Was ist unser Ziel? Welchen Weg sollten wir gehen?

  • Moin, moin -

    seit meiner Entgiftung vor nunmehr fast acht Jahren lebe ich alkoholabstinent.
    Damit bin ich nicht zum Abstinenzler konvertiert - will heißen: Weder verdamme ich den chemischen Stoff Alkohol, noch möchte ich ganze Strassenzüge trockenlegen, noch misskönne ich anderen Menschen ihren Alkoholkonsum / Alkoholgenuss.
    Ich habe für mich eine Abstinenzentscheidung getroffen, weil ich mich ansonsten zu Tode gesoffen hätte.
    Alkohol tut mir nicht gut, und darum verzichte ich auf ihn - und ich verzichte gerne auf ihn, weil es mir heute gut geht - besser, als jemals zuvor in meinem Leben. Ich verzichte auf Alkohol, wie andere Menschen
    - auf Schweinefleisch und zu viel Alkohol wegen ihrer Gichterkrankung
    - auf Laktose, wegen ihrer Intoleranz
    - auf Schokolade, wegen ihrer Diabetes
    - auf Fleisch wegen ihrer moralischen Überzeugungen
    - auf Gluten wegen ...
    - auf tierische Produkte wegen ...
    Mein Verzicht ist freiwillig - basierend auf einer Erkenntnis. Diese Erkenntnis gründet sich auf die negativen Erfahrungen, die ich mit dem chemischen Produkt Alkohol gemacht habe.
    Mein Verzicht ist in meinem Kopf auch nicht negativ besetzt. Ich hadere nicht mit meiner Abstinenzentscheidung - ganz im Gegenteil. Weder verbiete ich mir den Alkoholkonsum, noch können das andere tun - nur, ich möchte halt keinen Alkohol trinken - basta.
    Und da ich halt kein Abstinenzler geworden bin, gibt es auch immer einmal wieder Augenblicke des Bedauerns. Zwar war ich auch Genusstrinker - aber in aller erster Linie ging es mir wie den meisten Alkoholikern um die Wirkung - und dann konnte es im Zweifel auch mal der ganz billige Wein oder der sprittigste Grappa sein, wenn gerade nichts anderes zur Hand war ... Also - es gibt Augenblicke des Bedauerns - und aus meiner Sicht ist das auch nach acht Jahren Abstinenz normal. Die Frage ist halt immer: Wie gehe ich damit um? Früher habe ich die "Saft- und Wasserfraktion" bedauert oder belächelt - heute nach acht Jahren Rauschfreiheit, weiß ich mein derzeitiges Leben hal twirklich wert zu schätzen ... Letztendlich läuft es auf eine Abwägung hinaus - welcher Zustand ist mir mehr wert? In meinem Fall löst sich dann mein aufflacherndes Bedauern in null komma nichts in Luft auf ... ! Ich vergleiche mich dann gerne mit Vegetariern, die auch gelegentlich ihre "Ich-will-jetzt-ein-Stück-Fleisch-(fr)essen-Attacken" bekommen - und es dann natürlich doch nicht tun.

    Beste Grüße
    keppler

  • Wenn ich dann nach x Jahren geheilt bin, sagt mir das ein Arzt oder ich mir selbst und muss ich das dann ausprobieren? nixweiss0

    Müssen musst Du nicht, dürfen darfst Du ;D.

    1. Da ich momentan ja auf nichts verzichte, mir also nichts fehlt, brauche ich es nicht auszuprobieren.
    Und schon gar nicht "lernen" ...
    2. Da ich mich ja wohl am besten kenne und weiss, wir meine letzten Tests ausgegangen sind, werde ich den Teufel tun,
    es nochmal auszuprobieren! Siehe Albert Einstein:

    Zitat

    Die Definition von Wahnsinn ist,
    immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

    Ausserdem will ich cool sein 8)


    Drogen und Alkohol sind was für Anfänger.
    Wer wirklich cool ist, zieht sich die Realität rein.
    (Irgendwo auf Facebook)

    Apropos Albert Einstein: Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information.

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Wie Betty war ich auch nie ein Vereinsmeier. Nach der ersten Entgiftung versuchte ich die AA, dann die Guttempler. Vielleicht gab ich beiden nie wirklich eine Chance? Ich weiß es nicht, es tut im Augenblick auch nichts zur Sache. Jedenfalls hing ich nach jeweils zwei Monaten wieder an der Flasche wie der Pitbull am Briefträger.

    Nach dem dritten Mal (mit Suizidversuch) ging es mir derart dreckig, dass ich wusste, nun muss ich Nägel mit Köpfen machen. Plötzlich waren da Spätfolgen der Sauferei und die nicht zu knapp. Ich wusste, es darf kein Liebäugeln mit der Flasche, kein Vielleicht mehr geben, oder ich kann mir gleich die Urne aussuchen.

    Dieser Schuss vor den Bug war für mich heilsam. Die Gruppe, zu der ich jetzt gehe ist eine gute Mischung aus verschiedenen Altersgruppen, Männern und Frauen. Es gibt eine bestimmte "Stammbelegschaft" von ca. zehn Leuten, und je nachdem kommen wöchentlich welche dazu oder bleiben eine Zeitlang oder für immer weg. Mir gefällt daran, dass wir nicht nur über Alkohol sprechen, sondern auch über Probleme in der Arbeit, in Beziehungen, Urlaub, Wasserschaden in der Wohnung, worüber jemand eben sprechen möchte. Es wird viel gelacht, viel Unterstützung gegeben.

    Wenn ich dieses letzte Jahr Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass ich Fortschritte in uralten Baustellen gemacht habe. Ich war mir nass des Ursprungs und der Tragweite vieler Probleme nicht bewusst. So oft habe ich mich über meine Reaktionen in bestimmten Situationen im Nachhinein geärgert, habe sie mir aber im stillen Kämmerlein entsprechend schön gesoffen. Ich wollte ja die Gute sein, die Verständnisvolle, die allzeit Hilfsbereite - mit dem Resultat, dass ich ausgenutzt wurde und dies nicht mal kapierte. Ich hatte nicht den Mut, aufrichtig Nein zu sagen. Gekoppelt mit dem permanent schlechten Säufergewissen war mein Mangel an Rückgrat für manche Mitmenschen (vor allem meine Schwester) ein gefundenes Fressen.

    Ganz klar Nein zu sagen lerne ich nun. Zwei Mal habe ich es tatsächlich schon fertig gebracht und das bei größeren Baustellen. Die Freude darüber, trotz Gegenwind wieder einen Schritt in die richtige Richtung gegangen zu sein - unbeschreiblich. Mich mit meinen Warzen und Unzulänglichkeiten zu akzeptieren, mich nicht mehr selber zu belügen und somit auch meine Umwelt, das ist mein Ziel.

    Ich kann es nur trocken bewerkstelligen, deshalb spüre ich auch keinen Verzicht. Ich habe so viel an Lebensqualität gewonnen, nicht nur psychisch, sondern auch mein Körper verzeiht mir langsam, ihn so lange malträtiert zu haben.

  • Ja, Morgenrot, das kenne ich. Aber wie heisst es so schön: Gut Ding will Weile haben!



    [size=13pt]"Veränderung ist ein Prozess,
    kein plötzliches Ereignis."[/size]

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Wenn ich die letzten Berichte lese, stelle ich fest, dass es in euren Empfindungen -z.B. kein Verzichtsgefühl- keinen Unterschied zu meinen Empfindungen gibt. Warum dann aber z.B. bei dir, Greenfox, der ständige Hinweis auf einen jederzeit möglichen Rückfall oder bei dir,Gerd, der immer wieder auftauchende Hinweis auf die Gefahr des Unterbewusstseins?

    Mir kommt da immer wieder der Gedanke, dass ihr auf halber Strecke stehen bleibt, euch damit zufrieden gebt, es hinzugekommen, "das erste Glas stehen zu lassen", aber die eigentliche Sucht nicht antastet. So kommt es zumindest bei mir an. Ich kenne nämlich weder Rückfallangste noch stelle ich fest, dass das Unterbewusstsein irgendeine Chance gegen meine aus Erfahrung entstandene Überzeugung, dass jeder saufen noch rauchen das Leben verbessert.

  • Mir kommt da immer wieder der Gedanke, dass ihr auf halber Strecke stehen bleibt, euch damit zufrieden gebt, es hinzugekommen, "das erste Glas stehen zu lassen", aber die eigentliche Sucht nicht antastet.

    Ich halte mich eigentlich für halbwegs intelligent - aber ich komme einfach nicht dahinter, was Du uns damit sagen willst nixweiss0 Was sollten wir Deiner Meinung nach denn tun? Das Trinken trainieren ... Rede doch bitte mal Klartext, für Doofis wie mich, und nicht immer so schwammig und nebulös ...

    Jemand, der gegen Nüsse allergisch ist, sollte keine Nüsse - auch nicht in kleinen Mengen - essen. Er weiss genau, was passiert, wenn er es doch tut.
    Und ich bin eben gegen Alkohol "allergisch" - also lasse ich ihn weg. (Ich weiss, dass der Vergleich hinkt!)

    Ich schrieb ja schon mal, dass Du oft Sachen schreibst, die ich sofort und ohne zu zögern unterschreiben würde. Und dann kommen wieder solche Sachen wie oben, wo ich einfach nicht weiss, was Du damit sagen willst. Ich kapier es einfach nicht!

    Gruß
    Greenfox

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  • Ich finde das jetzt ziemlich blöd was soll das ? Ich habe "den Geist aus der Flasche "jetzt tatsächlich gelesen und denke, dass es hinter jeder Alkohol Karriere eine Geschichte gibt und man sich nie wirklich von seiner Alkohol Geschichte lösen kann, wenn man die Geschichte nicht sehen mag. Das Buch überzeugt mich nicht aber die klassische Sucht Therapie auch nicht.


  • Das Buch überzeugt mich nicht aber die klassische Sucht Therapie auch nicht.

    Das Buch kenne ich nicht.

    Therapeuten, denk ich, sind halt auch `nur Menschen´ und zumindest Einige von ihnen geben sich viel Mühe. Zaubern können sie halt auch nicht. Zudem ist es glaub auch entscheidend welchem Therapeuten in welcher Beratung etc. man begegnet bzw. worauf man sich gezielt zubewegt.

    Defizite gibts da schon wie ich für mich erfahren habe, aber ganz sicher auch nicht nur. Ich hab auch was mitgenommen, weil ich mir angewöhnt habe mich so konzentriert wie möglich auf das zu lenken was in der jeweiligen Situ funktioniert. und wenns nur die berühmten `Sandkörnchen´ sind - die können in bestimmten Situationen auch sehr wertvoll sein.

    Wirklich sehr viel hängt tatsächlich von einem selber ab!

    Und (auch wenn das der Ein oder Andere hier vielleicht noch nicht so richtig wahr haben will) es tut sich ja in den letzten Jahren und explizit zu Anfang diesen Jahres durchaus Vieles! Man hat über den Tellerrand der Landesgrenzen hinausgeschaut und es bewegt sich tatsächlich so Einiges:

    >> Spiegel.online - neue Leitlinien, bessere Hilfe gegen Akohol- und Nikotinsucht

    Einmal editiert, zuletzt von Land-in-Sicht (17. Juli 2015 um 15:33)

  • Natürlich geht es nicht darum, das Trinken zu trainieren, Greenfox. Es geht aber um die Veränderung von Vorstellungen und Einstellungen.
    Ich hatte z.B.die Vorstellung, dass mir die Zigarette einen Kick gibt, der mein Leben bereichert. Ich dachte auch, dass sie mir dabei hilft mit Stress besser fertig zu werden.
    Seit ich allerdings erfahren habe, dass Rauchen ausschließlich der Beseitigung von Entzugssymptomen dient, bin ich nicht mehr süchtig nach Zigaretten. Ich habe Monate nach dem Ausstieg eine geraucht, und ich erfuhr keinen Kick, keine Beruhigung, nichts außer Gestank und schlechtem Geschmack im Mund.

    Mit dem Alkohol ist es ähnlich. Ich dachte, dass mein Leben ohne ihn unerträglich sein würde.
    Nach dem Ausstieg erfuhr ich das Gegenteil.
    Letzter Punkt: Ich dachte, dass ich die Trinkmenge nicht kontrollieren kann.Schließlich habe ich über viele Jahre erfahren, dass es so ist
    Nach meinem Ausstieg ging es mir nicht mehr darum,mich zu betäuben. Und plötzlich konnte ich meine Trinkmenge kontrollieren.

    Ich erfahre also, dass viele Fakten der Suchttherapie für mich nicht gelten. Deshalb ist es nicht unwahrscheinlich, dass dies auch auf andere Personen zutrifft.
    Das sollten die User bedenken, die ihr Erleben als allgemeingültig ansehen.


  • Mit dem Alkohol ist es ähnlich. Ich dachte, dass mein Leben ohne ihn unerträglich sein würde.
    Nach dem Ausstieg erfuhr ich das Gegenteil.

    44. Bei mir ebenso.


    Letzter Punkt: Ich dachte, dass ich die Trinkmenge nicht kontrollieren kann.Schließlich habe ich über viele Jahre erfahren, dass es so ist
    Nach meinem Ausstieg ging es mir nicht mehr darum,mich zu betäuben. Und plötzlich konnte ich meine Trinkmenge kontrollieren.

    Negativ - ging voll in die Hose.

    Also "kontrolliere" ich auf dem Null-Level ...

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  • Mal ganz abgesehen davon, dass du, Greenfox, wie jeder andere für sich selbst entscheiden darf und muss, ob er Alkohol unkontrolliert, kontrolliert oder gar nicht trinkt: Es geht und ging mir immer um die Erfahrung, dass ich jahrelang versuchte kontrolliert zu trinken und so lange Schiffbruch erlitt, bis ich aus dem Suchtkreislauf ausstieg.
    Ich erkläre mir die Veränderung wie folgt: Ich versuchte jahrelang vom Alkohol etwas zu bekommen, nach dem ich süchtig war, nämlich die Betäubung. Weil die exzessive Sauferei ungesund ist, versuchte ich dem Alkohol die gleiche Wirkung bei einer kleineren oder Promille reduzierten Menge abzutrotzen.

    Das ging stets in die Hose.

    Jetzt will ich dem Alkohol nichts mehr abtrotzen. Und weil diese Einstellungsänderung einen so durchschlagenden Erfolg hatte, gehe ich davon aus, dass es nicht die Abstinenzentscheidung ist, die den Ausstieg aus dem Suchtkreislauf möglich macht. Zumindest nicht in dieser Ausschließlichkeit, wie das immer behauptet wird.

    Und genau das motiviert mich dazu, in diesem Forum immer wieder Flagge zu zeigen.

  • Um noch einmal zum eigentlichen Thema dieses Threads zurückzukommen: Bei mir haben sich die Ziele im zeitlichen Verlauf des Ausstiegs verändert.

    Anfangs bestand mein Ziel darin, etwas, nämlich das Saufen, nicht mehr tun zu müssen. Ich wollte also von irgendetwas weg. Ich wollte keinen morgendlichen Brummschadel mehr haben, ich wollte mich nicht mehr in irgendwelche Fantasiewelten flüchten usw.
    Dieses Ziel veränderte sich relativ schnell, nachdem ich spürte, dass ich mich zu verändern begann. Ab diesem Augenblick wollte ich zu etwas hin.

    Mein erstrangiges Ziel besteht seitdem darin, das Leben in all seinen Auf und Abs ungefiltert zu erfahren. Das geht nur ohne Alkohol, Tabak und andere das Bewusstsein verändernde Stoffe.


  • Mein erstrangiges Ziel besteht seitdem darin, das Leben in all seinen Auf und Abs ungefiltert zu erfahren ...

    ... ein Satz, den ich voll und ganz unterschreiben kann!
    Rückblickend auf fast acht Jahre Alkoholabstinenz finde ich es schon faszinierend, welche verschütteten Ressourcen mensch doch wieder ausgraben kann. Vor acht Jahren hätte ich mir nie vorstellen können, bestimmte Konflikte, Nackenschläge, Kränkungen oder sonstige negative Wendungen des Lebens nüchtern erleben zu können. Vor meiner Saufzeit bin ich mit derartigen Ereignissen und den damit verbundenen Gefühlen ja auch irgendwie umgegangen - durch die Betäubung meiner negativen Empfindungen habe ich jedoch Stück für Stück verlernt, sie auszuhalten oder Wege der Veränderung zu beschreiten. Mich negativen Ereignissen zu stellen und insbesondere den damit verbundenen Gefühlen, war anfangs sehr schwer - nach über zwanzigjähriger Betäubungsstrategie fehlte es da natürlich auch an entsprechende Erfahrung und die Sicherheit, dass es auch Alternativhandlungen zum Umgang mit negativen Gefühlslagen gibt.
    Ähnliches trifft bei mir aber auch auf die andere Waagschale zu. Glücklich-Sein, Freude empfinden, die schönen Dinge des Lebens umfangreich genießen zu können - alles Bereiche, die bei mir über Jahre geradezu zwangsläufig mit Alkonsum verbunden waren. Auch hier galt es für mich, meine verschütteten Ressourcen aufzufinden und auszugraben ...
    Ich denke, viele Suchtkranke verbinden mit ihrer Abstinenzentscheidung, dass ab dato die Welt nur noch golden erscheint - und sie werden dann bitter enttäuscht, dass dem eben nicht so ist. Dass zu akzeptieren und die Welt mit ihren schönen und negativen Seiten so hin zu nehmen, wie sie halt ist, stellt sich als mir als Lern-Prozess dar, der auch bisweilen etwas Geduld erfordert.

    Beste Grüße
    keppler

  • Geht mir auch so - und ich weiss nicht, was ich dem noch hinzufügen könnte/sollte.

    Und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole - wobei, mache ich ja ;) - aber es passt m.E. wie die Faust auf's Auge:


    Drogen und Alkohol sind was für Anfänger.
    Wer wirklich cool ist, zieht sich die Realität rein.
    (Irgendwo auf Facebook)

    Es rettet uns kein höh’res Wesen,

    kein Gott, kein Kaiser noch Tribun

    Uns aus dem Elend zu erlösen

    können wir nur selber tun!

  • Ich schließe mich voll und ganz an!!!

    Allerdings finde ich, dass auch die negativen Seiten des normalen Lebens -wie sie immer mal da sind- für mich viel viel einfacher zu bewerkstelligen sind. 44. Heute gehe ich es sofort ruhig an. Früher war ich oft unüberlegt und ungeduldig.

    LG Betty

    Auf dem Weg zu mir lerne ich mich immer besser kennen. <br />Ich habe Freundschaft mit mir geschlossen und freue mich, dass ich mir begegnet bin.<br /><br />Ich bin lieber ein Original als eine herzlose Kopie.

  • Als bekennender Prolet meine erreichten Ziele:

    ...15 Kg leichter (Idealgewicht)
    ...über 20tausend Euro gespart (Wohnmobil gekauft und kann zu jeder Tages/Nachtzeit damit fahren)
    ...muss nicht kontrolliert trinken (Freiheit)
    ...und vor allem, ich bin gesund und lebe noch (wenn um mich rum mir bekannte Alkis schwer erkranken oder direkt sterben)

    ...eine gewisse Zufriedenheit schleicht sich auch bei mir ein ;)

    LG Gerd


  • Ich denke, viele Suchtkranke verbinden mit ihrer Abstinenzentscheidung, dass ab dato die Welt nur noch golden erscheint - und sie werden dann bitter enttäuscht, dass dem eben nicht so ist. Dass zu akzeptieren und die Welt mit ihren schönen und negativen Seiten so hin zu nehmen, wie sie halt ist, stellt sich als mir als Lern-Prozess dar, der auch bisweilen etwas Geduld erfordert.


    Trotz allem verändert sich die Welt vom ersten Tag des Ausstiegs an zum Positiven. Man muss das nur wahrnehmen.
    Da meine erste Sucht, der ich mich entledigte, die Nikotinsucht war, mache ich das auch daran deutlich. Anfangs stellte auch ich enttäuscht fest, dass sich vermeintlich nichts an meiner Welt geändert hatte. Außer dass ich mich mehr rauchte. Die Anfangseuphorie war verschwunden, Alltag war eingekehrt.
    Irgendwann merkte ich, dass sich sehrwohl etwa verändert hatte: Hatte ich früher bei Problemen mehr als gewöhnlich geraucht und bei großen Problemen noch mehr, so dass ich kurze Zeit später neben dem ursprünglichen Problem weitere Probleme wie Kopfschmerzen, Husten usw.hatte, so stellte ich jetzt fest, dass ich in der Lage war, das Problem schlicht und einfach auszuhalten (um es dann im nächsten Schritt zu lösen.)
    Das war ein gutes Gefühl. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie fantastisch ich mich fühlte, als ich dieser Tatsache gewahr wurde. Dieses Gefühl neu gewonnener Stärke würde mir niemand mehr nehmen konnen. Egal welche Probleme auch auf mich zukommen würden, ich würde mich nie wieder so als armes Würstchen fühlen wie zu Raucherzeiten. Denn wie sah denn meine Problemlosungsstrategie zu dieser Zeit aus?
    Erstmal eine bzw. am besten sogar einige viele rauchen.

    Diese Erfahrung neuer Stärke hat sich beim Ausstieg aus der Alkoholsucht fortgesetzt.
    Das Leben muss also garnicht stets golden bzw. rosarot sein (wäre auch langweilig), es ist aber ohne Sucht immer um gewaltige Längen besser als mit Sucht.
    Man muss sich das nur immer wieder bewusst machen... und schon ist die Motivation, den eingeschlagenen Weg beizubehalten, wieder so groß wie am ersten Tag (und die Gefahr eines Rückfalls in alte Suchtverhaltensweisen vermindert.

  • Ich kann und will nicht sagen welchen Weg `Wir´ gehen sollten.
    Ich persönlich möchte nur von meinem Weg erzählen.

    Mein Weg ist für mich nichts Statisches sondern vor Allem ein innerlicher Entwicklungsprozess.

    In den Jahren meiner Sucht hatte ich unzählige Male diese Momente in denen ich nach einem Absturz in einem Trümmerhaufen erwachte. Das ließe sich hier mit vielerlei ‚Geschichten’ von Blessuren, Erinnerungslücken sowie zahlreich vergeigten Verbindlichkeiten privat und beruflich ausschmücken. Viele hier kennen es ja.
    Unzählige Male sagte ich in solchen Momenten felsenfest zu mir: „NIE WIEDER! NIIIIEEEE WIIIEEEDER!!“ Dieser Kampf gegen den Alkohol zog sich so einige Jahre lang hin – und immer wieder verlor ich diesen Kampf, der sich gegen etwas richtete. Dieses 'Nie wieder!' hielt oft sogar nicht mal bis zum Abend des gleichen Tages hin an. Ich habe sogar das Gefühl, je mehr ich >gegen< etwas kämpfte, desto zerstörerischer wurde das alles.

    Mein Ausstieg ist mir an dem Punkt gelungen als ich erkannt habe dass ich nun ausschließlich FÜR etwas Kämpfen will. Ich kämpfe nun mit jeder Faser meines Herzens FÜR mein freies und gesundes Leben. Und darin spielen viele ZIELE, die ich zudem immer wieder aufs Neue definiere, für mich von Beginn an eine sehr, sehr wichtige Rolle!
    Diese Ziele bestehen z.B. in beruflicher Selbstverwirklichung, Schuldenfreiheit, gesund ausgewogener Lebensweise sowie persönlich glücklicher und kostbar erfüllter Lebenszeit. Ich definiere mir in einem bestimmten Problemfeld oder Lebensbereich ein bestimmtes persönliches Ziel, mache mir eingehend Gedanken darum wie dieses Ziel zu erreichen ist und mache mich im Folgenden so konstant wie nur möglich an die TATsächliche Umsetzung. Dabei bin ich weniger ein Sprinter, sondern vielmehr der 'gelassene Dauerläufer'.

    Eines allerdings ist allen diesen Zielen gemeinsam:

    Keines, nicht ein Einziges von ihnen lässt sich (worin ich lange Zeit meine Erfüllung sah) durch schädlichen oder gar pathologisch gesteuerte Einnahme psychotroper Substanzen erreichen! Da aber der Kampf zum Erreichen meiner persönlichen Ziele für mich auf meinem Weg nun über allem steht, spielt Alkohol nach einem intensiven Ausstiegsprozess nunmehr keine nennenswerte Rolle mehr für mich in meinem Leben.

    LiS

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