Der Neue im Forum

  • Somit ist der neue Arbeitgeber eng mit dem nüchternen Weg verknüpft und bis vor Kurzem nur mit Positivem verbunden gewesen. Nun gibts ein paar Wolken am Himmel, mit denen ich vernünftig umgehen will

    Und geht es Dir dabei so, dass Dir der Alkohol als Kompensation fehlt? Ich meine, gerade in schwierigen Zeiten war der Sprit ja ein gern genommener Gast, sich die "dunklen Wolken" schön zu saufen. Natürlich war das "Wunderwasser" auch perfekt um schöne Zeiten natürlich noch schön zu machen, aber rückblickend fiel es mir anfänglich deutlich schwerer Stressmomente nüchtern zu ertragen. Aufgrund dessen, weil ich das wusste, hab ich mich ziemlich abgegrenzt und sehr wenig an mich herangelassen.

  • Hi AmSee 13

    Danke für deine ausführliche Antwort. Dein Tipp, so einfach wie er ist, ist Gold wert. All diese neuen Gefühle, Empfindungen und Arten zu Denken schätze ich sehr und waren bis anhin beinahe nur positiv. Dass es dir und vielen anderen auch so ging und sich auch wieder einpendelt gibt mir Sicherheit. Da ich mich bis anhin wenig bis gar nicht über solche Sachen austauschen konnte, befürchtete ich wirklich, nun in diesem unsicheren, sensiblen Zustand zu verharren.

    Einen schönen Tag und liebe Grüsse

  • Und geht es Dir dabei so, dass Dir der Alkohol als Kompensation fehlt? Ich meine, gerade in schwierigen Zeiten war der Sprit ja ein gern genommener Gast, sich die "dunklen Wolken" schön zu saufen. Natürlich war das "Wunderwasser" auch perfekt um schöne Zeiten natürlich noch schön zu machen, aber rückblickend fiel es mir anfänglich deutlich schwerer Stressmomente nüchtern zu ertragen. Aufgrund dessen, weil ich das wusste, hab ich mich ziemlich abgegrenzt und sehr wenig an mich herangelassen.

    HI Honk

    Das Gedankenspiel "unangenehme Gefühle - saufen" ist natürlich nicht komplett weg. Aber ich will das wirklich nicht und hab auch keinen Saufdruck. Die Rückfälle haben sich schon ab dem ersten Schluck scheisse angefühlt. Das führe ich mir wenn der Gedanke auftaucht vor Augen und dann ist das Thema jeweils gegessen.

    Abgrenzen ist ein gutes Thema, auch versuch ich die Emotion aus den schlechten Gefühlen zu filtern. Was dann noch bleibt ist, nüchten betrachtet (haha:)), nicht mehr so schlimm un bewältigbar. Das bin ich jetzt am Üben

    Schönen Tag ung LG

    Tom

  • Hi Tom,
    gerne, dafür ist eine solche SHG ja da, sich auch über solche Themen und entsprechende Erfahrungen auszutauschen. :)

    Meine eigene Erfahrung - und sie wird durch Erfahrungen anderer, die auf ihrem Weg zur sogenannten „zufriedenen Abstinz“ aktiv Selbstfürsorge/ Trockenarbeit oder, was für einen Begriff auch immer man dafür verwenden will, betreiben, bestätigt - ist, dass man sich völlig neu entdeckt und ggf. überhaupt erst findet.

    Man entdeckt auf diesem Weg u.U. ein völlig neues Selbstbewusstsein und auch Selbstwertgefühl. Das führt durchaus auch dazu, dass man sich klarer darüber wird, was man eigentlich will und was man gar nicht mehr will. Und von dem, was man nicht mehr will, löst man sich dann in der Regel auch.

    So eine Entwicklung dauert natürlich und da gibt’s durchaus auch mal Höhen und Tiefen. Es ist zweifelsohne auch ein Kraftakt, denn Veränderung kostet immer Energie und sorgt im Gehirn durch das Ordnen und neu Einordnen durchaus für nicht wenig Stress.

    Für mich kann ich sagen, dass sich dieser Kraftakt, dieser Stress wirklich gelohnt hat. Und dem dem, was andere hier so teilen, ist zu entnehmen, dass es ihnen ebenso geht, je länger sie dabei sind.

    Dir ebenfalls einen schönen Tag und liebe Grüße. AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hi AmSee 13

    Yo, auch deshalb hab ich mich hier angemeldet. Ich hatte und hab ja Tendenz, Solche Sachen mit mir selber auszubaden, resp. Hatte ich das jeweils im Alkohol gebadet:/ Und das will ich ja definitiv nich mehr. Dass ich mich hier mitteile, ist schon mal ein guter Schritt. Deine und die Feedbacks der anderen im Forum haben mir schon echt geholfen, um eine Sorge nicht zu einem "unüberwindbaren" Problem anwachsen zu lassen. Hab dadurch, wenn auch ein bisschen verklausuliert, meine Bedenken meinem Boss geschildert. Und siehe da, er sieht das wie ich und ist auch um eine angenehmere Arbeitsatmosphäre bemüht.

    Kurzum: drüber reden hilft tatsächlich:)

    Freitag, schon bald Wochenende und zwei herrliche Frühlingstage warten

    Liebe Grüsse und einen schönen Tag allerseits

  • Hallo Tom,

    von mir auch noch ein freundliches 'Grüß Dich hier im Forum'.

    Glückwunsch, zu Deinem Entschluss wieder ein nüchternes Leben zu führen! Ich wünsche Dir alle gute Kraft für die Umsetzung immer, und gute Entscheidungen. Und dass Du immer hilfreiche Unterstützung bekommst wenn Du sie brauchst.

    Drum die Preisfrage: Wie erkennt man, ob (und vorallem wie lange) sich eine unangenehme Situation lohnt, durchzustehen,...

    Es ist ja sozusagen eine Entscheidung die da ansteht. Möchtest Du den Weg so weiter gehen, oder wäre es für Dich gut einen anderen Weg zu gehen. Ich kann Dir da keinen direkten Rat geben weil ich Dich und die Situation dafür zu wenig kenne. Ich kann nur von mir erzählen, wie ich es mache.

    Ich selbst habe mir bei wichtigen Entscheidungen, die nicht so schnell eine Lösung finden, angewöhnt irgendwann mal eine Pro / Contra Liste zu erstellen. Das hilft manchmal die Dinge, rational sachlich, etwas besser zu sortieren und dadurch klarer zu sehen was manchmal sprichwörtlich auf der Hand liegt.

    Viel wichtiger, und entscheidender als jede Ratio, ist für mich im Suchtausstieg, und in mittlerweile einigen Jahren zufriedener suchtmittelfreier Lebensführung, das Folgende geworden: und zwar wie sich eine Sache für mich anfühlt! Ganz Allgemein, worum es auch geht. Wenn ich in eine Sache hinein spüre, und merke, dass sich das kurz- oder sogar langfristig für mich einfach ungut anfühlt, dann mache ich es nicht. Punkt. Mit allen Konsequenzen. Das ist für mich persönlich wirklich allerwichtigster Indikator.

    Gegen meine Gefühlswelt zu leben, würde für mich bedeuten mein Inneres, mein Ich, mein Selbst zu ignorieren.

    Für mein Ich, und für mein Selbst zu leben, ist für mich wichtigster Wegweiser in ein suchtfreies und glückliches Leben geworden!

    ...und wann ist oder wäre der Zeitpunkt um zu sagen, byebye, ohne mich?

    Für mich persönlich würde das bedeuten:

    Wenn möglich, sofort. Zumindest aber, so bald wie möglich. Wenn ich dafür in gewissen Dingen evtl. Hilfe oder Unterstützung benötige, suche ich mir ein entsprechendes Hilfs- oder Beratungsangebot. Dann setze ich, mit oder ohne Hilfe, alle möglichen Hebel in Bewegung, eine für mich zufriedenstellende Veränderung herbeizuführen. Manchmal geht das ganz schnell, manchmal braucht es dafür Geduld und Durchhaltevermögen.

    Soweit erstmal. Ich will noch etwas in die Sonne raus. Ich wünsche Dir hier (und freue mich auf) einen guten Austausch.

    Liebe Grüße und bis bald,

    Mojo

  • Hallo Mojo

    Auch von meiner Seite ein herzliche grüss dich!

    Viel wichtiger, und entscheidender als jede Ratio, ist für mich im Suchtausstieg, und in mittlerweile einigen Jahren zufriedener suchtmittelfreier Lebensführung, das Folgende geworden: und zwar wie sich eine Sache für mich anfühlt! Ganz Allgemein, worum es auch geht. Wenn ich in eine Sache hinein spüre, und merke, dass sich das kurz- oder sogar langfristig für mich einfach ungut anfühlt, dann mache ich es nicht. Punkt. Mit allen Konsequenzen. Das ist für mich persönlich wirklich allerwichtigster Indikator.

    Das bin ich nun wieder am Entdecken. Grundsätzlich bin ich ein Verfechter von rationalem Abwiegen von pro und contra. Gerade in beruflichen, eher faktuellen Belangen. Persönlich/privat muss sich aber das ganz auch gut und richtig anfühlen (mag den Begriff Bauchgefühl nicht sonderlich, aber das nur nebenbei)

    Wobei ich aktuell davon ausgehe, dass das "sich gut anfühlen" ein Hilfsbegriff dafür ist, wenn meine rationale und emotionale Seite grad zusammen eine Friedenspfeife durchziehen und sich ausnahmsweise mal einig sind, hehe:).

    Dass mich Emotionen (wie zum Beispiel miese Stimmung auf Arbeit) mehr zum Konzept ausbringen, als noch zur Trinkerzeit, darf und muss ich so hinnehmen. Weiss aber auch, dass das vielen so ging und auch ok ist. Früher hatte ich das halt mit Starkbier weggeschwemmt - bis am nächsten morgen.

    Ich wohne schon lange alleine, Beziehungen bin ich in den letzten 20 Jahfen bewusst aus dem Weg gegangen. Echte Freunde, hm, schwieriges Thema.Hört sich schrecklich an, fühlt sich aber glücklicherweise nicht so an. Hab jetzt aber gemerkt, dass ich mich wieder öffnen will. Aber schön sachte. Ein erstes AA-Treffen, hier im Forum so ehrlich wie kaum je mich mitteilen, meiner Schwester ehrlich sagen, was mich beschäftig. Alte kontakte reaktivieren. Mich bei einer Feierabend-Kickerrunde angemelden. Da geht schon mal was.

    So far

    Liebe Grüsse

  • Ich wohne schon lange alleine, Beziehungen bin ich in den letzten 20 Jahfen bewusst aus dem Weg gegangen. Echte Freunde, hm, schwieriges Thema.Hört sich schrecklich an, fühlt sich aber glücklicherweise nicht so an. Hab jetzt aber gemerkt, dass ich mich wieder öffnen will. Aber schön sachte. Ein erstes AA-Treffen, hier im Forum so ehrlich wie kaum je mich mitteilen, meiner Schwester ehrlich sagen, was mich beschäftig. Alte kontakte reaktivieren. Mich bei einer Feierabend-Kickerrunde angemelden. Da geht schon mal was.


    Ich bin ja wirklich ein Fan davon wirklich neue Strukturen und Verhaltensweisen einzuführen. Mein Mantra ist "nur nicht mehr trinken reicht nicht".

    Das hat ja auch was mit Achtsamkeit zu tun und der Chance, auf sich selber zu hören. Früher war das Ritual ja ganz einfach: (schwierigen) Tag überstanden, Flasche an den Hals anschließen, fertig. Kommt der Rush, kommt die vermeintliche Zufriedenheit. Das fällt jetzt aber weg und plötzlich sitzt man mit kristallklaren Verstand, und ggf. Suchtdruck, in der Gegend rum und weiß erst einmal nichts mit sich anzufangen.

    Und m.E. gilt es dann zu entdecken, was man mit diesem kristallklaren Verstand eigentlich so anfangen kann. Und vor allem, wie man sich selber zufrieden stellen kann, wenn man abends ins Bett geht. Oder aber natürlich auch, schwierige Tage zu überstehen, ohne die alten Muster zu plumpsen. Und da sind wir dann in der größten Challenge: neue Verhaltensweisen, Strukturen, Abläufe, Denkmuster FÜR SICH zu etablieren, die uns künftig nachhaltig begleiten.
    Und das ist gar nicht so einfach wie man denkt, sich plötzlich anders aufzustellen. Der Mensch ist ja ein elendiges Gewohnheitstier und dann noch gepaart mit einer Sucht im Rücken. Da wundert es mich nicht, dass die Rückfallquote bei Sucht- Alkoholerkrankungen so hoch ist.

    Keine Ahnung was für ein Typ du bist, mir hat es sehr geholfen mir Ziele zu stecken als auch meine Tagesabläufe zu ändern. Immer schön kleinschrittig und erreichbar zzgl. eines Plan B., falls Plan A in die Hose geht.
    Feierabendkickerunde klingt gut, das klingt für mich aber gleichzeitig wieder nach der typischen, männlichen Legitimation sich nach dem Sport direkt wieder ein Bierchen zu genehmigen. Denn sind wir mal ehrlich, das Zusammentreffen mit Männern ist häufig wegen des Alkohols oder halt eine willkommene Einladung einen zu trinken.

    Eines meiner größten Learnings zu Beginn der Abstinenz war die Auseinandersetzung mit mir selber. Selber nüchtern und alleine Zeit mit mir sinnerfüllend zu verbringen. Und ich bin eigentlich ein sehr geselliger Typ (gewesen). Aber erst einmal Frieden mit mir selber zu machen, an mir zu arbeiten, mich okay zu finden hatte für mich Priorität. Deswegen hab ich mich ja so in den Sport eingebuddelt.

    Das ging (erstmal) gar nicht um das Thema Fitness etc., das ging einzig und alleine darum, sich mit mir zu konfrontieren. Und sich auf eine neue Art und Weise selber zu spüren, sich kennenzulernen. Ich bin ja öfters für bekloppt erklärt worden, warum ich teilweise ultra früh aufgestanden bin um zu schwimmen oder mich bei wirklich beschissesten Wetter auf dem Rad zur Arbeit zu quälen.

    Aber die Antwort war ganz einfach: "Weil ich es kann." Einfach Veränderungen reinbringen, neue Dinge machen, sich überwinden. Feststellen, das 15 Kilometer im strömenden Regen auf dem Bock einen nicht umbringen, sondern stärken. Um gleichzeitig festzustellen, mein Körper, meine Burg, lässt das zu, wenn ich ihn dabei gut behandle, der alte Diesel läuft noch und hat sogar nen versteckten Turbo.

    Und so, m.M.n, muss jeder gucken, wie er / sie zu sich findet. Jeder hat da seinen Weg und auf dem Weg gibt es dann neue Türen, neue Möglichkeiten und nach und nach etablieren sich Selbstverständlichkeiten, von denen man nicht gedacht hat, dass sie sich ergeben. Und unterstützen kann man das ganze mit Achtsamkeit. Für sich selber alleine, schreiben hier im Forum, sprechen mit einer passenden SHG. Und dann, denke ich, hat man gute Chancen sich neu aufzustellen.

    VG

  • Hi Honk


    Ich bin ja wirklich ein Fan davon wirklich neue Strukturen und Verhaltensweisen einzuführen. Mein Mantra ist "nur nicht mehr trinken reicht nicht".

    Kanz klar. Die Leere muss muss sinvoll gefüllt werden oder ich muss entdecken, was mich erfüllt, ohne mich abfüllen zu müssen. Sorry für den Schenkelklppfer, konnte nicht wiederstehen...

    Bei meinem ersten Entzug Mitte 20 hatte ich permanent das Gefühl, verzichten zu müssen, ein Alki-Stigma auf der Stirn zu tragen, von der grossen Party um mich herum ausgeschlossen zu sein, versagt zu haben. Erstaunlich, dass ich es doch fast 3 Jahre durchgehalten hatte. Der Druck, den Führerausweis überhaupt je wieder zurückzuerhalten hatte mir sicherlich geholfen.

    Der weitere Verlauf war klassisch. Der Irrglaube, dass man ja bewiesen hat, ohne zu können beweise, dass man ja ruhig mal was trinken darf...

    Das ist dieses mal eindeutig anders. Ich bin stolz auf meine Entscheidung, bin Vorsichtig weil ich Rückfälle hatte und fühle mich seit letzten Sommer richtig gut.

    Aber wie gesagt: schön sachte. Mein grösster Fehler war, immer alles auf einmal ändern zu wollen. Mit Zigaretten, Alk, Drogen schlechter Ernährung aufzuhören, beginnen Sport zu treiben, Freundin suchen... klappt natürlich NICHT. Und bestätigt indirekt, dass man es eh nicht schafft und somit weitermachen kann wie bisher.

    Deshalb bin ich Fan der kleinen Schritte (zumindest da, wos möglich ist: ein bisschen nicht trinken geht nicht😀)

    Und so hab ich mir die Benzos abgewöhnt, da ich völlig ausser Kontrolle war in Kombi mit Alk. Zigaretten, da ich kaum noch Treppensteigen konnte. Dann hab ich wieder mit dem Spazieren/Wandern begonnen. Und jetzt der Alk, weil ich wieder Freude am Leben haben will. Sport ist das nächste, was mich dabei unterstützt.

    Am morgen war ich Joggen, jetzt gehts dann gleich auf ne kleine Wanderung.

    Schönes Wochenende

    Tobias

  • Hi Tom,

    das klingt doch im gesamten alles richtig nach einem Plan dem Du da nachgehst. Klasse, und Respekt, was Du alles schon geschafft hast. Liest sich so, dass gute Bewegung drin ist. Weiter so.

    Wichtig ist vor allem geistig in Bewegung zu bleiben. Aber auch Sport ist gut. Abgesehen davon dass es gesund ist, kann es auch dabei helfen die körpereigenen Endorphine wieder anzukurbeln.

    Und ja, mit innerer und äußerer Bewegung geht es Stückchen für Stückchen voran. Aber auch immer mal innehalten, und Geduld - das geht nicht von heute auf morgen. Es ist eine Entwicklung, und eine Zeit auf die Du Dich, so meine ich, weiterhin wirklich freuen kannst.

    Alle gute Kraft weiterhin! Bleib dran :)

    Mojo

  • Hallo Tom,

    von mir ebenfalls noch ein herzliches Willkommen hier und auf einen guten Austausch.

    In vielem, was du schreibst, finde ich mich gut wieder.

    Konkret heisst das, auf diese Kackstimmung und Anfeindungen bei der Arbeit hab ich kein Bock (bin dort seit ein paar Monaten in Vorgesetztenfunktion). Im Moment schau ich das als herausforderung an. Weiss aber, dass ich das Mittel bis langfristig nicht will.

    Drum die Preisfrage: Wie erkennt man, ob (und vorallem wie lange) sich eine unangenehme Situation lohnt, durchzustehen, und wann ist oder wäre der Zeitpunkt um zu sagen, byebye, ohne mich?

    Ich kann das gut nachvollziehen, weil ich mich derzeit bzw. schon länger in einer ähnlichen Situation befinde.

    Ich schaue mir das auch schon lange als Herausforderung an. Es ist halt wie mit dem Alkohol, solange der Leidensdruck noch nicht zu groß ist, verharrt man erstmal in der Situation und unternimmt nichts. Es ist schon schwierig, da es alle Für und Wieders abzuwägen gilt. Und irgendwo ist halt noch ein Stück (naive) Hoffnung, dass sich an der Situation wieder etwas ändert, die vor Jahren deutlich angenehmer war. Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt ;)


    Bei meinem ersten Entzug Mitte 20 hatte ich permanent das Gefühl, verzichten zu müssen, ein Alki-Stigma auf der Stirn zu tragen, von der grossen Party um mich herum ausgeschlossen zu sein, versagt zu haben. Erstaunlich, dass ich es doch fast 3 Jahre durchgehalten hatte. Der Druck, den Führerausweis überhaupt je wieder zurückzuerhalten hatte mir sicherlich geholfen.

    Der weitere Verlauf war klassisch. Der Irrglaube, dass man ja bewiesen hat, ohne zu können beweise, dass man ja ruhig mal was trinken darf...

    Genau, du rennst jahrelang mit dem Gefühl durch die Gegend, irgendwas zu verpassen und das Beste aufgegeben zu haben/ für immer verzichten zu müssen. Man fühlt sich wie der größte Versager, würde am liebsten auf einer Betriebsfeier o. ä. am Bierglas nippen, nur um zu zeigen, dass man "dazugehört" und kein Suchtproblem hat. Das Perfide daran ist, daß man wahrscheinlich selbst sein größter Kritiker ist, das Stigma am größten an die Wand malt und am schlechtesten über sich selber denkt.

    Aber egal, ob man den Druck nun Jahre aushält oder nur Wochen aushält, kommt es irgendwann zum Schluss, daß man es doch vielleicht mal wieder, "diesmal natürlich kontrolliert und diesmal ist natürlich alles anders... bli bla blub...", probieren könne.

    Mit dem richtigen Mindset habe ich es das letzte Mal aber eher als Befreiung erlebt und ich möchte meine Nüchternheit und Klarheit nicht wieder hergeben. Ich sehe das jetzt so, dass es das Beste ist, was mir passieren konnte.

    Ich denke auch, dass alles sehr viel mit Selbstannahme zusammenhängt. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, fällt es z. B. auch leichter, zumindest zu einem vertrauenswürdigen Kreis von Leuten ehrlich zu sein. Insgesamt ist das "Outing" aber eher ein schwierigeres Thema.


    Aber wie gesagt: schön sachte. Mein grösster Fehler war, immer alles auf einmal ändern zu wollen. Mit Zigaretten, Alk, Drogen schlechter Ernährung aufzuhören, beginnen Sport zu treiben, Freundin suchen... klappt natürlich NICHT. Und bestätigt indirekt, dass man es eh nicht schafft und somit weitermachen kann wie bisher.

    Deshalb bin ich Fan der kleinen Schritte (zumindest da, wos möglich ist: ein bisschen nicht trinken geht nicht😀)

    Und so hab ich mir die Benzos abgewöhnt, da ich völlig ausser Kontrolle war in Kombi mit Alk. Zigaretten, da ich kaum noch Treppensteigen konnte. Dann hab ich wieder mit dem Spazieren/Wandern begonnen. Und jetzt der Alk, weil ich wieder Freude am Leben haben will. Sport ist das nächste, was mich dabei unterstützt.

    Ich kann das total nachvollziehen, früher wollte ich auch alles auf einmal. Meinem jetzigen Erleben nach gelingt es aber besser, kleine Schritte zu gehen. Das macht vielleicht auch jeder anders, aber durch allzu große Vorsätze kann es auch zu großen Enttäuschungen kommen. Aber du hast natürlich recht, "ein bisschen nicht trinken geht nicht" ;)

    Andererseits bin ich auch der Typ, der immer wieder versucht hat, sein Sucht zu verlagern (früher durch Kettenrauchen oder in letzter Zeit durch Opioide/ Schmerzmittel) Und ich habe das wirklich so erlebt, dass die "kleinen" Drogen immer wieder die Grenze zum Alk aufgeweicht haben, aber manchmal war es natürlich auch anders herum.

    Echte Freiheit hat sich erst durch Weglassen sämtlicher Hilfsmittel eingestellt. Vielleicht ist das aber auch bei jedem anders.


    Dir weiterhin alles Gute und auf einen guten Austausch.

    Rent

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!