Partner trinkt sehr viel, ist er Alkoholiker oder übertreibe ich?

  • Hallo liebes Forum, ich brauche euren Rat. Ich bin seit ca 1 Jahr in einer Beziehung. Er ist 33, Akademiker, hat einen guten Job, ist jetzt nicht sonderlich gestresst in der Arbeit oder sonstwas (nur als kurze Hintergrundinfo). Ich habe ihn bereits als jemanden kennengelernt, der gerne und viel trinkt. Anfangs fand ich es nicht schlimm, da man ja selber beim weggehen mitgetrunken hat und feiern war. Aber ich merke immer mehr, dass der Alk. für ihn nicht nur beim Weggehen und Feiern wichtig ist, sondern auch im Alltag. Daher frage ich mich ernsthaft, ob er vielleicht Alk. ist, oder ob ich übertreibe.
    Hier einige Informationen:

    - Er trinkt eigentlich jedes Wochenende manchmal auch unter der Woche. Wenn er trinkt, dann immer bis zum abwinken. Er hat mal den Spruch gebracht, dass er, wenn er schon trinkt, dann richtig, damit es sich lohnt.

    - Er ist sogar ein paar mal mit dem Restalkohol vom Vorabend in die Arbeit gegangen, war also faktisch Betrunken in der Arbeit.

    - er trinkt immer so viel und so schnell, dass er in einer Stunde mal locker 1-2 Flaschen (!) Wein trinkt. Den ganzen Abend lang schafft er schon mal 4-5 Flaschen Wein und ist stolz drauf.

    - Wenn wir nach so einem Abend dann heimgehen, ist er bereits völlig betrunken, öffnet dann aber zuhause nochmal eine Flasche Wein, füllt sein Glas und schläft mit dem Glas in der Hand auf der Couch ein. Am nächsten Tag ist er dann überrascht und erinnert sich nicht mehr daran, diese Flasche aufgemacht zu haben.

    - Wenn er trinkt, dann schläft er ein. Auch schon in der Öffentlichkeit z.B. in einer Bar/im Club. Es ist mir so unangenehm, dass er einfach so am Tisch einschläft. Teilweise sind wir mit anderen Leuten unterwegs und er schläft neben uns während wir uns alle noch unterhalten. Er wird null aggressiv, sondern der Abend ist halt dahin.

    - was wir unternehmen hängt immer vom Alk. ab, also in welchem Lokal kostet der Wein wieviel. Wann können wir in die Bar XY gehen, weil da happy Hour ist. Es fallen immer Sätze wie "das Essen ist dort gut und die Flasche Wein kostet so und so viel Euro dort"

    - wenn er getrunken hat ist an S. nicht zu denken, er schläft ja schon in der Bar ein bevor wir überhaupt heimkommen. Da er immer betrunken ist, haben wir so gut wie nie S..

    - er trinkt um betrunken zu werden. Er trinkt auch schon mal harte Sachen, die ihm nicht so gut schmecken, mit dem Argument "das ist billiger als 4/5 Flaschen Wein und hat den selben und schnellere Effekt"

    - wir waren im Urlaub und da hat er jeden, wirklich jeden Abend 3 Wochen lang getrunken. Wir sind kein einziges mal nüchtern ins Bett und haben den gesamten Urlaub keinen S. gehabt.

    - wenn er selber irgendwann merkt, dass er mehrere Tage hintereinander getrunken hat, kommt mal der Satz "ich werde jetzt versuchen mal 1-2 Wochen nichts zu trinken". Er hält diesen Vorsatz meistens nicht durch, schlimmer finde ich, dass er es als Herausforderung ansieht mal 1 Woche nichts zu trinken. Das ist für jeden normalen Menschen doch keine Herausforderung, sondern durchaus machbar und nicht erwähnenswert?!?

    Ich könnte jetzt noch dutzende solcher Sachen aufzählen. Fakt ist, er selber sieht es natürlich nicht so tragisch (was ja typisch ist). Er ist sich schon bewusst, dass er viel trinkt, aber in seinen Augen verträgt er das, also kein Problem.

    Ich weiß, dass sich das alles nicht wirklich gesund anhört und dass er ein Alkoholproblem hat, steht außer Frage. Ich frage mich eher, hat er "nur" ein Problem oder ist schon von Sucht zu sprechen? Ich kenne mich da überhaupt nicht aus, mit dem Thema Alk. sowieso nicht. Ich bin eigentlich keine, die übermäßig viel Alk. im Leben konsumiert hat. Höchstens beim Weggehen hier und da, war aber jetzt nie ein großes Thema für mich.

    Es beeinflusst mein Leben auch negativ. Er wird absolut nicht aggressiv oder so. Aber z.B. muss ich teilweise komplett auf Sex verzichten (auch auf Kuscheln etc, weil er legt sich ins Bett und ist weg). Unsere Freizeitgestaltung ist nur vom Alk. beeinflusst. Beispielsweise waren wir im Urlaub und ich wollte abends unbedingt mal in einen Club, der erst um 23 Uhr offen hatte. Am ersten Abend ist er bereits um 22 Uhr so betrunken gewesen, dass er nicht mehr stehen konnte, so dass wir da bereits zurück ins Hotel gefahren sind. Das ging mir schon gegen den Strich weil es mir viel zu früh war, ich war absolut nicht müde, wollte auf diese Party und wir waren im Urlaub. Jedenfalls hat er sich am nächsten Tag entschuldigt und mir versichert, dass wir aber heute Abend da hingehen würden. Ich bat ihn den ganzen Tag schon, doch bitte heute bis 23 Uhr "durchzuhalten", also nicht mal, dass er gar nichts trinken soll, sondern einfach nur, dass er nicht so schnell trinken soll, damit er um 23 Uhr noch wach ist. Er hat es mir versichert. Aber dann ging es los mit dem Trinken und ich habe ihn jedesmal, wenn er was bestellt hat daran erinnert, dass er doch bitte langsam machen soll, es sei noch früh und er müsse ja noch paar Stunden durchhalten. Er meinte dauernd jaa jaa das hält er schon aus, er ist noch top fit. Das Ende vom Lied, kaum waren wir um 23 Uhr auf der Party, ist er sofort an der Bar eingeschlafen. Er hatte schon wieder so viel getrunken, dass er schlief, ich keine Lust hatte alleine zu "feiern" und als er aufwachte, hab ich gesagt, dass ich jetzt gehen will. Er war dann sogar ziemlich angepisst und hat gemeint warum ich jetzt so ein Problem daraus mache, er hätte doch nur kurz geschlafen, aber jetzt sei er doch wieder fit. Ich muss sagen, ich war da schon ziemlich sauer. Da habe ich ihn nur um eine Sache gebeten, aber er hat das Maß wieder nicht getroffen. Er schafft es nicht mal, den Alk. so über den Tag zu verteilen, dass er langsamer trinkt und erst um 24 Uhr besoffen ist. Nein, er will so schnell wie möglich betrunken werden.

    Also für wie schlimm schätzt ihr die Situation ein?

  • Hallo!

    Ferndiagnosen sind immer schwierig. So wie Du es beschreibst, hat er ein Alkoholproblem (schon abhängig oder riskanter Hochkonsum). Ob er es einsieht, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

    Sprich ihn auch mal auf sein Problem an. Wie reagiert er?

    Ich fürchte, er wird seinen Konsum als noch unproblematisch anssehen. Das ging mir jahrelang genau so. Die Nummer mit der Herausforderung, ein paar Wochen clean zu leben, kommt mir sehr bekannt vor. Das habe ich genau so praktiziert.

    Mein Rat: Such mal Kontakt zur örtlichen Suchtberatung. Die beraten selbstverständlich auch "Angehörige/Partner". Meine Familie war dort und setzte mir dann die Pistole auf die Brust: Entweder der Suff ODER die Familie. Verbunden mit dem Hinweis: "Du machst dort binnen 1 Woche einen Termin bei einem bestimmten Therapeuten aus und gehst hin oder "wir" sind weg." Das war das Beste, was mir passieren konnte.

    Es grüßt der
    Rekonvaleszent

  • Hallo Kizirkit,

    nach allem, was Du über Eure Partnerschaft schreibst, frage ich mich, ob es für Dich wirklich (noch) eine große Rolle spielt, ob er nun Alkoholiker ist oder nicht?

    Es bringt ja letztlich nicht viel, über ihn hier zu diskutieren, wenn DEIN Problem tatsächlich darin liegt, ob Du Dich von ihm trennen solltest oder möchtest, weil er u. a. auch wegen seines Alkoholkonsums keine Deiner Bedürfnisse befriedigen kann.

    Von außen betrachtet liest es sich schon so, als hätte Dein Mann ein massives Alkoholproblem und wäre längst in die Sucht abgedriftet.
    Nur: Du wirst daran nichts ändern können. Das kann nur er alleine und die Voraussetzung dafür ist, dass er sich schonungslos eingesteht vom Alkohol abhängig zu sein und aktiv etwas dagegen unternehmen will.
    Es ist nun mal so, dass nichts neben der Sucht Raum findet. Neben ihr wird jede Partnerin den Kürzeren ziehen. Aber das erlebst Du ja selbst mit.

    Zitat

    Also für wie schlimm schätzt ihr die Situation ein?

    Schon sehr schlimm, aber sie wird noch viel schlimmer werden – auch für Dich.
    Der Verlauf bei Süchtigen ist zwar individuell verschieden, aber es gibt schon ein paar „Eckpunkte“, die die Sucht dann vollends offenlegen: Abmahnungen, Jobverlust, Führerscheinverlust, Trennung, Wohnungsverlust … usw.

    Für Dich kannst dabei nur Du selbst zählen: Momentan verhältst Du Dich wie eine Co-Abhängige, die die Sucht ihres Mannes neben sich duldet und ihm sogar noch Anlässe (Besuche in entsprechenden Örtlichkeiten, Begleitung zu Events, etc.) dafür liefert.
    Um diese (falsche) Verhaltensweise im Umgang mit einem Süchtigen abzustellen, muss Du Dich verändern.
    Hilfreich ist dazu zum Beispiel eine Suchtberatungsstelle, die auch Angehörige von Süchtigen beraten, oder auch eine Selbsthilfegruppe für Angehörige.

  • Hallo Kizirkit,

    erst mal herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Bin etwas unter Zeitdruck, deshalb nur kurz.

    Bin selbst Alkoholiker und einige Jahre trocken. Ferndiagnosen sind ja grundsätzlich schwierig bzw. meiner Meinung nach nicht möglich. Meine Einschätzung ist aber, dass er natürlich ein massives Problem hat. Was Du so beschreibst deutet stark auf süchtiges Trinken hin.

    Ob er wirklich süchtig ist oder nicht kann ich natürlich nicht 100%ig sagen. Aber spielt das wirklich so eine große Rolle für Dich. Ich meine, die Beziehung scheint ja nun wirklich nicht das zu sein, was Du von einer Beziehung erwartest. Der Alkohol ist ihm deutlich wichtiger als Du und ob der das nun macht, weil er nicht anders kann (=Sucht) oder weil er nicht anders will (=Egoist) ist ja eigentlich egal.

    Deshalb würde ich ihn ansprechen. Entweder er ändert sein Verhalten grundlegend, was sicher einfacher für ihn ist, wenn er noch nicht süchtig ist, oder Du bist weg. Komm' bloß nicht auf die Idee mit einem nassen Alkoholiker eine Beziehung führen zu wollen. Da wirst Du IMMER die zweite Geige spielen. Erst kommt die Geliebte, der Alkohol, dann kommt lange nichts, und dann Du, wenn Du eine brave und gefügige Co-Abhängige gibst.

    Also sei konsequent und ziehe notfalls die Reißleine!

    Alles Gute wünsche ich Dir!

    LG
    gerchla

  • Vielen Dank für eure Antworten,
    er bedeutet mir schon sehr viel und ich möchte der Beziehung eigentlich eine Chance geben. Deswegen stelle ich mir die Frage, ob er vielleicht in ein paar Jahren zur Besinnung kommt und von alleine aufhört so viel zu trinken. Ich muss dazu sagen, dass in seinem Freundeskreis viele so viel trinken und es da normal zu sein scheint. Deswegen frage ich mich, ob ich eben das ganze übertreibe. Aber ich finde es eigentlich schon alles andere als normal.
    Ich möchte natürlich kein Leben führen mit jemandem, der süchtig ist. Aber ich möchte ihm den Stempel auch nicht aufdrücken, weil ich eben nicht weiß, ob das "normal" ist. Besteht die Möglichkeit, dass jemand, der so viel und so gerne trinkt irgendwann von alleine aufhört? Z.b. Wenn Kinder kommen und man eine Familie gegründet hat?

  • Hallo!

    Es gibt sicherlich hier und da Fälle, dass ein Alkoholiker irgendwann selbst zur Besinnung kommt. Ich kenne nur keinen einzigen. Wenn man erst mal in der Spirale der Sucht hängt, kommt man in der Regel nicht mehr alleine da raus.

    Wenn seine Kumpels auch so krass saufen, dann hat er wahrscheinlich den falschen Umgang. Bei so was ist häufig nur der Suff das verbindende Element, der nötige Schmierstoff, der alles am laufen hält.

    Ich kann dir nur raten, mal Kontakt zur Suchtberatung aufzunehmen, um der Sache mal nachzugehen.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Ich möchte natürlich kein Leben führen mit jemandem, der süchtig ist. Aber ich möchte ihm den Stempel auch nicht aufdrücken, weil ich eben nicht weiß, ob das "normal" ist.

    Wenn er nun nicht süchtig ist/sein sollte, aber trotzdem so viel trinkt - würdest Du dann mit ihm zusammenleben wollen??

    Deswegen stelle ich mir die Frage, ob er vielleicht in ein paar Jahren zur Besinnung kommt und von alleine aufhört so viel zu trinken.

    Aus meiner Erfahrung heraus halte ich das für Wunschdenken. Es mag ja Menschen geben, die es so gemacht/geschafft haben - aber vermutlich liegt das im Promille-Bereich (super Wortspiel ;) ).

    Übrigens: Noch nachträglich HERZLICH WILLKOMMEN hier im Forum!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • @ kizirkit

    Werde nicht schlau aus den www Klicks rund um den raren Namen kizirkit.

    edit: entfernt (Brant)

    Was ist dein dunkles Geheimnis?
    Bitte höflich um Aufklärung!

    Brant

    Einmal editiert, zuletzt von Brant (23. Juli 2017 um 16:16)

  • Ist es manchmal nicht besser Dinge einfach für sich zu behalten, die für das Wesentliche irrelevant sind?

    Es kostet schließlich schon ganz schön Überwindung hier zu schreiben und seine Probleme offen zu legen.

  • Brant
    Was mein dunkles Geheimnis ist? Ähhh ja ich gebe zu, dass ich vor einiger Zeit auch in einem anderen Forum bereits um Hilfe gebeten habe...werde ich jetzt verhaftet? Warum bitte wird das jetzt hier verlinkt? Es ist doch völlig legitim, dass man auch in einem anderen Forum mal geschrieben hat, ohne sich jetzt dafür rechtfertigen zu müssen, oder? Ich habe wegen seinem Trinkverhalten den Tipp bekommen, mich an DIESES Forum zu wenden, und das habe ich auch getan.
    Wer nicht helfen will, soll es bitte lassen. Ich denk, jeder hier hat genug andere Sorgen.
    Danke

  • Sag mal Brant, gehts noch???????
    Deine Neugier zu befriedigen, indem Du wohl Namen hier ausspionierst, wer wohl noch irgendwo angemeldet ist, ist Deine Sache, es dann aber hier öffentlich zu verlinken ist sorry, unter aller Sau. Sowas geht mal gar nicht, wenn ich hier Admina wäre, hättest Du eine IP Sperre auf lebenszeit hier.
    Sowas gehört sich grundsätzlich nicht und grade in so einem Forum, wie hier, wo Diskretion oberstes Gebot haben sollte, schonmal gar nicht.
    Liebe Admins, ich bin stinkwütend über sowas und ich hoffe, Ihr zieht die passenden Konsequenzen.
    Ein netter Tip an Dich Kizirkit, melde Dich nie mit einem Namen auf verschiedenen Seiten an, Du siehst, was dabei passieren kann.

  • Ich empfinde es nicht als Widerspruch, ein Beziehungsproblem zu haben,
    um dann auf die Spur zu kommen, dass es durch eine Sucht bedingt sein kann.

    Um das Vertrauen und die Anonymität der Schreibenden hier zu schützen, wäre
    ich auch dafür, nichts zu vernetzen oder zu verbinden, das allein Sache des Hilfe-
    suchenden ist. (Wieviele Baustellen, in welcher Reihenfolge, wo/wie angegangen ... )

    Wäre die PM-Funktion schon für neue Mitschreiber nutzbar, könnte ich mir vorstellen,
    sie per PM zu fragen, ob eine inhaltliche Rückmeldung (Baustellen) erwünscht ist.

    Allen einen schönen Sonntag,
    Wolfsfrau

  • Nochmal von mir, kizirkit, zu Deinem letzten Beitrag bzgl. Deines Mannes.

    Zitat

    er bedeutet mir schon sehr viel und ich möchte der Beziehung eigentlich eine Chance geben.

    Das ehrt Dich nicht nur, sondern es ist m. E. auch die Basis einer guten Partnerschaft, dass man sich gegenseitig „eine Chance“ auch in schwierigen Lebenssituationen gibt.
    Die Frage, die sich dann zielführend stellt: Wie kann ich ihm und (und mir) eine Chance geben?

    Meine Antwort, mit reichlich Erfahrung mit meiner eigenen Suchtproblematik, aber auch im Zusammenleben mit meiner damaligen Partnerin, lautet: Helfen können Angehörige nur, indem sie quasi sich selbst helfen.
    Daher rate ich Angehörigen, die wirklich echtes Interesse an dem Betroffenen haben, zunächst eine Suchtberatungsstelle aufzusuchen und sich dort aus erster Hand über die Sucht, aber speziell auch über das Zusammenleben und den Möglichkeiten im Zusammenleben für sich selbst informiert zu werden.
    Im Weiteren halte ich es für sehr hilfreich, wenn sich auch Angehörige mit „Gleichgesinnten“, also ebenfalls betroffenen Angehörigen austauschen. Dies geschieht in der Regel über die Selbsthilfegruppen für Angehörige. Aber es gibt auch sogenannte gemischte Selbsthilfegruppen, in denen sowohl betroffene trockene Alkoholiker, als auch Angehörige beisammen sitzen.

    Ich würde jetzt nicht sagen wollen, dass es keine Alkoholiker gibt, die nicht tatsächlich nach Jahren der Sucht „zur Besinnung“ gekommen sind und dann nichts mehr getrunken haben. Ich kenne ein paar wenige Betroffene, bei denen es so war.
    Aber es ist sehr, sehr selten.
    In aller Regel „muss“ ein Anstoß von außen kommen. Meist sogar ein zwingender. Als Beispiele nenne ich mal Abmahnungen bei der Arbeit, drohender Arbeitsplatzverlust, drohende Trennung durch die Partnerin, Führerscheinverlust, aber auch durch den Alkohol verursachte Krankheiten, u.v.a. mehr.

    Ich glaube, bei den von Dir geschilderten Trinkgewohnheiten Deines Mannes kannst Du gar nicht übertreiben. Dein Empfinden, dass damit etwas ganz und gar nicht (mehr) stimmt, ist m. E. absolut richtig.

    Weil Du die Frage nach dem stellst, was bzgl. Alkoholkonsum „normal“ ist:
    Normal ist, wenn man problemlos zum Beispiel mal länger als einen Monat den Alkohol ganz weglassen kann. Auch normal, wenn jemand alkoholische Getränke konsumiert, es bei ein oder zwei Gläsern belässt. Also nicht die Kontrolle verliert und sich zusäuft.
    Es ist wie beim Essen: Wenn jemand geschmacklich Lust auf ein Nahrungsmittel hat, dann isst er, bis sein Geschmack und sein Hunger (in „normalem Maß“) befriedigt ist, und gut ist. Kein gesunder Mensch isst zum Beispiel bis er kotzen muss, oder?

    All die von Dir erhofften Gründe, die Deinen Mann zum Aufhören bewegen könnten, wie Familie und Kinder können sehr wohl Auslöser dafür sein, dass er etwas gegen seine Sucht unternimmt. Also sich in Entgiftung und Therapie begibt, wo er vieles, das ihm hilft erfolgreich trocken zu bleiben, lernt.
    Nur musst Du Dir darüber im Klaren sein, dass es für all das keine Garantie gibt, auch keine noch so geartete Wahrscheinlichkeitsrechnung.
    Es kann also sein, dass Du noch einige wertvolle Jahre Deines Lebens an seiner Seite „dahinvegetierst“ und die Zeit sowohl für Dich wie für ihn nutzlos verstreicht.
    Ob Du damit dann leben kannst, auch im Fall, was gar nicht so selten ist, dass Dein Mann durch seinen Alkoholkonsum immer mehr abbaut und schließlich tatsächlich „ein Idiot“ wird (also nicht nur, wenn er säuft), das musst Du für Dich entscheiden.

  • Guten Morgen kizirkit,

    ganz schön was los hier - Du schreibst oder hast noch in einem anderem Forum geschrieben. Ist doch ok, das mache ich auch - dort mache (und schreibe) ich nichts anderes als hier auch. Meine Motivation: Mich austauschen, mich freuen, wenn andere von meinen Erfahrungen etwas für sich mitnehmen können - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

    Aber jetzt mal wieder zu Dir und Deinem Post hier in diesem Forum:

    Zitat

    Deswegen stelle ich mir die Frage, ob er vielleicht in ein paar Jahren zur Besinnung kommt und von alleine aufhört so viel zu trinken.

    Wieder aus eigener Erfahrung: Natürlich ist nicht auszuschließen, dass er irgendwann mal zur Besinnung kommt. Aus welchem Grund auch immer. Ich bin schließlich auch nach sehr vielen Jahren zur Besinnung gekommen. Sehr viele, vielleicht die Mehrheit, säuft sich aber langsam tot. Auch wenn dann Krankheit und anschließend schlimmstenfalls auch der Tod nicht immer mit dem vorherigen Alkoholkonsum in Verbindung gebracht wird. Aber das ist ein anderes Thema.

    Die Frage ist doch nur, wie lange Du das aushalten willst? Ich meine, mit offenem Ende. Denn eine Garantie, dass er irgendwann mal (in 3, 4, 5 oder 10 oder 15 Jahren?) zur Besinnung kommt gibt es nicht. Bis dahin, wenn der Zeitpunkt überhaupt kommt, kannst Du durch die Hölle gehen. Übertrieben? Ok, dann kannst Du Dich zumindest darauf einstellen, dass Du niemals einen vollwertigen Partner an Deiner Seite haben wirst und dass Du immer nur schmückendes Beiwerk in seinem nassen Leben sein wirst. Du wirst viel aushalten müssen. Nur um weiter hoffen zu dürfen, dass er vielleicht unter Umständen irgendwann mal mit dem Trinken aufhört.

    Und dann, sollte er es wirklich schaffen weg zu kommen, wirst Du einen komplett anderen Menschen an Deiner Seite haben. Das möchte ich auch mal sagen. Auch natürlich wieder aus eigener Erfahrung. Ich habe nicht mehr viel mit dem Menschen zu tun, der ich während meiner Trinkzeit war (zum Glück und so muss es ja auch sein) ABER ich habe auch nicht mehr allzuviel mit dem Menschen zu tun, der ich VOR meiner Trinkerzeit war. Hätte sich also jemanden den Menschen von früher zurück gewunschen, er hätte ihn nicht bekommen.

    Das hört man übrigens von sehr vielen trockenen Alkoholikern. Und darüber sind auch schon Beziehungen zerbrochen nachdem der Partner trocken wurde - meine übrigens auch.

    Zitat

    Ich muss dazu sagen, dass in seinem Freundeskreis viele so viel trinken und es da normal zu sein scheint. Deswegen frage ich mich, ob ich eben das ganze übertreibe.

    Du kannst ja nachlesen, wie viele Menschen in Deutschland alkoholabhängig sind und oben drauf noch, wie viele erheblichen Missbrauch betreiben. Wenn man dann noch einen entsprechenden Freundes- und Bekanntenkreis hat, dann mag einem das als normal erscheinen. Ist es aber nicht. Als Mann könnte er unbedenklich 20 gr. Alkohol zu sich nehmen. Also ein Bier in etwa oder ein Glas Wein, pro Tag, wobei nicht jeden Tag konsumiert werden darf. Also nur an ca. 4 Tagen pro Woche. Das wäre dann als unbedenklicher Konsum einzustufen...

    Übrigens, fast mein komplettes Umfeld trinkt deutlich weniger als diese unbedenkliche Menge. Die meisten trinken so gut wie nie etwas, nur an ganz ausgewählten Gelegenheiten. Ja, da kann es dann auch mal noch ein zweites Glas Wein sein. Aber dafür dann wieder wochenlang gar nichts. Es kommt dort überhaupt keiner auf die Idee "einfach so" Alkohol zu trinken. Das ist eigentlich normal zumindest in meinen Augen.

    Alles Gute weiterhin und ich hoffe, Du lässt Dich von der Forumsfremdschreibediskussion nicht abschrecken.

    LG
    gerchla

  • Wieder aus eigener Erfahrung: Natürlich ist nicht auszuschließen, dass er irgendwann mal zur Besinnung kommt. Aus welchem Grund auch immer. Ich bin schließlich auch nach sehr vielen Jahren zur Besinnung gekommen.

    Unter dem Aspekt muss ich natürlich meine Aussage korrigieren. Stimmt - ich bin ja auch nach vielen Jahren zur Besinnung gekommen. Auch mit "Hilfe" etlicher äußerer Aspekte.
    Als ich meinen Post schrieb, hatte ich die Art und Weise "Ach, ich trinke wohl zu viel - dann werde ich mal aufhören damit" im Hinterkopf.
    Das Problem bei einem noch nassen Alkoholiker ist nur, nach dem "Erkennen" des Problems dessen Lösung auch in Angriff zu nehmen - denn die ist mit (meist) heftigen Schwierigkeiten verbunden. Unter anderem dem Entzug und kräftigen Rückschlägen ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • @ Greenfox

    Zitat

    Das Problem bei einem noch nassen Alkoholiker ist nur, nach dem "Erkennen" des Problems dessen Lösung auch in Angriff zu nehmen - denn die ist mit (meist) heftigen Schwierigkeiten verbunden. Unter anderem dem Entzug und kräftigen Rückschlägen ...

    Genau so ist es. Und es ist ja leider so, dass nur der allergeringste Anteil der alkoholkranken Menschen überhaupt versucht etwas gegen die Krankheit zu unternehmen. In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung stand, dass nur 10 % der Alkoholiker eine Therapie antreten. Die Rückfallquote liegt laut dieses Artikels dann immernoch bei etwa 80 %. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle die einen Rückfall hatten dauerhaft wieder trinken aber es zeigt schon, das Abstinenz ein langer und nicht einfacher Weg ist.

    Hier der Artikel der Süddeutschen Zeitung http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/alk…dlung-1.1688228

    LG
    gerchla

  • Vielen lieben Dank für eure Antworten,
    ich hatte in meinem Leben bisher nicht viel mit Alkohol zu tun, höchstens mal beim Feiern alle paar Monate. Auch in meinem Freundeskreis oder in meiner Familie trinkt keiner wirklich viel. Daher fiel es mir schwer zu deuten, was wirklich noch normal ist, was viel ist und was wirklich bedenklich ist. Außerdem täuscht mich vielleicht die Tatsache, dass er, wenn er getrunken hat, absolut nicht aggressiv oder so wird, im Gegenteil, und er steht mit beiden Beinen im Leben, also erfolgreich im Beruf, viele soziale Kontakte etc. Daher hat mein Bild eines "Alkoholikers" nicht zu ihm gepasst. Das Klischeebild des Alkoholikers, der trinkt, pöbelt, überspitzt gesagt keinen Job hat und nur säuft (soll jetzt überspitzt dargelegt werden) ist er nicht und es fällt einem schwer, das zu bemerken, weil alles unter dem Deckmantel "macht ja Spaß, andere trinken auch" verpackt wird.
    Außerdem hat er schon paar mal über andere Bekannte geurteilt, dass die ein Alkoholproblem haben, weil sie soviel trinken (was sicherlich stimmt) und sich selber da aber nicht mit ihnen vergleichen wollte, dabei sehe ich keinen großen Unterschied zwischen ihnen. Aber bei ihm behauptet Er, ist es noch lange nicht so wie bei denen.
    Zudem kennt man ihn als einen, der gerne und viel trinkt, aber ich hatte bislang nicht das Gefühl, dass sich außer mir jemand Sorgen macht. Deswegen denkt man natürlich, dass man bestimmt übertreibt. Aber ihr habt natürlich recht, das ist alles andere als normal.


  • Daher hat mein Bild eines "Alkoholikers" nicht zu ihm gepasst. Das Klischeebild des Alkoholikers, der trinkt, pöbelt, überspitzt gesagt keinen Job hat und nur säuft (soll jetzt überspitzt dargelegt werden) ist er nicht und es fällt einem schwer, das zu bemerken, weil alles unter dem Deckmantel "macht ja Spaß, andere trinken auch" verpackt wird.
    Außerdem hat er schon paar mal über andere Bekannte geurteilt, dass die ein Alkoholproblem haben, weil sie soviel trinken (was sicherlich stimmt) und sich selber da aber nicht mit ihnen vergleichen wollte, dabei sehe ich keinen großen Unterschied zwischen ihnen. Aber bei ihm behauptet Er, ist es noch lange nicht so wie bei denen.

    Das ist m.E. auch mit eine Ursache, warum Viele sich selbst nicht als Alkoholiker sehen (wollen). Der der "normale" Alkoholiker ist einer von den vollgepissten Typen, die sich häufig am Bahnhof, vor dem Supermarkt o.ä. Orten aufhält und die Leute entweder anschnorrt oder vollpöbelt.
    Dieses Bild ist aber falsch! Der normale Alkoholiker - also der Großteil - geht nach wie vor arbeiten und funktioniert, passt sich nach außen hin an, trinkt eben "mal" einen über den Durst. Und wer will schon von sich sagen, auch Einer zu sein? Vor allem: "Sooo schlimm ist es doch bei mir noch lange nicht - guck Dir doch mal die Typen am Bahnhof etc. an! DAS Sind Alkoholiker! Und Erwin trinkt ja noch viiiiiel mehr wie meinereiner!"

    So oder so ähnlich habe ich damals mir selbst gegenüber auch immer argumentiert :-\ Und solange ich nicht Alkoholiker bin kann ich ja weiter saufen - äh - trinken. Kultiviert trinken, denn ich trinke ja nur ... Bier/Whisky/Wein vom Feinsten ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

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    können wir nur selber tun!

  • Ohje, das Bild „des Alkoholikers“ in der Gesellschaft.
    Ein wahrlich verzerrtes Bild, das bestenfalls hin und wieder von einem Promi geschärft wird, wenn sich wieder einer outet.

    1985 wurde ich nach erfolgreicher Probezeit zu meinem obersten Chef geladen. Eine Firma mit damals ca. 2.500 Mitarbeiter.
    Es war morgens um 9 Uhr.
    Ein netter Mann, muss ich sagen. Er fragte mich nach meiner beruflichen Vorgeschichte und wir stellten fest, dass wir gemeinsame Bekannte hatten. Das war für ihn Anlass seinen edlen Eichenholzschrank zu öffnen und einen guten, alten Cognac herauszuholen. Ich kann mich noch genau an die Marke erinnern: Ein Cognac Hennessy XO, ich glaube Jahrgang 1960.
    Es wäre unhöflich gewesen abzulehnen ;)
    Als ich gegen 10 Uhr sein Büro im 14 Stockwerk verließ, hatte ich Mühe den Fahrstuhl zu finden. Ich ging dann erstmal in die Kantine und gönnte mir ein Bier um meine Durst zu stillen und das Gespräch Revue passieren zu lassen. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, dass ich in dieser Firma wohl richtig war.
    Im Verlauf meiner Jahrzehnte andauernden Zugehörigkeit in dieser Firma lernte ich noch einige, teils auch sehr hoch angestellte Kollegen und Kolleginnen kennen, die dasselbe Problem hatten und Topleute waren. Niemand Außenstehendes hätte je gedacht, dass wir im selben Boot sitzen.

  • Ja und genau das ist so trügerisch. Scheinbar ist meine Leidensgrenze noch nicht überschritten, obwohl es das eigentlich müsste. Er ging auch ein paar mal mit Restalkohol vom Vorabend in die Arbeit (unter der Woche) und meinte, hoffentlich hat sein Chef seine Fahne nicht gerochen. Ich muss dazu sagen, dass er die Sorte von Beruf hat, in der er viel mit anderen Menschen zu tun hat und es 100% notwendig ist, dass er voll konzentriert und voller Bewusstsein ist.
    Er scheint keine Grenze zu haben und das macht mir Sorgen. Also beispielsweise haben wir mal gefeiert und wirklich viel getrunken, so dass ich am nächsten Tag komplett verkatert war und die nächsten Monate am liebsten keinen Alkohol anrühren wollte. In der Früh war er auch etwas verkatert und beteuerte, wie fertig er sei. Dann kam spontan abends ein Freund von ihm vorbei, ich war kurz einkaufen und als ich zurück war, hatten beide bereits eine Flasche Wein geöffnet. Mir wurde allein vom Geruch übel, ich hätte mich vermutlich übergeben, wenn ich was getrunken hätte, aber für ihn war das überhaupt kein Problem.
    Im Urlaub kam es schon mal vor, dass er um 14 Uhr anfing und es gab keinen nüchternen Abend.
    Das traurige ist, ich weiß insgeheim, dass ihm der Alkohol wichtiger ist als ich. Wenn ich ihn vor die Wahl stellen würde, einen Abend mit mir ohne einen Schluck oder einen Abend vollaufen lassen mit Kumpels, wüsste ich, was er wählen würde.

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