• Guten Morgen!
    Ich nenne mich KLF, was für mich nicht wirklich eine Bedeutung hat. Ist eher eine Anlehnung an eine Gruppe aus den 90ziger Jahren die ich gerne gehört habe. Zumal mir kein besserer Nick eingefallen ist.

    Aktuell befinde ich mich in der 5.Woche in einer Entzugsklinik, nächste Woche Donnerstag geht's in die Langzeit Therapie. Es ist meine 3. Entgiftung seit 2017, aber irgendwie hatte es noch nie richtig "Klick" gemacht und der Rückfall stellte sich immer nach ca.4 Wochen ein. Gründe gab es viele, Ausreden auch....
    Seit Anfang des Jahres bin ich dabei, eine komplette Lebensveränderung zu durchleben und habe einen radikalen Schnitt gemacht. Ich habe endlich den Mut und die Kraft gefunden, diesem beschissenen Alkohol den Kampf an zusagen und mich das erste Mal auf eine Langzeit Therapie eingelassen.
    Ich habe mich hier angemeldet um Hilfe anzunehmen (oder welche zu geben) und Erfahrungen auszutauschen. Meine Person ist weiblich und geht auf die 50.zu.

    Über einen freundlichen und respektvollen Austausch würde ich mich freuen und sende liebe Grüße
    KLF

  • Na dann: Herzlich Willkommen hier bei uns im Forum :welcome:

    Kurz zu mir: 58, m, Alkoholiker, nach mehreren Anläufen nun seit 13 Jahren trocken.

    Wenn Du Dich rund um das Thema informieren möchtest, dann empfehle ich Dir unsere Linksammlung und/oder unsere Bücherecke.

    Insbesondere in der Bücherecke findest Du einige Empfehlungen, die man auch in der Therapie lesen kann - und da ist, denke ich mal - für jeden Geschmack etwas dabei: Fachliteratur, Autobiografisches, Humorvolles und auch Mischungen aus allem (hier möchte ich vor allem "Alk. Fast ein medizinisches Sachbuch." empfehlen :)

    Oder Du stöberst einfach hier herum. In den Vorstellungen. Unseren Geschichten.
    Und wenn Fragen sind, dann raus mit ihnen!

    Ansonsten wünsche ich Dir erstmal viel Erfolg für Deine Therapie!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo KLF,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum. Schön, dass Du Dich neben Deiner Therapie auch hier noch austauschen möchtest.

    Zu Deinem Nick fällt mir nur ein: KLF is gonna rock you!

    Ich bin Anfang 50, Alkoholiker und lebe jetzt schon lange ohne Alkohol. Davor trank ich weit über 10 Jahre abhängig, die meiste Zeit davon heimlich. Ich hatte Familie (Frau, 2 Kinder), vor welchen ich meine Sucht ebenfalls verheimlicht hatte. Funktioniert habe ich bis zum Schluss, jedoch die letzten Jahre mehr schlecht als recht und ich stand kurz vor dem Totalabsturz. Dann kam der Tag X, welcher überhaupt nicht geplant war (eigentlich war ich so weit, dass ich es einfach laufen lassen wollte) und outete mich meiner Frau gegenüber.

    Mit diesem Outing ist das passiert was Du so beschreibst:

    Zitat

    Seit Anfang des Jahres bin ich dabei, eine komplette Lebensveränderung zu durchleben und habe einen radikalen Schnitt gemacht.

    Es war der radikale Schnitt in meinem Leben. Vorher hatte ich natürlich mehrmals versucht mit dem Trinken aufzuhören. Aber ich war nie bereit gewesen, wirklich etwas zu verändern. Ich dachte immer, ich höre jetzt heimlich auf, weil ich ja auch heimlich getrunken habe. Damit bleibt dann alles so wie es ist, nur der Alkohol ist weg.

    Tja, und genau das funktioniert eben nicht. Einfach nur nichts mehr trinken reicht auf Dauer nicht aus. Da ist diese Sucht viel zu mächtig. Meine längste Trinkpause, relativ am Anfang meiner Suchkarriere, dauerte fast ein Jahr. Eigentlich sollte man meinen, dass man bei so einem langen Zeitraum "durch" ist. Aber genau das ist eben nicht der Fall, weil man im Grunde nie "durch" ist. Meine Erfahrung ist, dass es entscheidend ist sein Leben so zu gestalten, dass man damit zufrieden ist. Was so banal klingt ist für mich der Schlüssel für ein Leben ohne Alkohol.

    Bei mir hat das bedeutet, dass ich mein Leben in fast allen Bereichen verändert habe. Einzig mein Job war das, was mir von meinem alten Leben blieb. Weil dieser mir immer Spaß gemacht hat und nicht der Grund für mein Abgleiten in die Sucht war. Ansonsten veränderte sich nach meinem Outing und nach meinem festen Entschluss, dass ich nie mehr trinken möchte, so gut wie alles. So trennte ich mich z. B. von meiner Frau, weil mir bewusst wurde, dass ich, wenn ich an meinem alten Leben festhalte, wieder zur Flasche greifen würde. Sie war durchaus bereit, mich auf dem Weg aus der Sucht zu begleiten, ich wollte das nicht.

    Damit "verlor" ich auch meine von mir über alles geliebten Kinder. Ich verlor einen Großteil meines Freundes- und Bekanntenkreises, zumindest all jene, die meine Frau und ich zusammen kennengelernt hatten und natürlich jene, die sie mit in die Beziehung "gebracht" hat. Denn da war natürlich ganz klar, dass ich der Täter war und meine Familie bzw. Frau das Opfer. Was im Übrigen auch völlig korrekt ist, denn meine Frau war nicht "der Grund", warum ich alkoholsüchtig wurde. Nur am Ende, hatten ich mich derart von ihr entfernt, dass ich mir ein Leben mit ihr nicht mehr vorstellen konnte.

    Damit verbunden natürlich auch ein Ortswechsel. Ich ging weg, verließ mein gewohntes Umfeld, zog in die Stadt in eine kleine Wohnung. Vom Land kommend mit Haus und großem Garten. In eine Altbauwohung mit Minibalkon. Direkt neben der Kläranlage mit würziger Luft, je nachdem woher der Wind wehte. Diese Zeit, in dieser kleinen Wohnung, die war so prägend und wichtig für mich. Es war alles anders, es war wie ich es mir vorher nicht hätte vorstellen können aber es war GUT, sehr gut sogar. Denn es zeigte mir, worauf es im Leben wirklich an kommt. Und das ist nicht das schicke Haus auf dem Land mit großem Garten und dickem Auto vor der Türe.

    Ich will das jetzt erst mal nicht weiter ausführen. Was ich Dir damit sagen möchte: die Bereitschaft Dein Leben komplett zu verändern ist eine sehr gute Voraussetzung um zu einem dauerhaften Leben ohne Alkohol zu kommen. Ich war damals bereit, ALLES für ein Leben ohne das Zeug zu tun. Ich wollte nie wieder trinken und war wirklich zu allem bereit. Ich ging bereits ab dem ersten Tag ohne in SHG, die war für mich mein Anker in den ersten Wochen und Monaten. Uns so ging es dann weiter, ich hatte einen Psychologen, der leider nicht so ganz meines war und so landete ich schließlich bei einem Mönch (längere abgefahrene Geschichte), der mir wohl mit am meisten geholfen hat, auf meinem Weg aus der Sucht.

    Was in dieser ganzen Zeit aber ständig passiert ist, das waren Veränderungen. Immer wieder Veränderungen. Am Anfang waren es die von mir beschriebenen, von außen auch wahrnehmbaren Veränderungen (Trennung, Umzug, Freundeskreis), mit zunehmender Dauer meines Lebens ohne Alkohol kamen dann aber die inneren Veränderungen dazu. Denkweise, Lebenseinstellung, Umgang mit Schuld, Sinn des eigenen Lebens finden.... Wenn Du mich nun fragen würdest, was wichtiger ist, also innere oder äußere Veränderung, dann würde ich sagen: für mich bedingte das eine, dass ich das andere erreichen konnte. Für mich war also beides wichtig. Ich möchte aber nicht behaupten, dass das für jeden so zutreffen muss. Denn wenn ich eines gelernt habe in den vielen Jahren wo ich jetzt mit anderen Alkoholikern kommuniziere, dann das, dass diese Sucht höchst individuell ist und die Wege aus der Sucht sind es ebenfalls. Kein Weg ist wie der andere, auch wenn es manchmal so scheint.

    So, genug geschwafelt. Schön das Du hier bist. Schreibe uns einfach, wenn Dir danach ist. Wenn Du Fragen hast, wenn Dich was beschäftigt, einfach her damit. Wir teilen Dir gerne unsere Gedanken mit. Vielleicht hast Du ja Lust ein wenig mehr von Dir und Deinen Lebensumständen zu erzählen. Dann können wir ggf. "besser" oder "genauer" unsere Erfahrungen mit Dir teilen.

    Alles Gute für Deinen weiteren Weg und

    liebe Grüße
    Gerchla

  • Naja, ehrlich gesagt habe ich mich noch nicht intensiver mit dem Thema Alkohol auseinander gesetzt. Mich auch nicht wirklich nach meinem "warum?" gefragt, fast 32 Jahre gesoffen weil es war wie es war! Ich kenne zwar die möglichen Gründe, aber diese zu akzeptieren und zu verstehen, andere Möglichkeiten des Betäuben und Vergessen zu suchen und anzunehmen, deswegen bin ich hier bzw mache endlich eine Langzeit!

    Guten Morgen und danke für die Begrüßung.

    Ich glaube die Ursache liegt wie bei vielen anderen Menschen in der Kindheit. Meine persönliche Geschichte ist, ein Vater als Alkoholiker, eine Mutter die mich noch zusätzlich zu den bereits vorhandenen Kindern eigentlich nicht mehr wollte.
    Eine Familie aus dem Mittelstand, die nach Aussen eine Fassade trug.
    Als Kind durchlebte ich über einige Jahre sexuellen Missbrauch durch einen Jungen der ca.5 oder 6 Jahre älter war wie ich. Er prägte mich in meinem Leben mit dem "Belohnungssytem" (wie ich es nenne). Wenn ich das tat was er wollte, bekam ich das wieder was er mir vorher weg genommen hatte...
    Mit 14 oder 15 erkannte ich in meinen Augen, dass der Alk ein Mittel war um in meiner eigenen Welt ein zu Hause zu haben. Irgendwie ergab es sich, dass Freunde, Bekannte und Partner auf der selben Ebene waren wie ich, denn die "Normalen" verstanden mich nicht.
    Ich schlitterte in 2 Ehen die ich innerlich gar nicht wollte, aber trotzdem einging (aus der letzten sind 2 Kinder entstanden). Es waren Beziehungen mit physisch und psychischer Gewalt, Männer die ebenfalls dem Alk nicht abgeneigt waren und mir mein weniges Selbstwertgefühl noch nahmen.15 Jahre war ich mit einem Narzissten verheiratet. Egal was er mir und den Kindern antat, blieb ich bei ihm!
    Ich gab mir die Schuld für alles: der nicht verschuldete Autounfall meines Bruders, dass mein Vater nach dem Verlust seines Jobs mit Ende 40.in die Hartz Schiene rutschte und nicht mehr raus kam. Meine Mutter immer unglücklicher wurde, denn wäre ich nicht noch als Nachzügler auf die Welt gekommen, dann...

    Ich bin nicht auf die schiefe Bahn geraten, auch wenn es manchmal knapp war! Ich habe meine Schule zu Ende gemacht, eine abgeschlossene Lehre und habe mein ganzes Leben ausser in der Elternzeit gearbeitet. Doch egal was ich machte, es gab mir das Gefühl es langt nicht, wo war meine Belohnung?
    Meine Belohnung stand überall! War frei zugänglich und döselte mir vor gebraucht zu werden. Ich trank immer, egal wann und wo. Ob vor dem Elternabend, dem Theorieunterricht in der Fahrschule, Termine beim Jugendamt, der Pflege meiner Eltern...um nur einige Beispiele zu nennen, die Liste ist verdammt lange. Ich war/ bin ein funktionierender Spiegeltrinker! Täglich ca.6 Dosen Bier oder etwa 2 Liter Rotwein. Ganz selten harte Sachen und ausser Zigaretten, keine anderen Drogen.

    Trotz Frauenhaus und Scheidung, hatte ich zum Vater meiner Kinder immer noch sexuellen Kontakt. Man versuchte der Kinder wegen einen normalen Umgang zu pflegen (so ein Bullshit!!!) was natürlich nicht funktionierte, mittlerweile waren wir offiziell 3 Jahre getrennt. Anfang des Jahres trat ein Mann in mein Leben, wo ich dachte das es einen solchen Menschen für mich nicht gibt. Er tat nicht viel, ausser da zu sein und mir Kraft zu geben!
    Mein Ex sah seine "Nutte" in Gefahr und spannte die Kinder immer mehr in seine kranken Wahnvorstellungen mit ein. Im März diesen Jahres begab ich mich in meine 2. Entgiftung und dachte ich wäre schon bereit für meinen Neuanfang, aber das war ich noch nicht. Der Druck von aussen wurde immer stärker, so stark das ich mir mit meinem Pensum an Bier und diesmal mit reichlich Wodka das Leben nehmen wollte. Ich hatte einfach keine Kraft mehr und ich hatte dem "neuen" Menschen in meinem Leben alles an den Kopf geschmissen was mir passiert ist. Irgendeiner musste doch die Schuld haben. Warum denn immer nur ich?
    Er rief nicht wie angeraten die Polizei, so das mir der richterliche Beschluss erspart blieb. Er nahm mich mit zu sich und ich hatte 1 Woche Zeit bis hier zur Aufnahme. Die geführten Gespräche mit ihm waren fürchterlich ehrlich und es flossen viele Tränen. Wut, Hass, Scharm und keine Ahnung was noch alles, aber endlich die Einsicht das ich nicht mein ganzes Leben lang weglaufen kann vor mir selber!

    Ich habe mittlerweile das Sorgerecht für meine Kinder freiwillig abgegeben, nur noch Besuch- und Umgangsrecht. Beide (15 und 12 Jahre) fahren die Schiene ihres Vaters, was ich ihnen nicht verübeln kann, denn sie kennen es nicht anders und ich war/ bin zu schwach dagegen anzukommen. Es gab schon Vorfälle die mich beschämend machen!

    Mein Job ist gekündigt, meine Vermieterin weiß das ich ausziehen werde. Mein körperlicher Zustand (ich war stark unter Normalgewicht) normalisiert sich langsam und auch wenn ich weiß das ich noch einen sehr langen und schweren Weg vor mir habe, bin ich das erste Mal wirklich Stolz auf mich einen solchen Schritt gemacht zu haben!

    Ich könnte noch viel mehr schreiben und weiter ins Detail gehen, mag es aber erst mal bis hier so stehen lassen. Es strengt mich sehr an, berührt mich emotional stark, dass sich gerade ein leichter Saufdruck anschleicht (hätte um diese Zeit schon mein 2.Bier offene!) Die ersten Gespräche mit dem Therapeuten hier waren sehr gut und die Ansätze dagegen anzugehen muss ich lernen anzuwenden.

    32 Jahre meines Lebens nur mit Alk, die ersten 5 Wochen ohne fühlt sich beängstigend an, aber gut!

    Einen angenehmen Tag gewünscht
    KLF

  • Hallo
    Erst mal willkommen hier
    Wenn du es Wirklich willst, mit dem Alkohol aufzuhören schaffst du es auch.
    Nimm soviel mit in der Therapie wie Möglich, um es dann aber hoffentlich auch umzusetzen.
    LG
    Daun

    Der Weg ist das Ziel<br />Konfuzius (551–479 v. Chr.

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