichlich Erfahrung mit der Wirkung von Alkohol und diese Erfahrung wird immer immer eine Bedrohung für dich bleiben..."

    So ähnlich ist auch meine Erfahrung gewesen. Es bliebt nie bei einem Glas, so ganz automatisch musste ich entweder die Flasche (Wein/Sekt) ausleeren oder es blieb nie bei nur einem kleinen Feierabendbierchen. Und ich konnte es eben nicht kontrollieren, was mir Angst machte... Es gab kein Stop-Signal in meinem Kopf.
    Nach vielen Abstürzen und die Erkenntnis, ich müsste so langsam mal "erwachsen werden" nahm ich mir letztes Jahr vor kontrolliert zu trinken. Die Versuche scheiterten gaaaanz schnell. Die Menge, die ich mir vorgenommen habe, waren NIE genug.
    Zur Fastenzeit dieses Jahr habe ich es geschafft, 40 Tage keinen Alkohol zu trinken. In der Zeit wurde mir klar was für einen riesen Platz der Alkohol in meinem Leben bekommen hat, weil mir dann etwas Großes fehlte. Mir wurden die Augen geöffnet.
    Am 40. Tag habe ich auf meine Abstinenzleistung angestoßen und holte die ganzen Tage wieder nach. Umso schlimmer war das schlechte Gewissen und die Selbstgespräche am nächsten verkaterten Morgen. Mein Körper wollte nicht mehr, gab mir viele Signale die ich ignoriert habe.
    Am Tag nach Himmelfahrt (ich hatte den schlimmsten Absturz meines Lebens gehabt) habe ich mir aus tiefsten Herzen vorgenommen, nie wieder Alkohol anzurühren. Es war nicht mehr dieses klassische "Nie wieder Alkohol, Haha was fürn Abend gestern!" sondern ein Moment, der sich ganz anders anfühlte. Ich musste mir Hilfe holen.

    Und so möchte ich noch etwas zu Gerchlas Post schreiben:


    Also ich würde das ganze jetzt erst mal langsam, aber absolut konsequent angehen. Mit langsam meine ich: eines nach dem anderen. Für Dich geht es jetzt erst mal darum, in ein Leben ohne Alkohol hinein zu finden und eine gewisse Alltagsroutine zu entwicklen. Also ein Leben ohne Alkohol, mit dem Du gut zurecht kommst. Dazu kannst Du Dich verschiedener Hilfsmittel bedienen, z. B. dieses Forum hier, z. B. Gespräche mit Menschen die was davon verstehen (wie Suchtberater), z. B. regelmäßige Besuche in einer realen SHG, etc.

    Und je länger Du komplett ohne Alkohol lebst, desto mehr wirst Du merken was das mit Dir macht. Ich denke das was Du da dann erlebst, spürst, wahr nimmst, wird entscheidend für Dich sein. Solltest Du es gar nicht durchhalten und wieder trinken müssen, dann ist der Fall ohnehin ziemlich klar. Wenn Du es jetzt mal längere Zeit, nehmen wir einfach mal ein halbes Jahr, durchhälst, dann kann ich Dir nur raten, genau darauf zu achten, was Deine Gedanken in dieser Zeit "gemacht" haben. Wie präsent der Alkohol in Deinem Hirn war, auch wenn Du ihn nicht getrunken hast.

    Schritt für Schritt ging ich die Sache an und es ist wichtig, sich ganz langsam an die Sache heranzutasten, meiner Meinung nach.
    Ich bin nun bei der Suchtberatung für Frauen und besuche Selbsthilfegruppen. Es tut so gut sich mit Menschen auszutauschen, die verstehen wovon du sprichst. Die "Stimmen im Kopf" (Suchtgedächtnis), die dich immer wieder dazu überreden möchte, nun doch mal nur n kleines Schlückchen zu trinken, usw. Auch dieses Forum tut mir so gut.
    Eine Therapie werde ich nicht angehen, weil ich es erstmal so versuchen möchte. Durch Kommunikation und das Arbeiten an mir selbst.

    Ich habe in diesen 3 Monaten "Freunde" verloren, lernen müssen sich mit mir und meinen Gedanken zu beschäftigen (ich bin ein ziemlicher Kopfmensch) und nach Beschäftigungsmöglichkeiten zu schauen die nichts mit Alkohol zu tun haben, lernen wie man Probleme löst ohne sie wegzutrinken, usw. Es ist eine harte Zeit aber es gibt mir so ein gutes Gefühl, nicht alles vom Alkohol abhängig zu machen.

    Nun habe ich ne Menge von mir erzählt. Ich hoffe ein wenig, dass es dir weitergeholfen hat. Bleib am Ball. Dir wird es gut tun, glaub mir.
    Falls du Redebedarf hast bin ich für dich da..
    Wir stärken uns alle gegenseitig, alleine ist es so hart es durchzustehen.

    Liebe Grüße, die kleine Himbeere

  • Ist schön, dass DU das so siehst ... Es gibt leider auch etliche, die das nicht so sehen und sich erstmal ordentlich "Mut antrinken" - und die wir dann aus Gründen, die hoffentlich jeder nachvollziehen kann, mit dem Hinweis, beim nächsten Mal doch bitte gerne nüchtern wiederzukommen, wieder wegschicken :-\

    Ich habe zwar auch einen "Verein" kennengelernt, bei dem konnte man auch angetrunken hingehen ... Die haben aber auch angetrunken im Krankenhaus ihre Gruppe vorgestellt (Ich weiß nun nicht, ob das ein einmaliger "Ausrutsscher" war - aber bezeichnend fand ich es schon) ... Da kann ich mich auch gleich mit Kumpels in der Kneipe treffen und über die Vor- und Nachteile der Abstinenz diskutieren.

    Sorry, war vielleicht ein wenig off topic ...

    Wenn es dir schon bewusst ist, dass es "off topic" ist, dann solltest du - als Erfahrener und Moderator - einfach mal die Finger still halten, und deinen Kommentar für dich behalten.

    Mir ist es eh unverständlich, wie Jemand, der jahrelang trocken ist, sich dennoch so intensiv mit dem Thema befassen will ....

    Es ist ein Forum für Betroffene, also nehme ich an, dass auch aktive Alkoholiker ihren Platz hier haben. Falls nicht, gib mir bitte ein Forum an, wo ich mich austauschen kann

    Hab ein schönes Wochenende
    Gruß
    Emilie

  • @ Emelie

    Ich weiß es sehr zu schätzen, dass sich hier auch Langzeit-Trockene einbringen.

    Wir haben eine lebenslange Krankheit und wenn man das nach einer gewissen Zeit verdrängt, kann das zum Rückfall führen wie ich auch leidvoll erfahren musste. Wie intensiv man sich damit weiter beschäftigen muss, dafür gibt es keine Regel. Der eine braucht es mehr der andere weniger. Und es gibt Menschen, die wollen anderen einfach helfen.

    Greenfox hat schon recht. Es macht keinen Sinn mit Leuten zu reden die in dem Moment etwas getrunken haben.

    Das heißt nicht, das Menschen die den Absprung noch nicht geschafft haben hier nicht schreiben dürfen. Dafür ist das Forum auch da.


  • Mir ist es eh unverständlich, wie Jemand, der jahrelang trocken ist, sich dennoch so intensiv mit dem Thema befassen will ....

    Es ist ein Forum für Betroffene, also nehme ich an, dass auch aktive Alkoholiker ihren Platz hier haben.

    Es wäre schön, wenn Du Dich mal ein wenig weniger in Selbstmitleid wälzen und Dich mehr mit der Materie beschäftigen würdest:

    Ich BIN Betroffener, ich BIN Alkoholiker und ich BIN ein aktiver Alkoholiker - der seine Sucht lediglich zum Stillstand gebracht hat.

    Es tut mir leid, dass Du unter Depressionen leidest. ABER, bevor Du also hier weiter wild um Dich schlägst: ICH kann nichts für DEINE Depressionen! Also hör auf, Dich von allen Menschen auf den Schlips getreten zu fühlen! >:(

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Es wäre schön, wenn Du Dich mal ein wenig weniger in Selbstmitleid wälzen und Dich mehr mit der Materie beschäftigen würdest:
    ABER, bevor Du also hier weiter wild um Dich schlägst: ICH kann nichts für DEINE Depressionen! Also hör auf, Dich von allen Menschen auf den Schlips getreten zu fühlen! >:(


    Hallo Greenfox,
    Ich denke, es steht dir nicht zu, hier schreibende Betroffene zu sagen, was sie fühlen oder tun sollen.
    Diskutierst du mit Bürgern auch in dieser Form, wenn du dich in deiner Eitelkeit angegriffen fühlst?
    Deeskalieren und Schärfe rausnehmen...
    Giwdul, entschuldige bitte, dass ich das hier in deinem Faden loswerden musste.
    Dir und Emilie wünsche ich immer die richtigen Entscheidungen.
    LG von Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Guten morgen beinander

    Gerade beginnt mein 5. Tag ohne Alkohol und ich muss schon sagen, so putzmunter wie heute und gestern bin ich schon lange nicht mehr aus den Kissen gekommen :)
    Körperlich merke ich echt schon nen ganz schön großen zu Unterschied...
    Dass meine trinkerei mich nicht gerade sportlicher macht, wusste ich zwar schon, aber da ich meistens keinen oder nur nen erträglichen Kater am nächsten Tag hatte, hätte ich echt nicht gedacht so viel fitter zu sein :)

    Da ich tagsüber recht viel auf Achse bin, fällt es mir unter Tage auch nicht unbedingt schwer zu verzichten. Nur abends fällt es etwas schwerer... Zum einen fehlt die gewohnte "bettschwere", wie gerchla das treffender weise bezeichnet hat. Zum anderen machen mir einige beschäftigungen keinen Spaß mehr. Zum Beispiel am PC Spiele zocken kommt mir vor wie die reinste Zeitverschwendung (ist es ja irgendwo auch) und ich muss mir überlegen was ich sonst machen soll.
    Aber auch das hat sehe ich überwiegend positiv. Die letzten Abend hab ich die Zeit nämlich mit meinen Mitbewohnern verbracht, quatschen und Karten spielen. Die waren ganz überrascht von mir, weil ich mich sonst abends nämlich eher in mein Zimmer verkroch. (Habe auch immer versucht unauffällig zu trinken und wollte von daher vermeiden, dass meine Mitbewohner sehen wie ich mir meine halben kippe, bzw riechen, dass ich um 8 schon ne Fahne habe)

    Also bisher läuft's ganz gut.
    Gerchla : zu deinem Gedankenexperiment mit den Pillen: du hast da recht, wenn ich auch nein zum alkohol sagen würde nachdem ich die Pille genommen habe, dann stünde ich nicht vor meinem innerlichen Dilemma. aber ich muss zugeben, dass ich gedanklich einfach nicht so weit wäre wie du :/
    Wenn ich mein suchtgedächtnis löschen könnte, dann würde ich das ohne zögern machen und danach nicht nochmal so exzessiv konsumieren. mit dem bier vor einem Film oder einem Glas Wein zum Essen assoziiere (leider) positives...

    @himbeere: 3 Monate und 6 Tage ist ja schon ganz gut.
    Deine Beschreibung, wie das suchtgedächtnis versucht einen zu verleiten, trifft auch voll auf mich zu (zumindest in der Zeit nachdem ich mich einfach vorsätzlich zerstören wollte). Ich denke mir auch immer, nur ein Schlückchen, diesmal echt nur EIN bier, das kann doch nicht schaden... Und wies dann weitergeht, wisst ihr ja selber.

    So, vor Dienstag werdet ihr wsl nix von mir lesen, also nicht wundern.
    Bin die nächsten Tage mit freunden in Kölle und werde eher nicht die Muße haben zu posten

    Bis danach, macht's gut ;)

  • Hallo Britt,

    ich finde es steht dir nicht zu hier von privat auf beruflich zu schließen. Sowas ist immer unfair.
    Beruflich ist man Profi und nicht auf Augenhöhe unterwegs.

    Privat geht es von Mensch zu Mensch und da darf sich jeder auch mal angegriffen fühlen und wehren.

    Auch Greenfox.

    Aber ich will hier auch nicht weiter andere User verteidigen, denn hier sind alle Erwachsen und können sich selbst verteidigen, wenn Sie möchten.

    Viele Grüße, <br />Risu

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