• Stufen

    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
    Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

    Hermann Hesse

  • Danke, LiS :)

    Das ist eines der absolut besten deutschen Gedichte und das beste von Hesse! 44.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • ABER

    [size=11pt]Scheitern,
    aber nicht verbittern.

    Betrogen werden,
    aber nicht betrügen.

    Illusionen aufgeben,
    aber nicht die Hoffnung.

    Enttäuschungen erleiden,
    aber nicht resignieren.

    Sich abfinden,
    aber nicht abstumpfen.

    Belogen werden,
    aber aufrichtig bleiben.

    Träume verlieren,
    aber nicht das Träumen[/size]


    von Hans Kruppa.

    Liebe Grüße an Euch Alle!
    und GuteKraft in ein zauberhaftes Wochenende :D

    LiS

  • Spätsommertraum

    Das Feld ist groß,
    Wind streicht durch gelbes Korn.
    eine Kraft schwillt in dir,
    zu lachen und zu tanzen.

    Die Früchte hängen schwer,
    fallen faulend vom Baum,
    Reife steigt vibrierend
    in jede Birnenspitze,
    und ein weißer Falter flügelt
    libellenleicht - windverweht.

    Duft von Blüten
    schimmert fließend
    durch den Atem deines Flugs.
    Freue dich,
    tanze in der Stunde des fallenden Apfels,
    wenn das Heu gegen den Himmel ragt.
    Dieser Sommer ist bald vorüber,
    und du träumst noch viele Nächte
    das Lied zirpender Gewitterschwüle.

    -Peter Lauster-


    schöne Grüße an Alle,
    und GuteKraft immer in ein gutes Wochenende :)

    Land-in-Sicht

  • Vor einiger Zeit hatte ich schon mal eine Strophe dieses Gedichtes in den Zitate-Thread gestellt.
    Immer wenn ich es wieder lese wird mir aber bewusst, wie stark die Worte des gesamten Gedichtes bis hin zur letzten Strophe sind. Darum hier nun nochmal in der ganzen Version:


    [font=georgia]Als ich mich selbst zu lieben begann…
    habe ich verstanden, dass ich immer und bei jeder Gelegenheit,
    Zur richtigen Zeit am richtigen Ort bin
    und dass alles, was geschieht, richtig ist – von da an konnte ich ruhig sein.
    Heute weiß ich: Das nennt man SELBST-BEWUSST-SEIN.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    konnte ich erkennen, dass emotionaler Schmerz und Leid
    nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
    Heute weiß ich: Das nennt man AUTHENTISCH SEIN.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    habe ich verstanden, wie sehr es jemand beleidigen kann,
    wenn ich versuche, diesem Menschen meine Wünsche aufzudrücken,
    obwohl ich wusste, dass die Zeit nicht reif war und der Mensch nicht bereit,
    und auch wenn ich selbst dieser Mensch war.
    Heute weiß ich: Das nennt man RESPEKT.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    habe ich aufgehört, mich nach einem anderen Leben zu sehnen
    und konnte sehen, dass alles um mich herum eine Einladung zum Wachsen war.
    Heute weiß ich, das nennt man REIFE.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    habe ich aufgehört, mich meiner freien Zeit zu berauben,
    und ich habe aufgehört, weiter grandiose Projekte für die Zukunft zu entwerfen.
    Heute mache ich nur das, was mir Freude und Glück bringt,
    was ich liebe und was mein Herz zum Lachen bringt,
    auf meine eigene Art und Weise und in meinem eigenen Rhythmus.
    Heute weiß ich, das nennt man EINFACHHEIT.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    habe ich mich von allem befreit, was nicht gesund für mich war,
    von Speisen, Menschen, Dingen, Situationen
    und von Allem, das mich immer wieder hinunterzog, weg von mir selbst.
    Anfangs nannte ich das „Gesunden Egoismus“,
    aber heute weiß ich, das ist SELBSTLIEBE.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    habe ich aufgehört, immer recht haben zu wollen, so habe ich mich weniger geirrt.
    Heute habe ich erkannt: das nennt man BESCHEIDENHEIT.

    Als ich mich selbst zu lieben begann,
    habe ich mich geweigert, weiter in der Vergangenheit zu leben
    und mich um meine Zukunft zu sorgen.
    Jetzt lebe ich nur noch in diesem Augenblick, wo ALLES stattfindet,
    so lebe ich heute jeden Tag, Tag für Tag, und nenne es BEWUSSTHEIT.

    Als ich mich zu lieben begann,
    da erkannte ich, dass mich mein Denken behindern und krank machen kann. Als ich mich
    jedoch mit meinem Herzen verband, bekam der Verstand einen wertvollen Verbündeten.
    Diese Verbindung nenne ich heute HERZENSWEISHEIT.

    Wir brauchen uns nicht weiter vor Auseinandersetzungen,
    Konflikten und Problemen mit uns selbst und anderen fürchten,
    denn sogar Sterne knallen manchmal aufeinander und es entstehen neue Welten.
    Heute weiß ich: DAS IST DAS LEBEN !


    Das Gedicht ist von Kim & Alison McMillen.
    Charlie Chaplin hat es zu seinem 70. Geburtstag in einer Rede vorgelesen.
    Hier auch ein Link zum englischen Originaltext: >>As I Began To Love Myselv<<

    Viel Spaß beim Lesen,
    Liebe Grüße und GuteKraft in ein gutes Wochenende :)

    Land-in-Sicht

  • Das ist sehr schön. Und ich empfinde mittlerweile sehr sehr häufig ebenso.

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Über die Geduld


    Man muss den Dingen
    die eigene, stille
    ungestörte Entwicklung lassen,
    die tief von innen kommt
    und durch nichts gedrängt
    oder beschleunigt werden kann,
    alles ist austragen – und
    dann gebären...

    Reifen wie der Baum,
    der seine Säfte nicht drängt
    und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
    ohne Angst,
    dass dahinter kein Sommer
    kommen könnte.

    Er kommt doch!

    Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
    die da sind, als ob die Ewigkeit
    vor ihnen läge,
    so sorglos, still und weit...

    Man muss Geduld haben

    Mit dem Ungelösten im Herzen,
    und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
    wie verschlossene Stuben,
    und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
    geschrieben sind.

    Es handelt sich darum, alles zu leben.
    Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
    ohne es zu merken,
    eines fremden Tages
    in die Antworten hinein.


    - von Rainer Maria Rilke -

  • Ich liebe das.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Die historische Person des Han Shan ist kaum greifbar. Als einzige Quelle für seine Biografie dient die Gedichtsammlung Hanshan shi (deutsch: Gedichte vom Kalten Berg). Diese besteht aus etwa 360 Gedichten, wovon 307 Han-Shan zugeschrieben werden, und einem kurzen, jedoch wenig zuverlässigen Vorwort. Der Name Han Shan ist ein Pseudonym, der Dichter wurde nach dem Berg benannt, auf dem er lebte, in diesem Fall einem Berg im Tiantai-Gebirge im Südosten Chinas, wohin der Dichter sich "aus dem Staub der Welt" zurückzog und wo er in einer Höhle gelebt haben soll. Wahrscheinlich lebte er Ende des 7. Jahrhunderts oder im 8. Jahrhundert, manchmal wird auch das 9. Jh. angenommen. Im Vorwort des Hanshan shi wird erwähnt, dass Han Shan seine Gedichte auf Felswände, Steine, Bäume oder Hauswände schrieb, von wo sie erst später gesammelt und zu einem Buch zusammengefasst wurden.

    ___

    Schon früher war ich ganz schön abgebrannt
    Heute in tiefer Armut bittrer Kälte
    Was immer ich beginne, nichts will mir gelingen
    Wohin ich mich auch wende, schubst man mich herum
    Lauf ich im Matsch, rutsche ich dauernd aus
    Sitz ich bei Dörflern, knurrt der Magen unaufhörlich
    Seit ich auch das gescheckte Kätzchen noch verlor
    Belagern die Ratten meinen Reiskrug

    ___

    Wer mehr lesen möchte

    Han Shan
    150Gedichte vomkaltenBerg


    https://de.scribd.com/doc/30630089/H…Vom-Kalten-Berg

    ___

  • Das hast Du selbst verfasst? :) Ich bin wirklich beeindruckt, so gut auf den Punkt gebracht. Ja, der Alk ist ein hinterlistiger, falscher Freund. Zuerst bietet er dir gute Freundschaft, lullt dich immer mehr ein, tut dir schön, bis du nicht mehr ohne ihn leben kannst, er ist da wenn du ihn brauchst, auch dann, wenn du ihn nicht mehr brauchen kannst. Wennst ihn dann verlassen möchtest, versucht er es, es unmöglich zu machen.

    Natürlich stimmt es so nicht ganz, ich mein es ist nicht ganz richtig, "ihn" zu personifizieren, "er" oder "sie" sind "nur" kleine C2 OH irgendwas Moleküle, die an sich weder gut noch böse sind, die die Blut Hirnschranke überwinden (was viele andere Fremdstoffe nicht schaffen) und den Gehirnstoffwechsel und die Neurotransmitterbalance gehörig durcheinanderbringen, den Nucleus accumbens unter ihre Herrschaft bringen, sich im Suchtgedächtnis fest verankern, eine Toleranzentwicklung forcieren und dadurch nicht recht vorteilhaft für den Menschen sind.

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (18. Juli 2016 um 17:06)


  • Danke. Ja habe ich selber verfasst. Ist mir im "nicht-schlafen-können-dämmern" so gekommen. Nein, wissenschaftlich hält es nicht stand, aber ich denke gerne in Bildern.

    Ja, ich finde, es ist ganz natürlich. Ich habe auch schon oft mit dem "Alkohol geredet". Wie gemein, unnötig und schlecht er ist. ;)

    In Metallicas "Master of puppets" (ist auch mein absoluter Metal-Lieblingssong (zb

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    , Seattle 1989, ab 2:00, da warens noch richtig gut drauf, der herrliche langsame Mittelteil beginnt ab 5:35, ich hab sie 1993 in Wien gesehen, unvergesslich, tausende Leute haben ge-head-bangt) gehts auch um dieses Thema, zwar Drogen allgemein, aber natürlich auch auf den Alkohol ummünzbar. Die Droge ist der Puppenspieler, der Mensch die Marionette. Am Anfang flüstert die Droge: Komm spiel mit mir, wir werden gemeinsam eine tolle Zeit verbringen.

    Frontmann James Hetfield war selbst sehr alkoholabhängig, machte eine lange Reha und ist nun schon jahrelang alkoholfrei. Nickname von Metallica war zeitweise "Alcoholica".

    Edit: Eigentlich gehört das eher in den Thread "Musik", ich lass das aber mal hier stehen, weils zum Thema passt.

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (20. Juli 2016 um 07:12)

  • Immer enger, leise, leise

    ziehen sich die Lebenskreise,

    schwindet hin, was prahlt und prunkt,

    schwindet Hoffen, Hassen, Lieben

    und ist nichts in Sicht geblieben

    als der letzte dunkle Punkt.

    Theodor Fontane

  • Im Herbst


    Der schöne Sommer ging von hinnen,

    Der Herbst, der reiche, zog ins Land.

    Nun weben all die guten Spinnen

    So manches feine Festgewand.

    Sie weben zu des Tages Feier

    Mit kunstgeübtem Hinterbein

    Ganz allerliebste Elfenschleier

    Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.

    Ja, tausend Silberfäden geben

    Dem Winde sie zum leichten Spiel,

    Sie ziehen sanft dahin und schweben

    Ans unbewusst bestimmte Ziel.

    Sie ziehen in das Wunderländchen,

    Wo Liebe scheu im Anbeginn,

    Und leis verknüpft ein zartes Bändchen

    Den Schäfer mit der Schäferin.

    Wilhelm Busch

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Letzte Worte des Indianerhäuptlings Crowfoot

    Nur noch eine kurze Weile, dann bin ich von euch gegangen.
    Wohin, das kann ich euch nicht sagen. Wir kommen aus dem
    Nirgendwo, und wir gehen ins Nirgendwo. Was ist das Leben?
    Es ist der Lichtblitz eines Leuchtkäfers in der Nacht. Es ist der
    Atem eines Büffels im Winter. Es ist der kleine Schatten, der
    über das Gras huscht und sich im Sonnenuntergang verliert.

    Crowfoot (um 1830 – 1890)
    Häuptling der Blackfoot-Indianer

  • Bücher

    Ein Mensch, von Büchern hart bedrängt,
    An die er lang sein Herz gehängt,
    Beschließt voll Tatkraft, sich zu wehren,
    Eh sie kaninchenhaft sich mehren.
    Sogleich, aufs äußerste ergrimmt,
    Er ganze Reihn von Schmökern nimmt
    Und wirft sie wüst auf einen Haufen,
    Sie unbarmherzig zu verkaufen.
    Der Haufen liegt, so wie er lag,
    Am ersten, zweiten, dritten Tag.
    Der Mensch beäugt ihn ungerührt
    Und ist dann plötzlich doch verführt,
    Noch einmal hinzusehn genauer -
    Sieh da, der schöne Schopenhauer . . .
    Und schlägt ihn auf und liest und liest,
    Und merkt nicht, wie die Zeit verfließt. . .
    Beschämt hat er nach Mitternacht
    Ihn auf den alten Platz gebracht.
    Dorthin stellt er auch eigenhändig
    Den Herder, achtundzwanzigbändig.
    E. T. A. Hoffmanns Neu-Entdeckung
    Schützt diesen auch vor Zwangs- Vollstreckung.
    Kurzum, ein Schmöker nach dem andern
    Darf wieder auf die Bretter wandern.
    Der Mensch, der so mit halben Taten
    Beinah schon hätt den Geist verraten,
    Ist nun getröstet und erheitert,
    Daß die Entrümpelung gescheitert.


    Eugen Roth (1896-1975)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • „Morgens ging ich in den Garten,

    eine Rose mir zu pflücken,

    heimlich und in Furcht,

    der Gärtner könnte mich erblicken,

    doch waren seine Worte

    über mein Erwarten köstlich:

    „Nicht die Rose nur allein,

    ich schenke dir den ganzen Garten!“


    Mevlana Jellaludin Rumi

  • Nebel

    Seltsam im Nebel zu wandern!
    Einsam ist jeder Busch und Stein,
    Kein Baum kennt den andern,
    Jeder ist allein.

    Voll von Freunden war mir die Welt,
    Als noch mein Leben licht war,
    Nun, da der Nebel fällt,
    Ist keiner mehr sichtbar.

    Wahrlich, keiner ist weise,
    Der nicht das Dunkel kennt,
    Das unentrinnbar und leise
    Von allen ihn trennt.

    Seltsam im Nebel zu wandern!
    Leben ist Einsamsein.
    Kein Mensch kennt den andern,
    Jeder ist allein.

    Hermann Hesse, Eine Fußreise im Herbst

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