Ein Hallo in die Runde

  • So, okay. Wie es so ist, das Leben kommt mit Prüfungen. Meine Mom ist heute vormittag mit dem Verdacht auf Schlaganfall ins KH eingeliefert worden, der Verdacht hat sich auch bestätigt.
    Jetzt gibts einiges zu organisieren als auch eine ungewisse Zukunft steht bevor.

    Was ich aber weiß, der Alkohol macht nichts besser, die Situation ändert sich nicht, im Gegenteil, sie wird schlimmer. Insofern, Kopf hoch, und mit klarem Verstand in die Situation.

    Kacke ey. Fuck.

  • Nur kurz von mir zwischendurch, weil ich im Moment nicht zum Schreiben komme:

    Wünsche euch, dass es harmloser ist als befürchtet. Und natürlich möglichst schnelle gute Besserung für deine Mutter.


    Was ich aber weiß, der Alkohol macht nichts besser, die Situation ändert sich nicht, im Gegenteil, sie wird schlimmer. Insofern, Kopf hoch, und mit klarem Verstand in die Situation.

    Genau so ist das, auch wenn eine Stimme in deinem Kopf dir möglicherweise etwas anderes aufdrängen will.

    Wünsche dir einen klaren Kopf sowie die Kraft und Energie, die du jetzt brauchen kannst.

    Denk ggf. an deinen „Werkzeugkoffer“ bzw. deine „Waffen“ und nutze sie rechtzeitig!

    Liebe Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Moin,

    ich hab den Tag gestern ohne Blessuren überstanden bzw. mit der Familie sehr positiv abschließen können. Und Mutter hatte, Stand gestern einen leichten Schlag. Was die Auswirkungen dessen sein werden künftig, das ist noch ungewiss. Man bekommt ja keinen Arzt zu sehen, aber ggf. sehe ich heute nachmittag klarer.
    Ansonsten ist Mutter soweit guter Dinge, sie hat hoffentlich endlich verstanden, das ein konstanter Blutdruck von 190/100 doch medizinisch behandelt gehört und nicht ignoriert.....

    Ja und ansonsten nix Neues von der Suchtdruckfront. Außer vielleicht, vorgestern habe ich lange mit einem Freund zusammengesessen, wir haben ein Video fertig geschnitten und dabei auch über das Thema Alkohol gesprochen.

    Ich hab das Fass jetzt nicht riesig aufgemacht aber schon betont, dass ich in Zukunft andere Ziele habe und keine Lust mehr auf trinken. Und er ist ebenfalls auf der Spur, von alleine bzw. Long Covid geschuldet.

    Was mich aber ziemlich erschreckt hatte, wobei, na, eigentlich wusste ich das ja um drei Ecken, aber nie so nahe, ist das Thema Alkohol und Jugendliche.

    Seine Tochter ist 14 und er hatte vor kurzen eine ziemliche Auseinandersetzung mit ihr, was das Thema Alkohol trinken angeht. Er hat es ihr natürlich untersagt, auf der Party, um die es ging, trinken zu dürfen.
    Im Resultat kam heraus, dass sich sehr viele Kids im selben Alter dort massiv weggeschossen haben. Nicht nur mit Wodka! (mit 14) sondern auch mit Dope. Sauf - Kifferparty - mit 14, auf dem gutbürgerliche Lande. Das ging wohl soweit das einige quasi auf den Brustwarzen nach Hause sind. Das Gute war, die Party war um 22 Uhr zu Ende.....

    Ja mal gucken wann das Thema hier aufpoppt. Wenn ich vielleicht in der Situation etwas beitragen kann, ist den Kids zu sagen, wie schnell das Thema Alkohol wirklich gefährlich sein kann. Aus eigener Erfahrung, die ja bekanntlich aktuell nicht so lange her ist.

    Aber hoffen wir mal, dass die Diskussion mir erstmal erspart bleibt.

    So long!

  • Auf den Punkt vier Wochen und 336 Euro im Säckle. Mit theoretischen Hockeygetränken wäre ich jetzt grob bei 400 Euro. Die Hälfe der Kosten für die Rudermaschine die ich schon länger haben wollen würde....

    Ich muss mal mit meiner Frau in Klausurtagung gehen......

    Schönen Montag euch!

  • Yeah!
    Ich habe meinen ersten, richtig großen Meilenstein: Letzten Donnerstag habe ich die meine ersten 31 Tage Abstinenz feiern dürfen. Yeah, ein Monat komplett ohne. Das ich das einmal erleben darf! 44.

    Und eine, vermeintliche, große Herausforderung habe ich dieses Wochenende auch überstanden. Ich war mit meiner Frau von Donnerstag bis gestern, Sonntag, in Oslo.
    Für mich waren Urlaube alkoholtechnisch immer Stress. Denn, wo bekommt man das Zeug her? Ich war ja eigentlich immer der Typ "Heimlichtrinker", auch wenns jeder wußte, aber im Urlaub ist dieses Verhalten natürlich eine besondere Herauforderung, ist man doch extrem unter Beobachtung. Und nicht nur vom Ehepartner sondern auch erst Recht vom den Kindern und auch von den Schwiegereltern, mit denen wir oft und gerne gefahren sind. Besonderer Fall dabei, Schwiegerpapa ist ebenfalls trocken.
    Aber, einige werden es von Euch kennen, es gibt immer Mittel und Wege zum berauschenden Gesöff zu kommen.

    Aber diese Reise hat mir im Vorfeld, als ich noch trank, wirklich "Sorgen" gemacht. Wie bekommst Du auf engsten Gepäck was mit geschmuggelt und wo konsumiert man?
    Im Nachhinein, rückblickend, wenn die Reise für einen verdeckten Trinker höchster Stress geworden. Mir nämlich Sprit zu besorgen wäre vor Ort gar nicht so einfach geworden.
    Norwegen, bzw. Oslo ist zwar voller Alkohol an allen Stellen, aber nicht an Ostern wie nichts aufhat.

    Und das hat mir im Vorfeld echt Stress gemacht. Und hätte Potential gehabt die Reise echt zu kippen bzw. in direkter Konfrontation mit der Frau zu kommen.
    Und vor allen in Konfrontation mit mir selber, ich hätte mir massiv eingestehen müssen, was für ein Süchtling ich bin. Das Eingeständnis ein massiver Süchtling zu sein kommt ja, m.E., erst dann ans Licht, wenn man nichts zu konsumieren hat. Und an die Decke geht um den Stoff zu bekommen.

    Meine Fresse, ich sag das hier absichtlich so drastisch, was hat mich mein Kopf über Jahre gefickt und mir erzählt, ich brauche dieses Scheiss Ethanol. Und was hab ich mir deswegen dauernd für ein Stress gemacht! Was hab ich für Zeit verschwendet.....unglaublich. Und bis heute habe ich nicht bei weitem nicht realisiert, was ich wieder, endlich, für Möglichkeiten habe, Zeit habe, weil ich nichts in der Birne habe. Also keinen Sprit in der Birne.

    Das braucht auch noch eine längerer Zeit, denke ich, bis ich das Potential ausgeschöpft habe oder ausschöpfen kann.

    Schiss hatte ich, trotz meiner Abstinenz, vor der Schiffspassage. Wir waren vor 10 Jahren schon einmal in Oslo im Rahmen einer "Minikreuzfahrt", von daher wusste ich, der Kutter ist eigentlich eine fahrende Kneipe.
    Das ist auch deren Konzept. Egal wo man sitzt, kommenden sofort fleissige Kellner und fragen, was man trinken möchte. Und das Verhältnis von alkoholischen zu nichtalkoholischen Getränken beträgt so ungefähr 90:10. Ne, ich untertreibe: 95:5.

    Das gleich gilt übrigens in Oslo auch, in Restaurants sind die leckeren, nicht alkoholischen Getränk bei weitem in der Unterzahl. Bzw. es gibt kaum spannende Alternativen zu Pepsi oder 7Up. Jedenfalls in den Läden, in denen wir waren.

    Und so hatte ich schon Respekt davor, ob ich an Bord nicht massiv getriggert werden würde. Aber wurde ich nicht. Bzw. meine Gedanken kreissten schon viel, dafür ist mein Suchtgedächnis zu frisch, aber ich habe keinen Druck bekommen. Überhaupt nicht, und das war schön zu erleben.

    Schön war auch, im Urlaub in Ruhe mit meiner Frau die Gedanken teilen zu können. Ich habe ziemlich ausgepackt was in den letzten Jahren und aktuell in meinen Synapsen passiert ist. Und das hat mir sehr geholfen. Und so hatten wir zwei wunderschöne, anstrengende, SAUTEURE Tage in einer der schönsten Städte in einer der schönsten Länder. Finde ich zumindest.

    Auf der Rücktour dann fragte mich meine Frau, ob es okay wäre, wenn sie beim Abendessen ein Glas Wein trinken würde. Ich habe einen Moment überlegt und dann zugestimmt. Ein Satz, den ich mal gehörte hatte war:

    Der Alkohol hat 15 Jahre mein Leben, meine Vergangenheit geprägt, die kommenden Jahre sollen nicht davon beherrscht werden. Der Satz ist übrigens mit ein Grund, warum ich mich nicht Alkoholiker nennen möchte. Oder trocken. Ich will den Scheiss bald aus meiner Birne haben.

    Und das gilt glaub ich auch für mein Umfeld, das ich damit okay sein muss, wenn andere etwas trinken. Ich muss es ja nicht, ich entscheide mich aktiv dafür, einfach ein alkoholfreies Leben zu führen.

    Und übrigens trinkt meine Frau so selten, das kann man im Jahr an den Händen abzählen. Sogar damals, an unserer Hochzeit, hat sie uns nach Hause gefahren. :D

    Was man übrigens bemerkt, ganz sanft unter der Oberfläche - ich hab die Zeit auf dem Schiff damit verbracht mich tiefer in das Thema Alkohol und Gesellschaft einzubuddeln, dass sich etwas bewegt. Und zwar anscheinend langsam eine Tendenz entsteht, das ein alkoholfreies Leben Trend werden könnte. So wie vegetarisches, veganes, rauchfreies, etc.pp Leben mittlerweile voll akzeptiert und auch en vogue sind.

    Und das hätte das Thema, die Droge Alkohol ganz ganz dringend nötig.

    Ich wünsche Euch frohe Ostern!

    LG!

  • NieTho - das klingt echt schön. Ich freue mich mit Dir mit über all die vielen gemeisterten Momente und alles, was Du stattdessen gewonnen hast!

    Toll - immer weiter Strecke machen :)

    LG CehDeh

  • Ich mag gar nicht schreiben, "die nächsten Tage hinter mich gebracht"....weil das nach Leiden klingt, was überhaupt nicht stimmt. Sagen wir mal, ich habe die nächsten Tage auf dem Weg in eine Normalität gemacht.
    Ey, aber es ist oftmals immer noch so ungewohnt, den Tagesablauf so verändert vorzufinden. Da merke ich doch jetzt erst richtig, wie extrem der Alkohol meinen Alltagsrhythmus und mein Denken beeinflusst hat. Dass das Thema so präsent war. Und auch heute immer noch ist, allerdings anders gelagert.

    Ich vergleiche das mal mit dem Rauchen früher, ich hatte nach dem Rauchstopp damals auf einmal soviel Zeit. Rund 100 Minuten am Tag, die ich nicht mehr geraucht hatte und somit für anderes zur Verfügung hatte. Das fühlt sich länger an wie eine Zeitumstellung, wie ein "Jetlag", aber mit mehr Zeit, die man füllen musste.
    Und so ist das aktuell auch, aber eher komprimiert am späten Nachmittag bis in den Abend rein. Und ich kann das auch nicht als Craving beschreiben sondern als ablegen einer schlechten Gewohnheit.

    Aber ich merke, wie sich das Thema mehr und mehr, langsam ausschleicht. Ich war mittlerweile immer wieder beim Hockey und ich genieße das ehrlich gesagt, ohne Bier da zu stehen. Mir reicht ehrlich gesagt eine kleine Sprite vollkommen aus. Und die nur aus Verlegenheit, Durst hab ich eigentlich keinen.

    Aber Hockey ist seit gestern vorbei, wir sind rausgeflogen. Tja, Sommerpause.

    Was sich mehr und mehr für mich etabliert ist die Lust auf Sport. Und endlich kann ich Sport richtig und ordentlich machen. Mich hat's immer schon getrieben, auf meine alten Tage vielleicht doch noch mal meinen Bierbauch zu verlieren und vielleicht doch noch mal richtig ordentlich dazustehen, aber trotz meiner Bemühungen hat es nie geklappt:

    Trinkender Weise erzielt man keine Ergebnisse, im Gegenteil, man bläst es ab, weil man schwer verkatert ist. Und mit Herzklopfen setzt man sich nicht aufs Fahrrad.
    Und wenn, ja, bin ich nach 10 Kilometern an der Tanke vorbeigefahren und hab mir 3 Büchsen Whisky Cola o.ä. geholt. Alter, Falter, wie bescheuert!

    Wie oft hab ich mich morgens 17 Kilometer zur Arbeit, mit nem fetter Kater zur Arbeit geprügelt, aufm Bock? Wie bescheuert war ich eigentlich? Und nach Feierabend, direkt ran an den Supermarkt, 3 Büchsen um direkt auf Pegel zu kommen.
    Und dann stell ich mich auf die Waage und wundere mich, dass ich immer fetter werde.........Boah war ich krank im Kopf, bin ich krank im Kopf.

    Aber nun ja, von 90,7 nun runter auf 86,9 innerhalb von 40 Tagen. Trotz Oslo und Völlerei. Und, wenn meine Elektronik grob stimmt, deutliche Körperfettabnahme und Muskelaufbau.
    Und das freut mich natürlich besonders. Viszerales Fett ist kein Spaß.

    So langsam bekommt man auch Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Körpers und wie er sich positiv anpasst. Gestern habe ich mich zum ersten Mal getraut, ein intensives Intervalltraining beim schwimmen durchzuziehen. Resultat: zu Hause direkt danach 1,5 Stunden geschlafen und heute bin ich Flügellahm :lol

    Nunja, so mehr und mehr sickert bei mir ein, dass ich langsam die Kraft aufbaue, grundlegende Dinge im Leben anzugehen oder zu verändern. Wenn ich das wirklich will und eigentlich will ich dass, muss ich mir umso mehr bewusst sein, das geht nur ohne Alkohol. Sonst fliege ich massiv auf die Fresse.

    VG

  • Hallo NieTho,
    das ist richtig schön zu lesen, welche neuen positiven Erfahrungen du machst und Erkenntnisse gewinnst. 44.
    So manches kommt mir bekannt vor. ;)

    Wie du bemerkt hast, komme ich nicht immer - besonders in den letzten Wochen - dazu, dir zeitnah zu antworten.
    Auch wenn’s hier schon seit geraumer Zeit ziemlich ruhig zugeht, findet sich glücklicherweise immer wieder jemand für einen hilfreichen Austausch. 44.

    Gerne lese ich natürlich weiter von weiteren positiven Erfahrungen und Erkenntnissen. Und vielleicht hilft ja gerade das, was du teilen magst, auch jemand anderem weiter.

    Beste Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Lieber NieTho!

    Na, das klingt aber wirklich toll! Und ich finde es schön, dass Du die ganzen positiven Sachen, die Dir geschehen, auch richtig wahrnimmst.
    Ich glaube, dass das auch ein ganz wichtiger Punkt ist - es wird soviel Zeit frei für Gutes UND Du wirst auch noch so dafür belohnt!
    Das sind alles Gewichte auf der Waagschale der "guten" Seite und es gilt ja, die da zu stapeln. Damit die ganzen Büchsrn auf der anderen Waagschale niemals schwerer wiegen. Und irgendwann haust Du dann das eine entscheidende Gewicht auf die gute Seite und Schwupp! Fliegen die Büchsen in hohem Bogen davon!
    Und die Waage gehört ganz Dir allein und Du stellst nie mehr was auf die böse Seite.

    Außerdem... flügellahm ist ein TOLLES Gefühl von "wow... ich hab was geleistet!"

    Freu mich mit Dir über die gut gemeisterten Schritte!

    Vlg CehDeh

  • Moin Zusammen,

    "weekly" Update, würde ich mal sagen, als Zahlenfan die Fakten: 45 Tage, 552 Euro!!! und 78329 Kcal!!!

    Schlabunsen noch eines, würde Sträter jetzt sagen. 552 Euro? Und in meiner Kalkulation ist das ja noch zurückhaltend gerechnet. Das sind garantiert, nach altem Verhaltensmuster, über 600 Euro. Das ist krass.....

    Wie geht es mir? Sehr gut. Ich hatte vorgestern ein Erlebnis und zwar, ich fahre ziemlich häufig bis regelmäßig mit dem Rad zu Arbeit und gerade jetzt ist die beeindruckende Zeit, gegen 06:20 geht die Sonne auf und es ist ein tolles Schauspiel. Gerade wenn man so alleine in Feld und Flur unterwegs ist, ist das ein unheimlich toller Start in den Tag. Wenn man es denn fühlen kann. Was ich lange, lange, lange, lange nicht konnte, der Alkohol hat einem das Gehirn vernebelt.
    Und so haben mich solche Stimmungen früher immer traurig gemacht, ich war immer tief melancholisch. War ich vorgestern auch, aber im positiven, sehr glücklichen Sinne.
    Als die Sonne tief stand, guckt ich nach rechts und sah meinen Schatten. Und ich realisierte, was ich da sah, ist nicht mehr ein Schatten meiner selbst, ich bin kein Schatten meiner selbst mehr.
    Und das ist wunderbar!

    Ich habe auch weiter über meine eigene Definition nachgedacht. Dabei habe ich gelernt, dass die Euphorie der Abstinenz auch gerne "Pink Clouds" genannt wird. Und zu den "Pink Clouds" passen die Begriffe wie "Alkoholiker, Krank, Stigma" einfach nicht.
    Ich bin endlich frei! Und ich möchte diese Freiheit geniessen. Und sie ist schön, diese Freiheit.

    Und deswegen ist meine Entscheidung, die Attribute, die man so kennt, nicht anzunehmen, genau richtig. Ich muss weiterhin aufpassen und achtsam sein. Aber das mache ich für mich, weil ich es will, nicht weil ich es muss. Zum Thema "müssen" habe ich gerade einen passenden Podcast gehört, den ich sehr gut finde. Denn alleine das Wording sorgt oft dafür, ob wir etwas machen, oder nicht. Und "muss" ist ein schlechtes Wort.

    Du "darfst" oder "ich möchte, ich will", sind viel positiver besetzt, als "ich muss".

    So, muss los! ....äh, darf los! ;)

    Bis später!


  • Ich habe auch weiter über meine eigene Definition nachgedacht. Dabei habe ich gelernt, dass die Euphorie der Abstinenz auch gerne "Pink Clouds" genannt wird. Und zu den "Pink Clouds" passen die Begriffe wie "Alkoholiker, Krank, Stigma" einfach nicht.
    Ich bin endlich frei! Und ich möchte diese Freiheit geniessen. Und sie ist schön, diese Freiheit.

    Moin NieTho,
    ich lese bei dir immer wieder mit Verwunderung aber durchaus auch mit Interesse, wie sehr die mit der Begrifflichkeit „Alkoholiker“ ringst.
    Die „Hürde“ in dem anderen Forum hat dich offenbar wirklich sehr mitgenommen.

    Meines Erachtens ist es letztlich völlig egal, wie du dich bezeichnest, du könntest es auch „Schnullibulli“ nennen, nur dass in diesem Falle wahrscheinlich kaum jemand etwas mit diesem Begriff anfangen könnte. ;)

    Das, was ich da im Zitat fett hervorgehoben habe, trifft schon eine gute Weile, wie ICH mich fühle. Dein Beitrag hat mich zu ein paar Gedanken inspiriert: Im Grunde wäre ich da nie hingekommen, wo ich jetzt schon eine gute Weile bin, wenn ich nicht ein Alkoholproblem entwickelt hätte. Und wenn ich es so rum betrachte, dann könnte ich MEIN Unglück, ein Alkoholproblem entwickelt zu haben, sozusagen auch als Chance betrachten. Eine Chance, weil mich DAS erst dazu gebracht hat, mich dieser gewissen „Gehirnwäsche“, Alkohol gehöre selbstverständlich zum Leben dazu und wer keinen Alkohol trinken darf ist zu bedauern, zu befreien.

    Natürlich weiß ich, welche Vorstellung allgemein mit dem Begriff „Alkoholiker“ verbunden ist und das nicht nur, weil mein Vater ein sehr trauriges, erschreckendes, anschauliches Beispiel abgegeben hat. Nicht ohne Grund habe ich mich lange dagegen gewehrt und bestritten, ebenfalls alkoholabhängig geworden zu sein. Und ich kenne auch sogenannte trockene Alkoholiker, die sozusagen „mit der Faust in der Hosentasche leben“. Doch die positive Seite, die Chance, die ich selbst und noch ein paar andere in dieser Erkrankung erkennen können, sollte meines Erachtens auch in den Blick genommen werden dürfen.

    Wie schon mal gesagt, ich gebrauche diesen Begriff äußerst selten in meinem normalen Leben, ist für mich nicht (mehr) nötig. Wozu auch. Ich trinke nicht, mag definitiv nicht trinken, vermisse das Trinken überhaupt nicht und ich muss mich dafür nicht rechtfertigen.

    Ich definiere mich insofern gar nicht als krank, wenn ich mich als „Alkoholikerin“ bezeichne.

    Vor ein paar Tagen habe ich von meinem Arzt einen neuen Begriff kennengelernt, der eine Fähigkeit bezeichnet, die mir offensichtlich in den letzten Jahren zueigen geworden ist: Serendipität
    Vielleicht auch für dich interessant? :sun:

    In dem anderen Forum, das eben nicht zu dir gepasst hat, dient das Bekenntnis, Alkoholiker zu sein und (lebenslange) Abstinenz anstreben zu wollen, eigentlich nur als Signal, dass du tatsächlich einen Weg da raus anstreben willst. Im Grunde setzt es später an als wir das hier bereit sind zu tun, nämlich dann, wenn du tatsächlich so weit bist, den Entzug hinter dir hast und bereit bist für einen neuen Weg.
    Als du da aufgeschlagen bist, warst du zweifellos noch nicht so weit….
    Naja, und alles weitere ist diesbezüglich eigentlich schon gesagt. ;)



    Und deswegen ist meine Entscheidung, die Attribute, die man so kennt, nicht anzunehmen, genau richtig. Ich muss weiterhin aufpassen und achtsam sein. Aber das mache ich für mich, weil ich es will, nicht weil ich es muss.

    Nun hat mich meine „Trockenarbeit“ / meine „Selbstfürsorge“ schon viel weiter gebracht, als ich es noch in den ersten Wochen und Monaten, im ersten Jahr gebracht hat und ich muss gestehen, dass es mir auf dieser Basis tatsächlich schon schwerfällt, mich in deine Situation einzudenken und/ oder zu fühlen. So mag manches, was ich oder andere, die schon länger abstinent leben, überheblich rüberkommen, obwohl es gar nicht so gemeint ist.

    Schreib du ruhig gerne weiter von DEINEN Gedanken und Erkenntnissen, es ist wichtig für dich und deine weitere Entwicklung, dass du sie machst, und es dürfte hilfreich für dich und andere (vielleicht auch für mich? nixweiss0) sein, sie zu teilen und sich darüber auszutauschen.


    Zum Thema „müssen“ hätte ich auch noch Geschichten zu erzählen… ;)


    Wünsche dir einen angenehmen Tag!
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo!

    Zu dem Thema wollte ich mich auch mal kurz zu Wort melden (auch wenn ich mich momentan nicht mehr überall "reinhänge"):

    Ich halte es wie AmSee, wenn ich mich einerseits nicht "krank" fühle, mich aber andererseits als Alkoholiker bezeichne - egal, wie ich das nun gegenüber meiner Umwelt kommuniziere.

    Aber für mich hat der Begriff "Alkoholiker" eine für mich warnende/mahnende Funktion. Vor meiner mittlerweile 15jährigen Trockenzeit war ich schon mal eine Zeit trocken.
    Und war der Meinung, dass ich es geschafft, überwunden habe und kein Alkoholiker mehr bin. Ich wollte nicht mehr groß daran erinnert werden, nicht ständig daran denken müssen.
    Das Ergebnis war ein Rückfall, der 4 Jahre gedauert hat und mich enorme Anstrengungen kostete, um da wieder raus zu kommen.

    In meiner SHG habe ich später einen Gruppenfreund kennengelernt, der war 10 Jahre trocken. Der hat aus einer Laune heraus einfach so mit dem Trinken aufgehört, weil ihm sein Konsum zu hoch erschien und er einfach nur eine einjährige Pause machen wollte. Daraus wurden dann 10 Jahre - ohne dass er sich je als Alkoholiker sah oder er je darüber nachdachte, ob/dass er einer sein könnte. Bis er dann in einem Urlaub vom Weinglas seiner Frau kostete - und eine Woche später bereits wieder 2 Flaschen/Tag konsumierte :o
    Wir lernten uns dann ein paar Jahre später bei einer meiner Vorstellungen in einer Entgiftungsstation, wo er mal wieder als Patient weilte, kennen ...
    Heute ist er wieder seit 9 Jahren trocken - allerdings ist er sich diesmal seines Problems bewusst und kann so besser auf sich achten.

    Ob ich mich nun als "Alkoholiker", "trockener Alkoholiker", "Abstinenzler" oder "Schnullibulli" bezeichne ist völlig egal - mir sollte nur bewusst sein, dass ich ein Problen MIT Alkohol habe und entsprechend auf mich achten muss.
    Das klingt komplizierter und umfangreicher, als es im Endeffekt ist. Aber dazu haben ich und andere schon Einiges geschrieben.

    Auf dass die Euphorie und die Freude über das "wiedergewonnene" Leben noch sehr lange anhalten möge!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Ob ich mich nun als "Alkoholiker", "trockener Alkoholiker", "Abstinenzler" oder "Schnullibulli" bezeichne ist völlig egal - mir sollte nur bewusst sein, dass ich ein Problen MIT Alkohol habe und entsprechend auf mich achten muss.
    Das klingt komplizierter und umfangreicher, als es im Endeffekt ist.

    Da stimme ich Greenfox vollkommen zu. Auch ich lebe mit diesem Bewusstsein, auch wenn ich das nicht erwähnt habe. ;)

    Im Prinzip hab ich das immer im Hinterkopf, denn das überaus traurige Beispiel meines Vaters und auch die Erfahrungen, die ich bei meinen Rückfällen mit Zigaretten gemacht habe, gemahnen mich dazu.

    Ich halte mir das nicht immer wieder gemahnend vor Augen, das ist an dem Punkt, an dem ich mit meiner Selbstfürsorge inzwischen angelangt bin, nicht mehr notwendig und deshalb hab ich in meinem Beitrag heute morgen gar nicht daran gedacht.

    DAS aber ist tatsächlich einer der Gründe, warum ICH mich in dieser Online-SHG engagiere. ;)

    Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Ich persönlich bin der Meinung, dass eine neue Benennung der Problematik viel mehr Menschen aus der gesellschaftlichen Krankheit herausholen könnte. Lassen wir die medizinische Definition wie es ist, im Endeffekt ist Alkoholismus eine chronische Krankheit. Aber da sie so gesellschaftlich etabliert ist, bekennen sich m.E. zu wenige dazu bzw. es muss häufig erst so massiv schlimm werden, das schwerste "Konsequenzen" drohen. Verzicht auf Alkohol muss "Lifestyle" werden. Genauso, wie wir seid Jahren eingehämmert bekommen, Alkohol wäre ein Lifestyle Produkt.

    Aber nun gut, das ist mein Kopf und mein Gedanke, dass muss nicht allgemein gültig sein.

    VG!


  • Verzicht auf Alkohol muss "Lifestyle" werden.

    Oh, das wäre schön, wobei ich es nicht „Verzicht“ nennen würde. ;)

    Leider ist aus verschiedenen Gründen, u.a. aufgrund einer ungeheuer starken Lobby- und Werbearbeit der Alkoholindustrie, in den nächsten Jahrzehnten kaum zu hoffen, dass es dazu kommen könnte. :(

    Die „Gehirnwäsche“, zu der ich mich heute in Pauls Faden geäußert habe, müsste breit durchbrochen und abgestellt werden….


    Wie das Umschwenken vor vielen Jahren in Bezug auf Zigaretten und die Zigarettenindustrie, die ähnlich etabliert waren wie Alkohol, möglich war, ist mir bis heute ein Rätsel. nixweiss0

    Und wie ein „muss“ auf unsere Gesellschaft, die auf ihre Freiheit so große Stücke hält, wirkt, haben wir bei der sogenannten „Maskenpflicht“ sehen dürfen…..


    Natürlich kannst du versuchen, Menschen, denen es ähnlich geht bzw. ergangen ist wie dir, zu erreichen. Hier im Forum zum Beispiel ist dir die Möglichkeit ja gegeben. 😉

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Zitat

    Wie das Umschwenken vor vielen Jahren in Bezug auf Zigaretten und die Zigarettenindustrie, die ähnlich etabliert waren wie Alkohol, möglich war, ist mir bis heute ein Rätsel.

    Das war damals in der Tat politisch gewollt. Der Rauchstopp in den Restaurants und Diskos etc. war der initiative Funke. Die gesundheitsschädlichem Auswirkungen von Tabak waren damals nicht mehr unter den Tisch zu kehren. Dazu war die Welle zu groß und hat sich verselbstständigt.

    Zitat

    Oh, das wäre schön, wobei ich es nicht „Verzicht“ nennen würde.

    Gesellschaftlich, sozial wäre es ein totaler Verzicht. Da muss man das Kind beim Namen nennen. Die persönliche Entscheidung, kein Alkohol zu trinken, das ist wiederum kein Verzicht.
    Deswegen trampel ich auch so auf dem Wording rum. Gewisse Dinge, einfach anders benannt, klingen viel verlockender und motivierender obwohl sie das gleiche benennen.

    Spannender Podcast dazu:
    https://www.podcast.de/episode/606750956/ich-muss-gar-nix

    Zitat

    n dieser Episode sprechen Franca und Christian über die weit
    verbreitete "Muss- Allergie" (Schon Spuren von Müssen löst heftige
    Reaktionen aus...). Warum fallen uns Dinge so schwer, wenn wir sie
    tun müssen? Was ist Reaktanz? Und wie kann ich meinen eigenen
    Alltag durch bessere Selbstgespräche entstresse

    Zitat

    Die „Gehirnwäsche“, zu der ich mich heute in Pauls Faden geäußert habe, müsste breit durchbrochen und abgestellt werden….

    Gegen eine Industrie die in Deutschland 800 Mio Euro in Werbung und Sponsoring steckt, hat man so direkt wenig Chancen. Ich habe neulich Zahlen gesehen, wieviel Geld in Suchtprävention gesteckt wird vs. wieviel Geld in die Alkohollobby gesteckt wird. Seitens der Politik. Da spielt die Suchtprävention keine Rolle.
    Der Schaden, durch Alkoholmissbrauch entsteht sind 40 Mrd Euro, Einkünfte aus der Alkoholsteuer 4 Mrd. Euro.......völliges Ungleichgewicht.

    Zitat

    Natürlich kannst du versuchen, Menschen, denen es ähnlich geht bzw. ergangen ist wie dir, zu erreichen. Hier im Forum zum Beispiel ist dir die Möglichkeit ja gegeben

    Und das ist genau der Graubereich, diese NieTho´s, die einfach nirgendwo angesprochen werden. Ich kam ja schon auf Natalie Stüben zu sprechen, diese Lücke füllt sie, deswegen fühle (fühlte) ich mich so angesprochen, obwohl ich ihre Programme nicht gemacht habe. Mir haben die Podcasts gereicht und mein persönlicher Entschluss.

    Zitat

    Die Schule wäre da ein guter Anlaufpunkt und vorallem (!) aufmerksame Eltern und Großeltern mit Bewusstsein.


    Die Schule bringt gar nichts. Und das sage ich aus dem Wissen, ich renne jeden Tag ein einer rum.

    Ich hatte für mich persönlich ja mehrere Triggerpunkte, um zu erkennen, dass ich selber voll auf dem falschen Weg war. Und ein wichtiger davon war, ich war kurz vor meinem Entschluss zu einer Boseltour eingeladen.
    Und, jeder, inkl. der Kinder, haben am Anfang ein Schnapsglas umgehängt bekommen. Die Tour bestand nur aus trinken und die Kinder haben fröhlich, zwar nur Cola, mitgetrunken.

    Und das hat mir einen tierischen Stich ins Herz gegeben und ich dachte mir, dass kann nicht sein. Und da fängt es an, gesellschaftlich.

    Was ich aber auch merke, dass sich viele Menschen mehr und mehr für eine persönliche, freiwillige Abstinenz entscheiden. Erst wenn man selber nicht mehr trinkt bekommt man mit, A: wieviel trinken und B: das es auch mehr und mehr Leute gibt, die es nicht (mehr) tun.

    Spannend.

  • Zitat

    Verzicht auf Alkohol muss "Lifestyle" werden. Genauso, wie wir seid Jahren eingehämmert bekommen, Alkohol wäre ein Lifestyle Produkt.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Und das ist genau der Graubereich, diese NieTho´s, die einfach nirgendwo angesprochen werden. Ich kam ja schon auf Natalie Stüben zu sprechen, diese Lücke füllt sie, deswegen fühle (fühlte) ich mich so angesprochen, obwohl ich ihre Programme nicht gemacht habe. Mir haben die Podcasts gereicht und mein persönlicher Entschluss.

    Nun ja, „nirgendwo“ würde ich jetzt nicht sagen. ;)
    Guck mal in unsere Erstinformationen: Dort befindet sich ein Informationstext, mit dem auch solche Menschen angesprochen werden und auch zum Austausch eingeladen werden: Bin ich schon Alkoholiker? Oder „nur“ gefährdet?


    Da du dir so Gedanken um das „Wording“ machst: Mach doch einfach mal Vorschläge, wie der Begriff „Alkoholiker“ anders formuliert werden könnte und gleichzeitig einem Selbstbekenntnis und dem Bewusstsein dient, mahnende oder zur Achtsamkeit auffordernde Funktion zu haben.


    Können wir ja mal diskutieren. ;)


    Ich muss allerdings gestehen, dass die Begrifflichkeit für mich inzwischen nur noch ein Nebenschauplatz ist. Es kommt nach meiner Beobachtung nicht so sehr auf die Begrifflichkeit an.

    Sich aus der „Gehirnwäsche“, der man von klein auf ausgesetzt war, zu lösen, ist - und bleibt vorerst - ein Kraftakt, der nicht von jetzt auf gleich geschieht. Mancher schafft das leider nie….


    Interessant sind eigentlich nur die Konsequenzen, die man aus der Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann/ weitergehen sollte, zieht.

    Damit, sich auf sich zu konzentrieren, einen neuen Weg kennenzulernen und erfolgreich zu gehen, sich hilfreiche Werkzeuge zuzulegen und einen Notfallplan zu entwickeln, hat man innerhalb des ersten Jahres eigentlich genug zu tun.

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Und das ist genau der Graubereich, diese NieTho´s, die einfach nirgendwo angesprochen werden.

    ich hab grad wenig Zeit. Wöchte nur das einwerfen:

    Wer sucht sich überhaupt Hilfe?

    Ich persönlich meine, da gehören zwei Dinge dazu:
    erstens ein gewisser Leidensdruck und
    zweitens das Gefühl, es alleine vielleicht nicht zu schaffen

    Und um zu dieser Kombi zu kommen, müssen die meisten schon mal ziemlich lange und ziemlich viel getrunken haben, noch bevor sie ein Problem hatten.

    Die meisten von denen, die so zwischendrin hängen, probieren das erst mal jahrelang alleine.
    Wenn man sich Hilfe sucht, dann ist man meiner Ansicht nach schon längst in einem fortgeschrittenen Missbrauchs- oder Erkrankungsstadium und hat bereits die Erfahrung, das man alleine nicht weiterkommt. Es mag Ausnahmen geben, sind aber nicht viele.

    Und ich denke, das ist auch nachvollziehbar. Denn in der Regel möchten die meisten ja erst mal gar nicht aufhören, sondern nur erst mal ein bisschen mehr Kontrolle drüber. Und erst wenn das nicht funktioniert, und nach oft vielen Versuchen, es doch irgendwie zu kontrollieren, versucht man, aufzuhören.

    Man hört meiner Ansicht nach auch nicht auf, weil man sich Alkoholiker oder sonstwie nennt, sondern weil Saufen Konsequenzen hat, die sich ungut anfühlen. Da denke ich aber mehr an Führerscheinverlust, gescheiterte Ehen, Trockenkotzen als ans Wording.
    Dinge, die im Negativen mindestens genau so viel Gewicht haben wie im Positiven das Angenehme am Trinken.
    Und ich habe lange sehr gerne getrunken, ich bereue das eigentlich nicht. Erst ab einem gewissen Punkt wollte ich halt aufhören, sonst wäre das nicht schlimm für mich gewesen, ein Säufer zu sein. Säufer wäre ja ausserdem auch so eine alternative Bezeichnung, wenn Dir das besser gefällt. Ich sag auch schewrzweise Alki, genau weil ich weiss, das das einige hundertzwanzigprozentige ärgert. Aber ich darf auch lästern, ich bin schon so lange trocken das mir keiner was vormacht.

    Im übrigen ist es an den meisten Stellen völlig egal, wie man sich bezeichnet.
    Mir ist das nur von jenigem Forum und von den AA bekannt (Und AA sind nur eine einzige von vielen Selbsthilfeorganisationen) , dass man sich da üblicherweise als Alkoholiker bezeichnet.

    Wenns ums Medizinische geht, wird heute zwischen Missbrauch und Abhänggkeit sowieso nicht mehr unterschieden. Bei beidem kann man so viel trinken, das es gesundheitlich bedenklich wird und dass Kollateralschäden auftreten. Alkoholiker ist ein Begriff, der da kaum noch verwendet wird. Ist nur in manchen Köpfen noch nicht angekommen.

    Medizinisch heisst das auch ganz neutral F10.2, und das braucht man, weil man halt für die Abrechnung irgendeinen Schlüssel braucht.

    Und was den Lobbyismus angeht: der funktioniert nur deswegen so gut, weil die Werbung genau das bedient, was die meisten Leute wollen. Du musst nur mal zu einer Veranstaltung mit Alkoholwerbung einladen und alternatov ohne Alkoholwerbung. und dann siehst Du schon an der Zahl der Leute, die kommen, was wirklich interessiert. Nämlich Alkohol.

    Ohne Alkoholwerbung 50 Besucher, mit Alkoholwerbung das zehnfache. Ich habs ausprobiert. Es ist definitiv nicht so, dass "die Leute" unfreiwilig trinken.

    Und bei allem Ärgernis über die Bezeichnung, eine Abhängigkeit war bei Dir ja trotzdem gegeben, sonst wäre es ja überhaupt nichts Besonders gewesen, damit aufzuhören. Wäre ja nicht mal der Erwähnung wert gewesen, hättest Du einfach gemacht.

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