Dem Teufel von der Schippe gesprungen?

  • Guten Tag zusammen,

    hiermit möchte ich mich vorstellen.
    Ich heiße Anton, bin 57 Jahre alt und trinke seit meiner Jugend schon Alkohol in immer weiter steigendem Maß und immer regelmäßiger.
    Ich arbeite als Freelancer von zu Hause aus, bin glücklich geschieden und kinderlos, weswegen ich meine Sucht sehr gut verbergen konnte.
    In den letzten drei Jahren hat sich mein täglicher Konsum (schon als Frühstück) auf 5-6 Liter Bier pro Tag, manchmal 3 Flaschen Wein oder eine Flasche Cognac, Weinbrand, Rum oder Jagertee stark gesteigert, mit immer reichlichem Vorrat im Haus.

    Damit habe ich den größten Teil meines Energiebedarfs mit Alkohol gedeckt – nicht ohne sichtbare und fühlbare Folgen: Akne, Bauch, schwammige Hüften, weiblich werdende Brüste, Rücken- und Gelenkschmerzen, Gewichtszunahme bis kurz vor der Adipositas-Grenze, schwächeres Kurzzeitgedächtnis („was wollte ich gerade sagen/tun/schreiben?“), Verteilung meiner Einkäufe auf Nachbarortschaften, Vermeidung von Autofahrten und von Kontakten nach dem frühen Morgen usw. und so fort.

    Vor etwas über drei Wochen habe ich die Reißleine gezogen, und zwar ganz brutal.
    Das „wie“ meiner Entgiftung wird hier auf herbe Kritik stoßen.
    Ich bin mir bewusst, dass ich mich in große Gefahr begeben habe und möchte das weder empfehlen, noch erwarte ich Anerkennung für meine äußerst kompromisslose Herangehensweise.

    Mit der Thematik des Alkoholismus habe ich mich (auch hier) seit vielen Monaten regelmäßig als stiller Mitleser konfrontiert, habe mich selbst und mein Trinkverhalten lange beobachtet.
    Dann war der Entschluss gefasst: Entzug – ganz oder gar nicht (in meiner radikalen, wie gesagt hundsgemein gefährlichen, Variante).

    Ich habe mich vor dem Wochenende mit 5 Kisten Mineralwasser, 2 Kisten Diät-Multivitaminsaft, Biobrühe und reichlich Lebensmitteln eingedeckt und die Entgiftung mit gleichzeitiger Reduktionsdiät zu Hause gestartet.
    Seitdem gab es keinen Alkohol, kaum Kohlenhydrate, keinen Zucker, täglich nur rund 500 Kilokalorien. Mineral- und Vitaminversorgung habe ich mit Pillen ergänzt.

    Die ersten drei Tage waren sehr schwierig: Schmacht, Brechreiz ohne Erbrechen, starke Kopf- und Rückenschmerzen, Frieren, totale Unruhe, Schlaflosigkeit, Depressionen.
    Nach fünf Tagen wollte ich einkaufen fahren, wollte mir etwas „Leckeres“ als Belohnung gönnen. Dann ertappte ich mich dabei, dass ich gleich an das Alkoholregal dachte, dann an „alkoholfreies“ Bier.
    Den Einkauf habe ich deswegen um einen Tag verschoben – ich war noch nicht so weit.
    Am nächsten Tag habe ich den Gang mit den Alkoholprodukten gemieden und nur leichte, gesunde Kost gekauft.
    Anfangs habe ich die gleiche Menge an Wasser getrunken, die ich sonst an Bier in mich hinein gekippt hätte. Ein Glas Saft gab es zwei mal täglich als „Belohnung“.

    Seit Beginn meines „Programms“ habe ich alles gemieden, was mich an Alkohol erinnern könnte und dabei schon sieben Kilo abgenommen.
    Ich habe weniger Schmerzen, sehe „frischer“ oder „besser“ aus (so sagt meine Familie jedenfalls).
    Mein Ziel ist es, das noch 1-2 Wochen so weiter zu machen und anschließend lebenslang ohne Alkohol zu leben und mit gesunder, mäßiger Ernährung und Lebensweise mein Normalgewicht zu erreichen und zu halten.

    Vor acht Jahren habe ich das Rauchen von einem Tag auf den anderen aufgegeben. Dass ich das damals konnte (ich war zuvor Kettenraucher), hat mich in meinem Entschluss bestärkt, es jetzt endlich, kurz vor Toresschluss, auch mit dem Alkohol durch zu ziehen.

    Ich sehe mich durchaus nicht als geheilt an, sondern als weiterhin stark gefährdet.
    Zwar bin ich jetzt erst mal „über den Berg“, aber wie viele Berge kommen da wohl noch?
    Ich lebe auf dem Lande. Hier wird sehr viel getrunken und gegessen, wenig geredet; kulturelle Angebote sind rar.
    Daher werde ich die hiesige Öffentlichkeit zunächst meiden – so viel ist mir klar.

    Der Gedanke an eine SHG ist mir natürlich schon gekommen, aber ich bin nach jahrelanger Gruppentherapie (wegen anderer Probleme) müde von solchen Settings. Für mich kämen gelegentliche Einzelsitzungen eines Hypnose-Therapeuten als Motivations-Verstärkung infrage.

    Hat dazu jemand eine Empfehlung in der Region nordwestliches Niedersachsen?

    Ich suche jetzt hier den Dialog und oute mich deswegen als Alkoholiker.
    Vielleicht machen meine Zeilen aber auch dem Einen oder Anderen Mut, den Ausstieg anzugehen; bei fortgeschrittener Abhängigkeit dann natürlich unter ärztlicher Überwachung und nicht so riskant, wie ich.

    Viele Grüße

    Anton

  • Hi Anton

    Zitat

    Anfangs habe ich die gleiche Menge an Wasser getrunken, die ich sonst an Bier in mich hinein gekippt hätte


    So hatte ich auch begonnen, 4-5 Liter Mineralwasser am Tag, auch gleich abgenommen aber eher mehr gegessen als vorher (jetzt 15 Kilo leichter). Sind ja Wahnsinnskalorien die durch den Alk dazukommen, ich denke du wirst keine Gewichtsprobleme mehr nach einiger Zeit haben. Halt durch, das lohnt sich.
    LG Gerd

  • Hallo, Anton, und :welcome: hier bei uns im Forum! Schön, dass Du hergefunden hast bzw. Dich entschlossen hast, nicht mehr nur zu lesen.

    Dass Du einen "kalten Entzug" gemacht hast ??? schwitz. Aber anscheinend hast Du Dich vorher mit selbst beraten ... Zum Glück ist es gut gegangen - ich kenne da nicht so glückliche Fälle ...

    Blöde Frage zwischendurch: Was ist/macht ein Freelancer?? nixweiss0

    Da ich Depp das nicht weiß, möchte ich auch nichts über mögliche Ausgleichstätigkeiten/Hobbys etc. vom Stapel lassen.

    Für mich kämen gelegentliche Einzelsitzungen eines Hypnose-Therapeuten als Motivations-Verstärkung infrage.

    Das habe ich mir vor Jahren auch mal gewünscht - aber für den Zahnarzt ;D

    Hoffe, Du fühlst Dich bei der gleichzeitigen Diät wohl.
    Apropos "Diät" - ich habe Hunger und muss mir dringend mein Abendbrot zaubern.

    Also dann bis demnächst!

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hallo zusammen,

    danke für die Willkomensgrüße!

    gerd48
    Da hast Du sicherlich Recht: soviele Kilokalorien, wie ich früher in mich hineingekippt habe, kann ich vom Typ her gar nicht essen.
    Außerdem will ich nicht die eine Sucht durch die andere ersetzen. 15 Kilo runter - das ist auch so etwa mein Ziel.
    Jeans und Gürtel aus meiner bauchlosen Zeit habe ich noch ;D

    Greenfox
    Vom "kalten Entzug" werde ich hier jedem abraten. Ich habe mich das nur getraut, weil mein Körper in besseren Zeiten extremste Belastungen schadlos ausgehalten hat.
    Ein "Freelancer" ist ein Freiberufler in kreativen Bereichen. Die Bezeichnung ist dort so gängig, dass man als solcher gar nicht mehr darüber nachdenkt, den Begriff zu verwenden. In meinem Fall geht es um die Planung von Datenbankstrukturen und um kreative Auswertung (sogenanntes "data mining").

    Ausgleichstätigkeiten: ich werde mich, wenn das Wetter besser wird, wieder auf das Fahrrad schwingen. Momentan lese ich sehr viel und werde künftig die klare Zeit nutzen, um Italienisch zu lernen.

    Es gibt übrigens Zahnärzte, die auf "Angstpatienten" spezialisiert sind.
    Da ich weder Procain noch Lidocain vertrage (dicke Zunge und hängendes Gesicht über viele Tage danach), überstehe ich alles ohne Betäubung.
    Das geht, wenn man sich mit dem Zahnarzt auf ein Signal verständigt, wenn er mal kurz pausieren soll (linken Arm heben).
    Der Schmerz, den man fühlt, entsteht meistens nur durch die Reibungshitze des Bohrens, die irgendwann den Nerv erreicht. Kühlt der Zahn zwischendurch ab, vergeht der Schmerz wieder.
    Die meisten Zahnärzte wollen aber schnell fertig werden und auch möglichst die Lokalanästhesie abrechnen....

    Mit der gleichzeitigen Diät fühle ich mich recht wohl. Ich genieße alles in winzigen Häppchen, aber ich genieße.
    Die Gewichtsabnahme ist schon ein wichtiger Motivationsgeber für mich.

    Viele Grüße

    Anton

  • Hallo Anton,

    erst mal: :welcome: hier im Forum.

    Kalter Entzug, mann mann mann..... Gut, dass nichts passiert ist und Du alles soweit überstanden hast.

    Jetzt hast Du ja schon mal einiges geschafft, jetzt heißt es dran bleiben.

    Zitat

    Mein Ziel ist es, das noch 1-2 Wochen so weiter zu machen und anschließend lebenslang ohne Alkohol zu leben und mit gesunder, mäßiger Ernährung und Lebensweise mein Normalgewicht zu erreichen und zu halten.


    Hast Du schon einen Plan, wie Du Deine künftige Trockenheit gestalten willst? Das mit dem Abnehmen ist ja eher ein "Nebenprodukt", Bier durch Wasser ersetzen und schon fallen ewig viele Kalorien weg. War bei mir auch so, 25 Kilo hab ich abgenommen. Mittlerweile laufe ich Langstreckedistanzen, was natürlich zusätzlich hilft.

    Aber ich habe nicht zum trinken aufgehört um abzunehmen und ich habe auch nicht zum Laufen begonnen um abzunehmen. Ich wollte endlich wieder zu mir finden. Mein Leben selbst in der Hand haben und weg vom Alkohol, der mich körperlich und psychisch beherrscht hat. Und der Sport hilft mir jetzt einfach beim Entspannen. Der Rest ist Nebeneffekt.

    Wünsche Dir einen guten Austausch hier!

    LG
    gerchla

  • Hallo zusammen,

    heute sind es genau 4 Wochen her, seit ich dem Alkohol abgeschworen habe. Es geht mir gut damit.


    Hast Du schon einen Plan, wie Du Deine künftige Trockenheit gestalten willst?

    Danke für Deinen Willkommensgruß.

    Das Normalgewicht ist für mich nur ein Zwischenziel zum gesünderen und bewußteren Leben.
    Körper und Geist sind mir doch zu wertvoll, um sie allmählich in Alkohol aufzulösen.

    Ich will vorsichtig wieder mit dem Sport beginnen.
    An meine frühere Leidenschaft dabei (Triathlon und Kanu-Marathon) werde ich nicht wieder anknüpfen können.
    Daran hindern mich Gleitwirbel in der Lendenwirbelsäule. Aber denen wird ein stark vermindertes Gewicht auf jeden Fall gut tun.
    Ich fange jetzt mit dem Tourenrad an, die Schönwetter-Phasen zu nutzen. Bei Dreckwetter muss ein Spaziergang um den Block reichen (das sind bei uns 3 Kilometer).
    Daneben möchte ich Tai Chi lernen und meditativ nutzen. Die langsamen Bewegungen der Übungen sind für mich ungefährlich.
    Früh morgens 15-20 Minuten sind ein guter Start in den Tag.
    Um die Leere auszufüllen, habe ich schon begonnen, Italienisch zu lernen. Die Sprache mag ich.

    Klingt das nach einem Plan?

    Viele Grüße

    Anton

  • Boenos tardes Anton,

    ..äähh, nee... Buonasera!
    Wie auch immer, ich will einfach auch mal ein "Hallo, grüß Dich hier im Forum" an Dich da lassen wikende091


    Klingt das nach einem Plan?

    Jawoll, das klingt sogar nach einem sehr vernünftigen Plan. Vom Reißleine ziehen in eine zufriedene Nüchternheit hinein, über leichten Sport und Entspannungsübungen und Anderes mehr, das hört sich alles wirklich sehr vernünftig und gut an!! Ich freue mich sehr für Dich!

    Ein Gedanke von mir dazu noch, lass neben allem auch ein wenig Platz noch ab und zu mal auch zum Innehalten, zum Reflektieren und daß Du die kleinen und großen Veränderungen die nach und nach passieren auch spüren kannst. Ich glaube ein Gespür dafür entwickeln, was man denn gerade fühlt, und was man denn Gesundes und Gutes TUN kann um dieses jeweilige Gefühl auch zu erfüllen, das kann ebenfalls sehr, sehr hilfreich sein...


    Die Gewichtsabnahme ist schon ein wichtiger Motivationsgeber für mich.

    Und Motivation ist, so finde ich, gerade in der Anfangszeit das A und O
    Finde die Dinge die dich motivieren und mach sie dir zu festen Verbündeten, :)
    dann kann eigentlich echt nicht mehr viel schiefgehen....

    Schön dass Du hier bist,
    machs gut und viele GuteKraft Dir immer!

    Ahoi und bis bald,
    Land-in-Sicht

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (25. November 2015 um 23:31)

  • Hallo Anton,

    nur kurz: Ich finde es großartig, was Du schaffen willst und schon geschafft hast! Ich ziehe meinen Hut!

    Und ich wünsche Dir Kraft für die kommende Zeit.

    Es ist ein schwerer Weg. Du kannst schon jetzt stolz auf Dich sein, weil Du es nur für Dich tust.

    Toi toi toi und dreimal über die Schulter gespuckt: ;D

    Marie (Freelancerin)

  • Hallo Anton, :welcome:

    deine Pläne lesen sich gut. Von mir 44. Geh deinen Weg. Die Richtung ist auf jeden Fall schon mal gut (sehr gut ;) )
    Ich folge diesem Weg jetzt seit Frühjahr 2014 und ich bin stolz, fit, ausgeglichen, glücklich usw. usw. - Die Liste der positiven Entwicklung ist lang.

    Wie sagt man? Geht nicht - gibt`s nicht.

    Ich wünsch dir alles Gute, viel Kraft und selbstverständlich viel Erfolg. Finde zu dir selbst.

    [size=14][font=comic sans ms][color=navy]

    Wer einmal sich selbst gefunden, der kann nichts auf dieser Welt mehr verlieren. Wer einmal den Menschen in sich begriffen hat, der begreift alle Menschen.

    Stefan Zweig

    (1881 - 1942), österreichischer Germanist, Essayist, Novellist, Lyriker und Erzähler

    Weiter machen.

    LG von Betty :sun:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallo zusammen,

    allen ein herzliches Dankeschön für die Willkommensgrüße und die Bestärkung in meinen Plänen.
    Das tut gut.

    Ich empfinde eure virtuelle Gemeinschaft hier als sehr besonnen, klug, lebenserfahren, ehrlich und herzlich.
    Kaum zu glauben, dass man so etwas öffentlich im Internet findet.

    In Zukunft werde ich, so wie es meine Zeit und meine Tagesform es erlauben, auch mithelfen.

    Aber jetzt gleich feiere ich erst mal ein kleines Fest: ich schlage neue Löcher in ein paar Gürtel, die ich nicht mehr enger schnallen kann ;)

    Liebe Grüße

    Anton

  • Huhu Anton,

    da hast Du Dir aber eine Menge vorgenommen. Dann wünsche ich Dir auf jeden Fall schon mal viel Erfolg.

    Gönn Dir aber auch die Zeit zur Ruhe und zur Besinnung, sofern Dich das nicht umhaut. Meditation kann viel bewirken, das kenne ich aus eigener Erfahrung, wenn auch nicht aus dem Suchtbereich.

    Wie ist es so b ei Dir? Passen die bisherigen Gründe für Deine Gruppentherapie auch zum Trinken? Ich könnte mir vorstellen, dass diese "Settings, derer Du müde bist" ohne Alkohol noch mal eine ganz andere, neue Qualität bekommen können, so wie auch alles Andere, was Du nun tust.

    Hau rein und bleib dran!

  • Moin Anton

    Zitat

    ich schlage neue Löcher in ein paar Gürtel


    Das ist aber mal ein netter Vergleich:
    Ich mach neue Löcher in den Gürtel
    und lasse mir offen, wieder zu zunehmen,
    oder ich schneide den Gürtel gleich ab
    und bin mir sicher, nicht mehr zu zunehmen.

    Übertragen auf den Alk:
    Ich nehme mir eine gewisse Zeit vor, nicht zu trinken
    und lasse mir offen wieder anzufangen,
    oder ich schneide meine geistige Abhängigkeit
    zum Alk gleich ab und bin mir sicher,
    den nicht mehr zu brauchen.

    LG Gerd

  • Hallo Gerd,

    bei Schuhen und Gürteln bin ich Ästhet und mache viele Lederarbeiten selber und "professionell".
    Daher ein paar Hintergründe zu Deinem Verständnis.
    Gute Gürtel sind am Vorderende vernäht. Die schneidet man nicht dort ab, well das übel aussähe und die Naht danach riffeln würde.

    Daher öfrnet man Gürtel an der Schließe (gute Gürtel sind dort verschraubt), schlägt neue Löcher, verschraubt sie wieder und schneidet den Überstand weg.
    Der Rückweg ist ausgeschlossen, aber die Optik bleibt erhalten.
    Auch Rohledergürtel sehen unprofessionell gekürzt aus, wenn der Abstand vom letzten Loch zum Ende kleiner als der Lochabstand der Löcher untereinander ist.

    Übrigens liegt schon die erste schlabbrige Hose im Altkleldersack..
    Auch dort werfe ich Türen hinter mir zu.

    Beste Grüße

    Anton

  • Hallo zusammen,

    zwar will ich hier nicht wöchentlich mit „Wasserstandsmeldungen“ langweilen, jedoch könnten meine momentanen Erfahrungen den Einen oder Anderen bestärken, der noch an seinem Willen zweifelt. Außerdem bin ich Tsekyi noch eine Antwort schuldig.

    Über fünf Wochen sind jetzt um, und es ist Normalität bei mir eingekehrt. Ich vermisse den Alkohol nicht wirklich.
    Wie geschildert mache ich zur Zeit auch eine Reduktionsdiät. Neun Kilo und zwei schlabbrige Hosen sind schon weg.

    Ich habe wesentlich mehr Energie, erledige ganz nebenher Dinge, die ich lange habe schleifen lassen.

    Gelegentlichen „Appetit“ auf irgendetwas Unbestimmtes kompensiere ich mit einer Möhre, etwas Stangensellerie oder Ähnlichem oder mit einem Glas Saft.
    Das finde ich mittlerweile ähnlich befriedigend, wie früher den „Schluck“, wie man hier im Norden sagt.

    Durch meine Doppelstrategie (Entzug und Reduktionsdiät) habe ich mir meines Erachtens einen wertvollen Vorteil erkauft: ich kann mir im ungefährlichen Teil meines Programms einen Rückfall erlauben.

    Den hatte ich am vergangenen Sonntag: ich bin schwach geworden und habe meine Kur mit einem richtig deftigen Essen unterbrochen. Ich konnte es genießen und auch ohne schlechtes Gewissen abhaken als natürliche Forderungsreaktion meines Körpers.
    Danach bin ich wieder problemlos zu meinen 500 Kilokalorien zurückgekehrt.

    Wäre ich beim Alkohol rückfällig geworden, hätte mich das moralisch zu Boden geworfen.

    Positive Effekte meiner „Kombikur“ machen mir richtig Freude.
    Da ich auch gezielt gegen die Folgen des Alkoholismus vorgehe, bemerke ich neben den Ergebnissen des Abspeckens (mehr Luft, leichteres Treppensteigen, besonders mit Lasten, weniger Rückenschmerzen) auch positive Folgen, an die ich zuvor nicht geglaubt hätte:
    meine Sehfähigkeit hat sich um eine halbe Dioptrie verbessert (ich habe eine ältere Lesebrille wieder hervorgekramt); auch mein Gehör hat sich subjektiv verbessert (messbar an der Fernseher-Lautstärke).

    Mir war zuvor gar nicht bewusst, wie sehr ich auch die feinen Teile meines Nervensystems durch den Dauerspiegel belastet (gelähmt) habe.

    Meine neuen Hobbies machen mir Spaß. Vom eingesparten „Taschengeld“ des letzten Monats habe ich mir ganz locker zwei Tai Chi Anzüge, einen CD-Kurs, ein paar Schuhe dazu gekauft sowie ein Babbel-Abo für ein Jahr und einen Sprachkurs auf CD.
    Unglaublich, wie viel Geld man in einem Monat in den Alkohol „versenkt“.

    #Tsekyi: ich schulde Dir noch eine Antwort.
    Über Deine Frage habe ich gründlich nachgedacht. In unseren Seelen hängt ja alles mit allem zusammen. Insofern könnte ich in einer erneuten Therapie auf die Suche gehen.
    Allerdings habe ich mehrere Jahre lang ein volles Wochenende pro Monat in einer Gruppentherapie verbracht.
    Ein Schlüsselsatz meines Therapeuten lautete: „Es geht darum, dass man lernt, sich selbst „auf die Schliche“ zu kommen. Ich denke, das ist wie Fahrradfahren: auch, wenn man ein paar Jahre nicht mehr fährt, verlernt man es doch nicht.
    Während der Therapie habe ich auch Menschen kennen gelernt, die ich in einer anderen Art von „Abhängigkeit“ sehe. Ich nenne solche Menschen für mich „Therapie-Junkies“, Menschen, die glauben, ohne ständige, immer neue therapeutische Angebote nicht überleben zu können.
    Meiner Ansicht nach muss man sich aber auch irgendwann mal von der Therapie emanzipieren.
    Ich denke, dass ich den Schritt schon lange hinter mir habe und nur das Gelernte wieder konsequent leben muss.

    Beste Grüße an alle und viel Kraft beim trocken werden und bleiben.

    Anton

  • Na, das hört sich doch gut an 44.

    Hauptsache, Du musst nicht irgend wann jedes Mal die Arme ausbreiten, wenn Du über einen Gulli gehst (um nicht rein-/durchzurutschen) ;) ;D

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Zitat

    Hauptsache, Du musst nicht irgend wann jedes Mal die Arme ausbreiten, wenn Du über einen Gulli gehst (um nicht rein-/durchzurutschen) ;) ;D


    :lach: Greenfox nun wieder.

    Hallo Anton,

    44. Ja, das hört sich wirklich gut an. Mir ist es ähnlich ergangen. Gewicht fiel (allerdings ohne Diät), Haut glättete sich, Haare glänzten wieder, Gehör? Ja, auch besser... ;D
    Ich fand es ganz erstaunlich, dass sich gravierende Veränderungen ergaben. Bei mir ist es jetzt ja schon ein paar Tage länger her mit der Alkoholfreiheit, aber ich genieße es Tag für Tag.

    Lieber Anton, ist es nicht ein bisschen wenig? "500 Kalorien"??? Das hört sich nicht gesund an, aber das weißt du sicherlich selbst.

    Ansonsten wünsch ich dir weiterhin viel Erfolg, alles Gute und mach weiter auf deinem Weg zu dir.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Hallo Greenfox und Betty,

    keine Sorge wegen meiner Gewichtsreduktion! Auch mit meinem Wunschgewicht von 72 Kilo werde ich noch eine respektable Silhouette haben ;D
    Die 500 Kilokalorien halte ich noch die kommende Woche durch. Dann ist ein Zwischenziel erreicht. Danach lasse ich es mit 800-1000 Kilokalorien lockerer angehen bis zum Zielgewicht.
    Ich sehe das Ganze auch als eine "Übung im Verzichten". Das stärkt mir den Rücken für die dauerhafte Enthaltsamkeit vom Alkohol.
    Gefährlich ist eine solche Diät nicht, solange ich auf eine ausreichende Vitalstoffversorgung und auf Bewegung achte, da ich noch genügend gespeicherte Energie habe (ein Kilo Körperfett reicht für rund drei bis vier Tage Energieversorgung, sobald der Körper wieder gelernt hat, diese Reserve zu nutzen).
    Meine Vitalstoffversorgung ist jetzt wahrscheinlich besser, als die so mancher Menschen, die viel, aber wahllos essen.

    Schön, Betty, dass auch Du dieses neue Körpergefühl kennengelernt hast und es genießt! Alles das ist den Entzug wert.

    LG
    Anton

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