Habe lange gebraucht

  • Ich war gestern Abend nach einiger Zeit wieder mal in einem Meeting.
    Es ist schon ein gewaltiger Unterschied , ob mit AD im Blut, oder ohne Netz und
    doppelten Boden, an einem Meeting teilzunehmen.
    Einige Berichte von Freunden haben mich dermaßen angesprochen, so das
    ich mich gleich dreimal zu Wort gemeldet habe.
    Es mußte einfach raus!
    Ich denke ich werde demnächst wieder öfters in Meetings zu sehen sein.
    Vorzugsweise in dieser Gruppe.

    Gruß Siegfried

  • Ich bin jetzt knapp 9 Wochen ohne AD.
    Meine Gelassenheit kehrt mit kleinen Schrittchen wieder zurück.
    Ich kann wieder 1-2 Stunden an einer alten Uhr herumschrauben ohne das verlangen zu haben
    sie in die Tonne treten zu müssen wenn es nicht so funktioniert wie ich mir das vorstelle.
    Ansonsten sieht es in meinem Gefühlsleben aus, wie in einem Hühnerstall in den ein
    Fuchs eingedrungen ist.

    Gruß Siegfried

  • Wollte mich mal wieder melden.
    Ich bin immer noch trocken und habe auch kein Saufdruck oder verlangen
    nach Alkohol.
    Ich habe in den letzten Tagen gute Gespräche mit AA Freunden geführt und meine
    nächste Therapiestunde ist nächste Woche.
    Das ich einige Baustellen habe, das wußte ich.
    Das diese Baustellen miteinander verwoben sind, das wußte ich auch.
    Aber das jede Einzele davon ihren Ursprung in meiner Kindheit hat,
    das wußte ich nicht.
    Das die Prägung, die ich durch meine Kindheit bekommen habe, mich anderst
    ticken lässt, wußte ich auch nicht.
    Erklärt aber vieles!
    Ich bleibe auf jeden Fall am Ball!
    Melde mich dann wieder.

    Gruß Siegfried

  • Ich hatte am Mittwoch meine 3. Therapiestunde und werde im neuen Jahr eine
    Traumatherapie beginnen.
    Meine Preussische Erziehung hat tiefe Spuren hinterlassen.
    Ich habe diese mein Leben lang mit Alkohol verdrängt, unterdrückt und kompensiert
    bis es nicht mehr funktionierte.
    Ich hatte Glück das ich zu dem Zeitpunkt als meine Depressionen nicht mehr zu
    verleugnen waren, ein Umfeld hatte ( und noch habe ) in dem " Therapie" kein
    Fremdwort war.
    Ich würde heute nicht mehr leben.
    Ich habe Angst!
    Und ich habe Hoffnung auf ein ruhigeres Leben!
    Ich kann nur allen, die es geschafft haben bei Zeiten aus dem Teufelskreis der Sucht
    auszusteigen gratulieren.
    Ich konnte es nicht früher.

    Gruß Siegfried

  • Ich habe Angst!

    Wovor hast Du jetzt noch Angst? Du hast es geschafft, den Drachen Sucht zu besiegen - da sollte doch der Blick in die Vergangenheit keine Angst, sondern nur (Er)Klärung bringen...

    Hey - Du bist Siegfried, der Drachentöter!

    Ich kann nur allen, die es geschafft haben bei Zeiten aus dem Teufelskreis der Sucht
    auszusteigen gratulieren.
    Ich konnte es nicht früher.

    Aber - Du HAST es geschafft :blumen3:

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Moin Greenfox!
    Ich habe keine Angst rückfällig zu werden.
    Ich habe Angst vor den Bildern und Gefühlen die ich jahrelang mit Alkohol
    verdrängt und weichgespült habe, die sich aber deswegen nicht aufgelöst haben.
    Dieser Mist drängt jetzt nach oben, aber nicht in klarer Form.
    Um das richtig zu interpretieren beginne ich die Traumatherapie.
    Ist so wie: Mir ist kotzübel! aber ich weis nicht warum.
    Ich möchte mir auch nicht mit Hilfe von Medikamenten mein restliches Leben
    durch eine Milchglasscheibe betrachten.
    Werde das bei Gelegenheit im geschützten Bereich versuchen zu beschreiben.

    Mit dem " Ich konnte nicht früher" habe ich mich etwas blöd ausgedrückt.
    Sollte eine Motivation für Neulinge sein!
    Bleibt dran!
    Zieht es durch!
    Nehmt alle Hilfe die ihr kriegen könnt an!
    Laßt es nicht so lange andauern wie ich!
    Die Chancen etwas gegen die Sucht zu unternehmen sind heute wesentlichst
    größer wie vor 30-40 Jahren.
    Geht in eine SHG!
    Nehmt Therapien in Anspruch!
    Arbeitet an eurer Seele!
    Je früher umso besser!
    Oder: Spät ist besser als nie!
    Es lohnt sich!
    Es lohnt sich sogar für einen alten Knacker wie mich! 8)
    Mein Leben hat sich 180° in"s Positive gedreht!

    Gruß Siegfried

  • Hallo Siegfried,

    Zitat

    Arbeitet an eurer Seele!
    Je früher umso besser!
    Oder: Spät ist besser als nie!
    Es lohnt sich!

    ich finde das hast Du sehr gut ausgedrückt! Es sagt eigentlich alles aus!

    Zu schade, dass es die meisten nicht erreicht. Und naja, zu nassen Zeiten hätte es mich auch nicht erreicht aber die, die hier im Forum ankommen sind meist schon ein Stückchen weiter. Besonders gefällt mir Deine Aussage "arbeitet an eurer Seele" - ja, ist die Seele gesund, braucht es keinen Alkohol mehr!

    LG
    gerchla

  • Hallo Gerchla!

    Oder: Wäre die Seele gesund gewesen! hätte der Alkohol keine Chance gehabt!

    Gruß Siegfried

  • Lieber Siegfried,
    toll, dass du kein Verlangen/Saufdruck hast, denn nur das zählt. Sei stolz auf dich!
    Die Prägung der Kindheit, das ist genau meine Schwachstelle. Ich habe es nicht anders gelernt, so zu handeln wie ich handele. Meine Therapeutin sagt immer: Du kompensierst alles nicht Gelernte aus deiner Kindheit mit Alkohol. Diese Verhaltensmuster sitzen so tief drin....ich frage mich jeden Tag, wie ich das mit Mitte 50 noch ändern kann.
    Alles Liebe Dir wünscht Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Ich bin immer noch trocken und habe keinen
    Saufdruck!
    Mit dem aufhören meiner Sauferei haben sich aber die Dinge die
    ich jahrelang mit Hilfe von Alkohol verdrängt und kompensiert habe nicht
    in Luft aufgelöst.
    Sie köcheln tief in meiner Seele vor sich hin und verhindern damit ein
    wirklich zufriedenes Leben.
    Ich hatte am vergangenen Montag meine 4. Therapiestunde und fange
    am 14.01.2019 mit meiner Traumatherapie an.
    Das Buch von Ingrid Müller-Münch Die Geprügelte Generation ist dabei
    ein sehe hilfreicher Begleiter.

    Ich wünsche allen ein geruhsames Weihnachtsfest
    und einen trockenen Rutsch in das neue Jahr.

    Gruß Siegfried

  • Hallo Siegfried,

    ich bin ja sozusagen auch noch ein Neuling und auch hier noch nicht lange dabei.
    Ich bin 56 Jahre und habe vor 5 Monaten beschlossen dem Alkohol „Lebewohl“ zu sagen und meinen falschen „Freund“ aus meinem Leben zu verbannen.
    Ich habe Deine Geschichte mit großem Interesse gelesen und Du hast eine sehr plastische Art zu schreiben. Das gefällt mir und vor allem nimmst du mich auf eine Zeitreise in meine eigene Geschichte.

    Wie oft habe ich morgens mit Zigarette im Schnabel, die Augen noch auf halb Acht
    auf dem Klo gesessen und mir geschworen" NIE WIEDER ALKOHOL!"
    Am Nachmittag Na, Ja!
    Am Abend: nur drei Flaschen Bier! mehr gibt es nicht!!!
    Um 21:30 waren die leer und der Abend noch so lange.
    Ich hole mir noch eine Flasche!

    Alleine diese Situation (allerdings ohne Zigaretten) beschreibt mein ganzes Elend. Sicherlich haben andere schon wesentlich gravierendere Dinge durchgemacht, aber wenn man diese Situation tausende Male durchgemacht hat, gerade diese verkaterten Schwüre, dann kann ich zumindest für mich sagen:

    So stelle ich mir die Hölle vor! :o

    Dieses immer wieder kehrende Versprechen, „NIE WIEDER ALKOHOL“, dass dann spätestens am Abend relativiert und gebrochen wurde hat bei mir im Laufe der Jahre zu einer immer schlimmer werdenden Unzufriedenheit (ich nenne es „Psychoblues“) geführt.

    Als Konsequenz daraus, dass ich mich nie an meine Vorgabe gehalten habe ist mein Selbstwertgefühl allmählich den Bach runter gegangen :-[.

    Dann setzte bei mir eine Spirale ein, die dazu führte, dass ich mich selbst nicht mehr leiden konnte und das Ganze dann auch auf meine Umwelt projeziert habe.

    Da kommt eine weitere Aussage von Dir ins Spiel, die es auch wieder mal genau trifft:

    Ich wußte gar nicht über wieviel Dinge ich mich aufregen kann!
    Ich wußte gar nicht wie vielen Menschen ich am liebsten den Hals umdrehen würde!
    Ich hatte auch keine Ahnung mit welcher spitzen Zunge ich um mich schlagen kann!

    Ich bin permanent mit schlechter Laune herumspaziert und habe immer damit gerechnet, dass gleich etwas Negatives passieren könnte >:(.
    Als Beispiel nehme ich mal eine ganz normale Szene aus dieser Zeit:

    Ich bin auf einem Weihnachtsmarkt und es ist richtig was los. Deshalb dauert es ein bisschen bis ich meinen ersten Glühwein habe. Dann kommt eine junge Mutter, die einen Kinderwagen durch die Menge schiebt.

    Anstatt jetzt die Situation ganz neutral zu bewerten, nämlich, dass da eine junge Mutter mit ihren Kind einen schönen Nachmittag auf dem Weihnachtsmarkt verbringen möchte hat mein frustriertes Gehirn nur gedacht:

    „Was muss diese blöde Kuh mit ihrem breiten Kinderwagen sich jetzt auch noch durch die Menge quetschen, die wird bestimmt gleich jemanden in die Hacken fahren“

    Für solche Gedankengänge schäme ich mich heute noch zutiefst und eines der schönsten Dinge die mir meine Abstinenz gebracht hat ist, dass ich immer mehr positive Denkweisen bekomme :(.

    Was bei mir auch noch zu einer zufriedenen Abstinenz führt, ist die Tatsache, dass im Laufe der alkoholfreien Zeit, aber erst so nach ein bis zwei Monaten meine Energie und mein Tatendrang wiedergekehrt sind.

    Ich kannte dieses Gefühl schon gar nicht mehr. Ich bin jetzt viel aktiver und widme mich wieder den schönen Dingen die mir vor langer Zeit viel Spaß gemacht haben und die ich jetzt wieder entdecke.

    Ich habe mir auch viel Ratgeberliteratur besorgt, die nicht unbedingt viel mit Alkohol zu tun hat. Ich versuche auch zu ergründen woran es bei mir lag. Da spielen auch Dinge mit, wie geringes Selbstwertgefühl, mangelnde Willenskraft (bei der Umsetzung haperts) und Vieles mehr.

    An diesen Dingen kann ich jetzt gezielt arbeiten und das tue ich auch. Das ist ein langer Prozess und da werde ich noch lange zu tun haben. Aber es gefällt mir und wenn ich dann so kleine Teilerfolge sehe, motiviert mich das ungemein.

    Deshalb bin ich auch zurzeit in einer sehr ausgeglichenen und positiven Stimmung und das führe ich einzig und allein auf meine Entscheidung zurück 44..

    Da passt dann wieder eine Aussage von Dir:

    Es ist schön nicht mehr mit künstlich erzeugter Gutmüdigkeit ( AD ) alles hinzunehmen!
    Es macht mir Spass mich erfolgreich zu wehren ohne dabei gleich alles
    in Schutt und Asche zu legen!

    Ich danke Dir für deine interessanten und offenen Berichte und freue mich wenn ich noch weiter von Dir lesen darf.

    Für mich sind solche Beiträge immer wieder motivierend und informativ zugleich.

    tscha changemaker

  • Lieber Siegfried,
    die Traumatherapie im Januar wird dich ganz sicher stärken, da bin ich sicher.
    Alles Liebe für dich, bleibe gesund und vor alle zufrieden trocken.
    Lg britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Forum!

    Ich bin nach wie vor trocken!
    Ich lese nach wie vor jeden Tag hier im Forum!
    ( zwar unsichtbar als Gast, aber ich lese! )
    Ich sitze nach wie vor fast jeden Abend ( nicht mehr Nachts )
    in meinem Sessel zum Nachdenken/Inventur halten!
    Es ist zu einem festen Ritual geworden.

    Zur Zeit lese ich sehr viel im Angehörigenbereich.
    In deren Beschreibungen ihrer alkoholkranken Angehörigen/Freunden
    finde ich mich immer wieder, aber so wie ich wirklich war, und nicht wie ich
    geglaubt habe gewesen zu sein.
    Auch die Verhaltensweise meiner verstorbenen AA Freundin mir gegenüber und meine
    CO-Abhängigkeit ihr gegenüber kann ich hier gut nachvollziehen.
    Manchmal fühle ich mich wie das grösste AL im Universum.

    In meiner Mitte Januar angefangenen Traumatherapie fühle ich mich gut
    aufgehoben.
    Es geht mit kleinen aber sehr schmerzhaften Schrittchen voran.
    Bis es da so richtig in die Tiefe geht, gibt es noch jede Menge
    Vorarbeit zu leisten/Müll wegzuräumen.
    Die vorherigen Therapien waren zwar sehr hilfreich, aber durch
    die hohe AD Dosierung doch so ein bisschen wie
    Füssewaschen mit Socken an.

    Zeitweise geht es mir so elend dabei, das ich mir wünsche
    einzuschlafen und nie mehr aufzuwachen.
    Und selbst da gibt der Gedanke an Alkohol mir nicht das Gefühl,
    er könnte mir auch nur eine Sekunde Erleichterung verschaffen.
    Eher das Gegenteil!

    ABER ICH TUE ETWAS!
    Und das ist allemal besser, wie mich hinzusetzen und Däumchendrehend
    auf mein Lebensende zu warten!

    Gruß Siegfried

  • Es freut mich, dass es Dir gut geht und Du nach wie vor etwas für Dich tust 44.

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hier im Forum lese ich im wieder den Satz:

    Alkohol und Drogen sind nur was für Anfänger!
    die richtig coolen ziehen sich die Realität rein!

    Die Realität! das hat was!

    In meinem Sessel sitzend, ist mir da was eingefallen,
    das ich gerne mit euch teilen möchte.

    Als Lehrling mußte ich mal, weil ich der leichteste war,
    ein dickes Kabel über Dächer von Anbauten und Schuppen ziehen.
    Ich bin dabei durch ein Eternitdach in einen Hühnerstall gekracht. Das Federvieh da drin
    ist kreischend, gackernd und Federverlierend um mich herumgeflattert, und
    teilweise durch das Loch über mir entschwunden.

    Als ich aufgehört habe zu saufen, und mich dann noch
    aus den AD ausgeschlichen hatte, ging es meinen Gefühlen wie den Hühnern,
    als die Realität in meine Seele gekracht ist.
    Nichts war so wie ich geglaubt habe das es ist!
    Nichts war so wie ich es gerne gehabt hätte!
    Die Welt die ich mir doch so schön und rund gesoffen hatte,
    fing an zu zerbrechen.
    Und wie war es mit meiner eigenen Realität/Identität?
    Bin ich doch mein Leben lang immer wieder unbewusst in Rollen geschlüpft,
    von denen ich glaubte, das andere mich nur so akzeptieren, respektieren und lieben könnten.
    Was ein Scheiß!
    Vermutlich habe ich immer nur das Gegenteil davon erreicht!

    Gruß Siegfried

  • Hallo Siegfried,

    das kommt mir auch bekannt vor, als ich noch getrunken habe war ich oft damit beschäftigt, so zu sein, wie ich dachte, dass andere mich haben wollen.

    Das hat sich bei mir mittlerweile sehr geändert. Ich dachte das liegt am Alter, aber vielleicht hängt es doch noch mehr mit dem Alkohol zusammen.

    Zum einen das ewig schlechte Gewissen, was einen dazu gedrängt hat nur nicht so zu scheinen wie man ist... ...denn wie (schlecht und unvollkommen) man wirklich ist, darf ja keiner wissen.

    Zum anderen eine gewisse Egomanie, andere nur zu benutzen um sich selbst auszurichten. Und die Aktionen und Reaktionen anderer immer auf sich selbst zu beziehen.

    Der hat das und das gesagt, warum macht der das, warum tut er mir das an, will er mir was böses...Blabla. Dabei hat der Mensch einfach nur was gesagt, was mit ihm zu tun hatte und nicht mit mir.

    Für mich ist das sehr befreiend, aus diesem kranken Denken raus zu sein und nicht mehr alles auf mich zu beziehen. Das war wie ein Teufelskreis.

    LG Risu

    Viele Grüße, <br />Risu

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