Ich bin neu hier

  • Hallo an alle, ich bin Hannah, 37 Jahre alt und mein Alkoholkonsum ist laut einiger Psychotests sehr kritisch. Wobei ich das auch selbst gemerkt habe. Wenn ich arbeiten muss, trinke ich keinen Schluck Alkohol, hab ich aber frei, will ich mir ein oder zwei Gläser Wein gönnen. Das Problem ist aber, dass daraus auch mal 2 Flaschen werden, zuletzt gestern Abend. :-\
    Natürlich hab ich heute einen fiesen Kater, der fällt bei mir immer sehr schlimm aus. In der Vergangenheit musste ich mich ein paar mal montags krank melden, weil der Kater vom Sonntag bis in den Montag andauerte, wofür ich mich verfluchte. Gern würde ich nach einem oder zwei Gläsern aufhören können, das gelingt mir aber selten. Meint ihr, ich kann es schaffen, kontrolliert zu trinken, oder muss ich dem Alkohol komplett abschwören? Ich weiß, dass letzteres das beste wäre, aber zu einem guten Essen mag ich schon ab und zu einen Roten. Ich frage mich manchmal, ob ich bereits in einer Alkoholsucht bin. Ich freue mich auf interessante Gespräche.
    Hannah

  • Liebe Hannah,
    erst einmal herzlich willkommen im Forum.
    Zu deiner Frage, ob du es schaffen kannst kontrolliert zu trinken...ich denke, die hast du dir in deinem Post schon selbst beantwortet denke ich.


    hab ich aber frei, will ich mir ein oder zwei Gläser Wein gönnen. Das Problem ist aber, dass daraus auch mal 2 Flaschen werden, zuletzt gestern Abend. :-\


    ...das war doch wohl ein gescheiterter Versuch, kontrolliert zu trinken, einer von vielen vorangegangenen, wie ich annehme?! So ging es mir auch, ich hatte auch unzählige gescheiterte Versuche, kontrolliert zu trinken hinter mir, habe mir nie eine Kiste Bier geholt, immer nur 3 Flaschen, und als die alle waren, dann Nachschub geholt, meist von der Tanke, weil der Supermarkt dann schon zu hatte...zum Schluss habe ich fast immer zwei mal am Abend Nachschub geholt.
    Übrigens keine Angst, sooo groß wie die annimmst ist der Verzicht auf Alkohol nicht. Ich habe schon noch sehr kurzer Zeit ein abstinentes Leben als Gewinn begriffen.

    Liebe Grüße

    Frank

  • Hallo Hannah,

    ich bin jetzt ja grade ganz frisch dabei und habe seit Anfang Oktober keinen Tropfen mehr geht mir sehr gut damit - man kann nur Gewinnen ohne dieses Zeug. Allerdings kam es für mich überhaupt nicht in Frage zu sagen, okay, ich trinke jetzt nur noch zum essen. Ganz oder gar nicht. Ich habe aber nicht aus Genuß getrunken, sondern hatte meine Gründe dafür, deshalb war der Entschluß für mich ganz klar- weg von dem Zeug.

    Schönen Abend,
    Schnurzelchen

  • ...habe vergessen, ich wollte noch fragen: trinkst du die 2 Gläser, aus denen dann 2 Flaschen werden alleine? Es spielt meiner Meinung nach schon eine Rolle ob das wirklich nur ab und an so ist und durch die Situation bedingt... weil du eben in netter Gesellschaft bist und der Abend etwas länger wird.
    Oder ob du dir 2 Gläser alleine gönnen willst und daraus dann zwei Flaschen werden,....
    Ich habe im letzten 3/4 Jahr bevor ich trocken geworden bin nur noch alleine zu Hause getrunken, auch nie tags über, aber jeden Abend an dem ich Gelegenheit hatte. Wenn die Situation entsprechend war, z.B. meine Tochter bei mir war konnte ich mich noch beherrschen. Dennoch sehe ich mich als Alkoholiker, das ist einfach ein Selbstschutz. Es gibt da einfach kein schwarz oder weiß, der Übergang ist fleißend.
    Bei mir schritt die Krankheit (Alkoholismus) z.B. relativ langsam voran, Ich hatte auch Phasen, in denen ich abstinent, bzw. Abstinent mit einzelnen Ausreißern gelebt habe, aber auch da war jeweils durch äußere Zwänge bedingt.
    Die noch einen schönen Abend und gute Nacht.
    LG
    Frank

  • Ihr Lieben, danke für eure Antworten. Zu deiner Frage, Frank, den Wein trinke ich alleine, mein Mann trinkt Bier. Allerdings hat er kein Problem damit, aufzuhören und ins Bett zu gehen.
    Wie ich euren Antworten entnehmen kann, gibt's für mich nur eins: Das Teufelszeug ganz weglassen. Wie habt ihr es geschafft, den Versuchungen zu widerstehen?
    Lieben Gruß
    Hannah


  • . Allerdings hat er kein Problem damit, aufzuhören und ins Bett zu gehen.


    ...eben das ist der Unterschied.
    zu deiner Frage, wegen "Versuchung widerstehen", die beiden ersten wichtigen Schritte hast du schon getan: die Erkenntnis dass da etwas mit deinem Konsum nicht stimmt, und zum zweiten, dass du schon dabei bits dir Hilfe zu suchen, eben dass du dich hier angemeldet hast
    Ich muss jetzt arbeiten, demnächst mehr...
    Gruß
    Frank


  • Wie habt ihr es geschafft, den Versuchungen zu widerstehen?

    Ich komme aus einem trinkenden Elternhaus und habe lange, mit unterschiedlichen Phasen, getrunken. Es war für mich auch selbstverständlich, da ich kaum etwas Anderes kannte und ich es anfangs auch oft genossen habe.
    So lange ich trinken wollte, habe ich die Folgen des Trinkens ausgeblendet und nur auf die vermeintlich schönen Seiten geguckt. Hab mir halt was vorgemacht wie sehr viele Trinker.

    Nachdem es "klick" gemacht hatte (der Entschluss aufzuhören kam bei mir relativ plötzlich), war es komplett anders herum, mir stachen nur noch die Nachteile des Trinkens ins Auge. Angefangen mit dem von Dir erwähnten Kater, bei mir summierte sich das über die Jahre ganz schön, als ich meine Aufmerksamkeit mal auf diese Seite der Sauferei gerichtet hatte.

    Zusätzlich war ich es gewöhnt, "Versuchungen" zumindest ein Zeitlang zu widerstehen, da ich mich in den letzten Jahren meiner "Karriere" angestrengt habe, nicht täglich zu trinken, um nicht vollkommen abzustürzen (ich kannte einige abschreckende Beispiele, denen ich es nicht nachmachen wollte, aber aufzuhören kam für mich nicht in Frage). Das war manchmal ziemlich anstrengend, da ich ja gerne getrunken hätte, aber es war gewissermassen auch ein Training, das ich nutzen konnte, als ich dann ganz aufgehört habe. Kurzzeitige Anwandlungen konnte ich aussitzen, da ich wusste, dass ich das aushalten konnte.

    Gruß Susanne

  • Ich komme aus einem trinkenden Elternhaus und habe lange, mit unterschiedlichen Phasen, getrunken. Es war für mich auch selbstverständlich, da ich kaum etwas Anderes kannte und ich es anfangs auch oft genossen habe.
    So lange ich trinken wollte, habe ich die Folgen des Trinkens ausgeblendet und nur auf die vermeintlich schönen Seiten geguckt. Hab mir halt was vorgemacht wie sehr viele Trinker.

    Hallo Susanne, das mit dem Elternhaus kenne ich ebenso. Ich weiß genau, wenn mein Mann und ich mal wieder bei meinem Vater zu Besuch sind, wird als erstes wieder Bier bzw Wein angeboten. Auch unser Haus (wir sind ne nette Hausgemeinschaft von 3 Parteien) trinkt ganz gern, zumindest die Männer. Zum Glück nur Bier, was ich glücklicherweise nicht mehr mag. Letztes Mal, als mein Vater zu Ostern zu Besuch war (es liegen knapp 800km zwischen uns), hat er mir als Geschenk nen 6er Karton Weißwein dagelassen. Ich traue mich nicht es abzulehnen, da er sonst gekränkt wäre. Mein Mann tut mein Problem als Quatsch ab, er sagt, ich muss halt einfach nach 2 Gläsern aufhören, haha... Ich glaube, ich bin die einzige, die merkt, dass ich ein Problem habe.
    Gruß
    Hannah


  • ...eben das ist der Unterschied.
    zu deiner Frage, wegen "Versuchung widerstehen", die beiden ersten wichtigen Schritte hast du schon getan: die Erkenntnis dass da etwas mit deinem Konsum nicht stimmt, und zum zweiten, dass du schon dabei bits dir Hilfe zu suchen, eben dass du dich hier angemeldet hast
    Ich muss jetzt arbeiten, demnächst mehr...
    Gruß
    Frank

    Hallo Frank, diese Erkenntnis habe ich schon länger, aber es gab immer wieder Samstage, wo ich mir ne Flasche Wein aufgemacht habe, wohlwissend, dass es nicht bei 1 bis 2 Gläsern bleibt. Hab auch gestern meinem Mann klar machen wollen, dass ich ein Problem habe und mich in diesem Forum angemeldet habe. Er tut das allerdings als Blödsinn ab und meinte nur, ich müsste halt einfach nur nach dem 2. Glas aufhören. Einfach haha.
    Gruß
    Hannah

  • Hallo Hannah,

    herzlich Willkommen hier im Forum.

    Ich bin 50 Jahre alt, Alkoholiker und lebe jetzt schon länger ohne Alkohol.

    Du stellst ja die Frage, wie wir es geschafft haben dem Alkohol zu widerstehen. Ich kann hier natürlich nur für mich antworten.

    Bei mir war das so, dass ich erst mal über 10 Jahre nicht widerstehen konnte. Und in diesen 10 Jahren gab es viele Situationen, wo ich mir vorgenommen hatte, entweder ab sofort nur noch reduziert zu trinken oder auch überhaupt nicht mehr zu trinken. All diese Versuche, und es waren wirklich nicht wenige, sind früher oder später gescheitert. Dabei waren da durchaus "hoffnungsvolle" Zeiträume dabei. Einmal dauerte eine dieser Pausen fast ein Jahr lang. Ein kleines Biermischgetränkt beendete die Zeit und von da an ging es dann stetig Berg ab.

    Die meisten dieser Pausen oder auch Phasen des kontrollierten Trinkens dauerten 1 - 2 Wochen, mal auch 3 Wochen an. Angelegt waren sie aber eigentlich auf unbestimmte Zeit.

    Was war es also, das mich dann doch immer wieder zurück zum Alkohol führte? Ich wills mal so sagen: Entscheidend war, dass ich nichts an meinem Leben änderte. Also nichts grundsätzliches. Ich merkte, du trinkst zu viel. Ich merkte, da läuft dir gerade was aus dem Ruder und meine Lösung war: Ich trinke nichts mehr oder ich trinke z. B. nur noch max. 2 Bier am Tag. Beides habe ich in abgewandelten Varianten, wie schon geschrieben, mehrfach versucht. Und es ging ja auch,aber eben nur eine kurze Zeit lang.

    Was ich nicht getan habe war zu hinterfragen, warum ich trinke. Ich habe mich weder mit mir noch mit meinem Leben beschäftigt. Mit zunehmender Dauer meiner Sucht bekam ich immer mehr Probleme (größtenteils verursacht durch die Sucht) die ich dann so vor mich hin schob. Und je länger das alles andauerte, desto mehr Probleme wurden es, desto mehr schob ich und desto schwieriger war es für mich, mal wieder eine Trinkpause einzulegen. Denn ich konnte dann irgendwann die Realität nicht mehr aushalten (also nüchtern).

    Ich könnte also sagen: Am Anfang geriet ich da hinein, weil ich sorglos war, mir keine Gedanken machte. Irgendwann, immernoch ziemlich am Anfang, merkte ich: hmmm, es wird zuviel, du musst was tun. Es folgte diese lange Trinkpause. Aber ich machte mir auch in dieser Zeit keine Gedanken darüber, wieso und weshalb ich eigentlich auf das Zeug zurück greife. Gründe gab es, wie ich heute weiß. Später dann, mit zunehmender Sucht, war es eben die reine Sucht ansich, die mich trinken ließ. Die Mengen waren dann auch hoch und würden immer höher. Hier, so denke ich, hätten mir dann auch das Wissen über die Gründe erst mal nicht geholfen. Zu stark war ich bereits gefangen, zu tief hing ich drin und zu verdreht war auch schon meine Gedankenwelt. Ich lebte schon komplett in einer alkoholbedingten Parallelwelt.

    Jetzt gab es nur noch eines: Den absouten Cut. Also lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, ums mal platt zu sagen. Warum und wie ich dann tatsächlich diesen Punkt erreichte, also diesen Moment wo mir klar wurde: genau jetzt ist Schluss, und zwar ganz genau jetzt - das kann ich Dir nicht sagen. Vielleicht hatte ich den viel zitierten persönlichen Tiefpunkt erreicht oder, darauf tippe ich eher, es war der ominöse "Klick-Moment", von dem auch häufig mal gesprochen wird und den einige zu haben scheinen. Oder der Tiefpunkt hat zum Klick geführt, wie gesagt, 100% ig kann ich das nicht sagen. Ich bin eigentlich immer der Meinung, es war einfach ein Klick, denn es war dann letztlich eine ganz spontane und ungeplante Entscheidung: Jetzt ist es aus, jetzt oute ich mich mit dem Wissen das dadurch meine ganze Scheinwelt zusammen brechen wird.

    Aber, von diesem Moment an war dann alles anders. Ich ging auch ganz anders vor, als bei den Versuchen vohrer. Dieses mal begann alles damit, dass ich mich outete. Erst vor meiner Frau und meinen Kindern, dann vor meiner Familie. Bei meinen Trinkpausen hatte ich einfach nichts mehr getrunken. Es ging so weiter, dass ich bereits am ersten nüchternen Abend bei der SHG anklopfte und die nächsten Wochen dort ein täglicher Gast war. Bei meinen Trinkpausen wäre ich nie auf die Idee gekommen, eine SHG zu besuchen. Es ging dann so weiter dass ich zum Arzt ging und auch zur Suchtberatung. Bei meinen anderen Versuchen habe ich über sowas erst gar nicht nachgedacht. Dann ging es so weiter, dass ich mir einen Psychologen gesucht hatte. Bei meinen vielen Trinkpausen, habe nicht mal ansatzweise daran gedacht, dass ich jemals einen Psychologen benötigen könnte....

    Merkst was? Es war einfach komplett anders und mir war klar: Nur nicht mehr trinken wird mir nicht helfen. Ich muss alles Verändern und alles hinterfragen. Ab hier hat es mir dann wieder geholfen zu ergründen, warum ich den Alkohol überhaupt missbraucht habe. Das war für mich sehr wichtig, als Prävention.

    Dazu gibt es auch andere Ansichten und Erfahrungen. Ich kenne auch jemanden, der z. B. überhaupt nicht wissen wollte, wieso und warum. Er sagt, es bringt ihm nichts in die Vergangenheit zu schauen, er schaut nur in die Zukunft. Und er motiviert sich dadurch, dass er täglich die Freiheit spürt, die er durch ein Leben ohne Alkohol gewonnen hat und auch dadurch, dass er sich die negativen Folgen seines Konsum immer wieder mal vor Augen führt. Auch ein Weg, ich denke, ich wäre damit allein nicht klar gekommen. Aber jeder ist anders.

    Also, wenn Du mich fragst, wie Du der Versuchung widerstehen kannst dann muss ich antworten:

    Auf Dauer dadurch, dass Du den Grund dafür, dass der Alkohol überhaupt eine Versuchung für Dich ist, beseitigst.

    Das ist aber natürlich ein langer Prozess. Viel Erfolg und einen guten Austausch hier im Forum wünsche ich Dir.

    LG
    gerchla


  • Auf Dauer dadurch, dass Du den Grund dafür, dass der Alkohol überhaupt eine Versuchung für Dich ist, beseitigst.

    es gibt da in der Suchtforschung den Begriff der genetischen Disposition. Das besagt unter anderem, dass Leute mit einer bestimmten genetischen Ausstattung die Wirkung des Alkohols als angenehmer emfinden als andere, die diese Gene nicht haben. Zusätzlich leiden solche Leute zum Teil auch weniger unter den Folgen wie z.B. Kater, die sie schon von Anfang an von weiterem Konsum abhalten würden. Japaner z.B. vertragen den Alkohol ja sehr viel schlechter als Europäer und können deswegen meist gar nicht so viel trinken, dass sie abhängig werden, aber auch innerhalb gibt es da Abstufungen bzw. eher fließende Übergänge.

    Dazu kommt, das diese genetische Ausstattung in Trinkerfamilien natürlich gehäuft vorkommt und sich das dazugehörige Verhalten natürlich durch Nachahmung auch durch die Generationen zieht - Stichwort Familienkrankheit - und diese Kombination kann dazu führen, dass einem ein Leben ohne Alkohol ziemlich leer und sinnlos vorkommen kann. Es ist nicht nur die Gewohnheit, es entstehen auch keine positiven Gefühle und die innere Einstellung dazu entwickelt sich auch an diesem Gefühlserleben, das nur mit Krücke funktioniert.

    Ich müsst jetzt einen längeren Text schreiben, um das genau auseinanderzufieseln, aber dazu gibts ja auch Literatur, wo das ausgearbeitet ist.

    Ich habe z.B. mein Leben nicht sehr grundsätzlich geändert (manches natürlich schon, aber das habe ich davor auch schon immer wieder mal gemacht). Ich denke, bei mir waren einfach dadurch, dass ich sehr früh mit dem Konsum angefangen habe, die Neurotransmitter derartig verändert, dass ich ohne Alkohol/Drogen kaum Lebensfreude empfinden konnte. Ich mache heute nämlich grundsätzlich gar nicht so viel anders, aber heute kann ich das nüchtern geniessen, wofür ich früher den Stoff brauchte. Genau die gleichen Aktionen, die früher erst durchs Trinken toll wurden, geniesse ich heute stocknüchtern. Und ich denke, erst dadurch, dass ich mir den - lange funktionierenden - Ausweg aus meiner emotionalen Misere "kaputt gesoffen hatte", entstand bei mir die Bereitschaft zum "Marsch durch die Wüste", der meinen Körper dazu gezwungen hat, sich andere Wege zum inneren Gleichgewicht zu suchen.

    Warum ich das schreibe ist, das kannst Du willentlich zum Teil gar nicht so einfach verändern, da musst Du im Zweifelsfall einfach durch. Mir fiel gar nichts ein, was mich zufrieden machen würde, das war im Prinzip ein Rumgebastel bis es halt irgendwann gepasst hat. Es war ein Auf und Ab, das sich auch nüchtern meiner Kontrolle lange entzog. Du bist darauf angewiesen, daran zu glauben, dass es besser wird, wie es bei Anderen eben auch besser geworden ist. Aber auch dafür ist ein Erfahrungaustausch gut. Denn selbst wenn Du nichts änderst (von blödsinnigen Aktionen mal abgesehen), schon alleine die Zeit des Nüchternseins, der Abstand zum Trinken, hilft. Weniger Stress für den Körper, weniger Selbstvorwürfe weil Du am Abend zuvor mal wieder voll warst, schon alleine das ist eine ungeheure Erleichterung, die Platz für Selbstheilungskräfte schafft. Und natürlich hilft es dabei, zu wissen, das Trinken ganz gewiss nichts helfen würde, selbst wenn Du nüchtern mit Deinem Leben trotzdem unzufrieden bist, denn das hast Du (ich) ja oft genug ausprobiert. Ich habe mich damit getröstet, dass Leute ohne Alkoholproblem ja auch nicht immer glücklich sind, also habe ich mich von diesem Anspruch selbst auch verabschiedet, und mit der Zeit wurde es ja doch immer besser.


  • Ich müsst jetzt einen längeren Text schreiben, um das genau auseinanderzufieseln, aber dazu gibts ja auch Literatur, wo das ausgearbeitet ist.

    Ich finde das sehr nachvollziehbar und gelungen auseinandergefieselt.
    Solche Erläuterungen helfen wirklich!

    Toni

  • Ich danke euch allen für eure Antworten. Susanne, den bösen Kater kenne ich nur zu gut, fällt bei mir immer böse aus. Gerchla, du schreibst, ich muss die Gründe beseitigen, doch genau da liegt der Hase im Pfeffer. Es gibt keine. Ich bin mit meinem Leben rundum glücklich und zufrieden. Ich denke, ich trinke aus Gewohnheit und weil es mir in dem Moment Spaß macht. Der nächste Tag ist, wie erwähnt, furchtbar. Übrigens, deine Beiträge lese ich sehr gerne, die Art, wie du schreibst und was du erlebt hast, berühren mich. Habe hier im Forum auch schon gute Tipps gefunden, wie man dem Suchtdruck (bzw bei mir die Lust auf Rotwein) standhalten kann. Ich denke, dieses Forum ist sehr hilfreich für mich. Und Susanne, du hast mein Problem ziemlich gut umschrieben, dafür möchte ich dir danken. Wenn ich daran denke, in Zukunft nicht mehr mit einem fiesen Kater aufzuwachen, jederzeit einen klaren Kopf zu haben und stets fahrtüchtig zu sein, umgibt mich ein wohliges Gefühl. Ich denke, dass es etwas ist, was einen stolz macht.
    Gruß
    Hannah

  • Ich finde das sehr nachvollziehbar und gelungen auseinandergefieselt.
    Solche Erläuterungen helfen wirklich!

    Toni

    Da gebe ich dir uneingeschränkt recht 44.

  • also ich lasse das jetzt mal mit dem zitieren, bevor wir 10 ineinander eingebettete Zitate haben und niemand mehr durchsteigt ;D
    Ich wollte dir noch etwas dazu schreiben, wegen der Erkenntnis, die du schon lange hast, dass etwas mit deinem Konsum nicht stimmt.....
    Also, ich kann natürlich nur von mir reden, aber ich hatte diese Erkenntnis auch "irgendwie" schon mit ca. Mitte 20. Meine Wochenenden sahen damals oft so aus: Freitags nachts bis in die Früh um die Häuser ziehe, Samstags bis Mittags pennen , dann die Zähne zusammenbeißen, bis Abends um 10, was das zeitliche Limit war, welches ich mir gesetzt habe bevor ich mir das erste "Reparaturbier" genehmigen"durfte". Das geschah dann oft genug alleine zu Hause, weil ich einfach von Vorabend noch total fertig war. Meist waren es dann so 5 Flaschen (0.5l) Bier. Das war damals ohnedies meine übliche Abendration für unter der Woche und weil Wochenende war und möglichst Schnell "repariert" werden musste gabs an diesen Samstagen meist noch 2 Piccolo (0,25) Sekt oder Wein vorab, dann war ich am Ende natürlich schon wieder knülle. Es ist jetzt schon mindestens 25 Jahre her, aber ich weiß noch genau, dass ich an einem solchem "Reparaturabend" besoffen die Telefonseelsorge angerufen habe und gesagt habe , dass ich Angst habe, Alkoholiker zu sein.
    Die Dame, die ich dran hatte, hat mich allerdings nicht ernst genommen und meinte, ich solle die Leitung nicht blockieren, es wollten schließlich Leute anrufen, die wirklich ein Problem hätten. ...ich will damit nichts gegen die Telefonseelsorge im Allgemeinen gesagt habe, auch die beste Organisation kann schließlich einen Mitwirkenden haben, der etwas daneben ist, oder oder auch nur einen schlechten Tag hat...
    Ich weiß das alles noch sehr genau, obwohl es schon so lange her ist, ich habe also damals schon geahnt, dass etwas nicht stimmt.
    Aber merkst du was? Ich habe damals nicht gesagt: "Ich bin Alkoholiker" oder "ich habe ein Problem" ,sondern "ich habe Angst Alkoholiker zu sein" ...ich habe mir also ein Hintertürchen offen gelassen und außerdem diese gleich die Bekenntnis zu der Krankheit mit Angst besetzt. Ja, Alkoholismus ist eine schlimme Krankheit, aber man kann sie dauerhaft zum Stillstand bringen und wenn man das tut kann man bei bester Gesundheit glücklich und zufrieden uralt werden (ein zum Stillstand gebrachter Alkoholismus steht dem jedenfalls nicht im Wege). Außerdem habe ich diese halbseidene Bekenntnis besoffen vorgebracht. Ich weiß nicht, was passiert, wäre wenn man mich damals ernst genommen hätte und mir z.B. den Besuch einer Selbsthilfegruppe ans Herz gelegt hätte. Ich nehme aber an, es hätte auch nichts geändert.
    Geändert hat sich erst ca.20 Jahre später etwas, mir meinem ersten Besuch in einer Selbsthilfegruppe,wo ich gleich beim Einführungsgespräch unumwunden gesagt habe, dass ich ein Problem mit Alkohol hatte. Das war auch gar nicht schwer, denn ich wusste ja, dass alle anderen hie das selbe Problem haben . Ein paar Wochen später habe ich dann nicht mehr gesagt, dass ich ein Problem mit Alkohol habe, sondern schlicht, dass ich Alkoholiker bin.
    Und ich denke, du hast jetzt auch einen wichtigen Schritt gemacht, hinein in eine Gruppe mit Leuten, die dasssleb Problem haben und hast hier den Problem unumwunden bekannt, das ist wichtig. Vielleicht wäre eine "reale"SHG auch was für dich?! Nicht dass hier die Leute nicht real wären, aber es ist doch etwas anderes, wenn man sich face to face gegenüber sitzt. Die virtuellen Treffen haben natürlich auch ihre Vorzüge , du kannst zu jeder Tages und Nachtzeit schreiben und lesen , u.s.w.

    Ja und dass dein Mann dein Problem nicht richtig ernst nimmt...das geht leider vielen Alkoholikern von unserem Typus so. Ich habe natürlich in den letzen Jahren auch ein wenig über Alkoholismus gelesen. Es gibt da ja diese Einteilung nach Jellinek, die wohl recht weit verbreitet ist. Demnach bin ich - und ich nehme an auch du - ein Alpha-Trinker ohne oder mit nur schwach ausgeprägter körperlicher Abhängigkeit aber mit starker psychischer Abhängigkeit und wir werden nun mal oft nicht ernst genommen weil man uns ja meist nichts anmerkt .Wir kriegen alles recht gut gebacken und sind im Job oft sogar besonders strebsam, erstens eben damit niemand auf die Idee kommt, wir könnten ein Problem mit Alkohol haben und zweitens damit wir uns Abend die "Belohnung" für den stressigen Tag auch redlich verdient haben. Da können wir uns ganz prima vor uns selbst rechtfertigen.

    Selbst wenn ein Kollege morgens mein Fahne riechen sollte, er wird nie auf die Idee kommen ich könnte da ein Problem haben bei der Leistung, die ich erbringe; so war (vielleicht halb unterbewusst) mein Kalkül und ich denke diese Kalkül geht auch meistens auf. Die Kehrseite der Medaille ist eben, dass die Außenwelt (ich meine damit nicht-Betroffene) uns auch dann nicht als Alkoholiker wahrnehmen wenn wir uns Partnern, Verwandten oder Freunden gegenüber offenbaren. Um so wichtige, dass du mir Leuten redest (ob nun virtuell oder real ), die ebenfalls betroffen sind.
    Liebe Grüße
    Frank


  • Mein Mann tut mein Problem als Quatsch ab, er sagt, ich muss halt einfach nach 2 Gläsern aufhören, haha... Ich glaube, ich bin die einzige, die merkt, dass ich ein Problem habe.


    Hallo liebe Hannah,
    ich bin Britt, Mitte 50 und Alkoholikerin.
    Ooohhh....die Reaktion deines Mannes ruft gerade Erinnerungen in mir hoch. Ich bin jetzt über 30 Jahre verheiratet. Meine Sucht entwickelte sich schleichend über viele Jahre.
    Strategisch war ich so gut aufgestellt, dass mein Mann nichts von meinem „Problem“ mitbekam. 2014 erreichte ich dann durch meine Trinkerei meinen absoluten Tiefpunkt. Ich wusste, so geht es nicht weiter…
    Ich wollte nicht mehr lügen, nichts mehr verheimlichen, Vertrauen wieder herstellen. Ich wollte endlich mal wieder ohne schlechtes Gewissen, ohne Schweißausbrüche,
    Herzrasen und ohne gedankliche Alkohol-Disposition für die nächsten Tage durchschlafen.
    Ich wollte endlich weg von dem Zeug. Ich weiß noch genau: es war ein Donnerstag und ich habe mir Mut angetrunken.
    Ich suchte das Gespräch mit meinem Mann. Ich wollte mich endlich "outen".
    Als ich ihm sagte, dass ich ein "Alkoholproblem" habe, antwortete er nur: "Was ist denn dein Problem? Hör doch einfach auf! Bei einem Glas Wein bist du doch nicht gleich eine Alkoholikerin.
    Du läufst doch hier nicht besoffen durch die Gegend ! Bleib mal auf dem Teppich". Also, wenn das so einfach wäre.. Das Gespräch war beendet und ich wusste: Da muss ich alleine durch!
    Am nächsten Tag -ich war alleine-soff ich bewusst alle alkoholischen Vorräte weg, rief meine Schwester an, sagte ihr, dass ich volltrunken und alkoholkrank bin. Ich bat sie mich ins Krankenhaus zu fahren.
    Mit fast 3 Promille wurde ich zur Entgiftung in der „Geschlossenen“ aufgenommen. Im Anschluss folgte die „qualifizierte“ und danach meine erste ambulante Therapie.
    Jetzt erst realisierte meine Familie, wie es um mich wirklich steht. Ich bat meinen Mann, mir in der Therapie beizustehen. (Angehörigenstunden gehören zu Therapie) Tja, das war es dann:
    er gab mir deutlich zu verstehen, dass er sich für mich schämt, und niemals in solche „Einrichtung“ gehe.
    Das macht mich sehr traurig. Aber wie kann das einer verstehen, der nicht unter dieser Krankheit leidet? Ich habe mir so sehr gewünscht, dass er -nur ein kleines Bischen-stolz auf mich ist.
    Noch heute kanzelt er sich ab, anstatt zu fragen… Er will einfach nichts mit dem ganzen Therapiefirlefanz zu tun haben.
    Nun denn, ich musste es also alleine schaffen, aber alleine schaffte ich es nicht. Meine Therapie und meine Gruppe(n) geben mir bis heute großen Halt.
    Mein Mann sagt oft, ich hätte mich verändert (er will seine alte Britt wiederhaben), dabei habe ich nur aufgehört nach seinen Vorstellungen zu leben. Mein Leben ist ohne Alkohol sehr viel intensiver und schöner geworden.
    Ich kann mich heute selber wertschätzen und mir auf meine eigene Schulter klopfen, denn ICH hab es bis hier und jetzt gut gemacht.
    Es gibt noch so viel zu entdecken...
    Liebe Hannah, wenn du nach einem Glas nicht aufhören kannst, ist der Kontrollverlust schon da….vielleicht suchst du dir auch professionelle Hilfe?
    Alles Liebe dir von Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Guten Abend, hier mal ein kleines Update. Heute war immer noch ein schwerer Tag, der Rausch von Samstag Nacht hängt mir immer noch nach. Bauch, Fitness und Kreislauf sind noch nicht bei 100%. Aber ich hoffe, dass es mir morgen wieder richtig gut geht.
    Frank : Eine SHG habe ich schon in Erwägung gezogen und mich bei Google schlau gemacht. Aber da ich auf dem Dorf wohne, bin ich in meiner Umgebung nicht fündig geworden. Zur nächsten SHG sind es mindestens 20km. Zeittechnisch komm ich damit mit den Arbeitszeiten nicht hin. Im Job merkt niemand was von meinem Problem, da ich mir ein striktes Alkoholverbot während der Arbeitswoche auferlegt habe, und das schon seit vielen Jahren. Das stellt zum Glück auch kein Problem für mich dar. Mein Wahlspruch lautet: Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps. Jedenfalls werde ich auch in Zukunft viel in diesem Forum unterwegs sein, denn ich merke, dass es mir gut tut.

    Brit : Das was du beschreibst, ist wirklich krass. Dass dein Mann dein Alkoholproblem nicht ernst nimmt, ist die eine Sache. Aber dich in deiner Therapie nicht zu unterstützen finde ich sehr traurig. Und was heißt, er will die alte Britt wieder haben? Die trinkende Britt? Das kann er nicht ernst meinen! Jeder weiß doch, was dauerhafter Alkoholkonsum mit dem Körper anrichtet. Ist er sich dem Ernst der Lage bewußt? Es tut mir sehr leid, dass er dich nicht unterstützt. Meinst du, du könntest ihm deine Situation nochmal in einem ruhigen und sachlichen Gespräch ganz klar machen? Ich wünsche dir wirklich, dass er seine Haltung nochmal überdenken wird.

    Für heute wünsche ich euch einen schönen und gemütlichen Abend.

    Liebe Grüße

    Hannah

  • Hallo Hannah,
    ja, ich habe natürlich leicht reden, ich wohne in einer Großstadt und wir haben hier jeden Abend ein Treffen, Sonn und Feiertags sogar zusätzlich auch noch vormittags. Wir legen unseren Neuen immer ans Herz, das wenn irgend möglich auch zu nutzen und während der ersten 3 Monate täglich zu kommen. Wenn jemand fragt, wie er das zeitlich schaffen soll wird ihm oft gesagt, dass die 2 Stunden am Tag wahrscheinlich nicht mal die Hälfte der Zeit ausmacht, die man früher mit Trinken, Nachschub besorgen, Leergut entsorgen und Erholung vom Trinken zugebracht hat.
    Das stimmt schon, ist allerdings zugegebener Weise oft auch eine theoretische Berechnung, wenns nun mal mit den Arbeitszeiten kollidiert kann man nichts machen...
    Vielleicht findest du ja noch was, wo es zeitlich besser passt.
    Ja, den Wahlspruch Arbeit ist Arbeit und Schnaps ist Schnaps hatte ich auch. Allerdings habe ich auch unter der Woche abends getrunken, so das ich oft sicher mit erheblichen Restalkohol und Fahne bei der Arbeit aufgelaufen bin....
    Aber du merkst selber schon, wie lange dein Körper an dem Gift zu knacken hat. und dabei bist du ja noch jung. Das wird nicht einfacher, sich solche Abende zu verpacken.
    Also ich kann mich immer noch freuen, wenn ich abends klar und nüchtern ins Bett gehen kann und morgens darüber, dass ich ohne dicken Kopf, rebellierenden Magen, Würgen, Angst vor dem Tag, der mir bevorsteht u.s.w. aufwache. Das sind die beiden Zeiten das Tages wo es mir immer richtig bewusst wird und ich mich darüber freue, wie toll es ist, trocken zu sein.
    Und diese Freude wird bei dir sicher auch noch kommen.
    Liebe Grüße
    Frank

  • Guten Abend Frank,
    Heute fühle ich mich schon bedeutend fitter.
    Dieses gute Gefühl, morgens nüchtern aufzuwachen, fit und klar zu sein, das kenne ich auch. Ich hatte schon einige Trinkpausen, die ein paar Wochen angehalten haben. Ich war dann auch immer richtig stolz. Und dieses Gefühl will ich immer haben, es soll selbstverständlich sein. Wie lange bist du denn schon trocken?
    An diesem Wochenende hat mein Vater Geburtstag, und da ich rund ums We ein paar Tage frei habe, hatte ich eigentlich vor, mit meinem Mann zu ihm hoch zu fahren. Quasi als Überraschung. Diesen Gedanken habe ich allerdings wieder verworfen, denn ich kenne seine Feiern: Die ganze Nachbarschaft wird da sein und es wird ein feucht fröhliches Gelage. Das kann und will ich mir nicht zumuten...
    Gruß
    Hannah

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