Und noch ein Versuch - diesmal muss ich es einfach schaffen

  • Liebe Forumsgemeinde,

    mit der Registrierung in diesem Forum und der Eröffnung dieses Threats verbinde ich nun einen nochmaligen und sehr ernsthaften Versuch, das Thema Alkohol endlich aus meinem Leben zu verbannen. Gerne stelle ich mir an dieser Stelle vor - und versuche mich kurz zu fassen ;)

    Ich bin weiblich, 33 Jahre alt und habe mit 17 begonnen, Dummheiten mit Alkohol zu machen, weil ich damals große Probleme zu Hause hatte und ich der intelligenten Auffassung war, ich könnte mit Alkohol gegen mein zerrüttetes Elternhaus rebellieren.
    Diese einfach nur doofe Eingebung lies mich im Laufe der Zeit immer mehr Vorteile an der Trunkenheit entdecken - Alkohol an der Uni hilft, soziale Ängste abzubauen, Alkohol mit dem Partner verhilft zu einem entspannteren Liebesleben und Alkohol bei jeglichen Problemen im Leben hiflt, diese zu vergessen und gleichzeitig glücklich jauchzend durch die Wohnung zu tanzen.

    Was für ein Käse.

    Dummerweise hatte ich damals keine anderen Mittel. Ich war jung und depressiv und wusste keinen anderen Ausweg als den destruktiven Weg. Ich hätte früher eine Therapie machen sollen. Rückblickend war das das Einzige, was ich nochmal ändern würde und auch das Einzige, das ich in der damaligen Situation wahrscheinlich hätte ändern können. Ich hätte den Mund aufmachen und Hilfe suchen müssen. Hab ich nicht getan. Oder eher: hab ich erst getan, als schon viel zu viel schief lief in meinem Leben. Und damals war Alkohol fast noch mein geringstes Problem.

    Ich leide oder litt an einer Traumafolgestörung, die mir meinen Alltag im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Spießrutenlauf machte. Mit 27 suchte ich dann eine psychologische Beratungsstelle auf, die das Trauma erst so richtig aufleben lies. Zwischenzeitlich hatte ich geheiratet und stand kurz vor meinem Staatsexamen. Aber ich hatte auch eine massive Sozialphobie entwickelt, was mir den Gang zur Uni deutlich erschwerte - von Prüfungen ganz zu schweigen.

    Lange Rede, kurz Sinn, danach ging alles ganz schnell. Ich verbockte meinen Abschluss, meine Ehe begann zu bröckeln, ich machte endlich eine richtige Therapie und meine Probleme verlagerten sich - auf Alkohol.

    Heute habe ich meinen Abschluss in einer anderen Fachrichtung gemacht, arbeite ordentlich und bin quasi austherapiert. Nur leider hängt mir dieser "Rattenschwanz" Alkohol noch jeden Abend im Genick. Ich trinke nie tagsüber, quasi nie in Gesellschaft, dafür aber täglich zu Hause und dann deutlich mehr als gesund für meinen Körper wäre. Ich will endlich aufhören! Meine Leberwerte schlagen bereits aus. Sonst merke ich leider nichts - und genau das ist auch das Problem. Ich habe keine Entzugserscheinungen, morgens bin ich meistens halbwegs fit und auch sonst betrifft das Problem scheinbar nur mich und mein schlechtes Gewissen. Aber ich habe die Nase voll von genau diesem schlechten Gewissen. Ich will morgens endlich wieder erholt aufwachen, will mich nicht mehr schämen, wenn ich zum Hausarzt gehe und möchte meinen Körper endlich wieder gut behandeln. Ich will jetzt die Kurve kriegen!

    Und deshalb suche ich bei euch Hilfe... ich bin wirklich für jeden Ratschlag und jede Erfahrung dankbar. Ich bin... verweifelt.

    Ich freue mich auf regen Austausch und grüße ganz lieb in die Runde!

  • Hi Cocoon,

    vielen Dank für Deine offenen und so ehrlichen Zeilen bisher,
    und herzlich Willkommen hier im Forum :)


    Ich will jetzt die Kurve kriegen!

    Diese Einstellung finde ich sehr gut. Du weißt was Du willst.

    Bis ich es mit 35 geschafft habe aus der bis dahin immer verhängnisvoller werdenden Spirale/ Labyrinth der Sucht auszusteigen, habe ich auch sehr oft versucht aufzuhören. Wie oft habe ich mir gesagt 'nie wieder'... Für mich persönlich, für meinen Weg, war entscheidend dass ich beschlossen habe von nun an wirklich konsequent mit etwas >anzufangen<.

    Das hat mir sozusagen einen Weg von nicht nur einer einzigen Wahl (der des Aufhörens), sondern zusätzlich einen Weg von schier unzähligen Chancen und Möglichkeiten eröffnet. Denn es gibt ja tatsächlich so unglaublich Vieles was ich für (m)ein gesundes, glückliches und freies Leben tun kann... :)

    schön dass Du hier bist und ich freue mich auf einen guten Austausch 44.
    viele Grüße und GuteKraft in einen schönen Sonntag :)

    Land-in-Sicht

  • Hallo Cocoon,

    du hast die Vorteile des Trinkens kennengelernt, anschließend machten sich die Nachteile bemerkbar, und jetzt willst du aus dem Kreislauf der Sucht aussteigen.
    So weit, so auch mir am eigenen Leibe bekannt.

    Als ich an dem Punkt angelangt war, an dem du heute stehst, war mir klar, dass ich mich aus der Abhängigkeit vom Alkohol lösen WILL. Die Frage war jedoch, ob ich mit dem allabendlichen Trinken aufhören KANN. Denn der Stoff, von dem ich mich abhängig gemacht hatte, würde mir dann ja fehlen. Keine Betäubung mehr, kein künstliches Enthemmen usw. usf.

    Du schreibst, dass du keine Entzugserscheinungen hast. Das wage ich zu bezweifeln. Du bekommst wahrscheinlich nicht das große morgendliche Zittern -hatte auch ich nicht- aber ich bin mir ziemlich sicher, dass dir der Alkohol fehlt, wenn du ihn dir entziehst. Sonst würdest du nicht trinken, obwohl du weißt und spürst, dass der Stoff nicht gut für dich ist.

    Wie auch immer, meine Erfahrung ist, dass das Tal der Tränen, das mit dem Entzug einhergeht, endlich ist. Irgendwann spürte ich, dass es auch ohne den Alkohol geht. Und noch ein Stück später machte sich in mir die Erkenntnis breit, dass es ohne nicht nur geht, sondern dass es ohne weitaus besser als mit geht.

    Diese Erfahrung wünsche ich dir auch.

    Willkommen im Forum.

    Bassmann

  • Hallo, Cocoon!

    Auch von mir ein Herzliches :welcome: hier im Forum!

    Ich bin auch Betroffener, bezeichne mich selbst als "trockenen Alkoholiker" und bin seit nunmehr 8 Jahren trocken.

    Ich kann mich LiS und Bassmann nur anschließen:

    Wie auch immer, meine Erfahrung ist, dass das Tal der Tränen, das mit dem Entzug einhergeht, endlich ist. Irgendwann spürte ich, dass es auch ohne den Alkohol geht. Und noch ein Stück später machte sich in mir die Erkenntnis breit, dass es ohne nicht nur geht, sondern dass es ohne weitaus besser als mit geht.

    Das hat mir sozusagen einen Weg von nicht nur einer einzigen Wahl (der des Aufhörens), sondern zusätzlich einen Weg von schier unzähligen Chancen und Möglichkeiten eröffnet. Denn es gibt ja tatsächlich so unglaublich Vieles was ich für (m)ein gesundes, glückliches und freies Leben tun kann... :)

    Und wie Du am Besten den Ausstieg schaffst - hier wirst Du die Erfahrungen für etliche Wege finden. Und aus denen kannst Du Dir die raussuchen, die am Besten zu Dir passen. Und wenn es nicht funzt - dann probier einen anderen Weg.

    Die mehrheitliche Erkenntnis ist, dass es nicht mit "kontrolliertem" Trinken klappt.
    Mein Favorit (weil es bei mir geholfen und bis heute gewirkt hat) ist, sich Hilfe bei einer Suchtberatungsstelle (ist anonym!!) und/oder einer Selbsthilfegruppe (SHG) zu suchen.

    Lies Dich erst einmal ein und - gib nicht auf!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Cocoon wikende091

    ich möcht einfach mal wieder nachfragen wie's dir so geht??

    Und mir ist auch noch eine Kleinigkeit aufgefallen, im Titel zu Deiner Vorstellung. Du schreibst dass Du es schaffen "musst". Du hast noch nicht näher geschrieben was Du mit ‚es’ meinst. Ich gehe einfach mal davon aus dass Du damit meinst Du "musst" es schaffen mit trinken aufzuhören.

    Zum Punkt aufhören habe ich ja oben schon was von mir geschrieben. Man hört mit etwas auf. Und dann?

    Für mich war und ist es wichtig zu erkennen was ich für mein Leben und für die Zukunft tatsächlich WILL. Denn wenn ich mir eine Vision erschaffe, und mir Ziele formuliere die ich in Zukunft erreichen WILL, gibt mir die starke innere Motivation diese Ziele zu erreichen, immer wieder viel Antriebskraft um Altes hinter mir zu lassen und mich auf Gutes, Neues hin zu bewegen.

    Eine Anregung von mir an Dich wäre also an dieser Stelle, Dir Gedanken darum zu machen was Du (erreichen) willst, und wie Du Dir vorstellen kannst es im Einzelnen zu erreichen.

    viele liebe Grüße und bis bald,
    Land-in-Sicht

  • Hallo Cocoon,

    auch von mir willkommen im Forum!

    Nur ganz kurz von mir, was mir auffiel: der Threadtitel hat etwas zwanghaftes: "ich muss es diesmal schaffen." Wie wärs: ich will es schaffen, alkoholfrei zu werden und zu bleiben, weil ich den Alkohol in meinem Leben nicht mehr will und brauchen werde?...

  • Hallo zusammen,

    bitte entschuldigt, dass ich so lange nicht geantwortet habe. Es gibt mich sehr wohl noch, und mein Wunsch aufzuhören ist weiter ungebrochen, wenn nicht sogar noch stärker als zuvor.

    Zwischenzeitlich war ich 3 Wochen im Urlaub und hatte leider kein Internet. Ich konnte mir auf dem Handy am Flughafen aber noch eure Antworten ansehen und hatte viel Zeit darüber nachzudenken.

    Vielleicht sehe ich mich zunächst im Forum etwas um, damit ich meine Aufschriebe dann auch an die richtige Stelle platziere. Das wichtigste vorweg: kontrolliertes Trinken? Wozu? Ich habe schon seit einiger Zeit begriffen, dass Alkohol für mich keinen Mehrwert mehr hat. In Gesellschaft trinke ich schon lange gar nicht mehr, weil ich ich mich nicht lustiger und gesellschaftsfähiger finde, wenn ich trinke. Im Gegenteil. Ich habe ja kurz etwas über meine Vita erzählt. Ich war lange arbeitsunfähig. Im Zuge meiner "Eingliederung" - was weitestgehend aus einem geregelten Job bestand - musste ich immer wieder die verlorenen Jahre, die ich in großen Teilen mit Therapie verbracht habe, rechtfertigen. Ich habe mir da auch ein "Lügengerüst" ausgedacht, mit dem ich halbwegs klarkomme und mit dem die wenigsten Rückfragen kommen. Ich habe viel zu große Angst, dass mir im alkoholsierten Zustand jemals doch einmal die Wahrheit herausrutschen könnte. Auch hier halte ich mich ja noch zurück. Nein. Nochmal. Alkohol? Wozu?
    Der alte Hauptgrund, dass Alkohol beim Entspannen hilft und dabei, seine Probleme besser ertragen zu können... naja, das ist schon schwieriger, aber allein die Formulierung zeigt ja schon, dass das ein zutiefst kranker Grund ist und damit für die Zukunft auch nicht mehr als Rechtfertigung dienen kann. Nein, wenn ich es schaffe, auf Alkohol aus diesem Grund zu verzichten, dann habe ich den größten Schritt vielleicht getan.

    Und sonst? Alkohol als Genussmittel? Mir schmecken die meisten Alkoholika gar nicht. Harte Sachen vertrage ich nicht, da wird mir (zum Glück) gleich übel und ich kriege sofort rote Flecken im Gesicht. Mochte ich mal kurzfristik zu Studentenzeiten, muss ich aber wahrlich nicht mehr haben. Das einzige, was mir jemals wirklich "schmeckte" war Wein, und das ist für mich noch immer Gefahrenstoff Nr. 1. Ich schätze, dass ich über diesen Punkt bereits seit ein paar Jahren hinaus bin, dass ich wirklich noch bei einem Glas bleiben kann. Da hat sich das Suchtgedächtnis dann wohl doch festgefressen.
    Nein, es gibt für mich keine Gründe mehr, weiter Alkohol zu trinken. Ich möchte ein Leben ganz ohne Alkohol führen. Nicht weil ich es muss, sondern aus Überzeugung, weil es in meinen Augen keine wirklich guten Gründe gib, Alkohol zu trinken.

    Deshalb bin ich auch umso verzweifelter, dass es immer noch nicht so klappt, wie ich es mir wünsche. Ich habe schon vor langer Zeit eine Entscheidung gefällt, und ich schaffe es einfach nicht, sie umzusetzen. Vielleicht deshalb auch das zwanghafte "jetzt MUSS es endlich klappen"...

    Ich werde mir noch einmal in Ruhe durchlesen, was ihr geschrieben habt und dann den Faden wieder aufnehmen. Danke, dass ihr mich so lieb willkommen geheißen habt!

  • Schön, mal wieder von Dir zu lesen :D Hatte schon fast an eine "Eintagsfliege" geglaubt ...


    Vielleicht sehe ich mich zunächst im Forum etwas um, damit ich meine Aufschriebe dann auch an die richtige Stelle platziere ...

    Ich werde mir noch einmal in Ruhe durchlesen, was ihr geschrieben habt und dann den Faden wieder aufnehmen.

    Nimm Dir ruhig Zeit!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo Cocoon,

    ich hoffe, du hattest einen schönen Urlaub. Und hier auf einen guten Austausch.

    Gruß Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallo Björn,

    es hat ja auch ne Weile gedauert bis ich selbst den Faden wieder aufgegriffen hab. Im Urlaub habe ich mich eigentlich weitestgehend "benommen" und dachte dann, ich kann auch etwas von dem guten Gefühl mit nach Hause nehmen. Aber dann...

    Nun, ich bin wieder hier und diesmal lass ich mein Vorhaben nicht mehr abbrechen. Selbst, wenn es nicht sofort klappt, dann will ich diesmal trotzdem hier und vor allem dran bleiben! Seitdem ich hier schreibe bewegt sich etwas ganz deutlich in meinen Gedanken. Die Zahnräder ruckeln quasi wieder voran. Schreiben hat mir immer geholfen, damit habe ich schon andere Probleme in den Griff gekriegt. Wenn das hier diesmal nichts hilft... hach, dann sehe ich weiter. Die Segel sind gesetzt!


  • Das einzige, was mir jemals wirklich "schmeckte" war Wein, und das ist für mich noch immer Gefahrenstoff Nr. 1. Ich schätze, dass ich über diesen Punkt bereits seit ein paar Jahren hinaus bin, dass ich wirklich noch bei einem Glas bleiben kann. Da hat sich das Suchtgedächtnis dann wohl doch festgefressen.

    Hallo Cocoon, bitte kannst Du mir das obrige Zitat erklären? Soll ich das so verstehen, dass Du immer noch 1 Glas Wein trinkst, obwohl Du vom Alkohol weg willst?

  • Also ich verstehe das so, dass Cocoon eben nicht mehr bei nur einem Glas Wein bleiben kann, und das seit Jahren. Das ist meines Erachtens eine sehr wichtige Erkenntnis. Dieser Kontrollverlust steht bei mir persönlich (und sicherlich auch bei den meisten Süchtigen) im Vordergrund.

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hallo Gerd

    Es ist so gemeint, wie Pinguin und Greenfox es verstanden haben.

    Viele Grüße
    Cocoon

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