Ich bin neu

  • Ich nochmal,

    Zitat

    Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg, viele weitere "trockene" Jahre und alles Gute für dich!


    sorry, dass ich das Wort "trocken" benutzt habe :tml:
    Ich glaube gelesen zu haben, dass du dieses Wort in diesem Zusammenhang auch nicht benutzt. Ich ersetze es durch "abstinent", oder was würdest du vorschlagen?

    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Hallo Orangina!

    Glückwunsch zu deinem ersten Jahr in Freiheit und Selbstbestimmung.

    Übrigens, den "doofen" Begriff "trocken" verwende ich für mich auch nicht. Er ist für mich stigmatisierend und erniedrigend. Wenn andere ihn toll finden, sollen sie ihn ruhig gebrauchen.

    Mach weiter so. Alles Gute

    wünscht der Rekonvaleszent

  • Übrigens, den "doofen" Begriff "trocken" verwende ich für mich auch nicht. Er ist für mich stigmatisierend und erniedrigend. Wenn andere ihn toll finden, sollen sie ihn ruhig gebrauchen.

    Rekonvaleszent

    Direkt, freundlich, klar….

    Es geht nicht darum, das empathische Momentum auszuschalten, sondern keine sprachlichen Weichmacher, Umwege und Verschwurbelungen zu verwenden.
    Wie heisst es doch so schön: "Arbeit an der Sprache ist Arbeit am Gedanken"

    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~


  • Weil ein Säufer nicht nur ein Säufer ist. Er ist alkoholkrank.
    Ich lese immer wieder, dass du nach wie vor ein „Problem“ mit der Begrifflichkeit hast und dir bis heute selbst nicht eingestehen kannst, dass du KRANK/Alkoholikerin bist.
    Für mich ist das ein typisches Verhaltensmuster eines Alkoholikers: sich selbst etwas vormachen.
    Alkoholismus ist im Gegensatz zum Rauchen eine nach ICD-10 anerkannte chronische (nicht vollständig heilbare) Krankheit. Der Vergleich hinkt also enorm.

    Bist Du gerne krank, Britt? Das frag ich mich echt, wenn Du so was schreibst. Du scheinst Dich ja echt drum zu reissen, Dich als krank bezeichnen zu dürfen.

    Die ersten 10 alkolfreien Jahre mindestens habe ich mich nicht als Alkoholikern bezeichnet, sondern lieber gesagt, ich habe gesoffen. Und so stimmt es ja auch, ich hab das nicht als Zwang erlebt, sondern als bewusste Absicht, mich zu besaufen. Für mich wäre es Selbstlüge, mich darauf rauzureden, das ich aus Krankheitsgründen trinken musste. Ich musste erst trinken, nachdem ich viele Jahre in voller Absicht gesoffen hatte. Das kam ja nicht aus heiterem Himmel, sondern ich wollte das sehr lange so. Irgendwann kam halt die Quittung.

    Ob das was mit Vormachen zu tun hatte, weiss ich nicht, ich habe es die meiste Zeit ja einfach nicht so erlebt, dass ich trinken musste. Ich hab das als freie Entscheidung empfunden, dass ich saufen wollte. Von daher fehlte mir die meiste Zeit das Leiden unter dem "ich muss trinken". Dass es mir deswegen schlecht ging, ist mir im Wesentlichen ja erst hinterher aufgefallen, davor war ich grundsätlich davon überzeugt, das das Leben selbst so beschixxen ist und das es durchs Saufen ja erst erträglich wird. Also ich sah mich ja meistens im Recht, zu saufen, hatte wenig schlechtes Gewissen deswegen. Typisch nass, schon, aber das war mir ja damals überhaupt nicht bewusst.

    Btw...mich hätte die Bezeichnung Alkoholikerin nie vom Trinken abgehalten. Wenn ich Lust zu trinken gehabt hätte, wäre das sogar eine billige Rechtfertigung gewesen. Bin Alkoholikerin, also akzeptiert gefälligst meine Sauferei..so etwa. Dann hätte ich den Säuferweltschmerz inszeniert und wäre vollends untergegangen, dann hätte man mich auch als Alkoholikerin bezeichnen dürfen.
    Von daher aus meiner Sicht ein zweischneidiger Begriff. Und lebenslange Krankheit...ich hab sicher meine Dachschäden, aber unterm Saufen leide ich schon lange nicht mehr. Ist mir zu abstrakt, kann ich nicht greifen. Damit kann ich nicht arbeiten, fühle mich nicht davon betroffen.

    Es waren andere Gründe, wegen denen ich aufgehört habe. Worte oder Begriffe spielten da keine Rolle. Am ehesten interssierte mich noch "riskanter Konsum". Ansonsten war der Grund zum Aufhören mein aktuelles Befinden, Bezeichnung absolut schnuppe. Die hab ich mir erst viel später aus reiner Bequemlikeit zugelegt, weils viele Erlärungen spart. Meine Identität hängt aber nicht an dem Begriff, ich bin grundsätzlich nicht gerne krank.
    Und aufgehört hab ich ja, weil ich gesund sein wollte.
    Heute kann ich mich leicht als Alkoholikerin bezeichnen, weil es mir im Grund egal ist und weil es mir auch egal ist, was Andere darüber denken. Schmeiss ich ihnen den Begriff halt hin, damit Ruhe ist.


  • Was mich am Laufen und Bergwandern so fasziniert, sind nicht nur die positiven Gefühle und das Wohlbefinden körperlich in Bewegung zu sein, sondern auch ein Wanderziel erreicht zu haben .
    Das klingt vielleicht verrückt.
    Aber das Gehen zu einem Ziel und wieder umzukehren sind für mich sehr beruhigend wohl auch im Sinne " ich erreiche etwas Schritt für Schritt " und das gibt mir Zuversicht und Stärke.
    Oder auch Selbstvertrauen in dem Sinne " ich schaff das".
    Das lässt sich ja auf vieles übertragen;-)

    das hört sich für mich nicht verrückt an.
    Ich hatte schon immer Erfolgserlebnisse, wenn ich einen Gipfel erreicht hatte oder wenn ich eine Reise gemacht hatte, bei der am Anfang überhaupt nicht sicher war, wie das ausgehen konnte. Ich hab auch das Risiko geliebt, ich fand das früher viel spannender, wenn was dabei passieren konnte. Dann hab ich das erst so richtig genossen, wenn es geklappt hat. "Normales Leben" fand ich in meiner Jugend was für Feiglinge. Wer bremst, hat Angst...und Angst war was für Weicheier. Das hat sich dann erst mit meinen Unfällen geändert, und vielleicht wegen des Alters.

    Schwierig war es für mich, mich selbst zu verändern. Die Jahre, nachdem ich das trinken aufgehört hatte, hatte ich oft das Gefühl, mit dem Trinken aufzuhören, war eine leichte Übung. Da musste ich ja nur das erste Glas dafür stehen lassen. Das empfand ich als total einfach, Rauchen war schwieriger. Wobei ich auch nie direkt noch mal rauchen wollte, es waren meine sonstigen Emotionen, die mir da Schwierigkeiten gemacht haben. Aber mich als nüchternen Menschen zu ändern...da kam mir das mit der Bergtour öfter in den Sinn...Schritt für Schritt.

    Ich hab das aber so gesehen, es hatte nichts damit zu tun, das ich Alkoholikerin war, sondern ich musste einfach vieles nicht lernen, so lange es mit dem Saufen klappte. Weil ich schon seit frühester Pubertät ja jedem Druck so begegnet war. Das war bei mir so der Knackpunkt, dass ich mich nüchtern gar nicht kannte und auch keine Strategien hatte, nüchtern mit dem Leben umzugehen. Unzufrieden war ich schon mein halbes Leben lang immer wieder, aber so lange ich das "runter spülen" konnte, hatte ich mich damit mehr oder weniger abgefunden.
    Saufen war für mich durchaus der Weg des geringsten Widerstands, einkaufen einschütten fertig. Nüchtern hab ich mich dann halt erst mal gespürt, auch wenn ich grade nur genervt war..und das war schwierig.

    Naja, und diese ganze Begrifflichkeiten...ich nenne mich nüchtern, trocken, abstinent, wie es mir je nach Situation gerade in den Kopf kommt, das sind für mich nur Worte. Da hilft dickes Fell, wenn da jemand am Korinthenkacken ist. Nach meiner Erfahrung interessiert das ausserhalb von Ehemaligenkreisen sowieso niemand, das ist eigentlich eine Debatte im internen Kreis, die verstehen darf, wer will. Fürs "Tun" hat das für mich keine Bedeutung, das Resultat ist überall das Gleiche.

    Gruß Susanne


  • Bist Du gerne krank, Britt?

    Moin Susanne,
    ich springe nicht über jedes Stöckchen, das mir vor meine Füße gehalten wird...
    Ich empfinde deine Frage provozierend. Sieh es mir nach, aber manchmal ist es sinnvoll, nicht auf einen als provozierend empfundenen Diskussionsbeitrag zu antworten.

    LG Britt

    ~ bevör ik mi nu opregen deed, is dat mi lever egaal ~

  • Kann sein.
    Mich nervt dass, wenn Du anderen sagst, wie sich selbst sehen sollen. Wirkt unfrei und ziemlich borniert auf mich. Heute mag ich Dich gar nicht.
    Wäre vielleicht besser gewesen, nichts zu schreiben, aber ich habe das Bedüfrnis, mich gegen Dich abzugrenzen.

  • Hallo Orangina13,
    auch ich gratuliere dir herzlich zur Vollendung deines ersten Jahres ohne Alkohol! :blumen2:
    Mögen noch viele, viele weitere Jahre in zufriedener Abstinenz dazu kommen!

    Diese Diskussion um Begrifflichkeiten:
    Der knifflige Punkt ist doch letztlich der, ob sich der Abhängige selbst doch noch ein Hintertürchen offen lässt oder nicht. Und so habe ich bislang diese Diskussionen um den Begriff „Alkoholiker“ aufgefasst.

    Ich kann das nachvollziehen, dass du mit diesem Begriff deine Schwierigkeiten hast. Mir geht’s ähnlich.

    Ich muss dabei zum Beispiel immer an meinen Vater denken. So, wie er war, so stelle ich mir einen Alkoholiker vor.

    Ich selbst aber war nicht so wie er, außerdem lebe ich in einem Umfeld, in dem Alkoholkonsum bei Festivitäten und gesellschaftlichen Zusammenkünften selbstverständlich ist. In unserer Gesellschaft ist Alkoholkonsum überhaupt selbstverständlich, wie mir im Restaurant, in der Fußgängerzone, im Fußballstadion, in allen möglichen Filmen und Serien vorgelebt wird. Und der Begriff „Alkoholiker“ ist nun einmal stigmatisiert.

    Meinem Alkohol konsumierenden Umfeld gegenüber habe ich die Formulierung „Ich bin Alkoholikerin“ und „Ich bin seit .... trocken.“ nicht verwendet. Wer sich aber ein bisschen auskennt bzw. sensibel für das Thema „Alkoholismus“ ist, dürfte bei meiner Erklärung, warum ich keinen Alkohol mehr trinke, trotzdem begriffen haben, was mit mir ist, ohne dass ich den Begriff „Alkoholikerin“ explizit genannt habe.

    Gegenüber meinen Ärzten und meinem Therapeuten habe ich den Begriff verwendet, weil‘s da irgendwie hingehörte bzw. passte.

    Ob ich mit dem Begriff irgendwann auch so umgehen kann, wie Susanne das kann, weiß ich nicht. Der Erfahrungswert vieler, viele alkoholfreier Jahre fehlt mir noch. 😉

    Meine Mutter, die nach ihrem klinischen Entzug mit Langzeit-Therapie im Alter von 25 Jahren nie wieder Alkohol konsumiert hat, hat den Begriff manchmal genutzt, manchmal aber auch nicht. Für sie war „Ich trinke nicht.“ selbstverständlich geworden.
    Mein Vater hat den Begriff gebraucht, aber er hat ihn nicht vom Saufen abgehalten.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo Rekonvaleszent,
    danke für deine Zeilen!
    Das freu mich sehr.
    Danke auch dir Britt, ich musste allerdings zweimal lesen, was du mir geschrieben hast.
    Du hast geschrieben, dass du nicht vermutet hast, dass ich es schaffe.
    Jetzt habe ich dir das Gegenteil bewiesen und wohl auch, dass es von einer Begrifflichkeit nicht abhängig ist, ob man es schafft.
    "Trocken" ist für mich genauso ein "Unwort".
    Ich trinke nicht mehr.
    Vorher hab ich getrunken und konnte mit Alkohol nicht umgehen.
    UNd mir ist auch wohl bewusst, dass ich es auch in Zukunft nicht kann, weil ich ein süchtiger Mensch bin. Das habe ich verinnerlicht, auch ohne die genannten Begrifflichkeiten wie "Alkoholiker" etc.
    Nein, Britt, ich mache mir nichts vor.

    Wenn ich mich noch als Alkoholikerin bezeichnen würde, hätte ich das Gefühl, mich noch mitten in dem Trinkprozess zu befinden. Das würde mich krank fühlen lassen. Deswegen finde ich die FRage von Susanne an dich gar nicht provokant.
    Ich bezeichne mich auch nicht mehr als Raucherin. Sonst hiesse es für mich, ich würde noch rauchen.
    Wohl braucht jeder Mensch eine KLassifizierung und die ICD Bezeichnungen sind vonnöten,um etwas zu benennen.
    Oft genug finde ich diese nicht korrekt, weil es oftmals ein Stigma ist und weil es manches mal nicht das Gesamtbild einer Erkrankung erfasst.
    Vor allem, was die psychischen Erkrankungen betrifft.

    Andere Worte zu finden anstatt die "vorgegebenen" finde ich kein Geschwurbel und es bedeutet auch nicht , dass man seine Probleme oder seine Sucht leugnet.

    LG Orangina

  • Hallo AmSee

    danke für deinen post, der gerade reinkam, als ich auch einen erstellt habe.

    Zum Thema Begrifflichkeiten habe ich mich schon geäußert, deswegen wiederhole ich es nicht.

    Ich gratuliere dir auch zu deinem alkoholfreien Jahr , aber auch zu deinem Start ins Nichtraucherleben !!!

    Ich erinnere mich noch genau, wie wir hier am Anfang standen und wir beide zur gleichen Zeit angefangen haben und jetzt ist tatsächlich schon ein Jahr vergangen!

    44.

    LG Orangina

  • @Orangina und AmSee

    Was mich persönlich an diesem verlangten Bekenntnis immer am meisten gestört hat, war, dass es im Grund ja unterstellt, das man erst dann mit dem Trinken aufhören kann (oder sogar "darf"), wenn man bekennender Alkoholiker ist. Die anderen haben gefälligst so lange weiter zu trinken, bis sie ohne Zweifel Alkoholiker sind. Oder sie haben keinen Anspruch auf Hilfe, wenn sie noch keine völligen Wracks sind.

    Ich kenn das noch von früher, wenn es hiess, XYZ ist Alkoholiker, der "darf" nichts mehr trinken.
    Und mein ewiges, ich habs noch teilweise unter Kontrolle, also "muss" ich nicht aufhören. Weil ich ja den Zeitpunkt, wann ich getrunken hatte, immer noch im Griff hatte. Und das Bild, das ich hatte, und das auch das verbreiteste ist, war, ein Alkoholiker fängt morgens an und trinkt täglich..aber das war bei mir ja nicht der Fall. Bis ich geschnallt habe, es ist überhaupt nicht wichtig, ob so ein Test mich als Vollalkoholikerin kennzeichnet (das ist nämlich der Punkt, genau das weiss ich bis heute nicht, ob ich selbst das überhaupt bin, bei mir war das nie ganz eindeutig), sondern dass es nur zählt, dass ich es als problematisch empfinde, es mir reicht und ich auch aufhören darf, wenn da noch Zweifel bestehen. Gesundheitsschädlich und Pipapo ist es ja schon lange vorher. Ich muss nicht saufen, bis ich voll krank bin. Ich darf echt schon vorher aufhören.

    Und irgendwie zementiert es für mich auch, dass Abstinenz irgendwie was Furchtbares ist, Alkoholiker die armen Opfer ihrer Krankheit sind. Dabei haben wir erst mal viel Geld dafür ausgegeben, denn zumindest ich musste ja viel trinken, bis es problematisch wurde...und ich kann mich nicht darauf rausreden, dass ich da völig naiv reingetappt wäre, ich wusste was passieren kann und es war mir vollkommen egal. Und passt genau zu dem Gedanken, den ich früher, als Trinkende hatte, dass ja nur kranke Menschen keinen Alkohol trinken. War ja meine Rede - und geistig klatschnass - das jeder gesunde Erwachsende trinkt. Und das ist ja die Konsequenz, wenn man runterbeten muss, ich bin Alkoholikerin, und nur deswegen trinke ich nichts mehr. Als obs keine anderen guten Gründe gäbe.

    Und für mich war es beim Aufhören gedanklich wichtig, dass ich frei gesagt habe, ich bin selbst schuld, weil ich das Risiko aus freien Stücken eingegangen bin. Mit diesem luschigen "ich arme Sau kann doch nichts dafür, dass ich krank geworden bin" hatte ich nie was am Hut. Ich wollte das so dreckig sehen, wie es tatsächlich auch war. Alles Andere war mir zu weichgespült.

    Noch weitgehend gesunde Erwachsenene, die zwar schon ein bisschen ungesund trinken, aber noch nicht todkrank sind, wird dabei ja aber unterstellt, das sie den Abstinzgedanken gar nicht verstehen und konseqent leben können. Und das ist nun mal ausgemachter Blödsinn.

    Na ja, mir haben auch viele unterstellt, dass ich das nicht schaffe. Für mich waren das Idioten.
    Einer unterstellte mir mal, ich könnte das gar nicht ernst meinen, weil ich ja nicht schon morgens und auch nicht jeden Tag gesoffen hatte. Der verlangte sozusagen die Qualifikation von mir, dass ich auch wirklich abgestürzt genug war, damit ich überhaupt in der Gruppe mitreden durfte.
    Ich hab dann gerne mal geantwortet, dass auch Idiotie schon mal eine anerkannte Krankheit war.

    Es gibt sehr gute Gründe, die Reissleine schon zu ziehen, bevor das so ganz eindeutig ist. Ausserdem glaube ich, dass man mehr von seiner Abstinenz hat, wenn da noch nicht das Damoklesschwert der tödlichen Krankheit über einem schwebt.

    Ich hab mir das so erklärt, dass manchen Leuten dieses Bekenntnis deswegen so wichtig ist, weil sie nie über den Zusand des "ich darf nicht trinken" hinausgekommen sind und anders mit ihrer Angst vor ihrem inneren Schweinehund nicht umgehen können. Das ist alles legitim, wenn jemand das braucht, um trocken zu bleiben, aber andere Möglichkeiten gibts eben auch noch.
    Es sind ja auch viele, die unter Gesundheit dann verstehen, dass sie wieder anfangen können und das dann auch versuchen. So ticke ich aber nicht.


    Was ich damit sagen will, ich finde es gut, das Ihr Eure Jahrestage hattet. Dazu muss man nicht in Sack und Asche laufen. Es ist trotzdem nicht weniger wert.

    Ich hoffe, es war jetzt nicht völlig unverständlich, was ich meine.
    Gruß Susanne

  • Hallo Susanne.
    Ich kann das alles gut verstehen, was du geschrieben hast und finde das alles andere als unverständlich.
    Du hast das sehr gut umschrieben, was dich stört und ich denke genauso wie du in diesem Bereich.
    Du hast das ausformuliert,was ich denke.
    Danke dafür.
    Das bestätigt mich noch mal in meiner Wahrnehmung und ich lasse mich auch nicht davon abbringen, wie ich es sehe.

    Auch ich habe immer gedacht ,ich bin keine echte Alkoholikerin,weil ich noch nicht ganz unten war.
    Im Prinzip halte ich diesen Begriff sogar für gefährlich.
    Das wird jetzt sicher bei einigen provokant rüberkommen.
    Gefährlich deshalb ,weil es oft genug passiert, dass man verunsichert ist ,wie gefährdet man eigentlich wirklich ist.
    Oft vergleicht man sich mit den sogenannten Alkoholikern,die morgens schon trinken müssen.
    Das war bei mir nie der Fall ,also dachte ich, ich bin noch auf einem stabilen Weg.
    Nathalie Stüben hat mich genau deswegen so angesprochen ,weil sie in ihrem Blog klargestellt hat ,dass es den klassischen Alkoholiker nicht gibt.
    Erst durch sie bin ich angeregt worden ,mit ernsthaft Gedanken zu mir und meinem Konsum zu machen.
    Sie selbst lehnt den Begriff Alkoholiker,trocken,etc ab.
    Auch Sie hat dargestellt, dass der "Verzicht" auf Alkohol oft genannt wird ,wenn es um Alkoholkranke geht.
    Der Alkohol wird quasi noch wichtiger durch den Begriff "Verzicht" und wie schlimm ist es doch für jeden auf etwas verzichten zu müssen..anstatt die Vorteile zu erkennen ,nicht mehr trinken zu müssen.

    Wie oft wurde auch ich verglichen mit einem "echten Alkoholiker ":
    Der echte trinkt schon morgens etc...und wenn ich jemanden erzählt habe ,dass ich nichts mehr trinke, kam oft der Vergleich : Du bist doch kein echter Alkoholiker, du trinkst halt deinen Wein und das ist doch ok so.
    So nach dem Motto: du hast kein echtes Problem.

    LG Orangina

  • Nochmal zu Nathalie Stüben.
    Mit ihr konnte ich mich identifizieren, weil sie das Stigma aufgebrochen hat.
    Auch Sie, die gut aussehende hat getrunken und hatte ein massives Problem entwickelt.
    In meinem Kopf war das Bild verankert, dass ein Alkoholiker optisch erkennbar ist und dass er Beruf ,Familie und sein soziales Leben vernachlässigt...
    Warum ist dieses Bild bei mir entstanden?
    Ich denke durch diese Begrifflichkeiten, die benutzt werden zur KLASSIFIZIERUNG und für mich persönlich stellt das ein großes Problem dar.

  • Nicht hier ,aber woanders lese ich ,dass das Bekenntnis zum Alkoholiker die Voraussetzung ist für eine Berechtigung in einem Forum zu existieren.
    Das schreckt ab UND ...ist für den Hilfesuchenden alles andere als hilfreich.
    Natürlich kann ich nachvollziehen, dass man mit jemand nicht lange diskutieren und helfen kann,wenn derjenige noch an seinem Trinkverhalten festhält.
    Trotzdem finde ich es wichtig, dass so jemand nicht ausgeschlossen gehört.

    Beobachten konnte ich auch ,dass helfende "Alkoholiker " ,die schon lange abstinent sind ,nicht selten ein Coabhängiges Verhalten den Hilfesuchenden entwickeln.
    Das beziehe ich NICHT auf irgendjemand hier.
    Ich habe dies anderweitig beobachtet.

    Das finde ich bemerkenswert und interessant.

    Ohjeh..schon wieder provoziert;-))

    Orangina

  • Hallo Susanne,
    ich denke über das Thema im Grunde ganz ähnlich wie du und doch bereitet mir selbst die Vorstellung tatsächlich ebenfalls Alkoholikerin zu sein nicht mehr so viel Kopfzerbrechen.

    Für mich selbst steckt in diesem Begriff drin, dass ICH mit Alkohol nicht gesund umgehen kann, dass ich nicht kontrolliert trinken kann. Und somit kann ich diesen Begriff mir selbst gegenüber verwenden.
    Das bedeutet für mich selbst übrigens auch nicht, dass ich ein armes, bedauernswertes Opfer bin, das nun mit einer lebenslangen Krankheit geschlagen ist.

    Ich hab auch sehr an meiner Einstellung gearbeitet, dass es nicht darum geht, dass ich nichts trinken „darf“, dass ich auf etwas Tolles verzichten müsste. Natürlich „darf“ ich Alkohol trinken - wer könnte mir das verbieten? - aber ich trinke nicht, weil‘s mir ohne deutlich besser geht. Und ich trinke auch deswegen nicht, weil Alkoholkonsum von außen betrachtet, gar nicht so toll ist, wie man (auch ich bis letztes Jahr) glaubt.
    Tatsächlich habe ich in diesem Jahr entdeckt, dass mir die sogenannte „Abstinenz“ eigentlich richtig gut gefällt und mir überhaupt nichts fehlt, sondern ich im Gegenteil frei von etwas bin.

    Du hast sehr vieles von dem genannt, was auch für mich an diesem Begriff „Alkoholiker“ problematisch ist. Ich hab mich in einer ganzen Reihe deiner Gedanken wiedergefunden, eigentlich in fast allem.

    Gestern Abend ergab sich mal wieder eine kleine Diskussion mit meinem Mann über das Thema, bei dem deutlich wurde, dass er eine Vorstellung von Alkoholikern hat, in die mein eigenes Beispiel nicht so recht passt. Ich sehe mich selbst als jemand, der ein Alkoholproblem hat, nicht kontrolliert trinken kann und demnach als Alkoholiker ist und doch bin ich meilenweit von dem entfernt, was mein Vater war bzw. getan hat. Mit Grauen kommt mir auch in letzter Zeit immer wieder in Erinnerung, wie sich seine Erkrankung geäußert hat.
    Gleichsetzen möchte ich mich mit dem, was er war, was er getan hat, nicht, das würde mir nicht gerecht.

    Und unter anderem aus solchen Gründen verwende ich den Begriff „Alkoholiker“ nicht gerne öffentlich. Mitunter verkompliziert dieser Begriff eben auch etwas, weil damit ganz bestimmte Vorstellungen verbunden sind.


    Und noch zu der Vorstellung „lebenslange Krankheit“. Diese Vorstellung verbinde ich selbst irgendwie auch nicht mit meiner eigenen Alkoholkrankheit. Klar ist mir bewusst, dass ich nie wieder in den Zustand zurückkommen werde, in dem ich war, als ich noch nicht abhängig war, aber lebenslange Krankheit verbinde ich tatsächlich eher mit den Handicaps, die meine Depression und meine MS-Erkrankung mit sich bringen. Die spüre ich nämlich tatsächlich tagtäglich als belastend und suche meinen Weg damit zufriedenstellend umzugehen.
    Dass Alkoholkonsum für mich lebenslänglich problematisch ist, nehme ich selbst gar nicht als solches Handicap wahr. Ich spüre das in meinem Alltag eigentlich gar nicht. Mitunter tun mir sogar die, die Alkoholkonsum für selbstverständlich halten leid.

    Und denke auch nicht daran, dass ich durch meine einmal erworbene Nikotinabhängigkeit eine lebenslängliche Krankheit habe. Ich nehme schließlich auch nicht als Handicap wahr, nicht rauchen zu dürfen.

    Für die Begrifflichkeit „Alkoholiker“ spricht für mich nur eines, nämlich das Selbstgeständnis an mich selbst, dass ich niemals wieder Alkohol konsumieren kann und will, weil mir das nicht gut tut.

    In Sack und Asche muss ich deswegen nicht laufen. Wozu? Ich hab mich des Problems doch angenommen. Ich lebe eine gesunde, zufrieden stellende Lösung.

    Viele Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.


  • Nicht hier ,aber woanders lese ich ,dass das Bekenntnis zum Alkoholiker die Voraussetzung ist für eine Berechtigung in einem Forum zu existieren.

    Ich kenne jenes Forum....
    Ich kann nachvollziehen, dass dich diese Regelung dort abschreckt, aber da ich jenes Forum etwas besser kenne, sehe ich die Sache mit der Begrifflichkeit dort bzw. mit dem Bekenntnis zum Alkoholiker etwas anders als du.
    Tatsächlich herrschen dort strengere Regeln als hier, aber sowohl unser Forum hier als auch jenes Forum dort haben ihre eigenen Reize. Der eine passt hier besser hin, der andere dort, der dritte passt zu beiden, der vierte passt gar nicht. Mit Selbsthilfegruppen im RL verhält es sich ja nicht anders.

    Für mich ist es übrigens etwas anderes, mich vor Alkoholikern mit meinem Problem zu outen als vor „normalem“ Publikum. Bei Alkoholikern gehe ich zunächst erstmal davon aus, dass sie die Problematik aus eigener Erfahrung kennen, daher kann ich den Begriff „Alkoholiker“ dort leichter verwenden, um mein Problem zu beschreiben.

    Hier bei uns ist es etwas anders als dort, aber das Ziel dort ist eben ganz klar, dass sich im offenen Alkoholikerbereich eben nur die austauschen sollen, die für sich erkannt haben, ein Problem zu haben, und die davon wegkommen wollen, indem mit der Absicht leben, nie wieder Alkohol trinken zu wollen.
    Ich finde diesen Ansatz durchaus legitim und er dient letztlich auch dem Schutz derer, die frisch dabei sind.
    Wer das nicht will, für den gibt’s andere Gruppen, unter anderem zum Beispiel diese unsere.

    Hier zum Beispiel dürfte über „Kontrolliertes Trinken“ diskutiert werden, obwohl mir auch hier bislang noch niemand untergekommen ist, der damit nicht gescheitert ist. ;)

    Liebe Grüße
    AmSee

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Kleines P.S. zu meiner Äußerung vorhin :
    Ich tausche das Wort "Co Abhängigkeit " und umschreibe es lieber folgendermaßen: ich beobachte,dass "trockene Alkoholiker" ,die lanjährig abstinent sind eine Tendenz zur Sucht entwickeln, anderen unbedingt helfen zu wollen ,dass jemand vom Alkohol los kommt.
    Das bezieht sich auf dieses Forum ,von dem AmSee gesprochen hat.

    @AmSee
    Ich sehe das anders als du.

    Es sind gewisse Regeln ,die da aufgestellt werden ,die ich elitär finde.
    Ich kann das nicht nachvollziehen.
    Mir leuchtet es schon ein ,dass ein jeder eine Willensbereitschaft mitbringt,um aufzuhören mit dem trinken.
    Was ja noch lange nicht bedeutet, dass derjenige überhaupt verstanden hat, dass er ein wirkliches Problem hat.
    Diese Einsicht entwickelt sich ja auch manchmal erst.
    Jeder "Alkoholiker" weiss das von sich selbst.
    Wie soll ein Neuankömmling schon sagen können :"ich will niemehr trinken?" ,wenn er erst noch lernen muss und begreifen muss ,dass er wirklich ein Suchtproblem hat.

    LG Orangina

  • Mist...immer diese Schreiberkennungsprogramme...
    Korrektur:
    ...dass jemand vom AlkoholIKER los kommt"

    Diese Stolperfallen aber auch ;)


  • ich beobachte,dass "trockene Alkoholiker" ,die lanjährig abstinent sind eine Tendenz zur Sucht entwickeln, anderen unbedingt helfen zu wollen ,dass jemand vom Alkohol los kommt.
    Das bezieht sich auf dieses Forum ,von dem AmSee gesprochen hat.

    Schwieriges Thema.... Woran erkennt man denn, ob jemand Co-abhängig ist bzw. ob die Menschen, die hier oder anderswo in Selbsthilfegruppen ihre Erfahrungen mit anderen teilen, eine neue Art von Sucht entwickelt haben?

    Mit Begriffen wie Co-Abhängigkeit wird mir persönlich zu leicht hantiert oder argumentiert. Muss das Engagement, sich in einer Selbsthilfegruppe zu engagieren, so kritisch betrachtet werden?
    Gewiss, wenn man jemand anderem etwas aufzwingt, was dieser gar nicht haben will bzw. worum er gar nicht gebeten hat, dann ist das kritisch zu betrachten. Dieser Umstand ist, soweit ich weiß, einer der Aspekte, durch den das sogenannte Helfersyndrom kritisch zu betrachten ist.

    Andererseits, was diese fürchterliche und überaus vielschichtige Alkoholkrankheit betrifft, so nimmt man selbst, besonders wenn man noch am Anfang steht, gewisse Problematiken gar nicht wahr.
    Was spricht denn dagegen, gewisse Stolpersteine anzusprechen?

    Zitat


    Wie soll ein Neuankömmling schon sagen können :"ich will niemehr trinken?" ,wenn er erst noch lernen muss und begreifen muss ,dass er wirklich ein Suchtproblem hat.

    Nun, nicht alle kommen so früh vom Alkohol weg wie du und ich. Ich hab inzwischen den Eindruck, dass wir zwei eher die Ausnahme sind.
    Wie oft kommt es vor, dass jemand, der noch nicht begriffen hat, dass er oder sie ein Problem hat, durch den Austausch mit anderen begreift, dass er/ sie tatsächlich ein Problem hat und dann tatsächlich mit dem Alkoholkonsum aufhört?

    Doch, was diskutieren wir hier eigentlich über jenes Forum? Es ist nicht deins und Punkt. ;)

    Du kannst nicht zurückgehen und den Anfang ändern,
    aber du kannst jetzt neu anfangen und das Ende ändern.

  • Hallo AmSee
    Ich habe es beobachtet und finde es interessant, dass manche "bekennende Alkoholiker " mit großem Einsatz und Eifer und großer Präsenz versuchen , Partner von Trinkern zu überzeugen, zu gehen ...
    Ich finde das einfach bemerkenswert und befremdlich finde ich es auch.
    Es kommt mir so vor ,als wenn da eine "Wiedergutmachung " erfolgt auf Übertragungsebene.
    Jeder muss natürlich selbst wissen inwieweit sich jemand engagiert.
    Und jeder muss für sich selbst wissen , was einem gut tut, so wie ein Süchtiger erkennen muss für sich selbst ,wann etwas geändert werden muss.
    Partner oder Angehörige von Trinkern sind in gewisser Weise ja auch abhängig.

    Das stimmt, dass jenes Forum nicht "meins" ist.
    Aber eigentlich wurde ich ja schon von vorne herein ausgeschlossen, weil ich eben nicht so ticke,wie es erwartet wird.
    LG Orangina

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