• Danke. Das ist bewusst das erste Wort, das ich an dieses Forum richten möchte.

    Ich lese hier nun schon seit einigen Wochen als unangemeldeter Gast mit, und das Lesen und die daraus entstandene Selbstreflektion hat einiges für mich verändert.

    Soweit die Einleitung. Ich bin Martin, Ende 40, verheiratet, diverse mittlerweile erwachsene KInder, mit toller Frau, mit der ich über die Hälfte meines Lebens liiert bin. Von außen betrachtet der unauffällige Durchschnittsarbeitnehmer.

    So Ende 20 muss ich gewesen sein, als nach einer Feier mal ein Kasten Bier übrig blieb, den ich mir in den darauf folgenden Tagen genüsslich abends nach der Arbeit gegönnt habe. Für lange Zeit habe ich dieses Ritual beibehalten und jeden Abend ein Fläschchen geköpft.

    Irgendwann, Sommer, Grillen usw. sind aus der einen Flasche dann auch öfter mal 2 geworden, am Wochenende mal 3... So ging es jahrein jahraus, und unmerklich stieg die Menge. Bis vor wenigen Tagen lag der tägliche Konsum bei fixen 6 Flaschen à 0,5l und ich fand das total normal.

    Unmerklich stellten sich aber die bekannten Nebenwirkungen ein. Morgens unkonzentriert, am Wochenende und nach Feierabend lustlos, die sonstige Ernährung vernachlässigt und das Abendessen schnell hinter mich gebracht, damit ich endlich mit dem Abendritual beginnen kann.

    Meinen Biervorrat habe ich abwechselnd bei Netto, Penny, Lidl, Aldi und Co. besorgt, damit ich nicht unangenehm auffalle. Das Leergut wurde im Kofferraum gesammelt und im Rahmen der Neueinkäufe weggebracht.

    Dass mein Trinkverhalten unnormal oder grenzwertig ist ? Darüber habe ich mir seltsamerweise selten bis nie Gedanken gemacht.

    Vor ca. 4 Wochen hat meine Frau (die mein Trinkverhalten so auch nicht auf dem Schirm hatte) in einem Nebensatz erwähnt, dass meine 2 Bierchen am Abend aber mittlerweile ganz schön ansetzen. Um ehrlich zu sein - ich habe im Laufe der Jahre eine unglaublich Plauze bekommen, während ich ansonsten eher schlank bin.

    Alsio habe ich mal gegooglet, wie sich Bierkonsum auf das Gewicht auswirkt, ein Link folgte dem anderen und auf einmal bin ich in diesem Forum angekommen und habe jeden Abend hier gelesen (und dabei meine Bierchen weggeschlabert).

    Nach einigen Tagen war ich dann soweit, habe mich morgens vor den Spiegel gestellt und mich selbst einen Akkoholiker genannt. Krass...

    Nachdem ich es ausgesprochen hatte, überkam mich eine ungeheure Motivation, etwas zu ändern.

    Also Restbier weggeschüttet, Leergut entsorgt, zur Arbeit gefahren, und danach den ersten Abend ohne Bier verbracht. Das war eigentlich easy, aber ich konnte schlecht einschlagen und war nachts oft wach. Außerdem habe ich enorm geschwitzt. Auch in der zweiten Nacht war es nicht viel besser.

    Die dritte Nacht war besser, und in der vierten Nacht habe ich so gut geschlafen wie seit Jahren nicht mehr.

    Ich frühstücke jetzt morgens wieder, der wache Kopf schon beim Aufstehen, das allgemeine Körpergefühl...das ist der Hammer... Und mein letztes Bier ist erst 10 Tage her... Trotzdem sind schon 2 Kilo von mir gegangen.

    Also: Danke, dass es dieses Forum gibt... Wenn ihr mögt werde ich weiter berichten...

    Ach ja - Nebenwirkungen habe ich nur Positive, und ich hoffe (und glaube), dass das so bleibt...

    VG, Martin

  • Hallo Martin,
    herzlich Willkommen im öffentlichen Bereich dieses Forums.
    Das hört sich nach einer sehr erfreulichen Entwicklung an, die du in den letzten Wochen genommen hast, und natürlich freut mich das für dich, dass sich bei dir ein Schalter umgelegt hat und du so positive Erfahrungen mit der Abstinenz machst.
    Schönes Gefühl, nicht wahr?

    Siehst du dich denn als Alkoholiker oder beabsichtigst du nur, eine Pause einzulegen?

    Die Entzugserscheinungen, die du hattest, klingen recht harmlos, aber an dieser Stelle möchte ich alle, die (stumm) mitlesen, nochmals vor dem sogenannten „Kalten Entzug“ warnen, dieser kann ernsthaft gefährlich werden, auch wenn’s sonst immer gut gelaufen ist. Die Gefahr sollte keinesfalls unterschätzt werden.

    Darf ich dich fragen, was du sonst noch für Schritte unternommen hast, Martin?
    Hast du dich schon mal von deinem Arzt durchchecken lassen und zwar mit Blick auf deinen Alkoholkonsum?

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo AmSee13,

    aktuell sehe ich nicht, dass ich mal wieder Alkohol trinke, dazu geht es mir gerade viel zu gut.

    Das was ich fühle kann man glaube ich nicht Entzug nennen. Ich fühle mich deutlich wacher und aufmerksamer, habe wieder Lust auf gesundes Essen habe und neuerdings bewege ich mich abends sogar noch ein wenig (wo es früher eher schnell Abendessen gab damit ich an mein Bierchen komme).

    Entzug ? nein, keine Spur...

    Der Arztbesuch steht auch auf meiner To Do Liste, aber erstmal werde ich ein paar Tage weiter abstinent sein und zusehen, dass sich mein Zustand weiter verbessert und ich ein paar Kilo von den Hüften bekomme.

  • Hallo Martin,
    auch von mir erst mal ein herzliches Willkommen hier im Forum. Dein Konsummuster erinnert mich sehr stark an meines, auch "nur" abends getrunken, relativ viel und relativ konstant über Jahre immer 5 Flaschen Bier , nur zum Schluss war es dann mehr.
    ...viel, aber eben nicht so viel wie man es nach landläufiger Meinung von einem "echten" Alkoholiker erwarten würde...was immer das auch heißen mag nixweiss0
    Deshalb war für mich ja auch der Selbstbetrug "es ist alles in Ordnung" leicht.
    Ich war auch nicht körperlich abhängig, ....wobei ich hatte auch Schlafstörungen als ich aufgehört haben, was ja eigentlich auch schon körperliche Entzugserscheinungen sind.
    Allerdings hatte ich die Schlafstörungen zum Schluss auch mit Alk. Alk war über Jahre das perfekte Schlafmittel für mich (außer natürlich an den Abenden, an denen gefeiert wurde,da war es bei entsprechend noch größerer Menge das perfekte Aufputschmittel) ...zum Schluss hat sich die Wirkung aber ins Gegenteil verkehrt und ich konnte auch mit Alk nicht Schlafen und ohne erst recht nicht...
    Ich hatte es auch relativ leicht, konnte es aber auch nicht alleine , ich bin zu einer Selbsthilfegruppe gegangen, zu der ich immer noch gehe , das Forum kam später als Ergänzung dazu.
    Für mich reichte es schon, mich dazu zu bekenne, dass ich ein Problem mit Alkohol habe,danach was dann alles ganz leicht. Aber für dieses Bekenntnis brauchte es bei mir eben andere Menschen und für mich ist es auch wichtig,dieses Bekenntnis immer wieder zur Erneuern,deshalb gehe ich auch immer noch hin..aber auch weil es einfach schön dort ist und mir all die lieben Menschen dort richtig ans Herz gewachsen sind,und ich auch ganz allgemein fürs Leben - ganz Abgesehen vom Thema Alkohol - von dort immer etwas mitnehme

    Für dich war das Bekenntnis ja anscheinend auch der Schlüssel. Aber krass, dass du das so alleine für dich konntest. Und schön, dass du jetzt trotzdem den Austausch hier suchst.

    Liebe Grüße

    Frank

  • Auch von mir ein ganz herzliches WILLKOMMEN hier im Forum :welcome: und meinen Glückwunsch zu Deiner (Selbst-)Erkenntnis und der entsprechenden Reaktion 44.

    Ich sehe in Dir etwas wieder, was ich bei mir, aber oft auch bei vielen anderen Menschen in meiner Zeit in der Suchtselbsthilfe beobachtet habe: die Unterschätzung der Sucht auf Grund der Euphorie der ersten Tage und ein wenig auch auf Grund der relativ schwachen Enzugserscheinungen!

    aktuell sehe ich nicht, dass ich mal wieder Alkohol trinke, dazu geht es mir gerade viel zu gut.

    Das was ich fühle kann man glaube ich nicht Entzug nennen.
    Entzug ? nein, keine Spur...

    Woran, meinst Du, lag es, dass Du die ersten Tage nicht einschlafen konntest, nervös/hibbelig/unruhig warst, stark geschwitzt hast? Das waren Entzugserscheinungen - schau mal HIER. Ich könnte fast wetten, dass da noch Einiges ist, was auf Dich zutrifft, wenn Du ehrlich zu Dir bist.

    Ich habe damals nach meiner ersten Entgiftung auch gedacht "Oh, das war ja easy!" Die folgenden 3 Entgiftungen, zu denen ich mich dann selber "geschickt" habe, weil ich doch wieder rückfällig wurde (kannst Du in meiner Geschichte nachlesen), waren auch ziemlich easy. Bei der letzten allerdings ging es mir überhaupt nicht gut - aber das ist vollkommen subjektiv, denn auf den Entgiftungsstationen habe ich ganz andere Geschichten gesehen und erzählt bekommen von den jeweiligen Patienten.

    Sei einfach nur froh und dankbar, dass Du es bis jetzt so leicht hattest - aber nimm es nicht auf die leichte Schulter.

    Und den Arztbesuch würde ich auch nicht auf die lange Bank schieben. Was erledigt ist, ist erledigt. Und wenn, dann leg ALLE Karten offen auf den Tisch - und red nicht um den heissen Brei herum. Selbstbetrug nützt nicht Dir oder dem Arzt, sondern schadet einzig und allein DIR.

    So, jetzt aber genug Negatives von mir. Nochmal: Ich freue mich für Dich, dass Du selbst zu der Erkenntnis gekommen bist und dann auch noch die entsprechenden Konsequenzen gezogen hast!
    44. 44.

    Ich wünsche Dir auch weiterhin alles Gute - und einen guten Austausch hier bei uns.
    Wenn Du Fragen hast, immer raus damit!

    Gruß
    Greenfox

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