Alkohol vs. Zigaretten

  • Super Beitrag, Dietmar!
    Seit ich hier im Forum unterwegs bin, versuche ich, Bassmanns "Argumentationen" nachzuvollziehen, zu begreifen. Es gelingt mir jedoch nicht. Bei mir kommt als Quintessenz immer nur an
    "Erkenne Deine Sucht als solche - und Du bist geheilt/kannst das Suchtmittel problemlos weglassen."
    Und das konnte ich nicht nachvollziehen und halte eine solche verharmlosende Aussage für gefährlich.


    Darf ich Dich fragen, warum Du, aufgrund Deines nachweisbaren Erfolges und dessen Nachhaltigkeit, nicht längst eine eigene „Allan Carr Therapie“ eingerichtet hast?
    Weil, wenn es so einfach ist, dann wäre das doch überhaupt der Knüller in der Suchtszene. Ich würde Dich in jedem Fall dabei unterstützen!
    ...
    Ich mache Dir einen Vorschlag, den bestimmt auch die Forumsleitung nicht ausschlägt: Mach doch einfach hier einen eigenen Bereich, in dem Du Deinen Weg aus der Sucht mit Hilfe von Allan Carr beschreibst und andere Hilfe Suchende dazu animierst, diesen Weg zu gehen, wenn ihnen das, was die etablierte Suchthilfe anzubieten hat, nichts bringt.

    Alternative Lösungen waren noch nie schlecht, besonders dann, wenn sie schon mal bei jemand funktioniert haben.
    Ich bin mir aber auch sicher, dass allein die Kritik an den bestehenden Lösungen niemand weiterhilft, und sogar im Kontext zu Deinen Aussagen „fahrlässig“, bzw. „leichtfertig“ ist.

    Immer ran - schaden kann es ja nicht, Alternativen aufzuzeigen! Mittlerweile habe auch ich verstanden, dass mehrere Wege nach Rom/aus der Sucht führen. Der eine oder andere ist zwar FÜR MICH nicht gangbar - aber wer bin ICH schon? Ein Staubkörnchen im Universum der Süchte ;)

    Nein, ich finde sie überhaupt nicht gut. Weil sie impliziert, dass es sehr leicht wäre, allein durch das Lesen von Allan Carrs Bücher die Sucht zum Stillstand zu bringen. Es scheint dann so, als müssten Betroffene überhaupt nicht weiteres für sich tun.
    Franz, Du wahrscheinlich nicht, aber viele Betroffene, die ich persönlich kenne, schaffen es alleine und ohne qualifizierte Entzugsbehandlung nicht. Die Verantwortung für eine kalten Home-Entzug zu übernehmen, wäre für mich überhaupt nicht möglich.Auch nicht das Anraten dazu, weil ich (hier übers Forum) niemals weiß, wie tief der Betroffenen schon in der Sucht steckt.

    Sehe ich genauso 44.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!


  • Ich mache Dir einen Vorschlag, den bestimmt auch die Forumsleitung nicht ausschlägt: Mach doch einfach hier einen eigenen Bereich, in dem Du Deinen Weg aus der Sucht mit Hilfe von Allan Carr beschreibst und andere Hilfe Suchende dazu animierst, diesen Weg zu gehen, wenn ihnen das, was die etablierte Suchthilfe anzubieten hat, nichts bringt.

    Schon geschehen. (Siehe Katro´s Thread)

    Gruß
    Bassmann

  • Sorry, ich dachte es mir zwar vage, aber ich konnte ja nicht wissen, dass Du "Katro" bist.

    Ich muss als sehr analytisch veranlagter Mensch allerdings gestehen, dass ich mich sehr schwer tue an seitenlangen Thread dran zu bleiben, wenn mir permanent die Widersprüchlichkeiten in die Augen springen.

    Ich habe allerdings auch den Eindruck, dass Du über Deinen Weg gar nicht diskutieren möchtest, sondern dann doch eher mit derselben Abwehr reagierst, wie Du es der anderen Seite vorwirfst.

    Aber alles gut!
    Vielleicht wäre der Thread für Anhänger Deiner Theorie markanter, wenn Du Bezug auf Allan Carr nehmen würdest?

  • Hallo Dietmar,


    Nein, ich finde sie überhaupt nicht gut. Weil sie impliziert, dass es sehr leicht wäre, allein durch das Lesen von Allan Carrs Bücher die Sucht zum Stillstand zu bringen. Es scheint dann so, als müssten Betroffene überhaupt nicht weiteres für sich tun.
    Franz, Du wahrscheinlich nicht, aber viele Betroffene, die ich persönlich kenne, schaffen es alleine und ohne qualifizierte Entzugsbehandlung nicht. Die Verantwortung für eine kalten Home-Entzug zu übernehmen, wäre für mich überhaupt nicht möglich.Auch nicht das Anraten dazu, weil ich (hier übers Forum) niemals weiß, wie tief der Betroffenen schon in der Sucht steckt.

    Ich habe meinen Text jetzt nochmals geändert. Ich sehe schon, sonst geht wieder eine neue ungute Diskussion los (ich habe den vorigen Text aber zwischengespeichert). Grundsätzlich siehts der eine etwas a) distanzierter (die tiefe Erkenntnis: ich brauche das Suchtmittel nicht mehr oder b) eine lange Auseinandersetzung, der Suchtdruck dauert an, ein Kampf, eine Diskussion im Kopf hält an.

    Ah ja, Allan Carrs Bücher (das mit dem Rauchen habe ich zweimal gelesen, da hats aber im Ggs. zu Bassmann bei mir nicht Klick gemacht) und auch das Buch "Endlich Wunschgewicht" (das ich im Bücherthread angeführt habe). Letzteres war interessant, aber so ganz angekommen ist der Inhalt bei mir auch nicht.

    Eigentlich gings ja "Alkohol vs. Zigaretten". Ist schon ähnlich, nur ist die Abhängigkeit von Zigaretten nicht direkt so verheerend für die Person oder die anderen Leute, wie bei Zigaretten. Alkohol kann für sich und andere direkt gefährlich sein (Aggressionen, zerstörerisch, Streitereien); bei Nikotin ist es nur lästig. Für die körperliche Gesundheit sind beide nicht gut, jedes in seiner eigenen Weise. Das brauch ma glaube ich aber eh nicht diskutieren ;) Ich finde, wenn Warnhinweise, dann sollten sie auch auf jeder Bierflasche oben sein. Grundsätzlich finde ich das blöd, ich würde darauf verzichten (Dass Zigaretten ungesund sind, wissen eh auch alle so).

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (17. Februar 2017 um 18:28)

  • Also, ich weiss, dass das hier keine Abstimmung ist und auch dass alle gross genug sind, um für sich selber zu schreiben. Und ich sehe Bassmann / Katro und auch Allen Car nicht als Guru an.

    Trotzdem möchte ich mitteilen, dass ich persönlich sehr viel aus Bassmanns Beiträgen nehmen kann und sie mich zum Nachdenken anregen und weiterbringen.

  • Zitat

    Ich sehe schon, sonst geht wieder eine neue ungute Diskussion los

    Zitat

    Also, ich weiss, dass das hier keine Abstimmung ist und auch dass alle gross genug sind, um für sich selber zu schreiben.

    Hallo Franz, hallo Mira,

    ich kann jetzt nicht verstehen, weshalb eine Diskussion über die verschiedenen Wege aus der Sucht zu unguten Gefühlen oder irgendwelchen persönlichen Animositäten führen sollte.
    Das ist doch kein Wettbewerb, wer "Recht" hat oder nicht.

    Ich bin aber schon der Meinung, dass ich Unstimmigkeiten und auch Widersprüche bei der Beantwortung hier im Forum ansprechen darf.
    Oder nicht? (Vielleicht überwiegt ja das Harmoniebedürfnis?) ;)

    Im Übrigen werde ich wohl meine Signatur abändern: Alkoholismus ist immer 26!

  • Guten Morgen Dietmar,

    zwei abschließende Anmerkungen bzw. Antworten zu deinem Text Nr.19 in diesem Thread.

    Zitat

    Du wirst mir vielleicht zustimmen, dass das Ergebnis (Kapitulation versus Befreiung von etwas, das Dir absolut nicht gut tut) dasselbe ist?

    Nur vordergründig.

    Wenn ich vor dem Alkohol kapituliere, stelle ich für mich fest, dass ich einen aussichtslosen Kampf gegen einen überlegenen Gegner führe. Ich stelle sämtliche Kampfhandlungen ein und beschränke mich in Anschluss an meine Kapitulation darauf, Verteidigungsanlagen zu errichten, die den Gegner daran hindern sollen, erneut einen Kampf vom Zaun zu brechen.
    Wenn ich mich befreie, kämpfe ich nicht mehr wie zuvor darum, dass mein Gegner die Illusion, die er geschickt inszeniert hatte, auch umsetzt. Denn damit erwarte ich etwas, was er überhaupt nicht leisten kann. In meinem letzten Kampf, enttarne ich meinen Gegner. Die Illusion tritt nun voll zu Tage. Nach dieser Befreiungsaktion kann mir der Gegner nichts mehr tun, weil ich sein Vorgehen durchschaut habe.

    Ich erkenne jetzt, dass er überhaupt nicht stärker ist als ich es bin, sondern als geschickter Fallensteller agiert.
    Doch das mit dem Fallenstellen klappt jetzt nicht mehr, weil ich die Fallen mittlerweile sehen kann. Da kann er sie noch so gut tarnen.

    Zitat

    Weil sie (Sie = Bassmanns Betrachtungsweise) impliziert, dass es sehr leicht wäre, allein durch das Lesen von Allan Carrs Bücher die Sucht zum Stillstand zu bringen. Es scheint dann so, als müssten Betroffene überhaupt nicht weiteres für sich tun.

    Ich habe nie geschrieben, dass ein Abhängiger nur Allen Carrs Bücher lesen muss, um erfolgreich aus seinen Süchten auszusteigen. Ich bin nach meiner Ausstiegserfahrung aber auch absolut nicht davon überzeugt, dass die Therapie persönlicher Defizite eine Voraussetzung für den erfolgreichen Suchtausstieg ist. Oder dass ich ständig darauf achten muss, dass es mir gut geht, damit ich die Rückfallwahrscheinlichkeit senke.

    Ich erfahre, dass Suchtmittel nach meinem Ausstieg keine Bedeutung mehr haben, um mich besser zu fühlen, zu betäuben usw., weil mir klar ist, dass Lebensqualitätsverbesserung durch Suchtmittelkonsum weder funktioniert, noch sinnvoll ist.
    Wenn ich heute etwas für mich tue, dann nicht aus dem Grunde, weil ich ein Alkoholiker bin/war, sondern weil es grundsätzlich gut für mich ist.

    Grüße vom
    Bassmann

  • Lieber Bassmann,

    es ist für mich immer wieder spannend, wie unterschiedlich die Betrachtungsweisen sind.
    Jede hat für den Betroffenen ihre Berechtigung, sonst würde er es so nicht sehen wollen.

    Die Diskussion über „Kapitulation“, so denke, können wir beenden. Dir geht es dabei um rein um Alkohol, als Gegner.
    Ich selbst habe „Alkohol“ nie so personifiziert, dass ich in ihm einen Kampfgegner sehe. Bei mir war er Mittel zum Zweck, wie Spüli zum Spülen.

    Ich hatte auch nie „Kampfhandlungen“ gegen das Suchtmittel, sondern eher dann Kämpfe innerhalb meiner Persönlichkeit. Um die Defizite, die bei mir darin lagen, mit bestimmten Situationen und Stimmungen umzugehen, und sie aushalten zu können, benutzte ich Alkohol. Mit diesem Suchtmittel, bzw. im Rauschzustand war es für mich erträglicher. Eben weil keine Bearbeitung der Defizite stattfand.

    Den einzigen „Gegner“ also, den ich je hatte, war ich selbst, mein Ego (nicht verwechseln mit Egoismus), und meine kaputte Psyche. (Dazu noch körperliche Schäden und Schmerzen, aber das ist eine andere Geschichte).
    Ich schrieb schon mehrmals, dass ich mit einer regelrechten Personifizierung von „König Alkohol“ absolut nichts anzufangen weiß.

    Deine Erfahrung war, dass Dir Therapie nichts bringt. Meine war eine andere, nämlich positive und erfolgreiche.
    Woher Du diese Aussagen hast, wie „dass ich ständig darauf achten muss, dass es mir gut geht, damit ich die Rückfallwahrscheinlichkeit senke“, kann ich erahnen. Ich habe das so nie gesehen, und so etwas wurde mir gegenüber auch nie gesagt.

    Dadurch, dass ich keinen Alkohol mehr konsumiere, geht es mir zeitweise sehr viel besser, und zeitweise auch schlechter, weil er als Entspannungselement bei mir weg fällt. Gleichzeitig ist es aber so, dass ich ohne Alkohol die tatsächlichen Probleme konstruktiver und zielführender angehen und lösen kann, sodass die guten Momente in meinem Leben überwiegen, auch, was die Wahrnehmung und das Auskosten von Erfolgen anbetrifft.

    Im Wesentlichen ging es ja vor allem darum, dass Du die etablierte Suchthilfe dafür verantwortlich machst, dass Dein Leidensweg fahrlässig verlängert wurde.
    Ich kann das nur aus meiner Perspektive heraus betrachten und würde so eine Verantwortungsablehnung für mein eigenes Tun und Handeln bei mir für fahrlässig und eben verantwortungslos einstufen.
    Aber, wenn es Dir hilft, dann ist es gut für Dich.

  • Im Wesentlichen ging es ja vor allem darum, dass Du die etablierte Suchthilfe dafür verantwortlich machst, dass Dein Leidensweg fahrlässig verlängert wurde.
    Ich kann das nur aus meiner Perspektive heraus betrachten und würde so eine Verantwortungsablehnung für mein eigenes Tun und Handeln bei mir für fahrlässig und eben verantwortungslos einstufen.
    Aber, wenn es Dir hilft, dann ist es gut für Dich.

    Und jetzt sind wir m.E. ziemlich nahe beieinander, Dietmar.
    Beide Positionen sind sowohl fahrlässig als auch notwendig.

    Mir hilft das, was du mir in Bezug auf die etablierte Suchthilfe unterstellst, nämlich überhaupt nicht. Mir ist es persönlich sogar total schnuppe, ob die Suchthilfe den schwarzen Peter bekommt oder ich selbst. Sie hat mich beeinflusst, aber in der Sucht verharrt, bin ich ganz allein.
    Was mich aber betrübt, ist die Tatsache, dass eine ganze Reihe von Abhängigen den Schritt in die Therapie, die ja ganz bestimmte Voraussetzungen vorgibt, anscheinend fürchtet und deshalb länger als nötig in der Sucht verharren muss. Nicht umsonst lese ich sehr oft, dass Trinker über eine lange Zeit hinweg immer wieder versuchen, mit weniger Alkohol auszukommen um sich zu beweisen, keine Alkoholiker zu sein. (Habe ich ja auch getan, wie bereits geschrieben.)

    Für Menschen wie dich, die den Alkohol missbrauchten, um bestimmte seelische Zustände aushalten zu können und die selbständig zu keiner Verhaltensänderung kommen können, mag eine Therapie genau der richtige Weg sein.
    Für Menschen wie mich, die den Alkohol missbrauchten, weil er schnelle Entspannung oder Entfrustung o.ä. ermöglichte und die dann irgendwann aufgrund der regelmäßigen Verwendung der Droge die Erfahrung machten, dass das Weglassen des Alkohols aufgrund der entstandenen Abhängigkeit Probleme bereitet, ist eine solche Therapie vielleicht eher abschreckend statt der richtige Weg.

    M.E. braucht es beide Positionen in einem Forum wie diesem. Vielleicht gäbe es sie sogar, wenn die Vertreter der einen Richtung nicht so offensiv auf ihrer Meinung bestehen würden. Ich finde dieses Forum in dieser Beziehung zwar durchaus moderat.
    Aber auch hier wurde bereits geäußert, dass man sich in Selbstzensur übt, um nicht angegriffen zu werden.

    Letztendlich geht es doch darum, dass ein Forumsbenutzer Anstöße bekommt, wie er sich aus seiner Abhängigkeit befreien kann. Und da sollten alle Erfahrungen nebeneinander stehen können.

    Bassmann


  • Für Menschen wie dich, die den Alkohol missbrauchten, um bestimmte seelische Zustände aushalten zu können und die selbständig zu keiner Verhaltensänderung kommen können, mag eine Therapie genau der richtige Weg sein.
    Für Menschen wie mich, die den Alkohol missbrauchten, weil er schnelle Entspannung oder Entfrustung o.ä. ermöglichte und die dann irgendwann aufgrund der regelmäßigen Verwendung der Droge die Erfahrung machten, dass das Weglassen des Alkohols aufgrund der entstandenen Abhängigkeit Probleme bereitet, ist eine solche Therapie vielleicht eher abschreckend statt der richtige Weg.

    Komisch - ICH habe genau die gegenteilige Erfahrung gemacht: Ich habe den Alk genau wie Du hauptsächlich zur Entspannung und/oder Entfrustung (cooles Wort übrigens) genutzt ...
    Abgesehen davon: Wenn ich gefrustet bin, befinde ich mich in einem seelischen Zustand, den man aushalten/überwinden muss ...

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

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    können wir nur selber tun!

  • Was mich aber betrübt, ist die Tatsache, dass eine ganze Reihe von Abhängigen den Schritt in die Therapie, die ja ganz bestimmte Voraussetzungen vorgibt, anscheinend fürchtet und deshalb länger als nötig in der Sucht verharren muss. Nicht umsonst lese ich sehr oft, dass Trinker über eine lange Zeit hinweg immer wieder versuchen, mit weniger Alkohol auszukommen um sich zu beweisen, keine Alkoholiker zu sein. (Habe ich ja auch getan, wie bereits geschrieben.)

    Das finde ich 1) sehr richtig und 2) recht wichtig. Danke, das ist eine gute Feststellung! Das deckt sich fast mit meinem gestrigen Text.

    Darum möchte ich einhaken, und poste das jetzt doch, was ich gestern zurückgehalten (geschrieben und wieder gelöscht) habe:

    Nein, ich finde es auch nicht soo leicht, aber vom Denkansatz interessant. Anstatt dagegen zu kämpfen (Alkohol) lieber für etwas sein (alkoholfrei). Ich sehe schon den Vorwurf der Haarspalterei schon wieder, .... ;) Finde ich aber nicht. Ich habe ja schon ein paar "Aussetzer" gehabt, weil ich mir den Alkohol auch nicht 100% verbiete. Bis jetzt nur im Urlaub.

    Ich bin insofern etwas anders auch (wenn ich das einmal so schreibe), weil es bei mir "freiwillig" geschah, aus innerer Einsicht, dass ich nicht noch weiter (jeder wird älter) ewig den Kreislauf Missbrauch bzw. Abhängigkeit, Hangover, Entzug, Kampf gegen Entzug (Missbrauch) weitermachen wollte. Das hat mir schon viele untätige Tage/Wochen beschert.

    Dafür ist mir mein Leben zu kurz und meine Lebenszeit zu schade, dass ich sie in dieser Weise vergeude. Viele wissen das auch schon mittendrin, die Entschlossenheit, etwas zu ändern, ist nicht hoch genug, und manche machen eben weiter, bis dann "gar nichts mehr geht" und sie aufhören *müssen*. Ich finde das ist auch ein entscheidender Unterschied: Ich möchte *weitgehend* alkoholfrei leben, das ist mein Ziel (Ausnahmen erlaubt). Für mich ist das schon ein länger dauerndes Experiment, mit weniger Druck als bei anderen, so würde ich das sehen. Vielleicht passe ich mit meiner Einstellung nicht ganz ins Forum, aber es heisst ja auch "Alkoholforum - Für Betroffene, Angehörige und Interessierte" und von daher finde ich schon, dass ich hier richtig bin.

    Auch diese Tests bzgl. Alkohol und Gefährdung im Netz und ein Gespräch mit einem Neurologen vor eineinhalb Jahren hat ergeben, dass ich zu der Zielgruppe hier im Forum gehöre. Trotzdem halte ich mir das so gut wie nie vor, dass ich alkoholabhängig sei oder war. Wozu soll das gut sein? Dass ich aber aufpassen soll (oder muss oder will), das reicht eigentlich für mich. Wenn ich sowas höre: "Ich heisse x, bin y Jahre alt und bin Alkoholiker", ... also solche Vorstellung einer Person löst schon Unbehagen aus. Wahrscheinlich gehört das zum "Outen", das die Deutschen ja so gerne machen. ;)

    Einmal editiert, zuletzt von franz68 (18. Februar 2017 um 12:51)

  • Lieber Bassmann,

    verzeih, aber ich kann das, was ich über Deine Verantwortlichkeit schrieb, nicht als Unterstellung sehen?

    Zitat

    Mir hilft das, was du mir in Bezug auf die etablierte Suchthilfe unterstellst, nämlich überhaupt nicht. Mir ist es persönlich sogar total schnuppe, ob die Suchthilfe den schwarzen Peter bekommt oder ich selbst. Sie hat mich beeinflusst, aber in der Sucht verharrt, bin ich ganz allein.

    Das ist für mich ganz klar ein nettes Hintertürchen: Sie hat mich beeinflusst, aber ich war es alleine der sich beeinflussen lassen hat und in der Sucht verharrte. So beharrlich, wie Du immer wieder (auch in Katros Thread) auf dieser Position bestehst, nehme ich Dir das "schnuppe" jetzt einfach mal nicht ab. Aber im Grunde genommen ...ist das schnuppe. ;)

    Zitat

    Ich habe an mir erlebt, dass mich die von den „Hardcores“ stammende Art und Weise, die Alkoholsucht zu betrachten, davon abgehalten hat, mich so einfach aus der Sucht zu befreien, wie ich das dann später nach meiner Rauchstopperfahrung tat.

    Auch das hast Du geschrieben und da steht doch eindeutig „die Art und Weise (von den Hardcores, also der etablierten Suchthilfe) hat mich davon abgehalten, mich aus meiner Sucht zu befreien“

    Zitat

    Hätte ich statt der üblichen Informationen über Sucht den Carr´schen Ansatz früher kennengelernt, wäre mein Leidensweg wahrscheinlich kürzer gewesen.

    Und wieder „hätte ich – statt der üblichen Informationen (die von der etablierten Suchthilfe) - …

    Zitat

    Was mich aber betrübt, ist die Tatsache, dass eine ganze Reihe von Abhängigen den Schritt in die Therapie, die ja ganz bestimmte Voraussetzungen vorgibt, anscheinend fürchtet und deshalb länger als nötig in der Sucht verharren muss.

    So geht das dann weiter: Die etablierte Suchthilfe, die Therapie nur unter bestimmten Voraussetzungen anbietet, ist schuld, dass ..

    Gut, dann nenne ich die „bestimmten Voraussetzungen“, die hergestellt sein müssen, bevor eine sinnvolle und zielgerichtete Therapie in Gang gesetzt werden kann: Nüchternheit, weil es nicht nur in der Suchttherapie, sondern auch in allen anderen Therapien keinen Sinn macht, wenn der Patient angetrunken oder vollgekifft erscheint.

    D. h., der Patient sollte soweit entgiftet sein, dass er wieder bewusst in der Lage ist, an der Therapie teilzunehmen.
    Ist das nicht sein Ziel, weswegen er Therapie macht, dass er vom Alkohol weg kommt?

    Wenn er also allein den Entzug schon fürchtet, über den Du ja geschrieben hast, dass der halt lediglich auszuhalten wäre, dann bezweifle ich, dass überhaupt der feste Vorsatz vorhanden ist, vom Alkohol wegzukommen.

    Zitat

    Für Menschen wie mich, die den Alkohol missbrauchten, weil er schnelle Entspannung oder Entfrustung o.ä. ermöglichte und die dann irgendwann aufgrund der regelmäßigen Verwendung der Droge die Erfahrung machten, dass das Weglassen des Alkohols aufgrund der entstandenen Abhängigkeit Probleme bereitet, ist eine solche Therapie vielleicht eher abschreckend statt der richtige Weg.

    Das ist doch dasselbe! Ob ich schreibe, ich habe den Alkohol benutzt um bestimmte Situationen und Zustände aushalten zu können, oder Du, dass Du ihn missbraucht hast, um mit Anspannung und Frust fertig zu werden, wo ist dabei der Unterschied?
    Es tut mir leid, aber für mich sind Deine Schlussfolgerungen nicht nachvollziehbar.
    Aber das ist etwas anderes, wie "sie nicht verstehen". Weil das tue ich, und ich kenne viele solcher Schlussfolgerungen, die völlig anders sind, wie meine.
    Ist auch okay. Wie ich schrieb: Alles gut!

  • Lieber Franz,

    Zitat

    Anstatt dagegen zu kämpfen (Alkohol) lieber für etwas sein (alkoholfrei).

    Wer hat Dir denn gesagt, dass Du „kämpfen muss“?
    Das kannst doch nur Du selbst gewesen sein, oder?
    Bei allen Institutionen, die ich in der Suchthilfe kenne, wurde immer wieder deutlich artikuliert, dass „Kampf“ der schlechteste Weg ist und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht durchzustehen ist.

    Ich frage mich wirklich, was an dem, was Du und Bassmann über die Suchthilfe schreibt, von Euch hineingedichtet wurde, oder ob Ihr tatsächlich auf, nach meinem Verständnis, für die (zumindest heutige) Suchthilfe völlig ungeeignete Menschen getroffen seid.

    Zitat

    Wenn ich sowas höre: "Ich heisse x, bin y Jahre alt und bin Alkoholiker", ... also solche Vorstellung einer Person löst schon Unbehagen aus.

    Also, wenn ich das lese, oder ein anderer mir das so sagt, dann löst das bei mir überhaupt kein Unbehagen aus. Okay, wenn dabei noch besonders betont wird, „und ich bin x – Jahre trocken“, dann zucke ich immer ein wenig zurück, weil das nicht ein alleiniger Verdienst des Betroffenen ist, sondern viele Faktoren dabei eine Rolle spielen.
    Aber stören tut es mich auch nicht. (Der Betroffene kann ja schon stolz auf sich sein „x – Jahre“ die Sucht zum Stillstand gebracht haben.)

    Ich gestehe aber, dass ich ganz am Anfang meines versuchten Ausstiegs dieses „Unbehagen“ verspürte. Warum?
    Weil ich mich innerlich immer noch vehemment dagegen wehrte, selbst „Suchtmittelabhängiger“ zu sein.

    Zitat

    Wahrscheinlich gehört das zum "Outen", das die Deutschen ja so gerne machen.


    Das mit den „Deutschen“ schenke ich Dir gerne, Franz. Ich könnte sogar einen neuen Schuh daraus machen: Nämlich, dass es wohl zu "den Deutschen" gehört, sich gegenseitig wegen ihrer Nationalitätenmentalität anzupisseln. ;)

    Aber ich möchte Dich trotzdem über das „Outen“ aufklären.
    Dieses „Outen“ wurde tatsächlich von Bill und Bob „erfunden“, als klares und deutliches Bekenntnis, vor der Alkoholsucht kapituliert zu haben. (Bitte jetzt keine neue Diskussion über dieses harmlose „Wörtchen“).

    Es war sozusagen das Erkennungszeichen, und das ist es auch heute noch.
    Damit soll nichts weiter signalisiert werden, als: „Schau her, ich bin ein von der Sucht Betroffener, habe nicht nur kurz mal am Alkohol genippt, sondern war tief in die Sucht verstrickt, bin soundso alt (würde ja keinen richtigen Sinn machen, wenn da einer schreibt „ich bin sechs Jahre alt und schon zwanzig Jahre Alkoholiker ;D), damit Du weißt mit wem Du es zu tun hast."

    Ich behaupte an dieser Stelle, dass die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen, wenn sie bei anderen Betroffenen Hilfe suchen, in dem Moment inne halten: „Hoppla, da ist einer, 60 Jahre alt, mit 30 Jahre Suchterfahrung und steht sogar dazu!“.
    Von vielen habe ich gehört, dass dies der erste Moment in ihrer Suchtkarriere war, wo sich nicht mehr alleine und als „Aussätzige“ fühlten.

    So unterschiedlich können die Erfahrungen sein.
    Ich muss nicht Alles verstehen, erst recht nicht, wenn ich viele Widersprüchlichkeiten entdecke, aber ich hoffe von mir, dass ich meine Hintertürchen kenne und gut verschlossen halte, eben alle die, die meinen Fokus von mir weg, auf die Zuständigkeiten Anderer lenken möchten.

  • Hallo Dietmar.

    nein ich weiss es nicht, es ist nur eine Vermutung.
    Mitterweiile besuche ich kaum noch die SHG, es sind mir die Leute zu ernst, ich sehe da auch etwas Frust. Und die waren grossteils auf Entzug, aber auch auf Therapie. Wenn die Therapie auf den positiven Ausblick, als Chance, angeschlagen hätte, würde man fröhlichere Gesichter sehen.

    Klar kann eine Therapie auch keine Wunder wirken, noch dazu, wenn eine Person innerlich nur halbherzig mitmacht. Es gilt aber nicht für alle. Bei einer "Selbstremission", so ein schönes Wort ;), sind glaub ich, die Voraussetzungen auch anders als bei mehr oder weniger aufgezwungenem Entzug und "Verzicht". Am entspanntesten kommen mir die vor, die das ohne viel externe Hilfe durchziehten, vielleicht weil die vorher schon innerlich überzeugter waren.

    Ich habe das nur wenigen Leuten direkt gesagt, dass ich grundsätzlich keinen Alkohol trinken will. Ich trinke gerade nichts, mache eine Trinkpause, ist meine Standardantwort. Ich sehe keinen Sinn darin, zb. das meinen Arbeitskollegen diesbezüglich mitzuteilen. Es bleibt in erster Linie das hängen (Alkoholiker), bin aber zig andere Sachen auch.

    Mir geht es aber auch selbst so: Von einigen weiss ich, dass sie nichts trinken. Aha, das ist der, der nichts trinkt, denkt man automatisch als ersters. Dass die Person auch Familienvater, Motorradfahrer, ... also zahlreiche andere Eugenschaften aufweist, tritt in den Hintergrund.

    Wegen der "Deutschen": Mach dir keine Sorgen, die Ösis haben auch genug "Eigenheiten", über die man herziehen kann, die ich auch selber nicht mag (grundsätzlich halte ich zb Deutsche höflicher als Österreicher). Besonders im Urlaub habe ich schon manchmal verleugnet, dass ich aus AT komme, weil sich Landsleute daneben benommen haben. ;)

  • Lieber Franz,

    es hätte mich sehr gewundert, wenn diese Vorbehalte mehr als eine Vermutung gewesen wären.

    Zitat

    Mitterweiile besuche ich kaum noch die SHG, es sind mir die Leute zu ernst, ich sehe da auch etwas Frust. Und die waren grossteils auf Entzug, aber auch auf Therapie. Wenn die Therapie auf den positiven Ausblick, als Chance, angeschlagen hätte, würde man fröhlichere Gesichter sehen.

    Nach gründlichem Nachdenken kann ich Dir schreiben, dass ich mindestens genauso viele Betroffene kenne, die niemals in Therapie waren oder formelle Hilfe in Anspruch genommen haben, und durch den Verzicht auf Alkohol oft frustriert wirken, wie solche, die Therapie etc. schon hinter sich haben.
    Ich glaube nicht, dass man es an dem einen oder anderen Weg festmachen kann. Wahrscheinlich wissen wir beide nicht, wie diese Menschen vor ihrem Ausstieg drauf waren.

    Zitat

    Bei einer "Selbstremission", so ein schönes Wort , sind glaub ich, die Voraussetzungen auch anders als bei mehr oder weniger aufgezwungenem Entzug und "Verzicht".

    Da hast Du wohl meinen Beitrag dazu falsch gelesen.
    Auch Selbstremission benötigt einen Anlass, und der tritt meist schon in Form von Zwängen auf.
    Dass Verzicht, also unfreiwillig erzwungene Abstinenz, ebenso wie Kampf, keine glücklich machende Nachhaltigkeit haben, schrieb ich schon mehrmals.

    Bezgl. „Trinkpause“ oder moderatem gelegentlichem Trinken contra einer schwer verlaufenden Alkoholikerkarriere muss man m. E. schon deutlich unterscheiden.
    Wenn Du Dich aus der sprichwörtlichen Scheiße gerade noch retten konntest, würdest Du es Dir dreimal überlegen, ob Du jemals wieder das Risiko eingehen wirst, erneut darin zu landen.

    Wobei es hier eben um „Sucht“ geht. Und aller Erfahrung nach ist „Sucht“ halt nicht immer ganz so leicht zu stoppen. Die Suchtveranlagung, also die Veranlagung, die dazu führt, dass Betroffene beim geringsten Kontakt zum Suchtmittel erneut rückfällig werden, besteht nun einmal bei vielen ein Leben lang. Egal was immer wer dazu theoretisiert, das sind die realen Erfahrungen.

  • Hallo Dietmar,

    ok, ich habe in der SHG schon auch Leute gesehen, die relativ viel von der Therapie mitgenommen und profitiert haben und recht zuversichtlich und gelöst wirkten. Letztendlich wird wohl entscheiden, ob man bereit ist, innerlich mitmacht und wie man das als Ganzes betrachtet. Die einen kommen früher drauf (wo die Abhängigkeit noch nicht ganz so krass ist) - in diesen Fällen wirds leichter sein, die anderen machen so lange nichts, verdrängen, wehren sich gegen Einsicht., bis sie gezwungen sind dazu (etwa bei Arbeitsstelle/Familie verlieren oder wenn die Gesundheitsverfassung durch Alkohol schon massiv angeschlagen ist).

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