Ich bin körperlich ausreichend aktiv. Ich spiele Golf mit großer Freude, gehe gerne wandern, mache so oft es geht kurzen Urlaub und beklage mich nicht. (...) Mir macht das Spaß, ehrlich, ...
Ich habe überhaupt kein Problem mit meinem Beruf. Ich mache genau das, was ich immer machen wollte.
Ich habe alles im Leben, (...)
Vermutlich ist Dir selbst bewusst, dass Du in einer sehr privilegierten Lage lebst. Das wird Dir alles nicht zugefallen sein, sondern auch ein Ergebnis von Ausbildung, Disziplin und Zielstrebigkeit sein. Glückwunsch! Das, was Du hier beschreibst, sind m.E. Erachtens durchaus wesentliche Bausteine für ein erfülltes Leben. Jemand, der monatlich ständig schauen muss, wie er seine Rechnungen bezahlen muss, hat zweifelsohne andere Rahmenbedingungen.
Aber ...
(...) Es muss doch etwas geben, was dem Leben eine tiefere Bedeutung gibt, einen Zweck. Ich möchte etwas hinterlassen - nein, keine Kinder.
Für mich ist die Sinnsuche im Leben wirklich ein primäres Lebensziel, was ich bisher nicht erreichen konnte.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens beschäftigt die Menschheit wohl so lange, wie sie existiert. Das Problem ist: Diese Frage hat bisher noch keiner konsistent und überzeugend beantworten können.
Es gibt bei der Beantwortung dieser Frage schon auf der theoretischen Ebene das Problem der unendlichen Rekursion: Du hast vielleicht früher mal den "Sinn" darin gesehen, durch ein Studium die Grundlage für einen tollen Job zu legen. Dann kann man weiter fragen: Worin besteht denn der "Sinn" eines tollen Jobs? Antwort: Damit ich xy machen kann. Frage: Was ist der "Sinn" von xy? Antwort: Damit ich yz machen kann. Frage: Was ist der "Sinn" von yz? Das läuft ins Leere.
Es bezweifeln nicht wenige Philosophen, dass auf die Sinnfrage eine vernünftige Antwort überhaupt möglich ist: "Warum setzen Sie eigentlich voraus, das ein Leben, außer da zu sein, auch etwas haben müsste oder auch nur könnte - eben das, was Sie Sinn nennen?"
Was nun?
Was erhoffst Du Dir eigentlich von der Beantwortung der Frage nach dem Sinn Deines Lebens? Nehmen wir mal an, ein Allwissender sagt Dir eines Tages: Der Sinn Deines Lebens besteht in xxxx. Wir unterstellen jetzt mal, dass Dich die Antwort des Allwissenden vollends überzeugen würde: Wäre mit dem Wissen über den Sinn Deines Lebens denn auf einmal alles schön in Deinem Leben?
Gut, Du möchtest "etwas hinterlassen". Keine Kinder, aber etwas, das Du aktuell noch nicht wirklich beschreiben kannst. Das ist verständlich und vielleicht ja auch eine Form der Erfüllung. Aber heißt das, dass alle Menschen, die nichts hinterlassen, ein sinnloses Leben geführt haben? Zudem: Nach 100 Jahren spricht sowieso keiner mehr über Dich und über mich, fast egal, was Du oder ich der Welt mal hinterlassen werden.
Vielleicht ist es bei der Suche nach dem Sinn ja so, dass gerade die intensive Suche dazu führt, dass man nicht fündig wird. Je mehr man danach greift, desto mehr zerrinnt alles durch Deine Finger. Mitunter stellt sich beim konkreten Tun und/oder beim Dasein für andere eine gewisse Sinnerfüllung ein; hingegen nicht beim Nachdenken über einen etwaigen Sinn. Der Sinn fällt nicht vom Himmel, sondern entsteht - so zumindest meine Überzeugung - als Nebenprodukt eines erfüllten Lebens.
Anstatt ein sinnvolles Leben anzustreben, finde ich es deshalb viel sinnvoller ein "erfülltes Leben" nicht nur anzustreben, sondern dieses auch zu (er-)leben. Hierzu empfehle die Lektüre des Buches von Friedemann Schulz von Thun über ein "Erfülltes Leben".
By the way: Mitunter kann eine sehr fokussierte Sinnsuche auch darauf hindeuten, dass die eigene Lebensführung (Beruf, Mann/Partner, Freunde, ...) vielleicht doch nicht als so befriedigend/erfüllend empfunden wird, wie es auf dem ersten Blick Dir selber erscheinen mag. Ich möchte das hier nicht vertiefen (steht mir mangels Wissen über Dich auch nicht zu).
Alles Gute!
Die virtuelle Welt möchte ich in meinem Leben - wie ich bereits geschrieben habe - kein allzu großes Gewicht mehr geben. Deshalb verschwinde ich jetzt erstmal wieder von der Bildfläche.