Ein Hallo in die Runde

  • Einen wunderschönen guten Morgen in die Runde,

    ich bin der NieTho, 45, und ich feiere heute die ersten sieben Tage Abstinenz. Warum ich diesen kleinen Meilenstein feiere ist, seid mindestens 10 Jahren hatte ich keine zwei Tage in Folge ohne Alkohol. Und jetzt ist es auf einmal eine Woche. Und das fühl sich unheimlich gut an. Körperlich ist mir die Abstinenz zum Glück nicht schwer gefallen. Aber, die Langzeitaufgabe ist und bleibt natürlich der Kopf, der Alltag mit all seinen Facetten und Versuchungen und eingeschliffenen Verhaltensweisen.
    Und auch mit Hilfe dieses Forums möchte ich dem die Stirn bieten.

    Ich habe mich lange auf diesen Weg vorbereitet ,weil ich schon seid langem das Trinken zum kotzen fand. Ich oft morgens in den Spiegel geguckt, meine roten Augen, meine tiefen Augenringe anguckt, den schwindligen Nebel vom Abend davor im Kopf verspürt und mir gesagt: Dinger, höre doch einfach mit dem Scheiss auf. Das blöde Gesaufe ist genau DAS Problem was Du hast. Sonst nichts.

    Ich habe letztes Jahr das Glück gehabt, durch zwei längerer Auszeiten vom Alltag mich zu hinterfragen, zu analysieren und mir mein Leben von außen anzugucken. Und es gibt nur ein wirkliches Problem das ich habe, das ist der Alkohol.

    Aber von der Erkenntnis, die ich schon länger oder lang habe zum Trigger, zum endgültigen Entschluss, das ist noch ein anderer Weg. Ich persönlich bin kein Mensch der auf Druck von außen reagiert. Druck von außen erzeugt automatisch Gegendruck und Verweigerung von mir.

    Aber ich hatte das Glück, letzten Samstag einen Exit vor die Nase gesetzt zu bekommen und ich habe die Ausfahrt genommen und möchte die Chance ergreifen.
    Ich habe vielleicht das Glück, psychische Suchtmuster schon einmal durchlebt zu haben. Vor über 15 Jahren habe ich, auch mit der Hilfe eines Forums, mit dem Rauchen aufgehört.
    Und ich war ein Funktionsraucher wie er im Buche stand. Die erste Woche nach dem Rauchstop war körperlich absolut beschissen und ich habe mindestens ein halbes Jahr meinen Körper umprogrammiert bis sich das NMR (nicht mehr rauchen) halbwegs normal angefühlt hat.

    Ja und dieses Gefühl im Brustbereich fühle ich wieder, es fühlt sich so seltsam vertraut an. Aber vielleicht deswegen habe ich eine Chance, weil ich dieses Mal nicht unbewaffnet bin.

    Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass ich für mich meine Abstinenz und meine Entscheidung positiv besetzen möchte. Ich möchte für mich jeden Tag herausarbeiten was mir Gutes widerfahren ist. Und was ich für neue Chancen und Möglichkeiten habe dadurch, das ich nüchtern bin. Denn ich habe ganz viele Dinge NICHT gemacht, weil ich betrunken war.

    Und zum Einstieg, auch vielleicht auch als kleine Motivation für andere, die gerade meine Zeilen hier lesen, was mir sehr positiv aufgefallen ist, bei mir, vielleicht geht es euch ähnlich:

    Ich habe bislang 70 Euro NICHT für Alkohol ausgegeben. Ich habe mir NICHT 11920 leere Kalorien durch Sprit hinzugefügt.

    Und, was mich am meisten beeindruckt ist, die deutliche Verbesserung meiner Vitalwerte. Blutdruck und vor allem der Ruhepuls hat sich massiv verbessert.
    Da ich sportlich ambitioniert bin und da noch große Ziele habe, freut mich das natürlich mit am meisten.

    So long, das war es erstmal von mir!

    Gruß in die Runde!

  • Hallo und herzlich Willkommen, NieTho! :welcome:

    Dann beglückwünsche ich dich erstmal zu deiner ersten Woche in Freiheit und wünsche dir natürlich, dass noch viele, viele Tage, Wochen, Monate dazukommen.

    Kurz zu mir: Ich bin 50, w, Alkoholikerin und seit bald zweieinhalb Jahren u.a. mit Hilfe dieses Forums hier abstinent.

    Schau dich gern ein wenig hier um und, wenn du Fragen hast, nur heraus damit.



    Ja und dieses Gefühl im Brustbereich fühle ich wieder, es fühlt sich so seltsam vertraut an. Aber vielleicht deswegen habe ich eine Chance, weil ich dieses Mal nicht unbewaffnet bin.

    Wichtig ist - das weißt du wahrscheinlich schon - deine „Waffen“ zu üben und regelmäßig anzuwenden, damit sie im Zweifelsfall auch funktionieren.



    Zum Abschluss möchte ich noch sagen, dass ich für mich meine Abstinenz und meine Entscheidung positiv besetzen möchte. Ich möchte für mich jeden Tag herausarbeiten was mir Gutes widerfahren ist. Und was ich für neue Chancen und Möglichkeiten habe dadurch, das ich nüchtern bin.

    Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass das ein sehr hilfreicher Ansatz ist und du, wenn du das durchziehst, eine ungemein das Leben an sich bereichernde Erfahrung machen dürftest.
    Hast du schon eine Idee, wie du dieses „Herausarbeiten“ machen möchtest? Möglichkeiten gibt es dafür ja viele, nur, wenn die zu aufwändig sind, kommt der Vorsatz in der Regel zum Erliegen.


    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Hallo und herzlich Willkommen, NieTho! :welcome:
    Wichtig ist - das weißt du wahrscheinlich schon - deine „Waffen“ zu üben und regelmäßig anzuwenden, damit sie im Zweifelsfall auch funktionieren.

    Aus eigener Erfahrung kann ich dir sagen, dass das ein sehr hilfreicher Ansatz ist und du, wenn du das durchziehst, eine ungemein das Leben an sich bereichernde Erfahrung machen dürftest.
    Hast du schon eine Idee, wie du dieses „Herausarbeiten“ machen möchtest? Möglichkeiten gibt es dafür ja viele, nur, wenn die zu aufwändig sind, kommt der Vorsatz in der Regel zum Erliegen.

    Viele Grüße
    AmSee

    Moin und Danke für die Begrüßung. Ich glaube, meine Waffen sind nicht ganz unscharf. Ich weiss und kenne auf jeden Fall noch die Muster. Ob ich mich so hart umprogrammieren muss wie damals, weiß ich noch nicht.

    Mein Herausarbeiten besteht im führen eines täglichen Tagebuches mit einem kurzen Abriss über den Tag und der eigenen Aufarbeitung von damaligen Erlebnissen, Begebenheiten etc die dazu führten das man in die Sucht purzelte.
    Ich interessiere mich sehr für Psychologie, diese Neugierde hilft viel und sorgt für einige AHA Erlebnisse. Ein weiterer Baustein, den kann ich nur empfehlen, ist der Podcast - ohne Alkohol mit Natalie -, der hilft mir auch sehr weiter.

    Und ein weiteres Ding ist, das gilt aber ggf. nur für mich, dass ich mich nicht als krank bezeichne. Ich finde das Wording "krank" extrem negativ behaftet und für eine positive, neue Ausrichtung falsch. Ich möchte mich als künftig selbstbestimmt bezeichnen. Krank bin ich dann wieder, sollte ich wieder trinken, also aktiv diese Sache ausführen.

    Wir leben diesen Gedankengang in unser Familie schon länger, meine Tochter ist Diabetikerin Typ I und medizinisch krank. Und wir haben ganz schnell nach der Manifestation festgelegt, gerade weil wir uns von der "Krankheit" nicht den Tag und das Leben vermiesen lassen wollen, dass wir das als Begleitung definieren.
    Und so möchte ich das bei mir auch halten. Faktisch medizinisch krank....Ja. Aber ich möchte mir das nicht jeden Tag sagen und mir auch nicht jeden Tag dogmatisch sagen dass ich Alkoholiker bin.

    Ich habe diesen Ansatz in einem anderem Forum auch gesagt und wurde quasi mit Haugabeln vom Hof gejagt. Nun gut, jeder macht es halt anders.

  • Hallo!

    Eine Woche ist ein guter Start.

    Ich bin jetzt knapp 8 Jahre unfallfrei clean.

    Auch ich hatte ca. 3 Jahre vor meiner Abstinenz mit der Qualmerei aufgehört, was mir relativ leicht gefallen ist. Das Saufen sein zu lassen, war schon entschieden schwerer. Das war zum Teil, gerade in den ersten Monaten, eine wesentlich härtere Nummer.

    Das heißt nicht, dass es bei Dir genau so verläuft. Wir sind nunmal sehr unterschiedliche Menschen, mit allen Stärken und Schwächen. Zwar sind Alkohol und Nikotin letztlich Drogen, jedoch kann der jeweilige Ausstieg individuell unterschiedlich schwer fallen.

    Mir ist der Ausstieg erst gelungen, als ich bereit war, meiner Abstinenz absoluten Vorrang im Leben einzuräumen und ihr alles andere unterzuordnen. Erst als ich den Gedanken aus dem Hirn verbannen konnte, dass mit der Zeit vielleicht doch noch was mit dem Alkohol möglich wäre, fiel es mir spürbar leichter. Aber auch das hat ein paar Monate gedauert.

    Du liest Dich reflektiert und setzt Dich auch mit anderen Hilfen auseinander. Das spricht für Dich.

    Mich hat der Begriff Krankheit in den ersten Jahren auch gestört. Ich mag zwar im medizinischen Sinne als krank gelten, jedoch fühle ich mich nicht so. Erst wenn ich wieder trinke, wird die Krankheit reaktiviert, da ich nicht dosiert trinken kann, sondern recht schnell die Kontrolle verliere. Meine individuelle Unfähigkeit mit Alkohol verantwortungsvoll und risikolos umzugehen, werde ich niemals verlieren.

    Damit habe ich meinen Frieden gemacht. Andere leiden z.B. an Allergien und müssen daher bestimmte Stoffe meiden. Das trifft auch sinnbildlich auf mich zu, ich meide den Stoff Alkohol und gut ist.

    Ich bezeichne mich auch nicht als trockenen Alkoholiker. Warum auch? Und wem gegenüber?

    Ich bin zu mir, meiner Frau und unserem Nachwuchs gegenüber rückhaltlos offen. Das reicht.

    Mich hat schon der vorstellende Spruch in meiner ehemaligen analogen SHG genervt: "Hallo, ich bin der ... und Alkoholiker." Als ich mal bei einem Neuen scherzte: "Ich bin der ... und hier, weil ich zuviel Schokolade gefuttert habe", wurde ich schon schräg angeschaut. ;D

    Lass Dich von dem Begriff Krankheit nicht herunter ziehen. So lange Du keinen Alkohol trinkst, ist alles ok. Das ist jedoch schon schwer genug. Da lauern leider aufgrund unseres glänzend funktionierenden Suchtgedächtnisses womöglich einige Fallen. Aber auch die lassen sich entschärfen.

    Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg. Es gibt verschiedene Wege in den Alkohol hinein, aber auch unterschiedliche wieder heraus, nur sollte der individuelle Weg nicht schnurstracks in Richtung der nächsten Trinkgelegenheit führen. Ich rate stets, gerade in den ersten Monaten erst mal einen Bogen um Alkohol und solchen Treffen zu machen, bei denen der starke und heftige Konsum des Stoffs im Vordergrund steht und irgendwie das gemeinsame Bindeglied der Beteiligten zu sein scheint.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Hallo NieTho,
    erstmal zu dem Begriff „Alkoholiker“.
    Rekonvaleszent hat dir diesbezüglich schon eine gute Antwort gegeben, in der auch ich mich wiederfinde.

    Wie du das, was mit dir ist, letztlich selbst bezeichnen möchtest, spielt eigentlich keine Rolle.

    Ich hatte mit diesem Begriff zunächst auch meine Schwierigkeiten, insbesondere weil ich durch meinen Vater, der ein nicht funktionierender Alkoholiker war, immer wieder rückfällig geworden ist und daran zugrunde gegangen ist, eine bestimmte Vorstellung vor Augen hatte.

    Inzwischen habe ich keine Schwierigkeiten mehr, ihn für mich zu verwenden, ich gebrauche ihn aber eigentlich nur hier im Forum, weil er kurz und knapp beschreibt, wie „bewandert“ ich in dem Thema bin.

    Ansonsten gebrauche ich diesen Begriff selten bis gar nicht. Ist für mich bislang als Schutz (denn das kann dieser Begriff auch sein) nicht notwendig gewesen.

    Für mich selbst ist das inzwischen tatsächlich nur ein Begriff, der kurz und knapp bezeichnet, dass
    - auch ich die Kontrolle über meinen Alkoholkonsum verloren hatte,
    - dass ich, als ich diese Erkenntnis endlich an mich ran gelassen hatte, die Reißleine gezogen habe und abgesprungen bin.
    - Und dass mir bewusst ist, dass ich wieder die Kontrolle verlieren würde, wenn ich wieder Alkohol trinken sollte.

    Als „selbstbestimmt“ erlebe ich mein neues Leben in Freiheit vom Alkohol definitiv und ich fühle mich, wenn ich diesen Begriff „Alkoholiker“ denn doch mal für mich verwende, nicht „krank“, weil Alkohol Dank meiner intensiven Selbstfürsorge in meinem Leben keine Rolle mehr spielt und ich nicht das geringste Bedürfnis verspüre, jemals wieder etwas daran ändern zu wollen. - „Krank“ ist für mich inzwischen eher der gesellschaftliche Umgang mit Alkohol im Allgemeinen, aber das ist ein anderes Thema.


    Mein Herausarbeiten besteht im führen eines täglichen Tagebuches mit einem kurzen Abriss über den Tag und der eigenen Aufarbeitung von damaligen Erlebnissen, Begebenheiten etc die dazu führten das man in die Sucht purzelte.

    Das klingt gut, was du da vorhast, und es passt auch zu dem, was wir an Informationen unter Bewahrung der eigenen Abstinenz durch „Selbstfürsorge“ zusammengetragen haben.

    Die Blickrichtung auf das Positive und sei es auch nur eine Kleinigkeit, die am Tag wahrgenommen worden ist, verändert in der Wahrnehmung des eigenen Lebens enorm. Ich weiß das selbst ziemlich gut, weil ich noch von zwei recht schweren chronischen Erkrankungen betroffen bin, die in meinem Leben das eine oder andere Handicaps mit sich bringen, von denen ich mir das Leben an sich aber nicht vermiesen lassen will und nach Möglichkeit nicht vermiesen lasse. ;)

    Psychologie ist ein Thema, das auch mich sehr interessiert. Wenn dich das interessiert, interessiert dich dann vielleicht auch das Thema „Neurobiologie der Sucht“? In unserer Linksammlung haben wir einen Artikel zum diesem Thema verlinkt und in diesem Artikel wird unter "Empfohlene Artikel" auf weitere hochinteressante Artikel verwiesen/verlinkt. Sehr empfehlenswert zu lesen.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Vielen Dank für Eure Antworten,
    ich gehe später darauf ausführlich ein, da habe ich ein bisschen mehr Zeit.

    Aber eines möchte ich sofort teilen, ich persönlich motiviere mich ja sehr gerne über messbare und sichtbare Erfolge. Und wenn eines wirklich auffällt und greifbar ist, ich habe es oben ja schon gesagt, ist die weiterhin signifikante Verbesserung meiner Vitalwerte. Blutdruck und Ruhepuls. Der Ruhepuls ist sowohl nachts als auch tagüber deutlich niedriger geworden, als auch mein Schlaf deutlich erholsamer.

    Beim Blutdruck bin ich ebenfalls deutlich gesunken, ich war Anfang November beim CheckUp und dort wurde leichter-mittlerer Bluthochdruck diagnostiziert, Anfang Februar waren die Werte bei der Nachkontrolle leider deutlich höher und heute morgen war ich zum ersten Mal fast auf normalen Werten. Abends sowieso, nach Trinkstopp. Mal sehen ob das so bleibt, ich werde berichten.

    Und da freue ich mich gerade wirklich wie ein Schnitzel, gerade weil ich eigentlich sportlich sehr hohe Ziele habe, ich bin letztes Jahr pro Woche 650km Rad gefahren - mit Alkoholkonsum.....so widersprüchlich das ist und "wunderte" mich (eigentlich wusste ich es) das meine Erfolge auf der Waage ausblieben.

    Wobei das Radfahren auch eigentlich mit dem Konsum von Alkohol verknüpft war, so dämlich das klingt.....boah wie unrational gleichzeitig rational man wegen des Stoffs werden kann, unglaublich.
    Aber jetzt gerade freue ich mich :)


  • Und wenn eines wirklich auffällt und greifbar ist, ich habe es oben ja schon gesagt, ist die weiterhin signifikante Verbesserung meiner Vitalwerte. Blutdruck und Ruhepuls. Der Ruhepuls ist sowohl nachts als auch tagüber deutlich niedriger geworden, als auch mein Schlaf deutlich erholsamer.

    Beim Blutdruck bin ich ebenfalls deutlich gesunken, ich war Anfang November beim CheckUp und dort wurde leichter-mittlerer Bluthochdruck diagnostiziert, Anfang Februar waren die Werte bei der Nachkontrolle leider deutlich höher und heute morgen war ich zum ersten Mal fast auf normalen Werten. Abends sowieso, nach Trinkstopp.

    Schon beeindruckend, so etwas am eigenen Leibe zu erfahren, nicht?

    Lässt im Umkehrschluss auch darauf schließen, was Alkoholkonsum so alles im Körper anrichtet bzw. anrichten kann.

    Ich hab mich anfangs noch durch so eine App begleiten lassen. Die zusätzlichen Infos zur Verbesserung meiner Gesundheitswerte fand ich interessant und ermutigend.

    Ich selbst hatte, als ich noch trank, zwar gelesen, dass Alkohol ein Nervengift ist und Schaden im Körper anrichtet, aber die Information hat mich nicht wirklich erreicht, ich wollte trotzdem trinken. Als ich durch die Verbesserungen im Laufe meiner Abstinenz am eigenen Leib erfuhr, welches Ausmaß mein Alkoholkonsum tatsächlich auf meinen Körper hatte, war‘s als fielen mir Schuppen von den Augen.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • So, Moin, jetzt hab ich ein wenig Zeit in Ruhe zu antworten. Erstmal kurz, gestern der Tag war trinktechnisch bzw. nichttrinktechnisch total gut, allerdings am nachmittag zwischen 16 - 18 Uhr hatte ich zu kämpfen. Typische Zeit zwischen Feierabend und Abendbrot und ich habe mein Rad geputzt was ich am Sonntag komplett eingesaut hatte. Und das, gerade mit vielen Gängen in die Garage wo das Bier steht, bzw die leeren Kästen stehen, hat mich dann doch herausgefordert. Aber gemeistert und das Rad glänzt und wartet auf Samstag, auf eine ausgiebige Tour.

    Zitat

    Das war zum Teil, gerade in den ersten Monaten, eine wesentlich härtere Nummer.
    Das heißt nicht, dass es bei Dir genau so verläuft. Wir sind nunmal sehr unterschiedliche Menschen, mit allen Stärken und Schwächen. Zwar sind Alkohol und Nikotin letztlich Drogen, jedoch kann der jeweilige Ausstieg individuell unterschiedlich schwer fallen.

    Ich hab ernsthaft beim Rauchstopp gelitten wie ein Hund. Aber wirklich. Maximale Watte im Kopf, leichter Schwindel und dauerhafter Suchtdruck. Ohne ein Forum mit ziemlich coolen Leuten damals, hätte ich das nie geschafft.
    Ich habe mindestens ein halbes Jahr auch alle Trigger umgangen und mein Tag umgestellt, um die typischen Aulösepunkte zu umgehen. Zzgl. Tonnen von scharfen Fisherments-Friend wenns zuviel wurde.
    Dagegen ist das hier gerade echt Kindergeburtstag. ABER, was leicht fällt verführt schnell zu Unachtsamkeit. Frei nach dem Motto: Siehst, bist nicht süchtig, kannst immer aufhören. Gönn Dir....Ne Ne....

    Zitat


    Mich hat der Begriff Krankheit in den ersten Jahren auch gestört. Ich mag zwar im medizinischen Sinne als krank gelten, jedoch fühle ich mich nicht so. Erst wenn ich wieder trinke, wird die Krankheit reaktiviert, da ich nicht dosiert trinken kann, sondern recht schnell die Kontrolle verliere. Meine individuelle Unfähigkeit mit Alkohol verantwortungsvoll und risikolos umzugehen, werde ich niemals verlieren.

    Ich hab da über Deine Aussage und meine Aussage etwas länger drüber nachgedacht. Und gestern abend eine Reportage gesehen über einen Rauschtrinker. Die Repo ist von schon von 2007 aber unheimlich erschütternd, da wurde ein Mann über eine Woche begleitet der sich früher oder später tot säuft. Das waren echt heftige Bilder und der Typ ist krank. Und bleibt krank. Definitiv.

    Also ich denke ab gewissen Eskalationsstufen ist das Wort krankheit absolut angebracht. Ob man alle über einen Kamm scheren sollte oder in eine Jacke zwängt, halte ich aber weiterhin für fraglich.

    Zitat

    Psychologie ist ein Thema, das auch mich sehr interessiert. Wenn dich das interessiert, interessiert dich dann vielleicht auch das Thema „Neurobiologie der Sucht“? In unserer Linksammlung haben wir einen Artikel zum diesem Thema verlinkt und in diesem Artikel wird unter "Empfohlene Artikel" auf weitere hochinteressante Artikel verwiesen/verlinkt. Sehr empfehlenswert zu lesen.

    Vielen Dank dafür!

    Zitat

    Schon beeindruckend, so etwas am eigenen Leibe zu erfahren, nicht?

    Lässt im Umkehrschluss auch darauf schließen, was Alkoholkonsum so alles im Körper anrichtet bzw. anrichten kann.

    Ich hab mich anfangs noch durch so eine App begleiten lassen. Die zusätzlichen Infos zur Verbesserung meiner Gesundheitswerte fand ich interessant und ermutigend.


    Ja absolut, ich bin geradezu erschrocken.

    Habt einen guten Start in den Tag!

  • Moin,

    Ich hab da über Deine Aussage und meine Aussage etwas länger drüber nachgedacht. Und gestern abend eine Reportage gesehen über einen Rauschtrinker. Die Repo ist von schon von 2007 aber unheimlich erschütternd, da wurde ein Mann über eine Woche begleitet der sich früher oder später tot säuft. Das waren echt heftige Bilder und der Typ ist krank. Und bleibt krank. Definitiv.

    Also ich denke ab gewissen Eskalationsstufen ist das Wort krankheit absolut angebracht. Ob man alle über einen Kamm scheren sollte oder in eine Jacke zwängt, halte ich aber weiterhin für fraglich.

    genau welchen solchen Tatsachen habe ich mich gefragt, wozu das Bekenntnis, Alkoholiker zu sein, überhaupt nützlich ist.
    Für mich ist das ein Nebenschauplatz. Kann man sich trefflich drüber streiten.

    Denn der Zusammenhang, dass man aufhört, weil man krank ist, stimmt so einfach ja offensichtlich nicht. Ich kann mich als Alkoholiker sehen und trotzdem keinerlei Grund sehen, mit dem Trinken aufzuhören. Und auch wenn ich mich so sehe und deswegen aufhören will, ist noch lange nicht gesagt, dass ich es dann auch schaffe.

    Für mich war dieser Begriff beim Aufhören nicht wichtig. Wenn es mir nicht sehr schlecht gegangen wäre, und zwar genau und nur dann, wenn ich zu viel getrunken habe (auch Rauschtrinker, hier), dann hätte ich keinen Grund zum Aufhören gesehen. Egal, ob mich jemand oder ich als Alkoholiker sieht oder nicht.
    Ich hab in meinem frühen Erwachsenenalter mit harten Drogen rumgemacht, da galt der Begriff "Süchtig" als Auszeichnung, weil wir uns damit von den Spiessern, den braven Bürgern, die nichts besseres zu tun hatten, als zum Arbeiten zu gehen, abgesetzt haben. Da wollte keiner "normal" sein.

    Beim Aufhören war für mich wichtig, dass ich jedesmal in die Scheisse gelangt habe, wenn ich wieder angefangen habe. Und DAS unmittelbar zu spüren, hat mich sozusagen davon geheilt. Für mich war das einfach so, wenn ich anfange, trinke ich zu viel, und dann gehts mir schlecht. Als Rauschtrinker hatte ich keinen Dauerpegel, da war das ziemlich deutlich. Vor allem, weil ich meist angefangen habe, um mich noch besser zu fühlen, und das ging meistens in die Hose.

    Manchmal bezeichne ich mich als Alkoholiker, da man sich damit manche Leute gut auf Abstand halten kann. Weil die darüber erschrecken und mich dann in Ruhe lassen 8). Funktioniert bei mir sehr gut, da ich schon lange nicht mehr wie ein Säufer aussehe. Und weil ich ein ziemlich heiteres Verhältnis zu meiner Vergangenheit habe, da sie mich nicht belastet, mache ich da hin und wieder Witzchen drüber.

    Die Definition als Krankheit dient in erster Linie dazu, eine Behandlungswürdigkeit zu akzeptieren und Geld für Therapien zu Recht zur Verfügung zu stellen. Und das hat seine Berechtigung, da sehr viele ohne Therapie nicht aufhören können.

    Ansonsten soll der Begriff verdeutlichen, dass man sehr wahrscheinlich nicht mehr zu normalem Trinkverhalten zurückkehren kann. Das ist aber sowieso nur relevant, wenn man die Absicht hat, irgendwann wieder zu trinken.
    Wenn ich mit dem Trinken abgeschlossen habe und dauerhaft kein Bedürfnis mehr dazu habe, also vollständig bewältigt, dann ist der Begriff Krankheit auch wieder unwichtig.
    Manche mag es vielleicht davor bewahren, unvorsichtig zu werden. Aber ich glaube, dazu muss irgendwo auch ein Trinkwunsch vorhanden sein, den man damit abwehren will.

    Mir wurde schon mehrmals dazu geraten, und zwar von Ärzten und von meinem Neurologen, mich nach langer Trockenheit nicht mehr als Alkoholiker zu bezeichnen. Das sei falsch. Das wurde mir zum ersten Mal gesagt, als ich vier Jahre trocken war und wegen was anderem nach einem Psychologen gesucht habe. "Haben sie noch Trinkdruck? Nein? Dann stimmt die Bezeichnung nicht mehr und ist auch für eine Therapie nicht relevant"...Originalaussage.

    Das Rauchen aufzuhören fiel mir auch schwer. Ich bezeichne mich aber auch nicht mehr als Raucher, obwohl ich davon ausgehe, dass ich leicht wieder drinhängen würde, wenn ich wieder anfange.

    An sich denke ich, das Ziel ist, dass man sich diese Fragen gar nicht mehr stellen muss, weil der innere Druck, wieder anzufangen, vollständig weg ist. Und so wenig wie ich das nach aussen begründen muss, warum ich nicht trinke, muss ich das vor mir selbst rechtfertigen. Ich will nicht und ich brauche es nicht, das reicht.

    Meine Motivation, vor vielen jahren in die Suchthilfe einzusteigen, war übrigens genau das, dass es mich gestört hat, dass man nun lebenslänglichkrank sein muss. Weil sie mich in Selbsthilfegruppen auch in die Schublade stecken wollten. Ich fand "krank sein" noch nie als erstrebendswert. Ich wollte vermitteln und hatte da lange sogar eine Art missionarischen Eifer, dass man die Sauferei vollständig hinter sich lassen kann, wenn man das will. Deswegen musste ich trotzdem auch einiges tun, um das Leben vollstandig nüchtern zu bewältigen, aber das ist ja mehr ein Lernprozess - und damit etwas gesundes - als ein Krankheitssymptom.

    Schönen Gruß

  • Was übrigens oft kommt, in genau diesen Kreisen von ehemaligen Trinkern, ist die Unterstellung
    "ach, du siehst Dich als geheilt an? Dann glaubst Du wohl, dass Du wieder trinken kannst"

    ..das sagt in erster Linie etwas über denjenigen aus, der diese Unterstellung macht. ER braucht das, denn wenn ER sich als gesund sehen würde, würde er wieder trinken.
    Ich brauche das nicht. In mir existiert die Verbindung "ein Gesunder trinkt" nicht mehr. Ein Gesunder muss nicht trinken, sonst wäre er nicht gesund. Ein Gesunder kann sehen, dass es viele gute Gründe gibt, schon allein die vielfältige Giftwirkung und die Krankheitsrisiken, es sowieso zu lassen.
    Will sagen, man kann sich ja auch zu jemandem entwickeln, der einfach keinen Alkohol trinkt, wie es einige Andere, ohne Trinkvergagngenheit, auch tun.


  • ABER, was leicht fällt verführt schnell zu Unachtsamkeit. Frei nach dem Motto: Siehst, bist nicht süchtig, kannst immer aufhören. Gönn Dir....Ne Ne....

    Gut, dass du das im Blick hast.

    Was Trigger-Situationen betrifft, wirst du ja schon eine Ahnung haben. Gestern in der Garage hast du dich jedenfalls einer ausgesetzt.

    Im Umgang mit Triggern und Triggersituationen gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: Vermeidung ist der eine, Konfrontation der andere.

    Beide Ansätze haben meines Erachtens etwas für sich. Womit du selbst letztlich besser fährst oder ob du’s nach eigenem Ermessen mal so, mal so handhabst, kannst nur du selbst entscheiden.

    Ich rate lediglich dazu, bewusst damit umzugehen, um sich eben nicht leichtfertig einer Situation auszusetzen, die gerade am Anfang zu Überforderung und sogar zum Rückfall führen könnte.

    Und für den Fall, dass es doch mal knifflig werden sollte, rate ich dir möglichst einen Ausstiegsplan oder - um deine Wortwahl zu gebrauchen - eine oder mehrere „Waffen“ zur Hand zu haben, die im Ernstfall wirklich funktionieren bzw. „scharf“ sind.

    Wenn ich fragen darf: Wie war das denn gestern für dich und wie bist du konkret über den Druck hinweggekommen?
    Als positives Erlebnis wäre das sicherlich etwas, was sich für dich festzuhalten lohnt.

    Grüße

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Was übrigens oft kommt, in genau diesen Kreisen von ehemaligen Trinkern, ist die Unterstellung
    "ach, du siehst Dich als geheilt an? Dann glaubst Du wohl, dass Du wieder trinken kannst"

    Wie überall gibt’s eben auch unter ehemaligen Trinkern so‘ne und solche.


    Ich selbst würd‘ mich nicht als „geheilt“ bezeichnen, weil nach meinen Begriffen dieser Ausdruck irgendwie nicht passt. Ich würde mich aber auch auf solche Diskussionen nicht (mehr) einlassen. Ich muss mich niemandem gegenüber rechtfertigen. Wozu auch?

    Da es mich aber überhaupt nicht mehr interessiert, Alkohol trinken zu dürfen, da für mich inzwischen überhaupt kein Grund mehr denkbar ist, warum ich mir Alkohol antun sollte (denn so empfinde ich Alkoholkonsum inzwischen), spielt es inzwischen keine Rolle mehr, dass ich nicht (mehr) kontrolliert trinken kann.

    Als „geheilt“ würde ICH mich in Bezug auf die „Gehirnwäsche“, dass Alkohol zum Leben nun einmal dazugehöre, bezeichnen. ;)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Im Umgang mit Triggern und Triggersituationen gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: Vermeidung ist der eine, Konfrontation der andere.

    bei mir hat es immer gereicht, wenn ich, eben bewusst, in solche Situationen hineingegangen bin und mir im Vorfeld überlegt habe, dass ich in eine Triggersituation komme. Von Anfang an, ich hatte kurz nach dem Aufhören einige schwierige Gespräche, wo ich genau wusste, dass ich sonst im Anschluss zum Trinken gegangen wäre. Und dass ich dafür Alternativen brauche.

    Die beiden einzigen Male, in denen ich kurz sogenannten Saufdruck hatte, waren, als ich mir das im Vorfeld nicht überlegt hatte. Weils mich überrascht hat, aber auch da half, Hirn einschalten.

    Meine Mutter fing schon bald an, beim Essengehen zum Griechen die Ouzos bei mir zu deponieren, weil mich das nicht juckte und die Ouzos hinterher noch da waren. Ich kenne aber einen Langzeittrockenen, der wird beim Schnapsgeruch halb verrückt. So weit muss man sich kennen, um das zu entscheiden. Mutproben sind was für Kinder.

    Später hatte ich nebenberuflich was mit speziellen Delikatessen zu tun, ich verkaufte die. Da waren auch Kunden dabei, die unbedingt Wein haben wollten. Den habe ich aufgrund der Kundenwünsche mitverkauft. Ich habe dann sogar zu Weinproben eingeladen und eine Schnapsbrennereiführung gemacht - für mich hatte ich den hochwertigen Fruchtsaft bestellt - und es hat mich nie tangiert.
    Aber ich habe mir im Vorfeld klargemacht, dass ich das können muss, sonst lasse ich es besser.

    Unterm Strich, Du musst Dich kennen, und am Anfang kennst Du Dich noch nicht so gut aus mit der Nüchternheit, wenn Du seit 10 Jahren maximal zwei nüchterne Tage am Stück hattest. Es ist ein Unterschied, ob Du mutig bist oder ob Du aus Selbstüberschätzung tollkühn handelst. Ich hab trotz meiner Rotzigkeit trotzdem an den richtigen Stellen aufgepasst und manche Dinge nicht gemacht. Eins davon war ein Karriereschritt, der mich zu viele Nerven gekostet hätte und auf den ich deswegen verzichtet habe.
    Der Saufdruck könnte ja auch in mir drin ohne äussere Trigger entstehen. Da hiess das Stichwort "ausgeglicher Lebensstil".

  • Vielen Dank Susanne für deine vielen Zeilen, die ich auf jeden Fall so unterschreiben kann. Bzw. unterschreiben will.

    Bevor ich mich hier angemeldet hatte, war ich erstmal auch in einem anderem Foren mit ähnlichen Namen. Und ich hab mich da ganz freimütig vorgestellt und auch meine Ansichten kurz und knapp geteilt und bin quasi vom Hof gejagt worden.
    Die Antwort vom Mod war so dermaßen herablassend und ohne Wertschätzung, also im Kontext war es "Ohne Bekennung als Alkoholiker und ohne Besuch beim Arzt bzw. stationärer Entgiftung nehmen wir Dich nicht ernst".
    Ich war ehrlich gesagt so sauer und so wütend darüber und es hat parallel gleich auch Suchtdruck ausgelöst. Man hat wirklich das Bedürfnis sich mitzuteilen, hofft auf ein wenig Zuspruch und vielleicht auch Wertschätzung und wird aber behandelt wie das letzte. Und das ist doch komplett falsch?!

    Ich bin der festen Meinung, es sind bestimmt einen Haufen von Leuten im Netz suchend unterwegs, die ein fragwürdiges oder schon gefährdetes Trinken an den Tag legen und irgendwo eine Möglichkeit zum reden suchen. Einfach auch um sich selber zu reflektieren, ich meine so geht es mir ja auch.
    Aber den Schritt zu machen und sich selber zu einer Krankheit zu bekennen halte ich nicht für besonders niederschwellig und ist für viele eine Hürde.

    Vor ein paar Wochen war ich bei einer Psychotherapeutin. Ich habe das letzte Jahr ziemlich genutzt mich selber zu reflekieren, zu hinterfragen etc. Und da gibt es noch andere Baustellen als der Alkohol. Und einer der Maßnahmen zu denen ich mich überwunden hatte war, das Gespräch beim Profi zu suchen. Na ja, es kam zu zwei Sitzungen wo ich dann abgeklopft worden bin und das Fazit war: Sie müssen in eine Klinik oder zu einer Suchtberatung. Punkt. Und das auch ziemlich bestimmend.
    Ich war aber im Kopf überhaupt noch gar nicht so weit diesen Schritt zu gehen bzw. in eine Klinik zu gehen ist schon ein sehr großer, als auch bewundernswerter Schritt. Aber für mich war das (noch) nichts. Ich habe irgendwie nach einer Kleinteiligkeit gesucht, irgendwo nach einem Exit. Dem ich mich dann selber, aus freien Stück hingebe. Und nicht auf Druck. Druck funktioniert bei mir gar nicht. Druck erzeugt Gegendruck aka Suchtdruck. So bin ich gestrickt.

    Na ja mal gucken. Aber danke übrigens das ihr hier so offen seid und so voruneingenommen, das bedeutet bzw. hilft mir sehr viel. Danke!

  • Zitat

    Wenn ich fragen darf: Wie war das denn gestern für dich und wie bist du konkret über den Druck hinweggekommen?
    Als positives Erlebnis wäre das sicherlich etwas, was sich für dich festzuhalten lohnt.

    Also der Gang in die Garage hatte was vertrautes an sich. Und zwar aus dem Grund, dass ich dort häufig getrunken habe. Mehr oder weniger heimlich. Und da dort noch die Bierkästen stehen war der Gedanke natürlich sofort da. Und auch die Erinnerung an das Gefühl, das ist schon ziemlich präsent.
    Ich bin einfach dran vorbei gegangen und hab mich dann wieder auf mein Fahrrad konzentriert. Eine gute Ablenkung mit AHA Effekten ist der Podcast "Ohne Alkohol mit Natalie", den ich parallel gehört habe. Da sind viele Dinge und Erzählungen drinnen, in denen ich mich wiederfinde.

    Zitat

    Im Umgang mit Triggern und Triggersituationen gibt es zwei unterschiedliche Ansätze: Vermeidung ist der eine, Konfrontation der andere.

    Ich bin der Typ der Konfrontation. Zum Rauchstopp z.B. hatte ich ein halbes Jahr immer eine Schachtel Kippen in der Jackentasche. Zu dem im "Raucherbüro" stand weiterhin der volle Aschenbecher. Die Kippen deswegen, so mein Gedanke: "Wenn der Suchtdruck soooo groß wird, dass Du es nicht aushälst, kannst Du dich jederzeit erlösen". Gleichzeitig habe ich mir aber gesagt: "Und wenn Du das tust, musst Du den ganzen, beschissenen Weg wieder von vorne gehen. Hast Du da Bock drauf? Nein".

    Und so halte ich das mit dem Sprit auch. Gut, ich habe keinen Flachmann in der Tasche oder im Auto. Aber die Trinkumgebung zu Hause bleibt, als Mahnmal. Das ist vielleicht ein wenig schräg und auch vielleicht gefährlich aber ich glaube ich brauche diese direkte Auseinandersetzung.

    Am Freitag ist Eishockey, Play Offs meines Lieblingsvereines. Und natürlich, gerade an einem Freitag, der Sündenpfuhl des Alkohols. Und ich freu mich darauf die Leute zu beobachten wie sie immer mehr die Kontrolle verlieren. Und ich nicht.
    Mich hats getrinke im letzten Jahr schon selber oft angekotzt und obwohl ich da stand mit dem sechsten Halben in der Hand fand ich das super unangenehm wie einige aus meiner Truppe dann schon 8 hatten, zwei weitere in der Hand und so richtig doof wurden und die Kontrolle verloren. Das hat mich da schon echt angekotzt und ich fands ekelig.

  • Bezüglich deiner Gedanken/ Erfahrungen mit dem anderen Forum: Da du selbst einen Beitrag im Faden von Blackisbeatifull hinterlassen hast, dürftest du auch das gelesen haben, was Susanne, Greenfox oder ich dir in diesem Zusammenhang antworten könnten.

    Was dein Erlebnis mit jener Psychotherapeutin betrifft: Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie hart das sein kann, an jemanden zu geraten, der/die nicht für einen geeignet ist. Und ein solches Erlebnis muss auch erstmal verdaut werden. Doch es lohnt sich u.U., einen oder mehr weitere Versuche bei anderen Therapeuten zu starten und dabei den oder die zu finden, der/ die tatsächlich passt. Wie völlig ungeeignet die eine Therapeutin für MICH war, wurde mir erst so richtig bewusst, als ich an einen geraten war, der wirklich zu mir passte und sich als echte Hilfe herausgestellt hat.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Ich bin der Typ der Konfrontation. Zum Rauchstopp z.B. hatte ich ein halbes Jahr immer eine Schachtel Kippen in der Jackentasche. Zu dem im "Raucherbüro" stand weiterhin der volle Aschenbecher. Die Kippen deswegen, so mein Gedanke: "Wenn der Suchtdruck soooo groß wird, dass Du es nicht aushälst, kannst Du dich jederzeit erlösen". Gleichzeitig habe ich mir aber gesagt: "Und wenn Du das tust, musst Du den ganzen, beschissenen Weg wieder von vorne gehen. Hast Du da Bock drauf? Nein".

    Und so halte ich das mit dem Sprit auch. Gut, ich habe keinen Flachmann in der Tasche oder im Auto. Aber die Trinkumgebung zu Hause bleibt, als Mahnmal. Das ist vielleicht ein wenig schräg und auch vielleicht gefährlich aber ich glaube ich brauche diese direkte Auseinandersetzung.

    Am Freitag ist Eishockey, Play Offs meines Lieblingsvereines. Und natürlich, gerade an einem Freitag, der Sündenpfuhl des Alkohols. Und ich freu mich darauf die Leute zu beobachten wie sie immer mehr die Kontrolle verlieren. Und ich nicht.
    Mich hats getrinke im letzten Jahr schon selber oft angekotzt und obwohl ich da stand mit dem sechsten Halben in der Hand fand ich das super unangenehm wie einige aus meiner Truppe dann schon 8 hatten, zwei weitere in der Hand und so richtig doof wurden und die Kontrolle verloren. Das hat mich da schon echt angekotzt und ich fands ekelig.

    tja nun.

    Ich wurde 5 Tage, nachdem ich mit dem Rauchen aufgehört hatte, in den italienischen Alpen auf einer Hütte mit ca. 15 Rauchern eingeschneit, mitten im Hochsommer. Keine Chance, dem aus dem Weg zu gehen. 3 Tage Klausur.

    Ein halbes Jahr später habe ich eine Stange Tabak im Schreibtisch gefunden, hatte ich erst für den Fall der Fälle aufgehoben und dann vergessen.

    Mit alkoholischen Getränken als Geburtstagsgeschenk für meinen Stiefvater war es später genau so. Der wollte halt immer Schnaps und nichts Anderes. Mir macht das auch kein Kopfkino, aber bei anderen ist das anders, habe ich schon gehört und das nehme ich ernst.

    Keiner soll sich selbst gefährden, weil das bei einem anderen lockerer läuft - betrifft auch das andere Forum. Wenn jemand nur so trocken werden konnte, dann braucht er vielleicht diese Regeln. Und keiner muss einen anderen trockenlegen, jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ich bin früher auch nur von mir selbst ausgegangen, von meinen eigenen Erfahrungen, und das haben mir schon Leute zu recht vorgehalten. So, wie ich das gemacht habe, schaffen das nur verhältnismässig wenige. Wobei das bei mir kein Schaffen war, ich hatte die Lust daran verloren, war nicht mal stolz drauf, sondern sah das als das einzig Vernünftige an. Andere müssen viel mehr kämpfen und das erkenne ich an.

    Alice Cooper, Musiker, ich weiss nicht ob Du den alten Mann noch kennst, Schockrocker, Sohn eines Predigers, seit Jahrzehnten trocken, sagte in einem Interview "Gott hatte mir den Suchtdruck genommen". Und auch wenn ich ein schlechter Gläubiger bin, genau so fühlte sich das bei mir an. Ein leises Klick und das wars. Alles weitere war das Ungewohnte der dauernden Nüchternheit, das Neuland, aber keinerlei Bedürfnis, zum Alten zurückzukehren.

    Später hab ich mal nach einer feucht-fröhlichen Betriebsfeier am nächsten Tag die Chefsekretärin gefragt, ob sie denn icht mehr wisse, mit wem sie es im Gebüsch getrieben hatte. Sie hatte einen kompletten Filmriss und ich sonnte mich in meiner Boshaftigkeit. Die Story war nur meine Erfindung, die ich nie aufgeklärt habe. Ich mochte sie ja auch nicht. Die kam immer montags rein und erzählte ganz stolz von ihren Besäufnissen. Wie andere Kollegen auch. Da sass ich und durfte mir das anhören. Mein Chef "ich trinke schon immer gern und viel". Ich hab sie teilweise zu den Besäufnissen gefahren, war Arbeitszeit und ausser mir war ja keiner nüchtern.
    An sich war mein Job aber ein anderer, und lauter hochqualifizierte Leute. Tut dem Saufen keinen Abbruch.

    Trotz alledem langweilen mich Betrunkene schon lange eher. Wenn ich für mich selbst einen schönen Abend haben will, tue ich mir das nicht an, sondern mache was, was mir wirklich gefällt. OK, wenn man Interessen hat, dann lässt es sich manchmal nicht vermeiden, aber direkt danach suchen tue ich nicht. Panik vor der Situation ist für mich aber auch nicht angebracht. Und so lange ich trinken wollte, funktionierte die Abschreckung nicht, ich hatte genügend Anschauungsmaterial, Alkoholtote eingeschlossen. Also ich wusste im Prinzip immer, wie es ausgehen kann, es war mir nur wurscht.

    Das Problem kann sein, dass andere das nicht ernst nehmen. Ich wollte beim Griechen statt Ouzo was alkoholfreies. Da brachte mir die Bedienung Pflaumenlikör und behauptete, das sei doch kein Alkohol. Kurzes riechen, weg damit, aber wenn Du nicht auf Zack bist, kann das sehr schnell gehen.

    Das ist auch einer der Gründe, warum dazu geraten wird, auf Abstand zu gehen. Wie bei Schoki oder sonst was, was Du magst, kann es passieren, dass der gute Vorsatz blitzartig beiseite geschoben wird. Wenn Du Abstand hast, musst Du Dich erst mal hinbewegen und evtl. was besorgen, da hast Du Zeit, gegenzusteuern.

    Wie sind die drauf, deine Truppe, werden die das locker akzeptieren? Denn die kennen Dich ja so, dass Du mittrinkst.

  • Also der Gang in die Garage hatte was vertrautes an sich. Und zwar aus dem Grund, dass ich dort häufig getrunken habe. Mehr oder weniger heimlich. Und da dort noch die Bierkästen stehen war der Gedanke natürlich sofort da. Und auch die Erinnerung an das Gefühl, das ist schon ziemlich präsent.
    Ich bin einfach dran vorbei gegangen und hab mich dann wieder auf mein Fahrrad konzentriert. Eine gute Ablenkung mit AHA Effekten ist der Podcast "Ohne Alkohol mit Natalie", den ich parallel gehört habe. Da sind viele Dinge und Erzählungen drinnen, in denen ich mich wiederfinde.

    Das ist auf jeden Fall eine Situation, die sich für dich bewusst zu reflektieren lohnt.
    Mit der Konzentration auf das Fahrrad (in Verbindung mit Vorfreude auf die nächste Tour?) hast du deinem Belohnungszentrum auf jeden Fall etwas Gutes angeboten und mit der Ablenkung durch den Podcast mit AHA-Effekten deinem Gehirn Lernstoff.
    Wie sich diese Herangehensweise auf Dauer bei dir auswirkt, ob die Erinnerungen an das Gefühl beim nächsten Mal / bei den nächsten Malen schwächer oder auch mal stärker auftreten, dürfte interessant für dich werden.

    Mit dem Belohnungszentrum/ Suchtgedächtnis ist das meiner eigenen Erfahrung nach ´ne knifflige Angelegenheit. Mal läuft‘s gut und ein anderes Mal grätscht es dir einfach so dazwischen.
    Das kann dann mit einer unglücklichen Verkettung von mehreren Triggern zu tun haben, die du als einzelne gar nicht besonders wahr oder ernstgenommen hast, plötzlich aber einfach so Gedanken ans Trinken oder sogar Suchtdruck aufkommen lassen, das kann mit einer momentanen oder schon länger andauernden unausgeglichenen Lebenssituation zusammenhängen.

    Es liegt auf jeden Fall eine interessante Zeit vor dir.

    Für Freitag rate ich dir, ggf. eine Exit-Strategie in petto zu haben, FALLS du merkst, dass es dir doch zu viel wird, und damit du rechtzeitig für dich aus der Situation rauskommen kannst.
    Das kann amüsant sein, die Leute zu beobachten, wie sie zunehmend die Kontrolle verlieren, das kann, gerade wenn du dich noch nicht gut genug kennst, auch nach hinten losgehen, dass sich dir anschließend z.B. ein ausgeprägtes Gefühl, dich belohnen zu müssen, aufdrängt. Und noch kennt dein Belohnungszentrum die „Abkürzung“ mit Alkohol ziemlich gut….

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Mit Internetforen zu unserem Thema ist es so wie mit anderen analogen SHGs auch. Nicht jede SHG passt zu jedem Interessenten.

    Übrigens: Denk mal darüber nach, Dich von den leeren Bierkästen zu verabschieden. Sie können einen optischen Trigger darstellen.

    Vorschlag: Bring sie in den Getränkemarkt und kauf Dir vom Pfandgeld z.B. ein paar Flaschen guten Saft.

    Ich habe damals sogar meine gesamten Bier- und Schnapsgläser entsorgt. Sicher ist sicher. Wie gesagt, das ist mein Weg, den ich für mich benötigte, um mich abzusichern.

    Du bist noch neu im Geschäft. Eine große Gefahr für Rückfälle in den ersten Monaten der Abstinenz liegt in der individuellen Selbstüberschätzung der Neueinsteiger begründet. Diese unterschätzen gerne die Besonderheiten des Suchtgedächtnisses, das in bestimmten Situationen gerne zu rumoren anfängt. Ich sage nicht, dass es so kommen wird, es ist jedoch nicht ausgeschlossen Das solltest Du vorsorglich auf dem Schirm haben und Dir eine Strategie gegen möglichen Suchtdruck zurecht legen.


  • Und ich freu mich darauf die Leute zu beobachten wie sie immer mehr die Kontrolle verlieren. Und ich nicht.

    Wenn ich mir z.B. ein Spiel anschaue, sind mir die anderen Leute egal.

    Weshalb freut es Dich, andere "leiden" zu sehen? Für mich klingt das schon etwas abgehoben, so lange bist Du auch noch nicht abstinent ;). Vor Kurzem warst Du selbst noch mitten drin.

    Mir sind andere zechfreudige Personen egal, ich halte mich nur nicht in ihrer Nähe auf, weil ich dort nicht (mehr) hinpasse.

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