Wichtige Tipps zur Weihnachtszeit

  • Hallo,

    ich möchte hier mal einige Zeilen posten, die Rekonvaleszent in dem Bezahlforum gepostet hat, und die ich für sehr wichtig halte.
    Vorab, man sollte Demut vor unserer Krankheit zeigen und allen Gefahrenquellen aus dem Weg gehen. Ich persönlich lebe seit mehreren Wochen vollkommen autark, und es tut mir gut. Ich habe mich von meinem Freundeskreis getrennt und ich habe mit meiner Familie abgeschlossen.

    Einkäufe erledige ich über das Internet. Denn grad in der Weihnachtszeit lauern überall Gefahren bzgl. Alkohol. Ich habe für mich das Prinzip der Risikominimierung entdeckt, und fahre damit gut. Auch die Literatur aus Patienten- und Therapeutensicht hat mir sehr weiter geholfen.

    Ja die Weihnachtszeit hat es in sich, besonders für frische Abstinenzler im ersten Jahr. Von Weihnachtsmärkten und -feiern mal abgesehen, lauern noch andere Gefahren:

    Die Prospekte der Super- und Getränkemärkte laufen förmlich über mit Angeboten, zu gefühlten 95% alkoholischen Inhalts. Das Betrachten dieser Prospekte kann Suchtdruck auslösen. All die vermeintlich schönen und guten Sachen, die man sich früher mal im Dezember gegönnt hat -Säufer waren ja immer die anderen, man selbst der Genießer- können das Suchtgedächtnis ordentlich ans Rumoren bringen und Suchtdruck auslösen.

    Was mache ich in meinem dritten abstinenten Jahr? Ich blättere rasch weiter und mein Blick verweilt nicht bei ihnen. Falls dennoch der "Schmacht" nach einem Bier/Drink aufkommen sollte, frage ich mich, ob dies nicht doch an der Jahreszeit liegt, da ich früher gerade im Dezember gerne und heftig auch mal teure Alkoholika gebechert habe. Der Impuls für mein Suchtgedächtnis lautet: Weihnachtszeit=hochwertiger/teurer Sprit.

    Ich habe das Problem im Blick. Bislang bin ich noch nicht gepeinigt worden. Aber wer weiß, was noch kommt?

    Einmal editiert, zuletzt von Henri (16. Dezember 2017 um 23:21)

  • Trotz längerer Abstinenz erinnere ich mich, was jedesmal für eine logistische Meisterleistung erbracht werden musste, um für die Feiertage genügend Sprit im Haus zu haben, in verschiedenen Depots, um nicht so aufzufallen und mit Alternativen, wenn er doch nicht ausreichen sollte.
    Nein, das möchte ich nicht wieder!

    Geruhsamen III. Advent
    Gerd

  • Zitat

    Ich habe mich von meinem Freundeskreis getrennt und ich habe mit meiner Familie abgeschlossen.

    Weil hier so viel von fachlichem Wissen und Lektüre und dem von Rekonvaleszent erfundenen „Modell“ der Risikominimierung geschrieben wird …

    Schon Dipl.-Psych. Ralf Schneider (Direktor & Geschäftsführer der Salus-Kliniken) schrieb in seiner Suchtfibel:

    „Angezeigt ist die Expositionsbehandlung ganz besonders in den Fällen, in denen alle kritischen Situationen aus Angst vor der Überwältigung durch ein starkes Verlangen zwanghaft vermieden werden und diese Vermeidung das Leben der Betroffenen in unerträglicher Weise einengt. Zuviel Angst vor einem Rückfall geht nämlich mit Misstrauen und beklommener Vorsicht einher, weil man ständig auf der Hut vor Risikosituationen ist. Das kann so weit gehen, dass diese Gefühlslage selbst zum Risikofaktor wird.“

    Zitat

    Vorab, man sollte Demut vor unserer Krankheit zeigen und allen Gefahrenquellen aus dem Weg gehen.
    Denn grad in der Weihnachtszeit lauern überall Gefahren bzgl. Alkohol

    Ich weiß, dass die "Gefahren" vor allem - in mir - lauern. Da könnte ich in die Puszta auswandern, wenn ich mit mir, als Gefahrenquelle nicht klarkomme, dann nützt das Alles nichts. 8)

  • In Einem muss ich Günther zustimmen: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!
    Und gerade zur Weihnachts-/Silvesterzeit ist es wichtig, Risikominimierung zu betreiben.

    Aber "Risikominimierung" heisst nicht, sich einzumauern und von der gesamten Umwelt abzuschotten! Es heisst für mich viel mehr, zum Einen für mich zu entscheiden, was kann ich tun und was nicht, ohne mich zu gefährden und mir zum Anderen Strategien zurechtzulegen für Situationen, wo ich mir selbst nicht über den Weg trauen würde.

    Günther, was ich bei Dir lese ist nach meinem Empfinden MEILENWEIT von einer zufriedenen Abstinenz entfernt:


    Vorab, man sollte Demut vor unserer Krankheit zeigen und allen Gefahrenquellen aus dem Weg gehen. Ich persönlich lebe seit mehreren Wochen vollkommen autark, und es tut mir gut. Ich habe mich von meinem Freundeskreis getrennt und ich habe mit meiner Familie abgeschlossen.

    Einkäufe erledige ich über das Internet.

    Da kommt bei mir die Frage auf, wann der dritte Affe ("Nichts sagen") hervorkommt. Die Zeilen lesen sich so, als wenn Du Dich eingemauert hast.

    Allen Gefahren kann man (in der Realität) nicht aus dem Weg gehen - aber man kann sich rüsten, Strategien zurechtlegen - siehe oben.
    Meinen Freundeskreis habe ich - sofern er das nicht schon von selbst getan hat - sortiert und nur die wirklichen Freunde behalten. Und meine Familie habe ich mit einbezogen. Und wenn mir bestimmte Familienangehörige nicht guttun würden, würde ich den Kontakt halt auf ein Minimum beschränken (Strategie!). Ist bei mir aber zum Glück nicht der Fall.

    Ich feiere Weihnachten und Silvester in einem alkoholfreien Umfeld - Heilig Abend bin ich auf Arbeit, am 1. Feiertag bin ich bei meinen Eltern (die trinken keinen Alkohol) und am 2. Feiuertag kommt die gesamte Familie zu mir ( :o ). Und alle wissen, dass es bei mir keine alkoholischen Getränke gibt. Und Silvester feiere ich - wie schon des Öfteren - mit meinem Selbsthilfeverein. Da habe ich mittlerweile gute Freunde und es wird auch ohne Alkohol bis in die Puppen gefeiert - für mich früher unvorstellbar, wie soetwas ohne Alk funktionieren soll. Heute halte ich ohne Alk länger durch und erinnere mich sogar heute noch an das Silvester vor z.Bsp. 6 Jahren ;)

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • [

    Weil hier so viel von fachlichem Wissen und Lektüre und dem von Rekonvaleszent erfundenen „Modell“ der Risikominimierung geschrieben wird …

    Ich habe überhaupt nichts erfunden, dafür reichen weder mein Intellekt, noch meine Phantasie aus.

    Risikominimierung heißt, dass man bestimmten Situationen, die mit heftigem Alkoholkonsum verbunden sind, nicht noch hinterher läuft.

    Für den Anfänger der Abstinenz, Dietmar und Greenfox sind solche schon lange nicht mehr, schadet es sicherlich nicht, wenn er/sie im ersten Jahr mal auf Saufkneipen, Rudelgucken, Weihnachtsfeiern und Weihnachtsmärkte verzichtet. Ich bin auch erst im zweiten Jahr z.B. wieder auf einen Weihnachtsmarkt gegangen, als ich schon gefestigter war.

    Ich habe davon profitiert, mein früheres Konsumverhalten gründlich zu analysieren. Wann habe ich wo, wieviel und warum getrunken?

    Zu der Expositionsbehandlung sei angemerkt, dass diese bloß nicht in Eigenregie durchgeführt werden sollte und zudem einen gewissen Grad der Festigung -z.B. am Ende einer Therapie- voraussetzt.

    Fazit: Ich lebe in einer alkoholdurchzogenen Gesellschaft, dem kann und will ich mich nicht entziehen, jedoch bin ich achtsam.

    Gruß
    Rekonvaleszent

  • Holla, da habe ich jetzt etwas losgetreten … :D

    Also generell ist für mich Sucht und alles was damit zusammenhängt (kritische Situationen, Auslöser, Lieblingsgetränk, usw.) höchst individuell.
    Genauso natürlich wie Betroffene „für sich“ damit umgehen (lernen).

    Zitat von "Greenfox"

    In Einem muss ich Günther zustimmen: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!
    Und gerade zur Weihnachts-/Silvesterzeit ist es wichtig, Risikominimierung zu betreiben.


    Ich hatte mit Weihnachten und Silvester nie viel am Hut. Es gibt sicher noch viele andere Situationen, Feste und Ereignisse, die individuell für Betroffene Suchtspezifisch sein können. ;)

    Lieber Greenfox, ich würde niemals schreiben oder unterstellen wollen, dass Günther keine zufriedene Abstinenz lebt. Auch das ist ja höchst individuell.
    Wenn er sich mit den gewählten Mitteln seiner Wahl zufrieden fühlt, dann ist es für ihn gut so. (Schließlich ist selbst gewählte Eremitage in machen Ländern (vor allem Indien) sogar angeblich der Weg in die Vollkommenheit ;D)
    Es ist halt so, dass „Ratschläge“ ziemlich daneben gehen können, oder?
    Ich habe für mich dazu „meine Weg“ gefunden: Ich kann niemals sagen „wenn ich Dich wäre, würde ich …dies und jenes tun. Ich kann bestenfalls sagen „wenn ich in eine gleiche oder ähnliche Situation kommen würde, würde ich für mich … so und so entscheiden! Schon aus dem Grund heraus, weil „mein Weg in meine Suchtfreiheit“ für Dich direkt in die „Suchtabhängigkeit“ führen könnte.

    Wenn ich zurückblicke, dann stelle ich fest, dass es sich ganz von alleine ergeben hat, dass ich heute kaum mehr in einem aktiv Alkohol konsumierenden Umfeld zugegen bin. Ich stelle aber – trotz immer wieder hervorgehobenem Hinweis auf die stete Präsenz von Alkoholika, Werbung u.a. – auch fest, dass allgemein eine höhere Sensibilität für ungesunden (Alkohol)Konsum deutlich gegenüber früheren Zeiten vorhanden ist. (Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein?)

    Lieber Rekonvaleszent,
    ich wollte Dir mit „Deinem Modell der Risikominimierung“ nicht zu nahe treten!
    Es kam von Günther nur bei mir so an, als hättest Du dazu sozusagen eine „Therapieform“ gefunden, an die er sich gehalten hat.
    Wobei Du ja selbst relativierst:

    Zitat

    Risikominimierung heißt, dass man bestimmten Situationen, die mit heftigem Alkoholkonsum verbunden sind, nicht noch hinterher läuft.


    Das versteht sich m. E. von alleine. Ich weiß aber sicher, dass es keineswegs so ist, dass die Schlüsselreize, die Rückfälle auslösen könnten, durch lang anhaltende Abstinenz gänzlich verschwinden, weil das „Suchtgedächtnis“ nicht zu löschen ist.
    Die entsprechenden Konstellationen in unvorhersehbaren Situationen vorausgesetzt kann jeder Alkoholiker, egal wie lange er trocken ist, ins Schleudern kommen.
    Insofern, danke für „Dietmar und Greenfox sind solche schon lange nicht mehr“, aber ich für mich weiß das erst, wenn der letzte Deckel drauf ist. ;)


  • Ich weiß aber sicher, dass es keineswegs so ist, dass die Schlüsselreize, die Rückfälle auslösen könnten, durch lang anhaltende Abstinenz gänzlich verschwinden, weil das „Suchtgedächtnis“ nicht zu löschen ist.
    Die entsprechenden Konstellationen in unvorhersehbaren Situationen vorausgesetzt kann jeder Alkoholiker, egal wie lange er trocken ist, ins Schleudern kommen.
    Insofern, danke für „Dietmar und Greenfox sind solche schon lange nicht mehr“, aber ich für mich weiß das erst, wenn der letzte Deckel drauf ist. ;)

    Hallo!

    Das ist m.E. absolut zutreffend. Das Suchtgedächtnis funktioniert leider tadellos und einwandfrei. Ich habe gelernt, mit gewissen und vorhersehbaren Schlüsselreizen umzugehen, da ich ihnen bereits trotzen konnte. Jede erfolgreiche Triggerabwehr stärkt mich für die Zukunft.

    Wir können nicht alle Risikosituationen vorhersehen. Gelange ich jedoch in eine solche, die ich bislang nicht auf dem Schirm hatte, hoffe ich, dass ich aufbauend auf meinen bisherigen Erfahrungen, das konkrete Risiko abwenden kann.

    Gruß Rekonvaleszent

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