Hallo,
ich habe zwar schon ein Beratungsgespräch für Angehörige beim Blauen Kreuz nächste Woche jedoch, beschäftigt mich das Thema so sehr, dass ich mich jetzt schon gerne austauschen würde.
Seit 3 Monaten bin ich mit meinem Freund (36) zusammen. Ein toller Mann, der mit beiden Beinen fest im Leben steht, einen guten Job hat, aktiv und sehr ordentlich ist. Ich kenne ihn schon seit mehreren Jahren von Partys und wusste da schon, dass er gerne mal über den Durst trinkt. Jetzt habe ich aber festgestellt, dass er fast täglich und insgesamt sehr viel trinkt.
Als wir zusammen kamen haben wir 2 Wochen lang jeden Tag abends zusammen etwas gekocht getrunken, 2-3 Gläser Wein und dann gab es auch Karneval, da gabs schon 3 Tage, wo er sehr viel getrunken hat. Da hatte ich noch nicht die großen Bedenken - frisch verliebt, schöne Abende, Karneval usw. Dann hat er Karneval bis Ostersonntag außerdem Alkohol gefastet und es auch ohne Probleme durchgezogen 6 Wochen nichts zu trinken.
Seit 3,5 Wochen trinkt er wieder und ich bin zunehmend besorgt. Den ersten Abend, an dem er wieder getrunken hat, hat er sich komplett weggeschossen, was ich noch nachvollziehen konnte. Am nächsten Tag hatte er einen Kater und lag bis 17 Uhr im Bett, hat aber Abends wieder 2 Wein und einen Rum getrunken. Da wurde ich skeptisch. Inzwischen hat es sich so eingependelt, dass es etwa 2 Tage die Woche gibt, an denen er nichts trinkt. Dann gibt es 2-3 gesellige Abende (sei es über Zoom oder persönlich), an denen er sehr viel trinkt, damit meine ich 1 Flasche Wein oder mehr. Und vielleicht 2 Abende, an denen er "normal" trinkt (2 Gläser Wein). Ich habe auch das Gefühl, dass er keine Grenzen kennt, wenn er einmal anfängt, vor allem in Gesellschaft.
Zum Beispiel waren wir mit einem befreundeten Paar im Park und haben da schon recht viel getrunken. Dann gingen wir heim und dort schenkte er sich noch mal ein riesiges Glas Rotwein ein statt den Abend Abend sein zu lassen. Oder er hatte ein Zoom Treffen mit Freunden und trank da schon mehrere Gläser und arbeitete danach noch weiter und trank noch 2-3 Gläser Wein alleine weiter.
Inzwischen ist es so, dass ich schon permanent angespannt bin. Wenn ich zu Hause schlafe, habe ich Angst, dass er alleine trinkt. Wenn wir zu Freunden gehen, kann ich mich kaum freuen, weil ich weiß, er wird wieder viel trinken. Wir planen außerdem im Spätsommer zusammen zu ziehen und reden schon recht konkret über Zukunftspläne. Und ich habe einfach wahnsinnige Angst, dass es mehr wird und er abrutscht. Bzw. selbst mit seinem jetzigen Konsum kann ich mir eine Zukunft eigentlich nicht vorstellen.
Man muss dazu sagen, ich selbst trinke eigentlich nicht so gerne, mir schmeckt Alkohol nicht so sehr. Und auch aus meiner Familie und aus meinem Freundeskreis kenne ich es so, dass man eher wenig trinkt. In seiner Familie hingegen gehört Wein hingehen zum guten Ton. Er und seine Eltern kennen sich sehr gut aus mit Wein, wissen extrem viel darüber und für sie gehört das einfach zum Lebensstil mit dazu und ist irgendwie auch ein Hobby von denen. Und auch in seinem Freundeskreis (alle zwischen 30 und 40, gute Jobs und weitgehend verheiratet) wird sehr viel getrunken.
Wir haben nun schon öfters darüber geredet und je nachdem, wie ich es anspreche und in welcher Stimmung er ist, sieht er es sein, dass er zu viel trinkt oder stempelt mich eben als "übertrieben" und stressig ab. Was mich auch sehr verletzt hat, war das wir im Sommer (wenn es wegen Corona möglich ist) in das Ferienhaus seiner Familie in Frankreich fahren wollten. Vorgestern hat er gesagt, er weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, da wir uns dort bestimmt viel streiten würden. Das Haus steht in einer Weingegend und man würde da eigentlich jeden Abend auf der Terasse sitzen und Wein trinken. Je nachdem, wie lange man da sitzt mehr oder weniger. Sein erster Gedanke war also den Urlaub sein zu lassen, nicht etwa seinen Konsum dort einzuschränken.
Inzwischen hat er sich eine App runtergeladen, um seinen Konsum zu kontrollieren und hat festgelegt pro Woche nicht mehr als 12 Einheiten (d.h. 1 Flasche Bier/ ein Glas Wein...) zu trinken. Das finde ich zwar auch noch sehr viel, aber immerhin... Zudem will er jeden Monat eine Woche abstinent sein. Finde ich zwar gut und auch löblich, allerdings deutet das ja auch nicht auf einen "normalen", entspannten Konsum hin...
Irgendwie weiß ich mit der ganzen Situation nicht so umzugehen... Übertreibe ich? Ich weiß auch nicht, was eine "richtige" Lösung sein könnte, auf die man sich einigt. Mit ihm absprechen, wie viele Tage alkoholfrei sein müssten? Ein Limit festlegen, wie viel er an einem Abend trinken darf? Und wo soll dieses Limit sein? Ich habe keine Ahnung... Auf jeden Fall gefällt mir diese Rolle der meckernden Frau, wenn er mal was trinkt gar nicht, in die ich gerade reinrutsche... Die würde ich auch nicht gerne beibehalten, da das wirklich nervenaufzehrend ist.
Freue mich über Meinungen und Anregungen!