Guten Morgen, ihr Lieben!
Ja, Susanne - Du hast in Teilen sicher recht. Das Thema Trinken kam in der Form und dem Ausmaß erst während der Traumatherapie zum Vorschein, ist auch dort bekannt und es gibt da viele, auch komplexe Zusammenhänge - mit denen ich mich krankheitsbedingt leider auseinander setzen muss und das sehr intensiv auch mache. Ich möchte nur ungern hier aufschlagen und dann sofort meine komplette Lebensgeschichte jemanden ungefragt an den Kopf knallen, um das erklären zu können.
Aber was Trauma und Therapie angeht steh ich einfach mittlerweile zu fest im Thema und auf meinen Füßen und weiß, wo ich hin schauen muss und was in welchem Zusammenhang ansteht.
Die Trinkerei ist in meinem Fall mit Sicherheit eine Suchtverlagerung - entstanden ist das Thema Sucht woanders.
Ich hab eigentlich mein Leben lang früheste Komplextraumata versucht zu "bahandeln" ohne zu wissen, dass ich sie habe bzw ohne erkennen zu können, wie die Zusammenhänge sind.
Das hat Trauma so an sich, dass es Erinnerung verhindert und so hab ich jahrelang im Trüben gefischt.
Eine Therapie nach der Nächsten gemacht und an Symptomen gearbeitet, ohne die Gründe überhaupt sehen zu können. Da hat viele Jahre Alkohol keine Rolle gespielt - aber z.B. Rauchen. Essen bzw nicht essen... Extremsport..Selbstverletzung und alles Mögliche und Unmögliche, was man vielleicht nicht auf den ersten Blick als klassisches Suchtverhalten erkennt und als Begleiterscheinung seelischer Erkrankung schnell in andere Symptomkomplexe packen würde und auch oft gepackt hat.
Rückblickend sage ich für mich aber ziemlich klar, ich konnte mit dem jeweiligen Verhalten dann NICHT aufhören. Und wenn ich das konnte, dann nur deshalb, weil ich es ersetzt habe durch etwas Anderes - meist dann, wenn es gefährlich wurde und ich musste. Wenn irgendein Merkmal doch aber für "Sucht" spricht dann doch sicher auch das, dass man nicht aufhören kann mit etwas.
Erst nach einem Dienstunfall und daraus folgender PTBS habe ich mit Hilfe damaliger Mediziner überhaupt das Thema Trauma in meinem Leben mal betrachten können. Das war 2010 und auch da noch längst nicht in dem Maß, dass auch nur im Ansatz klar gewesen wäre, was ich heute weiß - damals war das eine "einfache" Traumatisierung, folgend einem lebensbedrohlichen Ereignis. Das habe ich mit "einfacher" Traumatherapie in einigen Jahren bearbeiten können und lebe trotz sämtlicher Folgen daraus heute gut damit. Ich hatte das als Lebensereignis verbuchen können und gut.
Erst nach dem Tod meines jüngsten Sohnes (2013) bin ich tatsächlich in eine tiefergreifende Betrachtung meines Lebens gezwungenermaßen gefallen. Auch das ist insgesamt eine lange und sehr schmerzhafte Reise gewesen. Existenziell in jeder Hinsicht.
Daran ist letztlich mein ganzes Leben vollkommen zerbrochen. Meine Ehe, meine Kinder und auch in einem Ausmaß, das ich hier gar nicht ausbreiten kann, so ganz neu angekommen.
Mag nur bisschen erklären, woher ich meine Aussagen so nehme, einfach fürs Einschätzen.
Ich hab nach dem Tod meines Sohns und den ersten sehr dunklen Jahren danach dann 2017 beschlossen, ich muss meinen Lebensmüll tief angehen. Nicht mehr dieses "och Kindheit war scheiße " aber hast ja was erreicht. Nicht mehr dieses joah, machst halt noch ne Trauer Therapie, dann hast wieder einen Stein aus dem Weg...
Nein.
Erste tiefe Erinnerungen brachen auf und ich wusste, ich komm da nicht raus.Und seither befinde ich mich in Traumatherapie.
Und siehe da - es geht gar nicht so sehr (aber klar- auch) um die Schicksalsschläge im erwachsenen Alter - ich musste hochgradige Verletzungen aus frühester Kindheit erkennen und auch da nicht nur ein bissel was Schwieriges.
Ich möchte auch das alles nicht ausbreiten hier- das hat ja was mit Vertrauen zu tun.
Ohne meine Therapie wäre ich aber an all den Erkenntnissen längst zerbrochen, da hätte ich nichtmal anfangen brauchen zu trinken. Man kann sich auf viele Arten selbst vernichten. Insofern - es hilft und ist lebensnotwendig, dass ich dort bin.
Was aber DEFINITIV ein Punkt ist - ich habe in den letzten beiden Jahren dieses krankeTrinkverhalten entwickelt, möglicherweise schon vorher angebahnt - das weiß ich nicht. Dass es mir Probleme macht, mich massivst behindert in der Heilung im Innen, Trugbilder der Dunkelheit bringt und vor Allen Dingen Tür und Tor öffnet für ständiges Retraumatisieren - ja DA hast Du sowas von Recht. Auch meine Gedanken der letzten Wochen, vor meinem Entschluss mich hier anzumelden. Du hast absolut Recht - es klebt mich förmlich fest an dem Punkt in der Therapie, an dem ich stehe. Das ist mit einer der Punkte, die ich an oberster Stelle habe.
Warum ich es überhaupt angefangen habe? Auch tiefere Gründe - ich habe damit eine andere selbstvernichtende Sucht ersetzt und weder DIE erkannt, noch... dass der Alkohol zum Problem wird. Und vielleicht erzähl ich ja irgendwann mal meine ganze Geschichte.
Letztlich ist es aber doch, wie es ist: Ich muss es lassen und NICHT ersetzen mit irgendwas Neuem. Und Tag eins ist geschafft - war noch nie schwer. Schaffe ich auch sicher noch weiter, hat schon oft geklappt. Ihr kennt das ja.
Was nicht geklappt hat, nach Tagen...Wochen...war die ENTSCHEIDUNG es nicht mehr wieder zu tun. Schlicht, weil ich nicht kapiert hab, dass ich dieses Problem habe, dass ich nicht mehr "normal" trinken kann und aus dem Grund eine ENTSCHEIDUNG ja überhaupt nicht notwendig war, nicht zur Debatte stand.
Jetzt ist das aber so und ich werfe hier meinen Anker aus und gebe mein Bestes und hoffe auf wertvollen Austausch und Hilfe. Vielleicht such ich mir am Besten ein neues Monster aus aus, was ICH mag. Was mir GUT tut. Was GESUNDES und ungefährliches. Wogegen ich nocht kämpfen muss. Ich hab da noch nie wirklich hingeschaut - sollte mir vielleicht mal wichtig werden. So ne Art gutes, wertvolles Löcher füllen. Für heut wars die erste Nacht nach der Entscheidung gegen Alkohol und für Leben.
Ich danke Dir für Deine Antwort
Vlg
Cada