Da bin ich...

  • Hallo zusammen,

    lange habe ich mich gesträubt zuzugeben, dass ich ein Problem habe. Mitte 40, Familie, erfolgreich im Job, was soll mir denn passieren? Der Alkohol ist mir passiert...schleichend, gesellschaftlich akzeptiert, ganz normal...bis es halt nicht mehr normal ist. Ich trinke zum herunterkommen, nach der Arbeit, um den Stress abzubauen. Hab in den letzten Monaten mehrere trockene Phasen absolviert, immer so 4-6 Wochen, aber von Dauer ist es leider nicht. Ich bin derzeit noch unschlüssig, ob ich eine ambulante oder eine stationäre Therapie mache. Eine der Varianten aber auf jeden Fall, ich muss und will aus dem Teufelskreis raus. Ich hoffe hier auf einen hilfreichen Informationsaustausch und Eure Erfahrungen im Umgang mit dieser Krankheit.

    Danke & LG
    Matthias

  • Hallo Matthias,

    herzlich Willkommen bei uns im Forum.

    Schön, dass Du hier schreibst. Ich stelle mich mal kurz vor: Ich bin Ende 40, Alkoholiker und lebe jetzt schon länger ohne Alkohol.

    Ich kann Dir nur zu Deiner Entscheidung, etwas gegen Deine Sucht unternehmen zu wollen, gratulieren. Du bist ja schon recht weit was Deine mögliche Vorgehensweise betrifft. Also damit meine ich, dass Du "nur" noch entscheiden musst, ob Du stationäre oder ambulante Therapie machst.

    Bei mir lief das damals ein wenig anders ab. Also ich hatte natürlich auch erst mal so Versuche, einfach mit dem Trinken aufzuhören. Und wie bei Dir, ging das dann immer mal eine Zeit lang gut. In den Anfangsjahren meiner Sucht habe ich auch mal monatelang pausiert und dann dummerweise wieder angefangen. Aber ich hatte ja keine Ahnung... Später ging es noch ein paar Wochen, dann paar Tage. Die letzten Jahre meiner Sucht war es schon ein erfolgt, wenn ich mal nur 5 oder 6 Biere am Tag trank und nicht das Doppelte.

    Als ich aufhörte, war das eine sehr spontane Geschichte. An diesem Tag hatte ich noch ein paar Bier getrunken und kam wie immer abends nach Hause. Es gab einen Showdown und anstatt wie immer, mich aus der Situation heraus zu lügen (ich muss noch dazu sagen, dass ich all die Jahre tatsächlich komplett heimlich trank), habe ich mich spontan meiner Frau gegeüber geoutet. Und von diesem Moment an wusste ich auch, dass ich nie mehr wieder trinken will und dass ich bereit bin alles, wirklich alles dafür zu tun. Ich war also auch bereit eine Therapie welcher Art auch immer zu machen.

    Allerdings brauchte ich jetzt erst mal "erste Hilfe". D. h. dieser Abend war natürlich im Ar...., denn ich outete mich dann auch noch meinen Kindern gegenüber und meine ganze heile Welt brach in Stücke. Und die Welt meiner Familie ebenso oder sogar noch mehr, denn die traf es ja wie ein Blitz. Ich dagegen wusste ja, dass ich ein Säufer war. Übrigens wie bei Dir, sehr erfolgreich im Job und eigentlich alles wunderbar. Egal, jedenfall ging dann bereits am nächsten Abend, also gerade mal 24 h ohne Alk, zu meinem ersten Treffen bei den AA.

    Das war für mich die unterschwelligste und schnellste Art von Hilfe die mir in den Sinn kam. Ich entzog quasi kalt, ging erst nach ein paar Tagen zum Arzt. Machte dann aber auch einen Termin bei der Beratung und gleich auch einen Termin bei einem Psychologen, wo ich allerdings 7 Wochen Wartezeit hatte. Jeden Abend verbrachte ich von da an bei den AA.

    Und über die Tage, die Wochen ohne Alkohol kristalisierte sich für mich eben ein Weg heraus, den ich gehen konnte und wollte. Natürlich kam dann der Termin beim Psychologen, ich fand noch auf anderen Wegen psychische Hilfe und es fiel mir tatsächlich einigermaßen leicht nicht mehr zu trinken. In dieser Zeit trennte ich mich von meiner Frau und somit auch von meinen Kindern, was die absolute Hölle für mich war. Trotzdem konnte ich ohne große Schwierigkeiten auf Alkohol verzichten und spürte an jedem Tag, wie schön es doch ist ohne das Zeug zu leben. Irgendwann war dann die Option einer klassischen Therapie für mich vom Tisch weil ich merkte, dass ich mit den Maßnahmen die ich ergriffen hatte, auf dem für mich genau richtigen Weg war.

    Wie gesagt, ich hätte jederzeit eine Therapie gemacht. Über die Monate und dann auch die Jahre konnte ich mich aber auch ohne ständig weiter entwickeln und wurde immer zufriedener und glücklicher mit meinem Leben.

    Das mal ganz grob zusammen gefasst meine Geschichte.

    Wenn Du fragen hast, dann raus damit. Ich wünsche Dir einen guten Austausch hier im Forum und viel Erfolg beim Ausstieg aus der Sucht.

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla,

    danke für Deine Zeilen. Ich wünschte, ich hätte mich auch selbst aus dem Sumpf ziehen können. Meinen Glückwunsch an Dich.

    Ich hatte gerade wieder einen Rückfall und habe eine Woche lang getrunken. Nicht wieder so so schlimm wie noch vor ein paar Monaten - das war ein teilweise eine Flasche Wodka am Tag - aber wieder ausreichend, dass ich nun wieder körperliche Beschwerden und mir den Magen verkorkst habe. Also ging der ganze Zirkus wieder los mit Magenschmerzen, zittrigen Händen, Schweißausbrüchen, usw. Ich könnte mich dafür so ohrfeigen, weil ich die letzten Monate an mir gearbeitet hatte. Nachdem meine Blutwerte im Sommer unterirdisch waren, habe ich es geschafft, dass alle Leberwerte und auch die meiner Bauchspeicheldrüse wieder im Normbereich waren. Da es mir auch sonst gut ging, kam der Leichtsinn über mich und ich dachte, ein paar Gläschen sind nicht so schlimm. Ein fataler Irrtum.

    Dies hat mich nun jedoch zu der Erkenntnis gebracht, dass ich eine stationäre Therapie machen werde. Meinen Antrag dafür habe ich schon eingereicht und trage nun noch die notwendigen Unterlagen zusammen. Meinen Suchtbereicht habe ich auch bereits geschrieben und diese Woche wieder einen Temin bei meinem Suchtberater. Ich habe noch keine Ahnung, wohin mich dieser Weg jetzt führen wird, aber ich denke, es ist die einzig sinnvolle Lösung für mich. Da der Alkohol seit nunmehr 30 Jahren ein mehr oder weniger ständiger Begleiter für mich war, hat mein Körper wohl auch genug davon und die wiederkehrenden körperlichen Probleme kamen in immer kürzeren Zeitabständen. Mit so einem Lebenswandel werde ich die Rente sicherlich nicht erreichen.

    Was ich dazu noch erwähen muss ist, dass es meine Eltern beide nicht bis in die Rente geschafft haben, sondern vorher an den Folgen des Alkohols verstorben sind. Das hätte mir eigentlich eine Warnung sein sollen, aber ich dachte, ich wüsste besser und hätte alles im Griff.

    Wie ist es denn bei Dir - oder auch bei anderen - mit dem Job gelaufen? Ist es realistisch, dass man hinterher wieder in den gleichen Job geht mit dem gleichen sozialen Umfeld wie zuvor? Ich habe für mich noch keine Idee, wie es beruflich mal weiter gehen wird. Es ist mir derzeit auch egal, ich stelle jetzt nicht mehr die Arbeit o.ä. in den Vordergrund, sondern meine Gesundheit und meine Familie. Vielleicht ist die Zeit auch noch nicht reif für diese Frage.

    Liebe Grüße und einen guten Start in die neue Woche
    Matthias

  • Hallo Matthias!


    Dein Vorhaben, jetzt eine Therapie anzustreben und die Suchtberatung aufzusuchen, ist schon mal ein richtig guter Ansatz. Geh bitte hin.

    Die Suchtberatung leitet das Erforderliche in die Wege. Jedoch dauert das Bewilligungsverfahren; ich unterstelle mal die Sozialversicherungspflicht. Ich fürchte, es wird eng noch in diesem Jahr in Therapie zu gehen.

    Anders sieht es dagegen aus, wenn Du gut bei Kasse bist und dir eine private Klinik als Selbstzahler leisten kannst. Bei denen soll es -wie man so liest- deutlich flotter gehen.

    Deine Arbeit ist momentan das kleinere Problem, das Du auch mit dem Suchtberater erörtern kannst, ob und ggf. wer auf der Arbeit eingeweiht wird.

    An anderer Stelle hier im Forum hast Du geschrieben, dein Vorhaben der Abstinenz ggf. nach Erreichen des Rentenalters noch mal zu überdenken. Ich habe lernen dürfen, dass es verdammt schwer mit der Abstinenz wird, wenn irgendwo im Hinterstübchen noch der Gedanke rumspukt, irgendwann geht doch noch mal was mit dem Alkohol. Das Thema wird normalerweise im Rahmen der Therapie erörtert, bei mir bei meiner ambulanten. Dies nur als Hinweis, nicht als Vorwurf.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Hallo, Matthias!

    Sehr gute Entscheidung, jetzt "Nägel mit Köpfen" machen zu wollen 44.
    Und wie Rekonvaleszent schon schrieb: die Arbeit ist jetzt erst einmal das kleinere Problem, um das Du Dich kümmern musst. Jetzt konzentriere Dich auf die kommende Therapie.
    Informiere Dich, besuch schon mal ein, zwei SHG, sprich mit den Leuten dort und in der Suchtberatung, was Dich dort erwartet ...

    Aus eigener Erfahrung kann ich Dir nur sagen: Es lohnt sich, den Weg in Angriff zu nehmen!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Rekonvaleszent, hallo Greenfox,

    ich fürchte auch, dass es eng wird, noch in diesem Jahr mit der Therapie anzufangen, die Variante als Selbstzahler kommt glaube ich nicht in Frage. Ich knabbere zwar nicht am Hungetuch, denke aber, das eine private Klinik dann doch noch einmal ordnetlich zur Kasse bittet und bei meinen privaten Rahmenbedingungen mit Haus und Kredit... :-\

    Was die Abstimnenz im Rentenalter angeht, war das sogar eine Position, die mein Suchtberater nachvollziehen konnte, da es manche Leute schon fertig macht, sich mit dem Gedanken der lebenslangen Abstinenz abzufinden. Vielleicht habe aber auch ich bis dahin begriffen (oder nach der Therapie), dass es eigentlich nicht schlimm ist, nichts mehr zu trinken. Die körperlichen und seelischen Vorzüge der Abstinenz kenne ich und es fühlt sich echt gut an. Daher habe ich für mich auch entschieden, dass es nach der Therapie für mich kein "kontrolliertes Trinken" geben kann und wird. Das Risiko ist mir zu groß. Wie genau es dann für mich aussehen wird, wird die Therapie zeigen.

    Ich hatte mit meinem Suchtberater zu Beginn auch über eine ambulante Behandlung gesprochen. Allerdings sieht es da so aus, dass ich damit erst in ca. einem halben Jahr anfangen könnte. Das ist mir zu lange hin. Und bei der SHG dort sieht es auch nicht besser aus, was die Wartezeiten angeht. Ich werde mit meinem Suchtberater zum Termin Ende der Woche noch einmal besprechen, was man in Vorbereitung auf die stationäre Behandlung machen kann. Ich hatte am Wochenende darüber nachgedacht, bis dahin zu den AA zu gehen. Vielleicht ist ja das noch ein kurzfristiger Weg, um zu beginnen.

    Viele Grüße
    Matthias

  • Und bei der SHG dort sieht es auch nicht besser aus, was die Wartezeiten angeht.

    :o Hä? Was ist das denn für eine SHG?
    Sorry, dass ich so blöd nachfrage, aber soetwas habe ich in den Jahren meiner Arbeit in der Suchthilfe noch nicht gehört, dass es bei Selbsthilfegruppen WARTEZEITEN gibt! Bei manchen Gruppen sollte man sich vorher anmelden, aber bei den meisten geht man hin und gut ist - bzw. man schaut, ob sie gut für einen ist.
    Oder meinst Du etwas anderes??

    Bin gerade etwas rat- und sprachlos nixweiss0

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  • Hallo Trotzpeter,

    also erst mal will ich Dir sagen, dass ich denke, dass Du auf einem sehr guten Weg bist. Du analysierst Deine Situation sehr klar und weißt welchen Weg Du gehen möchtest und gehen wirst.

    Das ich das ganze jetzt ohne klassische Therapie geschafft habe war einfach mein Weg und er hat funktioniert. Aber das ist desweg nicht besser oder auch nicht schlechter als das was Du jetzt vor hast. Es hat sich bei mir so ergeben und ich habe mich auch nicht komplett allein aus dem Sumpf gezogen, sondern da gab es schon einiges an Hilfe. SHG zum Beispiel, oder Psychologe, oder auch ein Mönch der mir sehr viel half. Das war für mich dann ok und ich wäre auch jederzeit bereit gewesen eine Therapie zu machen, wenn das notwendig gewesen wäre.

    Also, deshalb sage ich nur: Bleib auf Deinen Weg und gehe Deinen Weg! Hol Dir Dein Leben zurück.

    Zitat

    Wie ist es denn bei Dir - oder auch bei anderen - mit dem Job gelaufen? Ist es realistisch, dass man hinterher wieder in den gleichen Job geht mit dem gleichen sozialen Umfeld wie zuvor?


    Also, da musste ich jetzt tatsächlich schmunzeln. Bei mir war mein Job das EINZIGE, was mir in der "alten Form" geblieben ist, nachdem ich trocken wurde. Ich muss aber dazu sagen, dass ich meinen Job liebe und sehr sehr gerne ausübe. Und das ich dort keinerlei Berührung mich Alkohol habe, also überhaupt keine Triggerpunkte. Ich trank zwar am Ende auch in der Arbeit, das jedoch für mich alleine und komplett heimlich. Ansonsten ist dort alles alkoholfrei. Wäre dem nicht so, hätte mein Ausstieg aus der Sucht auch einen Wechsel des Arbeitsplatzes bedeuten können.

    Job blieb also, dafür aber sonst quasi nix. Ich trennte mich kurz nach dem ich aufhörte von meiner Frau und vorlor dadurch auch meine Kinder. Dann brach der größte Teil meines Freundeskreises weg, dann wechselte ich den Wohnort natürlich auch und begann langsam einen neuen Bekannten- und Freundeskreis aufzubauen. Meine altes Hobby, die Singerei im Chor dem ich trotz Suffs noch einigermaßen regelmäßig nach ging brach auch weg, da ich dort immer getrunken hatte und vor allem die Fahrten dort hin zum Trinken nutzte. Das wollte ich nicht mehr und diese Zeit war mir zu stark mit dem Trinken verbunden.

    Statt dessen begann ich irgendwann mit dem Laufsport. Eine Sportart die vom Alkohol sehr weit entfernt ist und darüber habe ich mittlerweile einen wunderbaren Freundeskreis aufgebaut. Alles ganz anders als es vorher, zu nassen Zeiten, war.

    Nur der Job, der blieb mir. Und der läuft jetzt noch besser als vorher. Logisch, jetzt bin ich ja klar in der Birne.

    Deine Idee zu den AA zu gehen halte ich übrigens nicht für die Schlechteste. Dort war ich auch, ganz am Anfang. Dort wurde mir sehr geholfen. Zum Überbrücken sicher eine gute Alternative.

    Bleib dran, ich les Dich weiter.

    LG
    gerchla

  • Hallo Greenfox,


    :o Hä? Was ist das denn für eine SHG?

    vielleicht habe ich auch eine falsche Vorstellung, was man alles als SHG bezeichnet. Eine typische SHG wären für mich die AA. Ich habe mich an eine Suchtberatung gewendet, die machen auch ambulante Therapien. Um in eine solche Gruppe aufgenommen zu werden, gibt es bei denen Wartezeiten, was in meinem Fall bis Mitte 2019 wäre. Es gibt dort aber auch andere Gruppen, sie nennen es "Motivationsgruppe". Das ist im Gegensatz zur Therapierunde keine feste Runde, sondern man kann kommen oder halt nicht. Eine solche Motivationgruppe wird aber aktuell nicht angeboten, da gerade eine Gruppe ambulante Therapie macht. Eine neue Motivationsgruppe würde es dann im Q1/2019 geben. Das meinte ich mit Wartezeit. Über AA habe ich ja schon nachgedacht und werde das am Freitag mit meinem Berater besprechen. Was gibt es denn sonst noch für "typische" SHG? Ich habe bei mir in der Gegend außer den AA keine gefunden.

    Viele Grüße
    Matthias

  • Hallo Gerchla,

    danke für Deine Zeilen, Du weisst zu motivieren. 44.

    Mit dem Job ist es bei mir ein wenig anders, da gibt es sehr wohl Berührungspunkte mit dem Alkohol (und nein, ich bin nicht in der Gastronomie o.ä. tätig ;)). Und das aus den verschiedensten Anlässen. Ein paar Beispiele:

    Dienstag, 9 Uhr, Geburtstagsrunde...es gibt Kaffee, Kuchen, Brötchen und zum Anstoßen ein paar Flaschen Sekt auf den Tisch...was am Vormittag nicht vernichtet wurde, wird dann am Nachmittag vor dem Feierabend noch klar gemacht

    neuen Auftrag gewonnen...große Freude...die mit ein paar Flaschen Sekt gefeiert werden muss

    Auftrag nicht gewonnen oder blöden Kundentermin gehabt...puh...darauf erst mal einen Trinken zum Verdauen...Sekt oder halt, wir haben auch noch Bier im Kühlschrank...wartet, ich habe noch Wiskey im Schrank...ok, wir gehen zu Dir ins Büro

    Ich könnte da noch eine Weile weiter schreiben, aber bei uns auf Arbeit hat man schon einigen Jahren extra Müllbehälter für Glas in den Teeküchen aufgestellt, da sonst der Restmüll immer mit Flaschen verstopft war. Ich bin beruflich auch oft in Deutschland unterwegs und da findet sich nach den Terminen beim Kunden immer ein Grund, was zu trinken.

    Ich habe mich aus der Bürosauferei schon vor längerer Zeit verabschiedet. Ich glaube aber - siehe auch das eine o.g. Beispiel, dass bei uns bzw. bei meinen Kollegen viel getrunken wird wegen dem Job. Mir ging es ja genauso - im Urlaub entspannt und alles ok - wieder im Job, ging es weiter und hoch die Tassen.

    Wie Du schreibst, machst Du Laufsport und es geht Dir gut dadurch bzw. dabei. Ich weiß, was Du meinst, bis vor ein paar Jahren bin ich auch regelmäßig gelaufen oder Rad gefahren. Da ist man eine ganze Weile unterwegs und ich habe dann immer an verschiedene Dinge gedacht, erst an das eine, dann an das andere und irgendwann hatte ich an alles gedacht und der Kopf war leer bzw. frei. Das ist bei mir leider immer mehr eingeschlafen, was mich auch ärgert. Ich habe aber vor ein paar Wochen damit begonnen, wenigstens erst einmal wieder lange Spaziergänge zu machen. Da habe ich mal 1 - 1,5 Stunden Zeit zum Nachdenken und ich finde das toll.

    Ich habe dabei auch immer wieder über das Thema mit dem Job nachgedacht, deswegen meine Frage danach. Ich denke, das NEIN-sagen bekomme ich hin. In der Firma gibt es genügend Leute, die nicht trinken. Das wird entweder akzeptiert oder mit blöden Sprüchen kommentiert. Aber bei Letzterem kann man drüber stehen oder diese Leute einfach umgehen. Für mich stellt sich die Frage - und das wird sicher auch ein großes Thema für die Therapie für mich sein - hat mich der Job dahin gebracht, wo ich heute stehe oder mein Umgang mit dem Job (ich weiß, das wird die Antwort sein ;D). Den Job oder die Firma kann ich nicht ändern und es geht schon recht gut zu bei uns, aber ich kann kurz gesagt evtl. durch eine andere Einstellung oder ein anderes Verhalten, was ich lernen muss, anders damit umgehen. Ich mag meinen Job auch sehr, aber ob ich den später weiter in dem gleichen Unternehmen machen will / kann / sollte, weiß ich noch nicht. Dafür ist es in meinem Fall auch noch zu früh.

    Viele Grüße
    Matthias

  • Ja, solche "Motivationsgruppen" zählen eigentlich nicht direkt zu den SHG, sondern mehr zu den Vorbereitungsgruppen auf eine Therapie. Dann ist mir Einiges klar.
    Selbsthilfegruppen gibt es in den unterschiedlichsten Ausrichtungen: Monolog-, Dialog-Gruppen, angeleitete Gruppen, reine Betroffenengruppen, Gruppen mit konfessioneller Ausrichtung, Gruppen ohne Konfession, etc - und dann noch diverse Mischformen. Die AA gehören zu den Monolog-Gruppen mit konfessioneller Ausrichtung, wobei die Konfession bei denen aber eine untergeordnete Rolle spielt (jedenfalls bei den Gruppen, die ich kennengelernt habe).

    Ich kann Dir nur empfehlen, auch mal in unsere Linksammlung zu schauen - dort findest Du viele nützliche weiterführende Links zu verschiedene Themen. In puncto Suche nach einer SHG schau doch zum Beispiel mal hier oder hier.

    Vielleicht findest Du ja da etwas Passendes für Dich.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Guten Morgen Greenfox,


    Die AA gehören zu den Monolog-Gruppen mit konfessioneller Ausrichtung, wobei die Konfession bei denen aber eine untergeordnete Rolle spielt

    Der Korrektheit wegen: Die Anonymen Alkoholiker haben keinerlei konfessionelle Ausrichtung. Aber Spiritualität ist ein wichtiger Baustein im AA-Programm.

  • Guten Morgen Matthias,

    Zitat

    danke für Deine Zeilen, Du weisst zu motivieren.


    Danke für die netten Worte! Ich schreibe hier nur was ich denke und was ich selbst erlebt habe. Wenn das bei Dir motivierend wirkt, wunderbar!

    Was die Beschreibung Deines Arbeitsumfeldes betrifft: Ich habe eine ungefähre Vorstellung wie das bei Euch so läuft. Ich habe Menschen in meinem Bekanntenkreis, die Ähnliches berichten. Ich vermute mal, Du wirst nicht der einzige sein, der in Deinem Arbeitsumfeld ein Problem mit Alkohol hat. Aber gut, das ist für Dich jetzt weiter nicht relevant, kann aber durchaus zur Gefahr für Dich werden.

    Das ist jetzt schwer hier etwas zu raten. Also ich meine ich würde jetzt nicht sagen wollen, dass Du kompromisslos und unbedingt sofort Deinen Job hinschmeißen musst um trocken werden oder bleiben zu können. Da kommt es jetzt wirklich auf Dich an, auf Dein Empfinden und wie schwer oder einfach es ist in Deiner Firma "nein" zu sagen. Oder ob Du Dir vorstellen kannst, Dich dort sogar zu outen. Letzteres will ich Dir auch nicht einfach pauschal empfehlen. Das ist eine sehr heikle Sache sich am Arbeitsplatz als Alkoholiker zu outen. Es kann ein sehr guter Weg sein, es kann aber auch genau das Falsche sein. Das hängt auch stark vom Chef/Chefin und Kollegenkreis ab.

    Vielleicht ist das alles, also Dein Job und wie Du damit jetzt umgehst, ein Thema das Du mal tiefer während Deiner Therapie diskutieren solltest. Ich kann Dir von mir nur sagen, dass für mich meine Abstinez an erster Stelle stand und natürlich noch steht. Das ist etwas, was ich mir von Anfang an ganz bewusst gemacht habe. Den absoluten Willen niemals meine Abstinenz in Gefahr zu bringen. Für mich würde das in Deinem Fall bedeuten: wenn Du das Gefühl hast, Dein Job könnte Deine Abstinez gefährden, dann wirf ihn hin und mach was anderes. Klar ist das leicht daher geredet, da geht es ja auch um Deine Existenz usw. Allerdings muss Dir eines immer klar sein: wenn Du weiter trinkst, dann ist sowieso alles hinfällig, über kurz oder lang auch Deine Existenz und Deine Gesundheit und ganz am Ende auch Dein Leben. Also vielleicht wirklich ein Thema über das Du mal mit Profis reden solltest. Du bist ja auch sicher nicht der Einzige, der als alkoholkranker Mensch in dieser Situation steckt. Und es gibt ja auch sicher noch Berufe, die noch viel näher am Alkohol sind, die Gastronomie hast Du ja selbst schon erwähnt.

    Noch kurz zum Laufen. Ja, wie Du das beschreibst, so kenne ich das auch. Ich laufe Langdistanzen, da bleibt viel Zeit zum Denken, was meist ganz nebenher abläuft. Oft ist es auch einfach nur ein Genießen der wunderbaren Landschaft, in der ich leben darf. Ich bin als Jugendlicher und dann noch als junger Erwachsener bereits gelaufen. Ich wusste also um die Wirkung die dieser Sport auf micht hat. Als ich dann trocken wurde war einer meiner ersten Gedanken: damit will ich wieder anfangen.

    Jedoch habe ich es bewusst erst mal nicht getan. Da ich die "Wirkung" dieses Sport kannte, hatte ich Angst, sie könnte die Aufarbeitung meiner Sucht behindern. Und ich hatte Angst, dass wenn ich mal diesen Sport z. B. aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben könnte, ich in ein Loch falle und wieder an Alkohol denke. Vielleicht habe ich mir da zu viele Gedanken gemacht, aber ich denke für mich war es der Schlüssel zum Erfolg, dass ich mich nicht sofort in den Sport gestürzt habe sondern erst mal, zumindest eine grobe Aufarbeitung meiner Sucht, vorgenommen habe. Letztlich dauert diese Aufarbeitung auch nach Jahren bis heute an, jedoch jetzt in ganz anderer Form.

    Also begann ich statt mit dem Laufen einfach damit längere Spaziergänge zu machen. Auch da hat man Zeit zum Denken, und diese nutzte ich ganz speziell dafür über meine Sucht nachzudenken. War super im Nachhinein und außerdem hatte ich damals alkoholbedingt auch einiges über 100 Kilo auf den Rippen. Ein schlechtes Einstiegsgewicht für Läufer :o So nahm ich erst mal ganz nebenbei in Ruhe ab und als ich dann soweit war, hatte ich "nur" noch rund 90 Kilo drauf.

    Vielleicht ist der Laufsport ja auch was für Dich, wenn Du diese positiven Erfahrungen auch gemacht hast. Achte nur darauf, dass Du Dich nicht davon dominieren lässt. Das Du nicht sozusagen die eine Sucht durch die andere ersetzt, auch wenn das jetzt vielleicht etwas übertrieben klingt. Entscheidend um unsere Krankheit zu besiegen ist meiner Meinung nach, dass man mit sich selbst im Reinen ist. Das man seine innere Ruhe und Zufriedenheit wieder findet, letztlich (auch wenn das vielleicht kitschig klingt), dass man sich selbst liebt so wie man ist. Und das darf nicht von irgendwas äußerlichem abhängig sein.

    Bestimmt bekommst Du hierzu viel interessanten Input während Deiner Therapie. Alles Gute weiterhin und bis bald mal

    LG
    gerchla

  • Der Korrektheit wegen: Die Anonymen Alkoholiker haben keinerlei konfessionelle Ausrichtung. Aber Spiritualität ist ein wichtiger Baustein im AA-Programm.

    Ich (als orthodoxer Atheist) habe sie als sehr christlich "angehaucht" erlebt. Aber ist auch eigentlich wurscht - in ihrem Gelassenheitsspruch habe ich das "Gott gebe mir ..." durch "Ich wünsche mir ..." ersetzt - und schon hat es für mich gepasst.

    Auch wenn es etwas blasphemisch klingen mag, "Gott" durch "Ich" zu ersetzen" ;D

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Auch wenn es etwas blasphemisch klingen mag, "Gott" durch "Ich" zu ersetzen" ;D

    Hallo!

    Ich bezeichne es als agnostisch. Ich gönne anderen ihre Religion, sofern sie mich damit verschonen.

    Mich schrecken Gruppen mit religiösem Einschlag oder Färbung ab. Mein Alkoholproblem kann nur ich alleine lösen, da hilft mir keine angeblich höhere Macht.

    Gruß
    Rekonvaleszent


  • Mein Alkoholproblem kann nur ich alleine lösen, ...
    Gruß
    Rekonvaleszent

    **Ironie-Mode an**
    Toll! Da bist Du einer unter Millionen, der das fertigbringt! Alle Anderen benötigen dazu Hilfe von außen.
    **Ironie Mode aus**
    Pure Selbstüberschätzung …. ;)


  • Pure Selbstüberschätzung …. ;)


    Ich bekenne mich zu den "Selbstüberschätzern", die ohne das Hoffen auf eine höhere Macht im Vertrauen auf die eigene Kraft und Motivation, die durchaus auch von außen befeuert werden darf bzw. durfte, aus dem Suchtkreislauf ausstiegen.

    Bassmann

  • Ob nun die "höhere Macht" im Himmel, auf 'nem Berg oder in mir selbst wohnt - Hauptsache ist doch, wir können diese schiet Sucht bezwingen, oder??!!??

    Ansonsten ist MEIN Motto da unten zu lesen ;)
    I
    I
    I
    I
    V

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    können wir nur selber tun!

  • Jetzt wirds mir hier aber etwas zu spirituell. Ich möchte Euch Folgendes sagen...

    Ich glaube an keinen Gott. Zumindest keinen, der in irgendeiner Kirche, Moschee, o.ä. auf dieser Welt angebetet wird. Ich bin es seit meiner Jugend gewöhnt, die Dinge für mich selbst in die Hand zu nehmen. Das heisst nicht, dass ich keine Hilfe von anderen annehme. So schlau bin ich dann doch 8) Aber ich habe kein Vertrauen in irgendeine höhere Macht, die die Dinge für mich lenkt oder regelt...das muss ich schon ganz allein machen...mit ein paar Helfern von außen, denn ich kann auch nicht alles...bin ja nicht Gott :sorry:

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