Der Feind in meinem Kopf

  • Hallo liebe Leute hier,

    ich brauche bitte einmal ein paar Werkzeuge an die Hand, falls jemand Ideen hat, wie ich den Trotzkopf in mir ausschalten kann, dann nur her damit.

    Im Gegensatz zu früher trinke ich wesentlich weniger häufig, aber die Menge ist geblieben. Für alle, die, welche mich noch nicht kennen: ich hatte noch keinen körperlichen Entzug nötig, war aber schlimm psychisch abhängig.

    Ich hatte eine ambulante Suchttherapie gemacht sowie eine Psychotherapie. Beides hat mir geholfen, traumatische Erlebnisse aus der Vergangenheit wirklich "aufzuarbeiten" und abzuschließen. Ich bin diesbezüglich in Frieden mit mir, habe Orientierung und Selbstvertrauen gewonnen, doch das Thema "Alkohol" ist noch immer ein nicht gelöster "Knoten".

    Nun kann ich mich aber nicht damit zufrieden geben, dass ich "nur" noch alle paar Wochenenden trinke. Manchmal ist es jedes Wochenende, manchmal drei Wochen gar nichts. In dieser Zeit fühle ich mich super gut.

    Aber ich kann es einfach nicht "aufrechterhalten". Immer meldet sich der Trotzkopf in mir und der setzt sich dann durch. Ich fühle mich dann gespalten. "Jemand" in mir schwätzt auf mich ein: "Du bist ein freier Mensch, Du kannst tun, was Du willst. Niemand kann Dir verbieten, etwas zu tun, was Du willst..." usw.... Und da ich von meiner Persönlichkeit her ein Rebell bin, so sprenge ich die Grenzen und breche aus, indem ich nachgebe und trinke. Ich habe dann ein großes Bedürfnis, Kontrolle abzugeben und loszulassen. Denn irgendwie bin ich ein totaler Kontroll-Freak im Alltag und von daher taucht die Sehnsucht nach Kontrollverlust immer wieder auf und kommt an die Oberfläche.

    Ich bin so ehrlich und aufrichtig wie es geht, auch wenn es manche von Euch schockieren mag. Aber anders kann ich es nicht deuten und erklären. Und da ich mir von Euch ein paar Anregungen erhoffe, muss ich einfach auspacken.

    Auch wenn ich inzwischen keine peinlichen Sachen mehr mache während des Rausches, so nervt es mich DENNOCH. Wenn ich am nächsten Morgen dann aufwache, fühle ich mich natürlich von den schlimmsten Kopfschmerzen gepeinigt und ich frage mich: "Hat das jetzt wirklich sein MÜSSEN?" Die Antwort ist jedesmal die gleiche: "Natürlich hat es nicht sein müssen, es war so unnötig wie ein Kropf. Hat nichts gebracht, sondern nur Deine Gesundheit und Deine Selbstachtung angekratzt."

    Ich möchte keine weitere Suchttherapie mehr machen, keine Reha mehr. Ich will es alleine schaffen. Aber ich weiß nicht, wie ich diesen Dickkopf/Trotzkopf in mir überwinden soll. Die ganze Zeit suche ich nach einer Art "psychologischen Trick", wie ich den Teil in mir, der nach vermeintlicher "Freiheit" schreit, ausschalten kann.

    Kann mir bitte jemand von Euch Profis und Abstinenzlern sagen, wie man sich dahingehend umprogrammiert, so dass ich gerade das Nicht-Trinken als Rebellion und Freiheit empfinden kann? Ich bin ja auch nur ein Mensch und suche daher den Weg des geringsten Widerstandes.

    Vielen herzlichen Dank für jedes Feedback.

    Liebe Grüße
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hi, Pingu!

    "Jemand" in mir schwätzt auf mich ein: "Du bist ein freier Mensch, Du kannst tun, was Du willst. Niemand kann Dir verbieten, etwas zu tun, was Du willst..."

    Ein Gruppenfreund hat mal etwas gesagt, das mir sehr gut gefallen hat, so dass ich es mir angenommen habe. Er sagte sinngemäß:
    "Wenn ich oder jemand mir etwas verbietet, laufe ich Gefahr, es gerade deswegen zu tun. Natürlich kann mir niemand etwas verbieten. Natürlich darf ich auch Alkohol trinken! Ich muss mir nur klar machen, dass ich auch immer mit den Konsequenzen meiner Entscheidungen leben muss. Wenn ich mich also entscheide, Alkohol zu trinken, dann muss ich auch mit den Konsequenzen leben: Kater, Kopfschmerzen, Schuldgefühle etc."

    Vielleicht gehst Du wirklich mal von der Seite ran.

    Und irgendwo habe ich mal den Spruch gelesen


    Drogen und Alkohol sind was für Anfänger.
    Wer wirklich cool ist, zieht sich die Realität rein.
    (Irgendwo auf Facebook)

    Den fand ich wirklich cool. Achja - den hast ja Du hier eingestellt ;) auch, wenn es schon eine Weile her ist.

    Ich finde es gut, dass Du immer wieder aufstehst und weiterkämpfst! :blumen:

    Gruß
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Liebe Pinguin,

    ich empfinde es ganz und garnicht als schockierend, sondern ich bin Dir sehr dankbar für Deine Offenheit und das Vertrauen. Ich kann es gut verstehen und aus der `früheren Zeit´ auch total gut nachvollziehen was du schreibst.

    Es wird mir auch wieder einmal sehr deutlich wie es Deepak Chopra in einem Text sinngemäß schreibt:

    Sucht heißt - man bekommt nie genug von etwas, was man eigentlich garnicht will.


    Hm, ein psychologischer Trick...
    Ich hebe ja für mich immer wieder das konsequente Formulieren von Positivzielen als sehr, sehr wichtig hervor. Das Ausarbeiten und Verfolgen von Zielen. Also auch da wiederum Positivzielen. Dies findet sich sehr deutlich z.B. auch in den Methoden des NLP (>>neurolinguistische Programmierung) wieder. Vielleicht magst du ja da mal reinschauen.
    Von meinem erfolgreichen Ausstiegspunkt an habe ich dem was ich in meinem Leben nicht mehr will keine Kraft mehr gegeben, sondern alle meine Kraft, gedanklich, physisch und im augenblicklichen Handeln auf die Dinge gerichtet die ich wirklich WILL und ersehne für mein Leben. Dadurch ist es mir gelungen die Energie meines Ausstieges recht schnell von der Substanz Alkohol zu lösen, und so habe ich auch das Gefühl dass ich nach und nach den Mühlrädern meiner Sucht sozusagen `das Wasser abgegraben´ habe bzw. mitunter immernoch aktiv abgrabe. Ich erlebe es wie ein Umleiten der Energien in konstruktive Lebensbahnen.

    Vor längerer Zeit hatte ich es hier ja auch schonmal so geschrieben, dass ich es für mich im Prinzip so sehe, dass ich nicht wegen der Substanz jetzt hier im Forum bin, das liegt ja hinter mir. Sondern ich bin hier wegen meines glücklichen und gesunden Lebens.

    Alles erdenklich Gute,
    und ganz viele Gute Kraft an Dich in einen schönen Sonntag.

    Ahoi und bis bald,
    Land-in-Sicht

  • Hallo Pinguin, ich bin kein "Profi" und auch kein "Abstinenzler" (was für ein widerliches Wort, ich bin schon momentan das, was dieses Wort wohl aussagen will, aber ich nenne es "ich bin (gerade) alkoholfrei" hört sich ja viel besser an.

    Der "Feind in meinem Kopf", ja den hätte ich oft auch weg, der lässt sich aber so gut wie nicht abschalten, im Gegenteil, je mehr man den verscheuchen oder unterdrücken möchte, desto mehr pocht er darauf, gehört zu werden und Einfluss zu nehmen.

    Nachdem Du eh schon alles möglcihe probiert hast (Beratung, psychologisch) verstehe ich, dass Du irgendwann keine Lust mehr dazu hast (ich hätte das ja auch nicht mehr). Trotzdem: Vielleicht geht doch noch was mit dem inneren Dialog, vielleicht analysierst du deine Tag, wo du zuviel getrunken hast. Was ist vorher geschehen? Was wärhenddessen? Vielleicht wärs ja auch ein gangbarer Weg, nicht völlig alkoholfrei zu leben, sondern dann und wann etwas zu trinken (wenn die Menge im Rahmen bleibt). Noch dazu wenn du schreibst, du hattest ja keine körperlichen Entzugserscheinungen bei einem längeren Verzicht.

    Ich weiss, recht hilfreich war meine Antwort nicht, aber vielleicht etwas zum weiterdenken doch... nixweiss0 ;)

    Franz

  • Guten Morgen :)

    Ich möchte Euch, Greenfox, LiS und Franz einmal ganz herzlich für Eure Antworten danken. Im Moment sauge ich das auf wie ein trockener Schwamm. Und ich habe mir Eure Hinweise und Tipps mehrmals durchgelesen.

    Greenfox:
    Wo und wie hast Du denn den Spruch ausgegraben? Hast Du lange suchen müssen? Ich mag diese Aussage total, eigentlich sollte ich sie meditieren und wie ein Mantra wiederholen, weil sie für mich Gültigkeit hat. Hier sind wir wieder bei der Diskrepanz Anspruch und Wirklichkeit.... Ich bin einfach der Meinung, dass Alkohol (trinken) doof ist und mein Idealismus verbietet mir, darüber einfach hinwegzugehen und mich so zu verhalten als wäre das Saufen normal.

    Klar, muss ich mit den Konsequenzen leben, wenn ich mich FÜR den Rausch entscheide. Und ich bin mir in dem Moment dessen auch bewusst. Ich weiß dann genau, dass es einen hohen Preis hat. Vielleicht ist es einfach nur das Spiel mit dem Feuer, was mich reizt, ich habe nur Ahnungen und kein Wissen.

    Mein Ziel ist es definitiv, mir einen gesunden "Kick" zu holen, der mir nicht schadet. Neulich habe ich Gleitschirmflieger auf einer Wiese gesehen. Vor etwa 20 Jahren hatte ich mich mal für einen Schnupperkurs angemeldet. Am ersten Tag war ich dort und bin etwa 8 m hoch "gesegelt", über eine Strecke von etwa 20 Metern. Das war ein herrliches Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

    Und am zweiten Tag des Kurses, wo man wirklich richtig geflogen wäre, habe ich verschlafen, jetzt rate mal warum? Weil ich total verkatert war. DAS ist doch voll bezeichnend und ich habe mich damals geschämt und es so bereut. Eine der wenigen Dinge im Leben, die ich bis heute bereue.

    Nächstes Jahr im Frühling mache ich nochmals einen solchen Kurs und werde komplett nüchtern sein. Weil ich es will.

    LiS:
    Deine Ansätze finde ich immer sehr gut. Eben dieses Konzentrieren auf die positiven Dinge. Du wirst es nicht glauben, aber das tue ich ja auch. Nie in meinem Leben war ich mir bewusster und sah klarer meine Ziele vor Augen als jetzt. Ich musste erst 42 werden, um zu erkennen, wer ich bin und was ich will. Nur mit der Alkoholsache da bin ich so instabil, was mich wirklich nervt.

    NLP interessiert mich sehr, nur weiß ich nicht, wie ich das an mir selbst anwenden soll. Ich habe ein bisschen herumgegoogelt, bin aber nicht schlauer geworden. Es wäre toll, wenn es irgendwelche Schriften zu NLP und Alkoholismus gäbe.

    Franz:
    Ich finde es mutig, dass Du sinngemäß schreibst "mach doch so weiter" und ich hoffe, Du erntest dafür keine Schimpfe. Aber ich weiß, was Du meinst. Im Sommer hatte ich mal eine Phase, wo ich dachte, ich lasse jetzt los (was ich nicht mit "Aufgeben" gleich setze). Ich tat so, als wäre ich ganz "normal", weil ich dachte, so könnte ich meinem Gehirn ein Schnippchen schlagen. Also immer dann trinken, wenn ich Lust darauf hatte, ohne Kontrolle. Meine Idee war: "Weder kontrolliert noch unkontrolliert trinken". Ich dachte, wenn ich mir die Freiheit gebe, dann werde ich auch freiwillig verzichten können. Das war so ein großer Irrtum.

    Das Ende vom Lied war - ich kann es mit einer Szene aus dem Film "Der Rosenkrieg" vergleichen:

    Man sieht ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern. Der Ehemann sagt zu seiner Frau: Du darfst doch den Kindern nicht immer Süßigkeiten hinstellen, die werden noch dick. Und die Mutter antwortet, wenn die Kinder selbst entscheiden können und die Freiheit haben, dann verlieren sie die Lust am Naschen. Nur das Verbotene reizt.

    Dann kommt ein Schnitt im Film, ein Zeitsprung, und man sieht die Kinder etwa 4 Jahre später. Beide total übergewichtig, um es mal mit einem diplomatischen Wort auszudrücken.

    Und so ähnlich endete auch mein "Experiment". War also auch nichts.

    An dieser Stelle mache ich mal einen Punkt. Weil ich jetzt meinen Kleinen für die Schule fertig machen muss.

    Ich möchte Euch noch einmal herzlich für Euer Feedback danken. Ich bleibe auf jeden Fall "dran". Und ich wünsche Euch einen guten Start in eine neue, klare, nüchterne Woche. Was so sicher ist wie das Amen in der Kirche: heute trinke ich nichts. Und morgen auch nicht. Und übermorgen auch nicht.

    Liebe Grüße und bis bald
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“


  • Greenfox:
    Wo und wie hast Du denn den Spruch ausgegraben? Hast Du lange suchen müssen?

    Nöö - den fand ich damals so Klasse, dass ich ihn mir nicht nur mental, sondern auch auf dem PC gespeichert habe. Und daher wusste ich auch, wo ich (für das Zitat) suchen muss ... :D

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • wikende091

    Ach wie schön, Greenfox. :) 44.

    Have a very nice day!
    Pingu

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hallo Pinguin,

    2 Dinge für dich:

    1. Die Art und Weise zu reagieren, kenn ich. Das könnte ich selbst sein. Von Kind an habe ich mir nichts aber auch gar nichts sagen lassen. Alles musste und habe ich ausprobiert. Mir die Finger verbrannt und auch gelernt. Verbote??? Au weiha? Das ging bei mir nicht. Da habe ich immer wie ein Rebell reagiert. Was ich nicht gemerkt habe, ist, dass leider ich dabei auch sehr oft verloren habe. Und nun zum Punkt: Mit dem Alkohol habe ich genauso verfahren. Der Alkohol hat aber immer gewonnen. Ich war der Verlierer. Unzählige Male habe ich versucht, ihn zu überlisten und gezielt zu trinken. :( ;( Ich war immer der Verlierer.

    2. Ich kann dir leider keinen Rat geben. Bei mir kam irgendwann, nämlich am 15.03.2014 die Erkenntnis: Jetzt ist Schluss. Jetzt werde ich zum Gewinner. Ich drehe den Spieß um. Ab dem Tag lebe ich alkoholfrei und ich bin der Gewinner. 44. ;D

    Ganz liebe Grüße von Betty :blumen2:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • :) Mach es doch so herum.

    Ich kann tun und lassen was ich will. Ich kann nämlich "nicht Trinken", weil ich es so will. Es ist mein freier Entschluss. Trinken sollen meinetwegen Andere. Ich nicht. Ich fühl mich so gut, wenn ich meinem Entschluss nachgehen kann. Nämlich freiwillig nicht trinken.

    Ich bin hier der Gewinner.

    :clap:

    Vielleicht kann es dir helfen?!!!

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Super, Betty! Vielen Dank, ganz lieb. ;D

    Deine Ansätze gefallen mir und sie können mir vielleicht helfen. Gerade Dein letztes Posting ist etwas, was meinem Wesen schon ziemlich entspricht. 44.

    Jedenfalls lerne ich gerne von Dir und anderen erfolgreichen Menschen. Ich habe eine große Achtung vor Dir, hast Du doch so lange schon keinen Alkohol mehr angerührt. Mein Lieblingsmusiker Phil Collins ist auch schon seit drei Jahren trocken. Aber hallo! Ihn könnte ich mir ja auch in dieser Hinsicht als Vorbild nehmen, nicht nur als Drummer. ;)

    Ganz herzliche Grüße
    Pinguin
    :heartBalloon:

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • :) Phil ist doch sowieso einer der Besten. Immer schon. Jeder kann. Und du auch. 44.

    Also, ... viel Glück dir. whip2_

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Betty, da ging mir jetzt gerade richtig das Herz auf...... und ein breites Grinsen zieht sich über mein Gesicht. ;D

    Dankeschön fürs Mutmachen. :blumen2: :sun: :blumen3:

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Hallo Pingu,

    was mir auffällt ist die Bezeichnung "Der Feind in meinem Kopf". Das, was du als "Feind" bezeichnest ist immerhin ein Teil von DIR. Er steht für unerfüllte Bedürfnisse, traumatische Erlebnisse, und oder andere Dinge, die du mit Alkohol zu kompensieren versuchst.

    Ich bezeichne diesen Teil nicht als Feind. Dieser Teil von mir zeigt mir auch an, wenn ich unausgeglichener werde und kann mich inzwischen sehr frühzeitig daran erinnern, meiner Seele und meinem Körper mal wieder etwas Gutes zu tun, sei es Eis essen, Sport oder was auch immer meiner Seele gut tut.

    Natürlich hat diese Unausgeglichenenheit etwas mit den oben beschriebenen Defiziten zu tun,
    aber man kann versuchen die Ursachen dieser Defizite zu suchen um sie zu kompensieren oder aber man versucht die Defizite zu kompensieren, ohne die Ursachen genau zu kennen.

    Letzeres führt sofort zu einem besseren Gefühl und läßt größere Wallungen erst gar nicht aufkommen außeredm gibt es wertvolle Hinweise auf die Ursachen der Defizite (mir zumindest).

    Auf jeden Fall alles Gute und ich freue mich immer wenn ich etwas von dir lese.

    Pit

  • Vielen Dank, lieber Pit für die konstruktiven Anregungen, die Du mir an die Hand gibst. 44.

    Ich neige dazu, aus "Langeweile" zu trinken. Oft ist dahinter das Bedürfnis nach etwas "Aufregendem". Aber natürlich ist Alkohol die denkhaft schlechteste Wahl, weil dann nämlich gar nichts passiert, außer oftmals etwas Schlechtes. Man kann halt nicht immer sofort allen Bedürfnissen nachgehen. Schon durch die Kinder bin ich manchmal an das Haus gebunden, so dass mir spontane Aktionen im Alleingang verwährt bleiben.

    Dann heißt es dann, aushalten und eben auf eine andere Art als durch das Trinken kompensieren.

    Mit dem "Feind" in meinem Kopf meinte ich in erster Linie den Rebellen, den Dickschädel, der immer nach Freiheit schreit. Und da es in meinen Augen eine Art "Fehlprogrammierung" ist, empfinde ich diesen Teil von mir schon ein wenig als "Feind" oder Gegenspieler. Wenn man so süchtig ist, dass man eine Zwangshandlung als Freiheit interpretiert, dann hat das nichts mit seinem ursprünglichen Ich zu tun. Also so ist zumindest meine eigene Interpretation.

    Früher habe ich das so aufgespalten, dass ich sagte: "Das Herz (also die Leidenschaft, das Gefühl) will trinken, aber der Kopf (der Verstand, die Vernunft) sagt nein und will nicht."

    Inzwischen frage ich mich, ob ich da nicht falsch gelegen bin. Vielleicht ist es ja umgekehrt. Vielleicht will das Herz ja gar nicht trinken, denn das Herz steht für einen gesunden Urinstinkt, für einen Herzenswunsch, für Sehnsucht, auch und gerade nach Gesundheit und Freiheit. Vielleicht ist ja der Kopf der Teil, der sagt: Trink etwas... Aber eben nur, weil ich die Biochemie meines Gehirns durch die Gewohnheit des Trinkens etwas durcheinander gebracht habe.

    Jedenfalls ist mir durch Achtsamkeit bewusst geworden, dass vor jedem (schlechten) Gefühl, vor jeder Regung oder Laune immer zuerst der Gedanke steht, als Ursache - und dann kommt das Gefühl als Wirkung. Schlechte Gefühle kommen nicht aus dem nichts, immer geht ihnen ein Gedanke voraus. Darum versuche ich, auf meine Gedanken zu achten.

    Oh, ich hoffe, ich bin jetzt nicht zu arg psychologisch oder spirituell geworden. Aber mir tut das gerade gut, das aufzuschreiben. Das macht mich ein bisschen stabiler und reflektierter. Ich hoffe, ich stoße auf Verständnis.

    Jedenfalls ganz lieben Dank nochmals für Deine Worte, Pit. Ich hoffe, Dir geht es so weit gut. Bei uns scheint die Sonne und es hat frühlinghafte Temperaturen von um die 20°C. Das ist schon Wahnsinn für November!

    Liebe Grüße
    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Liebe Pinguin,

    ALKOHOL und AUFREGENDES

    Ich verstehe dich gut.

    Meine Erfahrung war so:

    Alkohol, um etwas Aufregendes zu erleben?

    War nie so : :clap:

    sondern

    immer so: :wall:

    Ganz liebe Grüße von Betty :sun:

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Ja, Betty, genau! ;D 44.

    Ich wünsche Dir einen schönen, gemütlichen Abend und liebe Grüße
    Pingu
    :snowmanDance:

    PS: Der Schneemann passt nicht. Heute hatte es etwa glaube ich 17 Grad Celsius. Krass! :o

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“

  • Ich habe nicht getrunken, aber mir ging es nicht sehr gut, die letzten Tage. Will damit nicht sagen, dass es sich nicht lohnt, nicht zu trinken. Ganz im Gegenteil. Würde ich auch noch trinken, wäre alles nur noch schlimmer.

    Am Montag hatte ich den Anflug einer Panikattacke und gestern Morgen hatte ich eine echte Panikattacke. Ich konnte erst einmal nicht wie geplant in den Supermarkt. So etwas hatte ich schon so lange nicht mehr. Zudem hatte ich eine Woche lang unerklärliche Unterleibsschmerzen, die aber seit gestern verschwunden sind. Ich nehme an, dass dies psychosomatisch bedingt ist, da mein Job mich nervlich sehr anschlägt.

    Gestern Abend war ich mit einer langjährigen Freundin bei einem Dia-Vortrag von Reinhold Messner. Es war ein wunderschöner Abend, den ich sehr genießen konnte. Ich habe mir ein Buch signieren lassen können, mit persönlicher Widmung und auch ein Foto mit Reinhold Messner und mir. Während dieses wunderbaren Abends wurden in Paris viele Menschen erschossen.

    Als ich heute Morgen ins Internet ging, implodierte ich und ließ alle Tränen kullern. Das war wichtig.

    Ich bin körperlich und geistig erschöpft, momentan. Aber mir ist eines klar:

    TRINKEN ist STRESS.
    Stress bedeutet Druck und Anspannung.

    Kann sein, dass ich an diesem Wochenende noch ein bisschen mehr schreibe. Aber diese Gedanken wollte ich jetzt einfach mal hier schreiben, weil mir das Schreiben und Reden und Zuhören gerade hilft.

    Pinguin

    „Erfolg ist nicht auf Erfolg aufgebaut. Er ist auf Fehlern aufgebaut. Er ist auf Frustration aufgebaut. Manchmal ist er auf Katastrophen aufgebaut.“


  • Ich habe nicht getrunken, aber mir ging es nicht sehr gut, die letzten Tage. Will damit nicht sagen, dass es sich nicht lohnt, nicht zu trinken. Ganz im Gegenteil. Würde ich auch noch trinken, wäre alles nur noch schlimmer.
    ...
    TRINKEN ist STRESS.
    Stress bedeutet Druck und Anspannung.

    Kann sein, dass ich an diesem Wochenende noch ein bisschen mehr schreibe. Aber diese Gedanken wollte ich jetzt einfach mal hier schreiben, weil mir das Schreiben und Reden und Zuhören gerade hilft.

    Fühl Dich gedrückt!

    Hört sich vielleicht banal an, aber: Schön, dass Du nicht getrunken hast! 44.

    LG
    Greenfox

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Hey liebe Pingu,
    es ist gut von Dir zu lesen 44.

    und ich möchte auf einen Punkt einfach noch mal aus Deinem Startposting eingehen.


    "Jemand" in mir schwätzt auf mich ein: "Du bist ein freier Mensch, Du kannst tun, was Du willst. Niemand kann Dir verbieten, etwas zu tun, was Du willst..." usw....

    Das kenn ich sehr gut. Auch ich habe den exzessiven Alkoholkonsum lange als zu meiner Persönlichkeit hinzugehörend, sozusagen als einen Teil meiner Selbst betrachtet. Eine Lebensweise als Nichtraucher und Nüchtern - das war bis vor etwa zwei Jahren noch undenkbar für mich.

    Doch gerade den Punkt der FREIHEIT betrachte, und vor allem erlebe, ich nun immer und immer mehr ganz konkret aus gänzlich umgekehrtem Blickwinkel!

    Ich brauche nun keine zahl-X Biere mehr um bei einem schönen Livekonzert selbstbewusst und gut zu fühlen und tanzen zu können, ich tanze nun sogar 'leichter' und befreiter als zuvor. Auch spät nachts bin ich zu solchen Anlässen, im Gegensatz zu vielen anderen Anwesenden, noch klar und Herr meiner Sinne und bestelle mir mit einem leichten Grinsen im Gesicht ein alkoholFREIES Weizen oder Wasser. Am nächsten Morgen bin ich im Laufe des Vormittages FIT, beginne den Tag beseelt mit erfüllten Erinnerungen an ein tolles Musikerlebnis! Keine Kopfschmerzen und nix, einfach gut.
    Ich bin keinesfalls zum Langweiler geworden. Ganz im Gegenteil sogar, ich habe für mich das Gefühl deutlich intensiver und erfüllter als je zuvor zu leben. Bei vielen Bekannten erlebe ich mehr und mehr dass meine Lebensweise frei von Alkohol und Nikotin immer wieder und mehr und mehr Annerkennung, sogar Achtung bei Ihnen hervorruft und dadurch glaube ich dass zumindest Einige von Ihnen sich garnicht mal so frei in Ihrem Handeln fühlen wie das oftmals so vorgegeben wird.

    Auch was ich in meinem unmittelbaren Arbeitsumfeld Erlebe gibt mir oft zu denken. Das ist derzeit im Handwerklichen, und oft auch im Baustellen- und Montagebereich anzusiedeln. Verbunden ist dies konstant mit enormer physischer Belastung, eher rauhen und gefühlsfreien Umgangsformen, permanentem (Termin-)Druck-Situationen, sowie auch dadurch entstehenden nahe zu täglichen Überstunden und 'Mehrarbeit'.
    Nahezu alle Kollegen die ich so 'beobachte' kompensieren dies mit ihren täglichen "Feierabend- und Wochenendbierchen". Das ist, so wie es ja bei mir lange ebenso war, einfach 'Normalität'. Bei dem Ein oder Anderen weiß ich auch sicher daß es schon weit über den gesunden Rahmen hinaus geht. Die allgemeine Stimmung ist die "es ist eben so" und "da kann man halt nix machen" und "fu**, its monday"-Mentalität. Mit gewohnheitsmäßigen und mindestens riskantem und/oder missbräuchlichem Alkoholkonsum wird der enorme Druck und die permanente Überforderung der Arbeitswelt aufgefangen. In meinen Augen ist es das genaue Gegenteil von Freiheit.

    Eben jene Kollegen sind den ganzen Tag sobald der Chef nicht in der Nähe ist, am rumnörgeln und rummmotzen dass das doch alles so nicht geht, und keine Lust mehr und so weiter und so fort. Sobald aber der Chef mit seinen manchmal sogar abstrusen Anweisungen und Forderungen daherkommt sagen alle "ja klar." "okay..." "...ja machen wir."
    Ich selbst habe in den Wochen/Monaten meines Ausstieges ein sehr gutes Gefühl für meine Kräfte und Kapazitäten entwickelt und achte auf mich selbst. Wenn ich merke dass ich überfordert, oder ungerecht behandelt werde dann kommuniziere ich das sachlich und klar mit einem "Nein." Ich bin selbst manchmal fast schon erstaunt über mich selbst wenn mir das so einfach wie ganz selbstverständlich herausrutscht, egal wer da vor mir steht. Aber ich merke deutlich dass es ernst genommen und respektiert wird. Dadurch stecke ich ganz klar persönliche Grenzen ab und sorge dafür dass ich nicht mehr über meine Kraftekapazitäten hinausgehe, was ich vorher so nicht konnte. Ich fühle mich in meiner Persönlichkeit auch hier um Einiges freier.

    Hey liebe Pingu,
    ich muss jetzt mal die Kurve kratzen hier sonst wird es wirklich viel zu viel Text... Ich will das jetzt einfach mal so als Gedanken und vielleicht Anregungen an Dich abschicken.
    Weiß nicht ob Du damit was Anfangen kannst??

    Ganz viele GuteKraft an Dich, du bist stark!!
    Und schöne Grüße in ein gutes nüchternes Wochenende!

    bis bald wieder,
    Land-in-Sicht

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