Früher (vor der Erkrankung)

  • Denkt ihr auch ständig an die Zeit vor der Alkoholerkrankung zurück? Und stellt euch dann vor, wie euer Leben geworden wäre ohne den Alkohol?
    Ich denke immer wieder an die Zeit vor der Erkrankung zurück und male mir die alternative Lebensentwicklung und Gegenwart in den schönsten Farben aus. Gerade habe ich wieder einmal – konnte nicht schlafen – die ganze Nacht darüber nachgedacht …
    Ich weiss, bei den AA heisst es, man soll nicht an die Vergangenheit und das Geschehene denken, sondern Tag für Tag leben. Mir will das aber nicht gelingen, ich habe grosse Mühe damit.

  • Zum Einen müsste ich dafür ja WISSEN, wann ich abhängig geworden bin - dass ging bei mir über die Jahre seit der Jugend (Früher waren wir "jung und schön" - heute nur noch "und") und vermutlich schleichend.

    Und zum Anderen - es ist wie es ist. Wie heisst es so schön "Hätte, hätte, Fahrradkette".

    Also darum mache ich mir keinen Kopp. Ich weiß nur eins: Es wäre ANDERS gewesen. Besser/schlechter nixweiss0 Fehlt mir die Glaskugel ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Lime Juice,

    ich weiß zwar in etwa, wann ich abhängig wurde.Und ich weiß noch sehr genau, wie mein Leben als Abhängiger verlief, wie sich dieses Leben anfühlte und wie es sich jetzt ohne Abhängigkeit anfühlt.

    Da ich allerdings erfuhr, dass so gut wie alles in meinem Leben -egal ob es sich zu diesem Zeitpunkt nun gut oder schlecht anfühlte- wichtig für mein jetziges Leben war, denke ich nicht darüber nach, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich nicht abhängig geworden wäre.

    Hat alles seinen Sinn.

    Gruß
    Bassmann

    Einmal editiert, zuletzt von Bassmann (11. April 2017 um 10:38)

  • Hallo Lime Juice -

    Ende des Jahres werde ich rückfallfrei zehn Jahre trocken sein - auch wenn ich ansonsten nicht zu den "Tageszählern" gehöre - anlässlich dieses Ereignisses ertappe ich mich schon das eine oder andere Mal beim Resümee-Ziehen ...
    Natürlich kommen mir auch manchmal Gedanken in den Kopf, was wäre gewesen, hätte ich nicht gesoffen ... wie wäre mein Leben ohne diese Suchterkrankung verlaufen - wo würde ich heute stehen?
    Da das alles Spekulation ist und ich meine Krankheit im Laufe der letzten Jahre auch emotional akzeptiert habe, sehe ich mittlerweile im Wesentlichen auf das, was mir meine Suchterkrankung auf der Haben-Seite gebracht hat:
    In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit mir selber beschäftigt, habe viele Dinge aufgearbeitet, die wahrscheinlich ursächlich meinen Suchteinstieg bedingt haben und habe so einiges an den Umständen verändert, die einem "echten" Leben im Weg stehen könnten.
    Letztendlich habe ich mir Dinge für ein zufriedenes Leben erarbeitet, die ich ohne meine Suchterkrankung aller Wahrscheinlichkeit nach wohl ohne Not nicht angegangen wäre. Einer meiner Suchttherapeuten hat einmal aus meiner Sicht treffend formuliert:
    "Im Grunde ist es egal, ob Sie einen Herzinfarkt erlitten haben oder wie in Ihrem Fall, am Ende einer Suchtspirale angekommen sind. Entscheidend ist, dass Sie etwas an Ihrem Leben verändern. Einschneidende biographische Ereignisse bieten immer die Chance, sich in die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Wichtig ist nicht das was war, sondern wo Sie hinwollen - nutzen Sie die Chance ... !"
    Daran habe ich mich gehalten und es tut mir gut!

    Beste Grüße
    keppler

  • Hallo Lime Juice,

    also, ich denke schon mal ab und zu zurück. Aber eher im Rahmen meiner Aufarbeitung. Wenn ich zurück blicke, dann geht es meist darum, was ich wem und was in meiner nassen Zeit alles zugemutet habe und was gewesen wäre, wenn ich mich damals anders verhalten hätte.

    Im Bezug auf mein eigenes Leben blicke eigentlich nicht zurück. Also nicht in dem Sinne " wie wäre mein Leben verlaufen wenn ich nicht abhängig geworden wäre". Das liegt vielleicht daran, dass ich jetzt mit meinem Leben absolut zufrieden bzw. glücklich bin. Und sogar immer wieder die "Vorteile" meiner Sucht erkenne. Nämlich, dass ich es unglaublich genießen kann so leben zu dürfen wie ich es heute tue. Ich glaube nicht, dass mir das ohne diese Sucht bewusst geworden wäre.

    LG
    gerchla

  • Hätte ich nicht soviel gesoffen...
    Wäre mein Leben anders verlaufen...
    Hätte ich in der Schule besser aufgepasst... :)

    ...wäre ich wahrscheinlich nicht so zufrieden wie im Augenblick.
    All die Vergangenheit gehört mir und bleibt überwiegend positiv in der Erinnerung.

    LG Gerd

  • Hallo wikende091

    ich möchte mich jetzt komplett Gerd anschließen. Ich möchte meine Vergangenheit nicht missen. Ich hatte sehr viele schöne Jahre. Sicher war es manchmal viel und auch viel zu viel Alkohol, aber ich habe gelernt und genieße meine Gegenwart in vollen Zügen. :clap:

    LG Betty :sun:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

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