Ich lerne es nicht...

  • ...es ist jetzt knapp ein Jahr her, dass ich mich dazu entschlossen hatte, eine Langzeittherapie zu machen, um mein Alkoholproblem anzugehen. Das ich abhängig bin, ist unstrittig. Das merke ich jedes Mal, weil ich seitdem einen Rückfall nach dem anderen gebaut habe. Ich bin psychisch und physisch abhängig von dem Zeug und es lässt mich nicht los. Ich habe versucht, heute mal wieder mein Gehirn einzuschalten, was mir sagt, dass das Saufen totaler Unfug ist...die Umsetzung ist leider so schwierig....

    Wie habt Ihr das geschafft, längerfristig oder dauerhaft abstinent zu bleiben???? Fühl mich grad total schwach, weil ich das mit der Abstinenz nicht hinbekomme.

    LG
    Matthias

  • Hallo!

    Manche brauchen halt mehrere Anläufe, bis es mit der Abstinenz klappt. Ich kennen jemand, der war 3x stationär weg bis es endlich in seinem Kopf Klick gemacht hat.

    Du bist beileibe keine Einzelfall.

    Ich kenne dich nicht, daher kann und möchte ich keine Ratschläge erteilen.

    Ich war erst in der Lage mich vom Alkohol zu lösen, als ich meiner Abstinenz absolute Priorität im Leben eingeräumt habe und bereit war, ihr alles, aber wirklich alles unterzuordnen.

    Wichtig war, mich von dem Gedanken zu verabschieden, es ginge doch noch irgendwann mal was mit dem Alkohol. Nämlich zu erkennen, das Alkoholismus wie eine Einbahnstraße verläuft. Es gibt kein zurück in ein früheres Stadium.

    Solange dieser dämliche Gedanke irgendwo im Hinterstübchen umher schwirrt, wird es schwer mit der Abstinenz. Denn dieser Gedanke legt den Nährboden für den Rückfall, so meine Sicht der Dinge.

    Ich habe mir in den ersten Monaten jeden Morgen nach dem Aufwachen geschworen: Heute trinkst Du nichts.

    Und was hilft? So lapidar es klingt: Das erste Glas stehen lassen.

    Kommt der Saufdruck, dann haben mir die alt bekannten Mittel geholfen:

    Viel Wasser. Habe ich keinen Durst, will ich auch kein Bier.

    Sofortiger Ortswechsel und raus aus der riskanten Situation.

    Rasche Befassung mit Dingen, die mir Freude machen.


    Ich bin jetzt im fünften Jahr unfallfrei unterwegs. Ich hoffe, es bleibt dabei.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Guten Morgen Matthias,

    Ich hoffe es geht dir moralisch schon etwas besser?

    Rekonvaleszent hat Recht: glaube nicht, dass du ein Einzelfall bist! Viele hadern jahrelang mit der Sucht, haben mehrere Entzüge und Langzeittherapien hinter sich...manche müssen erst alles verlieren, um den Absprung zu schaffen. Manche schaffen ihn gar nicht.

    Zweifle nicht an dir selbst, bleib dran nach Lösungen zu suchen. Besuchst du zum Beispiel eine SHG? Oder einen Suchtberater, einen Psychologen oder sonst eine Form von Gesprächstherapie?
    Erst als ich anfing, mich mit Menschen zu umgeben, die das selbe durchleben wie ich, konnte ich anfangen, die Krankheit zu akzeptieren. Solange ich alleine blieb ging es nie lange gut...und das ist nicht nur bei mir so.

    Bei akutem Suchtdruck hilft mir die 24Std-Methode der AA: Nur heute nicht, wenn du morgen trinken willst, da ist es halt so aber heute nicht. Falls das heute zu lange ist, lässt sich das auf ein paar Stunden reduzieren. Hat mich schon oft gerettet.

    Körperliche Anstrengung hilft mich auch, viel Bewegung. Falls du nicht der sportliche Typ bist, versuche es mit langen Spaziergängen. Wenn ich physisch erschöpft bin, stellt sich eine innere Zufriedenheit ein, keine Lust auf Alkohol.

    Manchmal haben mir auch Süssigkeiten geholfen...wenn der Mund mit Schokolade gefüllt ist passt dazu einfach kein Bier oder Wein!

    Und ja viel Lesen, selber Schreiben...mich mit der Thematik zu befassen ist für mich wichtig, ich muss verstehen, was in meinem Körper vorgeht. Alkoholismus ist eine Krankheit, vergiss das nicht.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Energie dran zu bleiben, dir Hilfe in jeglichen Formen zu suchen und anzunehmen.

    Lg
    Rina

  • Grüß Dich Trptzpeter,

    Danke Dir erstmal, dass Du Dich uns so öffnest. Leicht ist das nicht und das verdient Respekt! 44.

    Von der Sache her, haben meine Vorschreiber schon alles geschrieben.

    Den Schalter im Kopf kann Dir niemand umlegen, außer Du selbst!

    Um Deine Frage zu beantworten wie ich es geschafft habe...

    ...ich hatte die die Einsicht, dass es so nicht mehr weitergehen kann, mit dem sinnlosen Besaufen, dem Selbstmitleid, der Aggression...

    ...ich hatte Angst davor weiter, tiefer in die Abhängigkeit zu rutschen und immer mehr die Selbstkontrolle und mein (soziales) Leben zu verlieren.

    Und ich habe einen Dickschädel. Wenn ich Nein sage, dann meine ich auch Nein! Und ebenso das Bewusstsein, dass ein erneuter Konsum mich psychisch belasten wird und der Teufelskreislauf von vorne beginnt.

    Wichtig für Dich ist:


    - Gib Dich nicht auf! Egal wie oft Du "scheiterst" beginne mit der Abstinenz von Neuen. Irgendwann wirst Du selbst von diesen Rückfällen die Schnauze voll haben!

    - Bleibe hier im Forum in Kontakt. Schreibe jede Woche. Und wenn Du Saufdruck hast, schreibe hier erst Recht!

    - Besuche auch eine Abstinenzgruppe an Deinem Wohnort

    Tipp und Frage von mir:

    Heute ist Montag. Bleib bis nächsten Montag trocken und dann schreibst Du wieder und berichtest uns wie es Dir ergeht bzw ergangen ist.

    Falls Du zwischenzeitlich Saufdruck verspüren solltest, Rekonvaleszent und Rina, haben Dir schon hierzu nützliche Tipps gegeben, von mir bekommst Du noch den Tipp: Schreibe hier im Forum über Deinen Zustand!

    Versuche es mal... 44.

  • Dem was meine Vorschreiber geschrieben haben, habe ich im Prinzip nicht viel hinzuzufügen.

    Trotzpeter/Matthias, Du warst am Freitag nur kurz eingeloggt, um diesen Stand durchzugeben. Was ist, bist Du wieder abgesoffen, oder was machst Du? Interessiert Dich das überhaupt noch?

  • Hallo zusammen,

    vielen Dank für Eure Zeilen. Sie haben mir sehr geholfen.

    Susanne68 : Ja, es interessiert mich noch und ich bin nicht wieder abgesoffen.

    Am Freitag ging es mir ziemlich dreckig, weil ich auch kopfmäßig völlig unten war. Am Samstag habe ich noch etwas konsumiert, den Rest der Flasche in größeren Abständen, weil die Entzugserscheinungen wieder schlimm waren. Am Samstagnachmittag war dann Schluss und seitdem bin ich wieder trocken.

    proky : Du hast vollkommen Recht, den Schalter im Kopf kann nur ich umlegen und ich muss meinen Weg aus dem Sumpf finden. Bei mir ist es so, dass ich - wenn ich trocken bin - mich unkaputtbar fühle und dann wieder der Gedanke kommt, einmal müsste ja gehen. Aber dann kommt am nächsten oder übernächsten Tag das nächste Mal und dann wieder und dann geht es mir wieder schlecht, ich habe Angst um meine Gesundheit, meine Familie zu verlieren und am Ende völlig den Bach runter zu gehen. Nach ein paar Tagen geht es mir dann wieder gut und irgendwann beginnt der Kreislauf von Neuem.

    Ich bin überzeugt, dass ich bis Montag trocken bleiben kann. Ich schreibe dann auch - regelmäßig - wie es mir ergangen ist.

    Rina : Ich bin in einer Gruppe und ich gehe auch zu einer Psychologin und ich habe einen Suchtberater. Ich denke, mein Problem besteht vor allem darin, dass ich mich oft schwer tue, richtig offen zu sein. Davor habe ich immer noch Angst, weil dann alle sehen, was manchmal tatsächlich in mir vorgeht bzw. wie ich bin. Und vieles davon würde das Bild kaputt machen, was ich nach außen abgebe / bisher abgeben wollte. Denn da passt schwach sein und Probleme zu haben ganz schlecht hinein (so habe ich es zumindest bisher immer gesehen). Ich denke, dass ist vor allem etwas, was ich für mich ändern sollte. Es kann mich ja niemand unterstützen oder mir helfen, wenn ich meine Probleme für mich behalte.

    Rekonvaleszent : Das Bild mit der Einbahnstraße finde ich sehr schön. Klar kann man versuchen zu wenden, aber in der Regel geht das schief. Das muss in meinen Kopf rein und auch die Ehrlichkeit zu mir und gegenüber anderen, dass ich eine chronische Krankheit habe. Es hilft mir gar nichts, wenn ich ja zu angebotenem Alkohol sage, um gut dazustehen oder weil ich mit irgendwem immer was getrunken habe. So was ist halt in meinen Augen nur dumm.

    Ich habe mich soweit erst einmal wieder aufgerappelt und in meinem Kopf ist das Ziel wieder da, nun muss ich dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Trotzdem bin ich heute wieder etwas fertig, aber das kommt daher, dass ich die letzten Tage mit dem Renovieren zu Hause weitergemacht habe. Und mir abends diese Ergebnisse des Tages anzusehen fühlt sich besser an, als auf leere Schnapsflaschen zu schauen.

    Bis bald, ich melde mich wieder.

    Vielen lieben Dank noch einmal und liebe Grüße
    Matthias

  • Hallo Matthias,

    danke für Deine ausführliche Antwort. Ich finde es super, dass Du Dich offen für unsere Vorschläge, und natürlich auch meinen ;D, zeigst.


    Aufgefallen ist mir ganz besonders:

    Bei mir ist es so, dass ich - wenn ich trocken bin - mich unkaputtbar fühle und dann wieder der Gedanke kommt, einmal müsste ja gehen.

    Ein Gedanke und ein Wunsch den glaube ich jeder Alkoholiker kennt! Von daher nichts besonders.

    Aber was bedeuten dieser Gedanke und dieser Wunsch?

    Zum einen ist es der Wunsch gesund zu sein... (einmal muss es ja klappen)

    ...zum anderen die Selbstüberschätzung (unkaputtbar)

    Im wahrsten Sinne des Wortes nüchtern betrachtet heißt das aber:

    Der Wunsch gesund zu sein / einmal muss es ja (wieder) klappen = Ich akzeptiere nicht das ich krank bin!

    unkapputbar = Dein Suchtgedächtnis bzw Dein von Alkohol psychisch alkoholabhängiger Geist/Kopf will den Alkohol! Und das Suchtgedächtnis bzw Dein psychisch alkoholabhängiger Kopf will Dir weiß machen, dass alles in Ordnung ist und Du wieder trinken kannst!

    Und beides zusammen, der Wunsch und die Selbstüberschätzung lösen jedes Mal aufs Neue den Rückfall aus!


    Theoretisch ist die Lösung einfach:

    1. Akzeptiere einfach das Du Alkoholkrank bist. Und aus diesem Grund keinen Alkohol mehr trinken darfst/sollst, Idealfall, keinen mehr willst!

    2. Erkenne Dein Suchtgedächtnis anhand Deiner inneren Stimme, wenn sie zu Dir spricht:

    Du bist stark, Du kannst wieder Alkohol trinken, jetzt schaffst Du das etc...

    Dann muss/sollte Deine Antwort lauten:

    NEIN! Ich habe es gefühlte tausend Male schon so gemacht und probiert und jedes Mal habe ich die Kontrolle verloren. Also werde ich mir nichts vormachen lassen nur um dann wieder die Kontrolle zu verlieren. ICH TRINKE KEINEN ALKOHOL!

    Und ich denke an das:

    ...und dann geht es mir wieder schlecht, ich habe Angst um meine Gesundheit, meine Familie zu verlieren und am Ende völlig den Bach runter zu gehen.

    ICH WILL AUS DIESEM TEUFELSKREIS AUSBRECHEN UND MEIN LEBEN WIEDER NEU UND OHNE ALKOHOL GENIEßEN KÖNNEN!


    Vielleicht hilft Dir das lieber Matthias, ich habe es extra so groß geschrieben, damit es deutlicher zum tragen kommt ;)

    Nebenbei:

    Exakt so habe ich genau den gleichen Teufelskreis durchbrochen, den Du beschrieben hast...

    Viel Glück und wir lesen uns spätestens am Montag lieber Matthias

  • Hallo zusammen,

    es ist Montagabend und ich bin noch immer trocken ;D

    Ich habe die letzten Tage viel nachgedacht. Vor allem über die Punkte, die proky geschrieben hatte. Ich denke, für mich ist die Akzeptanz der Krankheit und die damit verbundene (vermeintliche) Einschränkung das wichtigste Thema. Die Einschränkung ist ja eigentlich noch weniger als vermeintlich, denn im Grunde ist es ja überhaupt keine. Die Vorteile, wenn man morgens mit einem dicken Kopf aufsteht, halten sich ja ziemlich in Grenzen.

    Es sind bei mir viele Gewohnheiten, die ich durchbrechen muss. Wenn ich heute in Situationen komme, in denen ich früher mit Leuten getrunken habe, dann waren das vielleicht irgendwann mal schöne Zeiten. Aber diese Gewohnheiten nun noch immer fortzusetzen, weil es die letzten 20 Jahre so war, hilft mir überhaupt nicht weiter. Im Gegenteil, ich gehe unnötige Risiken ein. Und für was?

    Der Alkohol hat in meinem Leben sehr lange eine bedeutende Rolle eingenommen. Und es hat 30 Jahre mal mehr mal weniger Konsum gebraucht, um das Fass endgültig zum Überlaufen zu bringen. Die psychische Abhängigkeit war schon viel eher da. Aber diese bedeutende Rolle aus meinem Leben zu streichen, fällt mir noch immer schwer. Daher denke ich, dass ich an das Thema Akzeptanz ran muss.

    Und mir - immer wieder mal und bei Bedarf, wenn die innere Stimme ruft - die Folgen des Konsums ins Gedächtnis rufen. Ich habe mir am Wochenende die "Erfahrungen" der letzten Rückfälle aufgeschrieben. Von der Leichtsinnigkeit des Beginns über eine kurze Phase, wo alles noch normal scheint, bis zu der Erkenntnis, dass es mal wieder zu spät ist. Und ich habe mir aufgeschrieben, wie es mir dann geht. Das Zittern, die Schweißausbrüche, die Angst, doch mal einen Krampf zu bekommen, die Magenschmerzen, weil mir der Wodka wieder zugesetzt hat, ... und was meine Familie wieder aushalten muss, weil ich nicht so richtig kann, es mir schlecht geht, ich die Zukunft verbaue und alles aufs Spiel setze. Das werde ich mir nun öfter mal durchlesen.

    Das das ausreicht, glaube ich eher nicht, aber ich denke, es ist ein guter Anfang für mich. Ich werde auch diese Woche nutzen, um mir meine Gedanken zu machen ... raus aus dem Teufelskreis.

    Danke für Eure Anregungen und bis demnächst...

    LG
    Matthias

  • Deine Überlegungen, was passiert, wenn Du trinkst, könnten ja fast von mir sein.

    Für mich war es nicht nur wichtig, mir klar zu machen, von was ich weg will, sondern auch, wo ich eigentlich hin will. Und auch, wie ich das, was ich mir vom Saufen erhofft hatte (und was die Sauferei schon lange nicht mehr geboten hatte) nun anders bekomme. Denn mit dieser Sauferei war ja eine Erwartungshaltung verbunden, zumindest die Illusion von und der Wunsch nach einem schöneren Leben...und das war ja deswegen nicht weg und ich habe diesen Wunsch auch nicht aufgegeben, sondern nüchtern versucht, das wirklich umzusetzen.

    Das fing schon mal mit der Überlegung an, was für meine Zufriedenheit/mein Glück wirklich so wichtig ist, dass ich es unbedingt brauche und dementsprechened auch was dafür mache, was nur "Nice to have", aber nicht notwendig und was überhaupt überflüssiger Ballast war, der fast nur Stess verursachte.
    Und dazu kam noch die Überlegung, was ich wirklich in der Hand habe und womit ich mich eventuell auch abfinden muss, denn ich bin ja nicht allmächtig, nur weil ich nichts mehr trinke.

    Ging natürlich weder einfach noch schnell, war auch mit Frust verbunden, aber wenn ich wieder gesoffen hätte, wäre nichts besser geworden.

  • Hey Matthias,

    meinen Glückwunsch für diese Woche ohne Alkohol!

    Dann frisch auf ans Werk für eine erneute Woche ohne Alkohol.
    Diesbezüglich lesen wir uns wieder am Montag...

    Auf deinen letzten Beitrag, werde ich die Tage eingehen, muss das erstmal sacken lassen...

  • Hallo Matthias!

    Siehst Du, war doch letztlich nicht so schwer. Du denkst viel nach, das ist ein hervorragendes Zeichen. Erst wenn Du wirklich von dem Stoff loskommen und abstinent leben willst, hast Du überhaupt eine Chance dazu.

    Zwar reicht der Wille allein nicht aus, aber ohne den Willen geht gar nichts. Du musst es für sich selbst wollen und nicht, weil andere es von dir erwarten. Wenn es dann im Oberstübchen "klick" gemacht hat, geht es richtig los.

    Dazu gehörte für mich, zu lernen, dass ich dem Alkohol nicht gewachsen bin. Es dauerte eine Weile bis ich rückhaltlos zu meinem Entschluss stand und nicht noch im Unterbewusstsein der Gedanke verankert war, irgendwann geht doch noch mal was mit dem Alkohol. Nein, bei mir nicht. Ich komme nie wieder zurück in ein früheres Stadium vor meiner Abhängigkeit zurück. Das habe ich für mich gelernt.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Lieber Matthias,

    eigentlich wollte ich schon viel früher geschrieben haben und soeben stelle ich fest, dass schon wieder Montag ist...

    Ich hoffe Du hast die Woche angenehm und trocken verbracht? (Falls nicht trocken, bitte habe keine Scheu es hier zu schreiben, niemand wird Dich deswegen verurteilen!)


    Zu dem was ich eigentlich schon längst hätte schreiben wollen:

    Es ist kein Wunder und ich habe dafür vollstes Verständnis, dass Dir der Abschied vom Alkohol bzw die Abstinenz schwer fällt. Denn man muss den Tatsachen ins Auge blicken:

    - der Alkohol ist in unserer Gesellschaft ein Synonym für Lebensfreude und (leider auch muss man schreiben) Männlichkeit/Stärke...
    - in vielen Regionen gilt er als Lebensmittel
    - und er ist als einzige Wesensveränderte Droge in unserer Gesellschaft akzeptiert

    Hinzu kommt noch die Gewohnheit des jahrelangen Konsums.

    Und jetzt auf einmal sieht man sich, aus welchen Gründen auch immer, dazu genötigt keinen Alkohol mehr zu konsumieren.

    Mit anderen Worten:

    Eine Handlung aufgeben die man jahrelang gewohnt war und die dabei (zumindest erstmal) viele Fragen aufwirft, nämlich:

    - Wie reagiert und denkt mein Umfeld darüber und über mich?
    - Verliere ich den Genuss?
    - Verliere ich nun Lebensfreude (und Männlichkeit)?


    Treffe ich damit den Nagel auf den Kopf lieber Matthias?

    Das sind mögliche Gedanken die einen Treffen wenn man mit der Krankheit konfrontiert wird und deswegen u.U. mit Trauer oder Angst und damit auch mit Rückfällen reagiert.

    Übrigens, Antworten auf diese Fragen gibt es durchaus. Und ein freudvolles Leben ist auch ohne Alkohol möglich.

    Ich will jetzt aber nicht vorweg greifen, ich möchte erstmal wissen ob ich mich mit meinen Aussagen in die richtige Richtung bewege?

  • Hallo Ihr Lieben,

    für den Moment nur ganz kurz, habs gestern Abend vergessen. ::) Bin immer noch trocken und diesbezüglich ist alles ok, auch wenn es manchmal schwer war. Später dazu mehr, dann lese ich mir auch Eure Nachrichten in Ruhe durch.

    Bis später
    Matthias

  • Hallo zusammen,

    so nun mit etwas mehr Ruhe und Zeit...erst einmal zu Euren Nachrichten, für die ich Euch wieder ganz herzlich danke.

    Susanne68 : Das mit der Erwartungshaltung ist auch einer meiner Punkte. Und das verbunden mit 30 Jahren "Erfahrung", wie es funktioniert. Das es mir vom Trinken dreckig ging, ist erst vor 2-3 Jahren aufgekommen, als ich merkte, dass es sich komisch anfühlt, wenn ich aufhöre zu konsumieren. Bis dahin hat der Alkohol immer die Erwartung erfüllt. Ob das nun Glück war oder nicht, dass es bei mir so lange gedauert hat, bis die Falle zugeschnappt hat, weiß ich nicht. Aber jetzt bin ich halt auf der Suche nach "Ersatz" und diese jahrelange Erfahrung muss ich halt erstmal wegbekommen und das dauert halt.

    Rekonvaleszent : Da geht für mich dann der Bogen zu Deinen Zeilen und der Erkenntnis, die in mir noch reifen muss, dass ich dem Alkohol nicht gewachsen bin. Es hat ja so lange funktioniert, wie kann denn da auf einmal Schluss sein? Und wenn es nur einmal ist? 1-2 Bier? Und dann gleich wieder Stopp? Diese und ähnliche Gedankenspiralen bekomme ich noch nicht aus dem Kopf. Wahrscheinlich bleiben die da auch drin und ich muss lernen, damit umzugehen. Das ich keinen Marathon laufen kann, muss ich auch akzeptieren, aber das fällt irgendwie leichter. nixweiss0 Gibt es einen Weg, die Gedanken aus dem Kopf zu bekommen?

    proky : Die Punkte, die Du beschreibst, treffen es ganz gut, was mich angeht. Wie schon oben geschrieben, hat der Alkohol in meinem Leben seine Funktion / die Erwartung lange Zeit erfüllt. Das war einerseits der Genuss (ich habe lange Zeit gute italienische Rotweine bevorzugt zusammen mit gutem Essen - Saufen mit Niveau halt). Und das ist etwas, was ich tatsächlich sehr vermisse. Auf meine Lebensfreude und Männlichkeit sehe ich da weniger Auswirkungen. Grad die Lebensfreude steigt in den trockenen Zeiten immer wieder schnell an, da ich mir keine Gedanken um meine Gesundheit machen muss (statt mit gutem Rotwein fanden meine Rückfälle nach der Reha in der Regel mit Wodka statt, was mir schon mein Magen schnell übel nimmt), mir keine Gedanken machen muss, wo ich den nächsten Stoff herbekomme und nicht eingeschränkt bin, weil ich mit Entzugserscheinungen herumlaufe. Das Thema Umfeld und gesellschaftliche Akzeptanz ist da für mich etwas differenzierter.

    Damit zu meiner Woche. :)

    Wie schon geschrieben, bin ich trocken geblieben und das ging auch soweit ganz gut. Schwierig war, dass ich immer wieder in Situationen gekommen bin, wo ich der Meinung war, dass jetzt für mich eine Belohnung angebracht wäre. Das war für mich auch immer eine Funktion des Alkohols, mich am Ende des Tages bei einem oder mehreren Gläsern für das am Tag Geschaffte zu belohnen und nach dem ganzen Stress dann verdient runter zu fahren. Als Alternative kam an dieser Stelle bislang noch in Frage, dass ich mich bei Bedarf mit einer Zigarette oder einem Zigarillo belohnt habe, aber mit dem Rauchen habe ich letztes Jahr kurz vor Weihnachten aufgehört. Und das fehlt mir auch ganz schön und zieht doch manchmal recht stark. Somit bin ich also auf der Suche nach neuen Belohnungen, die alten sind halt nicht mehr da und manchmal fühlt es sich so an, als würde ich irgendwo im dunkeln herumstolpern in der Hoffnung, irgendwann den Topf zu finden.

    Was das Umfeld und die gesellschaftliche Akzeptanz angeht: Mein privates Umfeld hat sich nach meinem Outing als Alkoholiker nicht verändert. Mein Freundeskreis akzeptiert es, manche zollen so einer Veränderung und allem was damit zusammenhängt sogar großen Respekt und da sie wissen, was mit mir los ist, passen sie sogar auf mich auf (soweit es möglich ist). Beruflich habe ich mich nicht geoutet, das ist etwas, wo ich gerade meine Einstellung überdenke, da ich auch grad meinen Job gewechselt habe, um einen Neuanfang zu machen. Aber auch da stelle ich wieder fest, wie stark diese - ja wesensverändernde Droge - in der Gesellschaft verankert ist. Bei jeder Gelegenheit wird auch auf Arbeit Alkohol ausgeschenkt, teilweise auch von Arbeitgeberseite. Da tut es schon gut, wenn ich feststelle, dass ich nicht der Einzige bin, der zu alkoholfreien Sachen greift. Wenn andere dann aber ein Glas nach dem anderen wegziehen und der Chef das noch lobt, wie toll diese Mitarbeiter doch sind, weil sie "mitziehen", komme ich ans Grübeln. Auch was das berufliche Outing angeht, weil ich da nicht weiß, wie das Umfeld regieren wird. Ich schwanke da noch zwischen Outing und einfach der vielleicht uncoole Typ sein, der keinen Alkohol trinkt. Vielleicht gibt es auch noch was dazwischen. Muss ich mir mal noch Gedanken dazu machen bzw. mein Umfeld beobachten.

    Habt vielen Dank für Eure Gedankenanstöße, für das Lesen und das Schreiben...bis bald 44.

    LG
    Matthias

  • Rekonvaleszent : Da geht für mich dann der Bogen zu Deinen Zeilen und der Erkenntnis, die in mir noch reifen muss, dass ich dem Alkohol nicht gewachsen bin. Es hat ja so lange funktioniert, wie kann denn da auf einmal Schluss sein? Und wenn es nur einmal ist? 1-2 Bier? Und dann gleich wieder Stopp? Diese und ähnliche Gedankenspiralen bekomme ich noch nicht aus dem Kopf. Wahrscheinlich bleiben die da auch drin und ich muss lernen, damit umzugehen. Das ich keinen Marathon laufen kann, muss ich auch akzeptieren, aber das fällt irgendwie leichter. nixweiss0 Gibt es einen Weg, die Gedanken aus dem Kopf zu bekommen?

    Hallo!

    Das Gedankenkarussel kenne ich. Es hat bei mir mehr als 1/2 Jahr gedauert, bis mir klar war, dass ich nicht mehr "normal" 1-2 Biere trinken kann. Geholfen haben mir insoweit die Rückfälligen in meiner ambulanten SHG. Ich habe sie noch heute vor Augen, wie sie ausführten, doch den Gedanken nachgegeben zu haben und anfangs recht moderat trinken konnten, jedoch die Schlagzahl kontinuierlich nach ober ging, bis sie wieder bei alten Zahlen und noch höher angelangt waren.

    Setz dich insoweit nicht unter Druck. Ich nenne es einen Prozess der Reifung, die in deinem Hirn einsetzen und sich entwickeln muss. Und dafür braucht es Zeit, viel Zeit. Einen Beschleuniger kenne ich leider nicht.

    Auch ich denke noch ab- und an an den Genuß von 2 Weißbieren, verwerfe ihn jedoch schnell wieder. Das sind halt Grüße vom Suchtgedächtnis, das immer noch prima funktioniert. Die Abstände dieser Gedanken werden immer größer.

    Mir hat ferner der Hinweis eines cleanen Polytoxikomanen geholfen, der sagte: "Wenn ich jetzt nachgebe, geht die ganze Sche... wieder von vorne los." Bei ihm war es allerdings nicht mehr der Alkohol, der verführerisch wirkte, sondern ein Joint.

    Gruß
    Rekonvaleszent


  • Rekonvaleszent : Da geht für mich dann der Bogen zu Deinen Zeilen und der Erkenntnis, die in mir noch reifen muss, dass ich dem Alkohol nicht gewachsen bin. Es hat ja so lange funktioniert, wie kann denn da auf einmal Schluss sein? Und wenn es nur einmal ist? 1-2 Bier? Und dann gleich wieder Stopp? Diese und ähnliche Gedankenspiralen bekomme ich noch nicht aus dem Kopf. Wahrscheinlich bleiben die da auch drin und ich muss lernen, damit umzugehen. Das ich keinen Marathon laufen kann, muss ich auch akzeptieren, aber das fällt irgendwie leichter. nixweiss0 Gibt es einen Weg, die Gedanken aus dem Kopf zu bekommen?

    Experimente dieser Art habe ich gemacht, so lange ich noch nicht aufhören wollte, sondern noch dachte, das ich das über Trinkpausen wieder in den Griff bekomme und meinen Konsum bei entsprechender Selbstbeherrschung auf ein akzeptables Level zurück bringen könnte.

    Ich konnte relativ lange (ca. ein Jahr lang) nur alle paar Wochen trinken und es dabei bei den besagten 2 Bier belassen. Hatte natürlich seine Gründe in einem vorherigen Absturz, warum ich das überhaupt probiert habe. Und weil ich immer Pausen machen konnte, hier ich mich nicht für besonders abhängig.

    Tatsache ist aber auch, dass ich es (in dieser Zeit des stark reduzierten Trinkens) mit der Zeit immer frustrierender fand, mich derartig zu beherrschen. Zwei Bier sind halt nichts halbes und nichts ganzes, brachte mir also eigentlich überhaupt nichts ausser dem scheinbaren Beweis, dass ich es im Griff hätte, hatte mit Spaß aber auch nicht viel tun und natürlich auch nichts mit dem Gefühl, wegen dem ich immer trinken wollte. Und ich hätte immer öfter gerne noch mehr getrunken, habe mich dann aber trotzdem beherrrscht, auch wenn es mir schwer gefallen ist. Das war, wie mit Hunger von einem leckeren Essen aufzstehen, aufzuhören, obwohl man noch Hunger und Appetit hat und obwohl noch genug da wäre. Oder beim Sex zu früh...fehlt halt einfach was.

    Es war so eine richtige Nullnummer, das fiel mir dann auch auf, als ich ganz aufgehört habe. Von zwei Bier habe ich ganz einfach nichts, da kann ich es gleich ganz bleiben lassen.
    Und diese ganzen gekappten Ansätze führten nur dazu, das ich mich auf eine Gelegenheit freute, es mit gutem Gewissen mal wieder richtig krachen zu lassen, und diese Gelegenheit kam auch und war der Auftakt zu einer ziemlich heftigen (und letzten) Phase. Da habe ich dann fast nur noch Schnaps getrunken, alles andere war mir zu wenig.

    Also im Prinzip habe ich diese Gedanken weggesoffen, brauchte es wohl, damit das bei mir ankam.

  • Ich schieb noch nen Gedanken nach.

    Also bei mir war es so, dass mich ein oder zwei Bier in meinem ganzen Leben kaum interessiert haben, ich habe immer wegen der Wirkung getrunken und dafür brauchte es schon deutlich mehr. Wegen dem Geschmack und der Geselligkeit brauche ich weder Bier, Wein, noch Spirituosen, das ist alles für mich leicht ersetzbar.

    Natürlich habe ich mich oft gebremst, weil es nicht passte, mehr zu trinken, und zum Teil war es auch einfach Schlafmittel, da reichten dann lange ein paar Bier, trotzdem in der gemässigten Phase mindestens 4, am Ende reichte das auch dafür längst nicht mehr, und im Grund war das Ziel bei mir immer der Rausch.
    Und an dieser Stelle würde ich mich an Deiner Stelle mal wirklich hinterfragen, was Du mit den ein, zwei Bier eigentlich erreichen willst.
    Fühlst Du Dich nach ein, zwei Bier irgendwie besser? Ich war da höchstens ein bisschen matschig im Kopf, wenn ich überhaupt was davon gemerkt habe. Reichte aber nicht mal wirklich zum Entspannen, zum locker drauf sein erst recht nicht.

    Und wie lange ist es her, dass Du locker beschwipst und fröhlich bezecht ins Bett gegangen bist, dass Du danach ohne Reue aufgewacht bist? Bei mir war das bei genauer Betrachtung schon lange, vielleicht sogar fast nach den ersten wenigen Malen, die Ausnahme gewesen, ich habe allerdings viele Jahre darauf verwendet, diesen Zustand wieder zu erreichen. Für die paar Male, wo es wirklich klappte, habe ich aber eine Menge Fehlversuche und ein Menge Ärger in Kauf genommen, eine hohen Preis bezahlt. Eigentlich ein schlechtes Geschäft.

    Möglicherweise machst Du Dir genau so wie ich nur vor, dass Du das gerne hättest, und so wie Du schreibst, ist das ja auch bei Dir mit schöner Regelmässigkeit der Anfang vom Absturz. Und ich ziele dabei jetzt nicht auf den Kontrollverlust ab, sondern ich glaube, das ist von Anfang an bei den ein, zwei Bier die tieferliegende Absicht oder zumindest billigend einkalkuliert, dann auch mal wieder so richtig zu trinken, weil Du im Grund ja weisst wie es endet, und zwar genau deswegen, weil Du ja dieses Rauschgefühl willst.
    Du willst nicht ein, zwei Bier trinken, sondern Du willst "eigentlich" breit und zu sein, besoffen halt, denke ich. So habe ich das bei mir im Nachhinein jedenfalls eruiert, als ich mir das dann schonungslos im Rückblick betrachtet habe.

    Anders als mit Einsicht und tatsächlicher schonungsloser Betrachtung meiner eigenen gemachten Erfahrungen weiss ich leider auch nichts, um die Gedanken aus dem Kopf zu bekommen. Und ich habe mich sehr lange mit Händen und Füßen gegen die Erkenntnis gesträubt, dass es in dem Stil, wie ich trinken wollte, wirklich nicht mehr schöner war als ganz ohne, und das bei genauer Betrachtung schon lange bevor ich damit aufgehört habe. Ich wollte das aber einfach nicht sehen, was möglicherweise Folge und Ausdruck meiner Sucht war. Denn von aussen war das schon längst aufgefallen, dass ich mir damit schon lange keinen Gefallen mehr damit getan habe, nur ich habs halt nicht gesehen.

    Genau das war es, was sich bei dem, was ich "Klick" nenne, dann änderte, da lag das schlagartig offen vor mir und liess sich auch nicht mehr verdrängen. Und plötzlich wollte ich es auch gar nicht mehr verdrängen, das war da von Heute auf Morgen grundsätzlich anders.

    Viel Glück.

  • Hallo,

    Ich kann mich dem Geschriebenen von Susanne nur anschließen... ich glaube ich habe auch ewig lange an diesem Ziel 1-2 Gläser festgehalten mit der reinen Absicht bei Gelegenheit richtig auszuholen! Es war so ein Alibi...denn wenn ich dann abstürzte war das ja irgendwie im Rahmen.. à la „kann ja jedem gemässigtem Konsumenten mal passieren „...Es „passierte bei mir nur nicht einfach mal so und dann Schwamm drüber, nein ich plante die Abstürze regelrecht,sehnte Gelenheiten nur so herbei. DAS steckte wirklich hinter dem Wunsch ab und zu mal zwei Gläschen zu heben...Ich wusste in meinem tiefen Inneren immer,dass 2 Gläschen schlimmer sind als null Gläschen,denn wenn der Anstoss mal gegeben wurde,den Saufdruck aufzuhalten war höllisch schwierig...unmöglich zu 99% der Fälle.

    Ich wollte dir mit meiner Ansicht dazu nur einen Denkanstoss geben...sei ehrlich zu dir selber und du findest Antworten. Und du musst eben nicht akzeptieren keinen Marathon rennen zu können, bei langem Training kannst du es schaffen. Durch langes Trink-Training bei 1-2 Bier ab und zu ist das sehr fraglich ob es irgendwann mal hinhaut...und wenn doch,wie fühlst du dich damit? Zufrieden? Super gut,Ziel erreicht? Oder frustriert dich jedesmal wenn s anfing lustig zu werden aufhören zu müssen?

    Alles gute dir und bleib auf jeden Fall dran!!

    Rina

  • Hallo Ihr Lieben,

    bevor ich es morgen wieder verschwitze, setze ich mich heute gleich an den Rechner. Ich bin immer noch abstinent und hatte eine gute Woche, in der ich wieder einiges an Zeit zum Nachdenken hatte.

    Ich werde es akzeptieren müssen, dass manche Dinge Zeit brauchen, um zu reifen und zu funktionieren. Dafür werde ich Geduld brauchen, aber ich denke auch, dass sich das lohnen wird.

    Ich wache nach einem Umtrunk am nächsten Morgen immer mit einem schlechten Gewissen auf. Mir sind schon Leute begegnet, die mir sagten, dass sie kein schlechtes Gewissen haben bei oder nach einem Rückfall, denn die Sucht ist nun mal eine Krankheit und dem Krebspatienten kann man ja auch keinen Vorwurf machen, wenn die Krankheit wieder zurückkommt. So entspannt kann ich das nicht sehen. Ich muss einfach lernen, die Phasen zu überstehen, wenn der Suchtdruck wieder scheinbar ins Unendliche zu gehen scheint. Allerdings ist es bei mir auch so, dass die Rückfälle nicht spontan aus heiterem Himmel passieren, sondern tagelang im Vorfeld "geplant" werden.

    Ist bei mir einmal der Gedankenblitz gekommen, dass sich wieder mal eine Gelegenheit bietet, geht der nicht mehr weg und wird immer größer. Und ja, es ist einfach der Wunsch, wieder mal einen im Tee zu haben. Was mich zu der Überlegung bringt, was in meinem Leben denn fehlt, damit dieser Wunsch keine Rolle mehr spielt. Ich glaube an der Stelle muss ich auch nochmal ansetzen. Mir ist vergangene Woche mal wieder aufgefallen, dass ich mich manchmal mit Situationen einfach abfinde, wenn ich feststelle, dass ich sie nicht gut finde. Ich nehme dann die für mich unschöne Situation hin und bemitleide mich selbst. Durch dieses Selbstmitleid wächst dann in mir der Druck und der braucht irgendwann ein geeignetes Ventil. Alkohol und Nikotin waren dafür immer gut. Ich könnte statt "MiMiMi" ja aber auch mal versuchen, die Situation zu ändern, so dass es für mich besser wird. Dann hätte ich Beschäftigung, kann meine Energie sinnvoll einsetzen und habe am Ende vielleicht sogar noch Zufriedenheit, weil ich was verändert habe. Zur Belohnung sollte ich dann natürlich auch nicht zum Alkohol greifen.

    So ist das auch mit dem Beispiel des Marathons, was ich geschrieben hatte. Ich setze mich hin und sage, kann ich nicht und Ende. Aber Rina hat recht, mit ausreichend Training könnte ich es schaffen. Dazu müsste ich es aber wollen oder zumindest gewillt sein, nach einem Weg zu suchen, um das Ziel zu erreichen. An der Stelle hapert es noch bei mir.

    So wie es bisher bei mir gelaufen ist, ist es nicht schön. Nur ein wenig zu trinken, macht auch mir tatsächlich keinen Spaß, weswegen es auch nie bei 1-2 Bier bleibt. Lohnen tut es sich am Ende nie. Das schlechte Gewissen, Kater, flauer Magen am nächsten Tag...es ist eigentlich nur bescheuert. Gewinn ist da keiner zu holen, es ist immer nur mit Verlust verbunden.

    Deutlich besser sind da Tage wie heute. Vormittags gechillt und am Nachmittag Gartenarbeit bei dem tollen Frühlingswetter gemacht. Ich hab was geschafft und werde nachher schön müde in Bett fallen. Morgen startet eine neue Woche und ich bin schon gespannt, was die bringen wird.

    Ich wünsche Euch einen guten Start in die Woche und alles Liebe. Vielen Dank wieder für Eure Zeilen und die Denkanstöße, die Ihr mit mitgegeben habt.

    LG
    Matthias

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